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Geologie und Lagerstättenlehre Geowissenschaftliche Fächer bilden seit der Gründung der Alma mater Leobiensis einen festen Bestandteil von Lehre und Forschung an dieser Hohen Schule. Von 1840-1849 hielt der erste Direktor der Stei ermärkisch-Ständischen Montanlehranstalt, Peter (Ritter von) Tunner, in Vordernberg Kurse in Minera logie und Geognosie ab. Ab 1849, nun in Leoben, wurden diese Fächer durch „Petrefactenkunde“ er gänzt. Als Assistent wirkte ab 1852 Ferdinand See land, Absolvent der Bergakademie Schemnitz und des Hüttenkurses in Vordernberg. Er wurde 1855 Bergverwalter in Lölling. An der 1861 zur k.k. Bergakademie erhobenen Lehranstalt wurden die erdwissenschaftlichen Fä cher dann von Albert Miller Ritter von Hauenfels, Professor für Bergbaukunde, bzw. von A. Hanke vertreten. 1874 wurde Rudolf Helmhacker zum Ordentli chen Professor für „Mineralogie, Geognosie und Petrefactenkunde“ ernannt (Habilitation 1872, Ao.Professor 1874), 1881 ging er als Bergingenieur nach Ostsibirien. Er publizierte Arbeiten über die geognostischen Verhältnisse des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers, über den Bergbau Mies in Böh men, über Eisensteinvorkommen bei Prag u.a. Die seit 1875 im Lehrplan aufscheinende „Lagerstätten lehre“ trugen abwechselnd Helmhacker bzw. Miller von Hauenfels vor. 1881 wurde Hans Höfer von Heimhalt auf die Lehrkanzel für Mineralogie, Geologie, Paläontologie und Lagerstättenlehre berufen, an der er bis 1911 tätig war. Höfer, ein Absolvent der Leobener Berg akademie, arbeitete ab 1864 im staatlichen Montan dienst beim Goldbergbau in Siebenbürgen, wurde dann der k.k. Geologischen Reichsanstalt als Kartie rungsgeologe zugeteilt (Hohe Tatra), war 1869 Leiter der Bergschule in Klagenfurt und ab 1879 Professor für Bergbaukunde an der Bergakademie in Pribram. 1910 nahm er an der Wilczek’schen Polarexpedition teil (Entdeckung von Franz-Josefs-Land). Er wandte sich dann nach einem Besuch der nordamerikani schen Erdölgebiete ganz der Erdölforschung zu (Antiklinaltheorie). Höfer erwarb sich als Erdölfach mann einen internationalen Ruf. An seinem Institut arbeiteten eine Reihe bekann ter Erdwissenschaftler. Stellvertretend seien hier genannt: Friedrich Katzer, Assistent 1892-1895, Geologie von Böhmen, Kohlenlagerstätten von Bosnien und der Hercegovina. Karl-August Redlich, Assistent 1895, Adjunkt 1897, Habilitation 1898, Ao.Prof. 1904, ab 1911 Insti tutsvorstand. Redlich war ein bedeutender, vielseiti ger Geologe; er beschäftigte sich mit Wirbeltierre sten des Tertiärs, Kreidefossilien und kambrischen Faunen. Sein Hauptinteresse aber galt der Lagerstät tenforschung: seine Beiträge zum Bau des steiri schen Erzberges, zur Genese alpiner Spatvorkom men, über steirische Graphitvorkommen sind heute noch von Interesse. Felix Cornu, 1907-1909, Assistent am Institut, 1908 habilitiert; in seiner kurzen Lebenszeit lieferte er bahnbrechende Arbeiten zur kolloidchemischen Mineralbildung. 1909 wurde Hermann Vetters von der k.k. Geo logischen Reichsanstalt Dozent für Tektonische Geologie (Vetters wurde später durch seine bis heute unübertroffene „Geologische Karte der Republik Österreich und der Nachbargebiete“, 1 : 500.000 bekannt). 1911 kam es zur Teilung der „Lehrkanzel für Mineralogie, Geologie, Paläontologie und Lagerstät tenlehre“ in die „Lehrkanzel für Geologie, Paläonto-

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Geologie und Lagerstättenlehre

Geowissenschaftliche Fächer bilden seit der Gründung der Alma mater Leobiensis einen festen Bestandteil von Lehre und Forschung an dieser Hohen Schule.

Von 1840-1849 hielt der erste Direktor der Stei­ermärkisch-Ständischen Montanlehranstalt, Peter (Ritter von) Tunner, in Vordernberg Kurse in Minera­logie und Geognosie ab. Ab 1849, nun in Leoben, wurden diese Fächer durch „Petrefactenkunde“ er­gänzt. Als Assistent wirkte ab 1852 Ferdinand See­land, Absolvent der Bergakademie Schemnitz und des Hüttenkurses in Vordernberg. Er wurde 1855 Bergverwalter in Lölling.

An der 1861 zur k.k. Bergakademie erhobenen Lehranstalt wurden die erdwissenschaftlichen Fä­cher dann von Albert Miller Ritter von Hauenfels, Professor für Bergbaukunde, bzw. von A. Hanke vertreten.

1874 wurde Rudolf Helmhacker zum Ordentli­chen Professor für „Mineralogie, Geognosie und Petrefactenkunde“ ernannt (Habilitation 1872, Ao.Professor 1874), 1881 ging er als Bergingenieur nach Ostsibirien. Er publizierte Arbeiten über die geognostischen Verhältnisse des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers, über den Bergbau Mies in Böh­men, über Eisensteinvorkommen bei Prag u.a. Die seit 1875 im Lehrplan aufscheinende „Lagerstätten­lehre“ trugen abwechselnd Helmhacker bzw. Miller von Hauenfels vor.

1881 wurde Hans Höfer von Heimhalt auf die Lehrkanzel für Mineralogie, Geologie, Paläontologie und Lagerstättenlehre berufen, an der er bis 1911 tätig war. Höfer, ein Absolvent der Leobener Berg­akademie, arbeitete ab 1864 im staatlichen Montan­dienst beim Goldbergbau in Siebenbürgen, wurde dann der k.k. Geologischen Reichsanstalt als Kartie­rungsgeologe zugeteilt (Hohe Tatra), war 1869 Leiter

der Bergschule in Klagenfurt und ab 1879 Professor für Bergbaukunde an der Bergakademie in Pribram. 1910 nahm er an der Wilczek’schen Polarexpedition teil (Entdeckung von Franz-Josefs-Land). Er wandte sich dann nach einem Besuch der nordamerikani­schen Erdölgebiete ganz der Erdölforschung zu (Antiklinaltheorie). Höfer erwarb sich als Erdölfach­mann einen internationalen Ruf.

An seinem Institut arbeiteten eine Reihe bekann­ter Erdwissenschaftler. Stellvertretend seien hier genannt:

Friedrich Katzer, Assistent 1892-1895, Geologie von Böhmen, Kohlenlagerstätten von Bosnien und der Hercegovina.

Karl-August Redlich, Assistent 1895, Adjunkt 1897, Habilitation 1898, Ao.Prof. 1904, ab 1911 Insti­tutsvorstand. Redlich war ein bedeutender, vielseiti­ger Geologe; er beschäftigte sich mit Wirbeltierre­sten des Tertiärs, Kreidefossilien und kambrischen Faunen. Sein Hauptinteresse aber galt der Lagerstät­tenforschung: seine Beiträge zum Bau des steiri­schen Erzberges, zur Genese alpiner Spatvorkom­men, über steirische Graphitvorkommen sind heute noch von Interesse.

Felix Cornu, 1907-1909, Assistent am Institut, 1908 habilitiert; in seiner kurzen Lebenszeit lieferte er bahnbrechende Arbeiten zur kolloidchemischen Mineralbildung.

1909 wurde Hermann Vetters von der k.k. Geo­logischen Reichsanstalt Dozent für Tektonische Geologie (Vetters wurde später durch seine bis heute unübertroffene „Geologische Karte der Republik Österreich und der Nachbargebiete“, 1 : 500.000 bekannt).

1911 kam es zur Teilung der „Lehrkanzel für Mineralogie, Geologie, Paläontologie und Lagerstät­tenlehre“ in die „Lehrkanzel für Geologie, Paläonto-

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logie und Lagerstättenlehre“ und die „Lehrkanzel für Mineralogie und Gesteinskunde“. Letztere leitete Bartel Granigg bis 1934.

Das Institut für Geologie, Paläontologie und Lagerstättenlehre führte Karl-August Redlich von 1911—1913 und folgte dann einem Ruf an die Techni­sche Hochschule Prag.

Von 1913 bis 1918 supplierte Walter Schmidt die verwaiste Lehrkanzel. Er arbeitete ab 1910 an der Lehrkanzel für Geologie, habilitierte 1915 und wur­de 1918 Ao. Professor an der Lehrkanzel für Minera­logie. Walter Schmidt erwarb sich, zusammen mit Bruno Sander (Innsbruck), weltweiten Ruf durch die Entwicklung der tektonischen Gefügekunde (Schmidt’sches Netz).

Kaiser Karl ernannte 1918 Wilhelm Petrascheck zum Ordinarius für Geologie, Paläontologie und Lagerstättenlehre. Er stand dem Institut bis zum Jahr 1950 vor. Hier ist nicht der Platz, das umfassende Lebenswerk Wilhelm Petraschecks zu würdigen. Es sei nur auf sein heute noch wichtiges Werk „Kohlen­geologie der Österreichischen Teilstaaten“ (1922- 1929) und das zusammen mit seinem Sohn verfaßte Lehrbuch „Lagerstättenlehre“ (1950), sowie seine, die wissenschaftliche Diskussion bis heute befruch­tenden Vorstellungen über die alpine Metallogenese verwiesen.

An Wilhelm Petraschecks Institut wirkten meh­rere bekannte Geowissenschaftler, wie z.B.

Ernst Nowak, 1918-1922 Assistent, 1923 Habili­tation für Regionale Geologie, der verdiente Erfor­scher der Geologie Albaniens.

Karl Friedl, ab 1920 kurzfristig Assistent am Insti­tut, dann beratender Geologe für zahlreiche Erdölfir­men, Nestor der österreichischen Erdölgeologie.

Karl Metz, ab 1946 Ordinarius für Geologie an der Universität Graz.

Walter Siegl, 1937 Assistent, 1944-1977 am Insti­tut aktiv, Habilitation 1948 für Mineralogie, 1954 auf das Gebiet Lagerstättenlehre erweitert, 1965 tit.Ao., 1973 Ao.Professor und Leiter der Abteilung für ange­wandte Geochemie und Lagerstättenlehre.

1950 wurde der Sohn von Wilhelm Petrascheck, Walther Emil Petrascheck, Ordinarius und Vorstand

des Institutes für Geologie und Lagerstättenlehre, das er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1976 leitete.

In den schweren Nachkriegsjahren mangelte es dem Institut an allem, zeitweise stand nur eine Assi­stentenstelle zur Verfügung, an Anschaffungen von Geräten und Literatur war jahrelang kaum zu den­ken. Dazu kam, daß die Bausubstanz des Peter- Tunner-Gebäudes infolge jahrzehntelangen Ausblei­bens von Instandhaltungsarbeiten immer mehr ver­fiel.

Während der Dienstzeit von Walther Emil Petra­scheck veranstaltete er sechs international besuchte erdwissenschaftliche Tagungen in Leoben, die das Institut weit über die Grenzen unseres Landes be­kannt gemacht haben.

Petrascheck setzte sich von Beginn an für eine aktive Mitarbeit österreichischer Erdwissenschaftler am Internationalen Geologischen Korrelationspro­gramm (IGCP) ein (getragen von UNESCO und IUGS, der Internationalen Union Geologischer Wissenschaf­ten) und leitete selbst eines der ersten Projekte: „Ore Provinces seperated by Continental Drift“. Er war maßgeblich an den Arbeiten zur Metallogenetischen Karte Europas beteiligt. Durch seine vielfältige Tätig­keit in Entwicklungsländern angeregt, war er der Hauptinitiator für den sehr erfolgreichen, von 1965 bis 1981 an der Montanuniversität jährlich abgehalte­nen Postgraduierten-Kurs für Prospektion und Berg­bau in Entwicklungsländern, an welchem die Mitar­beiter des Institutes bei Vorlesungen, Übungen und Exkursionen voll zum Einsatz kamen.

Auf Petraschecks Initiative wurde nach längeren Vorbereitungsarbeiten 1971 der vorläufige Studien­plan für den neu eingeführten Studienzweig „Mon­tangeologie“ in Kraft gesetzt, nachdem mit dem Studiengang bereits 1968 begonnen worden war.

Von 1971 bis 1976 wurden 27 Diplomarbeiten abgeschlossen, die sich thematisch im wesentlichen mit lagerstättenkundlichen Fragen in den Ostalpen, z.T. auch in Spanien, Griechenland und Island befas­sen.

Von 1954 bis 1976 wurden am Institut unter Anleitung von W. E. Petrascheck 26 Dissertationen ausgearbeitet. 14 davon sind montangeologisch-

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lagerstättenkundliche Untersuchungen an österrei­chischen Salz-, Erz-, Industriemineral-, Kohle- und Erdöllagerstätten. 12 Dissertationen behandeln aus­ländische Lagerstätten (Algerien, Böhmen, Grön­land, Türkei, Oberbayern, Griechenland und Spa­nien).

Auf Anregung von W. E. Petraschek wurden in Österreich erstmals geochemische Prospektionsver­fahren, Schwermineralprospektion und radiometri­sche Uran-Suchverfahren zum Einsatz gebracht.

Außer mit lagerstättenkundlichen Forschungen im alpinen Raum befaßten sich Mitarbeiter des Insti­tuts mit der Erzsuche in Grönland.

Am 1. Februar 1977 trat Herwig F. Holzer seinen Dienst als O.Professor für Geologie und Lagerstät­tenlehre und Vorstand des gleichnamigen Instituts an.

Das Ausbleiben jeglicher Instandhaltungs- bzw. Sanierungsarbeiten im Peter-Tunner-Gebäude hatte im Lauf der Jahre zu besorgniserregenden Zustän­den geführt, sodaß das Landesbauamt 1978 die Säle „Geologie“, „Lagerstätten“ und Vorräume wegen drohender Einsturzgefahr sperren ließ. Daß trotz dieser Umstände ein regelmäßiger Lehr- und For­schungsbetrieb geführt werden konnte, war nur durch die Einsatzbereitschaft und die idealistische Einstel­lung der Institutsmitglieder möglich.

Von 1977 bis 1988 wurden am Institut 30 Di­plomarbeiten abgeschlossen, wovon sich 3 mit aus­ländischen und 27 mit österreichischen lagerstätten­kundlichen Themen befassen. Im gleichen Zeitraum wurden 13 vom Institut betreute Dissertationen ap­probiert, davon 3 mit ausländischer Thematik (Iran, Transkei, Ostafrika-SW-Arabien).

Habilitationen:1978 E. Erkan, Allgemeine Geologie mit besonderer Berücksichtigung der Montangeologie.1979 F. Dahlkamp, Erzlagerstättenlehre.1985 F. Ebner, Zweithabilitation für Geologie und Lagerstättenlehre.1986 H. Zetinigg, Hydrogeologie.1989 W. Prochaska, Lagerstättenkunde.1989 C. Reimann, Angewandte Geochemie.

AUSLANDSTÄTIGKEIT, MITARBEIT BEI INTERNATIONALEN GREMIEN

W. Pohl war in Saudi Arabien, Ägypten, Sudan, Kenya, Tanzania, Rwanda und Mexiko im Rahmen von IGCP-Projekten bzw. für Entwicklungshilfe- Vorhaben tätig.

W. Frisch, H. Holzer und W. Pohl führten an der Universität von Nairobi, Kenya, einen Kurs (mit Feld­übungen) in Strukturgeologie durch (1979).

H. Holzer war (bis 1980) Mitglied bzw. Chairman des Scientific Committee des IGCP (Intern. Geologi- cal Correlation Programme) mit jährlichen Sitzungen bei UNESCO/Paris bzw. in Washington. Das British Council ermöglichte 1978 H. Holzer eine Kontakt- Reise zu einer Reihe britischer Universitäten, Firmen und dem Geologischen Dienst. Weitere Reisen führ­ten H. Holzer nach Kanada, USA, BRD, DDR, Un­garn, Albanien, Griechenland und anderen europäi­schen Ländern.

F. Ebner ist korrespondierendes Mitglied der I.U.G.S. Subcommission on Carboniferous Stratigra- phy und arbeitet im Rahmen der geologischen Aus­tausch-Programme mit der CSFR und Ungarn mit. Weiters ist er an den IGCP-Projekten Nr. 5 (Bild 1) („Correlation of Variscan and Pre-Variscan events of the Alpine-Mediterranean Mountain Belt“), Nr. 276 („Paleozoic Geodynamic Domains and their Alpidic Evolution in the Tethys“) und Nr. 254 („Metalliferous Black Shales“) maßgeblich beteiligt.

E. Erkan wirkte an den IGCP-Projekten Nr. 197 („Metallogeny of Ophiolites“), Nr. 187 („Siliceous Deposits“) und Nr. 106 („Permo-Triassic Stage of Geological Evolution“) mit und bearbeitet türkische Kupfererzlagerstätten (Bilder 2 und 3).

W. Prochaska untersuchte wiederholt französi­sche Talklagerstätten und bearbeitet im Rahmen des IGCP-Projektes Nr. 255 („Metallogeny of the Kibara Belt, Central Africa“) Vorkommen von Talk in Rwan­da. Von 1982-1983 geochemische Bearbeitung W- afrikanischer Ophiolitabfolgen. Seit 1989 Leitung des IGCP-Projektes Nr. 291 („Metamorphic fluids and mineral deposits“).

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Bild 1: Internationale Zusammenarbeit auf breitester Ebene erfolgt im Rahm en des IGCP (Internationales Geologisches Korrelationsprogramm der UNESCO). D em ü b e rre g io n a le n V erg le ich g e o lo g isch e r Schichtfolgen kommt dabei größte Bedeutung zu. Die Tabelle zeigt eine stratigraphisch/fazielle Analyse des österreichischen Karbons für die IGCP-Projekte Nr. 5 und 276. Thematisch setzen sich diese Projekte mit der Ausbildung und dem Einbau vorm esozoischer Krustenteile in den geologisch jungen Faltengebirgen Europas und Asiens (farbige Fläche der Kartenabbildung) auseinander.

Die Institute für „Geologie und Lagerstättenleh­re“ (seit 1881), „Mineralogie und Gesteinskunde“ (seit 1911) und „Prospektion, Lagerstättenerschlie­ßung und Mineralwirtschaft“ (seit 1964) wurden 1980 vom Bundesministerium für Wissenschaft und For­schung trotz eines gegenteiligen Beschlusses des Universitätskollegiums zusammengelegt und somit der Zustand vor 1911 wieder hergestellt. Ein Antrag auf Trennung wurde 1989 abgelehnt. Das Institut führt seit 1981 den Namen „Institut für Geowissen­schaften“.

Nach mehrjährigen intensiven Verhandlungen war es gelungen, den Beschluß zum Neubau des Peter-Tunner-Gebäudes unter Beibehaltung der historisch wertvollen Fassadenteile zu erwirken. 1985

mußte deshalb das Institut mit allen Sammlungsbe­ständen, Bibliothek, Geräten und Mobilar in das Ausweichquartier in der Parkstraße übersiedelt bzw. anderswo verlagert werden. Dies brachte enorme Erschwerungen für den Lehr- und Forschungsbe­trieb mit sich, da die verfügbaren Räume im Parkstra­ßengebäude wesentlich kleiner sind. Das Institut verfügt über eine der umfangreichsten Universitäts­sammlungen auf lagerstättenkundlichem und pa- läontologischem Gebiet, wobei der Grundstock aus ehemaligen Bergbaurevieren der Monarchie stammt. Die Sammlungen sind derzeit in trocken gelegten Kellerräumen des Hauptgebäudes im wesentlichen unzugänglich deponiert, weitere Materialien und Geräte an verschiedenen anderen Plätzen der Uni-

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den geodynamischen Prozesse und der geologi­schen Bauprinzipien der Erde. Daraus wird die Bedeutung der Geologie für viele montanistische Sparten klar ersichtlich.

Die Vermittlung der geologischen Grundkennt­nisse an Studierende der Studienrichtungen Bergwe­sen, Erdölwesen, Markscheidekunde und Angewand­te Geowissenschaften im Ersten Studienabschnitt und lagerstättenkundlicher Fächer im Zweiten Stu­dienabschnitt für den um die Studenten der Montan­geologie vermehrten genannten Personenkreis, ist ein wesentlicher Bestand im Lehrangebot der Mon-

Rild 2 : Kupfererzlagerstätte Küre, Nordwestanatolien (Inter­national Geological Correlation Programme No. 197, „Metallogeny of Ophiolites“), E. Erkan 1987.

versität. Rücksiedlung und fachgerechte Aufstellung werden viel Zeit und große Anstrengungen erfor­dern.

LEHREDas Institut betreut geowissenschaftliche Lehr­

veranstaltungen für die Studienrichtungen Bergwe­sen, Markscheidewesen, Erdölwesen, für den Stu­dienzweig Montangeologie der Studienrichtung Erdwissenschaften und das Studium irregulare An­gewandte Geowissenschaften. Folgende Fachberei­che bzw. Disziplinen werden wahrgenommen:

Paläontologie (Einführung), Allgemeine, Histo­rische und Regionale Geologie, Erzlagerstättenkun­de, Kohle- und Erdöllagerstätten, Lagerstätten nicht­metallischer Rohstoffe, Angewandte Geochemie, Luftbildgeologie und Fernerkundung (Einführung), Gefügekunde, Hydrogeologie, Baugeologie, Metho­den der Atomabsorptionsspektroskopie, Kohlenmi­kroskopie sowie zahlreiche Feldübungen, Exkursio­nen und Seminare.

Zahlreiche Gastvortragende aus dem europäi­schen Ausland und aus Übersee tragen jährlich zur Erweiterung des geologischen Lehrangebotes bei.

Grundlage für alle Fragen, die sich mit der Auf­suche und Förderung von Rohstoffen auseinander­setzen, ist das Verstehen der auf der Erde ablaufen­

Bild 3: Kupfererzlagerstätte Ergani Maden, Südostanatolien (International Geological Correlation Programme IGCP No. 187 „Siliceous Deposits“), E. Erkan 1985.

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tanuniversität. Dadurch soll dem am Rohstoffsektor arbeitenden Montanisten nicht nur das geologische Handwerkszeug für seine tägliche, praktische Ar­beit, sondern auch eine fundierte Ausbildung für weitere wissenschaftliche Tätigkeit mitgegeben werden.

Dieser in Lehre und Forschung von Grundlagen- bis zu Praxisfächern breit strukturierte Aufgabenbe­reich bringt mit sich, daß die Mitarbeiter des Institu­tes seit jeher in den verschiedensten erdwissen­schaftlichen Sparten tätig waren.

Bild 4: Gipsbergbau Pfennigwiese, Puchberg, Niederösterreich (Forschungsprojekt „Vergleichende Untersuchung ostalpiner Gipslagerstätten“ der Ö sterreichischen Akademie der Wissenschaften, E. Erkan 1987).

FORSCHUNGSARBEITENSeit 1977 arbeiteten die Mitglieder des Instituts

intensiv an zahlreichen Rohstofforschungsprogram­men und -Projekten des Landes Steiermark: „Steiri­sche Rohstoffreserven“ im Rahmen der „Vereinigung für angewandte Lagerstättenforschung Leoben“, innerhalb der Bund-Bundesländerkooperation, an Vorhaben des Landes Niederösterreich sowie an von Bergbauunternehmungen getragenen Untersuchun­gen mit. Stofflich umfassen diese Arbeiten Braun­kohlelagerstätten, Uran-, Gips-, Talk-, Asbest-, Kie­selgur-, Graphit-, Feldspat- und Quarz-, Magnesit- Quarzsand-, Blei/Zink-, Scheelit-, Hämatit-, Lithium-, Barytvorkommen und polymetallische Kiesvererzun­gen (Bild 4).

Das Institut war weiters maßgeblich am Projekt „Integrierte Rohstoffsuche in der Kreuzeckgruppe“ und an dem (nach einem Jahr abgebrochenen) Leo- bener Hochschulschwerpunkt-Programm 1978/79 „Rohstoffpotential der Gurktaler Alpen“ beteiligt. Neben der rein praktischen Orientierung dieser Arbeiten stand das Ziel vor Augen, die lagerstätten­bildenden Vorgänge im Rahmen der geologischen Entwicklung des jeweiligen Gebietes zu erforschen (Bild 5).

In den letzten Jahren wurden auch umfangrei­che geochemische Projekte zur Genese und zu Pro­spektionsmöglichkeiten von Lagerstätten der Indu­strieminerale durchgefühlt. Voraussetzungen für diese Arbeiten war eine wesentliche Verbesserung der Ausstattung des Institutes im Bereich der geoche­mischen Analyse. Heute steht dem Institut somit eine zeitgemäße Ausrüstung für geochemische Fragestel­lungen (Haupt- und Spurenanalysen, Ultraspuren­analytik) für konventionelle Prospektion und für die Bearbeitung umweltrelevanter Themen zur Verfü­gung.

Die Kohlengeologie hat am Institut eine lange Tradition. Es darf hierbei insbesondere an die von W. Petrascheck verfaßte „Kohlengeologie der Österrei­chischen Teilstaaten“ (1922-1929) erinnert werden. Die Arbeitsrichtung der Kohlenpetrographie wurde von W. Siegl bereits Anfang der 40er Jahre installiert. In den letzten Jahren gelang der Aufbau eines mo­dernen kohlenpetrographischen Labors mit geeig­neten Präparationsgeräten, Geräten für Immediat­analysen, einem Reflexionsmikroskop und Einrich­tungen für die Fluoreszenzmikroskopie.

Zur Zeit liegt der Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Inkohlungsstudien.

Diese haben sowohl große praktische als auch wissenschaftliche Bedeutung:

Der Inkohlungsgrad- ist eine Grundlage der Kohlenklassifizierung,- beeinflußt das technologische Verhalten der

Kohlen (z.B.: Kokbarkeit),- bildet ein Maß für Kohlenwasserstoffreife,

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- ist ein hervorragender Diagenesemaßstab und Paläogeothermometer,

- ist ein wichtiges Instrument der Beckenana­lyse.

Daneben werden Untersuchungen bezüglich des petrographischen Aufbaus von Kohlen durchgeführt. Die petrographische Zusammensetzung der Kohlen hängt von der Ökologie des Bildungsraumes, dem Klima und der Pflanzengemeinschaft ab.

Es kann daher aus der petrographischen Zusam­mensetzung auf die Moorfazies rückgeschlossen werden. Die Kenntnis der Kohlenpetrographie ist insbesondere für alle kohleveredelnden Betriebe von großer Bedeutung. Die petrographische Cha­rakterisierung des im Sediment fein verteilten orga­nischen Materials trägt zudem zur Abschätzung des Kohlenwasserstoffpotentials von Sedimentbecken bei (Bild 6).

Ausgewählte österreichische Braun- und Stein­

kohlen werden darüber hinaus zur Zeit in Gemein­schaft mit Kunststoffchemikern der Montanuniversi­tät organisch-geochemisch charakterisiert.

Aus dem weit gefächerten Anwendungsgebiet der Kohlenpetrographie ergibt sich ein enger Bezug zu so verschiedenen Bereichen der Montanindustrie wie der Kokerei der Voest-Alpine AG in Linz oder den heimischen Kohlenwasserstoff-fördernden Be­trieben.

Forschungsprojekte im Rahmen des Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung:

G. Scharfe: „Sciuridae aus dem Altpleistozän Niederösterreichs“ (Bild 7).

F. Ebner und R. Sachsenhofer: „Inkohlungsver­hältnisse im steirischen Tertiärbecken“ (Bild 8).

R. Sachsenhofer und J. K. Fink: „Charakterisie­rung von alpinen Kohlen mit petrographischen und geochemischen Methoden“.

Bild 5: Gemeinsame Befahrung des auflässigen Bergbaus Meiseiding (Kärnten) durch Leobener Bergleute und Geologen 1979.

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Pechgraben, Buchschachen, Gro ssau

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Bildungsraum

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Bild 6: Unterschiedliche Bildungsräume von „Grestener Kohlen“ der Niederösterreichisch-Oberösterreichischen Voralpen können anhand unterschiedlicher megaskopischer und mikroskopischer Erscheinungsbilder erkannt werden.

W. Prochaska und W. Pohl: „Erforschung geo­chemischer Prospektionsparameter von Lagerstät­ten der Nichterze, insbesondere Talk und Magnesit“.

W. Prochaska mit H. Presslinger und G. Walach: „Urzeitliche Kupfergewinnung, Obersteiermark“.

E. Erkan: „Ablagerungsraum permotriadischer Bodenschätze “.

H. Holzer und W. Paar (Salzburg): „Goldlager­stätten der Goldeck- und Kreuzeckgruppe“.

Weiters sind bzw. waren Mitglieder des Instituts (F. Ebner, E. Erkan, G. Scharfe) als auswärtige Mitar­beiter der Geologischen Bundesanstalt mit Aufga­

ben der geologischen Landesaufnahme befaßt. F. Ebner arbeitet weiters im Arbeitskreis „Boden-Geo- ressourcen - Naturraumpotential“ des Umweltbun­desamtes und in der Arbeitsgruppe „Wehrgeologie“ mit. Im Projekt „EDV-gestützte geologische Arbeits­karten“ der Bund-Bundesländer-Kooperation liegt die geologische Projektionsbetreuung bei F. Ebner.

ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNGNeben Forschungsarbeiten im Bereich der klas­

sischen Erzlagerstättenkunde wird bei den laufen­den Projekten der zunehmenden Bedeutung der Industrieminerale und Massenrohstoffe Rechnung getragen. Bei all diesen rohstoffgeologischen For­schungsarbeiten müssen die geodynamischen Pro­zesse, die zu Stoffkonzentrationen (Lagerstätten) führen, erkannt, detaillierte Qualitätsbeurteilungen der Rohstoffe abgesehen und Prospektionsstrate­gien erarbeitet werden, denen neueste geotektoni- sche, geochemische und regionalgeologische Er­kenntnisse zugrunde liegen.

Bei der wissenschaftlichen Erarbeitung von Prospektionsstrategien kommt neben der Beherr­schung aller geologischen Disziplinen dem Einsatz der Luft-/Satellitenbildauswertung mit den Metho­den der Fernerkundung eine ebensogroße Bedeu­tung zu, wie der Entwicklung analytischer geoche­mischer Arbeitsweisen, mit deren Hilfe es möglich ist, über Elementkonzentration in ppm-Größe Lager­stätten aufzuspüren.

Andererseits können die geochemischen Pro­spektionsmethoden aber auch zur Aufsuche und Dokumentation anthropogen verursachter Schwer­metallbelastung von Böden verwendet werden. Damit ist angedeutet, daß sich der Aufgabenbereich der Montanuniversität nicht nur in der Aufsuche, dem Abbau und der Verarbeitung von Rohstoffen erschöpfen darf, sondern auch mit den Problemen einer umweltgerechten, d.h. geowissenschaftlich fundierten Entsorgung auseinanderzusetzen hat. Entsorgungs-/Deponieaspekte fallen dabei ebenso wie geogene Probleme, die sich bei der Rekultivie­rung stillgelegter Abbauorte, dem Abbau von Mas-

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Bild 7: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen mikropaläontologischer Objekte (Mikrofossilien). Die Mikropaläontologie wird aufgrund ihrer praktischen Bedeutung auch als „angewandte Paläontologie“ bezeichnet. Ihr kommt vor allem in der Erdölgeologie bei der Korrelation geologischer Schichten große Bedeutung zu. Weiters können Mikrofossilanreicherungen auch Rohstoffvorkommen bilden (z.B. Kieselgur = Schalen von Kieselalgen/Diatomeen).Bilder oben: Schalen von Ostracoden (Muschelkrebsen) aus ca. 15 Millionen Jahre alten marinen Ablagerungen des Steirischen Tertiärbeckens (Vergrößerung ca. 90 x).Bilder unten-. Kieselalgen (Diatomeen) aus dem Zangthaler Kohlenrevier. Alter ebenfalls ca. 15 Millionen jah re . (Vergrößerung links ca. 1700 x, rechts ca. 900 x).

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Bild 8: Inkohlungsprofil durch das Steirische Tertiärbecken (Arbeitsmodell aus dem FW F-Projekt Nr. 7013/GEO, Ebner, Sachsenhofer). Die Inkohlungswerte sind abhängig vom Alter der Schichten und auch der Entfernung zu den Zufuhrkanälen der m iozähen Vulkanite. Bedeutend ist dies für die potentielle Bildung von Erdöl, die an ein bestimm tes Inkohlungsintervall (Erdölfenster) gebunden ist.

senrohstoffen in Ballungszentren, der Erschrotung und dem Schutz von W asser ergeben, in das breite Feld der Umweltgeologie. Diese muß in Zukunft neben den Sparten der Lagerstättenkunde und klas­

sischen Geologie vor allem in der Forschung ein zusätzliches Standbein des Institutes darstellen.

Verfasser. H. F. HOLZER