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Herma & Leo Kuhn 1950 Herma Kuhn-Lwenstein Briefe aus dem Gefngnis 1941 Herausgegeben von Leo Kuhn Wien 2012

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Page 1: Herma Kuhn-Löwenstein Briefe aus dem Gefängnis 1941Löwenst… · meine Schwester zur Welt Œ sie starb mit ... die zurückkehrende Wäsche und Kleidung ... Die Gestapo kam so auf

Herma & Leo Kuhn 1950

Herma Kuhn-Löwenstein

Briefe aus dem Gefängnis 1941

Herausgegeben von Leo Kuhn Wien 2012

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Danke an Irma Trsak, die die Briefe auf Bitte meiner Mama für mich aufbewahrt, und Gabriele Pfleger, die die

Briefe von Kurrent in Schreibschrift transkribiert hat

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Herma Kuhn-Löwenstein 1916 � 1952 Als meine Mamá am 20.November 1915 in Wien zur Welt kam, war gerade Krieg. Sie war ein Kriegskind � der erste Weltkrieg stand am Beginn ihres Lebens, und ihr früher Tod, mit 37 Jahren, war eine Folge des zweiten. Der zweite Weltkrieg � das war nicht nur ein Krieg des Dritten Reiches, Italiens und Japans gegen den Rest der Welt, sondern auch ein Krieg gegen einen Teil der eigenen Bevölkerung, der jüdischen, und gegen alle, die den Nationalsozialismus nicht für das beste aller Gestaltungsmodelle der Erde gehalten haben: Intellektuelle, Sozialisten, Monarchisten, Kommunisten, so manche Katholiken und Protestanten. Und alle, die nicht blond und blauäugig waren. Deshalb führte das Dritte Reich auch Krieg gegen meine Mamá: als Sozialistin und Widerstandskämpferin mit einem jüdischen Vater passte sie präzise in das Feindschema von NSDAP und SS. So wurde sie 1941 von der Gestapo verhaftet und im Frauengefängnis Aichach in Oberbayern interniert � für sie unerwartet eine Vorbereitung auf noch Schlimmeres: Ihre Entlassung 1942 war nur eine kurze Atempause vor ihrer Deportation in das KZ Ravensbrück, aus dem sie erst 1945 rund um die Befreiung durch die amerikanischen Truppen flüchten konnte.

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Dennoch war sie das Gegenteil eines �Kriegs-Kindes� � die wenigen Briefe meiner Mamá aus dem Gefängnis in Bayern (die aus der Zeit im KZ Ravensbrück sind im Zuge der Bombardierung Wiens 1945 verloren gegangen), die dank Irma Trsak, mit der sie im KZ Ravensbrück inhaftiert war, noch erhalten sind, lassen ihr Naturell erahnen: herzlich, witzig, geistreich, aufmerksam, bereit, alles für ihre Familie und ihre Freunde und Freundinnen zu tun (und für alle anderen, die das gebraucht haben). Sie dankten ihr das: ohne die Unterstützung ihrer Mithäftlinge hätte sie die Jahre in Ravensbrück wahrscheinlich nicht überlebt.

Die vielen Grausamkeiten, Gemeinheiten, Misshandlungen, die sie bei ihrer Gefängnishaft in Bayern 1941 bis 1942 und ihrer Internierung im KZ Ravensbrück 1943 bis 1945 erlebte, hatten ihrem Charakter kaum etwas anhaben können � wohl aber ihrem Körper. Von der mangelhaften Ernährung, anstrengendster Zwangsarbeit, Herzentzündung, Lungeninfektion und einigen Verletzungen im KZ hat sie sich nie mehr ganz erholt. 1952 ist sie an den Spätfolgen ihrer Lagerhaft gestorben.

Mit der Familie meines Vaters, mit ihm, seinen vier Geschwistern, Kurt,

Nicki, Ella, Berta und meinen Grosseltern war meine Mamá

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schon lange vor dem Krieg befreundet. Gemeinsamkeiten hatten sie genügend � die Begeisterung für Musik genauso wie für

Bergwandern, Handball, Paddeln, und natürlich das Engagement in der Politik, zuerst legal, dann im � damals - illegalen Widerstand und der Verteidigung Österreichs.

Verliebt haben sich meine Eltern allerdings erst nach ihrer Rückkehr aus Mauthausen und Ravensbrück. 1946 kam meine Schwester zur Welt � sie starb mit 6 Monaten, weil sie wegen der dürftigen Ernährung der Nachkriegszeit zu sehr geschwächt war. 1949 war dann mein Geburts-Tag, und dann drei � mehr ein Gefühl als bewusste Erinnerung � wunderbare Jahre mit meiner Mamá, bevor sie, am 23.9.1952, gestorben ist.

Mein Papá hat sich sehr bemüht, die grosse Leere auszufüllen � zusammen mit den vielen Geschwistern meiner Eltern, also meinen Tanten und Onkeln (und meinen Grossmüttern). Es ist ihm, auch weil sein Naturell ihrem sehr ähnlich war, auf das Wunderbarste gelungen.

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Wo kleine Geister grosse Persönlichkeiten quälten: Alltag in einem Konzentrationslager des Dritten Reiches Einigen mutigen Frauen gelang es während ihrer Gefangenschaft im Frauen-KZ Ravensbrück, illegale Dokumente aus dem Lager zu schmuggeln. Es waren Briefe und Gedichte, die das Lagerleben schilderten, die Bestrafungen, die Hinrichtungen und die medizinischen Experimente. Nur unter Lebensgefahr war es den Häftlingen möglich, die illegalen Dokumente aus dem Lager zu bringen. Die Welt sollte erfahren, was damals hinter den KZ-Mauern geschah (sie hat, so wie im Bosnienkrieg oder jetzt in Syrien, viel zu spät reagiert). Den Briefen waren fast immer Gedichte beigefügt. Einer der illegalen Briefe wurde von der Polin Zofia Pocilowska verfasst. Sie gehört zu dem Kreis der Überlebenden des Frauen-KZ. Der Brief trug kein Datum, doch anhand des Abgleichs ihrer Angaben und anderer historischer Belege, muss er nach dem 18. März 1943 und vor dem 29. April 1943 entstanden sein. Zofia war damals 23 Jahre alt. 8

Geschmuggelter Brief von Zofia Pocilowska Ohne Datum Unsere Lieben! Habt Dank, großen Dank für den Brief und die eine kleine Seite der "Glocke". Es war, als ob jemand von Euch einer jeden

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von uns die Hand fest drückte zum Zeichen, dass er nahe ist. Seid beruhigt, wir können beharrlich sein und warten. Ihr schreibt, daß ihr mit unserem Dasein vertraut seid. Wir wollen jedoch versuchen, in unserem heutigen Brief es näher zu beschreiben, vor allem wollen wir Euch die wichtigsten Fakten nennen, damit ihr, um jeden Preis, diese irgendwie nach Polen und nach London weiterleitet; bislang wissen wir nämlich nicht, ob diese Fakten dort bekannt sind, und sie erfordern doch eine entschiedene und vorbehaltlose Intervention. Wir wissen nicht einmal, ob die Vereinbarung mit Roosevelt, wonach die Deutschen bei sich die Todesstrafe für Frauen abschaffen (Frankreich, Holland, Belgien machen davon Gebrauch), auch für uns gilt, weil Hinrichtungen andauern. Die Zahl der Polinnen, die als politische Häftlinge gelten, beträgt etwa 3 Tsd., darunter ein großer %satz Verschleppter aus Deutschland für ihre Arbeit. Wir belegen 6 Baracken. Die Wohnbedingungen sind schwer � es ist sehr eng (in einer Baracke mit 250 Plätzen wohnen fast 500 Personen) und im Zusammenhang damit laut, schmutzig, es gibt Läuse und kein Möglichkeit, die elementarsten Hygienevorschriften einzuhalten. Die Lage wird verschlimmert durch Mangel an Bett- und Leibwäschen. (Die Leibwäsche bekommen wir nur alle 3 Monate gewechselt). Derartige Hygienebedingungen vermehren Krankheiten. Ärztliche Betreuung für Kranke ist absolut unzureichend. Ein schlechtes Verhalten uns gegenüber und Mangel an geeigneten Mitteln ergeben das Bild dieser Betreuung. Wenn wir noch unsere Angst vor dem "Revier" hinzurechnen (im Falle schwerer oder ansteckender Krankheit wird der Patient getötet), wird dieses Bild abgerundet. Die Ernährung ist mehr als schlecht. Die Qualität und Quantität lassen viel zu

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wünschen übrig. Im Zusammenhang mit einer schlechten Zusammensetzung der Speisen treten immer mehr Blut- und Hautkrankheiten auf, um so mehr, als Speisen Bestandteile beigemischt werden, die für den Organismus einer Frau außerordentlich schädlich sind. Die Ernährung steht in keinem Verhältnis zu der abverlangten Arbeit. Seit Dezember dürfen wir Päckchen empfangen, was sich kaum auf die Verbesserung unserer Ernährung auswirkte, zumal Päckchen nur ein kleiner %satz der Frauen bekommen. Die Arbeit ist schwer, lang und anstrengend. Sowohl die Arbeit in Werkstätten, deren Produktion für Armee vorgesehen ist (Nähen von Kleidung, Pelzen usw.) als auch die außerhalb des Lagers dauert 11 Stunden. Im Winter hängt die Dauer der Außenarbeit von der Tageslänge ab. Die Werkstattarbeit ist um so beschwerlicher, als sie auch nachts verrichtet wird, und wir werden dabei von Aufseherinnen und SS-Leuten typisch deutsch behandelt (Geschreie, Meldungen, Schläge, Fußtritte). Die Außenarbeit am Lager, wie Planung, Verladen usw. ist ebenso unangenehm; erst in Kolonnen, die "auswärts" bei Landwirten auf dem Acker arbeiten, werden wir anders behandelt. Für eine Arbeitsverweigerung werden strenge Strafen angedroht: Bunker, d.h. Dunkelarrest mit Brot und Wasser, Peitschenschläge und die Strafbaracke (worin die Aufenthaltsdauer zwischen 3 und 12 Monaten beträgt). In diesem Jahr wurde der Kurs gegenüber Polinnen verschärft. Wir fühlen das nicht nur in der Art, wie man uns behandelt, sondern auch darin, daß: 1) Polinnen nicht zur Arbeit bei Landwirten geschickt 2) man Polinnen von allen verantwortungsvolleren Funktionen im Lager entfernt. Es gibt hingegen eine Tendenz zur Verschickung von Polinnen

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und Ukrainerinnen in Fabriken. Verschickt wurden bereits 2 Transporte nach Grünerberg (Munitionsfabrik) und in eine Porzellanfabrik bei Karlsbad. Weitere Transporte sind geplant. Hinrichtungen: Weiterhin gibt es Transporte ins "Unbekannte". Hinrichtungen werden nach Transporten und Städten vorgenommen. Die letzte Vorbereitung eines solchen Transports löste eine Reaktion unter Polinnen aus. Bei Dämmerung, als die Verurteilten hinter das Tor geführt wurden, strömte eine Schar von Polinnen auf die Hauptallee, um die Fortgehenden zu verabschieden. Auf dem Wege stellten sich Beamtinnen und versperrten uns den Durchgang. Eine von ihnen wurde zusammengeschlagen, als sie nach Häftlingen griff und ihre Nummern aufschreiben wollte. In der Dämmerung hatte dieser Vorfall keine weiteren unmittelbaren Folgen. Innerhalb einiger Tage wurden Polinnen von den "Effekten" (Kleidungslager) entfernt, wo sie die Möglichkeit hatten, die zurückkehrende Wäsche und Kleidung der Ausgeführten zu identifizieren, man drohte Repressionen an. Chirurgische Versuche: Es wurden bislang 80 Operationen durchgeführt (ausschließlich an Polinnen, fast nur an Frauen aus Lublin), ohne Rücksicht auf Proteste der für die Operationen Vorgesehenen. Fünf starben. Der Rest � sind Krüppel, unfähig, normal zu laufen. Es wurden Beine operiert und vermutlich Knochen herausgenommen. Die Operationen werden unter Geheimhaltung vollzogen; Häftlingskrankenschwestern dürfen dabei nicht assistieren. Die Operierten leiden sehr. Sie bleiben wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang Krüppel.

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Es operiert Dr. Gebhard aus Hohenlychen (wo sich ein Sanatorium für Invaliden befindet). Das Verbrechen dieser Operationen hat nicht seinesgleichen.

Ungeachtet der schwierigen Bedingungen bleiben wir stark. Wir warten auf den Tag der Befreiung. Wir warten auf ein großes und mächtiges Polen. Wir glauben, Polen werde herrlich und strahlend, es werde Empfindungen aller Polen vereinen, Arme und Schwache in Schutz nehmen und starke und an Geist schöne Menschen hervorbringen. Wir lernen, wir schreiben.

Und wir leben erfüllt von Briefen aus der Heimat. Wir fügen Lagerpoesie bei. Planmäßig führen wir Selbstunterrichtsstunden durch (Gesch., Poln., Philosophie, Astronomie, Geologie, Sprachen). Sonntags kommen wir zusammen, um zu diskutieren. Vertreterinnen verschiedener polnischer . Gruppierungen diskutieren über das künftige Polen. Auch wenn wir in manchen Dingen bei unterschiedlichen Ansichten bleiben, so versuchen wir, im ideologischen Kampf das Giftige zu vergessen, und wir lernen, uns gegenseitig zu achten. Wir lesen Zeitungen.

Wir glauben, daß auch Ihr, ungeachtet des schweren Schicksals, von ähnlichem Geist und ähnlichen Ideen bestärkt seid. Wir glauben, daß wir gemeinsam zurückkehren werden, um an einem solchen Polen zu bauen, dessen Liebe uns in diese Gegenden hingetrieben hat. Wir drücken herzlich Eure lieben und von Arbeit gezeichneten Hände. Wir warten auf Euch. � Auf Wiedersehen. Eine Abschrift des vollständigen Briefes findet sich in: "Aby swiat sie dowiedzial...Nielegalne dokumenty z obozu Ravensbrück, hg. von Krystyna, Oleksy/Irena Polska, Panstwowego Muzeum w Oswiecimiu, Oswiecim 1980 (dt. Übers. in: ARa), S. 49-52, "Damit die Welt es erfährt...: Illegale Dokumente aus dem Konzentrationslager Ravensbrück".

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Geschmuggelter Brief von Lisl (Leopoldine-Elisabeth) Jäger Geboren am 25. September 192, in Wien. Sie wurde 17- jährig ins KZ-Ravensbrück deportiert. Die Annexion Österreichs durch Hitler-Deutschland 1938, die infolge einer entsetzlichen wirtschaftlichen Lage bei vielen Österreichern Zustimmung fand, war für uns eine starke Motivierung ........Wir haben Familien von Inhaftierten betreut, Illegale vom Bahnhof weitergeschleust und für die Rote Hilfe gesammelt. In meiner Familie haben alle Widerstand geleistet, sogar der Vater. Er war Markthelfer auf dem Wiener Naschmarkt und hat zum Beispiel unseren Vervielfältigungsapparat versteckt. Er starb im März 1941. Bis zum 3. Juli 1941 ging alles gut. Doch an diesem Tag wurde ich vom Büro weggeholt. Als ich zur Gestapo kam, war meine Mutter schon da. Sie hatten sie "irrtümlich" geholt, wir beide hatten den gleichen Vornamen. Aber die Gestapo hat die Mama trotzdem nicht gehen lassen und bald fanden sie heraus, dass auch sie für die Rote Hilfe gesammelt sowie ihre Wohnung für illegale Treffen bereitgestellt hatte. 1941 kam es in Wien zu vielen Verhaftungen von Beteiligten des politischen Widerstandes. Die Gestapo kam so auf die Spur meiner Familie. Mein Bruder Bruno gehörte zu jenen, die zum Tode verurteilt wurden. Er starb am 24.4.1944 unter dem Fallbeil. Ich war zunächst in Gestapohaft, nach vielen Verhören kam ich dann in Untersuchungshaft. An eine liebe Geste der Solidarität in meiner Untersuchungshaft erinnere ich mich ganz besonders: Die in Hamburg-Harburg lebende Tante meiner Zellengenossin, eine Schneiderin, nähte mir für die

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Gerichtsverhandlung ein wunderschönes Kleid. Ich sah diese Tante zu Prozessbeginn das erste Mal. Nach der Verurteilung wurde ich zur Strafverbüßung, drei Jahre, nach Stadelheim bei München transportiert, meine Mutter nach Aichach, ebenfalls in Bayern. Gearbeitet habe ich für die Firma AGFA, wie üblich ohne Lohn. Nach Haftende erhielt ich einen neuen Schutzhaftbefehl, obwohl ich bei meiner Verhaftung erst siebzehn Jahre alt war, und wurde ins Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. Zuerst kam ich in den Block 19. Meine erste Arbeit bestand darin, den ganzen Tag Sand zu bewegen: schaufeln, schaufeln, schaufeln. Die Arbeit brachte mich rasch an die Grenzen meiner körperlichen Kraft. Wiener Kameradinnen, darunter Toni Bruha und Anni Hand, denen meine rasche Entkräftung auffiel, halfen mir, bei einem leichteren Arbeitskommando unterzukommen. Im März 1945 bekam ich Typhus. Wir haben zu dritt in zwei Betten geschlafen. Hermi Löwenstein und ich wurden am selben Tag ins Krankenrevier gebracht. Ich habe das mehr oder weniger gut überstanden, aber Hermi bekam noch eine Herzinnenwandentzündung. Ich musste ihr versprechen, dass ich sie bei der von uns geplanten Flucht nicht im Krankenrevier zurücklasse. In unserer Fluchtgruppe haben wir alles für sie vorbereitet, und wir haben sie mitgenommen. Quelle: Frauenkonzentrationslager Ravensbrück - Kalender 2000, Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, Berlin, 1999

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Wenn aus wird sein die Pein, wie herrlich wird´s da sein.... Herma Löwensteins Briefe aus dem Gefängnis

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4. Mai 1941 Mami liebes Mamile! Wie geht es dir? Bist gesund? Mein lieber Bua? Ist er´s noch? Ist er nicht schon müde des Wartens? Liebe Mami, ich trau mich schon gar nicht mehr hoffen, dass Kurtl noch derselbe ist und mich noch so gern hat. Ich würde ihn selbst fragen aber es ist nicht gestattet. Ich weiß nicht einmal ob er mir schreiben darf. Wenn er mich besuchen will, dann muß er hier an die Direktion schreiben, ob er kommen darf. Hat er nur Samstag, Sonntag Zeit, muß er auch das angeben. Die Antwort gilt dann hier als sein Besucher Ausweis . Er soll auch anfragen, ob er mir statt dir schreiben darf. Schreibe mir bitte sofort, wenn du den Brief bekommst und was Kurt mir sagen möchte schreibst mir dazu. Also, ihr seid doch alle gesund? Wie geht das Geschäft. Was ist mit Bubi, Hilda und Karli? Ist Kurtl noch bei Braschek? Geld hab ich im Dez. erhalten, danke brauch keines! Hat Kurt meine Effekten bekommen? Uh, 2 Ringe, Kleiderkarte? Leintuch und Brief aus der Schiffamtsgasse? Im ersten Brief schrieb ich wegen eines Gesuches. Ist völlig zwecklos. Das war nur momentane Sinnesverwirrung! � Nun noch einen Blick ins Zuchthaus. �

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Würdest du mich in meiner Museumshose sehen, könntest du vor Lachen nicht mehr stehen. Das Kleid ist schwarz wie meine Seele und geht hinunter bis zur Zehe. Die Schuhe sind mein großer Kummer, denn 42 ist die Nummer. Meist kommt zu spät die Reue, jetzt mach ich auch alle Socken neue. Fleißig stricken heißt´s den ganzen Tag, für die Finger ne wahre Plag. Und erst für meinen Rücken! für den ist´s auch kein Entzücken. Wenn es läutet geht auf die Zelle und man stellt sich auf die Schwelle. Dort muß man bleiben auf der Stelle und hineinschaun in die Zelle. Denk, warum ich hier sei, bis es heißt: Antreten A 3. Und man freut sich wie der Stoffel, wenn man hatscht in Holzpantoffel einer hinterm andern her, schwätzen das gibt´s nimmermehr. Sonst musst du zum Rapport, und die Strafe folgt sofort. Ich hör dich rufen: Mir wird schon bang, mein armes Kind, das ist schwer krank, doch man weiß sofort, wenn man dies liest, dass das nur die Dichteritis ist.

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Die ist heilbar, liebe Mami, nur mein Herz wird nicht so schnell gesund. Aber um nicht vom Thema abzukommen, der Hof ist wirklich schön. 2mal so groß zirka wie unser gewachsener Garten ist er ein Labsal für Augen und Herz. 3 große Rasenflächen, dazwischen führen die Wege auf denen wir �lustwandeln!� In der Mitte steht eine Tanne. Wie kleine Sternlein gucken aus dem Gras die kleinen Gänseblümlein hervor und grell leuchtet der Löwenzahn. Welche Freude doch so eine einfachen Blume machen kann. Kleine Beete gibt es auch, auf denen Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht blühen. Sind die nicht Symbol für uns? Und die Vogerln, den ganzen Tag hört man´s zwitschern und trillern, piepsen und pfeifen. Und wenn dann abends das letzte Ziwitt und das Pfeifen der Amsel verstummt, dann haben sie sich als rechtschaffene Gesellen die Ruhe verdient. Für gewöhnlich kommt dann auch Morpheus zu mir um mir seinen Trunk zu reichen. Nur am ersten Maientag war´s anders, denn da gab es nach dem Verstummen der Vögel ein Konzert. Und zwar ein Froschkonzert. Ja denk dir! Ich glaube aus ganz Bayern haben sie sich versammelt um ihr erstes Konzert aufzuführen. Schwer verständlich, Unbegreiflichkeiten - gequakt -, denn ich hörte verständnislos zu. Schade, wäre ich frei gewesen, hätte ich ihnen meine Aufwartung gemacht und sie mit großer Höflichkeit gebeten, in Anbetracht unser beiderseitiger �Größe� für mich einen ganzen Wiener Walzer einzuschalten. Glaubst, dass sie´s gemacht hätten?

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Auch einen Zwischenfall hat es auf ihrem Fest gegeben. Nach einer kleinen Pause hat plötzlich eine Stimme gefehlt. In heller Angst hüpfte die Frosch Mutti, ihre Tochter zu suchen. Die fand sie auch hinterm Gras versteckt mit einem..... was ist doch die heutige Jugend verdorben! Ja auch Frosch-Muttis haben ihren Kummer.

Das ist aber nicht alles, auch Blitz und fernes Donnern grüßen den ersten Mai. Und noch eine kleine Geschichte. Beim Herfahren haben wir in Ingolstadt Station gemacht. Die Bewirtung im dortigen Gefängnis war prima. Ein weißer Brotwecken, aber schon duli, Margarine und Käs. Dann noch etwas Warmes zum Trinken. Das ist eben die Geschichte. Unsere Meinung ging zwischen ausgekochtem Apfelschalentee, gewöhnlichem Tee und dünne Suppe, auseinander. Ja, Schnecken, Kaffee war´s.

Die ersten bösen 6 Monat hätte ich nun herumgebracht und die 2. vergehen hoffentlich schneller. Jetzt fängt der Briefverkehr an, die einmal im Monat erscheinenden Zeitung bekommt man und diese Woche war ich auch das erste Mal in der Schule.

Die Lehrerin gibt Bericht über die Kriegslage. Sie ist humorvoll. Sie meint, sucht halt jetzt Griechenland mit der Seele, später können wir auch einen Urlaub dort verbringen. Ich such schon viel und lang mit der Seele, so kann Griechenland auch noch dazukommen. �

Nun liebe Mami, schreibe mir ganz bestimmt sofort!! Kurt wird dir schon helfen dabei. Wenn ihr den Staubsauger in Gebrauch habt, vergesst nicht die Kohlenstücke zu erneuern!

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Die Fahrt hierher kostet 35 Rm tour retour. Viele viele Busserln schick ich dir liebe Mami, meinem Kurtl extra schönes und viele an Mama, Bubi und Hilda! Mein nächster Schreibtag ist 15.6. Deine Herma Als die Herma ging passe Da schrie sogar die Sonne oh weh 21/2 Jahr hat sie kriegt, o Graus jetzt strickt sie Strümpf´ im grauen Haus Und noch muss der Mond sein volles Gesicht 8 mal zeigen, drum weint er so bitterlich Aber wenn aus wird sein die Pein Wie herrlich wird´s da sein Und du siehst wie sie schon rennt Wenn sie denkt an´s happy end.

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Donnerstag, 15. Juni 1941 Meine liebe gute Mami! Bist gut nach Hause gekommen? Bis halb 12 hab ich dich in Gedanken und mit vielen guten Wünschen nach Hause begleitet. Fein war´s schon, gelt, wir konnten doch eine Menge plauschen. Aber der Zeiger, der sonst zu stehen scheint, rückte doch zu schnell vorwärts und Fausts Worte fielen mir ein: �Ach könnte ich zum Augenblick sagen � verweile doch, es war so schön!� Aber leider! Siehst Mami, wenn wir beide größer wären, hätten wir uns beide ein Busserl geben können. Mit Kurt wär das schon gegangen. Na ja mit Kurt! Warum hat er es denn nicht so gemacht, wie ich geschrieben habe? 2 mal so viel Geld ausgeben ist Unsinn. Im August zahlt es sich auch nicht mehr aus. Im Mai habe ich mich gefreut, ja sogar sehr gefreut. Aber freu dich nie zu früh, also Recht geschieht mir. Einen Sonnenstrahl, außer dem Sonnenschein des Besuchstages, hat mir der Mai aber doch noch gebracht. Ich habe den Herrn Direktor gefragt und er hat gesagt er hat nichts dagegen, wenn Kurt mir schreibt. Die Hälfte des Briefes du und die Hälfte er. Da ich von dir und zu Hause unterrichtet bin, so bitte ich Mama mir auf deiner Hälfte zu schreiben. Ich schicke ihr viele Küsse und würde mich freuen, wenn sie mir

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diesen Wunsch erfüllt. Hast du nicht vergessen ein Bild wo ich, Kurt, Hilda und ich darauf sind! Ganz bestimmt alle 4 zusammen. Wenn es geht soll Kurt, Mama im Zimmer aufnehmen und schickt mir´s.

Mein Brüderlein würde sich sicher auch freuen auf ein Bild von ihr. Schickt ihm eines zu seinem kommenden Geburtstag und von mir auch viele Grüße und Küsse. Ich freue mich, dass sein Unfall so glimpflich verlaufen ist, ich hatte mehr Angst um ihn. Liebe Mami ich habe eine gute Idee, was du mir zum nach Hause fahren schicken könntest, wenn du das dazu opfernde Geld und Punkte hast. Einen Wetterkragen. Wenn Lola ??? dieses Monat vom Arbeitsdienst nach Hause kommt, so soll sie dir ihren zeigen, damit du weißt, was ich meine.

Die Länge hast du an meinem blauen Frühjahrsmantel. Er kann um 1-2 cm länger sein, aber nicht mehr. Es muss natürlich nicht sein, kannst mir auch was anderes schicken. � Heute in 7 Monden!

Ich glaube ihr werdet mich mit den Worten begrüßen können: Herbei, herbei, Hermin, Hermin ihr schlotternden Lemuren, aus Bändern, Sehen und Gebein........ Aber es hat alles sein gutes. Der Staat erspart sich Punkte, du dein Geld und wenn ich mich in der Lobau hinter der Monika ihren Zeltstangen umziehe, braucht mich kein vernichtender Blick Kurts treffen, ob so viel Barmherzigkeit! ( Anm.: letzte Zeile dieser Seite ist nicht transkribiert)

... gar weil ich nicht bei ihm bin? Das wär sehr zu schlecht. Ich hoffe doch sehr, dass einer da ist, der schon die Flügel breitet und mit mir, wenn ich komme, zum Flug in den Garten Eden startet.

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Ich habe ja viele Hoffnungen, irgendwelche werden sich doch erfüllen ? --- Mir kommt jetzt sehr oft die ganze Welt in den Sinn. Denn ein neuer Ton hat sich Abends zum Zwitschern und Quaken gesellt. Kuhglocken. Daher zu schön. Das erinnert mich eben an die Aufrufung der Kühe, Ziegenböcke und anderer Tiere, was Lachkrämpfe ausgelöst hat und ich heute noch lächeln muss. Könnte ich mich nur bald wieder so köstlich amüsieren wie damals. Aber auch Nicki gehört in diesen Gedankenkreis und sein Lachen wird mir unvergesslich bleiben. Kurts Lachen ist ja unbeschreiblich, den kann man nur hören und wissen, dass er es ist. Aber Nicki, wie eine Hexe hat er gelacht. Hi, hi, hi, hi, hi, das dürft ihr ihm aber nicht sagen. ---

Unser Hof zeigt auch ein anderes Bild. Man sieht den Fortschritt der Jahreszeit. Der Löwenzahn, der so hochmütig auf die Gänseblümchen gesehen hat, ist verblüht oder der Sturm hat ihn geköpft.

Und die Gänseblümlein haben sicher untereinander gesagt: siehst du, siehst du, Hochmut kommt vor den Fall. Und sie freuten sich, dass jetzt niemand mehr da ist, der ihnen die Sonne wegnimmt. Aber eines schönen Tages war alles weg. Abgemäht. Das Schicksal setzt den Hobel an. Jetzt blüht wieder anderes, neues. Pfingstrosen und Schwertlilien und der Fliederduft umschmeichelt unsere Nasen. In all dem Schönen gehen wir herum, barfuss (wenn´s schön ist) im langen schwarzen Kleid. Es fehlt nur eine brennende Kerze in der Hand, dann wär der Bußgang komplett.

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Und wenn wir dann zur Abwechslung des Trübsalblasens uns gegenseitig die Nasen verbrennen und damit den Auftakt zur allgemeinen Narretei geben, dann fehlt nur noch zur Vervollständigung des Bildes der kleine Till Eulenspiegel, wie er auf einem Esel reitend, bin da, bin dort, uns seinen nackten Allerwertesten zeigt. Sollte aber der große Till vorbeikommen, würde er sagen: �Klasens Asche brennt auf meiner Brust� --- Bitte borgt mir ja keine Bücher her! --- Denkt euch wir haben schon Besuch gehabt. Der Bischof von Augsburg war hier und hat uns eine Ansprache gehalten. Er hat sehr schön und gut gesprochen. Wir haben bis jetzt immer das Kirchenblatt zu lesen bekommen. Jetzt ist das Blatt aus kriegswirtschaftlichen Gründen eingestellt worden. Von Kurt möchte ich gerne wissen: war die Trula (?)die Hans ausgeschickt hat, ein Manderl oder ein Weiberl? Und noch was. Es gibt im Deutschen ein Wort, das jeder falsch schreibt, wie heißt das? --- Wie geht es Ella, Berta, Luis, Jonny und Vicki. Grüße an sie. Ich wünsche dass ihr alle gesund seid und bleibt und erhoffe einen recht langen Brief. Bitte die vollständige Anschrift nicht vergessen. Z. 279/41 � (Neue Nummer)

Es küsst euch eure Herma

Herz Kuss meinem Bua! Meinem kleinen Herzibinkerl viele Bussi von seiner Tante! Schreibt mir bitte, wieviel Fehler ich gemacht habe und was für welche!

Mein nächster Schreibtag ist 27.7.41

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Briefe von Herma Kuhn-Löwenstein \24

7. August 1941

Meine liebe Mami! Hast dir recht Sorgen gemacht als kein Brief kam, gelt? Wegen einer Ungezogenheit wurde der Brief nicht abgeschickt. Aber, dass du mir nicht geschrieben hast? Jeden Tag war ich auf der Gaß, ob nicht doch die Postklappe auf geht und meiner hungrigen Seele ein Labsal gereicht wird. Leider musste ich die Tage immer beschließen mit den ??? � wieder nix. Zu deinem Geburtstag komme ich zwar wirklich zu spät, aber ich wünsche ja nicht nur diesen einen Tag das Schönste und Beste meinem lieben Mutterl. Jeden Tag und jede Stunde. 100 Jahre solle schlagen dein liebes gutes Herz!! Mögen die kommenden glücklicher sein als viele der vergangenen! Bleib mir gesund liebe liebe Mama! Was hast du denn für eine Verletzung am Fuß gehabt? Es wir doch nichts Arges sein? Das Bilderl von Bubi hab ich leider nicht bekommen. Dafür hat mich der Brief recht gefreut. An Kurt viele Küsse für seine lieben Zeilen. Es liegt jetzt noch an ihm mir mehr zu geben, aber ich will es als Kapital aufbewahren und es mit hohen Zinsen zurückgeben! Und ein Merci der Mama! Auf das Tischlein deck dich, das sie mir in Aussicht stellt, freut sich meine Seele. So wie Fritz seine,

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Briefe von Herma Kuhn-Löwenstein \25

die bei seiner Wange ex??? Leiden vergaß oder zu vergessen suchte. Glücklicherweise konnte ich damals hinter einer Zeitung meine Gemütsbewegung verbergen, denn so eine bewundernswerte Beherrschung wie Mama sie aufbrachte, ist mir nicht gegeben. Was wird er dann machen? Fleißig Hühner züchten? Wahrscheinlich. Würde gerne an seiner Stelle sein. Habe mir ausgerechnet wie viele Stunden ich in den 2 ½ Jahren schlafen gehe und an welchem Ort ich sein könnte, wenn das Wörtchen wenn nicht wär. Und was da für große Zahlen herauskommen. 456 Tage zu einer Stunde , 120 T. zu einer St. Diese Zeit mit meinem Drahtesel in 12 km die Stunde gefahren, hätte ich 4.824 km zurückgelegt. Oh wandern wandern meine Lust... Aber es wird schon werden, gell? Um den Ort genau zu wissen, wo ich mich befinden würde, könnte Kurtl nachfahren. Nach allen 4 Himmelsrichtungen, ja? Schreibst du nichts von der kleinen Lisi? Die werden sich denken, eine schöne Göd, nicht einmal umschau´n tut sie sich um uns. Such sie einmal auf. Mamile und wenn es dir Möglich ist, bring ihr eine Kleinigkeit. Ist Ella noch bei Ingchen? Was macht Berta? Wie geht es Herrn Doktor Joschy? Den Buben Ferry und Lisl, Monika und Xandi (?), Fam. Kaiser L? Alle Männer eingerückt? Ist unser Karli auch in Russland? Was macht Braminger Hannerl und Faix Maltsch? Wenn Kurtl zu Helene kommt, soll er ihr Küsse ausrichten und meine sehr zu heiße Liebe!

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Den Wetterkragen laß sein liebe Mami, es ist doch besser man ist selbst dabei. Außerdem ist mir wurscht wie ich komme. Wirklich ganz egal. Wenn ich nur zu Hause bin. Meinen kleinen Herzerln viele Busserln! Ich finde, dass der Burschi auch keine alte Freundschaft zu würdigen weiß. Kann mich erinnern, dass Bubi sich gerne unter einen Sessel setzte und Burschi unter einen anderen. Nachdem sich beide lange betrachtet hatten und Bubi vergeblich versuchte den Burschi sein Schwanzerl abzureißen, dass er sich nur mit schwachem Knurren gefallen ließ, krochen sie wieder hervor um das Spiel nach einiger Zeit von neuem zu beginnen. Nun, dachte ich mir, diese Freundschaft ist geschlossen. Was muss ich aber nun vernehmen? Bei Burschis Anblick sucht Bubi schleunigst auf einem Sessel Zuflucht und erklärt oben noch heldenmütig: Bubi na füchti! Für Gundi, diese ??? in der lieben ??? wird er zwar nicht mehr kommen, aber ähnlich wird es schon zugehen, nicht wahr? Für Kurtl meinem armen Stiefkind ein extra Busserl und er soll viel an mich denken! Der arme Kerl wird fleißig Fußbäder nehmen müssen und Tee trinken um sich die Wartezeit zu verkürzen. Da muss er ja schon ganz mager sein und auf platten Füßen gehen. Oder zieht er es vor unmäßig zu rauchen? Wenn ihr meine Grundbuchnummer schreibt, vergesst nicht das Z. Das heißt nicht Zelle sondern Zuchthaus. Also nur einfach: Z. 279/41. Wenn die Anschrift nicht genau ist, wird der Brief zurückgeschickt.

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Schreibt mir wieder recht viel und gleich!! Viele Grüße und Busserl Hilda und Bubi Und euch beiden Mamas Gruß und Kuß.

Herma

Mein nächster Schreibtag 19. X. Zu Maria Geburt, fliegen d´Schwalben wieder furt. Einer ??? habe ich für dich Namenstagsgrüße aufgegeben.

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19. Oktober 1941 Meine liebe Mami!

Erst am 23. 9. konnte mein wieder nix, ein aus den tiefsten Tiefen, endlich werden. Sag nur, wo und wieso hast du dir so bös den Fuß verletzt? Ich habe es geahnt, dass das keine kleine Verletzung ist. Du armes Mutschkerl hast recht Schmerzen gehabt? Wenn´s nur wieder gut ist. Wer war denn in dieser Zeit im Geschäft, wenn Kurt in Arbeit steht? Wo hast du die Ware eingestellt, wenn Frau Faix nicht mehr dort wohnt? Kannst du dir den Rudi verheiratet vorstellen? Ich nicht. Ganz besonders hat mich das Bilderl gefreut. Und wenn es auch samt dem Brief, schon längst abgegeben ist sehr ich´s noch deutlich vor mir. Auch deine Nase, bei der ich, so oft ich ein Bild von dir sehe, an Rotkäppchen denke. �Aber Großmutter warum hast du so eine große Nase?� Wie ist das nur möglich, natura ist´s doch nur ein Punkterl. Fesch beinander bist. Kurts verschmitztes Lächeln scheint viele Fragen zu stellen. Beantwortet hab ich sie ihm mit einem Kuß. Und der Spatz vorne, soll das mein Herzi sein? Dort steht er: wer bin i, wer war i, he? A`la Hilda ist er, nur die Nase der Paß der Familie Mück. Sein Goscherl steht offen in

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Erwartung des Schlaraffenlandes, das sich vielleicht doch mit dem Photokasten öffnet. Mein kleiner, lieber Spatz. Die Hilda ist ein hübsches Dirndl. Dass Kurt verdient ist erfreulich. Kann mir aber gut vorstellen mit welcher Wonne er sich täglich aus dem Bett erhebt, der Länge der Arbeitszeit und der Uberlandpartie entgegen sieht. Aber wiegen dies kleinen Unannehmlichkeiten nicht das erhabene Gefühl auf, wenn er Samstag vielleicht etwas matt, doch mit stolzgeschwellter Brieftasche heimwärts zieht? Und jede Woche der Grundstock seines Kapitals um ein beträchtliches vergrößert wird? Himmel, bei diesen Gedanken bekomme ich´s mit der Angst. Denn stell dir vor, wenn er beim Anblick des großen Gottes der Moneten, mein Kapital, das ich nur beim kleinen Gott Amor für ihn deponiert habe, als unbedeutend zurückstellt. Weh mir! Auch musste ich bemerken, dass fürchterliche Dinge meiner harren. Halb tot drücken will er mich vor Freude über mein Kommen, das ist ja entsetzlich! Leider ist´s noch nicht so weit und denk dir, der Tag an dem ich endlich aus dem Orkus zurückkehren kann ist auch noch nicht bestimmt. Ich hab den Herrn Pfarrer gefragt, er sagt das wird noch auf der Gestapo geprüft. Meistens wird man nach Wien zurück gestellt. Er meint das einzige was man machen kann, ist, dass du mit meiner Nummer hingehst und mit den Herrn sprichst. �

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Ist Karli zu Hause? Wer wird dir heuer zu Allerheiligen helfen? Wirst Ware bekommen? Mein Magen meldet sich auch wieder mit stärkeren Beschwerden. � Gruß zum 12. Nov. Ein langes Leben ohne Schmerzen, wünsch ich Mama von Herzen. �

Es küsst euch eure Herma.

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30. November 1941 Meine liebe Mami! ... �Und die vorgeschriebene Reise vollendet sie mit Donnergang� Trau mich aber noch nicht zu freuen, erst bis es Gewissheit ist. � Wie war denn Allerheiligen? Hilft dir die neue Hausbesorgerin auch? � Ich merk aus deinem Brief, dass der Weihnachtsmann wieder recht vollbepackt bei Bubi einkehren wird. O die liebe Omama. Freut es sich schon aufs Christkindl, gelt? Habt ihr einen großen Baum? � Du Mami, weißt schon Kurtls neuesten Witz?

Er schreibt, ich soll ihm meinen Schatten vorstellen im Augenblick der Wiedersehensfreude. So ungewöhnlich bescheiden sollte Kurtl sein? Darüber konnte ich nur mit dem Kopf wackeln. Der Erkennung meiner Person halber muß ich jedoch der Wahrheit die Ehre geben. Es wäre bestimmt mit einem großen Messer geschnitten, zu sagen ich sei der Schatten meiner Selbst. Zwar ist es richtig, dass vor einiger Zeit die äußere Fülle zu schlottern anfing und meine Gelenke mit den Stricknadeln um die Wette klapperten. Doch hat mein gütiges Geschick dem Einhalt geboten.

Ich bekam 4 Wochen täglich Milch und die hat mir recht sehr wohl getan. Also braucht ihr keinen wandelnden Kleiderständer erwarten. Sollte es auch aber doch so scheinen, dann ist nicht der Ständer, sondern das Kleid schuld. Das heißt, der Mantel. Wie wurscht mir das ist.

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Briefe von Herma Kuhn-Löwenstein \32

Doch auch einen guten Gedanken hat mir der Kurtl mit meinem Schatten gebracht. Unangenehmes schieb ich künftig auf diesen und es wird ihm nichts übrig bleiben als es gelten zu lassen. Darfst ihm nichts sagen, sonst weiß er´s! Aber eines kann er wissen. Lorbeeren hat er sich keine verdient. Auch nicht, wenn er sich als Held und Retter des Briefes betrachtet.

Ich rufe wehe, wehe über ihn und mein Gehirn durchkreuzen schon furchtbare Probleme, wie ich ihn meine Unzufriedenheit fühlen lassen soll. Da ich aber von Natur aus gutmütig veranlagt bin, besteht die Möglichkeit einer bedingten Strafe mit Bewährungs-frist. Ich hoffe diese Epistel hat ihm gehörig den Nipf genommen sich als Held zu fühlen, wo er nur ungläubiger Sünder ist (a, diese Feder!) � Ein guter Genius war es, der Mama riet, unter die Gesellschaft der Räuber zu gehen. Und die Furchtlosigkeit ihres ersten Raubzuges zeigt schon, dass sie Talent dazu hat.

Es fehlt mir leider der Platz, um auf die Vorzüge dieses Standes einzugehen. Ich hoffe Kurtls böser Blick hat ihr weiter nichts geschadet und sie lässt sich auch nicht abhalten davon, neuerdings auf Raub auszugehen. Glück auf, ich freu mich schon.

Eben komme ich aus der Kirche, wo schon feierlich der Adventkranz brennt. Advent heißt Ankunft. Ich fühle mich wie ein sterbender Christ, der seine Ankunft im Himmel erwartet. Herzliche Grüße an mein Brüderlein und Ella. Brauchen tu ich nichts. Am 11. 1. schreibe ich noch mal. Vielleicht weiss ich dann schon etwas Bestimmtes. Bis dahin küsse ich euch.

Eure Herma

100000000000000 Busserl an großen und kleinen Buam!

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28. Dezember 1941 Meine liebe Mama! Du siehst ich darf schon heute schreiben statt am 14. I. Wissen tu ich noch nichts wegen meiner Entlassung. Vor 14 Tagen wurde ich am Arbeitsamt angemeldet. Glaube aber nicht, dass das mit der Entlassung zu tun hat, sondern, dass dies automatisch an der Anstalt gemacht wird. Sollte also die Auskunft auf der Gestapo, wenn du fragst, wann du mich zu Hause erwarten kannst, verweigert werden, dann ist nur noch möglich, dass ein Anwalt etwas erreicht. Ich denke an Dr. Barsche, der meinen Akt schon kennt. Das kostet natürlich Geld, aber ich weiß, dass du dein Möglichstes tun wirst, gelt? Hoffentlich ist das alles bald nicht mehr nötig und es gibt bald ein Wiedersehen in der Freiheit. Wenn du mir sofort deine Meinung darüber schreibst, kann ich den Brief noch erhalten. Schade liebe Mami, dass du Mamas Zeilen nicht gelesen hast, mir haben sie das Zwerchfell erschüttert. Besonders ihre Vermutung meiner himmlischen Melancholie. Ich dachte ja nicht ans Sterben, sondern an die Glückseligkeit des Wiederernaschens. Re-cuciuata! Auch hat sie mir mit Ahnungen wunderbarer Köstlichkeiten aus deiner Küche den Mund gewässert. Oh und ah, wie ich mich freue wieder in

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deinem Stall zu stehen. Kein Schnoferl wird mehr hingezogen und keines hergezogen, da wird g´schluckt, dass Lamm Godzak seine Freude hätte. Armer, armer Kurtl. Ich sehe in der Tat schon Mamas Haare zu Berge stehen und höre Kurtl seufzend ausrufen: �Herr, sei mir armen Sünder gnädig�. Oder ist er gar nicht so ergebungsvoll und denkt sich, wart nur, ich weiß mir auch ein sorglich gestopftes Weihnachtsgänschen zu rupfen. Nu, wie dem auch ist, ich werde mir beides gefallen lassen, das Stopfen und das Rupfen. Wer war denn der böse Krampus, dass sich mein kleines Hezerl so g´fürchtet hat? Der Hilda werden die Wix nichts gemacht haben, aber Kurtl, ist der �ohne� davongekommen? Ui, da hat sich der Krampus was entgehen lassen! Jetzt ist er ja längst wieder in die Hölle gefahren und das Christkindl ist auch schon auf der Rückreise. Auf eine halbe Stunde hat es sich bei uns eingestellt und das war eine recht nette Feier, mit einem großen Christbaum, Musik und Chor. Weihnachtswetter war es gar kein richtiges, Regen und Wind, gestern hat´s g´türmt und g´schneit, erst heute ist ein herrlicher Wintertag. Bei Euch auch? � Die vergessenen extra Busseln im letzten Brief will ich schleunigst nachholen und Kurtl dafür ganz besonders schöne schicken. Und zu seinem Geburtstag, sollte ich es ihm noch nicht selbst gehen können. Fein, dass Ella und Kurtl in der Wachau waren. Ich grüße alle, alle.

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Das neue Jahr bricht an fürwahr, ´s soll besser sein als das alte war Und wünsche euch, auch das ist klar, ein fröhliches �Prosit Neujahr�. Tausend Küsse von eurer

Herma Schreibt mir noch schnell einmal!