ich wuerd ja wollen, wenn ich nur koennt
DESCRIPTION
“Ich würd ja wollen, wenn ich nur könnt” oder um den unvergesslichen Karl Valentin zu zitieren „Mögen hätt’ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut.“ Wir alle kennen solche Sätze und habe sie wohl auch schon als "Entschuldigung" meist uns selbst gegenüber gebraucht. Denn wer kennt ihn nicht den Wunsch nach Veränderung und Wachstum. Den Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung. Nach Veränderung im Inneren oder Äusseren. Die dann aber auch immer einen Preis hat. Denn Veränderung im Inneren bedeutet dann auch oft eine Verabschiedung von (allzu) bekannten Mustern und Verhaltensweisen. Und Veränderung im Äusseren kann dann teils einschneidende Konsequenzen haben, wie zum Beispiel den Wechsel der Arbeitsstelle. In diesem Vortrag geht es um den Wunsch nach Veränderung und Wachstum. Und einem möglichen Weg dorthin.TRANSCRIPT
ICH WÜRD JA WOLLEN, WENN ICH NUR KÖNNT. Über den Wunsch nach Veränderung und Wachstum. Und einen gestalttherapeutischen Weg dorthin.
Jochen Gürtler – 23. April 2012
Sagt die Raupe zum Schmetterling: „Sie sind aber auch nicht mehr der, der sie einmal waren.“
AGENDA
• Gestalt-‐Grundannahmen • Der Wunsch nach Veränderung • Freiheit und Verantwortung • Veränderung und Wachstum • Die paradoxe Theorie der Veränderung
ÜBER MICH Menschen, Ideen & Resultate
• Studium Informatik an der TU Karlsruhe • Seit 1998 in der SAP als Entwickler, Architekt,
Product Owner und Development Manager tätig • 2007-‐2011: Ausbildung zum Gestalttherapeuten am
Gestalt-‐Zentrum Baden mit Abschlussarbeit „Ich würd ja wollen, wenn ich nur könnt“.
• Seit 2010 als Coach tätig, seit 2011 mit eigener Praxis in Karlsruhe
• Reiss Profile Master • Design Thinking Coach und Dozent an der d.school
Potsdam
GESTALT-‐GRUNDANNAHMEN
GESTALT-‐GRUNDANNAHMEN
Veränderung und Wachstum braucht Beziehung Das dialogische Prinzip als sichere Basis für Wachstum und Veränderung. „Der Mensch wird im Du zum Ich“ (Martin Buber)
Alles geschieht im Hier-‐und-‐Jetzt Auch was wir früher nicht abschließen konnten, wirkt in den gegenwärtigen Augenblick und zeigt sich im Kontakt zu anderen Menschen und zur Welt.
Veränderung geschieht durch Erfahren, nicht durch Nachdenken Die Gestaltarbeit bietet dazu lebendige Experimente, um Altes zu erforschen und Neues zu erproben. Es gibt weder Richtig noch Falsch Ein neugieriges, wertfreies Schauen eröffnet neue Möglichkeiten und überraschende Erkenntnisse.
DER WUNSCH NACH VERÄNDERUNG
„Der Wunsch nach Veränderung ist immer begründet in nicht befriedigten Bedürfnissen.“ – Fritz Perls
DER GESUNDE MENSCH
„Ein völlig gesunder Mensch fühlt sich und die Wirklichkeit ganz und gar.“ – Fritz Perls „Ein gesunder Mensch ist für mich jemand, der guten Kontakt zur Realität hat: zu der großen und der kleinen Welt um ihn herum und in ihm selbst.“ – Bruno-‐Paul de Roeck
DER MENSCH ALS SICH SELBST REGULIERENDER ORGANISMUS
„Die organismische Selbstregulation ist ein Prozess, der sich ständig erneuert und auf Feedback und fortdauernd neuer ´kreativer Anpassung` beruht.“ -‐ Gary M. Yontef „Der Organismus lässt immer wissen, was jetzt wichtig ist. Er äußert seine Vorlieben. Wenn wir offenstehen für das, was in uns geschieht, tut er es auf offene Weise. Wenn wir die Signale unterdrücken, oder zu zensieren versuchen, tut er es auf versteckte Art.“ – Bruno-‐Paul de Roeck
KONTAKT UND KONTAKTGRENZE
Der Austausch von Organismus und Umwelt -‐ der Kontakt -‐ findet an der Kontaktgrenze (oder „Ich-‐Grenze“) statt. Die Haut ist bestes Beispiel für die Kontaktgrenze eines Organismus. Denn die Haut trennt den Menschen (den Organismus) einerseits ab von seiner Umwelt, verbindet ihn aber gleichzeitig auch mit ihr (z.B. indem der Mensch durch die Haut atmet und Sauerstoff aufnimmt aber auch Berührung von anderen spüren kann.).
DIE GESTALTWELLE (auUauend auf dem Kontaktzyklus nach Fritz Perls, Ralph Hefferline & Paul Goodman)
① Vorkontakt
② Kontakt mit dem eigenen Bedürfnis
③ Kontakt mit der Umwelt
④ Aggression
⑤ Assimilation
⑥ Nachkontakt
DAS MÄDCHEN MIT DEM GRÜNEN LUFTBALLON
① Das Mädchen ist sich zu Beginn selbst genug und in ihr Spiel mit dem grünen Luftballon vertieft. Dann merkt es plötzlich eine innere Unruhe ...
② ... die immer stärker wird. Das Mädchen bemerkt, dass es „kuscheln“ will.
③ Das Mädchen sucht den (Blick-‐) Kontakt zur Mutter, ...
④ ... steht auf, geht zur Mutter und drück sich förmlich in ihre Arme. Die Mutter nimmt sich die Zeit und hört mit ihrer Arbeit auf.
⑤ Das Mädchen genießt die Umarmung mit der Mutter ...
⑥ ... bis es sich dann wieder von der Mutter löst und sich wieder dem Spiel mit dem grünen Luftballon widmet.
WIR NEUROTIKER
"Ich nenne jeden Menschen neurotisch, der seine Kraft darauf verwendet, andere zu manipulieren und sich weigert, selbst zu wachsen.“ – Fritz Perls
FREIHEIT UND VERANTWORTUNG
„Die volle Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, ist Grundvoraussetzung für Veränderung und persönlichem Wachstum.“ – Fritz Perls
SCHICKSAL UND WAS DARAUS ENTSTEHEN KANN
Arnold R. Beisser Bucky Cantor
EXISTENZIALISMUS UND GESTALTTHERAPIE
Der Mensch hat grundsätzlich immer die Freiheit zu entscheiden, nur meist in einem mehr oder weniger eng gesteckten Rahmen. Er ist, wie es Jean-‐Paul Sartre etwas überspitzt formuliert, „verurteilt frei zu sein. Verurteilt, weil er sich nicht selbst erschaffen hat, andererseits aber dennoch frei, da er, einmal in die Welt geworfen, für alles verantwortlich ist, was er tut." Wir haben als Mensch offensichtlich oft nicht die Freiheit, die Umstände, in denen wir leben, zu wählen, und wir tragen oft auch nicht die Verantwortung dafür. Wir haben aber als Mensch immer die Freiheit und die Verantwortung uns zu entscheiden, wie wir auf diese Umstände antworten oder reagieren, bzw. welche Bedeutung wir ihnen geben.
„Solange man ein Symptom bekämpft wird es schlimmer. Wenn man Verantwortung übernimmt für das, was man sich selber antut, wie man seine Symptome hervorbringt, wie man seine Krankheit hervorbringt, wie man sein ganzes Dasein hervorbringt – in dem Augenblick, in dem man mit sich selbst in Berührung kommt – beginnt Wachstum, beginnt die Integration, die Sammlung“. – Fritz Perls
VERÄNDERUNG UND WACHSTUM
DAS SCHICHTENMODEL EINER NEUROSE (nach Fritz Perls) ① Klischee
Der Mensch lebt nach vorgegebenen Mustern und Regeln.
② Als-‐Ob-‐Verhalten „Die Schicht in der der wir Spielchen spielen und in Rollen schlüpfen.“ – Fritz Perls
③ Impasse „Nicht zurückziehen ist hier die Parole. Der Schmerz des Wachsens lohnt sich. Sterben um zu Leben.“ – Bruno-‐Paul de Roeck
④ Implosion „Wer nicht zurückzieht, betritt die Schicht des Todes.“ – Fritz Perls
⑤ Explosion „Der furchterregende Berg, der dir vorher den Weg zum Leben versperrte, und dich hinderte, Risiko auf dich zu nehmen, wird zu einem lächerlichen Maulwurfshügel, der nur durch deine Einbildung so riesenhaft aufgebläht wurde.“ – Bruno-‐Paul de Roeck
PROZESS DER GANZHEITLICHE VERÄNDERUNG
① Stagnation „Die SAP frustriert mich vorsätzlich.“ -‐ „Mein Manager hört mir sowieso nie zu.“ -‐ „Meine Eltern und Freunde unterstützen mich nicht in meinen Zukunftsplänen.“
② Polarisation „Am Ende der Polarisationsphase sind Bedürfnis und Widerstand bewusst, stehen im Dialog und wir haben keinerlei Lösung.“ – Franz Mittermair
③ Diffusion „Wenn Du (...) bei dieser Verwirrung bleibst, wird sich die Verwirrung selbst entwirren.“ – Fritz Perls
④ Kontraktion „Denn der Tod ist wohl die mit Abstand beste Erfindung des Lebens. Er ist der Katalysator des Wandels. Er räumt das Alte weg, damit Platz für Neues geschafft werden kann“. – Steve Jobs
⑤ Explosion Aus Zerrissenheit wird Eins-‐Sein. Aus (innerem) Kampf wird Gelassenheit.
(nach Frank-‐M. Staemmler und Werner Bock )
THEORIE UND PRAXIS
“Dieses Wachstum hört ein Leben lang nie auf – es ist das Leben.” – Frank-‐M. Stämmler
DER MONOMYTHOS (nach Joseph Campell)
Der Held, der auszieht den Drachen zu töten, die Prinzessin zu retten oder den heiligen Gral zu finden. Der unzählige Abenteuer bestehen muss, sich dabei aber auf Gefährten verlassen kann. Der Tore in für ihn bis dahin unbekannten Welten durchschreiten muss. Der sich dem Drachen, dem Dämon, der „dunkeln Seite der Macht“ stellen muss. Um am Ende zurückzukehren. Mit Prinzessin oder Schatz. Aber auch der Erkenntnis, nicht mehr der zu sein, der er zu Beginn der Geschichte war. Und damit auch nicht sein bis dahin gekanntes Leben weiterleben kann.
DIE HELDENREISE (nach Paul Rebillot)
Der Monomythos und die damit verbundenen (Helden-‐) Geschichten als Sinnbild unseres (vielleicht nur unbewussten) Wunsch nach Veränderung und persönlichem Wachstum. Die Heldenreise als erlebte Geschichte, des inneren Helden:
o Rollenspiele o Rituale o Phantasiereisen o Gruppenübungen
HELD UND DÄMON
Der Held Der Held ist der Teil eines Menschen, der “einen Ruf erhält und ihm folgt”. Der Held ist der Teil eines Menschen, der sich weiterentwickeln will, der ein erfüllteres Leben führen will. Der Held macht sich trotz oft heftiger innerer und äußerer Widerstände auf, „dem Ruf zu folgen“ -‐ „sein geliebtes Auenland“ zu verlassen.
Der Dämon Der Dämon ist der Teil eines Menschen, der keine Veränderung will, und sich stattdessen lieber mit den gegebenen Umständen arrangiert. Der Dämon ist der Teil eines Menschen, mit dem man sich weit weniger gerne identifiziert. Der Dämon wirkt daher oft im „Unbewussten“, aber daher oft ungleich stärker.
DIE KONFRONTATION VON HELD UND DÄMON
„Der Held und der Dämon reichen sich die Hand; sie akzeptieren sich so wie sie sind, geben dem anderen den ihm zustehenden Platz in unserer Welt und ermöglichen so ein neues, gutes Ganzes“.
DIE PARADOXE THEORIE DER VERÄNDERUNG
„Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht, wenn er versucht, etwas zu werden, das er nicht ist. Veränderung ergibt sich nicht aus dem Versuch des Individuums oder anderer Personen, seine Veränderung zu erzwingen, aber sie findet statt, wenn man sich die Zeit nimmt und die Mühe macht, zu sein, was man ist; und das heißt, sich voll und ganz auf sein gegenwärtiges Sein einzulassen.“ – Arnold R. Beisser
VERÄNDERUNG ALS WEG, DER NIE ENDET
„Ich habe einen langen Weg zurückgelegt. Ich weiß nicht, ob ich einen Schritt weiter bin als damals. Manchmal scheint es mir, als liefe ich einen jahrelangen Weg, de sich zu einem Kreis umbiegt und der mich immer wieder zu m Ausgangspunkt bringt, der jedesmal tiefer liegt.“ – Bruno-‐Paul de Roeck
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
• Arnold R. Beisser: Wozu brauche ich Flügel?, Peter Hammer Verlag, 2009. • Bruno-‐Paul de Roeck: Gras unter meinen Füssen. Eine ungewöhnliche Einführung
in die Gestalttherapie, Rowohlt, 1985 • Frank-‐M. Stämmler: Was ist eigentlich Gestalttherapie?, Edition Humanistische
Psychologie 2009 • Frank-‐M. Stämmler / Werner Bock: Ganzheitliche Veränderung in der
Gestalttherapie, Peter Hammer Verlag, 2007. • Frederik Perls: Gestalt-‐Therapie in Aktion, Klett-‐Cotta Verlag, 1969. • Paul Rebillot: Die Heldenreise. Das Abenteuer der kreativen Selbsterfahrung.
Überarbeitete Auflage. Eagle Books, 2011. • Franz Mittermair: Neue Helden braucht das Land, Eagle Books, 2009.