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Hochwasserschutz: Beispiele zu Vorsorge, Bau und Betrieb 1

Hochwasserschutz

Beispiele zu Vorsorge, Bau und Betrieb

Dietmar Jansen

Abstract Different kinds of instruments and projects focusing on flood risk management are presented. Both the European Water Framework Directive (Directive 2000/60/EC of the European Parliament and the Council) and the European Flood Risk Management Di-rective (Directive 2007/60/EC of the European Parliament and the Council) determine the boundary conditions for technical and ecological sustainable projects facing the mitigation and prevention of flood risks. The additional influence of climate change on this framework is addressed. The presented examples cover the fields of technical flood protection, natural water retention, precautionary behavior as well as hazard prevention and civil protection.

Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag zeigt Beispiele zu Hochwasserschutzmaßnahmen aus der Sicht des planenden Wasserbauingenieurs für die Bereiche Vorsorge, Bau und Betrieb. Für die Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen ist insbesondere die Kopplung von Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) (Europäische Union, 2007) und der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) (Europäische Union, 2000) relevant, da hieraus die für den Vollzug maßgebenden Rahmenbedingungen folgen. Gemäß Terminologie des Hochwasserrisikomanagements werden Beispiele aus den Handlungsfeldern Tech-nischer Hochwasserschutzes, Natürlicher Wasserrückhalt, Verhaltensvorsorge und Lo-kale Gefahrenabwehr erläutert.

1 Einleitung In der HWRM-RL heißt es einleitend zum Inhalt der WRRL, „Die Verringerung des Hochwasserrisikos ist jedoch kein Hauptziel der genannten Richtlinie; zukünftige Ver-änderungen hinsichtlich des Überschwemmungsrisikos als Folge von Klimaänderungen bleiben ebenfalls unberücksichtigt“. Aus dieser einleitenden Feststellung können aber unmittelbar die zukünftigen Rahmenbedingungen für Maßnahmen an unseren Gewäs-sern abgeleitet werden. Denn gerade die Verknüpfung der Vorgaben für die ökologisch orientierte Gewässerentwicklung und den Hochwasserschutz unter Berücksichtigung des Klimawandels werden für zukünftige Projekte maßgebend sein.

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Schwerpunkt der Bezugnahme beider Richtlinien bilden die Hochwasserrisikomanage-mentpläne. Die EG-HWRM-RL stellt fest, dass die Erstellung von Bewirtschaftungs-plänen nach der EG-WRRL und von Hochwasserrisikomanagementplänen nach der EG-HWRM-RL Elemente der integrierten Bewirtschaftung der Einzugsgebiete sind. Ent-sprechende Synergie-Effekte sind zu nutzen. Per Vorgabe erfassen die Hochwasserrisi-komanagementpläne alle Aspekte mit dem Schwerpunkt Vermeidung, Schutz und Vor-sorge und können nachhaltige Flächennutzungsmethoden, Verbesserung des Wasser-rückhalts und kontrollierte Überflutungen enthalten.

Aber bereits heute ist es Praxis, die Belange des Hochwasserschutzes in Projekten im Kontext der Wasserrahmenrichtlinie unmittelbar einzubeziehen. Bereits in der Varian-tenuntersuchung werden mögliche Lösungen, die eine Verschlechterung des Hochwas-serschutzes zur Folge hätten, nicht weiter betrachtet, unabhängig davon, dass der Hochwasserschutz keine Zielkomponente der WRRL darstellt. In den entsprechenden Nachweisen der Hochwassersicherheit werden Bemessungsabflüsse zugrunde gelegt, die aber nicht immer Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen. In Zukunft wird eben dies der Normalfall sein müssen. Abzuwarten dagegen bleibt, ob sich durch die Berücksichtigung des Klimawandels auch die Referenzbedingungen für Maßnah-men im Kontext der Wasserrahmenrichtlinie verändern. Veränderung der Habitatbedin-gungen und Biozönosen durch den Klimawandel werden bereits beobachtet. So benennt der australische Wissenschaftler Tim Flannery die Goldkröte als die erste Spezies, die vom Klimawandel ausgerottet wurde (Flannery, 2006).

Der Klimawandel wird im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie als Auswir-kung menschlicher Tätigkeit eingestuft. Deshalb sind nach Art. 5 die Auswirkungen des Klimawandels auch im Rahmen der EG-WRRL zu überprüfen, ohne das hierfür eine gesonderte Festlegung im Text der Richtlinie notwendig wurde.

2 Kontext Der IPCC-Bericht von 2007 zum Klimawandel zeigt die Prognose für die mittlere Er-derwärmung für verschiedene Klimamodelle (IPCC, 2007). Vor dem Hintergrund der Berücksichtigung des Klimawandels in unseren Maßnahmenprogrammen und in den Hochwasserrisikomanagementplänen wird aber schon deutlich, mit welcher Unschärfe wir es in den Prognosewerten zu tun haben werden. Und das für einen Parameter, der noch vergleichsweise sehr gut prognostizierbar ist. Für unsere konkreten Aufgaben ist aber nicht die mittlere Erderwärmung relevant, sondern Aussagen darüber, wie sich Hochwasserabflüsse auf Teileinzugsgebietsebene und die Referenzbedingungen für die Entwicklung unserer Gewässer verändern.

Die LAWA empfiehlt bereits 2003 die regionale Betrachtung der Klimaveränderung und die Berücksichtigung der Maßnahmen zur Verbesserung des natürlichen Wasser-rückhalts in den Bewirtschaftungsplänen nach EG-WRRL (LAWA, 2003).

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Auf diese Situation weist auch z. B. der Bericht „Climate Change and the European Water Dimension“ (European Commission – Joint Research Centre, 2005) hin. Dort heißt es zum Einfluss des Klimawandels auf Hochwasserereignisse, dass Spitzenwert und Häufigkeit von Hochwasser in den meisten Regionen Europas zunehmen werden. Der Bericht fordert die Analyse des Klimawandels auf Einzugsgebietsebene, um die Prognose von Hochwasserabflüssen zu verbessern. Der Bericht stellt zum Einfluss des Klimawandels auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie fest, dass die Maßnah-men und damit die Maßnahmenprogramme vom Klimawandel betroffen sein und sich die Referenzbedingungen für unsere Gewässer wahrscheinlich verändern werden. Wenn sich die Referenzbedingungen im Zeitraum der Gültigkeit der Maßnahmenprogramme ändern, müssen diese ggf. angepasst werden. In ihrem Grünbuch 2007 fordert die EU-Kommission eine Berücksichtigung des Klimawandels bereits in der Umsetzungsphase 2009 (Europäische Union (2007a)).

3 Beispiel 1: Entwicklung der Werse unter besonderer Berück-sichtigung des Hochwasserschutzes und der ökologischen Entwicklung

In der Planung wasserbaulicher Maßnahmen nach EG-WRRL wird grundsätzlich der Hochwasserschutz als Planungsziel berücksichtigt. Eine Verschlechterung der Hoch-wassersicherheit ist zu vermeiden. Das nachfolgend beschriebene Projekt ist ein Bei-spiel, in dem ausgehend von einer Hochwasserschutzaufgabe eine umfassende Umset-zung der EG-WRRL für einen großen Gewässerabschnitt realisiert wird. Laut Termino-logie des Hochwasserrisikomanagements beinhaltet dieses Projekt Maßnahmen des Technischen Hochwasserschutzes, des natürlichen Wasserrückhalts und der Gewässer-entwicklung. Gegenstand des Projekts ist die Werse zwischen Beckum und Ahlen in Westfalen (vgl. Abb. 1). Der betrachtete Werseabschnitt beträgt im Ist-Zustand circa 6,2 km. Im Mai 2001 kam es zu einem außergewöhnlichen Hochwasser mit großen Schäden für die Stadt Ahlen. Der am Pegel Ahlen gemessene Abfluss betrug 87 m³/s. Die im Rahmen der Planung berechneten Extremwertabflüsse für den Pegel betragen HQ100 = 32,5 m³/s, HQ500 = 50,1 m³/s und HQ5000 = 70,2 m³/s.

Die Werse zwischen Ahlen und Beckum war ein nach den Anforderungen der Land-wirtschaft gestaltetes Gewässer, das als Vorfluter für die ausgedehnten Drainagesyste-me der Werseaue und angrenzender Flächen der Stadt Beckum diente. In der Vergan-genheit wies die Werse im Planungsraum im Vergleich zum Leitbild erhebliche struktu-relle Defizite auf. Unter anderem war die Durchgängigkeit der Werse durch mehrere Betonkaskaden und kleine Sohlabstürze nicht gewährleistet.

Das Projekt ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass man eine leitbildorientierte Gewäs-serentwicklung im Einklang mit den Belangen des Hochwasserschutzes realisieren kann. Es ist offensichtlich, dass uns die Integration der Hochwasserrisikomanagement-

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pläne in die Maßnahmenprogramme in der Umsetzung von Projekten nicht vor neue Aufgaben stellt. Betrachtet man aber die Planungsvorgaben, so könnte insbesondere die Berücksichtigung des Klimawandels zukünftig die Annahmen zu Bemessungsabflüssen oder die Kriterien für eine Leitbild konforme Gewässerentwicklung eine neue Bewer-tung der Maßnahmen veranlassen.

Werse

Abb. 1: Planungsraum Projekt Werse

3.1 Veranlassung Als Reaktion auf ein extremes Hochwasserereignis im Mai 2001 wurden für die Werse zwischen Beckum und Ahlen Hochwasserschutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der Gewässerentwicklung erarbeitet. Ziel war die Entwicklung von Möglichkeiten des ökologischen Hochwasserschutzes, um zukünftig den Schutz Ahlens und seiner Unter-lieger vor Hochwasserschäden durch die Schaffung von Retentionsraum oberhalb Ah-lens für den Bemessungsfall HQ100 sicher zu stellen.

Nach dem Hochwasserereignis in 2001 wurden Sofortmaßnahmen innerhalb der Stadt-lage Ahlen realisiert. Dies führte zu einer deutlichen Verbesserung der lokalen Hoch-wasserschutzsituation in Ahlen, aber auch zu einer Reduzierung des überflutbaren Raumes in einer Größenordnung von 300 000-400 000 m³. Vor dem Hintergrund des beizubehaltenden bzw. zu verbessernden Hochwasserschutzes für die Unterlieger war es notwendig, die infolge der Sofortmaßnahmen eingetretene Reduzierung des Retentions-raumes durch entsprechende Maßnahmen zu kompensieren.

3.2 Planungsziele und Maßnahmen Das Beispiel kombiniert die Aktivierung einer funktionsfähigen Aue, die Leitbild orien-tierte Gestaltung des Gewässers, die Wiederherstellung der Durchgängigkeit und den Neubau eines Hochwasserrückhaltebeckens (vgl. Abb. 2).

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Abschnitt 1Abschnitt 2

Abschnitt 3

Abschnitt 4

HRB

Abb. 2: Übersicht Planungszustand

Als übergeordnete Planungsziele werden vereinbart:

Verbesserung des Hochwasserschutzes für Ahlen und Unterlieger durch Reduzierung des Hochwasserabflusses auf 15 m³/s (60 % von HQ100) oberhalb Ahlens

Schaffung von Rückhaltevolumen

Leitbild orientierte Gestaltung der Querprofile

Reaktivierung bzw. Entwicklung einer Aue

Schaffung neuer Habitate und Intensivierung des Biotopverbunds

Verbesserung der Durchgängigkeit des Gewässers

Das Projekt umfasst folgende Maßnahmen:

Neutrassierung der Werse bei gleichzeitiger Laufverlängerung um 2 650,00 m (von 6,2 auf 8,86 km)

Ersatz der kaskadenförmigen Abstürze durch zwei ökologisch durchgängige Sohlen-gleiten (Neigung 1:25 bzw. 1:100)

Initiierung einer neuen naturnahen Flussaue durch Herstellung einer Sekundäraue mit einer mittleren Breite von 50 m

Herstellung eines Hochwasserrückhaltebeckens als Trockenbecken im Hauptschluss mit einem gewöhnlichen Hochwasserrückhalteraum IGHR von 243 000 m³

Anpassung der Trasse des vorhandenen Radweges an die neue Geländegestaltung auf einer Länge von 1.700 m

Initialpflanzungen zur Unterstützung der Sukzession in der Aue

Die Drosselung des HQ100 um 40 % ist nur in Verbindung mit der Schaffung eines ent-sprechenden Retentionsraumes möglich. Dieser Retentionsraum kann aus wasserwirt-schaftlicher und gewässerökologischer Sicht optimal durch die Kombination eines

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Hochwasserrückhaltebeckens unmittelbar im Oberwasser der Stadt Ahlen mit der Reak-tivierung von natürlichem Retentionsraum in der Werseaue und Reduzierung der Fließ-geschwindigkeiten durch Profilaufweitungen und Laufverlängerung erfolgen. Das Pro-jekt bestätigt die Aussage der LAWA, dass die gesteuerte Retention mit Hilfe von Hochwasserrückhaltebecken im Mittel 4-mal effektiver als die ungesteuerte Retention ist. (LAWA, 2000). Ohne den technischen Hochwasserschutz wären die Hochwasser-schutzziele in dem Projekt nicht zu erreichen.

3.3 Planung und Realisierung Das mittlere Gefälle des Fließgewässers zwischen Ausbaubeginn km 0+000 und Aus-bauende km 9+271 beträgt 2,0 ‰. Um die Durchgängigkeit für Fische sowie das Mak-rozoobenthos gewährleisten zu können, werden die vorhandenen kaskadenförmigen Absturzbauwerke durch Sohlengleiten ersetzt.

Abb. 3: Beispiel eines Gestaltungsquerschnitts

Es erfolgt keine bauliche Vorgabe eines Niedrigwasserprofils, da die Maßnahme auf die eigendynamische Gewässerentwicklung setzt. In den bereits realisierten Abschnitten sind diese Entwicklungen bereits zu beobachten (vgl. Abb. 5). Dem neuen Gewässerbett liegt eine 3-teilige Gliederung in Mittelwasserbett, Hauptgerinne und Sekundäraue zu Grunde, die die Abflussdynamik und die gewünschte Ausuferungscharakteristik (Über-flutung der Sekundäraue ca. 15 Tage/Jahr) berücksichtigt. Das Mittelwasserprofil ist zwischen 2 und 4 m, das Hauptgerinne zwischen 4 und 7 m breit. Die Einschnittstiefe

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des gegliederten Querschnittes in die Sekundäraue beträgt weniger als 1 m. Die Breite der Sekundäraue variiert zwischen 20,00 m und 100,00 m (vgl. Abb. 3).

Aus wasserwirtschaftlicher und ökologischer Sicht wird das Hochwasserrückhaltebe-cken als Trockenbecken im Hauptschluss geplant. Die Werse kann für ein großes Ab-flussspektrum unbeeinflusst vom HRB durch den Beckenraum fließen. Durch den Ver-zicht auf einen Dauerstau können bis auf extreme Abflussereignisse sowohl die natürli-che Abflussdynamik beibehalten, als auch die Beeinflussung des Fließkontinuums und damit der Durchgängigkeit minimiert werden. Eine Nutzung des Beckenraumes außer-halb der Sekundäraue ist weiterhin möglich. Die Risiken in Folge eines Versagens des HRB als Ganzes oder in Teilen sind bei Becken mit Dauerstau höher einzustufen als bei Trockenbecken, da Trockenbecken nur selten und kurzfristig eingestaut werden. Gemäß DIN 19700-12 ist das betrachtete Hochwasserrückhaltebecken als mittleres Becken zu klassifizieren. Die jährliche Überschreitungshäufigkeiten betragen am Standort des HRB für das BHQ1 2*10-3 (BHQ1: HQ500 = 40 m³/s) und für das BHQ2 2*10-4 (BHQ2: HQ5000 = 56 m³/s).

Damm

HWE (Damm-scharte)

Grundablass und Ökogerinne

Flutmulde

K 28

Abb. 4: Übersicht Hochwasserrückhaltebecken

Das Absperrbauwerk des HRB wird als homogener Damm mit Böschungsneigungen auf der Luft- und Wasserseite von 1:3 geplant. Die maximale Dammhöhe beträgt 2,86 m. Die Kronenlänge beträgt insgesamt ca. 1224 m.

Die Hochwasserentlastungsanlage wurde als Dammscharte mit einer Überfallbreite von 67,00 m ausgeführt. Die Dammscharte schließt an eine Flutmulde an, die den Hochwas-serabfluss unter der Kreisstraße K 28 wieder in die Werse leitet (vgl. Abb. 4). In einem Schlitzbauwerk in Dammachse wurden der Grundablass und ein Ökogerinne nach den Empfehlungen des Merkblattes Nr. 18 „Ökologische Durchgängigkeit von Hochwasser-rückhaltebecken“ (LUA NRW, 1999) zur Sicherstellung der ökologischen Durchgän-gigkeit vorgesehen. Im Ökogerinne wird die Werse im Bereich des Dammschlitzes

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durch das Dammbauwerk geführt. Das Ökogerinne ist so gestaltet, dass ein amphibisch-terrestrischer Bereich das Fließgewässer beidseitig begleitet. Für den Individuenaus-tausch im terrestrischen Bereich stellt das Dammbauwerk auf Grund seiner flachen Böschungsneigung und des Verzichts auf eine Oberflächendichtung grundsätzlich kein Wanderungshindernis dar. Vielmehr ist hier die Kreisstraße K28 als limitierendes Bau-werk zu sehen.

Das Projektbeispiel zeigt die grundsätzliche Vereinbarkeit der Belange des Hochwas-serschutzes mit einer Gewässerentwicklung gemäß den Vorgaben der Wasserrahmen-richtlinie.

Abb. 5: Sekundäraue (links) und HRB (rechts) kurz nach der Realisierung

4 Beispiel 2: Einsatz von Selbstlernmedien in der lokalen Gefah-renabwehr und der Verhaltensvorsorge

Damit Hochwasserrisikomanagement funktioniert, sind auf allen Ebenen das notwendi-ge Wissen vorzuhalten sowie die notwendigen Kompetenzen zu schaffen. Hochwasser-risikomanagement ist in seiner Umsetzung abhängig von einer funktionierenden Ge-meinschaft aller handelnden Akteure. Hierzu zählen z. B. die Mitarbeiter in den kom-munalen Betrieben, die im Ernstfall Hochwasserschäden durch den Aufbau von mobilen Hochwasserschutzwänden abwehren oder die betroffenen Bürger, von denen im Hoch-wasserfall bestimmte Verhaltensweisen gefordert werden, um das Schadenspotenzial zu minimieren. Es gilt also, geeignete Methoden und Instrumente einzusetzen, mit denen man die erforderlichen Kompetenzen für das Hochwasserrisikomanagement unter Be-rücksichtigung der Heterogenität der Zielgruppen entwickeln kann. Einen effektiven Ansatz hierzu bieten die Möglichkeiten der Medien-gestützten Wissensvermittlung. Hierzu werden nachfolgend zwei Beispiele vorgestellt.

Die Vorteile des mediengestützten Lehrens und Lernens (oft auch unter der Bezeich-nung „E-Learning“ bekannt) sind insbesondere:

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die Bereitstellung der Lernmedien über das Inter- oder ein Intranet sichert eine zeit-unabhängige und in der Regel auch raumunabhängige Verfügbarkeit für alle Ziel-gruppen;

die Methoden und Werkzeuge erlauben die Vermittlung des erforderlichen Wissens auf sehr anschauliche Art und Weise z. B. durch den unterstützenden Einsatz von Videoaufzeichnungen oder Präsentationen mit Bild- und Sprachinformation;

jeder Nutzer kann selbst über Zeitpunkt und Tempo des Lernens entscheiden; das Instrument bietet alle Vorteile des selbstgesteuerten individualisierten Lernens;

die Festigung des Erlernten wird über multimedial gestaltete Wissenstests attraktiver und gleichzeitig intensiviert.

In den klassischen Ansätzen für den Einsatz an einem Desktop-PC oder Notebook kon-zipiert, gewinnen digitale Selbstlernmedien zunehmend im mobilen Einsatz auf Smart-phones oder Tablet-PC an Bedeutung. Hier entwickelt sich aktuell die neue Gattung des M-Learning (Mobile Learning).

4.1 Selbstlernmedien „Mobile Hochwasserschutzwände“ Zielgruppe für die Selbstlernmedien war das Betriebspersonal, das im Ernstfall die mobilen Hochwasserschutzwände aufbaut. Das heißt, das Projekt gehört in der Termi-nologie des Hochwasserrisikomanagements damit zum Bereich der Vorbereitung der Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes. Das Dokumentationsmaterial für dieses Medium stammt von einer Hochwasserschutzübung der Stadtentwässerungsbetriebe Köln (StEB). Die Authentizität des eingesetzten Materials erhöht die Akzeptanz bei den Nutzern. Ziel der Selbstlernmedien ist die Vermittlung der Kompetenzen zur fachge-rechten und effektiven Montage und Demontage der mobilen Hochwasserschutzwände.

Der mediendidaktische Aufbau ist dreistufig eingeteilt in (1) Wissensvermittlung, (2) Wissenstests und (3) die Bereitstellung von weitergehenden Wissensinhalten und Informationen. Die beiden ersten Stufen sind dabei in der Regel verpflichtend, um den gewünschten Lernerfolg zu erzielen. Die dritte Stufe ist ein Angebot an die Nutzer, das Erlernte weiter zu vertiefen.

(1) Wissensvermittlung

Die Wissensvermittlung erfolgt über E-Lectures. Als Grundlage der E-Lectures wurden die aufgezeichneten Videoaufnahmen sowie die Fotodokumentation von der Hochwas-serschutzübung aufbereitet. Die Einheiten sind thematisch gegliedert und können nach den individuellen Wünschen des Nutzers entsprechend beliebig oft durchgearbeitet werden. Im vorliegenden Beispiel wurden die vier Arbeitsschritte (1) Säubern, (2) Auf-bau der Stützen, (3) Einbau der Dammbalken und (4) Rückbau der mobilen Hochwas-serschutzwände behandelt (vgl. Abb. 6). Die vier Lernmodule vermitteln in kurzer und prägnanter Form (Dauer kleiner als 5 Minuten) alle wichtigen Informationen und De-

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tails, die die Mitarbeiter der SteB bei den jeweiligen Arbeitsschritten berücksichtigen müssen.

Abb. 6: Selbstlernmedien "Mobile Hochwasserschutzwände"

(2) Wissenstests

Nach jeder E-Lecture sollen die Mitarbeiter der SteB selber überprüfen, ob sie über das relevante Wissen verfügen. Dazu wird ihnen jeweils ein Test in Form eines „self-assessments“ bereitgestellt. Das „assessment“ verfügt über anwendungsorientierte Fra-gen (vgl. Abb. 7), die in Form von Mehrfachantworten, Wahr-Falsch-Antworten oder Zuordnungen beantwortet werden können.

Die Fragen resultieren ausschließlich aus dem Kontext der zuvor durchgearbeiteten E-Lectures. Bei den Multiple-Choice oder Wahr-/Falsch-Fragen kann eine Korrektur durch den Lehrenden automatisch erfolgen. Bei frei formulierten Antworten ist eine manuelle Kontrolle durch den Lehrenden erforderlich. Wichtig ist aber in allen Fällen, dass der Nutzer ein Feedback auf seine Antworten erhält, das den Lerneffekt festigt. Sowohl bei korrekter als auch bei falscher Beantwortung erhält der Nutzer eine erläu-ternde Rückmeldung. Für die Sprache in der Wissensvermittlung, in den Wissenstests und bei der Rückmeldung auf die Antworten gilt, dass fachspezifische Formulierungen zu Gunsten einer allgemein verständlichen Sprache reduziert werden. Dadurch werden der Lerneffekt erhöht und Barrieren für die Nutzung der Selbstlernmedien vermieden.

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Abb. 7: Beispiel aus einem Wissenstest

(3) Weitergehende Wissensinhalte und Informationen

Das dritte Element der mediengestützten Wissensvermittlung ist eine Materialsamm-lung. Dieses Element ist ein Angebot an interessierte Nutzer, das Erlernte weiter zu vertiefen oder die Kompetenzen zu erweitern. Die Materialien können als eigene Do-kumente oder als Internet-Links bereitgestellt werden und dienen dem selbstgesteuerten Lernen.

4.2 Selbstlernmedien „Hochwasserkoffer“ Ein weiteres, weniger komplexes Beispiel für den Einsatz von Selbstlernmedien ist der sogenannte „Hochwasserkoffer“. Zu finden ist der Hochwasserkoffer auf der Homepage des Hochwasserkompetenzzentrums Köln (www.hkc-koeln.de/de/interaktiv/index.html). Zielgruppe für den „Hochwasserkoffer“ sind nicht Fachleute, sondern Bürger in hochwassergefährdeten Gebieten. Er ist im Rahmen des Hochwasserrisikomanagements der Verhaltensvorsorge zuzuordnen. Bezeichnend für den „Hochwasserkoffer“ ist die spielerische und visuelle Konzeption. Nutzer sollen mit der Anwendung keine Prüfungssituation assoziieren.

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Abb. 8: Selbstlernmedien „Hochwasserkoffer“

Grundidee des „Hochwasserkoffers“ ist es, dem Anwender mit unterschiedlichen Uten-silien zu konfrontieren und ihm die Wahl zu überlassen, welche davon für ihn einer Hochwassersituation wertvoll sein könnten. Entscheidet sich der Nutzer dafür, kommt der Gegenstand in den „Hochwasserkoffer“. In dem in Abbildung 8 abgebildeten Bei-spiel soll der Nutzer entscheiden, ob im Hochwasserfall ein Medium wie z. B. ein mobi-ler Rundfunkempfänger wichtig ist. Bei jeder Antwort, egal ob richtig oder falsch, er-hält der Nutzer eine erläuternde Antwort. Hier erfolgt also eine Wissensvermittlung auf spielerische Art. Dieses kleine Selbstlern-Medium wird in deutscher und türkischer Sprache angeboten, so dass keine sprachlichen Barrieren entstehen.

5 Beispiel 3: Audit Hochwasser nach DWA-M 551 Mit dem im Jahr 2010 veröffentlichten Merkblatt DWA-M 551 Audit „Hochwasser – wie gut sind wir vorbereitet“ (DWA, 2010) steht ein neues Instrument für das Hochwas-sermanagement bereit. Das Audit Hochwasser hat zum Ziel, für konkrete Räume den Status der ergänzenden nicht-baulichen Hochwasservorsorge analysierend zu bewerten. Die konkreten Räume sind zum Beispiel einzelne Kommunen oder sogenannte Risiko-gemeinschaften. Wichtig ist aber der Hinweis, dass ausschließlich die Elemente der nicht-baulichen Hochwasservorsorge betrachtet werden. Die Verfasser des Merkblattes stellen klar, dass nicht die Erhebung detaillierter quantitativer Zustandszahlen erfolgen

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soll, sondern vielmehr eine qualitative Bewertung der Randbedingungen zur Risiko-kommunikation Ziel des Audits ist, um somit zu einem größeren Hochwasserbewusst-sein beizutragen.

Das Audit hat einen direkten Bezug zur EG-HWRM-RL (Rother, 2009). Es ist ein Werkzeug zur Umsetzung der Ziele der nicht-baulichen Hochwasservorsorge gemäß HWRM-RL. Das Audit enthält Maßnahmenempfehlungen, aber keine zeitliche Kompo-nente für die Umsetzung. Dies entspricht dem Prinzip der Richtlinie. Die Statusbewer-tung erfolgt für die gleichen Ereignisse wie in der Richtlinie.

5.1 Methodik Die Durchführung des Audits erfolgt im Wesentlichen in einer Interviewtechnik anhand eines vorgegebenen Fragebogens. Der Fragebogen unterscheidet vier Bewertungsberei-che, die aus den Handlungsbereichen des Hochwasser-Risiko-Management-Kreislaufs (LAWA, 2010) abgeleitet sind (vgl. Tab. 1).

Tab. 1: Bewertungsfelder nach DWA-M 551

Bewertungsfelder Audit max. Punktzahl (gesamt 1000)

Einzelbewertungen (gesamt 30)

Zuordnung zu Handlungs-feldern nach LAWA 2010

Flächenwirksame Vorsorge 250 12 Natürlicher Wasserrückhalt Flächenvorsorge

Bauvorsorge 250 5 Bauvorsorge Verhaltenswirksame Vorsorge 250 9 Informationsvorsorge

Verhaltensvorsorge Lokale Gefahrenabwehr

Risikovorsorge 250 4 Risikovorsorge

Der Fragenkatalog wird sowohl für Flusshochwasser als auch für Sturzfluten beantwor-tet. Es werden jeweils drei Hochwasserereignisse in Analogie zur HWRM-RL getrennt bewertet: ein häufiges (HQ10), HQ100 und ein extremes Hochwasserereignis. Für jedes Ereignis sind 30 Einzelbewertungen anhand von Indikatoren oder Merkmalen erforder-lich, sodass insgesamt 180 Einzelbewertungen im Rahmen des Audits erfolgen. Insge-samt sind 1000 Bewertungspunkte sowohl für die Bewertung der Vorsorge in Bezug auf Flusshochwasser als auch auf Sturzfluten möglich, wobei sich die möglichen Bewer-tungspunkte gleich auf die vier Bewertungsfelder verteilen. Das führt dazu, dass rein rechnerisch zum Beispiel die einzelnen Indikatoren für die Risikovorsorge im Vergleich zu den Indikatoren für die flächenwirksame Vorsorge im Mittel die dreifache Gewich-tung aufweisen, da die 250 möglichen Bewertungspunkte in dem ersten Fall auf vier und im zweiten Fall auf zwölf Indikatoren verteilt werden.

Das Merkblatt bietet neben der detaillierten Analyse der Auditergebnisse eine über-sichtliche Visualisierung der Analyse an (vgl. Abb. 9). Die Grafik ist in Quadranten unterteilt, sodass die Bewertungsfelder jeweils einem Quadranten zugeordnet werden.

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Die erzielten Bewertungspunkte für die drei auditierten Ereignisse werden in drei Rin-gen farblich kodiert in den Quadranten dargestellt. Die Darstellungen erfolgen getrennt für Flusshochwasser und Sturzfluten. Gemäß Merkblatt reicht die Beurteilung von „Alle Hausaufgaben sind gemacht“ (grün) bis zur „Vorsorgewüste“ (rot).

Fläc

henw

irksa

me Vorsorge

BauvorsorgeVerhaltenswirksame Vorsorge

Risikov

orso

rge

HQ10

HQ10

HQ 10

HQ 10HQ

100

HQ100

HQ 100

HQ 100

HQextrem

HQextrem

HQ extre

m

HQ extre

m

Fluss-hochwasser

Hausaufgaben gemacht Vorsorgewüste

Fläc

henw

irksa

me Vorsorge

BauvorsorgeVerhaltenswirksame Vorsorge

Risikov

orso

rge

HQ10

HQ10

HQ 10

HQ 10HQ

100

HQ100

HQ 100

HQ 100

HQextrem

HQextrem

HQ extre

m

HQ extre

m

Sturzfluten

Abb. 9: Fiktives Auditergebnis (DWA, 2010)

Als zweiter Schritt des Audits erfolgt die Erarbeitung von Maßnahmenempfehlungen zur Verbesserung der Hochwasservorsorge. An dieser Stelle soll aber keine Maßnah-menplanung erfolgen. Vielmehr werden aus einer Art Best-Practice-Liste grundsätzlich mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der nicht-baulichen Hochwasservorsorge vor-geschlagen. Positiv in die Bewertung fließen auch Maßnahmen ein, die erst für die Zukunft geplant sind. Zur weiteren Konkretisierung oder Umsetzung der Maßnahmen ist die auditierte Risikogemeinschaft aber nicht verpflichtet. Analog zu den Hochwas-serrisikomanagementplänen stellen die Maßnahmenempfehlungen lediglich eine Ange-botsplanung dar.

Die Teilnahme an einem solchen Audit ist freiwillig. Die Kommune soll mit einem Zertifikat belohnt werden. Zur Überprüfung des Audits erfolgt als dritter Schritt des die Zielkontrolle nach sechs Jahren.

5.2 Erste Erfahrungen Seit 2010 wurden bereits einige Pilotaudits durch die DWA mit finanzieller Unterstüt-zung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt durchgeführt. Auch das Merkblatt stellt exemplarisch ein Auditergebnis dar (vgl. Abb. 9). Das fiktive Auditergebnis aus dem Merkblatt zeigt, dass die Beispielkommune deutlich besser auf Flusshochwasser als auf Sturzfluten vorbereitet ist. Diese fiktive Auswertung wurde in der Tendenz in

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den Pilotaudits bestätigt (Asman, 2011). Hauptgrund für das Ergebnis ist vermutlich, dass die Informationslage zu Flusshochwasser bei uns meist deutlich besser ist als zu Sturzfluten. Für beide Ereignisse gilt aber derselbe Fragebogen. Bei der qualitativen Bewertung der Auditergebnisse ist dieser heterogene Kenntnisstand zu berücksichtigen.

Das Audit „Hochwasser – wie gut sind wir vorbereitet“ bietet gute Möglichkeiten, das Bewusstsein für die Hochwasservorsorge in den Risikogemeinschaften zu fördern. Al-lein der konzeptionelle Ansatz erfordert schon einen intensiven Austausch zwischen allen für die Hochwasservorsorge Verantwortlichen und fördert dadurch den intensiven Dialog zu diesem Thema. Durch den Aufbau des Merkblatts und die direkte Bezugnah-me auf die HWRM-RL, ist auf jeden Fall gewährleistet, dass die Prozesse Hand in Hand gehen können. Die Ergebnisse der Audits könnten also direkt in die Hochwasserrisiko Managementpläne einfließen.

6 Quellen Asman, A (2011): Wie gut sind regionale Risikogemeinschaften auf Hochwasser vorbe-reitet? - Erster Erfahrungsbericht. Lehr- und Forschungsgebiet Ingenieurhydrologie, RWTH Aachen, Bachelorarbeit unveröffentlicht.

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