gedichtsanalyse - blauer abend in berlin+rosen die blühen

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Blauer Abend in Berlin Das Sonett "Blauer Abend in Berlin" von Oskar Loerke stellt durch einen Vergleich der Stadt und ihren Bewohnern mit einer Wasserlandschaft die künstliche geschaffenen Welt der Menschen dar. Das Gedicht ein Sonett ist gibt es zwei Quartette und zwei Terzette. Zu Beginn des Gedichts liegt eine Perspektive des Betrachters vor, der in den Himmel sieht und für den es so aussieht, als fließe der Himmel in diesen Straßen. Er sieht dass die Natur von den "steinernen Kanälen" begrenzt wird. Nun ändert sich die Perspektive des Erzählers, der sich jetzt, gedanklich über die Dächer der Stadt begibt. Er erkennt die Ähnlichkeiten zwischen "Kuppeln" und "Bojen" und "Schlote" und "Pfähle". Im zweiten Quartett wird die Beschreibung mittels Vergleiche weitergeführt, aber jetzt liegt der Mittelpunkt auf den Bewohnern der Stadt: "Die Leben, die sich ganz am Grunde stauen". Hiermit sind Menschenleben und das Leben der Natur gemeint. So wird durch diese Doppeldeutigkeit aufgezeigt, dass der Mensch auch Teil der Natur ist und sich ihr nicht entziehen kann. Die Enge der Stadt ("stauen") ist widernatürlich, weshalb "die Leben (?) Beginnen sacht vom Himmel [(also der Natur)] zu erzählen". Hier lässt der Erzähler indirekt erkennen, ebenfalls Stadtbewohner zu sein, denn er selbst erzählte dem Leser gerade vom Himmel. Auf diese Weise gelingt es Loerke seine möglicherweise eigene Natursehnsucht zum Ausdruck zu bringen. Die Synästhesie "blaue[ ] Melodien" im ersten Terzett verdeutlicht, dass es die Natur ist, (das Adjektiv "blau" greift wiederum das Himmel- und Wassermotiv auf) die die Unübersichtlichkeit ("Gemengt") zu ordnen ("entwirrt") vermag. Der Mensch bedarf der Natur als vorgesetzter Gewalt, die ihn mit "Wille und Verstand" lenkt. Entsprechend werden die Bewegungen in der Stadt, das "Dünen, Kommen, Gehen, Gleiten, Ziehen", vom Wasser, dem natürlichen Einfluss, fremdbestimmt. Die Menschen sind Spielball der "linden Wellenhand". Im Vergleich der Menschen mit dem "grobe[n], bunte[n] Sand" wird deutlich, dass die unterschiedlichen ("bunt") Individuen in der Masse ("Sand") nicht wahrgenommen werden. In der Stadt ist die einzelne Person anonym und die Masse gehorcht der Dynamik einer unbestimmbaren Größe, der "Wellenhand". So demonstriert die Hauptmetapher des Sonetts, das Wasser, im konsequent angewendeten Vergleich die wechselseitige Abhängigkeit von Mensch und Natur .

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Gedichtsanalyse - Blauer Abend in Berlin+Rosen die Blühen

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Blauer Abend in BerlinDas Sonett "Blauer Abend in Berlin" von Oskar Loerke stellt durch einen Vergleich der Stadt und ihren Bewohnern mit einer Wasserlandschaft die knstliche geschaffenen Welt der Menschen dar.Das Gedicht ein Sonett ist gibt es zwei Quartette und zwei Terzette. Zu Beginn des Gedichts liegt eine Perspektive des Betrachters vor, der in den Himmel sieht und fr den es so aussieht, als fliee der Himmel in diesen Straen. Er sieht dass die Natur von den "steinernen Kanlen" begrenzt wird. Nun ndert sich die Perspektive des Erzhlers, der sich jetzt, gedanklich ber die Dcher der Stadt begibt. Er erkennt die hnlichkeiten zwischen "Kuppeln" und "Bojen" und "Schlote" und "Pfhle". Im zweiten Quartett wird die Beschreibung mittels Vergleiche weitergefhrt, aber jetzt liegt der Mittelpunkt auf den Bewohnern der Stadt: "Die Leben, die sich ganz am Grunde stauen". Hiermit sind Menschenleben und das Leben der Natur gemeint. So wird durch diese Doppeldeutigkeit aufgezeigt, dass der Mensch auch Teil der Natur ist und sich ihr nicht entziehen kann. Die Enge der Stadt ("stauen") ist widernatrlich, weshalb "die Leben (?) Beginnen sacht vom Himmel [(also der Natur)] zu erzhlen". Hier lsst der Erzhler indirekt erkennen, ebenfalls Stadtbewohner zu sein, denn er selbst erzhlte dem Leser gerade vom Himmel. Auf diese Weise gelingt es Loerke seine mglicherweise eigene Natursehnsucht zum Ausdruck zu bringen. Die Synsthesie "blaue[ ] Melodien" im ersten Terzett verdeutlicht, dass es die Natur ist, (das Adjektiv "blau" greift wiederum das Himmel- und Wassermotiv auf) die die Unbersichtlichkeit ("Gemengt") zu ordnen ("entwirrt") vermag. Der Mensch bedarf der Natur als vorgesetzter Gewalt, die ihn mit "Wille und Verstand" lenkt. Entsprechend werden die Bewegungen in der Stadt, das "Dnen, Kommen, Gehen, Gleiten, Ziehen", vom Wasser, dem natrlichen Einfluss, fremdbestimmt. Die Menschen sind Spielball der "linden Wellenhand". Im Vergleich der Menschen mit dem "grobe[n], bunte[n] Sand" wird deutlich, dass die unterschiedlichen ("bunt") Individuen in der Masse ("Sand") nicht wahrgenommen werden. In der Stadt ist die einzelne Person anonym und die Masse gehorcht der Dynamik einer unbestimmbaren Gre, der "Wellenhand". So demonstriert die Hauptmetapher des Sonetts, das Wasser, im konsequent angewendeten Vergleich die wechselseitige Abhngigkeit von Mensch und Natur. Einerseits greifen die Stdte, die symbolisch fr alle menschlichen bergriffe benutzt werden, in die Natur ein, andererseits knnen sie und demnach die Menschen sich den Naturgewalten und geschehnissen nicht entziehen.Die formale Strenge des Sonetts (Einteilung in Quartette und Terzette, vorgegebenes Reimschema der umarmenden Reime in den Quartetten) wird durch die wiederholten Emjambements (Bsp.:"Und Kuppeln gleichen Bojen, Schlote Pfhlen / Im Wasser."), die die Zsuren1 zwischen den Strophen verhindern, berwunden. Hier unterstreicht Loerke mit der klaren Aufteilung des Gedichts den inhaltlichen Aspekt der klar definierten Straen und des scheinbar geregelten Stadtlebens. Die Enjambements2 hingegen fhren den flieenden Charakter des Wassers, der Natur, stilistisch aus. Der durchgehende Jambus sowie die weiblichen Kadenzen3 in den Quartetten untersttzen diese dynamische Bewegung. In den Terzetten bemht Loerke jedoch Paarreime und mnnliche Kadenzen, die den eindeutigen Zusammenhalt der inhaltlichen Aussage begnstigen. Somit wird die Kernthese "Die Menschen sind wie grober bunter Sand / Im linden Spiel der groen Wellenhand" hervorgehoben."Blauer Abend in Berlin" ist klar in der Epoche des lyrischen Expressionismus (etwa 1905-1925) anzusiedeln. Vor dem Hintergrund der sich vergrernden sozialen Unterschiede und einer zunehmend beunruhigenden Auenpolitik, die in den ersten Weltkrieg gipfelte, beabsichtigten die Schriftsteller dieser literarischen Strmung gegen die herrschenden Normen und Konventionen durch Aufhebung berkommener Betrachtungsweisen zu protestieren. Wiederholt wurde dabei das Thema der Grostdte behandelt, da sich die sozialen Disparitten dort am strksten zeigten. Auerdem versetzten die rapiden wachsenden Metropolen das Individuum in die Anonymitt, was im Gegensatz zur Betonung des Subjekts durch die Expressionisten stand und folglich eine Reibungsflche bot. Loerkes Gedicht ist insofern typisch fr die Zeit, als dass es die Grostadtthematik und den Aspekt der Anonymisierung ("grober, bunter Sand") aufgreift. Auch das Sonett wurde hufig verwendet, da die strenge Form erlaubte, unruhige und unbegreifbare Vorgnge klar zusammenzufassen. Darberhinaus war die Wiederverwertung einer Gedichtform, die ursprnglich aus dem 17. Jahrhundert stammte, auch ein Aufbumen gegen vorhergegangene literarische Traditionen. Trotz all dieser bereinstimmungen mit den Merkmalen des Expressionismus besitzt "Blauer Abend in Berlin" auch eine eigene Note. Denn Loerke prsentiert nach den Schattenseiten der Grostadt ("schwarze Essendmpfe") die harmonische ("linde[s] Spiel") Einordnung der Menschen in die hhere Ordnung der Natur. Damit wendet er sich nicht nur vom subjektkonzentrierten Denken seiner Zeitgenossen ab, sondern verweigert sich auch den teilweise vorherrschenden Untergangsideen.

Rosen die blhenEntdeckt stehen sie im Sonnenlicht,entfaltet, stark in voller Pracht,bezaubern und verfhren dich,mindestens bis in die Nacht, ein Tag der vergeht,und Zeit luft ab,Blten, Bltter bald verweht,fallen tief ins Grab hinab, aus dem schnen Pflanzenduft,der Mensch hat so gern gerochen,entsteht der erste Frust,bringt Trauer, kommt gekrochen, leise bahnte es sich an,das was Mensch das Ende nennt,dachte Mensch, es wrdnie kommen,was ein Mensch nicht alles denkt, und die Moral von dem Gedicht,Rosen die blhen fr immer,die gibt es nicht, Nils Schirmer