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Johannes Herlet, 2017 Thema der Arbeit: kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Hypothesen der modernen Wissenschaften über den Lebenszyklus der Sterne, die Struktur und Zusammensetzung des Universums sowie seine Entstehung und Zukunft. Arbeit in 2 Teilen: Teil 1) Das beobachtbare Universum und der Lebenszyklus der Sterne Teil 2) Die Evolution des Universums I. Die Geburt des Universums aus einem Urknall 1. Das expandierende Universum 2. Die kosmische Hintergrundstrahlung 3. Dunkle Materie und Dunkle Energie 4. Kosmologische Modelle (Geometrie, Ausdehnung und Dynamik des Universums) 5. Analyse des Cosmic Microwave Background CMB II. Die ersten 5 Minuten 1. Allgemeine Überlegungen und Grenzen der Theorie 2. Die erste Sekunde 3. Die Entstehung der Materie 4. Die Theorie der kosmischen Inflation III. Die Evolution des Universums nach dem Urknall 1. Entstehung der Sterne und Galaxien 2. Die Zukunft des Universums 3. Die Geschichte und Zukunft des Kosmos im Zeitraffer: tbs

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Johannes Herlet, 2017

Thema der Arbeit: kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Hypothesen der modernen Wissenschaften über den Lebenszyklus der Sterne, die Struktur und Zusammensetzung des Universums sowie seine Entstehung und Zukunft.

Arbeit in 2 Teilen: Teil 1) Das beobachtbare Universum und der Lebenszyklus der Sterne

Teil 2) Die Evolution des Universums

I. Die Geburt des Universums aus einem Urknall1. Das expandierende Universum2. Die kosmische Hintergrundstrahlung3. Dunkle Materie und Dunkle Energie 4. Kosmologische Modelle

(Geometrie, Ausdehnung und Dynamik des Universums)5. Analyse des Cosmic Microwave Background CMB

II. Die ersten 5 Minuten 1. Allgemeine Überlegungen und Grenzen der Theorie2. Die erste Sekunde3. Die Entstehung der Materie4. Die Theorie der kosmischen Inflation

III. Die Evolution des Universums nach dem Urknall 1. Entstehung der Sterne und Galaxien 2. Die Zukunft des Universums3. Die Geschichte und Zukunft des Kosmos im Zeitraffer: tbs

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I. Die Geburt des Universums aus einem Urknall

Das Standardmodell der Kosmologie (auch „Urknalltheorie“ ) ist die heute anerkannte kosmologische Theorie, nach der sich das Universum vor etwa 13,8 Milliarden Jahren aus einem nahezu punktförmigen und daher unvorstellbar heißen und dichten Beginn durch einen „Urknall“ genannten Auslöser expansiv zum heutigen Universums entwickelt hat.Als Begründer der Urknalltheorie gelten Georges Lemaître (1931) und George Gamow (1948).Die theoretische Stütze des Modells ist die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) und das darauf basierende 1922 von Alexander Friedmann entwickelte Modell eines expandierenden Universums.Das Modell beruht auf 2 Grundannahmen: der Universalität der Naturgesetze und dem sogenannten „kosmologischen Prinzip“, welches in Übereinstimmung mit allen bekannten Beobachtungsdaten besagt, dass die Masse-Energie-Verteilung im Universum auf großen Skalen homogen ist. Es wird darüber hinaus vor allem durch drei unabhängige Beobachtungstatsachen gestützt:

• die Expansion des Universums• die kosmische Hintergrundstrahlung• die Häufigkeitsverteilung der leichten Elemente im Universum

Die ältesten bisher entdeckten Sterne im Universum werden auf Basis von Spektralanalysen in Übereinstimmung mit dem Modell auf ein Alter von 13,2 - 13,6 Milliarden Jahre geschätzt.

1.1.1.1. Das expandierende Universum

1929 untersuchte der britische Astronom Edwin Hubble die Entfernungsabhängigkeit der bereits 1915 von Vesto Slipher entdeckten Rotverschiebung im Spektrum ferner Galaxien. Er stelle fest, dass diese umso stärker ist, je weiter die Galaxien von uns entfernt sind. Dies wurde dahingehend interpretiert, dass der Raum zwischen den Galaxien expandiert und diese sich daher im Universum umso schneller voneinander entfernen, je weiter sie bereits voneinander entfernt sind. Das legte auch den Schluss nahe, dass in der Frühzeit des Kosmos alle Materie einmal sehr nahe zusammen gewesen sein muss, und ein Ereignis dann die Expansion in Gang setzte. Wenn sich ein Stern von uns weg bewegt, so erscheint das von ihm empfangene Licht langwelliger (pro Zeiteinheit erreichen uns weniger Wellenberge), wenn er sich auf uns zu bewegt kurzwelliger, und zwar umso mehr, je schneller die Bewegung weg von oder hin zu ist. Entsprechend erscheinen uns dann die durch die Oberflächengase (z.B. Wasserstoff) des Sternes bewirkten charakteristischen Spektrallinien-Muster im Licht des Sterns zum lang- oder kurzwelligen Ende hin verschoben. Diesen „Dopplereffekt“ nutzt man, um Bewegung der Sterne im Raum zu vermessen.

Obwohl auch die „kosmische Rotverschiebung“ oft dem Dopplereffekt zugeschrieben wird, kommt dieser Effekt genau genommen aber nicht dadurch zustande, dass sich die beobachteten Galaxien im dreidimensionalen Raum von uns fort bewegen. Vielmehr expandiert der Raum selbst und treibt dadurch alle in ihm enthaltenen Massen auseinander. Man würde die gleiche Beobachtung an jedem anderen Punkt im Kosmos machen. Die Rotverschiebung entsteht dabei durch eine von der Expansion des Raumes hervorgerufene Dehnung der Lichtwellen, die umso stärker ist, je länger das Licht im expandierenden Universum von der fernen Quelle zu uns unterwegs war. Diese Rotverschiebung ist daher auch ein Maß für die Entfernung der Lichtquelle. Dies kann man ich am besten mit Hilfe einer zweidimensionalen Analogie verdeutlichen. Wenn man ein elastisches Gummituch an allen Ecken auseinander zieht oder einen Luftballon aufbläst, so würden schwarze Punkte auf der Oberfläche des Tuches bzw. des Luftballons auseinander gezogen, d.h. sich alle voneinander entfernen, und zwar in einer bestimmten Zeit umso mehr, je weiter die Punkte bereits vorher auseinander lagen. Denn jede Entfernungseinheit zwischen zwei Punkten liefert ein Stück Dehnung hinzu. Die von Hubble festgestellte Rotverschiebung ergab ein annähernd konstantes Verhältnis von Fluchtgeschwindigkeit v und Entfernung r der Galaxien. Dieses Verhältnis erhielt den Namen Hubble-Konstante (H = v/r = Fluchtgeschwindigkeit im Abstand r / Entfernung r).

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Bei Annahme einer nahezu gleichmäßige Expansion des Weltraumes über die Zeit gibt 1/H an, vor wie langer Zeit alle Galaxien am „selben Ort“ waren, also das Alter des Universums seit dem sogenannten Urknall. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Expansion nicht immer gleich schnell verlief. Nach aktuellen Beobachtungsdaten hat sich die Expansion in den ersten rund 9 Milliarden Jahren seit dem Urknall wie erwartet gravitationsbedingt verlangsamt. In den letzten 5 Milliarden Jahren jedoch hat sich die Expansion offenbar beschleunigt (s. Kap. 3). Bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Expansionsraten ergeben die aktuellen Abschätzungen eine Alter des Universums von 13,8 Milliarden Jahren.

Verschiedene Messungen für den Hubble-Parameter ergaben in den letzten Jahren einen heutigen Wert um die 70 km/s/Mpc (Mpc=Megaparsec= 3,26 x 106 Lichtjahre). Ein Raumabstand von 1 Mpc würde sich gemäß diesem Wert pro Sekunde um 70 km ausdehnen. Das Alter des Universums beträgt aktuellen Beobachtungsdaten zufolge 13,8 Milliarden Jahren. Allgemein gilt: v = H.r ~ = c.z; dabei ist c die Lichtgeschwindigkeit, z die Rotverschiebung einer Lichtquelle im Abstand r; z gibt an, welcher Anteil zur Wellenlänge hinzugekommen ist ( z = (λ2 – λ1)/ λ1, 1=Emissions-, 2=Beobachtungszeitpunkt. So bedeutet z = 0,2, dass die Wellenlänge um 20 % auf das 1,2-fache angewachsen ist, z=1 bedeutet 100% Lichtdehnung. Daneben wird auch oft der Skalierungsfaktor a des Universums seit Emission verwendet; a= 0,5 bedeutet z.B., dass sich die Lichtwellen (und damit der Raum) um den Faktor 1/a=2 gedehnt haben; allgemein gilt z= 1/a -1, in diesem Fall also z= 1 (100% Lichtdehnung); a=1 bedeutet: heute.

Die Expansion des Raumes macht sich nur auf sehr großen Skalen bemerkbar. Innerhalb von Galaxien und Galaxienhaufen und Superhaufen überwiegt (heute) die Gravitationsanziehung.

Die Galaxien am Rande des beobachtbaren Universums bewegen sich heute schon mit etwa 3-facher Lichtgeschwindigkeit von uns weg, das Licht, das sie heute ausstrahlen, kann uns nicht mehr erreichen. In einem Universum mit beschleunigter zukünftiger Expansion, werden wir Ereignisse außerhalb des sogenannten Ereignishorizonts niemals sehen können, denn der Raum dehnt sich schneller aus, als das Licht ihn überwinden kann. Heute liegt dieser Ereignishorizont in rund 16 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Galaxien, die momentan weiter als 16 Milliarden Lichtjahre entfernt sind, werden wir also niemals in ihrem heutigen oder zukünftigen Zustand sehen können.

2.2.2.2. Die kosmische Hintergrundstrahlung

Bereits 1946 hatte der russische Physiker George Gamow postuliert, dass das Universum noch heute aus allen Richtungen gleichmäßig von Strahlen durchdrungen sein müsse, die aus der Zeit stammen, als das expandierende Universum soweit ausgedehnt und abgekühlt hatte, dass die Lichtteilchen erstmals freie Bahn hatten und nicht mehr ständig an Materieteilchen gestreut wurden. Dieser Zeitpunkt, an dem das Universum durchsichtig wurde, wird heute auf etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall datiert. So wie die Oberfläche (Photosphäre) der Sonne genau jenen relativ scharfen Rand definiert, an dem Gasball durchsichtig wird, weil Temperatur und Dichte soweit gesunken sind, dass die im Sonneninneren erzeugten Photonen nicht mehr ständig mit Materie wechselwirken sondern frei laufend die Sonne verlassen können, so gab es im Universum einst den Übergang von undurchsichtig zu durchsichtig. Bei einer Temperatur von etwa 3000o Kelvin konnten sich Protonen und Elektronen zu elektrisch neutralem Wasserstoff verbinden, und die Strahlung unterlag nicht mehr der sogenannten Thomson-Streuung von Photonen an freien Elektronen. (In der Photosphäre der der Sonne findet dieser Übergang bereits bei 5800 o K statt, da die Materie der Sonne bei gleicher Temperatur weniger dicht ist als es der Urkosmos war) Das damals noch sehr energiereiche (kurzwellige) Licht ist durch die Expansion des Raumes heute soweit gedehnt (in die Länge gezogen) worden, dass es einer Wärmestrahlung von nur wenigen Grad über dem absoluten Nullpunkt entspricht; das heiße Licht von damals hat sich mit der

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Ausdehnung des Raumes abgekühlt auf etwa 2,7 o Kelvin. Diese von Gamow vorhergesagte Strahlung wurde 1965 entdeckt und zwar mit genau der Wellenlänge und den spektralen Eigenschaften, die nach der Urknall-Theorie erwartet worden war.

Die kosmische Hintergrundstrahlung stellt eine sogenannte Schwarzkörperstrahlung dar, d.h. sie entspricht der Wärmestrahlung eines Körpers, dessen Strahlungsleistung für jede Frequenz der Strahlung den maximalen Wert annimmt, der für einen Körper dieser Temperatur und Oberfläche physikalisch möglich ist. Die spektrale Intensitätsverteilung ist dabei gegeben durch das Plancksche Strahlungsgesetz; das Intensitätsmaximum eines solchen Planck-Spektrums hängt nur von der (Oberflächen-) Temperatur des Körpers ab. Man spricht deshalb auch von der Temperatur der Strahlung. Die kosmische Hintergrundstrahlung entspricht einer Durchschnittstemperatur des Universums von 2,7 Grad Kelvin. Temperaturschwankungen zeigen sich in entsprechenden Schwankungen der Strahlungsintensität (bei jeder gemessenen Wellenlänge)

Das Schwarzkörperspektrum der kosmische Hintergrundstrahlung beweist, dass diese in einer Zeit, entstand als das Universum noch undurchsichtig war; damals war das Universum nur wenige Wochen alt, es war eine Million mal heißer als heute, etwa so heiß wie die Sonnenmitte. Erst als sich das Universum nach etwa 380.000 Jahren hinreichend abgekühlt hatte, konnten die Photonen dieser Strahlung das Universum ungehindert durchlaufen. Dabei hat sich die Frequenzverteilung eines Planck-Spektrums über die Jahrmilliarden erhalten, in denen sich das Universum von 3000o K auf ca. 2,7 o K abgekühlt hat, weil alle beteiligten Frequenzen in gleicher Weise gedehnt wurden. „Der Nachthimmel ist also auch deshalb dunkel, weil sich das Weltall ausdehnt und das heiße Licht, das früher den Himmel füllte und vom Urknall stammt, durch die Ausdehnung des Raumes zu kühlen, unsichtbaren Mikrowellen geworden ist. Selbst die Tiefe des Raumes ist jedoch nicht völlig kalt. Wenn unsere Augen Mikrowellen sehen könnten, würde der ganze Himmel wie glühende Kohlen auch nachts in dem Licht leuchten, das vom ersten Augenblick der Schöpfung übrig geblieben ist.“/CJH

Die Wellenlängen der kosmischen Hintergrundstrahlung liegen im Mikrowellenbereich. (mit Wellenlängen 1 mm bis 300 mm, Maximum bei ca. 2 mm); daher auch die Bezeichnung CMB= Cosmic Microwave Background. Die Rotverschiebung der Hintergrundstrahlung beträgt z=1100, was bedeutet, dass sich der Raum seither um einen Faktor 1100 ausgedehnt hat. Der Weltraum enthält durchschnittlich pro Kubikzentimeter 400 Photonen der Hintergrundstrahlung.

Die Strahlung füllt den ganzen Raum aus und ist außerordentlich gleichförmig. Geringfügige richtungsabhängige Abweichungen der Strahlungstemperatur < 0,1% ergeben sich aus der Bewegung der Erde relativ zum Mikrowellenhintergrund und Störeinflüssen unserer Galaxis. Filtert man diese Störeinflüsse heraus, so bleibt dennoch ein charakteristisches Muster sehr geringe Temperaturschwankungen (~10-5 Kelvin) bei kleinen Winkelabständen (< 2 Grad). Diese sogenannten Anisotropien beruhen primär auf geringfügigen Schwankungen der Materiedichte im frühen Universum. Hierbei spielen mehrere, zum Teil gegenläufige Effekte zusammen: so sind Gebiete höherer Materiedichte auch etwas heißer und damit Photonen aus diesen Gebieten energiereicher; andrerseits verlieren Photonen aus Bereichen höherer Dichte auch Energie, da sie ein etwas stärkeres Gravitationsfeld zu überwinden haben (gravitative Rotverschiebung). Die sehr geringen Temperatur- bzw. Intensitätsschwankungen der Strahlung in kleineren Bereichen zeigen, dass das frühe Universum außerordentlich homogen war. Die genaue statistische Analyse der Schwankungen und der Polarisationsmuster der Strahlung erlauben diverse Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und räumliche Struktur des Kosmos sowie den Zeitpunkt der Entstehung der ersten Sterne. Die genaue Vermessung der kosmischen Hintergrundstrahlung ist daher eine der wichtigsten Aufgaben der modernen kosmologischen Forschung. Messungen erfolgten durch die Satelliten COBE (ab 1989), WMAP (2001-2010) und das Planck-Weltraumteleskop (2009-2012). (Zu den Ergebnissen, s. Kapitel: I,5)

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3.3.3.3. Dunkle Materie und dunkle Energie

Dunkle Materie: Das Universum enthält sichtbare Materie, die wir beobachten können, aber offensichtlich auch unsichtbare Materie, die sich (bisher) einer direkten Beobachtung entzieht, und auf die wir nur indirekt durch ihre Gravitationswirkung auf sichtbare Materie schließen können. Sichtbare Materie sendet elektromagnetische Strahlung aus, leuchtet aus sich selbst heraus, wie alle Sterne oder das von Sternen erhitzte interstellare Gas, oder verrät sich in dem es das Licht von Sternen abdunkelt (interstellare Staubwolken) oder in dem es andere Materie zum Leuchten bringt. Die Existenz dunkler Materie wird durch eine Reihe von Indizien nahegelegt.

Bei der Untersuchung der inneren Dynamik ferner Galaxien und Galaxienhaufen zeigt sich, das diese von der Gravitation zusammengehaltenen Systeme sehr viel schneller in sich rotieren ohne auseinander zu fliegen, als das von der sichtbaren Materie her möglich ist. Auch aus dem sogenannten Gravitationslinseneffekt von Galaxien und Galaxienhaufen auf das Licht weit hinter diesen Haufen liegender Quasare lässt sich die Masse solcher Haufen abschätzen. Aus solchen Beobachtungen kann man abschätzen, dass die sichtbare Materie nur etwa knapp 1/6 der Gesamtmasse der Galaxien und Galaxienhaufen ausmacht; bei dem unsichtbaren Rest muss es sich – so die Vermutung - um „Dunkle Materie“ handeln. Die meisten Astronomen gehen heute davon aus, dass die Galaxien des Universums in eine Wolke (einen sogenannten Halo) aus dunkler Materie eingebettet sind, der weit über das sichtbare Areal der Galaxien hinaus reicht und dass diese dunkle Materie gut 5/6 (ca. 83%) der gesamten Materie des Universums ausmacht.

Ein starkes Argument für die Existenz dunkler Materie ergibt sich auch aus der Analyse der sehr geringen Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung CMB (s. Kapitel I,5). Dieses Abbild der Materieverteilung des frühen Universums zeigt zu wenig Inhomogenitäten, als dass sich die heutige klumpige Struktur des Universums allein über die Gravitation der bekannten sichtbaren Masse erklären lässt. Auch dies stützt die Vermutung, dass diese Strukturbildung durch Einwirkung dunkler Materie beschleunigt wurde. Systematische Untersuchungen ferner Galaxienhaufen, die sich uns heute so präsentieren, wie sie vor vielen Milliarden Jahren aussahen, deuten darauf hin, dass die Strukturbildung im Universum vom Kleinen zum Großen erfolgte: erst bildeten sich Sterne, diese schlossen sich zu Galaxien zusammen, kleinere Galaxien verschmolzen zu größeren; Galaxien bildeten Gruppen, die sich wiederum zu Haufen vereinigten. Diese Art von bottom-up Strukturbildung war, so zeigt die die Simulation entsprechender kosmologischer Modelle mittels modernen Computern nur dann möglich, wenn vor allem sogenannte kalte dunkle Materie als Beschleuniger wirkte.

Prinzipiell unterscheidet man kalte und heiße dunkler Materie danach, ob sich die Materieteilchen deutlich langsamer oder fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Die bisher einzigen bekannten Elementarteilchen, die zur heißen dunklen Materie gehören sind Neutrinos. Neueste Erkenntnisse der Elementarteilchenphysik weisen darauf hin, dass Neutrinos eine geringe Ruhemasse haben. Die Neutrinos im Kosmos stammen überwiegend aus Urknall, entstehen aber in großer Anzahl auch bei Kernfusionen in Sternen und Sternexplosionen (Supernovae). Ihre Ruhemasse ist allerdings sehr gering (Größenordnung: 10-6 bis 10-8 der Elektronenmasse). Trotz ihrer großen Anzahl – es gibt etwa 1 Milliarde mal mehr Neutrinos im Universum als Protonen oder Elektronen - machen die Neutrinos nur etwa ein 0,1 bis 1% der gesamten Masse-Energie des Universums aus.Zur kalten dunklen Materie gehören z.B. Schwarze Löcher, die man im Zentrum der meisten Galaxien vermutet. Sie lassen sich nur dadurch nachweisen, dass sie die Materie in ihrer Umgebung aufsaugen, und dass diese in das Schwarze Loch spiralförmig hineinstürzende Materie sich durch eine sehr energiereiche, uns als pulsierend erscheinende Strahlung bemerkbar macht. Weiter gehören stellare Schwarze Löcher (der Endzustand massereicher Sterne), Planeten und braune Zwerge (verdichtete Gaswolken, die nicht die Masse akkumuliert haben, um als Sterne zu

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zünden) sowie abgekühlte und daher dunkel gewordene Weiße Zwerge zur kalten dunklen Materie. Solche MACHO's („Massive Astrophysical Compact Halo Object“) im Halo der Galaxien sind ein Deutungsversuch für die dunkle Materie.

Ein Teil der vormals für uns „dunklen Materie“ wird auch durch neue Beobachtungs-Methoden sichtbar: so entdeckte man in den 70’er Jahren durch Röntgen-Satelliten, dass der Raum zwischen den Galaxien vieler Galaxienhaufen durch ein dünnes heißes Gas ausgefüllt ist, auf das in Summe sogar ein größerer Masseanteil entfällt als auf die sichtbare Materie der Galaxien.Dieses Intra Cluster Medium (ICM) besteht überwiegend H- und He-Atomkernen (Temperatur 10-100 Millionen Grad, Partikeldichte ca. 1000 pro m³) und macht 80%- 90% der sichtbaren Masse eines Galaxienhaufens aus. Die Röntgenstrahlung entsteht überwiegend durch die Ablenkung freier Elektronen im ionisierten Gas.

Alle bekannten Kandidaten kalter dunkler Materie sind jedoch aus Protonen und Neutronen aufgebaut, gehören also zu normalen baryonischen Materie. Für diese gibt es 2 unabhängige und übereinstimmende Gesamtabschätzungen (siehe Anm. 3, Kap. II,3). Danach kann die baryonische dunkle Materie nur einen sehr geringen Teil der dunklen Materie ausmachen. Viele Wissenschaftler vermuten daher, dass die dunkle Materie überwiegend aus bisher nicht entdeckter kalter dunkler Materie in Form exotischer Elementarteilchen besteht. Kandidaten sind theoretisch postulierte Teilchen, wie z.B. das WIMP (Weakly Interacting Massive Particle), ein schwach-wechselwirkendes massives und stabiles Teilchen, das sich nach der Theorie der Supersymmetrie ergibt, oder das Axion, das eine Erklärung für das fehlenden elektrische Dipolmoment der Neutronen (- diese enthalten positiv und negativ geladenes Quarks) liefern könnte. Auch über einen Zusammenhang mit dem Higgs-Feld und Higgs-Bosonen wird spekuliert.

Andere Erklärungen: Es gibt jedoch auch neuere Forschungsergebnisse, welche die vermutete Existenz großer Mengen dunkler Materie ganz in Zweifel ziehen. Untersuchungen von Satellitengalaxien unserer Galaxis und der Andromeda-Galaxie ergeben Widersprüche zur Theorie der dunklen Materie. Ein gleichmäßiger Halo dunkler Materie um diese Hauptgalaxien sollte entgegen der Beobachtung zu einer gleichmäßigeren Anordnung der Satelliten Galaxien und zu mehr sichtbarer Materie in diesen führen. Eine diskutierte Alternativ-Theorie beruht auf der Annahme, dass bei galaktischen Dimensionen etwas größere Gravitationskräfte wirken, als durch Newtons Gravitationsgesetz vorhergesagt wird („MOdifizierte Newtonsche Dynamik“ MOND).Eine spezielle Weiterentwicklung dieses Ansatzes, die Skalar-Tensor-Vektor-Gravitationstheorie (STVG), 2014 von John Moffat entwickelt, wurde erfolgreich für die Berechnung der Rotation von Galaxien, der Masseverteilung von Galaxienhaufen und des Gravitationslinseneffekts des Bullet-Cluster herangezogen, ohne die Notwendigkeit, Dunkle Materie zu postulieren. Die Theorie bietet (lt. Wikipedia) darüber hinaus eine Erklärung für den Ursprung des Trägheitsprinzips.

Dunkle Energie: Wir wissen heute, dass unser Universum expandiert, die Massen des Weltalls bewegen sich voneinander fort. In dieser Expansion des Universums steckt kinetische Energie. Diese sollte durch die zwischen den Massen des Universums wirkende Gravitation leicht abgebremst werden, wenn auch möglicherweise nie ganz zum Stillstand kommen. Bei der genauen Vermessung der Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit von Galaxien anhand des Lichtspektrums sogenannter Typ-Ia Supernovae (s. unten) wurde 1998 durch 2 Forschungsteams jedoch gezeigt, dass die Expansion des Universums seit etwa 5 Milliarden Jahren offenbar beschleunigt verläuft. Die beobachtete beschleunigte Ausdehnung wird erklärt durch das Postulat dunkler Energie, die eine abstoßende Gravitation bewirken soll. Da die Schwerkraft zwischen den Galaxien des Universums mit zunehmender Entfernung zwischen diesen schwächer wird, würde eine konstante abstoßende Gravitation ab einem gewissen Zeitpunkt die anziehende Schwerkraft überwiegen und eine exponentielle Beschleunigung der Expansion des Universums einleiten.

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Das Postulat dunkler Energie wird durch eine weitere unabhängige Beobachtungstatsache gestützt: Aus der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung CMB (s. Kap. II,5) lässt sich ableiten, dass unser (beobachtbares) Universum eine flache Raumgeometrie hat. Dies ist jedoch nur möglich, wenn es im Universum noch eine andere Form von Masse-Energie gibt, die etwa 70% der gesamten Masse-Energie ausmacht und die zusammen mit der dunklen Materie und der sichtbaren Materie in etwa die kritische Dichte (s. Kap. I,4) ergibt, die für ein flaches Universum erforderlich ist

Theoretische Erklärung: Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) kann eine abstoßende Gravitation grundsätzlich auch durch positive Energie bewirkt werden, wenn diese Energie einen negativen (nach Innen saugenden) Druck im Vakuum erzeugt. Nach der ART kann die skalare Masse-Energie-Dichte in einem abgeschlossenem Raumbereich durch Änderung des Bezugssystems als vektorieller Energiefluss mit 3 Komponenten dargestellt werden. Aus dem Energieerhaltungssatz folgt: Die Änderung der Energie in einem mitbewegten Volumenelement ist gleich dem negativen Druck mal der Volumenänderung, oder: p = - ∆E /∆V. Eine Verkleinerung des Volumens erfordert Arbeit und erhöht damit die potentielle Energie im Volumen, gleichzeitig entsteht damit positiver Druck ( ∆V negativ). Positiver Druck in einem Raumbereich (z.B. Stern) bewirkt zwar in der eingeschlossenen Materie einen Gegendruck, also eine Tendenz sich auszudehnen, wirkt aber andrerseits im Sinn einer Volumenverkleinerung also gravitationsverstärkend. Negativer Druck (Unterdruck) in einem Raumgebiet kann umgekehrt die positive Energiedichte kompensieren und zu einer Volumenzunahme (Expansion des Raumes) und daher Gravitationsabstoßung führen. Obwohl die physikalische Natur der Dunklen Energie noch unbekannt ist, kann man sie sich als eine Art ideales Gas vorstellen mit einer Zustandsgleichung: w= p/e = p/dc2 (p=Druck, e=Energiedichte, d=Massendichte, w= equation-of-state parameter). Man kann ferner zeigen, dass die Expansion des Universums für w < -1/3 beschleunigt verläuft.

Die physikalische Interpretation der „Dunklen Energie“ ist völlig ungeklärt, ihre Existenz ist bisher nur indirekt nachgewiesen. Folgendes Erklärungen werden diskutiert: Kosmologische Konstante (w= -1): In den Gleichungen der ART hatte Einstein ursprünglich eine „kosmologische Konstante“ Λ vorgesehen, die bei positivem Wert (Λ>0)als gleichmäßig wirkende abstoßende Schwerkraft die normale, durch die Masse-Energie des Universums bewirkte anziehende Schwerkraft in Schach halten und so für ein stabiles Universum im Gleichgewicht sorgen sollte. Diese eliminierte er wieder, als es dafür keine sinnvolle physikalische Interpretation zu geben schien. Dunkle Energie kann somit als Wirkung einer kosmologischen Konstanten aufgefasst werden, welche einen gleichmäßigen negativen Raumdruck erzeugt, als eine Art innere Raumenergie, die den Raum gleichmäßig durchdringt, ohne sich dabei jemals zu verdünnen. Sie wirkt kumulativ, d.h. zwei Körpern werden um so stärker auseinander getrieben, je mehr Raum sich zwischen diesen befindet.

Wie aber kann es sein, dass sich die Raumenergie bei der Expansion des Raums nicht verdünnt? Stellen wir uns vor einen hohlen Zylinder vor, dessen Inneres mit einer Art Raumenergie gefüllt ist. Diese Raumenergie soll sich nicht verdünnen, wenn man einen Kolben weiter aus dem Zylinder herauszieht und so den Raum im Zylinder vergrößert. Es muss daher beim Herausziehen Energie aufgewendet werden, um die zusätzliche Raumenergie im größer werdenden Innenraum des Zylinders zu erzeugen. Daraus folgt, dass die Raumenergie eine innere Zugkraft (einen negativen Druck) besitzen muss, die den Kolben nach innen zieht und gegen die (mittels Arbeit) der Kolben nach außen gezogen werden muss.

Vakuumenergie (w= -1): Ein weiterer Vorschlag ist, die dunkle Energie als Vakuumenergie zu verstehen. Diese Form der Energie des leeren Raumes soll es nach Quantenfeldtheorie geben. Sie soll bei positiver Energie einen starken negativen Druck im Vakuum erzeugen und entspricht formal einer kosmologischen

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Konstante. Versuche einer quantitativen Herleitung führen dann aber auf eine Expansionsrate des Universums, die um einen Faktor 10120 (!) über der beobachteten liegt (siehe „Grenzen der Physik“).

Quintessenz (-1 < w(t) < -1/3): Die abstoßende Gravitation der postulierten kosmischen Inflation (s. Kapitel II,4) kann als sehr kurzzeitige „Unterkühlung“ eines skalaren Higgs-Feldes gedeutet werden . Dadurch angeregt gibt es auch theoretische Spekulationen über ein „Quintessenz“ genanntes skalares Feld, das negativen Druck sogar über mehrere Milliarden Jahre aufrechterhalten könnte.Phantom-Energie (w< -1): Hypothetische Form dunkler Energie, bei der auch die abstoßend wirkende Energiedichte im Universum immer weiter zunehmen würde bis zu einem Zerreißen aller materiellen Strukturen („Big Rip“-Endes des Universums, s. Kap. III,2).

Andere Erklärungen und Rätsel: 1) Gemäß einem Bericht Fachmagazin "Scientific Reports" sind die Supernova-Daten, die auf eine beschleunigte Expansion hindeuten, könnten weniger eindeutig sein als bisher gedacht. Auch gibt es bisher widersprüchliche Daten, wie schnell die kosmische Expansion tatsächlich abläuft. 2) Die mit zunehmender Beschleunigung erklärte stärker zunehmende Rotverschiebung könnte auch dadurch zu Stande, dass die Lichtgeschwindigkeit mit der Ausdünnung des Universums abnimmt.3) Es könnte auch sein, dass die Gravitationskraft bei sehr großen Entfernungen schwächer ist als von Newton (Gravitationsgesetz) und Einstein (ART) vorausgesagt. 4) Es könnte aber auch sein, dass sich unsere Milchstraße in einer einige Hundert Millionen Lichtjahre großen unterdichten Region des Universums befindet. In diesem Fall ist unsere lokale Expansionsgeschwindigkeit höher als der Mittelwert in weiteren Entfernungen, und wir nehmen für weit entfernte Supernovae fälschlicherweise zu große Distanzen an. 5) Rätselhaft erscheint auch, dass dunkle Energie und dunkle Materie in ihrer Größenordnung sehr nahe beieinander liegen.

Vermessung der Raumzeit mit Supernovae Typ Ia (Spektrum d.W., C.J. Hogan u.a.)Eine Typ Ia Supernova ereignet sich wenn ein weißer Zwerg, das ist ein sehr kompakter, heißer Stern am Ende seiner Lebenszeit, der aber nicht genug Masse hat, um als (Kernkollaps -)Supernova zu implodieren, in einem engen Doppelsternsystem von seinem Partner solange Materie in sich aufsaugt, bis er seine Masse eine kritische Grenze erreicht, so dass der Stern kollabiert. Dabei kommt es zur explosionsartigen Zündung mehrstufiger Kernfusionen, die den Stern zerreißen. Seine gesamte Materie wird mit bis zu 10.000 km/s ins All geschleudert. Die maximale Leuchtkraft (sie übersteigt die einer kompletten Galaxie) und die Lichtkurve in dieser Klasse von Supernovae variieren dabei kaum, da es immer die gleiche kritische Masse ist, bei der der Kollaps einsetzt. Die maximale Leuchtkraft kann man mittlerweile sehr genau bestimmen („bis auf 12% Genauigkeit“), so dass man durch Vergleich mit der scheinbaren Helligkeit die Entfernung der Galaxie sehr gut bestimmen kann. Durch gleichzeitige Spektralanalyse kann man die Rotverschiebung des Sternensystems und damit auch die Fluchtgeschwindigkeit der Galaxie bestimmen.

Supernovae sind seltene Ereignisse in einer Galaxis, in einer Galaxis wie der unseren ereignet ereignen sich im Mittel alle 50 Jahre eine, Supernovae vom Typ Ia sogar nur etwa alle 300 Jahre. Um in einem systematischen Beobachtungsprojekt im Mittel jeden Tag eine solche Typ Ia Supernova zu entdecken, muss man 100.000 Galaxien ständig beobachten. Dies ist nur mit modernsten Lichtteleskopen und Computern zu erreichen. Dabei werden gewisse Regionen des Himmels in Abständen fotografiert („ein geeigneter Himmelsausschnitt von der Größe des Vollmonds liefert bei 10 Minuten Belichtungszeit, das Licht von ca. 5000 Galaxien“). Durch Subtraktion der digitalen Bilder vom jeweiligen Vorgängerbild durch Computer, lassen sich Veränderungen feststellen. Allerdings müssen die Computer auch diverse Störungen (durch die Atmosphäre oder die Bewegung der Erde) herausfiltern.

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4.4.4.4. Kosmologische Modelle

Ist das Universum unendlich oder endlich? Wird sich die Expansion des Universums ewig fortsetzen? Zu diesen offenen Fragen existieren mehrere kosmologische Modelle:

Die Gravitation ist die einzig maßgebliche Kraft zwischen den großen Massen des Universums. Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) ist daher die maßgebliche Theorie zur Beschreibung von dessen Geometrie und Dynamik. Die Gleichungen der ART lassen sich jedoch vereinfachen, wenn die Gültigkeit des kosmologischen Prinzips voraus gesetzt wird. Diese Grundannahme aller theoretischen Modelle der raumzeitlichen Geometrie des Weltalls besagt, dass die Masse-Energie des Universums „im Großen“ gleichmäßig verteilt ist, dass das Universum also homogen und isotrop ist, d.h. von allen Orten aus und in alle Richtungen betrachtet auf großer Skala immer den selben Anblick bietet. Die durchgängige Gültigkeit dieses Prinzips für das beobachtbare Universums seit seiner Entstehung wird heute nicht bezweifelt. Sie ergibt sich sowohl der außerordentlichen Gleichförmigkeit der bereits 380.000 Jahre nach dem Urknall freigesetzten kosmischen Hintergrundstrahlung als auch aus der großräumigen Kartierung von hunderttausenden von Galaxien des Universums, deren Licht uns heute erreicht. Allerdings gilt die gleichförmige Verteilung der Materie im Universum nur, wenn man sehr große Teilvolumina betrachtet, Kugeln mit einem Durchmesser von wenigstens 300 Millionen Lichtjahren. Dies ergibt sich aus der beobachteten Anordnung der Superhaufen, Filamente und Leerräume des Universums. Zum Vergleich: Die Ausdehnung unseres Milchstraßensystems beträgt rund hunderttausend Lichtjahre, während das beobachtbare Universum einen Durchmesser von rund 93 Milliarden Lichtjahren hat.

Die von Alexander Friedmann aus der ART unter Annahme der Gültigkeit des kosmologischen Prinzips hergeleiteten Friedmann-Gleichungen führen auf ein dynamisch expandierendes oder kontrahierendes Universum mit konstanter Krümmung der Raumzeit. Für ein expandierendes Universum ergibt sich formal ein Anfangszeitpunkt, zu dem dieses keine Ausdehnung hatte und Temperatur und Dichte unendlich groß waren. Dieser Zeitpunkt wird als „Urknall“ bezeichnet, er stellt eine mathematische Singularität dar und ist physikalisch nicht interpretierbar. Die Gleichungen sagen in Abhängigkeit von der Gesamtenergiedichte des Universums und deren Verteilung auf verschiedene Materie- und Energieformen drei verschiedene Werte für den globalen Krümmungsparameter des dreidimensionalen Raumes voraus, ferner für ein expandierendes Universum verschiedene Möglichkeiten der weiteren Entwicklung. Diese Gesamtenergiedichte setzt sich dabei zusammen aus den Beiträgen von Materie (normale baryonische und Dunkle Materie gemäß E=mc2 ), Strahlung und dunkler Energie (kosmologische Konstante Λ). Die sogenannte kritische Energiedichte ergibt sich, wenn die gravitativ wirkenden Energien gerade nicht ausreichen, um die kinetische Energie der Expansion in endlicher Zeit zu überwinden. Auf Basis der Friedmann-Gleichungen erhält man folgende prinzipiellen Modelle:

1. Das geschlossene (sphärische) UniversumÜberwiegt die Gesamtenergiedichte die kritische Energiedichte, so ist das Universums positiv gekrümmt (sphärisch) und in sich geschlossen analog einer 2-dimensionalen Kugeloberfläche. Dieser Raum wäre demnach endlich, aber wie die Oberfläche einer Kugel ohne Grenzen. Es gäbe keine sich erst im Unendlichen schneidenden Geraden, die Winkelsumme (großräumiger) Dreiecke wäre größer 180 Grad. Ohne Berücksichtigung einer anti-gravitativ wirkenden kosmologischen Konstante würde die Expansion in endlicher Zeit zum Stillstand kommen und sich in eine Kontraktion umkehren, so dass das Universum wieder einer unendlich verdichtete „Singularität“ zustreben würde, aus der – das ist spekulativ - ein neuer Urknall und ein neuer Zyklus des Universums hervorgehen könnte. Mit Berücksichtigung einer anti-gravitativen kosmologischen Konstante (Λ>0) wird diese das Universum ab einer gewissen Ausdehnung dominieren und zu einer beschleunigten Expansion führen.

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2. Das flache (euklidische) Universum:Entspricht die die totale Energiedichte der kritischen Energiedichte, so hat das Universum im Großen eine flache Raumstruktur mit euklidischer Metrik (das Parallelen-Axiom gilt; die Winkelsumme im Dreieck beträgt 180 Grad) analog zur zweidimensionalen Ebene. Die Expansion wird für Λ=0 abgebremst ohne aber je ganz zum Stillstand zu kommen oder verläuft für Λ>0 ab einem gewissen Zeitpunkt beschleunigt. Das Raumvolumen kann analog zur Ebene unendlich groß sein, aber auch endlich und doch unbegrenzt.Ein 2-dimensionales Analogon für Letzteres ist die Oberfläche eines Torus (Donut). Man erhält sie, wenn man bei einem Blatt Papier die jeweils einander gegenüberliegenden Blattränder zusammen klebt. Gleichbedeutend ist eine 2-dimensionale rechteckige Bildschirmfläche, bei der Objekte, die an einer Seite heraus wandern, auf der gegenüberliegenden Seite wieder herein wandern. In beiden Fällen ist die Oberfläche endlich aber unbegrenzt. Man nennt eine solche Topologie „mehrfach zusammenhängend“ im Gegensatz zur einfach zusammenhängend unendlichen Ebene. In einem solchen Raum gibt es mehr als einen direkten Weg (im beschriebenen Fall immer 2) von einer Lichtquelle zu einem Beobachter und daher – wie in einem Spiegelkabinett - mehrere Bilder (in diesem Fall 2) einer Lichtquelle.

3. Das offene (hyperbolische) UniversumIst die Energiedichte größer als der kritische wert, so ist die Raum des Universums negativ gekrümmt (analog einer zweidimensionalen Sattelfläche mit konstanter Wölbung nach innen). Die Winkelsumme im Dreieck ist immer kleiner 180 Grad. Solch ein Universum heißt offen (hyperbolisch). Seine Expansion verläuft (ab einem gewissen Zeitpunkt mit konstanter ( Λ=0) oder beschleunigter Geschwindigkeit ( Λ > 0), sein Raumvolumen kann aber – analog zum flachen Universum - unendlich sein oder bei mehrfach zusammenhängender Topologie auch endlich groß und ohne Grenzen.

Die für ein flaches Universum benötigte Energiedichte des Universums nennt man die von kritischen Dichte des Universums. Sie wird berechnet gemäß ec (t) = 3 H(t)2/ 8πG. Dabei ist H der Hubble-Parameter, G die Gravitationskonstante und π die Kreiszahl. Der so berechnete Wert der kritischen Masse-Energie-Dichte beträgt ec =10-26 kg/m3, das entspricht dem winzigen Wert von 5-6 Wasserstoff-Atomen pro Kubikmeter (selbst in den leeren Weiten unserer Milchstraße herrscht immer noch eine etwa 160.000-mal höhere Dichte!)(Herleitung: o.E. d.A. wird eine expandierende Kugel betrachtet; die kritische Masse ergibt sich mit Ekin +Epot = 0 für die Massen m in der Kugelschale, Ekin = ½ mH2R2 , Epot= - GmM(R)/R mit M(R) = 4/3πR3 e mit G= Gravitationskonstante, e = Masse-Energie-Dichte)

Anmerkungen: 1) Gemäß der ART sind die oben genannten Krümmungen des dreidimensionalen Raumes (sphärisch, flach, offen) immer auch verbunden mit einer Krümmung der Raumzeit. Selbst bei einem flachen Universum ist zwar der Raum flach, aber die Zeit ist gekrümmt, was sich in der Expansion des Universums zeigt. Uhren in weit entfernten Galaxien laufen daher aus unserer Sicht langsamer. Der Zeitabstand zwischen 2 Lichtblitzen in einer entfernten Galaxis ist aus unserer Sicht größer, weil der zweite Lichtblitz wegen der Raumexpansion länger zu uns unterwegs ist. (Aus jeweils lokaler Sicht laufen die Uhren in allen Teilen der Universums unter gleichen physikalischen Bedingungen synchron). Für ein sphärisches Universum ergibt sich nur dann auch eine endliche Zeit, wenn die anti-gravitative kosmologische Konstante gleich Null angenommen wird.. Bei Annäherung an den Urknall geht die Raumzeitkrümmung gegen unendlich.

2) Die Krümmung von der hier die Rede ist, ist die sogenannte innere Krümmung des Raumes, die sich prinzipiell über die Winkelsumme von Dreiecken ermitteln lässt. Bei flacher, euklidischer Geometrie ist die Winkelsumme im Dreieck immer 180 Grad.

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Dies gilt auch für ein Blatt Papier wenn man es biegt oder faltet; die Winkelsumme eines vorher darauf gezeichneten Dreiecks bleibt unverändert 180 Grad. Daher behält z.B auch ein zu einem Torus gebogenes Blatt (s. oben) aus Sicht 2-dimensionaler Wesen seine flache innere Krümmung, obwohl das Blatt aus Sicht 3-dimensionaler Wesen in der 3. Dimension gekrümmt ist, also eine äußere Krümmung aufweist. Bei positiver Krümmung ist die Winkelsumme immer > 180 Grad, wie man sich anhand eines auf eine Kugel gezeichneten Dreiecks mit 2 Basispunkten auf dem Äquator und der Spitze am Nordpol klar machen kann: die beiden Basiswinkel betragen bereits jeweils 90 Grad, dazu kommt der Winkel an der Spitze, dessen Größe davon abhängt, wie weit die Punkte auf dem Äquator auseinander liegen. Ebenso kann man zeigen, dass bei einem Raum mit konstant negativer Krümmung ein beliebiges Dreieck immer weniger als 180 Grad misst.

Zu unterscheiden ist auch die Geometrie eines Raumes mit konstanter Krümmung (flach, sphärisch, offen) von seiner Form (Topologie). Das Beispiel des Torus oben zeigt, dass auch ein flacher Raum mittels äußerer Krümmung in sich geschlossen und daher endlich (und ohne Grenzen) sein kann. Solche flachen oder offenen Räume sind aber mehrfach zusammenhängend.

3) Die Energiedichte des Universums setzt sich aus allen Formen der Materie (E=mc2), der elektromagnetischen Strahlungsenergie und der dunklen Energie z.B. in Form einer kosmologischen Konstante zusammen. Den Urknall-Modellen zufolge, stellte elektromagnetische Strahlung nach dem Urknall den Hauptanteil der Energiedichte im Kosmos. Etwa 60.000 Jahren nach dem Urknall waren die Energiedichten von Strahlung und Materie gleich, danach bestimmte die Materie die Dynamik des Universums. Mit Beginn einer beschleunigten Expansion vor ca. 5 Milliarden Jahren dominiert eine kosmologische Konstante (dunkle Energie). Die unterschiedliche Zeitabhängigkeit bei Strahlungs- und Materiedichte lässt sich auch anschaulich verstehen; bei Strahlung nimmt zusätzlich zum Abfallen der Anzahldichte der Photonen (infolge der Expansion des Raumes) die Wellenlänge der einzelnen Photonen durch die kosmologische Rotverschiebung zu. Dies sorgt dafür, dass die Energiedichte der Strahlung schneller abnimmt, als die der Materie, so dass ein Universum, das zu Beginn strahlungsdominiert war, nach einiger Zeit durch Materieteilchen dominiert wurde, bis zuletzt die postulierte sich nicht verdünnende „dunkle Energie“ vorherrschte.

4) Alle heute verfügbaren Beobachtungsdaten (siehe Kap. I,5) deuten auf ein einigermaßen flaches Universum hin, dessen wesentliche Energiebestandteile sich zu etwa 68% aus Dunkler Energie (darstellbar als kosmologische Konstante Λ), zu etwa 26% aus kalter Dunkler Materie (CDM=Cold Dark Matter) und zu etwa 5% aus normaler baryonischer Materie zusammensetzt. Neutrinos und Strahlungsenergie machen heute weniger als 1% aus. (Λ-CDM Modell des Universums).Dieses flache Universum hätte demnach in etwa die kritische Dichte. Man kann nun aus der ART ableiten (s. Kap. II,4), dass uns das Universum heute nur so, wie es sich uns darstellt, erscheinen kann, wenn es bereits von Anfang an (mit einer Genauigkeit von 1 zu 1058 !) die für ein flaches Universum kritische Energiedichte hatte. Jede noch so geringe Abweichung von dieser, würde sich seit dem Urknall so gewaltig verstärkt haben, dass das Universum schon längst wieder in sich zusammengefallen wäre oder dass sich die Materie zu schnell zu weit verteilt hätte und sich keine Sterne, Planeten oder andere Strukturen hätten bilden können. Dieses „Flachheitsproblem“ des Standardmodells der Kosmologie wird durch die sogenannte Inflationstheorie gelöst. Danach hat das Universum im ersten winzigen Sekundenbruchteil eine so gigantische Aufblähung durchlaufen, dass das beobachtbare Universum nur ein winziger Teil des Kosmos ist, und uns daher dieser Teil einigermaßen flach erscheinen muss, so wie uns auch die Erdkugel lokal flach erscheint.

Dieses flache Λ-CDM Modell des Universums wird meist als unendlich angenommen, da dies die topologisch einfachste flache Lösung ist. Gegen die „Unendlichkeit“ sprechen neben einem grundsätzlichen philosophischen Standpunkt auch gewisse theoretische Überlegungen, wie die endliche Massenträgheit (nach Ernst Mach resultierend aus der Trägheit gegenüber allen Massen des Universums). Problematisch scheint mir auch: Wenn das Universum vor einer endlich langen

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Zeit in einem „Punkt“ begonnen hat und sich seitdem ausdehnt, kann es nur dann unendlich weit ausgedehnt (flach oder offen) sein, wenn es bereits im Augenblick des Urknalles eine unendliche Ausdehnung hatte. Der Urknall fand dann nicht in einem Raumpunkt, sondern in jedem Raumpunkt des unendlichen Raumes statt. Dies folgt aus dem kosmologischen Prinzip. Die folgende Ausdehnung hätte demnach eine zunehmende Abkühlung und Verdünnung der Energiedichte bewirkt, aber keine Änderung der unendlichen Ausdehnung. Die Entstehung des Anfangszustands – Urknall in jedem Punkt des Unendlichen Raumes - kann aber nicht schlüssig erklärt werden (weder durch ein zyklisches Universum, noch mittels der Inflationstheorie, s. Kap. II,4).

Die bisherigen Daten schließen jedoch auch ein endliches sphärisches Universum nicht ganz aus, da die beobachtete Flachheit – wie oben angemerkt – darauf beruhen kann, dass uns nur ein kleiner Teil des Universums zugänglich ist. Die späte Dominanz der kosmologischen Konstante (dunkle Energie) führt aber auch für ein sphärisches Universum durch ihre konstante anti-gravitative Wirkung zur ewig beschleunigten Expansion des Universums. Die die aktuellen Beobachtungsdaten sprechen daher gegen eine Umkehr der Expansion und einen kosmischen Zyklus (Big Bounce).

5) Die Friedmann-Gleichungen (auch FLRW-Modelle, Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker) gehen von einem isotropen und homogenen Universum aus (kosmologisches Prinzip), d.h. insbesondere von einem Universum mit konstanter globaler Krümmung (positiv/ null/ negativ) auf großen Skalen. Damit lassen sich aus der ART die beiden Friedmann-Gleichungen für ein expandierendes (kontrahierendes) Universum konstanter Krümmung ableiten. Diese setzen den Skalenfaktor (Expansionsfaktor) a=a(t) des Universums in Beziehung zu seinen Ableitungen, zum Druck p(t), der Energiedichte e(t) sowie zur Krümmung k und der kosmologischen Konstante Λ. Der Skalenfaktor gibt die relative Expansion des Universums in Abhängigkeit von der Zeit an. a(t) = r(t)/r0. Dabei ist r(t) die sogenannte Laufzeitentfernung zu einem Objekt zur Zeit t, als das Licht von dem Objekt ausgesendet wurde, das uns heute erreicht ; r0 = r(t0) die „mitbewegte Entfernung“ zum Zeitpunkt t0 (=heute). In diesem Zustand kann der Beobachter das Objekt allerdings nicht sehen, da das Licht gerade eben vom Objekt zu ihm ausgesandt wurde. Es gilt a(t) <= 1, a(t0) =1. Die 1. Friedmann-Gleichung H(t)2 = (d/dt a(t)/a(t))2 = e(t) 8πG/3 - kc2/a(t)2 + Λc2/3 beschreibt die relative Expansionsgeschwindigkeit des Universums mit dem Hubble-Parameter H(t). (Die linke Seite beschreibt das Hubble-Gesetz r(t) = H v(t) = H d/dt r(t) bzw. H = d/dt a(t)/ a(t) mit r(t) = Laufzeitentfernung, v(t) = Fluchtgeschwindigkeit, H0 = H(t0) = Hubble-Konstante) Mit Λ=0 und der kritischen Dichte ec = 3 H2/ 8πG (s. oben) sowie dem Ω-Parameter (Ω = e/ec ) kann die Gleichung umgeformt werden zu e/ec -1 = kc2/(a2

x H2 ) <=> (e – ec) a2 = 3kc2/(8πG).Es folgt k=0/ >0/ <0 genau dann wenn e(t) = ec / >ec / <ec genau dann wenn Ω = 1 / > 1/ <1

Die 2. Friedmann-Gleichung beschreibt die Beschleunigung der Expansion in Abhängigkeit von Druck p und Energiedichte e sowie kosmologischer Konstante Λ. Für das Universum als abgeschlossenes System (Energieerhaltung) folgt aus der ART, dass die Änderung der Energie in einem mitbewegten Volumenelement gleich ist dem negativen Druck mal der Volumenänderung, oder: p = - ∆E /∆V, und daraus mit Energiedichte e und Skalenfaktor a: d(ea3) = - p da3 (d =d/dt= Ableitung nach t). Nimmt man weiter an, dass sich Materie und Energie im Universum wie eine ideale Flüssigkeit/ideales Gas (d.h. keine innere Reibung) verhalten, so gilt die allgemeine Zustandsgleichung p=w.e = w.dc2 (s. Kap. I,3), und es folgt e ~ a-3(1+w). Abhängig davon, welche Energieform im Universum dominiert, erhält man für Strahlung und relativistische Materie (w=1/3): e(t)= a(t)-4 und eine abgebremste Ausdehnung gemäß a~ t1/2 ; für nicht-relativistische Materie (w=0): e(t)= a(t)-3 und eine abgebremste Ausdehnung gemäß a~ t2/3 ; für eine kosmologische Konstante (w=-1): e(t) konstant und eine exponentiell beschleunigte Expansion a ~ eH t . Ein Wert w < -1 würde zu einer wachsenden Energiedichte e(t) führen (Phantomenergie) und damit schließlich zum Zerreißen („Big Rip“) des Universums (s. Kap.III,2).

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5.5.5.5. Analyse des Cosmic Microwave Background (CMB)

Die jüngsten Ergebnisse der beobachtenden Kosmologie beruhen wesentlich auf der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB= Cosmic Microwave Background) und der großräumigen Kartierung von hunderttausenden von Galaxien im Rahmen des SDSS-Projekts (Sloan Digital Sky Survey). Die wesentlichen Ergebnisse sollen im folgenden kurz dargestellt werden. Ein weiterer Pfeiler der beobachteten Kosmologie sind die detaillierten Untersuchungen der Fluchtgeschwindigkeiten und genauen Distanzen weit entfernter Galaxien anhand von Typ Ia Supernovae, die zur Entdeckung einer beschleunigten Expansion des Universums durch „dunkle Energie“ geführt haben (s. Kap. I,3).

Analyse des CMB: Die Entdeckung des CMB und seine außerordentliche Homogenität mit nur sehr geringen Temperaturschwankungen (von wenigen hunderttausendstel Grad) vor allem bei bei kleinen Winkelabständen wurde in Kapitel 2 beschrieben. Die Temperaturschwankungen zeigen sich in entsprechenden Intensitätsschwankungen der Schwarzkörperstrahlung. Dieses Fleckenmuster der Anisotropien zeigt sich in folgendem vom Planck-Satelliten aufgenommen Bild des CMB in der elliptischen Darstellung des Galaktischen Koordinatensystems mit der Milchstraßen-Ebene als horizontale Mittelachse und dem galaktischen Zentrum als Nullpunkt.

Dabei spielt das sogenannte Leistungsspektrum der Anisotropien eine wichtige Rolle, das die geringfügigen mittleren Intensitätsschwankungen des CMB abhängig vom Winkelgrad zeigt, unter dem diese von der Erde aus erscheinen. Wie schon bemerkt, machen sich diese Schwankungen vor allem zwischen kleinen Bereichen einheitlicher Intensität und damit Temperatur bemerkbar (Winkelabstände < 2o , das entspricht etwa 4 Vollmonddurchmessern). Das sind aber auch die maximalen Bereiche, in denen es seit dem Urknall zu einem Temperaturausgleich gekommen sein kann, man sagt diese Bereiche liegen innerhalb ihres kausalen Horizonts.

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Das obige Bild des Leistungsspektrum der Anisotropien zeigt die mittleren Schwankungen der Strahlungsintensität bzw. Temperatur abhängig von der Sichtwinkelgröße (As=Angular scale; Multipole moment l ~ = 180/As ist die entsprechende Kugelflächenfunktion). Diese Schwankungen hängen zusammen mit geringen Dichteschwankungen im heißen Plasma aus Wasserstoff- und Heliumkernen, freien Elektronen und Photonen unmittelbar bevor sich 380.000 Jahre nach dem Urknall die mittlere Temperatur dieses Plasmas auf 3000 Kelvin abkühlte und das Universum damit für die Strahlung durchsichtig wurde. Aus dieser Kurve kann man nun folgendes erkennen:

1. Die durch Messungen ermittelte Kurve (rote Punkte) stimmt exakt mit der theoretisch prognostizierten grünen Linie überein. Diese Linie basiert zum einen auf dem Konzept der komischen Inflation (s. Kap. II,4) nach dem sich die Dichteschwankungen im frühen Kosmos aus inflationär „aufgeblähten“ Vakuumfluktuationen ergeben haben, zum anderen auf theoretischen Überlegungen, wie sich diese Dichtschwankungen im frühen Plasma des Universums ausgebreitet haben und die Temperaturschwankungen verursacht haben.Die exakte Übereinstimmung ist eine Bestätigung dieser theoretischen Überlegungen.

2. Die Lage des Hauptmaximums der Kurve zeigt an, wie stark die Hintergrundstrahlung auf dem Weg zu uns durch eine Krümmung des Raumes fokussiert oder de-fokussiert wird, das Maximum bei einem Winkelabstand von etwas unter 1 Grad bedeutet, dass das beobachtbare Universum im großen annähernd flach ist.

In der Praxis vermisst man die Winkelgrade unter denen die größten Flecken einheitlicher Temperatur erscheinen. Diese Flecken stellen gleichzeitig maximale Bereiche des frühen Kosmos dar, in denen sich in den 380.000 Jahren seit dem Urknall durch Stoßprozesse von Strahlung und Teilchen ein Wärmeausgleich gebildet haben kann. Mann kann daher die Größe ausrechnen, die diese Bereiche damals hatten und die Winkel messen unter denen sie heute erscheinen. Da man auch die Entfernung relativ genau kennt, die die Strahlung seit

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damals zurückgelegt hat, erhält man gigantische Sicht-Dreiecke, die man zur Bestimmung der Raumkrümmung des Universums (Winkelsumme =/</> 180o) benötigt.

Genauer: Bereiche, die heute < 2o erscheinen,lagen innerhalb ihres kausalen Horizonts.Die Wechselwirkungen innerhalb dieses Plasmas (Photonen, ionisierter Wasserstoff, Elektronen) vor Entkopplung können modelliert werden: in diesen Gebieten kam es zu Schaukelbewegungen zwischen gravitativer Verdichtung des Plasmas verstärkt durch dunkle Materie und Verdünnung durch Strahlendruck. Diese Dichteschwankungen breiteten sich wie Schallwellen (akustische Oszillationen) im heißen Plasma aus. Dies brachte die durchlaufenen Materie-Bereiche „in Phase“ und führte zu einer Reihe charakteristischer Peaks im Leistungsspektrum der Anisotropien. Das erste Maximum entspricht dabei der Strecke, die sich dieser Schall in 380.000 J seit dem Urknall ausgebreitet haben kann: der Schallhorizont bei einem Sichtwinkel 1o entspricht einem annähernd flachen Universum.

3. Auch die bisherigen Ergebnisse des Sloan Digital Sky Survey bestätigen nicht nur die großräumig homogene Struktur des Universums (kosmologisches Prinzip), sondern auch dessen Flachheit auf großer Skala, die damit über Millionen von Jahren, die zwischen Freisetzung der Hintergrundstrahlung und der Lichtabstrahlung der kartografierten Galaxien liegt, (im beobachtbaren Universums) erhalten blieb.

4. Die Abschätzung der Gesamtmasse der normalen (baryonischen) Materie (s. Kap. II,3) ergibt nur knapp 5% der Masse, die zur Erreichung der kritischen Dichte für ein annähernd flaches Universum erforderlich ist. Aus dem Leistungsspektrum der Anisotropien kann man aber auch erkennen, dass die für die Dichtschwankungen im frühen Universum verantwortliche Gesamtmenge an Materie etwa 6x so groß sein muss wie die normale Materie. Dies ist ein weiterer unabhängiger Hinweis auf die Existenz dunkler Materie sowie die Existenz einer weiteren „dunklen Energieform“, die zusammen mit der sichtbaren und dunklen Materie die für ein flaches Universum kritische Masse-Energiedichte ergibt.

5. Licht ist polarisiert, wenn es in einer bevorzugten Richtung senkrecht zur Ausbreitung schwingt. Aus dem Polarisationsmuster des CMB kann man auf den Zeitpunkt der sogenannten Re-Ionisation des Universums schließen, welche durch die ersten Sterne bewirkt wurde (s. Kap. III). Diese entstanden demnach etwa 550 Millionen Jahre nach dem Urknall,. Im Polarisationsmuster des CMB sollen sich eventuell auch Spuren von Gravitationswellen befinden, die der Theorie zufolge durch die kosmische Inflation ausgelöst wurden. Die Suche ist auch deshalb sehr schwierige, weil andere Effekte (z.B. Staub in der Milchstraße) das originäre Muster stark verunreinigen und heraus gerechnet werden müssen.

6. Einige Anomalien des CMB sind noch nicht erklärt: 1) die Fluktuationen bei den Temperaturen der Hintergrundstrahlung auf großen Winkelskalen entsprechen nicht den im Standardmodell vorhergesagten Werten. 2) die Asymmetrie der Durchschnittstemperaturen an den entgegengesetzten Hemisphären des Himmels. Dies widerspricht der im Standardmodell postulierten grundsätzlichen Ähnlichkeit des Universums, ganz gleich in welche Richtung man blickt. 3) Darüber hinaus erstreckt sich ein kalter Fleck über ein Areal am Himmel, das wesentlich größer ist als erwartet.

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II Die ersten 5 Minuten

1. Allgemeine Überlegungen und die Grenzen der TheorieDer Urknall, den wir heute als durch theoretisch Begründung und durch eine Vielzahl unabhängiger und durch genaue Messungen bestätigter Vorhersagen und Beobachtungen als erwiesen ansehen können, geht von einem Frühzustand des Universums vor etwa 14 Milliarden Jahren aus, wo alles, was wir heute beobachten, 10-quadrillionenfach heißer und stärker verdichtet war als der Kern der Sonne „und sich so rasch ausdehnte, dass es seine Größe in jeder Sekunde mehr als verdoppelte“. Über die eigentliche Ursache des Knalls und den Zustand des Universums im ersten Milliardstel der ersten Sekunde können wir derzeit nur spekulieren. Es gibt zwar einige teilweise begründete Theorien für diesen Zeitraum, auf die in der Folge auch eingegangen werden soll, aber im Prinzip könnte das Universum vor dem unseren Theorien und Beobachtungen zugängliche Zeitpunkt auch eine Ewigkeit in einem Zustand verbracht haben, über den wir nichts wissen. Wir wissen aber eine Menge, über das was seitdem geschah: Expansion des Raumes und räumliche Zusammenballung der Materie zu Sternen und Galaxien.

Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) und die Singularität der RaumzeitDie ART ist der theoretische Grundpfeiler der Kosmologie, mit ihr lässt sich das expandierende Universum begründen und beschreiben. Bei Annäherung an den Urknall ergibt sich nach der ART jedoch eine Singularität der Raumzeit: das Raumvolumen geht gegen 0, die Energiedichte gegen unendlich, und auch der Zeitablauf wird unendlich verlangsamt. Könnten wir diese Reise in die Vergangenheit als Beobachter unbeschädigt mitmachen, würden wir aber diese Verlangsamung der Zeit bei Annäherung an den Urknall nicht registrieren, eine mitgeführte Uhr würde für einen Umlauf weiterhin eine gefühlte Stunde brauchen. Die sich nach der ART ergebende Singularität ist ein starker Hinweis darauf, dass die Theorie bei Annäherung an den Urknall nicht mehr anwendbar ist, also einer Erweiterung Bedarf, um die physikalische Wirklichkeit auch dort beschreiben zu können.

Charakteristische Teilchenenergie und Planck-Skala: Die möglichen Manifestationen eines Objekts als Teilchen oder Welle wird durch die Heisenbergsche Unschärferelation (HUR) beschrieben. Dabei ist die Wellenlänge des zugeordneten Teilchens umso kleiner, je größer Masse und Impuls (und damit auch die Energie) des Teilchens sind. Umgekehrt kann man daher zu jedem noch so kleinen Raumvolumen einen Energiebetrag (mc2) angeben, welcher der Ruhemasse m eines Teilchens entspricht, das gerade eine in das Raumvolumen passende „Quantenwellenlänge“ hätte, also dort gerade noch lokalisierbar wäre. Jedem Raumzeit-Volumen des frühen Kosmos lässt sich so eine charakteristische Teilchenenergie zuordnen, die umso größer ist, je näher man dem Urknall kommt. Dies gilt jedoch nur bis zu einer gewissen Grenze, definiert durch die sogenannte Planck-Skala, ab der Quantentheorie und ART in Widerspruch zueinander geraten und daher sinnvolle Aussagen auf Basis der heutigen Physik nicht mehr möglich sind. Die Planck-Länge lp definiert dabei eine Grenze für die Quantenwellenlänge eines Objekts, unterhalb der dieses auf Grund der Unschärferelation mindestens die Planck-Masse mp haben müsste und damit automatisch zu einem schwarzen Loch kollabieren würde. Ein solches „Planck-Teilchen“ entzöge sich damit der Beschreibung durch die bekannte Physik. Die Planck-Zeit tp ist die Zeit, die das Licht bräuchte, um die Planck-Länge zu durchlaufen. Planck-Länge (ca. 10−35 m) und Planck-Zeit (ca. 10-43 s) bezeichnen unvorstellbar kleine Dimensionen. Die Planck-Länge ist 100 Trillionen mal kleiner als der Durchmesser eines Protons. Die Planck-Masse von ca. 10-8 kg liegt gut im Bereich heutiger Messmethoden, in einem Würfel mit Seiten der Planck-Länge hätte sie jedoch die gleiche Dichte wie eine 10 Trilliarden Sonnen komprimiert auf die Größe eines Protons. (siehe Aufsatz „Grenzbereiche der Physik“)

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Das beobachtbare Universums bei maximaler Verdichtung (Planck-Dichte): Die Ruhemasse baryonischer Materie im beobachtbaren Universum beträgt nach heutigen Abschätzungen (siehe Kap. II,3) etwa ~ 1054 [kg] = ~ 1062 Planck-Massen (a 10-8 kg); Das Planck-Volumen beträgt (10-35)3 = 10-105 m³; Das Volumen der auf Planck-Dichte verdichteten baryonischen Materie des beobachtbaren Universums beträgt demnach das 1062- fache des Planck-Volumens bzw. 10-43 m³ bzw.~ das 10-fache Volumen des Protons.

Die Temperatur im frühen UniversumDa die Temperatur in einem thermodynamischen System proportional zur mittleren kinetischen Teilchenenergie ist (Ekin ~ kT, k=Boltzmann-Konstante), kann man für jeden Zeitpunkt des Kosmos auch eine Temperatur angeben, welche der charakteristischen Teilchenenergie für diesen Zeitpunkt entspricht. Dabei ergibt die Multiplikation der Energie in GeV mit 1013 in etwa die Temperatur in Einheit Kelvin. Aus Planck-Masse kann man die Planck-Energie Ep = mpc2 = ~1019 GeV und die Planck-Temperatur Tp = Ep / k = ~1032 o K zur Planck-Zeit ableiten. Aus elementaren Überlegungen lässt sich für das frühe Universum auch eine Beziehung zwischen Zeit t und Temperatur T ableiten: t/tp = (kT/mpc2)-2 (tp , mp = Planck-Zeit/ Masse). Unterhalb der Planck-Zeit (10-43 Sekunden) sind keine Aussagen möglich. Allgemein lässt sich für die Ausdehnungsphase des frühen, strahlungs- dominierten Universums folgender Zusammenhang zwischen Zeit t, Ausdehnung R, Temperatur T und Energiedichte e herleiten: t ~ R2 ~ 1/T2 ~ 1/√e; (siehe Kap. I,4, Anmerkung 6)

Teilchen Umwandlungen und thermisches GleichgewichtDie hohe Temperatur hatte zur Folge, dass sich ständig verschiedene Teilchenarten ineinander umwandelten, solange für ihre Ruhemasse mc2 << kT galt. Bei ausreichend hoher Temperatur liefen diese Umwandlungsreaktionen gleich häufig in beiden Richtungen ab, so dass sich ein thermisches Gleichgewicht zwischen Photonen und allen anderen Teilchen einstellte, d.h. alle Teilchen entstanden bei Temperaturen über den Aktivierungsenergien der Umwandlungsreaktionen in gleicher Anzahl.Durch die Expansion des Universums nahm die Temperatur mit der Zeit ab; dies führte dazu, dass verschiedene Reaktionen „ausfroren“, wenn die Temperatur den für diese Reaktionen jeweils charakteristischen Schwellenwert unterschritt.. Bei kT <= mc2 werden zerfallene Teilchen mit Ruhemasse m nicht mehr nachgebildet, sterben also aus. Dies bedeutet auch, dass gewisse Reaktionen dann nur noch in einer exothermen (Energie-abgebenden) Richtung ablaufen, während für die endotherme Rückreaktion die nötige Energie fehlt. Die verschiedenen Epochen in der Geschichte des Universums sind charakterisiert durch den Verlauf der mittleren Temperatur des Universums und damit durch die Art der Teilchen-Reaktionen, die jeweils stattfinden konnten.

Die Physik für den Urknall:Für Beschreibung des Universums im Bereich der Planck-Skala benötigt man eine Quantentheorie der Gravitation, welche ART und Quantentheorie vereinheitlicht und beide Theorien als Grenzfall enthält. Es gibt bisher aber nur erste Ansätze für eine solche Theorie, ein vielversprechender ist die unten kurz erläuterte Schleifen-Quanten-Gravitation. Aber auch oberhalb dieser Planck-Grenzen bis zu einer Zeit von etwa 10-10 Sekunden nach dem Urknall (Temperaturen > 1015 o K) muss man sich mit der erst ansatzweise entwickelten GUT-Theorie und Plausibilitätsüberlegungen behelfen, um die physikalischen Abläufe nachzuvollziehen. (s. Aufsatz „Grenzbereiche der Physik“)

Die Schleifen-Quanten-Gravitation (SQG) ist ein interessanter Ansatz für eine Vereinheitlichung von ART und Quantentheorie . Sie vermeidet die Raumzeit-Singularität und lässt in gewissen Grenzen auch einen Blick auf die Zeit vor dem Urknall zu. Sie beruht auf dem Postulat, dass auch Raum und Zeit eine diskrete, körnige Struktur haben, dass es also kleinste Raum- und Zeitabstände gibt, gegeben durch Planck-Länge und Zeit, die sich nicht mehr weiter unterteilen lassen. Der Raum soll darüber hinaus durch 2 Zustandsgrößen beschreibbar sein, seinem Volumen und seiner

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Orientierung. Letztere kann 2 entgegengesetzte Werte annehmen und lässt sich am besten mit dem 2-dimensionalen Analogon der Oberfläche eines Luftballons beschreiben, das auch schon zur Verdeutlichung der Raumexpansion verwendet wurde. Wenn man die Luft heraus lässt, den Ballon umstülpt, das Innere nach außen kehrt und den Ballon so wieder aufbläst, erhält man einen Raum mit entgegengesetzter Orientierung. Etwas Analoges hat sich nach der SQG am Urknall vollzogen. Diesem ging eine Phase der Kontraktion des Kosmos voraus, die aber nicht in eine Singularität abstürzte. An einem Grenzwert höchst möglicher Energiedichte hat sich der Raum umgestülpt und dann wieder aufgebläht, die Energiedichte nahm wieder ab. Vor Absturz in die Singularität wurde also eine quantenphysikalische Gegenkraft in Form einer abstoßenden Gravitation wirksam, die diesen Absturz verhinderte. Die Begründung für diese Gegenkraft ergibt sich nach der Theorie aus der diskreten Struktur der Raumzeit. Bei Annäherung an den Urknall (aus beiden Richtungen) stehen nur endlich viele Zeitpunkte und Raumelemente „zur Aufnahme von Energie“ zur Verfügung. So wie ein Schwamm nicht beliebig viel Wasser aufnehmen kann und im vollgesogenen Zustand Überschusswasser ausstößt, so kann die diskrete Raumzeit bei Annäherung an den Urknall nur begrenzt Energie aufnehmen, die Überschussenergie wird als Gegenkraft wirksam.

Ob diese auf kleinsten Abstandsskalen wirkende Gegenkraft auch für die weitere Expansion des Universums nach dem Urknall verantwortlich ist, lässt sich mit dieser Theorie heute (noch) nicht erklären. Sie liefert auch (noch) keine weiteren Aussagen, über die Zeit vor dem Urknall. Wir wissen auch nicht, was der Wechsel der Orientierung am Urknall bedeutete. Bestand z.B. das Universum davor aus Anti-Materie? Die Schleifen-Quanten-Theorie ist noch keine durchgängige Theorie und es gibt für sie auch noch keinerlei Bestätigung in dem Sinn, dass eine spezifische Vorhersage der Theorie in der physikalischen Wirklichkeit nachgewiesen wurde. Sie beruht jedoch auf einer konsequenten Erweiterung der Quantentheorie auf die Raumzeit, liefert eine Lösung für das Singularitäten-Problem von Urknall und schwarzen Löchern und ermöglicht auch die Beschreibung einiger (vermuteter) Phänomene schwarzer Löcher (s. Aufsatz „Grenzen der Physik“)

2. Die erste Sekunde

In diesem Abschnitt soll die weitere Entwicklung des Universums in der ersten Sekunde nach dem Urknall beschrieben werden. Für die Zeit bis etwa 10-10 Sekunden nach dem Urknall gibt es heute keine gesicherte physikalische Theorie sondern nur begründete Ansätze solcher Theorien. Die frühen Phänomene oder Prozesse die für diesen Zeitraum beschrieben werden, sind aus allgemeinen Überlegungen hergeleitet und theoretisch nur ansatzweise begründet.Man teilt diesen Zeitraum üblicherweise in Ära bzw. Epochen ein (Zeitangaben aus GHa).

Planck-Ära: Erst am Ende der Planck-Ära, oberhalb der Planck-Zeit (10-43 s) wird das Universum der physikalischen Beschreibung nach derzeitigem Kenntnisstand zugänglich. Aus sehr elementaren Überlegungen folgt, dass zu diesem Zeitpunkt die Dichte etwa 1094 g/cm3 und die Temperatur etwa 1032 Grad K (1019 GeV) betragen haben muss. Man nimmt an, dass bis zu diesem Zeitpunkt die vier bekannten Grundkräfte der Natur in einer einzigen Urkraft vereint waren. Unterhalb dieser Schwelle sind Raum und Zeit nicht definiert.

GUT-Ära: 10 -43 bis 10-34 Sekunden, Energien > 1016 GeV (Temperatur >1029 K)Am Beginn dieser Ära spaltete sich die Gravitation als eigenständige Kraft ab. Die drei restlichen Wechselwirkungen bildeten die theoretisch postulierte GUT-Kraft, die nach der ansatzweise entwickelten GUT-Theorie (Grand Unified Theory) durch X- Bosonen und deren Antiteilchen vermittelt wird. Die GUT-Theorie sagt aber nicht nur eine vereinheitlichte GUT-Kraft sondern auch die Vereinheitlichung aller Materieteilchen (Fermionen) bei Energien >= 1016 GeV voraus.

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Am Ende der GUT-Phase spaltet sich die GUT-Kraft in die starke und die elektroschwache Wechselwirkung auf (GUT-Symmetriebrechung). Die (Anti-) X-Bosonen zerfielen und starben aus, da sie instabil waren und die Temperatur für eine erneute Formierung nicht mehr ausreichte. Aus dem Zerfall der (Anti-) X-Bosonen bildeten sich die Bausteine der heutigen Materie (Quarks und Elektronen) und Anti-Materie (Anti-Quarks und Positronen). Im Zuge dieser sogenannten Baryogenese entstand aus einem noch nicht verstandenen Grund einen Überschuss von 1 zu 109

Quarks und Elektronen gegenüber Anti-Quarks und Positronen.

Einer Theorie zu Folge hat diese ursprüngliche Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie ihren Grund darin hat, dass die den Zerfall der (Anti-) X-Bosonen bewirkende elektroschwache Wechselwirkung die sogenannte CP-Symmetrie bzgl. Ladungskonjugation und Spiegelung der Raumkoordinaten verletzt. Dies könnte jeweils 2 Zerfallsreihen des X-Bosons und des Anti-X-Bosons mit unterschiedlichen Zerfallsraten bewirkt haben, die einen kleinen Überschuss von Materie gegenüber Antimaterie entstehen ließ, so dass nach der gegenseitigen Vernichtung von Materie und Anti-Materie in der nachfolgenden Epoche nur die Materieteilchen übrig blieben, aus denen das Universum heute besteht. Dies würde möglicherweise auch erklären, warum der gleiche Überschuss bei den Quarks und bei den Elektronen existiert, so dass unser Universum elektrisch neutral geblieben ist.

Die Inflation am Ende der GUT-Ära (~10-36 s - 10-33 s)Am Ende der GUT-Ära ereignete sich nach Meinung der meisten Kosmologen eine dramatische Aufblähung des Universums. Durch diese Inflation soll sich das junge Universum in einem extrem kurzen Zeitraum von weniger als bis 10-33 Sekunden um einen Faktor 1030 bis 1050 ausgedehnt haben. Die Inflationstheorie ist unbewiesen und auch keine einheitliche Theorie sondern es gibt eine Vielzahl von Variationen. Sie liefert jedoch eine prinzipielle Erklärung für die Treibkraft des Urknalls und die Entstehung der Materie (Baryogenese) aus der Energie eines zerfallenden Inflaton-Feldes sowie auch eine Erklärung für eine Reihe kosmologischer Beobachtungen. Diese Theorie wird daher prinzipiell weitgehend anerkannt. Sie ist kein Bestandteil sondern eine Ergänzung des in Kap. I,4 beschriebenen Lamda-CMD-Modells des Universums und wird im folgenden Kapitel ausführlich betrachtet.

Elektroschwache Epoche (10-33 s bis 10-10 s)Die Temperatur des Universums war noch so hoch und die Zeiten zwischen zwei Teilchenstößen so kurz, dass sich noch keine stabilen Protonen oder Neutronen bildeten, sondern ein so genanntes Quark-Gluonen-Plasma aus annähernd freien Teilchen entstand. Nach 10-11 s, bei 100 GeV (1015 o K) ereignet sich die elektroschwache Symmetriebrechung. Dabei glitt ein das Universum gleichmäßig durchdringendes skalares Higgsfeld vom instabilen Zustand eines falschen Vakuums in einen weniger symmetrischen aber stabilen Grundzustand niedrigster potentieller Energie (echtes Vakuum). Dieses wechselwirkte nun mit den Teilchen, die Masse tragen, und verlieh diesen dadurch ihre spezifischen Ruhemassen. („Higgs-Mechanismus“). Gleichzeitig spaltete sich die elektroschwache Kraft in die elektromagnetische und die schwache Kraft auf. Dies geschah bei mittleren Teilchenenergien, die von modernen Beschleunigern erreicht werden können. Damit war der Zerfall der Urkraft in die vier bekannten Grundkräfte abgeschlossen.

Hadronen- und Leptonen-Ära (10-9 s bis 1 s): Etwa 10-9- 10-7 Sek. nach dem Urknall hatte sich dieses „Quark-Gluonen-Plasma auf eine Temperatur von etwa 1014 K abgekühlt. Die mittlere Teilchen-Energie hatte sich soweit verringert, dass sich nun zunehmend Materie- und Anti-Materie-Teilchen vernichteten, ohne dass sich neue Paare bildeten, wobei sich der Kosmos dadurch temporär wieder aufheizte. Am Ende dieses „Quark-Sterbens“ blieben (auf Grund der Asymmetrie zwischen Materie und Anti-Materie, s. oben) etwa jeweils eines von 1,6 Milliarden Quarks übrig.Dies lässt sich daraus schließen, dass auch das Verhältnis von Photonen zu Nukleonen in der Phase

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der Entstehung der leichten Atomkerne etwa 1,6 Milliarden zu 1 betrug (siehe Kap. II,3). Vor der Quark-Antiquark-Vernichtung sollten auf Grund des thermischen Gleichgewichts alle Teilchen gleich oft vorhanden gewesen sein.

Nach 10−6 s lag eine Temperatur von ~1013 K (0,2 GeV) vor. Quarks konnten nicht mehr als freie Teilchen existieren, sondern vereinigten sich zu Hadronen, bestehend aus 3 Quarks (Baryonen) oder 2 Quarks (Mesonen). Mit abnehmender Temperatur zerfielen die instabilen Mesonen und die instabilen schwereren Hadronen und es blieben schließlich Protonen und Neutronen übrig. Durch ständige Umwandlungen von Protonen in Neutronen und umgekehrt entstand auch eine große Zahl von Neutrinos und Anti-Neutrinos (Reaktionsgleichungen, siehe Kap.II,3 unten).

Etwa eine Millisekunde (10-3 s) nach dem Urknall hatten sich aus den Quarks und Gluonen die Grundbausteine unserer Materie, Protonen und Neutronen, zunächst in etwa gleichen Mengen gebildet. Die mittlere Energie der anderen Teilchen (Photonen, Elektronen) im Plasma reichte nicht mehr aus, um diese Nukleonen gegen die starke Kraft der Gluonen zu sprengen. Protonen sind stabil, ein freies Neutron zerfällt im Mittel nach 15 Minuten.Die Temperatur reichte nun lediglich noch dazu aus, Leptonen-Paare, wie ein Elektron und sein Antiteilchen, das Positron, zu bilden. Etwa 0,1 s nach dem Urknall war eine Temperatur von ~1010

Grad erreicht. Nun war die Dichte soweit abgesunken, dass die sich die Neutrinos von der Materie entkoppelten, und sich keine neuen Elektron-Positron-Paare mehr bildeten. Jetzt vernichteten sich auch Elektronen und Positronen, bis auf den seit der Baryogenese bestehenden Überschuss von einem 1,6 Milliardstel an Elektronen.

Damit war die Bildung der Bausteine der Materie, aus der sich der Kosmos heute noch zusammensetzt, weitgehend abgeschlossen. In den folgenden 5 Minuten bildete sich aus diesen Bausteinen die Urmaterie des Kosmos bestehend aus Wasserstoff (75%) und Helium (25%) wie im folgenden Kapitel beschrieben.

3. Die Entstehung der Materie

Der Urknall hinterließ nicht nur die kosmische Hintergrundstrahlung, sondern auch die gesamte Materie des heutigen Weltalls. Die sogenannte „primordiale Nukleosynthese“ bezeichnet eine physikalische Theorie, welche die die Bildung der ersten Atomkerne kurz nach dem Urknall beschreibt. Diese Theorie ist heute eines der wichtigsten Standbeine des Standardmodells der Kosmologie, da sie zu exakten Aussagen über die Häufigkeitsverteilung der chemischen Elemente im frühen Universum führt, die sehr genau mit unseren Beobachtungen der heute noch vorhandenen Spuren dieser Verteilung übereinstimmen. Die Theorie der primordialen Nukleosynthese geht auf Arbeiten des amerikanischen Physikers George Gamow im Jahre 1946 zurück. 1950 beschrieb der Japaner Chushiro Hayashi die Neutron-Proton-Gleichgewichtsprozesse zur Erzeugung der leichten Elemente und 1966 erstellte Ralph Alpher ein Modell zur 4He -Synthese. In Folge kam es zu weiteren Verfeinerungen. /Wik

Nach der heute akzeptierten Theorie konnten die Prozesse zur Bildung der ersten Atomkerne etwa eine Millisekunde nach dem Urknall beginnen. Das Universum hatte sich nun so weit abgekühlt, dass das bis dahin vorliegende Plasma aus Quarks und Gluonen zu Protonen und Neutronen im Verhältnis 1:1 kondensierte. Diese wandelten sich sich zunächst unter Einfluss der Schwachen Wechselwirkung nach folgenden Gleichungen ineinander um: (1) Neutron <=> Proton + Elektron + Anti-Neutrino + Energie (Beta-Zerfall)(2) Neutron + Positron <=> Proton + Anti-Neutrino + Energie (3) Proton + Elektron + Energie <=> Neutron + Neutrino

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Das Neutron ist jedoch etwas schwerer als das Proton und zerfällt als freies Neutron nach einer mittleren Lebensdauer von etwa 15 Minuten (Halbwertszeit 10 Minuten) von alleine nach (1) unter Abgabe von Energie, während die Umwandlung eines Protons in ein Neutron nach (3) eine Energie von 0,8 MeV erfordert, was der Differenz der Ruheenergien von Proton und Elektron zusammen versus Neutron entspricht. Die Umwandlung von Protonen in Neutronen nahm daher exponentiell ab, sobald die Temperatur etwa 8 Milliarden Grad (entsprechend einer mittleren Teilchenenergie von 0,8 MeV) unterschritt. Bereits eine eine Sekunde nach dem Urknall war das Verhältnis Neutronen zu Protonen auf etwa 1/6 gesunken.

In den folgenden 5 Minuten ging der Zerfall der freien Neutronen zwar weiter, aber gleichzeitig bildeten sich die ersten stabilen Atomkerne (mit Protonen und Neutronen), so dass am Ende 1 von ursprünglich 4 Neutronen übrig blieb (3 hatten sich in Protonen verwandelt). Der Prozess endete nach etwa 5 Minuten als Temperatur und Dichte des expandierenden Universums unter die kritischen Werte fielen, die für Kernfusionen nötig sind. Diese gibt es nur dann, wenn Dichte und Temperatur eines Plasmas so hoch sind, dass sich diese Kernteilchen durch Stoßprozesse nahe genug (10-15 m) kommen, dass sie miteinander stark wechselwirken können.

Ab etwa 1 Sekunde nach dem Urknall konnten sich erstmals Protonen und Neutronen zu Kernen des Wasserstoff-Isotops Deuterium 2

1De (Massenzahl 2, Kernladungszahl 1, d.h. je 1 Proton und Neutron) verbinden. Die Bindungsenergie des Deuterium-Kerns ist allerdings so schwach, dass diese Kerne durch hoch-energetische Photonen sofort wieder aufgespalten wurden. Die Temperatur zu diesem Zeitpunkt betrug noch etwa 8 Milliarden Grad.

Mit weiter abnehmender Temperatur nahm die Zerfallsrate der Deuterium-Kerne (Deuteronen) jedoch ab. Nach etwa 3 Minuten hatte sich das Universum weiter auf etwa 900 Millionen Grad abgekühlt, so dass das Deuterium stabil blieb. Nun konnten sich im Zuge von Stoßprozessen (über mehrere unterschiedliche Basisreaktionen) jeweils 2 Deuteronen zu einem Heliumkern 4

2He verbinden. Da die Kernbindungsenergie von Helium 9x höher ist als die von Deuterium, verlief dieser Prozess sehr schnell und es blieben kaum Deuteronen übrig. Immerhin hatte die Bindungsenergie des Deuterium gerade ausgereicht, um in der kurzen Phase von etwa 1 bis 5 Minuten nach dem Urknall, in der Kernfusionen möglich waren und die verbliebenen freien Neutronen noch nicht zerfallen waren, diese einzufangen und in einem stabilen He-Kern zu binden. Ohne die Zwischenstufe Deuterium hätte sich in dieser kurzen Phase der Entstehung des Universums auch kein Helium bilden können. Die Rettung der Neutronen vor dem Zerfall und damit die Möglichkeit der späteren Entstehung schwerer Elemente als Voraussetzung für die Entstehung des Lebens verdanken wir also auch den spezifischen Eigenschaften des Deuterium.

5 Minuten nach dem Urknall hatten sich also fast alle bis dahin nicht zerfallenen Neutronen (mehr als 99%) in 42He gebunden. Von je 8 Nukleonen (7 Protonen + 1 Neutron) blieben 6 Protonen (75%) als Wasserstoffkerne übrig, die restlichen 25% hatten sich in Helium-Kernen gebunden. D.h. die Materie des Universums bestand nun zu 75% aus Wasserstoff zu knapp 25% aus Helium. Aus der Theorie folgt weiter, dass auch geringe Mengen von Deuterium (0,01%) übrig geblieben sind, für das die Zeit (hinreichend hoher Dichte und Temperatur) nicht ausreichte, es auch zu schwereren Kernen zu verbinden; ferner dass sich auch in geringem Ausmaß das Helium-Isotop 32He und geringe Spuren des Elements Lithium (in Form der Isotops 7

3Li ) und des Elements Beryllium (74Be ) gebildet haben. Die Temperatur des Universums war zu diesem Zeitpunkt immer noch so hoch, dass die Materie als Plasma vorlag, einem Gemisch aus freien Atomkernen, Protonen und Elektronen bei einer Temperaturstrahlung im Röntgenbereich.

Die von der Theorie vorhergesagte Häufigkeitsverteilung all dieser Elemente stimmt äußerst gut überein mit den spektral-analytischen Beobachtungen von interstellarer Materie in Regionen des Kosmos, die noch nicht durch Sternexplosionen „verunreinigt“ sind.

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Alle Elemente schwerer als Beryllium haben sich erst später im Inneren von Sternen gebildet. Sie konnten in der kurzen Zeit der ersten 5 Minuten nicht entstehen, da keine stabilen Atomkerne mit Massenzahl 5 oder 8 existieren, die sich durch Einfach-Zusammenstöße von Helium-Kernen mit anderen Wasserstoff- oder Helium-Kernen hätten bilden können. Dies geschah erst viel später im Inneren von Sternen, in denen über lange Zeiträume Bedingungen vorherrschen, die es ermöglichen, dass sich auch durch relativ unwahrscheinliche Mehrfach-Zusammenstöße von Kernen stabile Elemente höherer Massenzahl (von Kohlenstoff bis Eisen) anreichern. Aus der Theorie folgt eine starke Abhängigkeit der Häufigkeiten der entstehenden Atomkerne vom dem Verhältnis V der relativen Anzahl von Nukleonen (Protonen und Neutronen) zu Photonen des Lichtes in dieser Phase nach dem Urknall. Insbesondere die Häufigkeit des beim Urknall entstandenen Deuteriums hängt empfindlich von V ab, da die Phase der stabilen Deuterium-Produktion umso später einsetzte und damit umso kürzer dauerte, je größer die Photonendichte im Vergleich zur Nukleonendichte angenommen wird. Je kürzer diese Phase dauerte, umso mehr Deuteriumkerne sollten übrig geblieben sein, die keinen Partner für eine Helium-Fusion fanden. Diese Deuterium-Häufigkeit lässt sich jedoch bestimmen, da alles heute im Universum vorhandene Deuterium vom Urknall stammt (etwa 1 Teil Deuterium auf einige 10.000 Teile Wasserstoff). Sie passt sehr gut zu einem Wert von 6x10-10 für V (1 Nukleon pro 1,6 Milliarde Photonen). Da sich die Anzahl der Photonen, die vom Urknall übrig sind, aus der kosmischen Hintergrundstrahlung bestimmen lässt (413 Urphotonen pro cm3), und sich auch die Anzahl der Nukleonen seit dieser Zeit nicht (wesentlich) verändert haben dürfte, lässt sich so die Nukleonendichte im heutigen Universum mit ~ 4 Nukleonen pro 10 m3 abschätzen.

Die sich daraus ergebende Gesamtmenge an Materie im beobachtbaren Universum liegt bemerkenswert nahe an der Summe aller bekannten baryonischen Bestandteile des Universums in Form von Gas und Sternen in und zwischen den Galaxien.

Anmerkungen:1) Das Verhältnis Nukleonen zu Photonen lässt sich auch aus der CMB-Analyse bestimmen. Es ergibt sich der oben genannte Wert. Aus diesem Verhältnis ergibt sich auch die Zahl der Nukleonen vor der Materie-Anti-Materie-Vernichtung als das 2x1,6x109-fache der heutigen Nukleonenzahl.

2) Die Zahl der Photonen pro cm³ für einen Schwarzen Strahler der Temperatur T ergibt sich aus dem Stefan-Boltzmann-Gesetz: N =k1 T3, p=k2 T4 mit N Photonendichte, p=Energiedichte, k1/k2

sind bestimmte Konstanten. (Mittlerer Photonenabstand ungefähr gleich mittlere Wellenlänge, diese umgekehrt proportional zu T, da 3 Raumrichtungen => N ~ T3, da Photonenenergie ~ T => p ~ T4)

3) Die sich aus obiger Überlegung ergebende Nukleonenzahl im beobachtbaren Universum wird unterschiedlich mit 1080 oder 1081 angegeben. Die Ruhemasse des Neutrons, von dem wir annehmen, dass es als "durchschnittliches" Teilchen die Baryonen (= Teilchen, aus denen die Materie besteht) im Kosmos vertritt, beträgt 1,675 × 10-27 [Kg]. Damit ergibt die sich für die gesamte Ruhemasse baryonischer Materie: 1,675 × 1053 [Kg] / 1054 [Kg]Die Anzahl der im beobachtbaren Universum vorhandenen Galaxien wird meist mit 100 Milliarden (1011) angegeben. Eine durchschnittliche Galaxie weist eine Masse von einer Billion Sonnenmassen auf (1012), wobei unsere Sonne rund 2 × 1030 [Kg] "wiegt". Damit ergibt sich als Gesamtruhemasse: ~ 1053 [Kg] (also annähernd die gleiche Größenordnung)Eine weitere Abschätzung ergibt sich über den Ansatz Energiedichte ~ = kritische Energiedichte = 10-26 kg/m3. Bei einem Volumen des beobachtbaren Universums von ~1080 m³ ergibt sich eine (äquivalente) Gesamtenergie von 1054 kg (wovon die baryonische Materie etwa 5% ausmacht).

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4. Die Theorie der kosmischen Inflation

Das Theorie der kosmischen Inflation wurde erstmalig 1981 von Alan Guth vorgeschlagen. Sie ist kein Bestandteil des Standard-Urknall-Modells, wird aber heute von den meisten Kosmologen als im Kern zutreffende Ergänzung des Modells anerkannt. Es gibt jedoch eine Vielzahl verschiedener Varianten mit unterschiedlichen Annahmen bezüglich Beginn, Dauer und energetischem Verlauf, die zu unterschiedlichen Inflations-Modellen und Zahlenwerten führen. Die Beobachtungsdaten reichen noch nicht aus, um die Inflationstheorie nachhaltig zu bestätigen und gar ein Modell als passend zu identifizieren. Auch ist die zugrunde liegende Physik der GUT-Theorie erst ansatzweise entwickelt. (Zahlenwerte hier sind aus GHas).

Die Theorie der kosmischen Inflation geht davon aus, dass unmittelbar nach dem Urknall von einem Inflaton genannten Energiefeld erfüllt war, das für einen winzigen Sekunden-Bruchteil durch negativen Druck eine enorme abstoßende Gravitation erzeugte. Diese abstoßende Gravitation war die Treibkraft des Urknalls. Der Durchmesser des Universums dehnte sich dabei in weniger als ein „Billionstel x Billionstel x Milliardstel“ Sekunden explosionsartig um einen Faktor 1030 bis 1050

aus. (Die Relativitätstheorie verbietet nicht die überlichtschnelle Ausdehnung des Raumes selbst). Die Inflation wird zeitlich in der GUT-Ära (s. Kap. II,2) angesiedelt mit einem Beginn ca. 10-36 s und einem Ende zwischen 10-33 s und 10-30 s nach dem Urknall.

Anschließend setzte das Universum seine Expansion gemäß den Friedmann-Gleichungen fort.

Die Energiedichte des Inflaton-Feldes blieb bei der bewirkten exponentiellen Expansion konstant, da es – so die Annahme (!) - ein unbegrenztes Reservoir an potentieller Gravitationsenergie anzapfen konnte. Auf diese Weise konnte das Inflaton ausgehend von einem winzigen Raumbereich und Energiebetrag (beides z.B im Bereich der Planck-Skala) durch die Volumenvergrößerung des Universums um mindestens den Faktor 1030 die gesamte Masse-Energie des heutigen Universums gebildet haben. Das Inflaton könnte demnach auch zufällig, als Fluktuation, in einem winzigen Raumbereich des Raum-Zeit-Quantenschaums entstanden sein.

Nach etwa 10-33 Sekunden endete diese Inflationsphase, das Inflaton zerfiel, seine Energie wandelte sich in masselose GUT-Teilchen um, dann zeitgleich mit Abspaltung der starken Wechselwirkung (GUT-Symmetriebrechung) in Quarks, Anti-Quarks, Elektronen und Positronen wobei ein kleiner Überschuss von Materie gegenüber Anti-Materie entstand. Man kann sich das so vorstellen, dass die Quantenfluktuationen des Vakuums durch die Inflation so dramatisch auseinander gezerrt wurden, dass sich virtuellen Teilchen einer Fluktuation nicht mehr finden und gegenseitig vernichten konnten, sondern zu realen Teilchen „ausfroren“. Dieser Vorgang der Entstehung der elementaren Materie- und Anti-Materie-Bausteine wird Baryogenese genannt. Am Ende dieser Inflationsphase hatte das heute beobachtbare Universum Durchmesser von etwa 0,2-1 Meter und war damit aber nur ein winziger des gesamten Universums.

Die Herkunft des Inflaton-Feldes und die Ursache seiner abstoßenden Wirkung sind ebenso unbekannt, wie auch der Mechanismus, nachdem das Inflaton in Materie zerfallen sein soll. Es gibt jedoch ansatzweise Erklärungen (siehe Anmerkungen unten). Zunächst aber eine Aufzählung der wichtigsten Argumente, die für die Inflationstheorie sprechen:

1. Zunächst liefert die Theorie eine Erklärung für die Treibkraft des Urknalls.2. Zum zweiten liefert die Theorie eine prinzipielle Erklärung wie Raum und Materie unseres Universums aus Nichts oder fast Nichts entstanden sein könnten.3. Eine Inflationsphase kann außerdem auch mehrere kosmologische Beobachtungen erklären, für die man ansonsten zum Teil noch keine zufriedenstellende Erklärung gefunden hat, nämlich

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• Die globale Homogenität des Kosmos (Horizontproblem):Die Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung hat gezeigt, dass diese im beobachtbaren Universum überall fast exakt die gleiche Temperatur hat (Abweichung < 0,001%). Dies sollte nicht möglich sein, wenn ein Wärmeaustausch maximal mit der Geschwindigkeit des Lichts erfolgen kann und für die Herausbildung dieser Gleichförmigkeit des CMB nicht mehr als 380.000 Jahre zur Verfügung standen. (Zwei Bereiche, die heute am Himmel 3 Grad oder mehr voneinander entfernt sind, waren 380 000 Jahre nach dem Urknall so weit voneinander entfernt, dass sie wegen der endlichen Lichtlaufzeit nicht in kausalem Kontakt gestanden haben können.) Ein Wärmeausgleich nach dem Urknall zwischen den heute weit auseinander liegenden Bereichen des Weltalls kann aber damit erklärt werden, dass es eine inflationäre Epoche gab, vor der diese Raumbereiche nahe genug beieinander waren, dass sie innerhalb der Grenzen der Lichtgeschwindigkeit miteinander wechselwirken und Wärme austauschen konnten.

Eine alternative Erklärung liefert die Schleifen-Quanten-Gravitation (s. Anmerkung 2, unten)

• Die geringe Krümmung des Raumes (Flachheitsproblem):Das von uns beobachtbare Universum erscheint uns weitgehend flach. Dies ergibt sich aus der Analyse der der kosmischen Hintergrundstrahlung und der Galaxienverteilung. Aus den Friedmann-Gleichungen lässt sich ableiten, dass es uns ohne Annahme einer inflationäre Epoche nur flach erscheinen kann, wenn es bereits zum Zeitpunkt des Urknalls exakt flach war, also (mit einer Genauigkeit von 1 zu 1058 ) die dafür kritische Massendichte hatte. Jede noch so geringe Abweichung von dieser, würde sich seit dem Urknall so gewaltig verstärkt haben, dass das Universum schon längst wieder in sich zusammengefallen wäre oder dass sich die Materie zu schnell zu weit verteilt hätte und sich keine Sterne, Planeten oder andere Strukturen hätten bilden können. Für den Fall einer inflationären Expansion dagegen wäre die beobachtete lokale Flachheit des Raumes lediglich eine Folge seiner ungeheuren Ausdehnung, da das heute beobachtbare Universum nur einen winzigen Ausschnitt repräsentieren würde (so wie uns die Oberfläche eines auf Erdgröße aufgeblähten Balles lokal auch einigermaßen flach erscheint). Mit Ω= ρ/ρc (ρ= tatsächliche Energiedichte des Universums, ρc = kritische Energiedichte) kannman für ein Universum ohne kosmologische Konstante die 1. Friedmann-Gleichung wie folgt umformen (s. Kap. I,4, Anm.5): (1/Ω – 1)ρa2 = konstant; da der Faktor ρa2 aus Energiedichte ρ und Quadrat des Skalenfaktors a2 seit der Planck-Zeit um den Faktor ~1060 abgenommen hat, muss der Ausdruck in der Klammer um den gleichen Faktor zugenommen haben. Da Ω heute einen Wert von etwa 1 hat, muss Ω zur Planck-Zeit schon mit einer Genauigkeit von 10-58 =1 gewesen sein. (Volumenzunahme des beobachtbaren Universums seit der Planckzeit: ~ Faktor 10123, und damit entsprechende Abnahme der Energiedichte)

• Die Entstehung von Dichtschwankungen im frühen Kosmos Bereits kurz nach dem Urknall muss es im Universum gewisse Schwankungen der Materie-dichte gegeben haben, damit sich daraus durch Wirkung der Gravitation (auch unter Mitwirkung dunkler Materie) dessen heutige, klumpige Struktur in Form von und Galaxien und Galaxienhaufen bilden konnte. Diese ursprünglich postulierten Dichteschwankungen des frühen Universums lassen sich theoretisch als das Ergebnis zufälliger Quantenfluktuationen des Inflaton erklären, die durch die Inflation zu makroskopischen Dimension “aufgebläht“ worden sind. Dabei zeigt die daran anknüpfende theoretische Berechnung der statistischen Verteilung der resultierenden (geringen) Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung genau das Muster, das wir heute beobachten. (s. Kap. I,5)

Anmerkungen1) Nach der Inflationstheorie kann das beobachtbare Universum nur einen Bruchteil des gesamten Universums darstellen. G. Hasinger: „wie eine Nadelspitze im Verhältnis zur Entfernung der Galaxien“ (Ehemals kausal zusammenhängende Bereiche wurden weit getrennt)

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2) Eine alternative Erklärung der Dynamik des Urknalls liefert die Schleifen-Quanten-Gravitation (SQG): Danach könnte die Inflation auch durch abstoßende Kraft getrieben worden sein, die nach der SQG den Absturz eines “Vor-Universums“ in die Urknall-Singularität verhinderte. Ob diese „Abprall-Energie“ für eine Expansion um Faktor >1030 ausreichte, ist ungewiss. Eine exponentielle Ausdehnung um Faktor >1030 muss aber in den verschiedenen Inflationsmodellen vorausgesetzt werden, um die heutige Flachheit des (beobachtbaren) Universums begründen zu können. Die SQG liefert aber auch eine alternative Erklärung für das Horizontproblem, wenn eine vorausgehende Kontraktion eines Vorgänger-Universums im thermischen Gleichgewicht endete.

3) Zur Erklärung der Treibkraft der Inflation wird ein räumlich homogenes Energiefeld benötigt, das unter bestimmten Umständen kurzzeitig einen enormen negativen Druck erzeugen kann. Der ART zufolge tragen nicht nur die Energiedichte eines Raumbereiches, sondern auch der darin herrschende Druck zur Stärke des von diesem Bereich ausgehenden Gravitationsfeldes bei. Ist dieser Druck negativ (also nicht nach außen drückend sondern nach innen saugend), so führt das zu einer abstoßenden Gravitation (vergleiche Kap. I,3 über dunkle Energie). Neuere Inflationsmodelle erklären dies mit einem Inflaton-Feld, dessen Energiepotential dem eines skalaren Higgsfeldes entspricht. Ein solches Feld hat in der Mitte (Feldwert =0) eine Erhebung positiven Potentials („falsches Vakuum“). Verharrt das Feld bei Abkühlung kurzzeitig im instabilen Zustand dieses falschen Vakuums bevor es auf seinen niedrigsten Potentialwert (echtes Vakuum) absinkt, kann es einen enormen negativen Druck und damit eine stark abstoßende Gravitation erzeugen. Man spricht von einem verzögerten Symmetriebruch oder auch von einer kurzzeitigen Unterkühlung des Feldes, analog zu hochreinem Wasser, das flüssig bleibt, obwohl es unter null Grad abgekühlt wird, weil es keine Kristallisationskeime gibt die die Eisbildung auslösen können. Die durch das unterkühlte Inflaton-Feld bewirkte Expansion verlief exponentiell beschleunigt, da dessen Energiedichte und damit der negative Druck in jedem Raumpunkt konstant blieben. Die Energie des Feldes hat daher wie die Raumausdehnung zugenommen, da es – so die Annahme - ein unbegrenztes Reservoir an potentieller Gravitationsenergie anzapfen konnte.

4) Anfangsentropie: Nach Brian Greene hat das Universum durch die Inflation bezogen auf das nun sehr viel größere Raumvolumen einen Zustand sehr niedriger Entropie angenommen, was den Entropie-Zeitpfeil, d.h. die Entwicklung des Universums in Übereinstimmung mit dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik, erklären würde. Bei einem Gas, das sich frei in einem Raum ausbreiten kann, ist der Zustand größter Entropie gerade der, bei dem sich das Gas möglichst gleichmäßig im gesamten Raum ausgebreitet hat. Genau dieser Zustand stellt sich mit der Zeit ein, wenn man das Gas sich selbst überlässt. Das heiße Plasma, das nach der inflationären Expansion den Raum gleichmäßig erfüllt, weist jedoch eine niedrige Entropie auf, wenn man zusätzlich die Gravitation berücksichtigt, denn diese möchte Materie zusammenziehen. Deshalb ist eine gleichmäßige Verteilung des Plasmas im Universum ein Zustand sehr geringer Entropie, ein schwarzes Loch dagegen wäre der Zustand mit der größten Entropie (für Materie einer bestimmten Masse). Gravitation ist somit die Hauptquelle für anwachsende Entropie im Universum, Inflation wäre die kosmische Ursache für die minimale Anfangsentropie des Universums, beides zusammen begründet den thermodynamischen Zeitpfeil.

6) Ewige Inflation (Alexander Vilenkin): nach diesen Modellen ist die Inflation nicht aufzuhalten. Das Inflaton soll dabei durch einen noch unbekannten Mechanismus mit einer bestimmten Halbwertszeit in gewöhnliche sich nicht mehr aufblähende Materie zerfallen können, aber jeweils nur lokal für eine bestimmte Raumregion. Dabei kommt es zu einem Wettstreit zwischen der exponentiell anwachsenden Raumausdehnung mit sich ständig nachbildenden Inflatonfeld und dessen zufälligem lokalen Zerfall. Einige Gründe sprechen dafür, dass die Raumausdehnung diesen Wettstreit gewinnt, sodass die inflationäre Expansion ewig weitergeht und das Gesamtvolumen des Inflatonfeldes ewig weiter anwächst. Der Zerfall in einer Raumregion wäre zu interpretieren als das Ende des eigentlichen Urknalls für diese Raumregion. Die Folge wäre ein fraktales Multiversum.

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III Die Evolution des Universums

1. Die Entstehung von Sternen und Galaxien

In den ersten Minuten nach dem Urknall entstand die uns bekannte (baryonische) Materie in Form von Wasserstoff und Helium. Das auseinander strebende Universum war noch so heiß, dass es diese Materie in ionisierter Form, als dichtes, Millionen Grad heißes Plasma enthielt, zusammen mit Strahlungsenergie (Photonen) und Neutrinos. Mit dem Urknall begann aber bereits Ausdehnung, Abkühlung und Abnahme der Dichte des Universums - ein Prozess, der bis heute andauert. Viele tausend Jahre war das Universum noch ein brodelnder Mix aus Materie und Strahlung, aber doch nicht mehr heiß und dicht genug, um Elemente schwerer als Helium entstehen zu lassen. Zunächst stellte die elektromagnetische Strahlung den Hauptanteil der Energiedichte im Kosmos.

Ende der Strahlungs-Ära und Beginn der Materie-ÄraEtwa 10.000 Jahre nach dem Urknall fiel die Energiedichte der Strahlung unter die der Materie, die von nun an die Dynamik des Universums bestimmte. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Universum noch aus einer Suppe von heißem ionisierten Gas und Photonen. Die Photonen hatten durch Abkühlung der Wärmestrahlung nur noch eine mittlere Energie von etwa 1 eV. Die Energie von Nukleonen ist – unabhängig von der Temperatur und abgesehen von kinetischer Energie - etwa 1 GeV (939 MeV) gemäß E=mc2. Da es aber etwa 1,6 Milliarde mal mehr Photonen als Nukleonen gab, dominierte die baryonische Materie ab diesem Zeitpunkt zunehmend die Energiedichte des Universums. Bei Strahlung nimmt zusätzlich zum Abfallen der Anzahldichte der Photonen (in Folge der Expansion des Raumes) die Wellenlänge der einzelnen Photonen durch die Abkühlung der Strahlung zu. Dadurch sinkt die Energiedichte der Strahlung schneller als die der Materie, die von der Dichte der Ruhemassen bestimmt wird und unabhängig von der Temperatur ist.

Entkopplung der Hintergrundstrahlung (Rekombination )Etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall wurde das Universum mit etwa 3000 Grad so kühl, dass sich die bis dahin freien Elektronen an die Atomkerne banden und neutrale Atome bildeten. Das Universum wurde durchsichtig, die bis dahin ständig an den freien Elektronen gestreute Licht konnte von nun an ungehindert ausbreiten. Es wurde aber mit der Ausdehnung des Universums von ursprünglich gelben Licht zu immer größeren Wellenlängen gedehnt, wir empfangen es heute als kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung mit einer Rotverschiebung z = 1100 und Temperatur von 2,7 o Kelvin. Dieser Phasenübergang des Universums zu elektrisch neutralen H- und He-Atomen wird Rekombination genannt.

Dunkle Periode und Beginn der Bildung großräumiger StrukturenDie H- und He-Gas-Wolken kühlten weiter ab, das Universum glitt in das sogenannte dunkle Zeitalter (dark age) hinüber. Nach 40 Millionen Jahren muss die Hintergrundstrahlung in etwa Zimmertemperatur gehabt haben. Die Wellenlängen dieser Strahlung lagen (mit etwa 10 µm) damit bereits deutlich unter der des sichtbaren Lichts im mittleren Infrarot-Bereich. Die vorhandenen Dichteschwankungen konnten sich in den folgenden Jahrmillionen ungehindert durch Strahlungsdruck und „angetrieben“ von der gravitativen Wirkung dunkler Materie weiter zu ersten Sternen, Galaxien und Galaxienhaufen verdichten.

Dunkle Materie macht heutigen Beobachtungen zufolge etwa 83% der Gesamtmasse des Universums aus (siehe Kap. I,3). Da sie nicht mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirkt, konnten sich vorhandene Dichteschwankungen bereits unmittelbar nach dem Urknall weiter durch Gravitation verstärken. Vermutlich bildeten sich zuerst sogenannte Halos aus dunkler Materie, die als Gravitationssenken wirkten. Während der Kosmos als Ganzes immer kälter wurde, erhitzten sich die Wasserstoff- und Heliumgase, die in die Gravitationssenken strömten und sich dort verdichteten.

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Eine gewisse Zeit kann der durch steigende Temperatur bewirkte Gasdruck den Kollaps der Gaswolke unter ihrer eigenen Schwerkraft aufhalten. Wird die verdichtete Gaswolke durch Aussendung von Wärmestrahlung jedoch hinreichend gekühlt, kann die Gravitation des Gasdruck überwinden und die Materiewolke kollabiert. Wichtig bei der Sternbildung aus H-Gaswolken ist, dass sich bei den Temperaturen von zunächst einigen 100 bis 1000 Grad, die in diesen Wolken herrschen, Wasserstoffatome zu H2-Molekülen verbinden, die im Gegensatz zu H-Atomen bereits in diesem Temperaturbereich effektiv Wärme abstrahlen (H- und He-Wolken erst ab 8000 Grad). So konnte die kritische Masse erreicht werden, bei denen diese Gaswolken zu ersten Protosternen kollabierten (siehe auch Teil 1, Kap.II,4). Dunkle Materie kann aber im Gegensatz zu normaler Materie nicht zu einem hoch kompakten Objekt kollabieren, da sie keine Wärmestrahlung aussendet und sich daher nicht soweit abkühlen kann, dass die Gravitation des Gasdruck überwindet .

Simulation mit kalter dunkler Materie (CDM) zeigen, dass sich in dieser relativ schnell erste Kondensationskeime größerer Strukturen und danach - bereits vor 13 Milliarden Jahren - deutlich sichtbar die Filamentstruktur des heutigen Universums bildeten, und dass die baryonische Materie unmittelbar folgte. An den Schwerpunktknoten dieses von dunkler Materie gebildeten Netzes von Filamenten und Haufen bildeten sich die ersten Megasterne. Diese Schwerpunktknoten, in denen sich die ersten Megasterne bildeten, sind vermutlich auch heute das gravitative Zentrum großer Galaxienhaufen. In jedem solchen Zentrum befindet sich dann vermutlich heute ein Schwarzes Loch, das aus dem Supernova-Kollaps eines einstigen Megasterns entstanden ist (wie das SL in der M87 Galaxie, die das Zentrum unseres Virgo-Superhaufens bildet). Im Gegensatz zu Simulationen mit heißer dunkler Materie, zeigen die mit CDM, dass die Strukturbildung im Universum nach dem von dunkler Materie vorgegebenen Muster bottom-up erfolgte, erst bildeten sich Sterne, dann Galaxien, dann Galaxienhaufen und Filamente (siehe Teil1, Kap. 3 zur Struktur des Universums)

Die ersten Sterne (Population III-Sterne)Die ersten Sterne im Kosmos sind etwa 400-550 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden. Dies lässt sich aus dem Polarisationsmuster der kosmischen Hintergrundstrahlung ablesen, die mit dem europäischen Satelliten Planck vermessen wurde. Die Strahlung der ersten Sterne leitete damals nämlich die sogenannte Reionisationsepoche ein. Diese Epoche beendete das dunkle Zeitalter des Universums. Die Atome des im Kosmos verteilten neutralen Wasserstoffgases wurden von den Photonen energiereicher Strahlung wieder in Protonen und Elektronen aufgespalten. Damit wurde der Kosmos transparent auch für die Wellenlängen des sichtbaren Lichts, das sonst zu Anregungen der H-Atome verschluckt worden wäre. Dieser Vorgang war etwa 900 Millionen Jahre nach dem Urknall vollständig abgeschlossen. Um Wasserstoff zu ionisieren ist eine Energie über 13,6 eV nötig (>= UV-Strahlung). Quelle dieser Energien waren vermutlich erste Megasterne und Quasare (siehe Teil 1, Kap. III, 2) oder „green pea“- Galaxien (hoch-kompakte kleine Galaxien, die große Mengen neuer Sterne bilden/ s. Nature 2016).Diese ersten Sterne enthielten anfangs nur Wasserstoff und Helium, sie hatten vermutlich eine Masse bis 1000 Sonnenmassen daher eine kurze Lebenszeit von nur wenigen Millionen Jahren, in denen sie ihren gesamten Kernbrennstoff durch die Fusion immer schwerer Elemente bis hin zu Eisen aufbrauchten, bevor sie in einer gewaltigen Supernova endeten. Dabei haben sie die im Sterninneren durch Kernfusionen gebildeten schwereren Elemente (von Kohlenstoff bis Eisen) und die bei der Supernova entstandenen noch schwereren Elemente in den Kosmos hinaus geschleudert. Man nennt diese erste Generation von Megasternen auch Population III Sterne, zur Abgrenzung von den ältesten bisher beobachteten Population II Sternen, bei denen sich in den Spektren aber schon Spuren von Metallen nachweisen lassen. Klassifizierung nach Metallhäufigkeit: Population II Sterne (vorwiegend alte, rote Sterne) und Population I Sterne (vorwiegend junge, blaue Sterne) können nur eine deutlich geringere Masse und daher deutlich längere Lebensdauer haben, da die Gaswolken aus denen sie entstehen bereits schwere Elemente enthalten und so ein effektivere Kühlung durch thermische Abstrahlung ermöglichen, also schneller die für einen Kollaps zum Protostern kritische Masse erreichen.

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Entstehung von Galaxien und Galaxienhaufen

Wie oben dargestellt, erfolgte die Entwicklung der heutigen Strukturen des Universums vermutlich getrieben durch kalte dunkle Materie (CDM) bottom-up. Die ersten Sterne formierten sich zu Galaxien, diese zu Galaxienhaufen und Filamenten (siehe Teil 1, Struktur des Universums).

Die Gaswolken aus Wasserstoff und Helium folgten dabei der Verteilung der dunklen Materie, fielen in die von dieser gebildete Halos, verdichtete sich, und es kam zunächst zur Bildung der Sterne. Aus Ansammlungen von Sternen und riesiger Gaswolken bildeten sich vermutlich zunächst zahlreiche kleinere Sternhaufen und Zwerggalaxien als Sternentstehungsgebiete. Im Laufe der Zeit verschmolzen viele von diesen dann zu größeren Sternsystemen, so dass die Galaxiendichte im All abnahm. Die Verschmelzung von Galaxien ereignete sich im frühen Universum wegen dessen geringerer Ausdehnung vermutlich viel häufiger als heute und stellt nach Meinung der meisten Astronomen einen zentralen Mechanismus in der Galaxienevolution dar.

Die eigentliche Galaxienbildung ist heute aber noch unverstanden, denn die Dynamik dieser Regionen ist durch viele Einflussfaktoren bestimmt, was genauere Simulation sehr schwierig macht. So beeinflussten die neu erzeugten Sterne das einfallende Gas, auch war die Lebenszeit der ersten Megasterne relativ kurz und endete in gewaltigen Supernova-Explosionen, die massive schwarze Löcher zurück ließen. (siehe Teil 1, Kap. II,7). Neuere Studien gehen davon aus, dass sich im Zentrum der meisten Galaxien ein super-massives schwarzes Loch befindet, das signifikant an der Entstehung der Galaxie beteiligt war, denn je massereicher eine Galaxie ist, desto massereicher ist auch das Schwarze Loch in ihrem Zentrum. Dies legt den Schluss nahe, dass die Galaxien zusammen mit ihrem zentralen Schwarzen Loch durch Verschmelzungsprozesse gewachsen sind. (Das Masseverhältnis Kern-SL zu Galaxie beträgt üblich ca. 0,1%, jüngst wurden jedoch auch kleinere Galaxien entdeckt, deren Kern-SL bis 14% der Gesamtmasse ausmacht, z.B. NGC1277).

Die heute beobachtbaren Galaxien sind im wesentlichen 4 Kategorien zuzuordnen: 1) Irreguläre meist kleine Galaxien, die viel Staub und Gas und junge Sterne enthalten; 2) Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße, die auch Gas und Staub und junge weiß-blau leuchtende Sterne vor allem in den Spiralarmen beinhalten, 3) Elliptische Galaxien unterschiedlicher, bisweilen gigantischer Größe, ohne innere Struktur, mit überwiegend älteren, massearmen, rötlichen Sternen und nahezu ohne Sternbildungsaktivität.4) Aktive Galaxien wie Quasare, die von ihrem Kern überstrahlt werden, der ein super-massives, gewaltige Materiemengen aufsaugendes Schwarzes Loch beinhaltet.

Spiralgalaxien entstehen wohl im Prinzip dadurch, dass die auf ein Gravitationszentrum (dunkle Materie oder (super-)massives Schwarzes Loch) zu treibenden Sterne und Gaswolken in Rotation geraten. Der genaue Prozess der Entstehung und stabilen (differenziellen) Rotation der Spiralarme ist aber noch unverstanden, obwohl es Theorien dazu gibt. Auch eine elliptische Galaxie, die Gas- und Staubwolken um sich akkretiert, könnte so zum Kern einer einer entstehenden Spiralgalaxie werden (Beispiel: die Sombrero-Galaxie M104). Spiralgalaxien wachsen durch stetigen Einfall von Gas in die Galaxienscheibe oder durch Aufsammeln und Auflösung naher Zwerggalaxien.

Größere elliptische Galaxien entstanden vermutlich erst in einem zweiten Stadium durch die Verschmelzung mehrerer kleiner Galaxien oder von zwei annähernd gleichgroßen Spiral-Galaxien. In dichten Galaxienhaufen beträgt ihr Anteil fast 50%, in Regionen geringer Galaxiendichte nur 10%. Ein Grund für die zum Erliegen gekommene Sternentstehung in elliptischen Galaxien könnte darin bestehen, dass diese ihre dafür geeigneten Wasserstoffwolken bereits verbraucht haben. Es gibt aber auch Hinweise, dass in einem Teil dieser Sternsysteme die zur Sternbildung nötige interstellare Materie zwar ausreichend vorhanden wäre, diese aber von Energieströmen (Jets) erhitzt und zerstreut wird, die von einem super-massereichen, Materie-aufsaugenden Schwarzen Loch (SL) im Zentrum der Galaxie ausgehen.

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Aktive Galaxien emittieren aus ihrem Kernbereich soviel Energie, dass als Ursache nur ein super-massives SL in Frage kommt, das in gewaltigem Umfang Materie in Form von zerrissenen Sternen und Gasen in sich aufsaugt. Die Energieausstrahlung erfolgt aus der Akkretionsscheibe, in der sich die auf Spiralbahnen beschleunigte, ionisierte Materie enorm erhitzt, und aus der durch gewaltige Magnetfelder relativistische Materie-Jets senkrecht zur Scheibe herausgeschleudert werden. Für einen Großteil der entdeckten Quasare kann nachgewiesen werden, dass sie sich im Prozess einer Verschmelzung mit einer anderen Galaxie befinden. Offensichtlich führt ein gewisser Anteil von Galaxien-Kollisionen zur Entstehung von Quasaren; dies wird auch durch die Quasar-Statistik gestützt, die zeigt, dass diese im frühen Universum wesentlich häufiger vorkamen (mit einem Maximum vor etwa 10 Milliarden Jahren). Heute sind etwa 200.000 Quasare bekannt; aus ihrer geringen relativen Häufigkeit im Vergleich zu „normalen“ Galaxien (zwischen 1:106 heute und 1:103 im frühen Universum) kann abgeschätzt werden, dass ihre Lebensdauer als Quasar nur einige 10 Millionen Jahre dauert, nach denen sie sich zu einer normalen Galaxie weiter entwickeln.

Links: die elliptische Riesengalaxie NGC1132, etwa 320 Millionen Lichtjahre entfernt. Sie ist vermutlich sehr alt und aus der Verschmelzung zahlreicher kleinerer Galaxien entstanden. Rechts: die elliptische Riesengalaxie M87 im Zentrum unseres lokalen Virgo-Superhaufens mit einem aktiven Galaxienkern der starke Radiowellen und relativistische Materie-Jets aussendet.M87 war möglicherweise einmal ein Quasar. (Beides Aufnahmen des Hubble- Teleskops).

Galaxienhaufen:Vor etwa 10 Milliarden Jahren erreichte die Sternbildung im Universum einen Höhepunkt. Man nimmt an, dass sich um diese Zeit auch die meisten massereichen Galaxien gebildet haben. Diese gruppierten sich unter dem Einfluss gegenseitiger Gravitation und nach dem durch kalte dunkle Materie vorgezeichneten Muster zu faserartig verbundenen Galaxienhaufen und Superhaufen.

Die Galaxien-Haufen nahmen solange an Ausdehnung und Mitgliederzahl zu, bis sie alle Materie in ihrem gravitativen Einflussbereich aufgesogen hatten. Da die meisten Haufen kaum noch wachsen, ist das Universum zwischen den Haufen heute vermutlich relativ leer. (Die noch wachsenden Galaxienhaufen kann man daran erkennen, dass das heiße Gas in den Galaxienhaufen ständig durch neu herein stürzende Materie aufgeheizt wird. Das Gas füllt den Galaxienhaufen gleichmäßig aus, solange es heiß genug ist, dass der Gasdruck die gravitative Wirkung des Haufens ausgleicht; erst wenn es abkühlt, sinkt es zum Zentrum des Haufens hin ab.)

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Die Evolution des Universums veranschaulicht in einem Bild:

Der oben geschilderte prinzipielle Verlauf der Evolution des Universums bis heute ist immer noch Gegenstand intensiver Forschung. Diese beruht im wesentlichen auf 3 sich gegenseitig stützenden Säulen:1) Theoretische Überlegungen, welche versuchen die wesentlichen Parameter und Einflussgrößen dieser Evolution zu erfassen und korrekt zu beschreiben.2) Sehr rechenintensive Programme, mit denen der Verlauf der Evolution gemäß der theoretischen Überlegungen simuliert wird. Sukzessive wird dabei das betrachtete Raumvolumen verkleinert und die Genauigkeit erhöht. Mit zunehmender Verkleinerung des Ausschnitts muss aber auch die zunehmend komplexere physikalische Realität mit einprogrammiert werden.3) Die Verifizierbarkeit der Simulationsergebnisse mit der Realität soll durch eine großangelegte Durchmusterung der Galaxien des Kosmos in Projekten wie CfA Surveys und SDSS verbessert werden. Diese führen zu einer 3-dimenionale Kartierung des Universums, gleichzeitige liefert jede Entfernungsschicht eine Momentaufnahme des Zustandes in einem entsprechenden Alter des Universums.

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1. Die Zukunft des Universums

Das SonnensystemUnsere Erde hat noch knapp eine Milliarde Jahre vor sich, bevor es dank der immer heißer werdenden Sonne zu warm für alle Lebensformen wird. Durch die fortschreitende Wasserstoff-Fusion zu Helium verdichtet sich der Gaskern der Sonne, der Druck steigt weiter, die Sonne wird wärmer und heller. Seit ihrer Entstehung vor 4,6 Milliarden Jahren ist die Sonne bereits um 40% heller geworden. In 1,1 Milliarden Jahren wird die Sonne zehn Prozent heller sein als heute und die Erde so warm, dass Wüsten die Kontinente bedecken werden. In 3,5 Milliarden Jahren ist die Sonne 40 Prozent heller als heute, auf der Erde verdampfen die Meere. In 6,3 Milliarden Jahren, die Erdoberfläche ist inzwischen steril, ist der Wasserstoff im Kern der Sonne aufgebraucht.Im Laufe der folgenden 1,3 Milliarden Jahre bläht sich die Sonne durch das einsetzende Schalenbrennen auf das 100- bis 150-Fache ihrer heutigen Größe auf und wird zu einem Roten Riesen, der die Umlaufbahn des Merkur erreicht. Die Erdkruste wird sich auf 1400 Grad erhitzen und schmelzen. In 7,7 Milliarden Jahren, also 12,3 Milliarden Jahre nach ihrer Entstehung, ist der Kern der Sonne so dicht und heiß, dass Helium zu schwereren Elementen fusioniert. Schockwellen durchlaufen den Stern, in mehreren gewaltigen Eruptionen stößt die Sonne ihre äußere Hülle ab. Übrig bleibt der weiß glühende Kern aus Sauerstoff, Kohlenstoff und etwas Helium, etwa so klein wie die Erde: ein Weißer Zwerg. Dieser kühlt dann langsam aus und wird in weiteren hunderten von Billionen Jahren zu einem dunklen, erkalteten Schwarzen Zwerg. (siehe Teil 1, Lebenszyklus der Sterne)

Das Universum:Derzeit gibt es – gemäß der verschiedenen kosmischen Modelle (s. Kapitel I, 4) - verschiedene Szenarien: Das Universum wird sich zunächst weiter ausdehnen. Mit der Zeit aber könnte die anziehende Gravitation bei einem geschlossenen (sphärisch gekrümmten) Universum wieder die Oberhand gewinnen und eine Phase der Kontraktion einleiten, die schließlich in einer Art umgekehrtem Urknall („Big Crunch“) endet, aus dem gegebenenfalls ein neuer Urknall („Big Bounce“) und damit ein neues Universum entstehen könnte. Die meisten Forscher halten diese Szenarien jedoch nach aktuellem Wissensstand für eher unwahrscheinlich. Nach diesem ist das Universum eher flach, vielleicht sogar offen, und dehnt sich getrieben durch dunkle Energie mit zunehmender Beschleunigung ewig aus. Irgendwann werden alle Sterne erloschen sein, die Materie wird nach unvorstellbar langen Zeiträumen vermutlich weitgehend zu elektromagnetischer Strahlung zerfallen sein (siehe unten). Zu guter Letzt bleibt nach heutigem Wissen nur der Hauch eines extrem verdünnten Teilchennebels übrig, verloren in den endlosen Weiten des Raums. Das wäre dann der „Wärmetod des Universums“, der eigentlich ein Kältetod ist, denn es findet kein Wärmefluss mehr statt, und die im Universum noch vorhandene Wärmestrahlung nähert sich dem absoluten Nullpunkt an. Daher wird dieses Szenario auch „Big Chill “ oder Big Freeze“ genannt. Wenn die Energiedichte der postulierten dunklen Energie den sich ausdehnenden Raum nicht nur konstant ausfüllen würde (gemäß einer kosmologischen Konstante), sondern dabei sogar zunehmen würde (man spricht von „Phantom-Energie“, siehe siehe Kap. I, 3), würde sich die Expansionsrate so stark beschleunigen, dass alle Materie in ferner Zukunft sukzessive von den größten Strukturen (wie Galaxienhaufen) zu den kleinsten Objekten (wie Elementarteilchen) auseinander gerissen wird („Big Rip“). Das Universum divergiert dann einem singulären Ereignis zu, bei dem sich für die Raumzeit keine Metrik mehr definieren lässt; dies wird auch als eher unwahrscheinlich angesehen.Die meisten Astronomen favorisieren nach heutigem Wissensstand das „Big Chill“-Szenario.

Lange vorher jedoch werden immer mehr der heute noch sichtbare Galaxien aus unserem Blickfeld verschwinden, oder genauer gesagt: Ihr Licht wird immer stärker rotverschoben und schließlich ganz verblassen, wenn die Weltlinien dieser Galaxien den Ereignishorizont durchbrechen. Alle Galaxien, deren Abstand zu uns durch die Raumausdehnung anwächst, überschreiten irgendwann diesen Ereignishorizont. Heute liegt dieser Ereignishorizont in rund 16 Milliarden Lichtjahren (LJ)

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Entfernung. Galaxien, die momentan weiter als 16 Milliarden LJ entfernt sind, werden wir also niemals in ihrem heutigen oder zukünftigen Zustand sehen können, wenn sich die Expansion des Universums nicht irgendwann verlangsamt sondern wie heute angenommen ewig beschleunigt.

Die Galaxien am Rande des beobachtbaren Universums (in 46 Milliarden LJ heutiger Entfernung) bewegen sich heute sogar schon mit etwa 3-facher Lichtgeschwindigkeit von uns weg. Es ist ein wenig paradox: Das Universum dehnt sich immer weiter aus und wird immer älter. Damit wird natürlich auch das beobachtbare Universum immer größer. Nur gibt es immer weniger zu beobachten. Je weiter weg sich eine Region des Raums befindet, desto schneller entfernt sie sich von uns. Der Anteil aller Galaxien, der von uns aus noch sichtbar ist, schrumpft im Laufe der Zeit immer weiter. Irgendwann bleiben nur noch die Galaxien in unserer unmittelbaren Nähe in Sichtweite, die hinreichend stark durch die Gravitationskraft an die Milchstraße gebunden sind.

Ungefähr 100 Milliarden Jahre in der Zukunft würde von der Milchstraße aus nur noch die lokale Gruppe der Galaxien sichtbar sein. Diese lokalen Galaxien werden aber schon lange vorher zu einem Supersternhaufen verschmolzen sein. Man wird von unserem Standpunkt aus dann weder andere Galaxien noch die kosmische Hintergrundstrahlung mehr wahrnehmen können, und alle beobachtbaren Hinweise auf die Expansion unseres Universums werden damit verschwunden sein. Für einen Beobachter in diesem Supersternhaufen sieht es dann so aus, als würde dieser das gesamte Universum darstellen. (Die kosmische Hintergrundstrahlung wird immer langwelliger. Bei einer Wellenlänge von 300 km ist sie nicht mehr in der Lage, in die Milchstraße einzudringen, sie wird von deren Staub reflektiert. Durch die Nukleosynthese in den Sternen werden die Spuren der primordialen Nukleosynthese immer mehr verwischt. Der Anteil des Heliums im Universum wird von 24% (primordial) über 28% (heute) bis auf 60% (in einer Billion Jahren) steigen)

In ungefähr einer Billion Jahre wird dann auch das ganze Gas aufgebraucht sein aus dem Sterne entstehen können. Ab diesem Zeitpunkt wird es im Universum keine neuen Sterne mehr geben. Ungefähr 100 Billionen (1014) Jahre in der Zukunft werden alle Sterne ausgebrannt sein. Es wird dann nur noch Weiße und Schwarze Zwerge, Neutronensterne und Schwarze Löcher geben. In etwa 1030 Jahren wird es im Universum nur noch große Schwarze Löcher und überall verstreute Sternüberreste geben. In 1036 Jahren werden nach Voraussagen der GUT-Theorie (Grand Unified Theory, s. Grenzbereiche der Physik) alle Protonen in Positronen und Strahlung zerfallen sein . Da in Folge dieses Prozesses auch die Neutronen zerfallen und sich zusammenstoßende Positronen und Elektronen gegenseitig vernichten, wird von den baryonischen Atomen danach womöglich nur elektromagnetische Strahlung und ein Neutrino-Nebel übrig bleiben. Noch weiter in der Zukunft, nach 1066 Jahren, werden sich durch die (postulierte) Hawking-Strahlung (s. Grenzbereiche der Physik) auch die Schwarzen Löcher nach und nach auflösen. Spätestens nach 10106 Jahren wird nur ein extrem verdünnter Nebel aus Neutrinos und Anti-Neutrinos und eine sich dem absoluten Nullpunkt annähernde Wärmestrahlung übrig bleiben. Das ist der Wärmetod des Universums.

Zyklen der Zeit (Roger Penrose): Dieses Modell beschreibt ein zyklisches Universum ohne Kontraktion; das Universum entwickelt sich zu reinem Strahlenuniversum ohne Materie, die Zeit ist nicht mehr definiert, das Universum wäre zeitlos. Aus diesem Zustand entsteht ein neuer Urknall, und damit die Rückkehr der Zeit.

Die Idee von Penrose ist die zyklische Geburt aus einer periodische Raum-Zeit-Singularität, das jeweilige Vorgängeruniversum ist aber räumlich unendlich und expandiert beschleunigt. Wie kann aus einem unendlich Großen etwas unendlich Kleines werden? Antwort: mit einem mathematischen Zaubertrick namens "konforme Reskalierung". Ende und Neuanfang werden „zusammengeklebt“. Das Modell fordert am Ende eine "zeitlose" Welt der Photonen, das heißt alle Materie muss ihre Masse verlieren und sich komplett in Strahlung umwandeln. Nach der Relativitätstheorie können sich nur masselose Teilchen lichtschnell bewegen, und für diese vergeht keine Zeit. In einer solchen

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zeitlosen Welt gibt es keine Abstandsskalen mehr für Raum und für Zeit. Ein solches konformes Universum, so argumentiert Penrose, ist im Zustand extremer Ausgedehntheit eigentlich das Gleiche wie eines, das auf fast einen Punkt konzentriert ist. Denn Maßstäbe, an denen sich der Unterschied festmachen ließe, gibt es ja keine. Deswegen spricht nach Penrose nichts dagegen, zwei solche Extremstadien des Kosmos miteinander zu identifizieren. Somit würde das Universum im Moment des Verschwindens des letzten Teilchen, für das „Zeit“ und „Länge“ noch eine Bedeutung hatten, einen neuen Urknall hervorbringen, dessen Strahlungsblitz dann kurz darauf zu neuen Teilchen führen würde und damit zu unserer gewohnten nicht-konformen Raumzeit.

Damit der reibungslose Übergang von einem Zyklus zum nächsten gelingt, müssen diverse zusätzliche Annahmen gemacht und sogar bewährte physikalische Prinzipien über Bord geworfen werden. Das Modell fordert am Ende eine "zeitlose" Welt der Photonen, das heißt alle Materie muss ihre Masse verlieren und sich in Strahlung umwandeln. Für Schwarze Löcher und Nukleonen halten Hawking-Strahlung und die "Grand Unified Theory" eine Lösung bereit (siehe oben). Elektronen und Positronen könnten sich komplett gegenseitig vernichten (wenn sie alle zusammen finden, und das Universum als Ganzes elektrisch neutral ist). Penrose verlangt aber auch die Zerstrahlung von Neutrinos und ggf. existierender dunkler Materie. Es müssen aber noch weitere Tabus gebrochen werden. Eines betrifft ausgerechnet den Zweiten Hauptsatz. Das alte Universum besitzt eine riesige Entropie in Form Schwarzer Löcher. Der neue Urknall verlangt aber einen extrem geringen Wert! Penrose vertritt die These, dass die Entropie eines Schwarzen Lochs (und damit die gesamte "gespeicherte" Information) mit deren Auflösung vernichtet wird. Nicht nur der Zweite Hauptsatz wird dabei geopfert. Die Hypothese des totalen Informationsverlusts verletzt auch eine Grundlage der Quantenmechanik (Unitarität).

Steven Weinberg (Schlussbetrachtung aus „Die ersten 3 Minuten“)Doch wie auch immer all diese Probleme gelöst werden mögen und welches kosmologische Modell sich auch immer als zutreffend erweisen mag - für uns wird es nicht besonders tröstlich sein. Der Vorstellung, dass wir ein besonderes Verhältnis zum Universum haben, dass unser Dasein nicht bloß eine Farce ist, die sich aus einer mit den ersten drei Minuten beginnenden Kette von Zufällen ergab, sondern dass wir irgendwie von Anfang an vorgesehen waren - dieser Vorstellung vermögen wir Menschen uns kaum zu entziehen. Ich befinde mich, während ich diese Worte niederschreibe, auf dem Heimflug von San Francisco nach Boston, 10000 Meter hoch über Wyoming. Die Erde unten wirkt sehr freundlich und anheimelnd: hier und da ein paar Wolken, die wie Flaumfedern aussehen, Schnee, den die untergehende Sonne in rötliches Licht taucht, Straßen, die das Land in gerader Linie durchschneiden und die kleinen Städte miteinander verbinden. Man begreift kaum, dass dies alles nur ein winziger Bruchteil eines überwiegend feindlichen Universums ist. Noch weniger begreift man, dass dieses gegenwärtige Universum sich aus einem Anfangszustand entwickelt hat, der sich jeder Beschreibung entzieht und seiner Auslöschung durch unendliche Kälte oder unerträgliche Hitze entgegengeht. Je begreiflicher uns das Universum wird, um so sinnloser erscheint es auch.Doch wenn die Früchte unserer Forschung uns keinen Trost spenden, finden wir zumindest eine gewisse Ermutigung in der Forschung selbst. Die Menschen sind nicht bereit, sich von Erzählungen über Götter und Riesen trösten zu lassen, und sie sind nicht bereit, ihren Gedanken dort, wo sie über die Dinge des täglichen Lebens hinausgehen, eine Grenze zu ziehen. Damit nicht zufrieden, bauensie Teleskope, Satelliten und Beschleuniger, verbringen sie endlose Stunden am Schreibtisch, um die Bedeutung der von ihnen gewonnenen Daten zu entschlüsseln. Das Bestreben, das Universum zu verstehen, hebt das menschliche Leben ein Wenig über eine Farce hinaus und verleiht ihmeinen Hauch von tragischer Würde.