grenzen und rechtsschutz bei presseberichten über Ärzte

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Der Urologe [B] 6•2002 | 527 Ärzte sind in den letzten Jahren mit ei- nem Phänomen konfrontiert, das bis- lang nur Politiker und Lehrer zu bekla- gen hatten: der zunehmenden „Skanda- lisierung“ des eigenen Berufsstandes durch die Medien. Schlagzeilen, wie „Schwerer Verdacht gegen Arzt Dr. W.“ oder „Wieder Ärztepfusch im OP“, sind gut für die Auflage und stoßen gerade in der Lokalpresse auf großes Interesse. Besonders hilflos steht der Arzt hierbei der sog. Verdachtsberichterstattung ge- genüber, etwa wenn eine Zeitung in Zu- sammenhang mit Behandlungsfehler- vorwürfen über ein laufendes staatsan- waltliches Ermittlungsverfahren oder über Vorwürfe von Patienten berichtet, die sich wegen der angeblichen „Zerstö- rung ihrer Gesundheit“ durch einen Arzt an die Presse gewandt haben. In all die- sen Fällen machen die Medien einen Vorwurf der breiten Öffentlichkeit be- kannt, wenngleich in keiner Weise ge- klärt ist, ob dieser Vorwurf letztlich be- rechtigt ist oder nicht. Die Tatsache,dass die meisten Ermitt- lungsverfahren eingestellt werden und auch die Klagen von Patienten sich in vielen Fällen als unbegründet erweisen, nützt dem betroffenen Arzt wenig, des- sen Ruf durch eine Verdachtsberichter- stattung schon erheblichen Schaden ge- nommen hat. Über die Einstellung des Verfahrens findet sich in der Presse meist keine Meldung mehr, zudem be- stätigt sich in diesen Fällen der Grund- satz „semper aliquid haeret“ – etwas bleibt immer hängen. Angesichts dieser Situation stellen sich dem von einer solchen Verdachts- berichterstattung betroffenen Arzt fol- gende Fragen: Stehe ich den Medien in diesen Fäl- len wirklich „hilflos“ gegenüber? Welche Grenzen hat die Presse bei ei- ner Verdachtsberichterstattung zu beachten? Wann ist die Nennung meines Na- mens in dem Artikel zulässig? Welche Möglichkeiten habe ich, mich gegen eine unzulässige Verdachtsbe- richterstattung zu wehren, die diese Grenzen nicht einhält? Abwägung statt klarer Regeln Um die schlechte Nachricht gleich vor- weg zu nehmen: Klare gesetzliche Re- geln, an die die Presse bei einer Ver- dachtsberichterstattung gebunden wäre, existieren nicht.Vielmehr bestimmt sich die (Un-)Zulässigkeit eines jeden Ver- dachtsberichtes allein danach, welche der folgenden Grundrechtspositionen im konkreten Einzelfall „schwerer wiegt“: Das Persönlichkeitsrecht, konkreter in der Sprache der Juristen, das sog. Recht auf informationelle Selbstbe- stimmung, das durch Art. 1 und 2 des Grundgesetzes geschützt wird. So ge- stand das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil bereits 1973 einem jeden das Recht zu, „grundsätzlich selbst und allein zu bestimmen, ob und inwieweit andere ihn als Person oder Vorgänge aus sei- nem Leben darstellen dürfen“ (BVerfG NJW 1973, S. 1126). Das Recht, ja in gewisser Weise sogar die Pflicht der Medien, abgeleitet aus Artikel 5 des Grundgesetzes, auch über Verdachtslagen zu informieren, die für die Öffentlichkeit von Bedeu- tung sind. Zugunsten der Presse stell- te der Bundesgerichtshof jüngst fest: „Dürfte die Presse, falls der Ruf einer Person gefährdet ist, nur solche In- formationen verbreiten, deren Wahr- heit im Augenblick der Veröffentli- chung bereits mit Sicherheit feststeht, so könnte sie ihre durch Art. 5 I GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgaben bei der öffentlichen Mei- nungsbildung nicht durchweg erfül- len“ (BGH NJW 2000, 1037). Medizinrecht Urologe [B] 2002 · 42:527–529 DOI 10.1007/s00131-002-0269-9 R. Miserre · Rechtsanwalt, München Grenzen und Rechtsschutz bei Presseberichten über Ärzte © Springer-Verlag 2002 Erstpublikation in Der Anaesthesist (2002) 51:863–865 Dr. jur. Roman Miserre Rechtsanwalt, Kanzlei Sasse & Rossbach, 80803 München E-Mail: [email protected] Redaktion G. H. Schlund, München

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Der Urologe [B] 6•2002 | 527

Ärzte sind in den letzten Jahren mit ei-nem Phänomen konfrontiert, das bis-lang nur Politiker und Lehrer zu bekla-gen hatten: der zunehmenden „Skanda-lisierung“ des eigenen Berufsstandesdurch die Medien. Schlagzeilen, wie„Schwerer Verdacht gegen Arzt Dr. W.“oder „Wieder Ärztepfusch im OP“, sindgut für die Auflage und stoßen geradein der Lokalpresse auf großes Interesse.Besonders hilflos steht der Arzt hierbeider sog. Verdachtsberichterstattung ge-genüber, etwa wenn eine Zeitung in Zu-sammenhang mit Behandlungsfehler-vorwürfen über ein laufendes staatsan-waltliches Ermittlungsverfahren oderüber Vorwürfe von Patienten berichtet,die sich wegen der angeblichen „Zerstö-rung ihrer Gesundheit“ durch einen Arztan die Presse gewandt haben. In all die-sen Fällen machen die Medien einenVorwurf der breiten Öffentlichkeit be-kannt, wenngleich in keiner Weise ge-klärt ist, ob dieser Vorwurf letztlich be-rechtigt ist oder nicht.

Die Tatsache, dass die meisten Ermitt-lungsverfahren eingestellt werden undauch die Klagen von Patienten sich invielen Fällen als unbegründet erweisen,nützt dem betroffenen Arzt wenig, des-sen Ruf durch eine Verdachtsberichter-stattung schon erheblichen Schaden ge-nommen hat. Über die Einstellung desVerfahrens findet sich in der Pressemeist keine Meldung mehr, zudem be-stätigt sich in diesen Fällen der Grund-satz „semper aliquid haeret“ – etwasbleibt immer hängen.

Angesichts dieser Situation stellensich dem von einer solchen Verdachts-berichterstattung betroffenen Arzt fol-gende Fragen:

◗ Stehe ich den Medien in diesen Fäl-len wirklich „hilflos“ gegenüber?

◗ Welche Grenzen hat die Presse bei ei-ner Verdachtsberichterstattung zubeachten?

◗ Wann ist die Nennung meines Na-mens in dem Artikel zulässig?

◗ Welche Möglichkeiten habe ich, michgegen eine unzulässige Verdachtsbe-richterstattung zu wehren, die dieseGrenzen nicht einhält?

Abwägung statt klarer Regeln

Um die schlechte Nachricht gleich vor-weg zu nehmen: Klare gesetzliche Re-geln, an die die Presse bei einer Ver-dachtsberichterstattung gebunden wäre,existieren nicht.Vielmehr bestimmt sichdie (Un-)Zulässigkeit eines jeden Ver-dachtsberichtes allein danach, welcheder folgenden Grundrechtspositionenim konkreten Einzelfall „schwererwiegt“:

◗ Das Persönlichkeitsrecht, konkreterin der Sprache der Juristen, das sog.Recht auf informationelle Selbstbe-stimmung, das durch Art. 1 und 2 desGrundgesetzes geschützt wird. So ge-stand das Bundesverfassungsgerichtin einem Grundsatzurteil bereits1973 einem jeden das Recht zu,„grundsätzlich selbst und allein zubestimmen, ob und inwieweit andereihn als Person oder Vorgänge aus sei-nem Leben darstellen dürfen“(BVerfG NJW 1973, S. 1126).

◗ Das Recht, ja in gewisser Weise sogardie Pflicht der Medien, abgeleitet ausArtikel 5 des Grundgesetzes, auchüber Verdachtslagen zu informieren,die für die Öffentlichkeit von Bedeu-tung sind. Zugunsten der Presse stell-te der Bundesgerichtshof jüngst fest:„Dürfte die Presse, falls der Ruf einerPerson gefährdet ist, nur solche In-formationen verbreiten, deren Wahr-heit im Augenblick der Veröffentli-chung bereits mit Sicherheit feststeht,so könnte sie ihre durch Art. 5 I GGverfassungsrechtlich gewährleistetenAufgaben bei der öffentlichen Mei-nungsbildung nicht durchweg erfül-len“ (BGH NJW 2000, 1037).

MedizinrechtUrologe [B] 2002 · 42:527–529DOI 10.1007/s00131-002-0269-9

R. Miserre · Rechtsanwalt, München

Grenzen und Rechtsschutz beiPresseberichten über Ärzte

© Springer-Verlag 2002

Erstpublikation in Der Anaesthesist (2002) 51:863–865

Dr. jur. Roman MiserreRechtsanwalt, Kanzlei Sasse & Rossbach,80803 MünchenE-Mail: [email protected]

RedaktionG. H. Schlund, München

Medizinrecht

Welcher dieser Rechtspositionen imEinzelfall Vorrang einzuräumen ist,stellt nicht nur den Journalisten unddem betroffenen Arzt, sondern auchden hiermit im Ernstfall befassten Pres-sejuristen vor nicht unerheblicheSchwierigkeiten.

Vier Grenzen des Bundgerichtshofes

Die bestehende Rechtsunsicherheit hatder Bundesgerichtshof aufgegriffen undEnde 1999 in einem Grundsatzurteil vierKriterien aufgestellt, die die Presse beieiner Verdachtsberichterstattung zu be-achten hat (BGH NJW 2000, S. 1036 – Az.VI ZR 51/99). Die Grundsätze der Recht-sprechung fasste er dabei wie folgt zu-sammen:

◗ Die Presse muss einen Mindesttatbe-stand an Tatsachen recherchieren,die den Verdacht rechtfertigen, bevorsie hierüber berichtet. Eine Strafan-zeige für sich gesehen erfüllt dieseVoraussetzung in der Regel ebensowenig wie die bloße Beschwerde ei-nes Patienten. In diesen Fällen mussalso die Presse weitere Nachfor-schungen anstellen, ob an dem Ver-dacht „etwas dran“ ist.

◗ Der Bericht darf keine Vorverurtei-lung enthalten: Unzulässig ist daherein Verdachtsbericht, der den Ein-druck erweckt, der von einem Ermitt-lungsverfahren betroffene Arzt sei „sogut wie überführt“, die Verurteilungdamit nur noch „reine Formsache“.

◗ Darüber hinaus darf die Presse denSachverhalt nicht bewusst einseitigoder verfälschend darstellen: Ein Ar-tikel, der über die den Arzt entlasten-den Umstände nicht oder nur ver-zerrt berichtet, überschreitet die vomBGH gesetzten Grenzen.

◗ Um über solche entlastenden Tatsa-chen berichten zu können, ist diePresse grundsätzlich verpflichtet, vorder Veröffentlichung eine Stellung-nahme des Arztes einzuholen: Es be-steht damit gewissermaßen ein „An-spruch auf journalistisches Gehör“.Sollte der Betroffene – nach vorheri-ger Rücksprache mit seinem Anwalt– im Einzelfall zu den VorwürfenStellung nehmen wollen, so sollte erunbedingt auf einer schriftlichenStellungnahme bestehen. Hierdurch

vermeidet man nicht nur eine Über-rumplung durch den Journalisten,sondern kann im Zweifel die eigeneAussage beweisen, falls diese nichtoder verfälscht wiedergeben wird.

Unzulässigkeit der Namensnennung

Ein Verdachtsbericht wirkt sich für denBetroffenen in der Regel erst dann ruf-schädigend aus,wenn er für den Leser alsPerson – insbesondere durch Nennungseines Namens – identifizierbar wird.Auch insoweit setzt der Bundesgerichts-hof der Presse enge Grenzen: Selbst inFällen, in denen die Presse die aufgeführ-ten vier Kriterien beachtet, ist eine Na-mensnennung des Betroffenen nur zu-lässig, wenn es sich um einen Vorgangvon erheblichem Gewicht handelt unddie Öffentlichkeit ein berechtigtes Inte-resse gerade an der Identifizierung des„Verdächtigen“ hat.Dieses Interesse wirdvon der Rechtsprechung nur in Ausnah-mefällen bejaht, etwa bei Schwerverbre-chen oder Verdachtsmomenten gegenPolitiker oder Prominente.

Was bedeutet das für eine Verdachts-berichterstattung gegen Ärzte? Hier dürf-te zu unterscheiden sein: Ein Chefarzt,der eine in der Öffentlichkeit herausge-hobene Stellung bekleidet und Vorgesetz-ter sowie „Vorbild“ von Ärzten und Pfle-gekräften ist,muss sich – gewissermaßenals Preis für seine „Prominenz“ – auch inseiner Person und damit namentlich inder Öffentlichkeit verantworten, wennbegründete und schwerwiegende Ver-dachtsmomente gegen ihn vorliegen.Eine Verdachtsberichterstattung, dieeinen „nichtprominenten“ Assistenzarztbeim Namen nennt, ist hingegen von derRechtsprechung wiederholt als unzuläs-sig bewertet worden (OLG FrankfurtZUM 1992, S. 361,Az: 15 U 21/90).

Der beliebte „Trick“, statt des vollenNamens nur die Initialen des betroffe-nen Arztes zu nennen, hilft der Pressenicht weiter. Ist der Arzt gleichwohlidentifizierbar, ist das Kürzel wie einevolle Namensnennung zu bewerten unddaher grundsätzlich unzulässig. So wur-de eine Lokalzeitung verurteilt, die voneinem Verdacht gegen den „HNO-ArztDr. St.“ berichtete, weil der Arzt auf-grund der wenigen HNO-Ärzte in derStadt bereits eindeutig identifizierbarwar (OLG Frankfurt ZUM 1992, S. 361).

Rechtliche „Waffen“ des Arztesim Überblick

Hält die Presse in einem Verdachtsbe-richt die genannten Grenzen nicht ein,so steht dem betroffenen Arzt ein um-fangreiches „Waffenarsenal“ gegen diePresse zur Verfügung.

Anspruch auf Gegendarstellung

Der Arzt kann die in dem Bericht enthal-tenen Tatsachen aus seiner Sicht öffent-lich darstellen (Beispiel: „In der ZeitungXY sind folgende Behauptungen übermich erhoben worden: (...). Dies ist un-zutreffend. Richtig ist vielmehr: (...)“.

Voraussetzung: Die Presse veröffentlichteine Tatsachenbehauptung.

Vorteil: Der Betroffene muss nicht nach-weisen, dass die Tatsachenbehauptungunwahr ist bzw. die Presse gegen die ge-nannten Grenzen der Verdachtsbericht-erstattung verstoßen hat.

Nachteil: Es sind komplizierte rechtlicheFormalia zu beachten, außerdem wirddurch die Gegendarstellung der ur-sprüngliche Vorwurf erneut veröffent-licht.

Anspruch auf Unterlassung

Die Presse wird daran gehindert, eineunwahre Tatsachenbehauptung erneutzu veröffentlichen.

Voraussetzung: Die Presse veröffentlichteine unwahre Tatsachenbehauptung.

Vorteil: Der Betroffene kann eine „Dis-kriminierungskampagne“ verhindern.

Nachteil: Der Betroffene muss die Un-wahrheit der veröffentlichten Behaup-tung – u. U. in einem langwierigen Ge-richtsverfahren – nachweisen.

Anspruch auf Widerruf

Das Presseunternehmen muss selbst er-klären, dass die veröffentlichte Tatsa-chenbehauptung unwahr ist.

Voraussetzung: Die Presse veröffentlichteine unwahre Tatsachenbehauptung.

| Der Urologe [B] 6•2002528

Vorteil: Der Betoffene erreicht einen hö-heren Grad an Rehabilitation als bei derGegendarstellung, da sich die Presseselbst „öffentlich entschuldigen“ muss.

Nachteil: Wie beim Anspruch auf Unter-lassung.

Anspruch auf Schadensersatz

Der Arzt bekommt den durch die unzu-lässige Verdachtsberichterstattung ent-standenen Vermögensschaden (etwaUmsatzeinbußen) ersetzt.

Voraussetzung: Durch eine rechtswidri-ge und schuldhafte Verdachtsberichter-stattung muss ein nachweisbarer Ver-mögensschaden entstanden sein.

Vorteil: Geld.

Nachteil: In der Regel lässt sich kaumnachweisen, dass die Umsatzeinbußenursächlich gerade auf den Presseartikelzurückzuführen sind.

Anspruch auf Schmerzensgeld

Die Presse zahlt eine Geldentschädigungfür eine schwere Persönlichkeitsverlet-zung, die anders – etwa durch einen Wi-derruf – nicht kompensierbar ist.

Voraussetzung: Eine schwere und schuld-hafte Persönlichkeitsrechtsverletzungdurch die Presse.

Vorteil: Finanzielle Genugtuung.

Nachteil: Ein Schmerzensgeldanspruchwurde bislang nur in absoluten Ausnah-mefällen bejaht, die die Intimsphäre be-trafen oder eine irreparable Beschädi-gung des Ansehens zur Folge hatten,z.B.bei einem unzutreffenden Fernsehbe-richt in „Stern-TV“, der nicht nur eineKündigung des Belegarztvertrages desbetroffenen Gynäkologen, sondern auchnachhaltige Umsatzeinbußen in dessenArztpraxis zur Folge hatte (OLG KölnZUM 1999, S. 948 – Az: 15 U 9/95).

Strafrechtliche Schritte

Neben den genannten „Instrumenten“des Zivilrechts kann sich der Arzt gegeneine unwahre Verdachtsberichterstat-tung schließlich auch durch eine Anzei-ge bei der Staatsanwaltschaft wegen üb-ler Nachrede bzw.Verleumdung (§§ 186f.Strafgesetzbuch) wehren. Die Erfahrungzeigt jedoch, dass dieser Weg nur in denseltensten Fällen die erhoffte Genugtu-ung verschafft, da die Staatsanwaltschaftentsprechende Anzeigen oft nicht weiterverfolgt.

Fazit für die Praxis

◗ Die Presse darf grundsätzlich auch übernoch nicht bewiesene Vorwürfe – etwain Zusammenhang mit einen Ermitt-lungsverfahren gegen einen Arzt – be-richten. Hierbei hat die Presse jedochnach geltender Rechtssprechung engeGrenzen zu beachten. Anhand von vier –allerdings interpretationsfähigen – Kri-terien lässt sich im Vorfeld überprüfen,ob die erfolgte Verdachtsberichterstat-tung diese Grenzen einhält.

◗ Eine namentliche oder durch sonstigeMerkmale identifizierende Verdachtsbe-richterstattung ist nur in Ausnahmefäl-len zulässig. Dem betroffenen Arzt ste-hen gegen eine unzulässige – und mitdem Gegendarstellungsanspruch auchgegen eine rechtmäßige – Verdachtsbe-richterstattung umfangreiche Abwehr-ansprüche gegenüber der Presse zurVerfügung.

◗ Nicht in jedem Fall empfiehlt es sich je-doch von diesen Rechten Gebrauch zumachen. Bei einer einmaligen Berichter-stattung etwa besteht die Gefahr, dassder Artikel erst durch eine nachfolgendeGegendarstellung oder ein gerichtlichesWiderrufsverfahren in der Öffentlichkeitsowie bei der Presse selbst auf Interessestößt und sich die Presse auf das Thema„einschießt“.

◗ Schadensersatz- sowie Schmerzens-geldansprüche können nur in schwer-wiegenden Fällen einer rechtswidrigenund schuldhaften Verdachtsberichter-stattung mit Aussicht auf Erfolg geltendgemacht werden.

Der Urologe [B] 6•2002 | 529