geschwisterdynamik in mehrkindfamilien mit kleinkindern · 03.10.2011 7 beispiel focused genogram...

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03.10.2011 1 “Wir passen dann gegenseitig auf uns auf.” Geschwisterdynamik in Mehrkindfamilien mit Kleinkindern Empirische Fallstudie Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen - DGS Dr. Inés Brock Magdeburger Ausbildungsinstitut für Psychotherapeutische Psychologie Gliederung Forschungsstand Fragestellung Interdisziplinärer Zugang Empirie und Methodik Auswertungsverfahren Ergebnisse (im Gegenstandsbereich) Mehrkindfamilien Transitionsmanagement Diskussion 03.10.2011 2 Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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Page 1: Geschwisterdynamik in Mehrkindfamilien mit Kleinkindern · 03.10.2011 7 Beispiel Focused Genogram Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 03.10.2011 13 Grundschule

03.10.2011

1

“Wir passen dann gegenseitig auf uns auf.”

Geschwisterdynamik in Mehrkindfamilien mit KleinkindernEmpirische Fallstudie

Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen - DGSDr. Inés Brock

Magdeburger Ausbildungsinstitut für Psychotherapeutische Psychologie

Gliederung

ForschungsstandFragestellungInterdisziplinärer ZugangEmpirie und MethodikAuswertungsverfahrenErgebnisse (im Gegenstandsbereich)

MehrkindfamilienTransitionsmanagement

Diskussion

03.10.2011

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Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

Page 2: Geschwisterdynamik in Mehrkindfamilien mit Kleinkindern · 03.10.2011 7 Beispiel Focused Genogram Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 03.10.2011 13 Grundschule

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Forschungsstand

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als gut erforscht können gelten:Eltern-Kind-Beziehung (insb. die Mutter-Kind-Bindung)PeerbeziehungenElementarpädagogische Settings

Desiderate der Forschung (soziologisch und psychologisch)

Geschwisterbeziehungen in der FamilieElterliche Erziehung in MehrkindfamilienSchnittstelle zwischen formellen und informellen Lebensbereichen von kleinen Kindern

Forschungsstand

„Die Geburt eines leiblichen Geschwisters ist ein emotionaler Stabilisierungsfaktor und fördert insbesondere die Ichstärke des Kindes. Die Kinder werden von den Eltern als selbständiger, unabhängiger, verantwortungsvoller und reifer geworden beschrieben.“ (Onnen-Isemann & Rösch, 2005, S. 45) „Gute Geschwisterbeziehungen können sogar Disharmonien zwischen Mutter und einem Kind ausgleichen und damit Entwicklungsrisiken kompensieren.“ (Onnen-Isemann & Rösch, 2005, S. 72)

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Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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Genese der Forschungsfrage

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Wie garantiere ich Offenheit für Neues und altersübergreifenden Zugang?

Grounded Theory Nonverbale Projektionen

Welche Daten versprechen dabei ertragreiche Ergebnisse?

Familienperspektive Einbeziehung aller Kinder

Was kann man in Familien beobachten, wenn Geschwister miteinander leben?

Elternebene Kinderebene

Fragestellung

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Welche familiären Strategien ergeben sich, wenn Kinder aus Mehrkindfamilien im Vorschulalter in institutionelle Betreuungsmodelle gehen? Welche Bedeutung haben Geschwister dabei in den Familien? Wie entwickelt sich die Familiendynamik im Kontext der Geburt neuer Geschwister?

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Forschungsfokus

03.10.2011Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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MehrkindfamilienGeschwister

Kinderbetreuung

PädagogikSoziologie

Psychologie

Sample und ForschungsdesignDatenerhebung

Empirie und Methodik

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Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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Sample - 7 Familienstudien – n = 31

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3

3

Generativität

Zwei-Kind-Familie

Drei-Kind-Familie

Vier-Kind-Familie

0

5

10

15

20

25

Erwachsene Kinder

weiblich

männlich

0

1

2

3

4

Jungen

Mädchen

Forschungsdesign-Triangulation

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qualitative Datenerhebungsinstrumente aus der familienpsychologischen und psychodynamischen Diagnostik

Genogrammressourcenorientierte Kinderdiagnostik mit „Familie in Tieren“ leitfadengestütztes ElterninterviewFamilienbrett

(insgesamt 28 Sitzungen zur Datenerhebung)

7 Familienstudien (eigene Publikation)Theoriegenerierung orientierte sich an der Grounded Theory

offenes, axiales und selektives Codieren

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Beispiele Familie in Tieren

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Beispiel für Familienbrett

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Familienbrett = als struktrelle, projektive Diagnostik, um Familiendynamiken darstellbar zu machen und zu verstehen

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Beispiel Focused Genogram

03.10.2011Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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Grundschulemittags zu Hause

Kiga halbtags ab 3 J.zuvor halbtags Kinderfrau

zu Hause mit Omaspäter Hort

Oma hat Kinder betreutMutter entlastet

Kinderfrauallein

halbtagsKita

erst Kinderfrau von 1;6 bis 3

dann halbtagsKita

Hauskind

KinderbetreuungFamilie Schlosser

Babyjahrzu Hause

1963

Pfarrer

45

1971

Gemeindepädagogin

37

1998

Leon

10

1999

Valerie

9

2001

Freya

7

2005

Maria

3

1.Theorie der Multiplen Beziehungsbereicherung (horizontal und vertikal)

2. Konzept des Transitionsmanagements

Ergebnisse

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Dyadisches und

triadischesCoping

Ko-Konstruktion

von Wirklichkeit

Symmetrische Reziprozität

Multiple Beziehungsbereicherung horizontale Ebene/Geschwister

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Multiple Beziehungsbereicherung

03.10.2011Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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Gestaltung der horizontalen Interaktion unter Gleichrangigen im Bezugssystem Familie

symmetrische Reziprozität, die sich als gleichrangig zu bewertende Interaktion jenseits der elterlichen Beeinflussung zeigtGeschwister organisieren sich in dyadischen Kontexten und nutzen die wechselnde Verfügbarkeit um Copingstrategien zu entwickeln das Konzept der Ko-Konstruktion von Wirklichkeit unter Geschwistern beschreibt Selbstbildungsprozesse in der Interaktion

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Konstruktion von Wirklichkeit in der Interaktion Selbstbild Vincent Victor (3;10) Diese expressive Selbstoffenbarung im Gestaltungsprozess führt zu einer Integration in die Familie in Tieren des Bruders (5;9), der das Dinosaurier-Sujet aufnimmt.

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Erziehung in Mehrkindfamilien

Entlastungen für die ElternZeitmanagement (verringerte Kindzentrierung des Elternhandelns, horizontales Lernen im Geschwister-Subsystem)Mentale Entlastung (entspannterer Umgang mit Nachgeborenen, eingeübte Kommunikations- und Handlungsabläufe)Motivationale Stärkung (reduzierte negative Selbstzuschreibungen, geteilte Verantwortung, Relativierung von Schuldgefühlen)

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Zitate aus den Familienstudien

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FRAU MAY: „Und der David war ja auch noch klein zu dem Zeitpunkt, es war so niedlich, wie er sich gekümmert hat und auch vorsichtig war.“ [Drittgeborener gegenüber dem Neugeborenen] (Familienstudie 4)Die postnatale Phase wird bei Familie Rospo als eine Zeit der Transformation wahrgenommen, in der auf bewährte Bewältigungsstrategien zurückgegriffen werden kann. Mit Ruhe und innerer Gelassenheit, werden die neuen Herausforderungen gemeistert. Auch hier zeigt sich die erstaunliche Funktionalität in dieser Kettenfamilie, die den äußeren Rahmenbedingungen nach eher als Risikofamilie zu bewerten sein könnte. (Familienstudie 7)

um Geburt Geschwisterkind(in institutionelles Betreuungsarrangement)

Konzept des Transitionsmanagements

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Geburt

Transitionsmanagement rund um die Geburt

Unterstützung und Schutz

SymmetrischeReziprozität

Ko-KonstruktionZuneigung

Dyadisches Coping

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Frühe Kindheit - Lebensbeginn

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Gewinn für die älteren Geschwister:strukturell

Elternzeit

emotionale und soziale KompetenzenVielfalt innerer Repräsentanzen

Elternkompetenzenfein abgestimmtes InteraktionsniveauMuster der geteilten AufmerksamkeitKindorientierteres ErziehungshandelnHabitualisierung bei der Mutter

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Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

„Der Adler bringt Würmer für die Kleinen“ (erstgeborener Sohn) Kinder: Fuchs besorgt Essen, Affe sucht Bananen,Wurm sucht GeldEltern: Mama-Schmetterling stillt, Papa-Gorilla übt Gewichtheben

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Entwicklungsanreize

03.10.2011Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

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Emotionale KompetenzImplizites BeziehungswissenKompetenz im Umgang mit AffektenKonfliktregulation unter Geschwistern

Soziale KompetenzVersorgungsattribute untereinanderVerantwortungsübernahme füreinander

Säugling als gleichberechtigter Interaktionspartner/ Platz in der Familie

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Subcode: Horizontale Bindungskraft„Mama und Papa passen auf uns auf, und wir passen halt gegenseitig auf uns auf.“ (Clara 11;3)

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Mu

Va2S

3S

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Gestaltung normativer Übergänge

Transitionsmanagement um die Geburt

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Kleine Geschwister

als Ressource

für die Älteren

Routinen und Habitualisierung bei der Mutter

Resilienz in normativen

Krisen

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MULTIPLE BEZIEHUNGSBEREICHERUNG

Elternin Mehrkindfamilien entwickeln ein optimiertes Zeitmanagement, erwerben eine motivationaleStärkung und empfinden sich als mental entlastet.

Geschwisternutzen Koalitionen zu Selbstbildungsprozessen in der Interaktion. Ko-Konstruktion von Wirklichkeit, dyadisches Coping und Symmetrische Reziprozität

Mikrosystem

Perspektiven im professionellen Feld

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Theoretisches Konzept der Multiplen Beziehungsbereicherung – soziologischer Blick in Familiendynamik von Mehrkindfamiliendifferenzierte Betrachtung von Geschwistern als Sozialisationsagenten

Ko-Konstruktion in Familie unter Geschwistern konkret Neu: Dyadisches Coping, symmetrische Reziprozität

frühe Kindheit –Wirkungen Geburt in familialer Sozialisation beschrieben

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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Dr. Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin