hase und igel - ensikat
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Peter EnsikatTRANSCRIPT
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Pe t e r E n s i k a t
H A S E U N D I G E L
Eine Schelmengeschichte
Nach den Brüdern Grimm
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© henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH 2005Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte,vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichenVortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnungdurch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien.Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt.Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- undstrafrechtliche Folgen nach sich.Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von:
henschel SCHAUSPIELMarienburger Straße 2810405 Berlin
Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplarunverzüglich an den Verlag zurückzusenden.
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P E R S O N E N
Igel
Igelin
Hase
Rabe
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VO R S P I E L
Auf der Bühne liegen verstreut Dekorations- und Kostümteile. Nacheinander kommen die vier Darsteller
in verschiedenfarbigen Grundkostümen auf die Bühne. Sie streiten miteinander wie Zirkusclowns. Die an-
gegebenen Farben sind wahllos eingesetzt. Sie richten sich natürlich nach den gewählten Farben der
Grundkostüme für Igel, Igelin, Hase und Rabe. Die später hinzugefügten Kostümteile sollten keinesfalls
Tierähnlichkeit schaffen, sondern sich auf Andeutungen beschränken.
Der Blaue (Sieht den Grünen von der anderen Seite kommen, erschrickt.)
Wie sieht der denn aus?!
Der Grüne (Ebenso.) Wie sieht der denn aus!?
Der Blaue (Zum Grünen.) Wie siehst du denn aus!?
Der Grüne (Zum Blauen.) Wie siehst du denn aus!?
Beide So kann man doch nicht herumlaufen!
Der Grüne Blau!
Der Blaue Grün!
Beide Häßlich! Komisch! Anders!
Der Grüne Grün muß man sein!
Der Blaue Blau muß man sein!
Der Grüne Blau ist unmöglich!
Der Blaue Grün ist unmöglich!
Der Grüne Grün ist normal!
Der Blaue Blau ist normal!
Beide Du bist ja nicht normal!
Der Weiße (Kommt dazu.) Wie sehn die denn aus?
Grün/Blau Wie sieht der denn aus?
Der Weiße Wie seht ihr denn aus?
Grün/Blau Wie siehst du denn aus?
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Die drei So kann man doch nicht herumlaufen!
Der Weiße Blau!
Der Blaue Grün!
Der Grüne Weiß!
Die drei Häßlich! Komisch! Anders!
Der Weiße Weiß muß man sein!
Der Blaue Blau muß man sein!
Der Grüne Grün muß man sein!
Die drei Blau / Weiß / Grün ist unmöglich!Grün / Blau / Weiß ist normal!Ihr seid ja nicht normal.
Die Bunte (Kommt dazu.) Wie sehn die denn aus?!
Die drei Wie sieht die denn aus!
Die Bunte Wie sehr ihr denn aus!?
Die drei Wie siehst du denn aus!?
Alle vier So kann man doch nicht herumlaufen!
Der Blaue Weiß!
Die Bunte Blau!
Der Weiße Grün!
Der Grüne Bunt!
Alle vier Häßlich! Komisch! Anders!
Der Grüne Grün muß man sein!
Der Blaue Blau muß man sein!
Der Weiße Weiß muß man sein!
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Die Bunte Bunt muß man sein!
Alle vier Blau / Grün / Weiß / Bunt ist unmöglich!Bunt / Weiß / Grün / Blau ist normal!Ihr seid ja nicht normal!Wer ist nicht normal!?
(Während sie weiter streiten, beginnen sie, sich zu kostümieren und die Dekoration
herzurichten.)
Das wollen wir ja mal sehen!Was wollt ihr mal sehn!?Wer ist nicht normal!?Ihr seid nicht normal!Normal ist richtig!Richtig normal! Normal! Normal! Normal …
E R S T E S B I L D
Der Darsteller des Raben beginnt bereits mit seinem Gesang, während die anderen die Dekoration vervoll-
ständigen, etwa die Sonne aufstellen, von der der Rabe singt oder den blauen Himmel glatt ziehen. Gegen
Ende der ersten Strophe verlassen die drei Darsteller die Bühne. Sie „begeben sich in ihre Rollen“.
Rabe Sensation!Die Sonne scheint!Sensation!Am Himmel schon!Sensation!Die Blumen blühn!Sensation!Im Sommer schon!Sensation!Der Himmel blau!Sensation!Am Morgen schon!Sensation! Sensation!Schön die Welt und ich so klug –Weisheit mein Charakterzug!Habe alles selbst erschaut:Sonne, Rüben, Heidekraut!Wiese grün, vom Wind gekämmt.Hier ist nur das Fremde fremd!
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Sensation!Die Fremde fremd!Sensation!Dort hinten schon!Sensation!Nur hier ists schön!Sensation!Wars immer schon!Sensation!Nur hier ist hier!Sensation!Nur wir sind hier!Sensation! Sensation!Hier ist die Welt, die Fremde dort!Hier versteht man jedes Wort!Hier nur Gutes, Böses dort!Stets vereint hier gleicher SinneIgelmann und Igelin!Sensation! Sensation!Auch am frühen Morgen schon!
(Das Igelhaus beginnt zu beben unter dem Krach, den die Igelin drinnen macht.)
Igelin Schlafmütziger Faulpelz! Lichtscheues Stacheltier! Borstiger Tagedieb!Verschlafener Mäuseschreck …
Rabe Herzlich klingt hier jeder Ton!Sensation! Sensation! (Ab.)
(Die Igelin wirft schließlich ihren Mann aus dem Haus. Er läßt widerstandslos alles mitsich geschehen.)
Igelin Nachts nicht hinein und morgens nicht heraus! In die Sonne mit dir,unnütze Schlafborste!
Igel Na und, was soll ich nun hier in der Sonne?Scheint sie nicht ohne mich auch hell genug?
Igelin Nach den Steckrüben sehn sollst du! Deine Arbeit tun sollst du, daß wirmorgen nicht im Hunger stehn und vor den Leuten wie Unkraut!
Igel Was hast du gegen Unkraut, Liebchen? Steht es nicht gut dieses Jahr?
Igelin Den Rüben im Weg stehst, weil du die ganze Woche verschlafen hast,statt zu schaffen wie andre!
Igel Schon, schon … Bloß was werden sie sagen, die Leute, wenn sie michsehen – arbeiten am Sonntag?
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Igelin Was werden sie sagen, wenn sie vor Unkraut die Rüben nicht sehn aufunserm Feld?
Igel Na was schon? Was sie immer sagen, werden sie sagen: Ts, ts, ts, ts, ts …Na und, tut das weh, Herzstachelchen.
Igelin Verachten werden sie uns, die Leute!
Igel Schau weg, wenn dich einer verachtet.
Igelin Halt ich nicht Ordnung wie alle? Ja, dich störts nicht, wenn die Leuteschaun, wie sie schaun. Du bist eben du, und das reicht dir.
Igel Recht hast du.
Igelin Aber mir reicht es nicht, und mich störts!
Igel Ja, leicht hast dus nicht mit dir.
Igelin Mit dir hab ichs schwer, mit dir! Stehst da wie ein Stück Unglück undhast ein zufriedenes Gesicht … Aber was rede ich noch!?
Igel Ja, was redest du noch?
Igelin Tu, was ich sage und Schluß!
(Sie wirft ihm eine Hacke zu und geht ins Haus zurück. Man hört sie laut wirtschaften.)
Igel Recht hat sie – Sünde wärs, die Sonne im Bett zu verschlafen. (Er be-reitet sich ein Lager im Unkraut.) Möchte wissen, was sie stört am Unkraut,die Leute. Liegt sich doch weich, und man wird nicht belästigt durchneidische Blicke. Und wächst von allein, muß man nicht hätschelnwie Rüben.
(Er legt sich hin und schläft. Der Rabe kommt aufgeregt zurück, um den Auftritt desHasen anzukündigen.)
Rabe Sensation!Der Hase naht!Sensation!Im Sonntagsstaat!Sensation! Sensation!Auf dem Weg zu seinem Kohlsingt er schön wie ein Pirol.Feiner mann von Kopf bis Fuß!Unserm Hasen unsern Gruß!
(Der Hase kommt, sehr elegant, grüßt lässig den Raben und singt.)
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Hase Merci bonbonBonjour MonsieurMa chaiselongueMadame adieu
Bon bon bonjourAdieu MadameMerci retourCherchez la femme
Merci bonbonMon pralinéMa chaiselongueMa chicorée…
(Er stolpert über den im Unkraut liegenden Igel und fällt hin.)
Rabe Sensation!Der Hase tratfehl und dasim Sonntagsstaat!Sensation! Sensation!Ich, der Weise, aber sah,wie der böse Fall geschah!unverschämtes Stachelschweinstellte edlem Hasen Bein!Provokation! Provokation!
Hase (Steht schnell auf und bringt seine Sachen in Ordnung.) Wer hat mir ein Beingestellt? Dieser Stein mit Stacheln da? Dieses minderwertige Bosten-stück? Legt sich mir in den Weg, nur um mir ein Bein zu stellen!
Igel Wie kann ich hier auf meinem Acker einem im Weg liegen, bestere Herr?
Rabe Wo ein Hase geht, da ist ein Weg.
Hase Das soll ein Acker sein? Ich seh nichts als Unkraut!
Igel Von oben vielleicht. Von unten ist klar zu erkennen, hier wachsen auchRüben – Kraut und Rüben sozusagen.
Rabe Nur Unkraut! ich seh es deutlich, denn ich habe den Überblick hier.Gib es ihm, Hase! Du bist der Edlere, und der Edlere braucht nichtnachzugeben. Das sagt dir der Weise.
Hase Hast du gehört, was er sagt? Und das sagen alle: der Edelste bin ichund der Schönste. Seit frühester Kindheit sagen sies mir, und ichglaubs jetzt, weils wahr ist.
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Igel Na, wenn du der Schönste bist, dann geh mal schön aus der Sonne undlaß mich schlafen.
Rabe Er wagt es, dich zu duzen, als wär er ein Herr wie ich oder du!
Igel Wenn es dir leichter fällt, per Sie aus der Sonne zu gehen, dann gehenSie bitte, aber mach schnell.
Hase Ich aus der Sonne! Mon dieu, ich spreche zehn Worte französisch!
Rabe Also beinahe perfekt!
Hase Noch nie hat mich einer aus der Sonne geschickt. Aus dem Weg,Borstenlump! Stachelschwein!
Igel Was strengst du dich an? Ich versteh kein Französisch.
Hase Versteht kein Französisch und legt sich mir in den Weg!
Rabe Das Unkraut soll er rupfen, daß du hier entlanggehen kannst.
Hase Jawohl, ich bins gewöhnt, daß man mir meinen Weg ebnet, also hab icheinen Anspruch darauf.
Rabe Nur wer Ansprüche stellt, ist etwas Besseres!
(Da der Igel gar nicht mehr reagiert, wird der Hase immer hilfloser.)
Hase Er gehorcht nicht! Bildet sich ein, ich wäre nichts Besseres!
Rabe Wo führt das hin, wenn das Mindere sich gleichwertig fühlt!? Zeig ihm,daß du etwas Besseres bist!
Hase (Noch hilfloser, also lauter.) Zum letztenmal – dernier cri, wie der Franzosesagt – gib den Weg frei! Du gehorchst nicht? Was mir nicht gehorcht,das achte ich nicht! (Kläglich.) Was ist das für einer, den meine Verach-tung nicht stört? Was ist das für eine Welt?
Rabe Die Welt ist in Ordnung, nur der da stört.
Hase Dann soll er verschwinden! Was stört, muß weg. Hörst du nicht, du …du… Krummbein!
Igel (Springt plötzlich wütend auf.) Sagte hier einer Krummbein, und sagte eseiner zu mir?
Hase (Überrascht.) Allerdings sagte ich Krummbein, und wenn es dich ärgert,dann wiederhole ich es: Krummbein!
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(Fassungslos weicht der Igel zurück.)
Rabe Sensation!Der Has erreicht –Sensation! –daß Igel weicht!Sensation! Sensation!Hase hat als Mann von WeltOrdnung wieder hergestellt.Ich, der Weise, habs gesehnund berichte, wies geschehn!Sensation! Sensation …(Rasch ab.)
Igel Nicht wahr, verhört hab ich mich?
Hase Nein, ich sagte Krummbein und wiederhole es, so oft es dich kränkt:Krummbein …
Igel Das ist kein Französisch, das ist eine Frechheit!
Hase Die Wahrheit ist es – Krummbein.
Igel (Schreit unvermittelt.) Hast du auch so ein Sausen im Ohr?
Hase Du hast kein Sausen im Ohr, willst nur nicht hören, wie ich dichnenne: Krummbein! Krummbein!
(Die Igelin kommt mit einer Bratpfanne aus dem Haus gestürzt.)
Igelin Wer wagt es, dich zu verspotten, mein Herzensstachel? Keine Angst,ich komme dir zuhilfe!
Igel (Resigniert zum Hasen.) Das hast du davon – meine Frau kann nichtsüberhörn. Meine Ruhe ist hin. (Er läuft seiner Frau entgegen.) Der Herrspricht französisch, Liebstachelchen. Laß ihn reden, wir verstehns janicht!
Igelin (Läßt sich von ihrem Mann nicht aufhalten.) Und was sagt er da auf franzö-sisch, der feine Herr?
Hase Ich sag, daß das kein Rübenfeld ist, sondern nur Unkraut.
Igelin (Sofort gegen ihren Mann.) Hab ichs dir nicht gesagt, daß sies sagenwerden, die Leute? Recht haben sie, weils wahr ist.
Hase (Glaubt in der Igelin eine Verbündete gegen den Igel gefunden zu haben.)Liegt nutzlos im Weg, statt das Unkraut zu ziehn.
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Igelin So, herumgelegen hast du, statt zu tun, was ich sage?
Hase Ein Bein gestellt hat er mir!
Igelin Pfui, Mann!
Hase Und regt sich auf, wenn ich Krummbein sage zu ihm!
Igelin Was sagst du?
Hase Krummbein sag ich, nicht mehr und nicht weniger.
Igelin Das läßt du dir gefallen, liebster Mann unter der Sonne und schweigstnoch dazu? Sah man je schönere Beine als die?
(Sie beginnt singend die Beine ihres Mannes zu preisen, führt ein wahres Ballett auf.
Dem Igel ist es zu Anfang peinlich. Der Hase amüsiert sich über die beiden.)
Sah man je so feine Beine,wie gerade seine Beine?
Igel Irgendwie …
Igelin Man sah sie nie!
Igel Meine Beine –
Igelin Deine Beine –welch ein kühner Schwung!Standbein, Spielbein, Sprung –Wunder der Natur,Krönung der Figur!
Hase Sah man je so krumme Beinewie gerade seine Beine?Mon chérie,man sah sie nie!
Igelin Seine Beine?
Igel Meine Beine?
Igelin Dieser kühne Schwungweckt Bewunderung!
Beide Standbein, Spielbein, Sprung –welch ein kühner Schwung!
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Hase Ach, wie komisch – ihre Beinesind so krumm wie seine Beine!
Igelin Meinst du die?
Igel Das meint er nie!
Hase Deine Beine,seine Beine –Krummbein er und sie!
Igelin Das ertrag ich nie!
Igel Diese Beine krumm?Frau, der Kerl ist dumm!
(Die Igelin fällt in Ohnmacht, ihr Mann fängt sie auf. Der Hase kann sich kaum halten
vor Lachen.)
Hase Krummbein, ich verzeihe dir, daß es dich gibt. Nein, es gibt nichtsAmüsanteres als abstehende Ohren, dicke Bäuche und krumme Beinebei andern. Wie schön wir Geraden uns abheben von allem, was krummist!
Igel Reichts dir nicht, so was Dummes zu denken, mußt dus auch sagen?Siehst du nicht, was du anrichtest mit deinem Geschwätz?
(Der Rabe ist wieder aufgetaucht, sieht die ohnmächtige Igelin im Arm ihres Mannes
und zieht sofort seine Schlüsse daraus.)
Rabe Sensation!Die Igelin liegt –Sensation!in Ohnmacht schon!Sensation!Der Hase brichtFrauenherzam Morgen schon!Igel krummvor Liebesschmerz.Sensation! Sensation! (Ab.)
Hase Adieu, Krummbein! Das nächstemal gehst du wohl aus dem Weg, wenneiner wie ich kommt.
Igelin (Kommt ganz kurz, aber hellwach aus ihrer Ohnmacht.) Wenn du den ungestraftgehen läßt, kannst du gleich mitgehen, Mann!
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Igel (Fängt sie mechanisch wieder auf.) Siehst du, in welch eine Ohnmacht du siegestürzt hast? Mir kannst du sagen, was du willst, ich hör drüber weg.Aber hast du nicht wenigstens Achtung vor Damen?
Hase Das ist der Gipfel! Dame nennt ein Krummbein das andre! Dame – soein krummbeiniges Borstenstück! Wenn das kein Witz ist, hab ichkeinen Humor! (Er geht lachend ab.)
Igelin (Erwacht endgültig aus ihrer Ohnmacht.) Mann, jetzt ist aber Schluß! Unter-nimm, was du für nötig hältst!
Igel Na, ich wird wohl mehr unternehmen müssen, was du für nötig hältst.Wo ist er denn hin? Siehst du nicht, daß er schon weg ist? In die Fluchtgeschlagen hab ich ihn, während du hier in deiner schönen Ohnmachtgelegen hast.
Igelin Nichts hast du. Jedes Wort hab ich gehört!
Igel (Wütend.) Mußt du denn auch immer hinhörn, was die Leute reden?Kannst du nicht wenigstens in der Ohnmacht mal weghörn?
Igelin Müssen wir uns alles gefallen lassen? Sind wir denn nichts, nur weil wiranders aussehn als der?
Igel Sind wir denn nichts, nur weil der sich mehr fühlt? Schon gut, ich wirdnoch mal reden mit ihm.
(Der Igel will sich wieder hinlegen, aber die Igelin hält ihn fest.)
Igelin Handeln sollst du. Reden wird ich und sofort.
Igel Na, zuhörn werd ich ja im Liegen auch können. (Er hält sich die Ohren zu
und legt sich hin.)
Igelin (Ruft.) Heda, Hase von einem Hasenfuß, aufgeblasenes Langbein!Hier steht eine Dame …
(Der Hase kommt, an einem Kohlkopf knabbernd, zurück.)
Hase Was redest du da, Krummbein? Ich seh nur dich, und du stehst mirschon wieder im Weg.
Igelin Das ist doch … (Schreit.) Mann! Hast du gehört, was er sagt?
Igel (Taucht rasch wieder auf.) Jedes Wort. Was hat er gesagt?
Igelin Daß ich du bin!
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Hase (Sieht amüsiert zwischen beiden hin und her.) Tatsächlich, du bist das andereKrummbein! Ist das nicht komisch? Ihr gleicht euch wie ein Krumm-bein dem andern. Zum Totlachen!
Igel Halt endlich den Mund! Siehst du denn nicht, daß sie einen Rock trägt?
Hase Aber sonst ist sie genauso ein krummbeiniges Borstenstück wie du.Ich wette, sie hat auch genauso viel Flöhe!
(Der Igel springt rasch zu seiner Frau, um sie aufzufangen. Aber sie besinnt sich und
fällt nicht in Ohnmacht.)
Igelin Stürz dich auf den, nicht auf mich! Hab ich es nötig, mich beleidigenzu lassen von so einem. Wozu hab ich dich denn? Ich geh, und dukommst mir nicht mehr ins Haus, eh du die Sache in Ordnung gebrachthast.
(Sie geht zum Haus, der Igel läuft ihr verzweifelt nach. Der Hase sieht ihnen amüsiert
zu.)
Igel Aber Frau, du kannst mich doch nicht aussperren für das, was andre unsantun? Was soll ich denn machen? Was werden die Leute sagen, wennsie mich stehn sehn vor der eignen Tür?
Igelin (Riegelt von innen ab.) Kümmerst dich sonst ja nicht drum!
Igel Und ob ich mich kümmer. Um alles kümmer ich mich, auch wenn ichsnicht zeig … Weißt du denn, was du verlangst? Daß ich die Dummheitdazu bringe, sich für sich selbst zu entschuldigen.
(Der Igel bleibt verzweifelt vor der verschlossenen Tür stehen und singt. Der Hase hört
ihm amüsiert zu.)
Nichts ist auf der Welt vollkommen –Weisheit nicht und Schönheit nicht.Wär ich weise – angenommen –oder schön, was auch schön wär,wär ich niemals schön genugoder gar genügend klug …
Rabe (Kommt wieder, sieht den Igel hilflos vor der Tür stehen und weiß sofort, was passiert
ist.)
Sensation!Die Iglin schonvor dem eig-nen Mann geflohn!Sensation! Sensation!
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Igel vor verschlossner Tür.Hase schön, kann nichts dafür.Rabe weise, denn er sieht,was warum und wie geschieht.Sensation! Sensation … (Ab.)
(Während der Igel weitersingt, beginnt der Hase, spielerisch auf dem Feld des Igels
Unkraut zu rupfen.)
Igel Nur die Dummheit ist vollkommen,hält sich selbst für makellos.Von sich selber eingenommen,ist die Dummheit grenzenlos.Dummheit hält sich selbst für klug.Nur der Dumme weiß genug.(Geht plötzlich wütend zum Hasen.) Was machst du noch hier auf meinemAcker? Bin ich dir nicht aus dem Weg gegangen, und du bist immernoch da!?
Hase (Überlegen.) Krummbein, ich habe beschlossen zu bleiben. Es gefälltmir bei dir, und der Acker gefällt mir erst recht. Ein idealer Platz, ummeinen Kohl anzubauen.
Igel (Versteht nicht.) Auf meinem Acker?
Hase Auf meinem. Denn ich mache erst einen daraus. Du hast ihn brach-liegen lassen, also willst du ihn nicht. Der Rabe ist mein Zeuge.Soll ich ihn rufen?
Rabe (Taucht sofort auf.)
Sensation!Man ruft nach mir!Sensation!Schon bin ich hier!Sensation! Sensation!Bin die Weisheit in Person!
Hase Stimmt es, weisester aller weisen Raben, daß du gesagt hast, dies istkein Acker, sondern nur Unkraut?
Rabe Wenn ichs gesagt habe, stimmt es natürlich. Zweifel dulde ich nicht!
Igel Aber ihr könnt mir doch meinen Acker nicht nehmen!
Hase Wir können alles, denn wir sind die Besseren. Stimmts etwa nicht,weiser Rabe?
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Rabe Natürlich sind wir die Besseren. Ich möchte sogar sagen, wir sind dieBesten, während du nur ein Krummbein bist.
Hase Und wie kann etwas, was gar kein Acker ist, dein Acker sein?
Rabe Sehr richtig! Das könnte ich gesagt haben. Also spreche ich das Urteil:Dieser Acker hier ist kein Acker und gehört infolgedessen auch nichtdem Igel.
(Der Igel will protestieren.)
Kein Widerspruch! Das Urteil ist gesprochen. Ich will es der Weltmitteilen. Sensation! Sensation! (Schnell ab.)
Igel (Immer noch fassungslos.) Das kann nicht euer Ernst sein … Mein Acker …
Hase Aus dem Weg!
Igel Ich bins gewöhnt, aus dem Weg zu gehen, allem. Aber einmal istSchluß – jetzt!
Hase Du willst doch nicht etwa kämpfen mit einem wie mir?
Igel Was bleibt mir denn übrig? Los, greif mich an!
(Er rollt sich zusammen. Der Hase weicht zurück.)
Hase Stacheln weg, Untier! Ein Hase von meiner Rasse schlägt sich dochnicht mit einem krummbeinigen Kaktus!
Igel Denkst du, ich schlage mich zu meinem Vergnügen? Geh mir vom Acker!
Hase Hilfe! Das Untier greift an!
Igel (Steht verzweifelt auf.) Siehst du denn nicht, daß ich mich zum Angriffnicht eigne?
Hase Zu nichts eignest du dich als zum Gespött! Einer wie du sollte sichlieber verkriechen, wenn einer wie ich kommt, davonlaufen, so schnellihn seine krummen Beine nur tragen!
Igel Davonlaufen … Einfach davonlaufen … (Er verschwindet im Unkraut.)
Hase So ist es recht – mir aus den Augen.
Igel (Taucht plötzlich dicht vor dem Hasen wieder auf.) Gar nicht so unnütz dasUnkraut, findest du nicht?
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Hase Hilfe, wie kommst du hierher? Oder bist du der andre, das krumm-beinige Weib?
Igel Ich bin ich, ganz einfach, und ich hab zwei Beine wie du und einenKopf – anders als du … Wie wärs mit einem Wettlauf zwischen unsbeiden, hier auf dem Acker. Wer den Wettlauf gewinnt, soll das Feldauch behalten. Wer verliert, läßt sich hier nicht mehr sehn.
Hase (Glaubt, sich verhört zu haben.) Das kann nicht dein Ernst sein – du willstmit mir um die Wette laufen?
Rabe (Überquert die Bühne, ohne auf Hase und Igel zu achten.)
Sensation!Die Hähne krähn!Sensation!Gibts was zu sehn?Sensation!Ich fliege schon!Sensation! Sensation!Denn nur das, was ich gesehn,darf und ist geschehn! (Ab.)
Igel Dein weiser Freund, der Rabe, soll unser Schiedsrichter sein.
Hase Krummbein, du bist unbezahlbar! Zu meinem neuen Acker lieferstdu mir auch noch das Vergnügen, dich völlig lächerlich zu machen –ein Wettlauf mit mir! Rufe den Raben. Der Spaß gefällt mir!
Igel Im Moment ist mir leider der linke Fuß eingeschlafen. (Humpelt plötzlich.)
Und immerhin gehts um meinen Acker. Sagen wir also, nachmittagsum drei. Da ist er bestimmt wieder wach. Ich sag dann dem RabenBescheid.
Hase Von mir aus um drei. Das wird ein Wettlauf, Krummbein!
Igel Wirds – Kopf gegen Hohlkopf.
Hase Grad gegen krumm. Ich lach mich tot, Krummbein! (Ab.)
Igel Krummbein … Weshalb trifft uns das so? Wer sagt denn, daß gradschöner ist?(Singt.) Nichts ist auf der Welt vollkommen,aber jeder will es sein.Wär es einer – angenommen –Was sollt das für einer sein?Wer bestimmt, was grad, was krumm ist?Und wer weiß, was klug, was dumm ist?
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Igelin (Sieht aus dem Fenster.) Steht in der Sonne und singt, als wäre die Weltschon in Ordnung. Hast den Hasen also davongehen lassen?
Igel Hab ich, Frau, hab ich. Froh bin ich, daß er weg ist. Leider kommt ernoch mal zurück. Aber laß mich nur machen. Wir werden schon fertigmit ihm.
Igelin Das will ich dir raten. Vorher brauchst du an die Tür hier nicht mehr zuklopfen. (Damit will sie das Fenster wieder schließen.)
Igel (Schnell.) Sag, Frau – eine Frage nur noch: sind meine Beine nicht dochetwas krumm?
Igelin Grad oder krumm – schön sind sie. Meinst du, ich hätt einen ge-nommen mit häßlichen Beinen?
Igel Warum stört es dich dann, wenn einer sie krumm nennt?
Igelin Weil ich mir nicht schlechtmachen laß, was ich gern hab!(Damit knallt sie das Fenster zu.)
Igel Erklärt mir die Liebe und läßt mich allein mit dem Hasen um dieWette laufen … Was bin ich denn ohne sie? Ein lächerliches Krumm-bein (Haut sich auf den Mund.) – jetzt sag ichs schon selbst! Und laß mirmeinen Acker einfach so nehmen … Frau, hör doch! Liebstichelchen,Herzensborstel …
Igelin (Kommt wieder ans Fenster.) Willst du wohl schweigen mit deinem Mund!Weißt du nicht, wie mich das schwach macht, wenn du Herzensborstelsagst oder so was?
Igel Natürlich weiß ich das, Gott-sei-Dank, weiß ichs. (Singt.)
Ach Liebe!
Igelin Ja, Liebster?
Igel Du mein Stachelrock!
Igelin Still, mein Borstenbock!
Igel Schön scheint jede Einzelheitmir an deinem Stachelkleid.
Igelin Mir dein Igelkopf.
Igel Mir dein Stachelschopf.
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Igelin Kann ein andres Beinetwas schöner seinals des Igels Beinfür die Igelin?
Igel Wenn ich dich anseh,Igelfrau, dann sehich, wie schön es ist,daß ich Igel bin …
(Während des Duetts ist dem Igel gelungen, was er vorhatte – seine Frau aus dem Hauszu locken.)
Igelin Schön, schön. Hast mich also wieder herumgekriegt. Aber zu essengibts nichts, ehe das Unkraut von unserm Feld ist.
Igel Frau, verlang, was du willst von mir, aber nicht, daß ich das Unkrautanfaß vor unserm Wettlauf. Da staunst du jetzt, was? Um die Wettewerden wir laufen, der Hase und wir. Und dem Sieger gehört dann unserAcker … (Unterbricht sich erschrocken.)
Igelin Was sagst du da? Wem gehört unser Acker?
Igel Was sollte ich machen gegen die beiden? Hase und Rabe … Wie sollsich unsereins wehren, wenn nicht mit List? Hab Vertrauen zu mir, dasRennen ist schon so gut wie gewonnen!
Igelin Reichts nicht, daß die Leute lachen über uns? Mußt du gleich alles aufsSpiel setzen?
Igel Darfst mich nur nicht im Stich lassen, dann …
Igelin Mir aus den Augen, geh!
Igel (Käglich.) Ja, bin ich der Herr hier im Haus oder bin ich es nicht?
Igelin Herr – du! Sieh dich doch an – kein Knopf an der Jacke, die Hose nurFalten! Was hab ich geliebt an dir, frag ich mich!
Igel Mich, dacht ich, wirst du lieben, nicht meine Hosen. Hör mich an, unddann sag mir, ob mein Plan gut ist oder nicht. Sind wir uns denn nichtähnlich genug?
Igelin Äußerlich, ja. Aber nicht hier und nicht da. (Zeigt auf Kopf und Herz.)
Igel Gucken die Leute nach hier und nach da? Gucken sie nicht bloß, wiewir aussehn? Hat dich der Hase mit mir verwechselt oder hat er dasnicht? Wird uns der Rabe genauso verwechseln, wenn er den Schieds-
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richter spielt? Halt den Mund, wenn ich dich was frag. Natürlich wirder. Wird einer den Unterschied merken, wenn ich hier am Start stehund du dann im Ziel? Wird er nicht. Hab ich das Unkraut zu meinemVergnügen gezüchtet, oder hats einen Sinn? Nun red doch auch malein Wort!
Igelin Was soll ich reden, wenn du schon fast alles gesagt hast?(Sie verschwindet im Haus.)
Igel (Erleichtert.) Schön, wenn man sich so ohne Worte versteht!
Rabe (Überquert eilig die Bühne, ohne den Igel zu sehen.)Sensation!Nichts ist geschehn!Sensation!Habs selbst gesehn!Sensation! Sensation!Auch das Nichts ist hier noch schön! (Ab.)
(Die Igelin kommt in Männersachen aus dem Haus.)
Igel Das nenn ich Tatkraft! Aber wolln wir nicht essen vorher? Das Rennenist erst um drei.
Igelin Kümmer du dich ums Essen. Ich kümmer mich jetzt um den Raben.Ich mach mich nicht zum Gespött!
Igel Machst du nicht, verlaß dich auf mich!
Igelin Ich hab mich verlassen, und was ist herausgekommen? Um unsernAcker müssen wir rennen. Die Sache ist zu ernst, um sie euch Männernzu überlassen. Riechst du nichts?
Igel Was soll ich riechen? Rübenschnitzel riech ich. Kann kaum noch einenklaren Gedanken fassen, seit ich riech, was es gibt heute mittag.
Igelin Dann riech mal gut hin.
Igel Angebrannt riechts! Ich kümmer mich drum!
(Er verschwindet schnell im Haus. Die Igelin ahmt Gang und Stimme ihres Mannesnach.)
Igelin Angebrannt riechts! Ich kümmer mich drum … Immer hats mich ge-grämt, daß ein Igel aussieht wie der andre. Jetzt kann es uns retten.(Sie ruft.) Herr Rabe von Rabe zu Rabenstein!
(Der Rabe erscheint sofort.)
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Rabe Sensation!Man ruft nach mir!Sensation!Da bin ich schon!Sensation! Sensation!Keiner weiß so gut wie ich,hier geht gar nichts ohne mich.
Igelin Darf ich dir ein Rätsel aufgeben, weiser Rabe?
Rabe Für mich gibts keine Rätsel. Ich hab schon alle gelöst.
Igelin Dann sag mir, wer bin ich?
Rabe (Hält sich die Augen zu.) Laß mich nachdenken.
Igelin (Bemerkt ebensowenig wie der Rabe, daß der Igel am Fenster lauscht.)Wärs nicht einfacher, einen Blick zu werfen auf mich, daß du siehst,wer ich bin?
Rabe Sehen? Muß ich erst sehn, um zu wissen? Ein ganzes Buch hab ichgelesen und habe nun eine Anschauung von der Welt und den Dingen.Wo andere tausendmal hinsehen müssen, bin ich längst überzeugt,die Wahrheit zu wissen. Du bist … (Er nimmt kurz die Hand von den Augen.)Der Igel bist du, der ohne Acker.
Igel Hab ich nicht gesagt, daß ers sagt? (Unbemerkt verschwindet er wieder vomFenster.)
Igelin Und kein Irrtum ist möglich?
Rabe Ein Irrtum – was ist das? Du bist, was ich sage. Also bist du der Igel.Das ist doch logisch. Du möchtest gern mehr sein, Hase vielleicht odergar Rabe. Aber Igel bleibt Igel, denn Weisheit läßt sich nicht täuschen.
Igelin Wenns so ist, dann bist du berufen …
Rabe Das ist das Wort: berufen! Viele sind auserwählt, aber ich bin berufen.Du sagst, was ich weiß. Das ist nicht dumm von dir.
Igelin Berufen bist du, Richter, Zeuge und Chronist unseres Wettlaufs zuwerden.
Rabe Was heiß da werden? Ich werd nichts, ich bin alles. Richter, Zeuge undChronist! Ja, ich werde das Lied singen zum Wettlauf! Von welchemWettlauf?
Igelin Zwischen Hasen und Igel.
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Rabe Natürlich, zwischen … Du willst mit dem Hasen …
Igelin Was heißt da wollen? Schließlich gehts um unsern Acker. Könnte sein,daß du das noch nicht wußtest?
Rabe Kann es nicht, wär ja nicht logisch. Hab ich nicht selbst das weiseUrteil gefällt? Nur weiß ich so viel, daß ich mir nicht alles merkenkann. Soll ichs dir singen, das Lied eures Wettlaufs? Ich kann es schonauswendig.
Igelin Ehe das Rennen gelaufen ist?
Rabe Gerade vorher weiß ich immer alles am besten. Ich platze vor Weisheit.Ich muß einfach singen! Wenn du willst, stimm mit ein. Ich bin nichtzu stolz, mich auch von Geringeren besingen zu lassen. (Er singt.)
Kann es nicht verschweigen –Weisheit ist mir eigen.Habe selbst entdekt,daß sie in mir steckt!
Igelin Oh wie weise,hat er selbst entdeckt,daß sie in ihm steckt.
Rabe Bin, so weit ich schaue,hier der einzig Schlaue.Seh, was keiner sieht,auch, was nicht geschieht.
Igelin Oh wie weise, oh wie weise,sieht, was keiner sieht,auch, was nicht geschieht.
Rabe Ach, so große Weisheitgabs nicht seit der Eiszeit,und mein Schverstandhat das selbst erkannt.
Igelin Oh wie weise, oh wie weise –und sein Sachverstandhat das selbst erkannt!
Rabe Nein, diese Weisheit darf nicht unter uns bleiben. Die Welt dürstetdanach …
Igelin Aber vergiß nicht, heute nachmittag um drei hier auf dem Acker!
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Rabe Vergessen? Ich bin unvergeßlich! (Ab.)
Igelin Wärs nicht so ernst, man könnte lachen, wieviel Dummheit in einemKopf Platz hat.
(Der Igel kommt eilig aus dem Haus und serviert das Essen. Er tut so, als bemerke er
seine Frau gar nicht.)
So schnell bist du nur, wenns ums Essen geht.
Igel (Unverändert eifrig den Tisch deckend.) Zum Glück, Frau, zum Glück. So habich die Schnitzel noch retten können. Immer hab ich gedacht, essenkönnte ich nur, weil ich Mann bin. Doch was seh ich – Männer könnengenauso gut kochen. Zu Tisch, Weib, zu Tisch!
Igelin Und deinen Wettlauf hast du vergessen?
Igel Hab ich, Frau, hab ich. Stell dir vor, ich stell mir vor, er geht schlechtaus. Müßte mir nicht der Appetit vergehn?
Igelin Stell dir vor, ich mach nicht mit!
Igel (Hält ihr rasch den Mund zu und nötigt sie auf ihren Stuhl.) Siehst du, wenn ichmir so was vorstellte, wie bekäm ich nur einen Happen hinunter vondeinen herrlichen Schnitzeln? Und schon wärst du verstimmt, weilmir dein kostbares Essen nicht schmeckt. Meinst du, ich will dichverstimmen, jetzt, wo ich dich brauche, wie sonst auch, mein Herz-stachelchen …
Igelin Hör auf mit deinen Sprüchen, Mann!
(Er beginnt zu essen und seine Frau zu füttern.)
Weißt du, was der Rabe hat?
Igel Keine Sorge! Iß dich satt!
Igelin Nennt sich selber klug und weise.
Igel So was nenn ich Götterspeise.
Igelin Nennt sich weise, redet Stuß.
Igel Ja, es ist ein Hochgenuß.
Igelin Dümmres hab ich nie gesehn.
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Igel Laß es auf der Zung zergehn.
Igelin Dümmer als der Hase noch.
Igel Ja, ich bin ein Meisterkoch.
Igelin Zeuge, Richter und Chronist.
Igel Schön, wenn man gesättigt ist.
(Er beginnt, sich und seiner Frau ein Lager im Unkraut zu bereiten.)
Igelin Dummheit muß man doch bestrafen.
Igel Nach dem Essen muß man schlafen.
Igelin Hörst du mir denn gar nicht zu?
Igel (Nötigt seine Frau, sich neben ihn zu legen.) Schlaf in guter Ruh!
Igelin (Kommt noch mal hoch.) Aber schiefgehen kanns doch. Der Rabe sieht, waser will, nicht, was ist. Und was soll dann aus uns werden? Mann, deineRuhe möcht ich haben.
Igel (Im Halbschlaf.) Ja, meine Ruhe möchte ich haben.
Z W E I T E S B I L D
Nachmittag desselben Tages. Der Igel liegt noch im Unkraut und schläft, während die Igelin, fertig ange-
zogen, eilig aus dem Haus kommt. Sie stolpert fast über ihren schlafenden Mann.
Igelin Mann möchte es nicht glauben – liegt in der Sonne und schläft, undgleich wird es drei sein!
Igel Wie kann einer schlafen, wenn du so herumschreist?
Igelin Wie kann einer schlafen, wenn es um alles geht für ihn und die Seinen?
Igel Grad wenns um alles geht, möchte man ausgeschlafen sein.
(Er ist aufgestanden, seine Frau beginnt, seinen völlig zerknautschten Anzug in
Ordnung zu bringen, während er versucht, ihren unordentlicher zu machen.)
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Igelin Wie soll mich einer verwechseln mit dir, frag ich mich!
Igel Frag ich mich auch, Frau, frag ich mich auch. Aber sie werdens, verlaßdich darauf.
Igelin Zieh dir den Hut ins Gesicht … Nein, nicht so, so!
Igel (Knöpft ihr die Jacke auf.) Kein Mann knöpft zum Wettlauf die Jacke zu!
Igelin (Bindet ihm die Schnürsenkel zu.) Aber die Schnürsenkel bindet man sich.
Igel Wenn man wirklich laufen muß, aber wir laufen doch gar nicht.
(Man hört den Raben kommen.)
Lauf schon, der Rabe!
Igelin Wenns nicht um den Acker ginge und um uns …
Igel (Schiebt seine Frau weg und verschwindet selbst.) Es geht aber darum, laufschon!
(Im selben Moment erscheint singend der Rabe.)
Rabe Sensation!Der Kampf beginnt!Sensation!Ich singe schon!Sensation!Wer siegt, das weiß –Sensation!ich vorher schon.Sensation!Auf jeden Fallsing ich hier und überall:Sensation! Sensation!Was es sei, ich bin dabei –Rabe, Adler, Papagei,Richter, Zeuge und Chronist,Streicher, Bläser, Harfenist!Was geschieht, ich spiel dabeiTrommel, Geige und Schalmei.Sensation! Sensation!Ich mach jeden Furz zum Ton!
(Der Hase kommt sehr sportlich und elegant. Er singt, während er eine Trainingsrunde
dreht.)
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Hase Attention! Attention!Beaujolais und Malzbonbon!Jalousie –schon compris!Bin Monsieur und Laufgenie!
Attention! Attention!Igelpack und Compagnon!Mein das Feld,mein die Welt,bin ein ziemlich großer Held!
Rabe Sensation! Sensation!Das ist die Schönheit in Person!Sensation! Sensation!Kam und sah und siegte schon!Sensation! Sensation!
Dem Sieger unseren Gruß! Dein ist der Acker, soviel steht fest, edlerHase.
Hase Du darfst Monsieur zu mir sagen.
Rabe Natürlich, wer, wenn nicht ich, dürfte so etwas sagen. Ich heiße dichin meinem allerweisesten Namen willkommen.
Hase Au revoir, mein Lieber, au revoir!
Rabe Willst du uns schon verlassen, vor deinem Sieg?
Hase Ich sagte au revoir. So grüßt der Franzose.
Rabe Ach ja, der Franzose – auch so ein Fremder … Aber ich kenne ihn.Sehr fremd kann ich nur sagen, sehr fremd. (Er baut sich vor einem imagi-nären Publikum auf wie zu einer Ansprache.) Ich grüße alle, die erschienensind, meinem Gesang zu lauschen!
(Im Folgenden versuchen Hase und Rabe immr brutaler, einander in den Hintergrundzu drängen.)
Hase Ich grüße alle, die erschienen sind, meinen Lauf zu bewundern!(Er knufft ihn kurz mit dem Ellenbogen.)
Rabe (Knufft zurück.) Keine falsche Überheblichkeit! Was ist dein Lauf gegenmein Singen vom Laufen?
Hase Als Monsieur bleib ich natürlich höflich. (Er tritt den Raben.) Doch wasist dein Chanson gegen mein trottoir?
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Rabe (Tritt den Hasen.) Mein Chanson ist ein Lied, das alle Trottoirs der Weltüberstrahlt.
Hase Attention, Monsieur! Ich verliere die Fassung. (Schlägt jetzt offen auf den
Raben ein.)
Rabe (Schlägt zurück.) Und ich meine Würde.
Hase (Kreischt.) Nichts geht über das, was ich bin.
Rabe (Ebenso.) Du bist nur, was ich singe!
(Während sie sich weiter schlagen, bemerken sie nicht, daß der Igel kommt und ihnen
zuschaut.)
Igel Stör ich? Ich mein, wenn die Herren beschäftigt sind, wird der Wettlaufverschoben, und ich behalt meinen Acker und verzichte auf die Genug-tuung, schneller zu sein als der Hase.
(Der Hase läßt vom Raben ab und will sich auf den Igel stürzen, der aber geschickt
ausweicht.)
Hase Das möchtest du, Krummbein! Jetzt, da die Stunde deiner Schandegeschlagen hat!
Igel Hat es geläutet? Nichts hab ich gehört. So gut hab ich geschlafen.
Hase Ja, faulenzen ist das einzige, wozu du taugst. Aber damit ist Schluß!Jetzt wird gelaufen und dann verschwindest du vom Acker. Hier istkein Platz mehr für dich, Krummbein!
Igel Platz ist genug, scheint mir. Aber wenn du findest, er reicht nicht füruns beide, dann setz auch dein Kohlfeld, damit am Ende den Sieger derVerlierer nicht stören kann.
Hase Du wirst nicht mehr stören, du nicht und auch das andere Krummbeinnicht. Wo ist es? Zeuge solls sein deiner Schande.
(Der Igel erschrickt. Ehe er etwas erwidern kann, mischt sich der Rabe wieder ein.)
Rabe Zeuge bin ich, niemand anders!
Igel So ist es! Das sagte ich auch, als mein Weib sagte, sie wolle uns zu-schaun. Willst du, sagte ich, dem Raben etwa die Zeugenschaft streitigmachen? Willst du am Ende etwas andres gesehn haben als er?
Rabe Hier sieht nur einer, was zu sehen ist – ich!
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Igel Sagte ich auch, und das sah sie ein.
Rabe Also lauf, ehe sich falsche Zeugen einfinden können. Was ich sehe, dashört die Welt.
Hase Mir kann jeder zusehn beim Laufen und Siegen!
Igel Aber wenn du verlierst, möchte es dir vielleicht leid tun.
Hase Verlieren – was ist das? Das Wort kenne ich nicht – nicht einmal auffranzösisch.
Rabe Dann lauft endlich los, daß ich was zu singen habe!
Hase Von mir aus. Wenn hier keiner so viel Humor hat wie ich, gilt dasZeichen zum Start.
(Erleichtert begibt sich der Igel in Startposition, während der Hase lässig stehen-
bleibt.)
Igel Willst du nicht auch in dein Startloch, Monsieur?
Hase Hinknien – ich neben dir?
Igel Recht hast du, wie sähe das aus.
Hase Laufen wir endlich!
Rabe Erst auf mein Zeichen! Was wäre der ganze Lauf, gäbe ich nicht dieZeichen? Wie heißt es doch so schön? Auf die Plätze, fertig, los!
(Lässig-elegant läuft der Hase los. Der Igel folgt ihm ein paar Schritte und verschwin-
det dann im Unkraut. Der Rabe singt, ohne das Rennen wirklich zu beobachten.)
Rabe Sensation!Jetzt laufen sie.Sensation!ich seh es schon.Sensation!Der Has gewinnt.Sensation!Das seh ich blind!Sensation!Ein schöner Lauf!Sensation!Gibt Igel auf?Sensation! Sensation!
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Ja, ein herrliches Turnier!Ich, der Weise, steh Spalier.Für den Hasen ists ein Spiel –ungefährdet fast im Ziel.Noch drei Meter oder vier …Wo ist Igel?
Igelin Bin schon hier.
(Kurz bevor der Hase ins Ziel kommt, taucht sie auf.)
Rabe (Völlig aus dem Häuschen.) Sensation! Sensation!Ich alleine wußt es schon:kleiner, krummer Igel siegt,großer Hase unterliegt!Sensation! Sensation!Nur der Weise ahnte schondiese Riesensensation!
Hase (Fassungslos.) Frechheit … Ich meine, Hexerei … Nein, Betrug!Wie kommst du hierher, Krummbein?
Igelin Auf meinen Beinen, Monsieur, wie du auf deinen. Nur meine warenschneller.
Rabe Ja, jedem weniger Weisen muß es wie ein Wunder erscheinen. Nur ichweiß, daß hier alles mit rechten Dingen zugeht. Denn ich habe Über-blick, Einblick, Durchblick und Weitblick.
Hase (Tobt plötzlich los.) Aber ich glaube es nicht, will nicht, kann nicht,darf nicht! Zufall! Was sag ich? Attention! Mon dieu! Trottoir!Ma lune belle! Au revoir! Satisfaction! Revanche! Das war nur eineProbe! Revanche!
Igelin Ich versteh zwar nicht, was du redest, aber daß der Acker jetzt wiederuns gehört, weiß ich. Wenn du noch mal laufen willst, dann gehts umdeinen.
Hase Um alles! Ich bin der Erste, immer gewesen und bleibe es!(Er schreit den Raben an.) Kommando!
(Die Igelin geht rasch in Startposition, auch der Hase geht schon etwas in die Knie,
während der Rabe seine Kommandos gibt.)
Rabe Nun denn, hört also wieder auf meine weisen Worte und tut, was ichsage. Auf die Plätze, fertig … äh, wie hieß es doch gleich?
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Igelin Los.
Rabe Natürlich los. ja, warum lauft ihr denn nicht? Sagte ich nicht klar unddeutlich los?
Hase (Schreit.) Ich verlange ein ordentliches Kommando! Un, deux, trois –wie der Franzose sagt!
Rabe Bin ich Franzose? Hört zu, wenn ich spreche. Ich wiederhole mich nie!Auf die Plätze, fertig … äh, los!
(Der Hase läuft wieder als erster los, schneller und verkrampfter als vorher. Die Igelin
verschwindet im Unkraut, während der Rabe „berichtet“, was er sowieso weiß.)
Sensation!Welch schöner Start!Sensation!Sie laufen schon.Sensation!Der Hae vorn!Sensation!In edlem Zorn!Sensation!Das Ziel ganz nah.Sensation!Kein Igel da.Sensation! Sensation!Hört auf meinen Kommentar:Sieg des Hasen sonnenklar.Denn das weiß ja jedes Kind,daß der Bessere gewinnt.Noch drei Meter oder vier …Wo ist Igel?
Igel Bin schon hier!
Rabe Sensation! Sensation!Sieg des Igels sonnenklar –sagt ichs nicht im Kommentar?!Sensation! Sensation!
(Verzweifelt läuft der Hase immer weiter um den Igel herum und schreit.)
Hase Lüge! Alles Lüge! Seht doch, wie ich laufe!Keiner läuft so wie ich!
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Igel Stimmt, ich lauf schneller.
Hase Nein!! Lüge!
Rabe Lüge nennst du, was ich sehe und singe? Ist meine Anwesenheit nichtBeweis, daß geschehn ist, was geschah? Hab ich nicht gesehn, was ichsah?
Igel Also hinunter vom Acker, denn der ist jetzt unser für immer.
Hase Nicht eh du besiegt bist, geh ich hier weg!Kommando! Revanche!
Igel Das ist gegen die Absprache.
Hase Was gilt eine Absprache mit einem wie dir, Krummbein? Revanche!
Rabe Da hat er recht. Solche Absprachen gelten nur für den, der was gilt.Zum drittenmal also: auf die Plätze, fertig los!
(Der Igel schafft es kaum, in sein Startloch zu kommen, wenn der Hase schon wie
besessen losrast. Der Rabe schaut nur auf den Hasen, so daß der Igel gar nicht erst
zu laufen braucht, sondern einfach im Unkraut verschwinden kann.)
Sensation!Der Hase schonin der vor-dren Position!Sensation!Mit letzter Kraft!Sensation!Er hats geschafft!Sensation! Sensation!Hase siegt – das sehen wir!Wo ist Igel?
Igelin Bin schon hier!
(Wiederum ist die Igelin aufgetaucht, kurz bevor der Hase ins Ziel stürzt.
Der Hase bricht zusammen.)
Rabe Sensation! Sensation!Ja, es stimmte, was ich sah:Igel war schon vor ihm da!Sensation! Sensation!
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Hase Verleumdung … Französisch … Zehn Worte … Vergessen …Revanche …
Igelin Die hast du gehabt. Jetzt laß uns allein und in Ruh!
(Mühsam erhebt sich der Hase noch mal.)
Hase Kann nicht … Blamage … Zeichen … Kommando …(Der Rabe stützt ihn und führt ihn zum Start.)
Rabe Ich versteh dich, mein Sohn. Noch einmal willst du meinem Gesanglauschen. Ja, keiner singt schöner als ich. Also lauft, wenn es euch sogefällt, ich singe. Auf die Plätze, fertig, los!
(Damit läßt er den Hasen los, der sich nur noch taumelnd vorwärts bewegt.
Die Igelin macht gar keine Anstalten mehr, an den Start zu gehen.)
Sensation!Ich sing noch mal!Sensation!Ich sing genial!Sensation!Der Has kriecht vorn –Sensation! –Im Rittersporn!Jetzt fällt er um!Sensation!Vor Publikum!Sensation! Sensation!Welch ein sportliches Turnier!Igel wo?
Igel Schon lange hier!
Rabe Sensation! Sensation!Höre, Welt, was hier geschehn,hab es ganz genau gesehn:Edel ist, wer unterliegt,krumm ist, wer im Kampfe siegt.Klug ist dumm und dunkel hell,grad ist krumm und langsam schnell!ich als einziger verstehzu erklären, was ich seh.Sensation! Sensation!
(Singend zieht er ab. Die Igelin kommt zurück zum Igel. Sie umarmen sich.)
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Igel Hab ich dir nicht gesagt, daß ich die Sache in Ordnung bringen werde?(In diesem Moment kommt der Rabe zurück. Igel und Igelin erschrecken.)
Rabe Entschuldigt den Weisen … (Er sieht verwundert auf die beiden, erkennt aber
auch jetzt nicht den Betrug.) Nein, diese Ähnlichkeit! Ich will euch nichtstören. Aber die Welt muß erfahren, was ich schon immer gewußt undnun mit eigenen Augen gesehn habe!
(Damit geht er zum völlig erschöpften Hasen, hilft ihm auf und stützt ihn, während er
singend mit ihm abzieht.)
Sensation! Sensation!Hase gab nach edlem LaufWettkampf mit dem Igel auf.Sehet den Geraden krumm,höret den Beredten stumm.Staune, Welt, ich war dabei –Rabe, Adler, Papagei … (Ab.)
Igel Glauben möchte man, es wär nicht zu glauben.
Igelin Ists denn zu glauben?
Igel Wenns wahr wär, wohl kaum, aber so schön gelogen!
N AC H S P I E L
Die Darsteller von Hase und Rabe kommen zurück, beide wieder wie im Vorspiel. Auch Igel und Igelin legen
die Kostüme vom Vorspiel wieder an.
Der Blaue (Sieht entzückt auf den Grünen.) Grün ist schön!
Der Grüne (Sieht entzückt auf den Blauen.) Blau ist schön!
Der Weiße Was ist schön?
Die Bunte Ihr seid schön!
Grün und Blau Weiß ist schön!
Grün, Blau, Weiß Bunt ist schön!
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Bunt (Beginnt zu singen, die andern fallen ein. Sie singen einzeln und zusammen.)
Meine Beine,deine Beine,ihre Beine,seine Beine,kurze Beine, lange Beine,grade Beine, krumme Beine,solche oder solche –es gibt krummbeinige Heldenund gradbeinige Strolche.
Meine Nase,deine Nase,ihre Nase,seine Nase,kurze Nase, lange Nase,grade Nase, krumme Nase,solche oder solche –an der Nase erkennt man nichtdie Helden und die Strolche.
Alle Andre Leute –fremde Leute,fremde Leute –schlechte Leute,schlechte Leute – faule Leute,faule Leute – andre Leute!
Die Bunte Jeder ist anders. Aber wer ist normal?
Der Blaue Du bist normal.
Die Bunte Und du bist normal!
Der Weiße Aber ich bin anders.
Der Grüne Ist ja normal – jeder ist anders.
Der Blaue Anderssein ist eben normal.