implementierung einer elektronischen krankenakte

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Schmerz 2008 · 22:24–33 DOI 10.1007/s00482-007-0617-5 Online publiziert: 14. Dezember 2007 © Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes. Published by Springer Medizin Verlag - all rights reserved 2007 A. Grüner 1, 2  · A. Ljutow 1  · W. Schleinzer 1  · D. Bosancic 3 1  Klinik für Anästhesie und Schmerzintervention, Bethesda-Spital, Basel 2  Institut für Anästhesiologie, Schmerzklinik Nottwil, Luzern 3  Uniresearch AG, Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil, Luzern Implementierung einer elektronischen Krankenakte Erfahrungen in einer interdisziplinären Schmerzklinik Originalien Die Dokumentation im medizinischen Be- reich hat in den letzten Jahren immens zu- genommen. Juristische und ökonomische Zwänge, aber auch eine zunehmende Ver- netzung der ärztlichen Tätigkeit bedingen die Notwendigkeit einer exakteren Abbil- dung medizinischen Handelns. So ist die Entwicklung elektronischer Krankenak- ten in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus des Interesses gerückt [1, 6, 7, 9]. Entwickler und Anwender versprechen sich von der „papierlosen“ Akte entschei- dende Vorteile wie Zeitersparnis, bessere und sicherere Dokumentation und Aus- wertbarkeit sowie eine bessere Vernetzung verschiedener Disziplinen [2, 6, 8, 10, 11]. Inzwischen werden verschiedene Systeme von kommerziellen Anbietern auf dem Markt angeboten (auf eine vergleichende Übersicht wird bewusst verzichtet, da dies den Rahmen dieses Artikels sprengen würde); die in den Werbeflyern geprie- senen Eigenschaften und Vorteile der Sys- teme [4] sind in der Praxis jedoch häufig nicht nachvollziehbar. Die folgende Arbeit beschreibt die Er- stellung und Implementierung einer elek- tronischen Krankenakte in einer großen, interdisziplinären Schmerzklinik. Hier- bei wurde auf der Grundlage eines kom- merziellen Systems eine eigene, bedarfs- adaptierte, elektronische Krankenakte ge- schaffen und die Papierakte in einem län- geren Prozess durch das EDV-System er- setzt. Die dargestellten Bildschirmseiten (Screenshots) können nicht alle Funktio- nalitäten der Software darstellen und sol- len daher eher exemplarisch auf die Mög- lichkeiten und die Art der Präsentation hinweisen. Warum eine elektronische Akte Unsere Schmerzklinik ist Teil einer Spe- zialklinik für die Akutversorgung, Reha- bilitations- und Komplikationsbehand- lung wirbelsäulen- und rückenmark- verletzter Patienten. Ausgehend von der Schmerz- und Spastiktherapie dieser spe- zifischen Patientengruppe hat sich im Ver- lauf der letzten Jahre eine interdisziplinäre Schmerzklinik mit über 21.000 Patienten- kontakten/Jahr entwickelt. 80% der Pati- enten sind inzwischen externe, nichtpara- plegiologische Schmerzpatienten. Im sta- tionären Bereich wird seit längerem mit einem papierlosen, elektronischen Akten- system gearbeitet. Im ambulanten Bereich wurde in Er- mangelung eines adäquaten Tools mit MSOffice-Anwendungen (Word, Ex- cel) gearbeitet. Für jede Fachdisziplin der Schmerzklinik wurde ein eigenes Word- Dokument als Krankenakte angelegt, Be- funde und Briefe wurden auf Band dik- tiert und vom Sekretariat in das jeweilige Word-Dokument geschrieben. Zusätzlich wurden dann die Dokumente alle ausge- druckt und in einer separaten Papierak- te abgelegt. Daraus ergaben sich mehrere Pro- bleme: F es kam zum Verlust von Bändern und Diktaten, F es entstanden intolerabel lange Wege der Akten für Korrekturen und damit unnötige Zeitverluste, F die Word-Dokumentation war in- komplett und einer multimodal arbei- tenden Schmerzklinik nicht mehr ge- wachsen, es resultierte eine große Un- übersichtlichkeit in Anbetracht der fachlichen Auswertung, F wissenschaftliche oder statistische Auswertungen waren mit diesem Sys- tem nicht oder nur mit sehr großem Aufwand möglich. Aufgrund dieser Fakten wurde der Ent- schluss zur Schaffung einer eigenständi- gen, elektronischen Akte für das Institut für Anästhesiologie/Schmerzklinik Nott- wil gefasst. Ziele der Etablierung einer elektronischen Akte Die neue Akte sollte zu einer übersicht- lichen Strukturierung der kompletten me- 24 |  Der Schmerz 1 · 2008

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Page 1: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

Schmerz 2008 · 22:24–33DOI 10.1007/s00482-007-0617-5Online publiziert: 14. Dezember 2007© Deutsche Gesellschaft zum Studium  des Schmerzes. Published by Springer  Medizin Verlag - all rights reserved 2007

A. Grüner1, 2 · A. Ljutow1 · W. Schleinzer1 · D. Bosancic3

1 Klinik für Anästhesie und Schmerzintervention, Bethesda-Spital, Basel2 Institut für Anästhesiologie, Schmerzklinik Nottwil, Luzern3 Uniresearch AG, Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil, Luzern

Implementierung einer elektronischen KrankenakteErfahrungen in einer interdisziplinären Schmerzklinik

Originalien

Die Dokumentation im medizinischen Be­reich hat in den letzten Jahren immens zu­genommen. Juristische und ökonomische Zwänge, aber auch eine zunehmende Ver­netzung der ärztlichen Tätigkeit bedingen die Notwendigkeit einer exakteren Abbil­dung medizinischen Handelns. So ist die Entwicklung elektronischer Krankenak­ten in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus des Interesses gerückt [1, 6, 7, 9]. Entwickler und Anwender versprechen sich von der „papierlosen“ Akte entschei­dende Vorteile wie Zeitersparnis, bessere und sicherere Dokumentation und Aus­wertbarkeit sowie eine bessere Vernetzung verschiedener Disziplinen [2, 6, 8, 10, 11]. Inzwischen werden verschiedene Systeme von kommerziellen Anbietern auf dem Markt angeboten (auf eine vergleichende Übersicht wird bewusst verzichtet, da dies den Rahmen dieses Artikels sprengen würde); die in den Werbeflyern geprie­senen Eigenschaften und Vorteile der Sys­teme [4] sind in der Praxis jedoch häufig nicht nachvollziehbar.

Die folgende Arbeit beschreibt die Er­stellung und Implementierung einer elek­tronischen Krankenakte in einer großen, interdisziplinären Schmerzklinik. Hier­bei wurde auf der Grundlage eines kom­merziellen Systems eine eigene, bedarfs­adaptierte, elektronische Krankenakte ge­schaffen und die Papierakte in einem län­

geren Prozess durch das EDV­System er­setzt. Die dargestellten Bildschirmseiten (Screenshots) können nicht alle Funktio­nalitäten der Software darstellen und sol­len daher eher exemplarisch auf die Mög­lichkeiten und die Art der Präsentation hinweisen.

Warum eine elektronische Akte

Unsere Schmerzklinik ist Teil einer Spe­zialklinik für die Akutversorgung, Reha­bilitations­ und Komplikationsbehand­lung wirbelsäulen­ und rückenmark­verletzter Patienten. Ausgehend von der Schmerz­ und Spastiktherapie dieser spe­zifischen Patientengruppe hat sich im Ver­lauf der letzten Jahre eine interdisziplinäre Schmerzklinik mit über 21.000 Patienten­kontakten/Jahr entwickelt. 80% der Pati­enten sind inzwischen externe, nichtpara­plegiologische Schmerzpatienten. Im sta­tionären Bereich wird seit längerem mit einem papierlosen, elektronischen Akten­system gearbeitet.

Im ambulanten Bereich wurde in Er­mangelung eines adäquaten Tools mit MSOffice­Anwendungen (Word, Ex­cel) gearbeitet. Für jede Fachdisziplin der Schmerzklinik wurde ein eigenes Word­Dokument als Krankenakte angelegt, Be­funde und Briefe wurden auf Band dik­tiert und vom Sekretariat in das jeweilige

Word­Dokument geschrieben. Zusätzlich wurden dann die Dokumente alle ausge­druckt und in einer separaten Papierak­te abgelegt.

Daraus ergaben sich mehrere Pro­bleme:Fes kam zum Verlust von Bändern und

Diktaten,Fes entstanden intolerabel lange Wege

der Akten für Korrekturen und damit unnötige Zeitverluste,

Fdie Word­Dokumentation war in­komplett und einer multimodal arbei­tenden Schmerzklinik nicht mehr ge­wachsen, es resultierte eine große Un­übersichtlichkeit in Anbetracht der fachlichen Auswertung,

Fwissenschaftliche oder statistische Auswertungen waren mit diesem Sys­tem nicht oder nur mit sehr großem Aufwand möglich.

Aufgrund dieser Fakten wurde der Ent­schluss zur Schaffung einer eigenständi­gen, elektronischen Akte für das Institut für Anästhesiologie/Schmerzklinik Nott­wil gefasst.

Ziele der Etablierung einer elektronischen Akte

Die neue Akte sollte zu einer übersicht­lichen Strukturierung der kompletten me­

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dizinischen Dokumentation führen und damit die interdisziplinäre Zusammen­arbeit und Kommunikation entscheidend verbessern. Die konventionellen Bänder sollten durch ein digitales Diktat, das je­derzeit überall verfügbar ist, ersetzt und die Dokumentenwege über einen elektro­nischen Workflow verkürzt und transpa­rent gemacht werden. Die neue Akte soll­te außerdem zu einer Verbesserung der Patientendokumentation, z. B. im Be­reich der Auswertung der Schmerzfrage­bögen führen und außerdem als Basis für wissenschaftliche und statistische Aus­wertungen dienen. Andere Punkte wa­ren die Möglichkeit einer strukturierten Medikamentenerfassung und zwingend die Anbindung an die bestehende, stati­onäre EDV des Hauses, insbesondere an die schon bestehende elektronische Ak­te im stationären Bereich. Somit war die Nutzung einer anderen, bereits bestehen­den Softwarelösung nicht möglich und ei­ne Entwicklung auf der vorgegebenen Ba­sis notwendig.

Entwicklungsschritte

Projektauftrag

Die Gesamtprojektleitung, Business Engi­neering, Entwicklung, Schulung und Im­plementierung der elektronischen Patien­tenakte für die Schmerzklinik wurde bei Uniresearch AG in Auftrag gegeben. Das Projekt sollte im Wesentlichen im Kalen­derjahr 2004 abgewickelt werden.

Arbeitsmethode

Die durch Uniresearch AG gewählte Ar­beitsmethode basiert auf der Methode des

Business Engineering nach Prof. Winter von der Universität St. Gallen (.Abb. 1). Dabei werden grundsätzlich die Verbin­dungen und Zusammenhänge der Stra­tegie­, Prozess­ und Systemebene analy­siert und systematisch zu einem Anforde­rungskatalog zusammengeführt. Die Er­gebnisse dieser Arbeitsmethode sind pra­xistaugliche und prozessorientierte Lö­sungen, die mit vertretbaren Kosten und überschaubarem Aufwand produktiv im­plementiert werden können.

Schaffung einer Arbeitsgruppe

Zur Planung und Umsetzung des Projekts wurde zunächst ein interdisziplinäres Team gebildet, das je einen Vertreter al­ler Fachgruppen (Anästhesie, Orthopä­die/Rheumatologie, Neurologie, Psycho­logie, Psychiatrie, Physiotherapie, Pflege, Sekretariat und Uniresearch AG) beinhal­tete. Diese Arbeitsgruppe war in der Folge für die gesamte Planung und Umsetzung des Projekts verantwortlich. Es fanden in regelmäßigen Rhythmus ganztägige Ar­beitssitzungen statt, die entsprechenden Mitarbeiter wurden dafür von ihren sons­tigen Tätigkeiten freigestellt.

Nach Berücksichtigung der Vorgaben aus dem Projektauftrag wurden als erstes die einzelnen Projektschritte genau defi­niert und geplant. Dabei ging es zunächst als Grundlage der Entwicklung darum, alle Arbeitsabläufe und Prozesse inkl. der Zuordnung von Informationsobjekten in­nerhalb der Schmerzklinik genau abzubil­den. Ein zweiter Schritt war dann die Um­setzung dieser Informationsobjekte in die elektronische Patientenakte. Schließlich sollten die Schulung der Mitarbeiter und der Beginn des Echtbetriebs erfolgen.

Business Process Engineering

Jeder Prozess von der Anmeldung der Pa­tienten durch externe Zuweiser über Ter­minplanung, Erstgespräch, Befunderhe­bung, Diagnostik und verschiedene inter­disziplinäre Therapien wurde genau ana­lysiert und mit Hilfe von Flowchart­Di­agrammen graphisch dargestellt. Allein durch diese Analyse konnten Schwach­stellen im Ablauf und in der Organisa­tion erkannt und Verbesserungen initi­alisiert werden. Diese genauen Prozess­abbildungen waren dann die Grundla­ge für Planung und letztendliche Umset­zung auf Applikations­ und Datenbank­ebene. Nur dadurch konnte ein exaktes Anforderungsprofil für die Entwickler von Uniresearch AG erstellt werden, so­dass eine praxistaugliche und prozess­orientierte Anwendung entstehen konnte. Die graphische Darstellung der Prozesse inkl. Zuordnung und Definition von In­formationsobjekten ermöglichte den Ent­wicklern den notwendigen Einblick und das Verständnis in die internen Abläufe und Notwendigkeiten unserer schmerz­therapeutischen Einrichtung. Gleichzei­tig konnte damit exakt definiert werden, welche einzelnen Komponenten die Akte beinhalten sollte.

Applikationsentwicklung

Unter Berücksichtigung der definierten Prozessschritte wurden zuerst einzel­ne Informationsobjekte (Bezeichnungen, Daten, Felder, Funktionen) definiert und in einer Entwurfsversion visualisiert. Die Zuordnung von Informationsobjekten zu Prozessschritten spielt dabei eine ganz wichtige Rolle (.Tab. 1).

Aufgrund dieser Zuordnung werden einerseits die Informationsobjekte durch die Projektgruppe verabschiedet und an­dererseits können die Daten­ und Infor­mationsflüsse bestens aufgezeichnet und visualisiert werden. Aufgrund dieser An­gaben wurden die ersten Betaversionen entwickelt und technisch getestet. Etwa­ige Verbesserungsvorschläge aus der Pro­jektgruppe wurden regelmäßig entgegen­genommen und in die nächste Entwick­lungsversion überführt.

Drei Monate nach Abschluss und Ver­abschiedung aller Anforderungen an das

Strategie-ebene

Prozess-ebene

Applikations-ebene

Software- undDatenbankebene

SSW 1 SSW 3 SSW 4

Syst

emeb

ene

SSW 2 SSW 5

A

Kultur- und PolitikFührungs- / Kom

pensationsmodelle

Motivation, Kom

munikation

C DB

Abb. 1 8 Business Engineering

26 |  Der Schmerz 1 · 2008

Originalien

Page 4: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

System wurden alle Informationsobjekte endgültig entwickelt und alle Informati­onsflüsse mittels Workflow umgesetzt. Es folgte eine Testinstallation von einem Monat, wobei die ersten Erfahrungen mit dem neuem System genauestens aufge­nommen und protokolliert wurden. Die hochpriorisierten Anpassungen sind noch vor der Produktiveinführung erfolgt.

Schulung und Beginn Echtbetrieb

Die Mitarbeiterschulung ist bereits vor der ersten Testphase von einem Monat erfolgt und wurde durch die Uniresearch AG durchgeführt. Nach Ablauf dieser Testphase wurde die elektronische Pati­entenakte in den Produktivbetrieb über­führt. Ganz wichtig für die Produktiv­einführung war die 2­wöchige Onsite­Begleitung der Mitarbeiter auf der Abtei­lung. Nach Ablauf von 2 Wochen konn­te das bestehende Onlinesupportsystem inkl. Remotecontrol in Anspruch genom­men werden. Für die ersten 3 Monate des Produktivbetriebs wurde betriebsintern ein geringeres Patientenaufkommen ein­geplant, um die Einarbeitungsphase bes­ser bewältigen zu können. Während die­ser Zeit wurden auch noch einige hoch­priorisierte Anpassungen an der Funktio­nalität vorgenommen. Nach dem 1. Halb­jahr des Produktivbetriebs wurden die neu dazu gekommenen Weiterentwick­lungswünsche in die standardisierte Re­leaseplanung aufgenommen. Diese wur­den dann bei bestehenden, üblichen Sys­temupdates berücksichtigt.

Ergebnisse

Struktur der Akte

Wichtige Kriterien waren die Vernetzung von stationärer und ambulanter Akte so­wie die universelle Einsetzbarkeit für al­le Patienten. Die Akte ist modular auf­gebaut. Auf dem Hauptbildschirm ste­hen verschiedene Navigationsleisten für die einzelnen Module, externe Anwen­dungen, der elektronische Workflow so­wie eine Übersicht des angewählten Mo­duls zur Verfügung.

Zusammenfassung · Abstract

Schmerz 2008 · 22:24–33   DOI 10.1007/s00482-007-0617-5© Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes.  Published by Springer Medizin Verlag - all rights reserved 2007

A. Grüner · A. Ljutow · W. Schleinzer · D. Bosancic

Implementierung einer elektronischen Krankenakte. Erfahrungen in einer interdisziplinären Schmerzklinik

ZusammenfassungIn einer interdisziplinären Schmerzklinik wur-de eine komplexe elektronische Krankenak-te implementiert. Als Ziel wurde die Schaf-fung eines Werkzeugs definiert, das struktu-rierten Zugriff auf die Dokumentation aller Fachgruppen erlaubt und über die Integra-tion kodierter auswertbarer Felder Möglich-keiten zur Datenauswertung für statistische und wissenschaftliche Zwecke gibt. Ein elek-tronischer Workflow sollte den Weg von Do-kumenten vereinfachen und leicht nachvoll-ziehbar machen. Alle Diktate wurden digita-lisiert und direkt in den PC aufgenommen. Weitere Punkte waren die strukturierte Me-dikamentenerfassung und die Anbindung an bestehende EDV-Systeme des Hauses. 

Die verschiedenen Elemente der Akte wur-den durch ein interdisziplinäres Team defi-niert und schrittweise auf der Basis eines be-reits verfügbaren kommerziellen Systems umgesetzt. 

Schlussfolgernd stellt  die Implementie-rung einer elektronischen Krankenakte ein wichtiges Werkzeug bei der Effizienzstei-gerung, Qualitätssicherung und interdiszi-plinären Zusammenarbeit in einer multimo-dal arbeitenden Schmerzklinik dar.

SchlüsselwörterElektronische Krankenakte · Interdiszip-linäre Dokumentation · Qualitätssicherung · Schmerztherapie

Implementation of an electronic patient record. Experience in an interdisciplinary pain clinic

AbstractA complex electronic patient record was im-plemented in an interdisciplinary pain clin-ic. The goal was to create a tool that would allow structured access to the entries made by all specialty groups and permit data anal-ysis for statistical and scientific purposes by means of integrated, coded fields. An elec-tronic workflow was developed to facilitate the processing of documents. All entries dic-tated were converted to digital form and re-corded directly into the electronic chart. Ad-ditional features included a structured med-ication list and a connection to the hospital’s pre-existing electronic records. The various 

elements to be included in the chart were de-termined by an interdisciplinary team and progressively implemented using a commer-cially available system as a basis.

In conclusion, implementation of a com-plex electronic patient record provides a valu-able instrument for quality control, interdisci-plinary collaboration and improved efficiency in a large, multimodal pain clinic.

KeywordsElectronic patient record · Interdisciplina-ry documentation · Quality assessment · Pain therapy

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Page 5: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

GesamtübersichtIn der Gesamtübersicht finden sich alle relevanten Informationen wie persönliche Daten, Diagnosen, Medikamente, Rönt­genbefund etc. (.Abb. 2). Innerhalb der einzelnen Module gibt es jeweils wieder­um eine Übersichtsansicht, mit der die einzelnen Dokumente des jeweiligen Mo­duls schnell überblickt werden können. In die Akte können verschiedene MS­

Office­Dokumente problemlos integriert werden. Über entsprechende Schnittstel­len sind auf externe Daten und Anwen­dungen, wie stationäre Patientenakte, Ra­diologiesystem, Labor oder Leistungser­fassung und Abrechnung jederzeit Zu­griffsmöglichkeiten gegeben. Außerdem existieren direkte Links auf Webanwen­dungen wie Nachschlagewerke oder Arz­neimittelkompendien.

Für jedes Modul sind getrennte Be­rechtigungen für den Lese­, Schreib­, Druck­ oder Löschzugriff einstellbar. Die­se Berechtigungen können sowohl für Fachgruppen oder für einzelne Mitarbei­ter individuell konfiguriert und jederzeit angepasst werden. Dies gilt auch für den Zugriff abteilungsexterner Mitarbeiter im stationären Bereich.

Erstgespräch. Die Vorlage für die Doku­mentation des Erstgesprächs ist in 12 ein­zelne Rubriken aufgeteilt (.Tab. 2). Die­se Gliederung erscheint auch in anderer Reihenfolge im automatisch erstellten Erstgesprächsbrief an den Zuweiser und/oder Hausarzt. Neben Vorbefunden, bis­herigen Behandlungen und der Allgem­einanamnese werden Angaben zur Sozi­alanamnese und zu psychosozialen Belas­tungsfaktoren eingegeben. Hierbei wer­den bei den psychosozialen Belastungs­faktoren die Ergebnisse der psychomet­rischen Tests aus dem Schmerzfragebo­gen automatisiert ausgewertet und in das Formular importiert. Unser Fragebogen entspricht inhaltlich dem aktuellen Deut­schen Schmerzfragebogen von DGSS und DGS und enthält folgende psychomet­rische Tests:FHADS (Hospital Anxiety and Depres­

sion Scale),FAusmaß der schmerzbedingten Be­

einträchtigung (gemessen nach von Korff),

FSchmerzempfindungsskala (SES) SF­12.

Außerdem wird mit Hilfe des FSC (Fra­gebogen zur Schmerzchronifizierung; [5]) das Ausmaß der Schmerzchronifizie­rung gemäß dem Mainzer Stadienkonzept (MPSS) bestimmt. Die weiteren Unter­punkte des Formulars sind aus .Tab. 2 ersichtlich.

Diagnosenblatt. In der Diagnosenerfas­sung können die schmerzrelevanten und alle sonstigen Nebendiagnosen rasch und übersichtlich erfasst und nach ICD­10 ko­diert werden. Der ICD­10­Katalog ist in einer Suchmaske hinterlegt, sodass die Di­agnosen mit entsprechenden Codes mit­tels Schlagwortsuche zugeordnet werden können. Ein 2. Feld gibt die Möglichkeit, den ICD­Code mit Freitext im Sinne einer

Tab. 1  Zuordnung Informationsobjekte – Prozesse

Kernprozesse/Informa-tionsobjekt

Vorberei-tung Erst-termin

Erstter-min

Bedarfs-klärung

Proce-dere

Abschluss der Behandlung

Control-ling

Formular Übersicht X X X X X  

Formular Fragebogen X X        

Arbeitsliste für Vorauf-nahme

X          

Formular Erstgespräch   X X      

Formular Diagnosen-verwaltung

  X X X    

Formular Medikation   X X X    

Formularset Anmel-dungen

      X    

Formularset Interven-tionen

      X X  

Formularset Verlauf   X X X X  

Formularset Korrespon-denz inkl. alle Briefe

  X X X X  

Formularset externe medizinische Befunde

X X X X X  

Formularset externe  administrative Befunde

X X X X X  

Listmanager Korre-spondenz

      X X  

Digitales Diktat   X X X X  

Managementinformati-onssystem

          X

Tab. 2  Erstgesprächsformular

Rubrik Automatisierter Daten-import

Export in Briefschrei-bung

Vorbefunde   X

Bisherige Behandlungen   X

Allgemeinanamnese   X

Sozialanamnese   X

Psychosoziale Belastungsfaktoren X X

Schmerzanamnese   X

Aktuelle Beschwerden   X

Körperlicher Untersuchungsbefund   X

Aktuelle Diagnostik   X

Zusammenfassende Beurteilung   X

Weiterführende Diagnostik   X

Therapieplan   X

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Originalien

Page 6: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

Diagnosebeschreibung unabhängig vom manchmal etwas unglücklichen Origi­naltext zu belegen. Der ICD­Code wurde trotz seiner sicher vorhandenen Schwä­chen in der adäquaten Abbildung von komplexen Schmerzbildern gewählt, weil er in der Leistungserfassung und Abrech­nung eine wichtige Rolle spielt und auch im stationären Bereich für die DRG un­abdingbar ist. Andere, mehr schmerzbe­zogene Klassifikationen wie die der IASP oder MASK, sind zur zukünftigen Einbin­dung in die Akte vorgesehen.

Die Diagnosen werden bei der Brief­schreibung automatisch in die entspre­chenden Dokumente übernommen.

Medikamentenblatt. Die in unserer Schmerzklinik gebräuchlichsten, den Schmerzbereich betreffenden Medika­mente sind einschließlich MPSS­ und WHO­Klassifikation in allen üblichen Pa­ckungsgrößen und Darreichungsformen in der Akte hinterlegt. Diese Liste wird

von einem Mitarbeiter gepflegt und re­gelmäßig aktualisiert. In der Bildschirm­maske „Medikamenteneingabe“ können die Medikamente dann mit Hilfe eines Thesaurus gesucht und mit der jeweiligen Dosierung eingegeben werden. Es gibt die Möglichkeit, aktive (aktuelle) und inakti­ve (nicht mehr aktuelle) abgesetzte Me­dikamente zu unterscheiden. Außerdem kann festgelegt werden, ob einzelne Medi­kamente für die automatische Rezeptaus­stellung vorgesehen werden sollen. Ände­rungen am Medikamentenplan sind mit Datum, Uhrzeit und Kürzel des Verord­ners sichtbar. Rezepte sowie Verordnungs­pläne können automatisch als Word­Do­kument erstellt und ausgedruckt werden. Bei Änderungen wird das entsprechende Medikament einfach markiert und ent­sprechend modifiziert.

Die gleiche Medikamentenliste wird noch im Rahmen der Fragebogenauswer­tung bzgl. der Angaben für die Schmerz­chronifizierung nach Gerbershagen

(MPSS) automatisiert verwendet. Dabei wird selbstverständlich die Einnahme­häufigkeit mit ausgewertet, die im Frage­bogen zur Schmerzchronifizierung (FSC) erhoben wird [5]; der FSC ist in den allge­meinen Schmerzfragebogen integriert.

Fachbezogene Dokumentation. Jeder Fachbereich hat einen eigenen Verlaufs­ordner, der die medizinische Verlaufsdo­kumentation enthält. Der jeweilige The­rapeut kann die Einträge nach Bedarf für die Anzeige in der Gesamtübersicht frei­geben. Die Gesamtübersicht ist auch von anderen Abteilungen im Haus einseh­bar. In dieser sind die aktuellen Radiolo­giebefunde integriert, da diese oft für die weitere Therapie von Belang sind. Ande­re Fachbereiche im Haus verfügen über eigene Dokumentationen, die in der ge­nerellen Übersicht von Medfolio einseh­bar sind. Dort ist auch für alle sichtbar die Ambifas­Übersicht angelegt.

Abb. 2 8 Screenshot Gesamtübersicht

29Der Schmerz 1 · 2008  | 

Page 7: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

Berechtigungen/Datenschutz. Wer auf welche Seiten zugreifen darf, wer Lese­, Schreib­, Änderungs­ und Löschberech­tigung hat, ist in einer Matrix hinterlegt. Durch das individuelle Login mit persön­lichem Passwort ist eine Zuordnung zu der richtigen Berechtigung automatisch gegeben. Im Hintergrund wird eine Ver­sionierung aller Dokumente erfasst, d. h. es ist jederzeit abrufbar, wer welche Seiten aufgerufen und welche Veränderungen er vorgenommen hat.

Anmeldungen/Workflow. Anmeldun­ gen zu konsiliarischen Untersuchungen und alle weiteren Termine in der Schmerz­klinik werden digital getätigt. Ebenso wer­den alle Diktate primär elektronisch digi­tal erfasst und mittels Mail­gestütztem Workflow versandt und bearbeitet. Dabei ist jederzeit der Weg der einzelnen Do­kumente nachvollziehbar. Mittels farbco­dierter Kreise wird der Bearbeitungssta­

tus der Dokumente angezeigt (weiß noch nicht bearbeitet, gelb in Bearbeitung, grün bearbeitet). Auf eine zusätzliche optische oder akustische Anzeige, wenn ein Doku­ment fertig bearbeitet ist, wurde verzich­tet.

Interventionsdokumentation. Für die interventionelle Schmerztherapie sind die einzelnen Eingriffe, Interventionen bzw. Operationsdokumente mit den Eingriffs­daten sowie Verlaufsbeobachtungen hin­terlegt (.Abb. 3). Daraus lässt sich auto­matisiert für jeden einzelnen Eingriff ein standardisierter Operationsbericht erstel­len. Komplikationen sowie Wirkung im Verlauf und nach der Intervention kön­nen genau erfasst und statistisch ausge­wertet werden.

Korrespondenz. Die gesamte Korrespon­denz wird in einem eigenen Ordner abge­legt, sodass die Briefe aller Fachdiszipli­

nen leicht zu finden sind. Die Brieferstel­lung erfolgt hier ebenfalls automatisiert. In verschiedenen Scrollmenüs sind für die verschiedenen Fachrichtungen verschie­dene Vorlagen hinterlegt (.Tab. 3), in der Übersicht sind Art des Briefes sowie Erstellung und Versanddatum sichtbar.

Leistungsdokumentation/Abrech- nung. Die Abrechnung erfolgt über ei­ne tarifneutrale Eingabe. In diesem Zu­satzmodul, das in der ganzen Klinik An­wendung findet, können verschiedene Abrechnungsziffern zu Blockleistungen zusammengefasst werden, was die Leis­tungserfassung vereinfacht. Damit ist die medizinische Dokumentation nicht an die Besonderheiten eines nationalen Gesund­heitssystems gebunden.

Datenauswertung und Qualitätssich- erung. Alle Einträge in kodierten Feldern sind statistisch auswertbar. So können al­

Abb. 3 8 Screenshot Interventionsdokumentation

30 |  Der Schmerz 1 · 2008

Originalien

Page 8: Implementierung einer elektronischen Krankenakte
Page 9: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

le Felder des Fragebogens, die eine defi­nierte, begrenzte Antwortauswahl haben, für Berechnungen herangezogen werden, genauso alle Einträge z. B. in der Interven­tionsdokumentation, die Ergebnisse der psychometrischen Tests etc. Auch sind zur Sicherung der Prozessqualität alle geführ­ten Listen auswertbar, z. B. die Intervalle zwischen Aufgebot/Überweisung des Pa­tienten, Rücksendung des Fragebogens und Wartezeit bis zur ersten Vorstellung. Der Workflow dokumentiert die Abläufe der Diktate, Briefschreibung und Korrek­tur bis zum Versand der Briefe.

Systemvoraussetzungen/Infrastruktur/Kosten

Aktuell läuft das Programm auf einem Server (DEC­UNIX Tru64, Oracle 10 g mit 2 GB Dedicated Memory), gekop­pelt an einen Archivserver mit 40 GB für *.doc­, *.pdf­, *.wav­, und *.jpg­Da­teien. Das Netzwerk (Cisco Netzwerk 10 GB, Cisco WLAN 54 MB) verbin­det alle Festnetzclients (Intel Core2 Duo T5600 @ 1.83 GHz, 1 GB RAM, Windows XP SP2, MSOffice XP inkl. Outlook via Exchange Server) und alle Mobileclients (Intel Core2 Duo T5600 @ 1.83 GHz, 1 GB RAM, Windows Tablet­PC Edition, Ci­trix MetaFrame). Schnittstellen bestehen zu folgenden Systemen: KIS (Patienten­ und Falldaten, Leistungsdaten), LIS (al­le Labordaten außer Mikrobiologie), RIS/PACS (Radiologiebefunde, digitale Radio­logiebilder). Eine Übertragbarkeit auf an­dere Kliniken ist einfach möglich, setzt jedoch eine Prozessanalyse und ggf. ei­ne Parametrisierung des Systems voraus. Die Installation des Grundsystems NE­XUS/medfolio inkl. Installation der fer­tig parametrisierten Lösung ist innerhalb eines Tages möglich. Der Produktivstart ist innerhalb von 3 Monaten ab Kickoff möglich.

Die Projektkosten beliefen sich in un­serem Falle auf ca. 150.000 Euro.

Diskussion

Die Ablösung einer gewohnten Papier­akte und die Implementierung eines völ­lig neuen elektronischen Systems sind in der Regel mit Ängsten und Widerständen innerhalb eines Teams verbunden. Diese

sind von den persönlichen Erfahrungen und Vorlieben der einzelnen Mitarbeiter abhängig. Um eine elektronische Akte je­doch erfolgreich zu nutzen, ist eine hohe Akzeptanz im Team notwendig. Diese ist nur mit einem sehr stabil laufenden Sys­tem zu erreichen, häufige Abstürze und technische Probleme müssen unbedingt vermieden werden.

Die elektronische Akte muss genau die Bedürfnisse und Arbeitsabläufe der Kli­nik abbilden, also sehr praxisnah sein. In­sofern kommt den oben beschrieben Ent­wicklungsschritten des Business Process Engineering eine zentrale Bedeutung für die spätere Akzeptanz zu. Nur durch die genaue Prozessanalyse und genaue Ab­bildung im EDV­System unter Einbezie­hung aller späteren Nutzer können die oben genannten Anforderungen erfüllt werden. Dies erfordert eine individuelle Anpassung vorgefertigter Systeme, fertige kommerzielle Lösungen sind in der Regel nicht im gleichen Maße brauchbar.

Jede Einführung eines neuen EDV­Systems führt immer zu gewissen Anpas­

sungsproblemen. Mit einer ausreichend langen Probephase und engen Begleitung durch die Entwickler in diesem Zeitraum konnten Probleme rasch erkannt und auch behoben werden. Auch im weiteren Ver­lauf der Nutzung ist eine jederzeit verfüg­bare Hotline, die den Anwendern kompe­tent zur Seite steht, eminent wichtig.

Auch nach dem Beginn des Echtbe­triebs wurden laufend Änderungen und Ergänzungen im Rahmen einer kontinu­ierlichen Weiterentwicklung eingefügt.

Relevante Probleme traten einma­lig anlässlich der Einspielung eines Up­dates der kommerziellen Basis auf. Diese war entgegen den Angaben des Herstel­lers noch nicht ausgereift und führte zu ei­ner massiven Verlangsamung des ganzen Systems sowie zu Datenverlusten. Durch die rasche Intervention der Entwickler der Uniresearch AG konnten die alte Version jedoch rasch wieder hergestellt und die Daten rekonstruiert werden.

Die Einführung der elektronischen Akte in unserer Schmerzklinik hat auch völlig neue Möglichkeiten für Qualitäts­

Tab. 3  Übersicht Korrespondenz

„Fachgebiet“ Vorlage

Anästhesie Erstgespräch

Verlaufsbrief

Abschlussbrief

Kostengutsprache

Erstgespräch Teamaufnahme

Neurologie Konsilbrief Neurologie

Orthopädie Konsilbrief Orthopädie

Physiotherapie Kurzbericht ambulante Physiotherapie

Standortbestimmung Physiotherapie

Psychologie/Psychiatrie Konsilbrief

Verlaufsbrief Psych

Abschlussbrief Psych

Abschlussbrief Schmerzbewältigungsgruppe

Neuropsychologie Standardbericht

Nebenwirkungen Medikation

Allgemeine Briefvorlagen Attest Fahrtauglichkeit

Terminbestätigung Arbeitgeber

Bescheinigung Medikamente E/F/I

Bescheinigung Pumpe E/F/I

Sekretariat Verschiedene administrative Formulare

Verordnungen Ambulante Physiotherapie

Ergotherapie

TENS/Hilfsmittel

Versicherungen Standardisierte Berichte für gesetzliche Unfall- und Rentenversicherung

32 |  Der Schmerz 1 · 2008

Originalien

Page 10: Implementierung einer elektronischen Krankenakte

sicherung und wissenschaftliche Arbeit eröffnet. Die Beurteilung der Kurz­ und Langzeitwirkungen unserer interventi­onellen Maßnahmen, Effektivität und Komplikationshäufigkeit der neuromo­dulativen Verfahren oder die exakte und rasche Auswertung der im Schmerzfra­gebogen integrierten psychometrischen Tests sind nur einige der möglichen und inzwischen intensiv genutzten Optionen, die unsere elektronische Akte bietet.

Fazit für die Praxis

Die Entwicklung einer angepassten elek-tronischen Krankenakte erfordert zu-nächst die genaue Analyse aller Prozesse in der entsprechenden Einrichtung. Die-se Prozesse müssen dann anwenderge-recht genau im EDV-System abgebildet werden. Sinnvoll ist die Entwicklung in-dividueller Tools auf der Basis kommer-ziell erhältlicher Systeme, keinesfalls je-doch ein „Überstülpen“ vorgefertigter Lösungen. Ein wesentlicher Aspekt für die Akzeptanz und Praktikabilität eines solchen Systems ist die Integration aller Fachdisziplinen. Im Echtbetrieb bedarf es einer kontinuierlichen Reevaluation und Verbesserung.

KorrespondenzadresseDr. A. Grüner

Klinik für Anästhesie und Schmerzintervention,  Bethesda-SpitalGellertstrasse 144,  CH-4020  [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

  1.  Brenner G (2001) Spezielle Anwendungen in der Gesundheitstelematik – Elektronisches Rezept/Elektronische Patientenakte/Digitale Archivierung. Z Arztl Fortbild Qual Gesundhwes 95: 646–651

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  3.  Bosancic D (2004) Implementierung eines Ausfall-konzeptes für die elektronische Krankenakte. PR-Internet 6: 595

  4.  Cabrer M (2005) Son Llatzer’s integrated data sys-tems project creates the e-hospital. IT & Commu-nications 4 (medinfo.netbib.de/images/SonLlatzer.pdf)

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  7.  McIntyre L (2004) Making the electronic medical record work for the orthopedic surgeon. Sports Med Arthros Rev 12: 238–245

  8.  Neubauer A, Preiglinger S, Ehrt O (2001) Elektro-nische oder papiergebundene Patientenakte. Ein Kosten-Nutzen-Vergleich. Ophthalmologe 98: 1083–1088

  9.  Raetzell M, Junger A, Röhrig R et al. (2005) Allge-meine Empfehlungen und Anforderungen zur Im-plementierung von DV-Systemen in Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerzthe-rapie. Anästh Intensivmed 46 [suppl 2]: S21–S31

10.  Schwarze J-C, Tessman S, Sassenberg C et al. (2005) Eine modulare Gesundheitsakte als Ant-wort auf Kommunikationsprobleme im Gesund-heitswesen. Wirtschaftsinformatik 47: 187–195

11.  Stengel D, Bauwens K, Walter M et al. (2004) Com-parison of handheld computer-assisted and con-ventional paper chart documentation of medical records. J Bone Joint Surg [Am] 86-A: 553–560

DGSS-Studie zur Wirksamkeit von Schmerzmitteln

Eine an der Universität Darmstadt durch-geführte Studie ergab, dass erst durch Ein-nahme eines Schmerzmittels gemeinsam mit einem Placebo eine klinisch relevante Schmerzreduktion erreicht wird. Dass we-der Medikamente noch Placebo-Effekt für sich allein eine bedeutsame, anhaltende Schmerzreduktion erzielen, unterstreicht die Bedeutung einer multidisziplinären Schmerz-therapie. Auch zeigte sich, dass das 3-Stufen-schema der WHO zur Schmerztherapie nicht auf die mehrwöchige Behandlung von Nicht-Tumorschmerzen übertragbar ist. 62 Studien ergaben keine Belege für die WHO-Wirkungs-einteilung in „schwach“, „mittel“, „stark“ für verschiedene Substanzgruppen. Die Beur-teilung der individuellen Verträglichkeit und von möglicherweise Organ schädigenden Nebenwirkungen könnte somit in der Ver-schreibungspraxis eine größere Bedeutung gewinnen als bisher vermutete Wirkungsun-terschiede zwischen Substanzgruppen.Ein Vergleich von Studien unterschiedlicher Behandlungsdauer zeigte für Schmerzmittel der WHO-Stufe II eine deutliche Abnahme der Wirksamkeit mit der Zeit. Bei Präparaten der WHO-Stufen I und III war dieser Effekt nicht zu beobachten. Deutlich belegbar war die Wirkung von Stufe-I-Analgetika bei rheumatischen Schmerzen. Auch die Wirkung von Analgetika der WHO-Stufen II und III bei neuropathischen Schmerzen konnte nach-gewiesen werden.

Quelle:Deutsche Gesellschaft zum Studium

des Schmerzes e.V. (DGSS)www.dgss.org

Fachnachrichten

33Der Schmerz 1 · 2008  |