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internistische praxis 2016 Band 57 / 1 1 Ischämischer Schlaganfall – intrazerebrale Blutung – Hirninfarkt – arterielle Hypertonie – Blutdruck internistische praxis 57, 1–11 (2016) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Hypertonie und Schlaganfall L. Schlemm 1, 2 , M. Ebinger 1, 2 1 Klinik für Neurologie, Charité Berlin 2 Centrum für Schlaganfallforschung Berlin (CSB), Charité Berlin Einleitung Epidemiologie des Schlaganfalls Schlaganfälle stellen die weltweit zweithäu- figste Todesursache und die häufigste Ursache für dauerhafte Behinderung in industrialisier- ten Staaten dar [1]. Es wird geschätzt, dass weltweit jährlich etwa 16,9 Millionen Menschen erstmalig einen Schlaganfall erleiden und 5,9 Millionen an den Folgen eines Schlaganfalls versterben [2]. Ebenfalls weltweit sind 3,1 % aller verlorenen behinderungsbereinigten Le- bensjahre auf Schlaganfälle zurückzuführen; bis zum Jahr 2030 wird eine Steigerung auf 4,3 % vorhergesagt [3]. In Deutschland sind jährlich ca. 250.000 Personen von einem Schlaganfall betroffen. Die 1-Jahres-Mortalität liegt bei über 33 % [4]. Weitere Bemühungen zur Reduktion von Inzidenz und Prävalenz des Schlaganfalls, optimales Management in der Akutphase sowie wirkungsvolle Sekundärprophylaxe und Reha- bilitation sind daher von hoher klinischer und gesundheitsökonomischer Relevanz. Schlaganfall und arterielle Hypertonie Einer der wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten von ischämischen Schlaganfällen und intrazerebralen Blutungen ist die arterielle Hy- pertonie [5]. Gemäß Definition der European Society of Hypertension und der European So- ciety of Cardiology liegt der optimale Blutdruck bei 120/80 mmHg, ab 140/90 mmHg beginnt die arterielle Hypertonie mit insgesamt drei Ab- stufungen (Grad 1–3, systolisches Inkrement 20 mmHg, diastolisches Inkrement 10 mmHg). In Europa liegt die Prävalenz der arteriellen Hypertonie zwischen 30 und 45 % [6]. In den USA betrug die Prävalenz in der erwachsenen Bevölkerung im Zeitraum 2009–2012 alters- adjustiert 33 %; Berechnungen der American Heart Association (AHA) schätzen bis zum Jahr 2030 einen Anstieg auf 41 % [5]. Der folgen- de Text gibt einen Überblick über die Zusam- menhänge zwischen arterieller Hypertonie und Schlaganfall und stellt die aktuellen Leitlinien CME c m e. m g o - f ac h v e rl a g e . d e

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internistische praxis 2016 Band 57 / 1 1

Ischämischer Schlaganfall – intrazerebrale Blutung – Hirninfarkt – arterielle Hypertonie – Blutdruck

internistische praxis 57, 1–11 (2016) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG

Hypertonie und Schlaganfall

L. Schlemm1, 2, M. Ebinger1, 2

1 Klinik für Neurologie, Charité Berlin2 Centrum für Schlaganfallforschung Berlin

(CSB), Charité Berlin

Einleitung

Epidemiologie des Schlaganfalls

Schlaganfälle stellen die weltweit zweithäu-figste Todesursache und die häufigste Ursache für dauerhafte Behinderung in industrialisier-ten Staaten dar [1]. Es wird geschätzt, dass weltweit jährlich etwa 16,9 Millionen Menschen erstmalig einen Schlaganfall erleiden und 5,9 Millionen an den Folgen eines Schlaganfalls versterben [2]. Ebenfalls weltweit sind 3,1 % aller verlorenen behinderungsbereinigten Le-bensjahre auf Schlaganfälle zurückzuführen; bis zum Jahr 2030 wird eine Steigerung auf 4,3 % vorhergesagt [3]. In Deutschland sind jährlich ca. 250.000 Personen von einem Schlaganfall betroffen. Die 1-Jahres-Mortalität liegt bei über 33 % [4]. Weitere Bemühungen zur Reduktion von Inzidenz und Prävalenz des Schlaganfalls, optimales Management in der Akutphase sowie wirkungsvolle Sekundärprophylaxe und Reha-bilitation sind daher von hoher klinischer und gesundheitsökonomischer Relevanz.

Schlaganfall und arterielle Hypertonie

Einer der wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten von ischämischen Schlaganfällen und intrazerebralen Blutungen ist die arterielle Hy-pertonie [5]. Gemäß Definition der European Society of Hypertension und der European So-ciety of Cardiology liegt der optimale Blutdruck bei l120/80 mmHg, ab 140/90 mmHg beginnt die arterielle Hypertonie mit insgesamt drei Ab-stufungen (Grad 1–3, systolisches Inkrement 20 mmHg, diastolisches Inkrement 10 mmHg). In Europa liegt die Prävalenz der arteriellen Hypertonie zwischen 30 und 45 % [6]. In den USA betrug die Prävalenz in der erwachsenen Bevölkerung im Zeitraum 2009–2012 alters-adjustiert 33 %; Berechnungen der American Heart Association (AHA) schätzen bis zum Jahr 2030 einen Anstieg auf 41 % [5]. Der folgen-de Text gibt einen Überblick über die Zusam-menhänge zwischen arterieller Hypertonie und Schlaganfall und stellt die aktuellen Leitlinien

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2016 Band 57 / 1 internistische praxis 2

Ätiologische KlassifizierungZur Festlegung der optimalen sekundärpro-phylaktischen Maßnahmen wird der ischämi-sche Schlaganfall anhand der nachgewiesenen (oder vermuteten) Ätiologie subklassifiziert. Man unterscheidet einen direkten Verschluss sehr kleiner, perforierender Gehirnarterien (mikroangiopathische Genese, lakunäres In-farktmuster) oder größerer Arterien von einem Gefäßverschluss aufgrund eines fortgespülten Thrombembolus; die Quelle für letzteren kann entweder im Herzen (kardioembolische Genese) oder an atherosklerotischen Plaques der großen hirnversorgenden Gefäße oder der Aorta (arte-rioarteriell-embolische Genese) zu finden sein. Weitere seltenere Ätiologien umfassen trauma-tisch und nicht traumatisch bedingte Dissekti-onen, Vaskulitiden, infektiöse und nicht-infek-tiöse (z. B. drogenassoziierte) Vaskulopathien, Thrombophilie und paradoxe venöse Embolien aufgrund anatomischer Besonderheiten (z. B. persistierendes Foramen ovale, intrapulmonale Shunts).

Bei der intrazerebralen Blutung differenziert man bezüglich der Ätiologie die traumatisch bedingte ICB mit klassischer Trauma-Anam-nese; die oftmals in loco typico (tief liegen-de graue Substanz) auftretende hypertensive ICB, welche oftmals auf einer Schädigung der zerebralen Gefäße durch unzureichend behan-delten arteriellen Hypertonus basiert; die ICB in Assoziation zur zerebralen Amyloid-Angio-pathie mit oftmals lobärer Blutungsverteilung; die spontane ICB bei hämorrhagischer Diathese bzw. systemischer Erkrankung und schließlich ICBs bei vaskulären Malformationen. Arterieller Hypertonus wird bei ca. 55 % aller ICBs als ur-sächlich angesehen [9].

Arterielle Hypertonie als Risikofaktor für Schlaganfall

Epidemiologische und klinische Studien

Der exponentielle Zusammenhang zwischen der Höhe des arteriellen Blutdrucks und dem Risi-ko, einen Schlaganfall zu erleiden, ist seit den

zum Blutdruckmanagement bei Schlaganfallpa-tienten in der Akutphase sowie zur langfristi-gen Sekundärprophylaxe dar.

Hintergrund Schlaganfall

Definition

Die klassische, rein klinische Definition des Schlaganfalls der Weltgesundheitsorganisation umfasst ein plötzlich (apoplektiform) auftre-tendes neurologisches Defizit, das über min-destens 24 Stunden persistiert und einer vasku-lären Genese zuzuordnen ist [7]. Ein aktueller Konsensus der AHA sowie der American Stroke Association (ASA) definiert Schlaganfall als das »Absterben von Hirn-, Rückenmark- oder Retinazellen aufgrund von vermindertem Blut-fluss (Ischämie)«, wobei der Nachweis dauer-hafter Gewebsschädigung klinisch oder mittels radiologischer oder pathologischer Verfahren erfolgen kann [8]. Bisher als transitorische ischämische Attacken gewertete neurologische Ausfallserscheinungen sind damit bei entspre-chendem, am ehesten bildgebendem Nachweis eines Hirninfarktes nach der neuen Definition als Schlaganfall zu bezeichnen.

Subtypen

Der häufigste zum Zelluntergang führende Pro-zess ist der vollständige oder partielle, dau-erhafte oder vorübergehende Verschluss des Lumens eines arteriellen Gefäßes, d. h. der ischämische Schlaganfall im engeren Sinne. Weniger häufig treten der Verschluss eines venösen Gefäßes mit konsekutiver Ischämie (venöse Infarzierung) und die Ruptur einer in-trazerebral oder subarachnoidal verlaufenden Arterie mit folgender intrazerebraler (ICB) bzw. Subarachnoidalblutung auf. Aus Platzgründen soll in diesem Artikel nur auf die am weitaus häufigsten vorkommenden Typen, den ischämi-schen Schlaganfall im engeren Sinne (80–90 %) sowie die ICB (10–20 % aller Schlaganfälle), eingegangen werden.

internistische praxis 2016 Band 57 / 1 3

1990er Jahren bekannt [10]. In großen epide-miologischen Studien ging eine Reduktion des medianen systolischen Blutdrucks um 16 mmHg zwischen 1959 und 2010 in unterschiedlichen Alterskohorten mit einer signifikanten Verrin-gerung der Schlaganfall-Mortalität einher. In klinischen Studien zeigte sich für eine Reduk-tion des systolischen Blutdrucks um 10 mmHg ein Rückgang des Schlaganfall-Risikos um 41 % [11]. Zusätzlich wurde in einer Meta-Analy-se gezeigt, dass schon prähypertensive Werte (zwischen 130/85 mmHg und 140/90 mmHg) mit dem Auftreten von Schlaganfällen assozi-iert sind [12]. Über längere Zeit bestehender unkontrollierter arterieller Hypertonus ist dabei insbesondere ein Risikofaktor für mikroangiopa-thisch bedingte lakunäre ischämische Schlag-anfälle [13].

Arterieller Hypertonus ist definitorisch ur-sächlicher Faktor der hypertensiven ICB und Hauptrisikofaktor für das Auftreten von ICBs bei zerebraler Amyloidangiopathie und Gerin-nungsabnormalitäten [14]. Das Quotenverhält-nis für das Auftreten einer ICB bei Hypertoni-kern im Vergleich zu normotensiven Personen beträgt im Durchschnitt zwischen 3,7 und 9,2, wobei der erste Wert aus 11 Fall-Kontroll-Studi-en abgeleitet wurde [13, 15]. Für Patienten mit Grad 3 Hypertonie betrug das relative Risiko für eine ICB in einer prospektiven südkoreanischen Studie 33,3, entsprechend einem Anstieg der Inzidenz pro 100.000 Personenjahre von 19 auf 642 (95 %-CI 22,7–49) [16]. Zudem fin-den sich bei 56–80 % aller Patienten mit ICB anamnestische oder apparative Hinweise auf das Vorliegen einer vorbestehenden arteriellen Hypertonie [17]. Es konnte gezeigt werden, dass ein Zielblutdruck von l130 mmHg systo-lisch nach lakunärem ischämischem Hirninfarkt das Risiko für das Auftreten einer ICB um 60 % reduziert [18].

Pathophysiologische Mechanismen

Die der Assoziation zwischen Bluthochdruck und Schlaganfall zugrunde liegenden pathophy-siologischen Prozesse werden seit den 1970er

Jahren intensiv erforscht. Unter den Begriffen hypertensive Vaskulopathie, Lipohyalinose und fibrinoide Nekrose werden dabei Hypertonie-in-duzierte Remodellierungsprozesse in der Gefäß-wand zusammengefasst, die sowohl strukturelle Veränderungen als auch funktionelle Beein-trächtigungen der zerebralen Autoregulation sowie der Endothelfunktion bedingen. Die da-mit einhergehende erhöhte vaskuläre Fragilität begünstigt das Auftreten von Gefäßrupturen und ICBs. Die Endothelschädigung bedingt eine erhöhte Thrombogenität und die fibrinoide Ne-krose induziert direkte stenookklusive Prozesse mit konsekutiven lakunären ischämischen In-farkten [19, 20]. Des Weiteren werden über das scherspannungsbedingt vermehrte Auftreten von atherosklerotischen Wandveränderungen der großen hirnversorgenden Gefäße makroan-giopathische Schlaganfälle (in-situ Thrombose und arterioarteriell-embolische Genese) mittel-bar begünstigt.

Blutdruckmanagement in der Akutphase des Schlaganfalles

In diesem und dem folgenden Abschnitt wird unter anderem auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie Bezug genommen. Diese sind vollumfänglich im Internet unter http://www.dgn.org/leitlinien einsehbar.

Ischämischer Schlaganfall

Für die Akuttherapie des ischämischen Schlag-anfalls existiert eine S1-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Neurologie von 2012, die sich momentan in der Überprüfung befindet [21]. Die ausgesprochenen Empfehlungen bezüglich des Blutdruckmanagements decken sich je-doch weitestgehend mit denjenigen der AHA/ASA-Leitlinie von 2013 [22]. Eine deutsche S2-Leitlinie ist momentan in Arbeit.

Bei den Blutdruckempfehlungen muss unter-schieden werden, ob eine spezifische Akutthe-rapie (i.v. Thrombolyse, mechanische Rekanali-sation) durchgeführt wurde oder nicht.

2016 Band 57 / 1 internistische praxis 4

initial erhöhte Blutdruckwerte in den ersten Tagen bis Wochen spontan zurück, sodass eine regelmäßige Überprüfung der optimalen Dosie-rung notwendig ist. Für die Subgruppe der Pati-enten mit höhergradigen Stenosen der hirnver-sorgenden Gefäße existieren keine gesonderten Empfehlungen für das Blutdruckmanagement in der Akutphase, hier ist die Entscheidung indivi-duell zu treffen. Bei Patienten dieser Populati-on, die in der Akutsituation blutdruckabhängige Symptome entwickeln, kann eine intra-arteri-elle Monitorüberwachung und ggf. Vasopresso-rentherapie mit Anhebung des Blutdrucks auf suprakritische Werte bis zur Ausbildung von ausreichenden Kollateralen oder Beseitigung der Stenose (Thrombendarterektomie oder Sen-deranlage) erwogen werden.

i.v. Thrombolyse und interventionelle Therapie

Im Falle einer erfolgten i.v. Lysetherapie sind die Blutdruckgrenzen in der Akutphase auf-grund der erhöhten Gefahr einer symptomati-schen ICB und Mortalität strenger. Bei Werten über 185 mmHg systolisch oder 110 mmHg diastolisch soll vor einer i.v. Lysetherapie der Blutdruck gesenkt werden. Studien haben ge-zeigt, dass systolische Blutdrucke zwischen

Ohne spezifische Therapie

Zahlreiche Patienten haben in der Akutphase des ischämischen Schlaganfalls einen erhöhten Blutdruck, der entweder vorbestehend, auf die akute Stressreaktion mit Sympathikus-Aktivie-rung zurückzuführen, oder als zerebraler Kom-pensationsmechanismus zu verstehen ist. Bei Patienten, die keine i.v. Lysetherapie erhalten, konnte bislang kein Nutzen einer Blutdruck-senkung in der Akutphase belegt werden (u. a. SCAST-Studie für Angiotensin-Rezeptor-Blocker [23]). Es wird für diese Patienten in den Leit-linien aufgrund klinischer Erfahrung ein Ziel-blutdruck von 180/100–105 mmHg empfohlen, Werte über 220/120 mmHg sollten langsam auf diesen Zielwert gesenkt werden. Deutlich niedrigere Werte werden nicht empfohlen, um die Perfusion der Penumbra bei möglicherweise ischämiebedingt aufgehobener zerebrovaskulä-rer Autoregulation nicht zu kompromittieren. Als Medikamente werden in der Akutphase Clo-nidin i. v. oder s. c. und Urapidil i. v. bevorzugt. Neuere Studien liefern zudem Hinweise darauf, dass die Blutdruckvariabilität in der Akutphase ein unabhängiger Risikofaktor für ein ungünsti-ges klinisches Outcome sein könnte [24]. Nach ca. 1–3 Tagen sollte begonnen werden, eine Normalisierung des Blutdrucks mittels oraler Medikation anzustreben. Oftmals bilden sich

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i.v. oder Nitroprussidnatrium i.v. genannt. Bei intravenöser Applikation sollte eine kontinu-ierliche Blutdrucküberwachung gewährleistet sein [29].In beiden genannten Leitlinien sind die Ergeb-nisse der neueren prospektiven randomisierten Studien INTERACT-2 und ATACH-2 noch nicht berücksichtigt. Die INTERACT-2-Studie war eine internationale randomisierte kontrollierte Stu-die, deren Ergebnisse 2013 publiziert wurden und die ein besseres klinisch-funktionelles Out-come für Patienten mit akuter (l6 h) spontaner ICB zeigte, für deren systolischen Blutdruck in-nerhalb von einer Stunde nach Randomisierung ein Zielwert von l140 mmHg im Vergleich zu l180 mmHg für sieben Tage vorgegeben wur-de [30]. Vermittelnder Faktor war hierbei am ehesten eine reduzierte Größenzunahme des in-trazerebralen Hämatoms. Die kürzlich veröffent-lichten Ergebnisse der ATACH-2-Studie, welche als Intervention eine aggressivere Blutdruckre-duktion auf bis zu 120 mmHg systolisch vorsa-hen, zeigten hingegen keinen Vorteil bezüglich Überleben und Behinderung [31]. Bereits in den Vorgängerstudien INTERACT und ATACH konnte die Durchführbarkeit und Sicherheit einer mäßi-gen Blutdruckreduktion gezeigt werden [26, 27]. Die US-amerikanischen AHA/ASA-Leitlinien emp-fehlen daher aktuell bei Patienten mit akuter ICB und einem systolischen Blutdruck zwischen 150 und 220 mmHg und fehlenden Kontraindikatio-nen eine Blutdrucksenkung mit einem Zielwert von l140 mmHg, wobei jedoch die Notwendig-keit weiterer klinischer Studien betont wird. Eine Empfehlung für oder gegen einen bestimmten Wirkstoff wird nicht gegeben [32].

Langfristige Bluthochdruckbehandlung nach Schlaganfall

Ischämischer Schlaganfall

Die deutsche Gesellschaft für Neurologie emp-fiehlt in ihrer S3-Leitlinie von 2015 grundsätz-lich, Patienten nach ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) mit arterieller Hypertonie langfristig antihyper-tensiv zu behandeln [33]. Die Datengrundlage

140 und 150 mmHg nach erfolgter Throm-bolyse mit der geringsten Komplikationsrate vergesellschaftet waren. Eine bestehende an-tihypertensive Therapie sollte bei diesem Pa-tientenkollektiv zudem nicht pausiert werden [25]. Für das optimale Blutdruckmanagement unmittelbar nach mechanischer Thrombekto-mie liegen keine konsentierten spezifischen Empfehlungen vor.

Intrazerebrale Blutung

Die aktuelle S2e-Leitlinie der deutschen Ge-sellschaft für Neurologie für intrazerebrale Blutungen von 2012 wird momentan überar-beitet (gültig bis Dezember 2015). Unter Be-rücksichtigung der zu dem Zeitpunkt der Erstel-lung vorhandenen Datenlage (insbesondere die ATACH-Studie [26] sowie die INTERACT-Studie [27]) wurde eine Senkung des systolischen Blutdrucks bei Patienten mit frischer ICB auf unter 140 mmHg systolisch als wahrscheinlich sicher angesehen. Zudem wurde davon ausge-gangen, dass eine Blutdrucksenkung zu einer Reduktion der Größenzunahme des intrazere-bralen Hämatoms führen kann. Der Einsatz von Antihypertensiva wurde aufgrund des fehlen-den Nachweises klinischer Nützlichkeit in pros-pektiven Studien jedoch nicht empfohlen [28]. In der S1-Leitlinie von 2008 wurde die Emp-fehlung ausgesprochen, bei ICB-Patienten mit arterieller Hypertonie den Druck ab einer Blut-druckobergrenze von 180/105 mmHg auf unter 170/100 mmHg (entsprechend einem mittleren arteriellen Druck von 125 mmHg) und bei Pati-enten ohne bekannte arterielle Hypertonie ab einer Blutdruckobergrenze von 160/95 mmHg auf unter 150/90 mmHg (MAP 110 mmHg) zu senken. Es gelten darüber hinaus die zusätz-lichen Einschränkungen, dass eine Senkung um mehr als 20 % vermieden werden und der zerebrale Perfusionsdruck (sofern eine invasi-ve Hirndruckmessung vorliegt) mindestens 70 mmHg betragen sollte. Als Wirkstoffe wurden gut steuerbare und nicht zu schnell anfluten-de Medikamentenklassen, insbesondere orales Captopril, Labetalol i.v. (in großen Teilen Eu-ropas nicht verfügbar), Enalapril i.v., Urapidil

2016 Band 57 / 1 internistische praxis 6

in der SPRINT-Studie keine Patienten mit einem Schlaganfall in der Anamnese eingeschlossen und ernsthafte Nebenwirkungen traten in der Gruppe mit der intensiveren Behandlung signi-fikant häufiger auf [38]. Ob diese Resultate Ein-gang in die Leitlinien zur Sekundärprophylaxe nach ischämischem Schlaganfall finden werden, bleibt momentan abzuwarten.

Eine wichtige Subgruppe, die gesondertes Au-genmerk erfordert, beinhaltet Patienten mit hochgradigen Gefäßstenosen. Während in der Vergangenheit die Meinung vertreten wurde, dass diese Patienten von einem erhöhten ar-teriellen Blutdruck profitieren würden, um die zerebrale Perfusion aufrechtzuerhalten, lautet die aktuelle Empfehlung der DGN, Bluthochdruck auch bei diesem Patientenkollektiv zu behan-deln, wobei kein Zielwert angegeben wird [33]. Die Empfehlung beruht insbesondere auf einer sekundären Analyse der Daten der WASID-Studie von 2007 [39], die zeigte, dass bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke innerhalb der letzten 90 Tage und Nachweis einer M50 %igen intrakra-niellen Stenose hohe Blutdrucke (L160 mmHg systolisch) im Vergleich zu niedrigen Blutdruck-werten (l120 mmHg systolisch) prognostisch ungünstig für das Schlaganfallrisiko waren; dies galt sowohl für das allgemeine Schlaganfallre-zidivrisiko als auch für das Schlaganfallrisiko in dem der Stenose nachgeschalteten Strombahn-gebiet. Ein im Wesentlichen identisches Ergeb-nis (positive Korrelation zwischen arteriellem Blutdruck und Schlaganfallrezidivrisiko) fand sich auch bei den Patienten der Karotis-Endar-terektomie-Studien ECST [40] und NASCET [41], mit der wichtigen Ausnahme, dass bei Patienten mit beidseitiger mehr als 70 %iger Karotissteno-se ein niedriger Blutdruck mit einem höheren (!) Schlaganfallrezidivrisiko vergesellschaftet war [42]. Hier ist das optimale Blutdruckmanage-ment im individuellen Fall festzulegen.

Intrazerebrale Blutung

Die Datenlage bezüglich des langfristig optima-len Zielblutdrucks bei Patienten, die eine intra-

hierfür bildet insbesondere eine Metaanalyse aus dem Jahr 2010, die zehn randomisierte kon-trollierte Studien einschloss und ein signifikant reduziertes Risiko für einen Rezidivschlaganfall und kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit einer behandelten arteriellen Hypertonie zeig-te (Quotenverhältnis 0,71, 95 %-CI 0,59–0,86) [34]. Aufgrund fehlender substanzspezifischer Studien ist eine Empfehlung für eine bestimmte Substanzklasse in der Leitlinie nicht enthalten. Im Jahr 2011 wurde eine Studie veröffentlicht, die den Nutzen einer antihypertensiven Medika-tion zur Sekundärprophylaxe von kardiovaskulä-ren Erkrankungen bei Patienten ohne arterielle Hypertonie untersuchte [35]. Während für alle Endpunkte einschließlich des Schlaganfalls eine signifikante Risikoreduktion gezeigt werden konnte, ging dieses Ergebnis aufgrund einiger methodischer Mängel sowie des Umstandes, dass nicht alle eingeschlossenen Patienten im Vorfeld einen Schlaganfall erlitten hatten, nicht als Empfehlung in die Leitlinie ein.

Prospektive Studien, die den optimalen Ziel-bereich der antihypertensiven Therapie in der Sekundärprophylaxe des ischämischen Schlag-anfalls untersuchen, liegen bislang nicht vor. Aufgrund klinischer Erfahrung und der Er-gebnisse einer Post-hoc-Beobachtungsstudie mit J-förmiger Verteilung des optimalen Ziel-blutdrucks [36] wird ein Zielkorridor zwischen 120/70 mmHg und 140/90 mmHg empfohlen, niedrigere Werte werden bislang nicht emp-fohlen. Bei der Blutdruckeinstellung sollten patientenspezifische Komorbiditäten und das Auftreten von unerwünschten Wirkungen im individuellen Fall berücksichtigt werden. Die-se Empfehlung gilt auch für die Subgruppe der Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und deckt sich mit den Empfehlungen der AHA/ASA-Leitlinien von 2014 [37]. Die Ergebnisse der SPRINT-Studie von 2015 legten nahe, dass eine aggressivere Blutdrucktherapie mit einem Zielwert von l120/80 mmHg im Vergleich zu l140/90 mmHg mit einer signifikanten Reduk-tion von Gesamtmortalität, kardiovaskulärer Mortalität, Herzversagen und Niereninsuffizi-enz, jedoch nicht mit einer Verringerung des Schlaganfallrisikos einhergeht. Zudem wurden

internistische praxis 2016 Band 57 / 1 7

A. Akutphase1

Therapiemodalität Ischämischer Schlaganfall Intrazerebrale Blutung

i.v. Thrombolyse

Vor Thrombolyse:l185/110 mmHgKlasse I, Evidenzgrad B

Während der ersten 24 h:l180/105 mmHg Klasse I, kein Evidenzgrad angegeben

Mechanische ThrombektomieKeine Leitlinienempfehlungen verfügbar.

Keine spezifische TherapieReduktion um 15–20 %, wenn L220/120 mmHgKlasse I, Evidenzgrad C

syst. l140 mmHgKlasse IIa , Evidenzgrad B

B. Sekundärprophylaxe2

Ischämischer Schlaganfall Intrazerebrale Blutung

l140/90 mmHgKlasse I, Evidenzgrad B; 3

l130/80 mmHg Klasse IIa , Evidenzgrad B

Einteilung der Empfehlungsgrade im ACC/AHA/ESC-Format:

Klasse I: wird empfohlen, nach Evidenz und Expertenmeinung Nutzen und Wirksamkeit gegeben

Klasse IIa: Evidenz und Expertenmeinung zwar widersprüchlich, aber die Sachlage spricht eher für Nutzen und Wirksamkeit

Level A: Daten aus mehreren randomisierten klinischen Studien

Level B: Daten aus einer einzigen randomisierten oder mehreren nicht-randomisierten klinischen StudienLevel C: Expertenmeinung, Fallstudien, retrospektive Studien

Abkürzungen: AHA: American Heart Association, ASA: American Stroke Association, ACC: American College of Cardiology, ESC: European Stroke Council1 bis etwa 1–3 Tage nach Schlaganfall2 in direktem Anschluss an die Akutphase3 individuelle Abwägung bei Patienten mit beidseitiger Karotisstenose L70 %, Empfehlung der

Autoren.

Tab. 1 | Empfohlenes Blutdruckmanagement bei Schlaganfallpatienten gemäß AHA/ASA-Leitlinien [22, 32, 37]

2016 Band 57 / 1 internistische praxis 8

Fazit für die Praxis

Die arterielle Hypertonie ist einer der wichtigs-ten Risikofaktoren für das erstmalige und wie-derholte Auftreten von ischämischen Schlagan-fällen und intrazerebralen Blutungen. Sie ist in der Bevölkerung weit verbreitet und einfach zu diagnostizieren. Zudem steht neben möglichen Änderungen der Lebensgewohnheiten eine brei-te Palette an medikamentösen Wirkstoffen für eine effektive Behandlung zur Verfügung. Eine Übersicht über Empfehlungen zum Blutdruck-management bei Schlaganfallpatienten liefert

Tabelle 1. Der Wirkstoff ist hierbei anhand patientenspezifischer Komorbiditäten und Be-gleitumstände individuell auszuwählen.

Zusammenfassung

Schlaganfälle gehören zu den häufigsten Ur-sachen für Tod und dauerhafte Behinderung in industrialisierten Staaten und sind mit hohen gesundheitsökonomischen Kosten verbunden. Eine Vielzahl von klinischen und epidemio-logischen Studien hat gezeigt, dass erhöhter Blutdruck einen der Hauptrisikofaktoren für das Auftreten von ischämischen Schlaganfällen und intrazerebralen Blutungen darstellt. Als Ursa-chen dieser Assoziation werden Umbauprozesse der kleinen zerebralen Gefäße sowie vermehrte scherspannungsinduzierte atherosklerotische Wandveränderungen der hirnversorgenden Gefä-ße angesehen. In der Akutphase des Schlagan-falls wird bei intrazerebraler Blutung sowie bei ischämischem Schlaganfall mit erfolgter oder geplanter i.v. Lysetherapie eine Blutdrucksen-kung empfohlen, wohingegen bei ischämischem Schlaganfall ohne spezifische Therapie ein hö-herer Blutdruck im Sinne einer permissiven Hypertonie eher toleriert wird. Zur Vermeidung eines Schlaganfallrezidivs empfehlen die Leit-linien unabhängig von Subtyp und Ätiologie die Behandlung einer arteriellen Hypertonie. Ausnahmen bestehen für Patienten mit bilate-ralen hochgradigen Karotisstenosen. In diesem Aufsatz werden die Zusammenhänge zwischen arterieller Hypertonie und dem Auftreten von Schlaganfällen dargestellt. Anschließend wer-

zerebrale Blutung überlebt haben, ist spärlich; randomisierte prospektive Studien existieren nicht. Da arterieller Hypertonus als Hauptrisi-kofaktor für lobäre und nicht-lobäre ICBs an-gesehen wird, ist eine medikamentöse Blut-drucknormalisierung nach ICB aktuell dennoch klinischer Standard. Sekundäranalysen der PRO-GRESS-Studie (11 % der über 6.000 Teilnehmer hatten initial eine intrazerebrale Blutung) legen nahe, dass eine Blutdrucksenkung das Risiko für eine erneute ICB um fast zwei Drittel senken kann, wobei das Ergebnis aufgrund der geringen Fallzahl keine statistische Signifikanz erreichte [43]. Dieser Effekt war besonders ausgeprägt in der Untergruppe der Patienten mit Amyloid-angiopathie [44]. In einem Cochrane-Review aus dem Jahr 2009 konnte dagegen kein Nutzen einer Blutdrucksenkung auf Werte unter 140/90 mmHg nachgewiesen werden, wobei die unter-suchte Kohorte hier sehr heterogen war [45]. Eine neuere monozentrische Beobachtungsstu-die aus dem Jahr 2015 kam zu dem Schluss, dass ein gemäß AHA/ASA-Leitlinien »unzureichend« behandelter Bluthochdruck bei Patienten nach ICB mit einem höheren Risiko für eine Rezidiv-blutung vergesellschaftet war; dies galt sowohl für lobäre als auch nicht-lobäre Blutungen. Die Autoren zogen den Schluss, dass randomisierte klinische Studien nötig seien, um den Nutzen und die Risiken einer strengen Blutdruckeinstel-lung nach ICB genauer zu untersuchen [46]. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie empfahl in ihrer S2-Leitlinie von 2012 hingegen, basierend auf den genannten Studien und insbesondere aufgrund der eindeutig nachgewiesenen Wirk-samkeit in der Primärprophylaxe ebenso wie bereits in der älteren S1-Leitlinie, eine »strik-te Blutdrucksenkung« nach ICB und sah die Durchführung weiterer randomisierter Studien als ethisch nicht vertretbar an [28, 29]. Die entsprechenden AHA/ASA-Leitlinien empfehlen ebenfalls eine unmittelbar beginnende und dau-erhafte Behandlung der arteriellen Hypertonie. Als mittel- und langfristiger Zielwert wird ein Wert von unter 130/80 mmHg als wahrschein-lich optimal angesehen [32].

internistische praxis 2016 Band 57 / 1 9

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den die aktuellen leitlinienbasierten Empfeh-lungen zur Blutdrucktherapie in der Akutphase des Schlaganfalls und zum Blutdruckmanage-ment nach Schlaganfall zur Vermeidung eines Rezidivs zusammengefasst.

Schlemm L, Ebinger M:Hypertension and stroke

Summary: Strokes are among the most common causes of death and permanent disability in industrialized countries. The prevalence of stroke is increasing and associated with a high socio-economic and financial burden. A large number of clinical and epidemiological studies have shown that elevated blood pressure is one of the main risk factors for ischemic and hemorrhagic stroke. This association is believed to be caused by hypertension-induced vascular remodeling and functional adaptations of small cerebral perforating arteries as well as increased shear stress-induced atherosclerosis of large arteries in the neck. Immediately before and during the first days after i.v. thrombolysis in ischemic stroke, as well as during the acute phase of intracerebral hemorrhage, it is recommended to carefully lower elevated blood pressure. On the other hand, in the first days after ischemic stroke without specific therapy, a higher blood pressure up to 220/120 mmHg is tolerated. To prevent stroke recurrence, current guidelines recommend treatment of arterial hypertension, if present, independent of stroke subtype and etiology. A notable exception exists for patients with bilateral carotid artery stenosis. In this article we present an overview of the relationship between arterial hypertension and ischemic and hemorrhagic stroke. We then summarize current guideline-based recommendations for blood pressure management after stroke during the acute phase and for the prevention of stroke recurrences in the long term.

Keywords: stroke – brain infarction – cerebral hemorrhage – hypertension – blood pressure

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Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass bei der Erstellung des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen des Inter-national Committee of Medical Journal Editors bestanden.

Dr. Ludwig SchlemmKlinik für Neurologie

Centrum für Schlaganfallforschung BerlinCharité - Universitätsmedizin

Charitéplatz 110117 Berlin

[email protected]

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