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Positionspapier des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zur Digitalen Agenda 2014-2017 der Bundesregierung Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: +49 30 2020-5000 Fax: +49 30 2020-6000 51, rue Montoyer B - 1000 Brüssel Tel.: +32 2 28247-30 Fax: +32 2 28247-39 ID-Nummer 6437280268-55 Ansprechpartner: Dr. Axel Wehling, Mitglied der Hauptgeschäftsführung Gabriele Sieck Betriebswirtschaft / Informations- technologie E-Mail: [email protected] [email protected] www.gdv.de

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Positionspapier

des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft

zur Digitalen Agenda 2014-2017 der Bundesregierung

Gesamtverband der Deutschen

Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43 G, 10117 Berlin

Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: +49 30 2020-5000 Fax: +49 30 2020-6000

51, rue Montoyer B - 1000 Brüssel

Tel.: +32 2 28247-30 Fax: +32 2 28247-39 ID-Nummer 6437280268-55

Ansprechpartner:

Dr. Axel Wehling,

Mitglied der Hauptgeschäftsführung Gabriele Sieck

Betriebswirtschaft / Informations-technologie

E-Mail: [email protected] [email protected]

www.gdv.de

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Zusammenfassung

Die deutsche Versicherungswirtschaft begrüßt als eine der gro-

ßen IT-Anwenderbranchen das von der Bundesregierung mit der

Digitalen Agenda 2014-2017 vorgelegte Maßnahmenpaket. Sie

teilt insbesondere die drei Kernziele „Wachstum und Beschäfti-

gung“, „Sicherheit und Vertrauen“ sowie „Zugang und Teilhabe“.

Auch der aufgezeigte Fahrplan für Wachstum, Wettbewerb und

Wertschöpfung in der Informationsgesellschaft wird ausdrücklich

unterstützt.

Damit die Potenziale der Digitalisierung genutzt werden können,

müssen zügig konkrete Umsetzungsschritte unternommen wer-

den. Der ressortübergreifende Ansatz trägt der Vielschichtigkeit

und Interdependenz der Digitalisierung Rechnung und sollte fort-

geführt werden. Von zentraler Bedeutung für die Gestaltung des

digitalen Wandels sind dabei aus Sicht der Versicherungswirt-

schaft:

- angemessene und praktikable Vorgaben zur Gewährleistung

eines hohen Niveaus an Datensicherheit und Datenschutz;

- eine weitere Sensibilisierung von Bürgerinnen und Bürgern

sowie Unternehmen beim Thema Cyber-Risiken;

- die Fortführung eines interdisziplinären, ressort- und bran-

chenübergreifenden Politikansatzes, der sowohl die IT-

Branche wie auch die Anwenderbranchen einbezieht;

- die Schaffung eines innovationsfreundlichen Rahmens, ins-

besondere durch den Abbau von Hindernissen für neue

Technologien wie Cloud-Computing;

- die Verhinderung von Datenmonopolen, insbesondere im Zu-

sammenhang mit der Einführung des 112-eCall in der EU;

- die zügige Verwirklichung eines einheitlichen und verlässli-

chen Rahmens für die Nutzung von Daten von Bund, Ländern

und Kommunen. Eine Bereitstellung von Daten als „Open Da-

ta“ sollte der Regelfall sein;

- Verbesserungen des Zugangs zu Naturgefahrendaten durch

Standardisierung;

- der zügige Ausbau einer flächendeckenden Breitbandver-

sorgung als Voraussetzung für die Verwirklichung der Po-

tenziale neuer digitaler Dienste.

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A. Sicherheit und Vertrauen

Die Versicherungswirtschaft unterstützt die Entscheidung der Bundesre-

gierung, die Digitale Agenda 2014-2017 auf „Sicherheit und Vertrauen“ zu

stützen. Denn das Vertrauen der Kunden in einen verantwortungsvollen

Umgang mit ihren Daten ist unabdingbare Voraussetzung für Wachstum

und Wertschöpfung in der digitalen Wirtschaft. Dies gilt gerade für das

Versicherungsgeschäft, bei dem es um die Absicherung existenzieller

Risiken geht.

1. Datenschutz: Vertrauen und Verantwortung im Umgang mit Daten

Parallel zur zunehmenden Digitalisierung wächst die Bedeutung des Da-

tenschutzes. Die Versicherungswirtschaft stellt sich der Herausforderung,

gleichermaßen die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen zu wahren und

die Chancen der Digitalisierung zu nutzen.

Freiwillige Selbstverpflichtung zum Datenschutz konkretisiert Bun-

desdatenschutzgesetz

Die Versicherungswirtschaft macht sich für den Schutz der Daten ihrer

Kunden stark und setzt hierzu auf „regulierte Selbstregulierung“:

Als erste Branche in Deutschland hat die Versicherungswirtschaft Verhal-

tensregeln für den Datenschutz entwickelt und für diese freiwillige Selbst-

verpflichtung die Zustimmung der Datenschutzbehörden erhalten. Die

Selbstverpflichtung konkretisiert erstmals die allgemeinen Regeln des

Bundesdatenschutzgesetzes für die Versicherungswirtschaft und schafft

Rechtssicherheit und Transparenz. Mit Blick auf die Zukunft bietet diese

Selbstverpflichtung datenschutzkonforme, spezifische Lösungen für elekt-

ronische Vertragsschlüsse (inkl. der wirksamen Einholung einer Einwilli-

gung in elektronischer Form). Die Branche wird den Dialog mit den Daten-

schutzaufsichtsbehörden und den Verbraucherschützern fortsetzen, denn

regulierte Selbstregulierung wird auch in Zukunft der richtige Weg sein,

um unter Berücksichtigung externer Anforderungen verantwortungsbe-

wusst auf neue Herausforderungen zu reagieren.

Dabei könnten Lösungen noch schneller entwickelt werden, wenn die ins-

gesamt 16 Landesdatenschutzaufsichtsbehörden verstärkt mit einer

Stimme sprechen würden. Die Schwierigkeiten durch unterschiedliche

Maßstäbe in den Bundesländern zeigen sich etwa bei der Nutzung von

Daten öffentlicher Stellen (s. B.7.).

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EU-Datenschutzgrundverordnung: Vereinheitlichung des Rechts-

rahmens fördern

Die deutsche Versicherungswirtschaft unterstützt die europaweite Harmo-

nisierung des Datenschutzrechts durch die EU-Datenschutz-

Grundverordnung (EU-DSVO) ausdrücklich.

Mit einer Vereinheitlichung des Rechtsrahmens wird auch eine europaweit

einheitliche Auslegung der Datenschutz-Vorschriften durch die nationalen

Behörden gefördert. Die zum Teil gravierenden Unterschiede in der Aus-

legung haben unmittelbare Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit

der Unternehmen.

Bereichsspezifischen Datenschutz in Europa erhalten

Aus Sicht der Versicherungswirtschaft sollte die EU-DSVO echte Anreize

für den technischen Datenschutz und Datensicherheit schaffen. Dazu ge-

hören vor allem erleichterte Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Verar-

beitung pseudonymisierter Daten, die eine gerechte Balance zwischen

dem Interesse an der Datenverarbeitung und dem Schutz der Betroffenen

bietet.

Eine Besonderheit der Versicherungsbranche ist, dass in der Lebens-,

Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung die Verarbeitung von Ge-

sundheitsdaten von Millionen Kunden und Geschädigten Voraussetzung

für den Abschluss des Versicherungsvertrages und für die Schadensbear-

beitung ist. Gesundheitsdaten genießen besonderen Schutz und dürfen in

den meisten Fällen nur mit der Einwilligung des Betroffenen verarbeitet

werden. Die Einwilligung stellt Unternehmen im Massengeschäft der Ver-

sicherungen vor faktische und rechtliche Herausforderungen. Das Versi-

cherungsgeschäft ist komplex und die aus Sicht der Verbraucher kaum

noch nachvollziehbare Länge der Einwilligungserklärungen spiegelt dies

wider. Hier wäre eine stärkere Verankerung des risikobasierten Ansatzes

notwendig, wonach die Verpflichtungen des Datenverarbeiters nicht pau-

schal, sondern entsprechend des Risikos der Datenverarbeitung bestimmt

werden. Jedenfalls darf die Einwilligung nicht zu einem Formalismus ver-

kommen, der den Verbraucher am Ende gerade nicht in seiner Selbstbe-

stimmung stärkt. Notwendig ist eine eindeutige, europaweit geltende ge-

setzliche Grundlage für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Ver-

trags- und Leistungskontext, die auch die Haftpflicht- und Rückversiche-

rungen miterfasst.

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Zeitgemäße Anpassung gesetzlicher Befugnisse zur konzerninternen

Datenverarbeitung

Der rechtliche Rahmen muss die veränderten Prozesse in Unternehmen

und Konzernen ebenso in den Blick nehmen wie den Einsatz neuer Tech-

nologien. Die Tendenz zur Bildung von Kompetenzzentren innerhalb von

Konzernen und die Inanspruchnahme spezialisierter Dienstleister gewin-

nen im Rahmen zunehmender Digitalisierung immer mehr an Bedeutung.

Deshalb ist die Strafbewehrung nach § 203 StGB beim Outsourcing von

Tätigkeiten in der Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung nicht mehr

zeitgemäß. Vielmehr bedarf es einer gesetzlichen Befugnis, wonach die

Daten ohne rechtliches Risiko an ausgewählte Dienstleister und Konzern-

gesellschaften weitergegeben werden können. Durch eine klare Zweck-

bindung und vertragliche Verpflichtungen des Dienstleisters kann der Da-

ten- und Geheimnisschutz gewahrt werden.

Keine Erforderlichkeit für ein Verbandsklagerecht im Datenschutz

Das geplante Verbandsklagerecht im Datenschutz passt nicht in die Sys-

tematik des Datenschutzrechts. Während das Verbraucherschutzrecht

ausschließlich den Verbraucher schützt, sind vom Schutzbereich des Da-

tenschutzrechts alle natürlichen Personen erfasst. Das geplante Ver-

bandsklagebefugnis verkennt zudem die Effektivität der jedem Betroffenen

schon heute umfassend gegebenen Möglichkeiten der datenschutzrechtli-

chen Überprüfung und Durchsetzung seiner Rechte mit Hilfe der Daten-

schutzaufsichtsbehörden. Dieser Aufgabe kommen die Datenschutzauf-

sichtsbehörden kompetent und erfolgreich nach.

Das auf nationaler Ebene vorgesehene Verbandsklagerecht stimmt ferner

nicht mit den bislang veröffentlichten Vorschlägen zu den datenschutz-

rechtlichen Befugnissen eines Verbandes in der Datenschutz-

Grundverordnung überein. Ein Abwarten des europäischen Einigungspro-

zesses ist daher zu empfehlen.

2. Digitale Kommunikation datenschutzkonform und sicher gestal-

ten

Medienbruchfreie Verfahren sind nicht nur für Wirtschaftsunternehmen

attraktiv. Vielmehr entsprechen sie auch den klaren Erwartungen der Ver-

braucher, z. B. Verträge vollständig und zügig online unter Nutzung mo-

derner, mobiler Devices abschließen zu können.

Dabei muss stets die Sicherheit der Daten und der Prozesse gewährleistet

sein. Die Versicherungswirtschaft hat sich daher von Anfang an beim Ein-

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satz der eID-Funktion des Personalausweises und der sicheren Kommu-

nikation mittels De-Mail engagiert. Zugleich bedarf es einer breiten Akzep-

tanz der eingesetzten Verfahren bei Wirtschaft und Verbrauchern. Not-

wendig sind hierfür einfache und praktische Implementierbarkeit, Interope-

rabilität und Kompatibilität mit gängigen Kommunikationsanwendungen

und -standards.

Entsprechende gesetzliche Schriftformerfordernisse, die dies verlangen,

fördern zudem nicht die Effizienz, die durch digitale Prozesse eigentlich

erreicht werden sollte.

Schriftliche Datenschutz-Einwilligungserklärungen beispielsweise sind

nicht mehr zeitgemäß. Denn Online-Prozesse bieten heute im Vergleich

zur Papierform deutlich erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten, um die Auf-

merksamkeit des Verbrauchers auf wichtige Punkte zu lenken.

Deshalb begrüßt die Versicherungswirtschaft das von der Bundesregie-

rung angekündigte Normenscreening im Verwaltungsrecht des Bundes,

mit dem Schriftformerfordernisse auf den Prüfstand gestellt werden sollen.

Allerdings darf dieses Screening nicht auf öffentlich-rechtliche Vorschriften

begrenzt werden. Vielmehr sollte dieses Screening auch im Bereich der

Privatwirtschaft durchgeführt werden.

Die angekündigten Neuregelungen sollten zudem nicht einfach überall

dort, wo heute die eigenhändige Unterschrift erforderlich ist, als digitales

Äquivalent die qualifizierte elektronische Signatur vorsehen. Vielmehr ist

eine prozessuale Sichtweise erforderlich, die die gesamte Prozesskette in

den Blick nimmt. Transparente und überprüfbare Verfahren sowie nach

dem Stand der Technik manipulationssichere IT-Infrastrukturen und -

Anwendungen können eine hinreichende Rechtssicherheit gewährleisten.

Solche wünschenswerten Neuregelungen können die Abwicklung von

Geschäftsprozessen im Internet unterstützen und den Einsatz elektroni-

scher Verfahren und Geräte absichern.

3. Sichere IT-Infrastrukturen

Ein wichtiger Faktor zur Gewährleistung von Daten- und IT-Sicherheit ist

die kooperative Zusammenarbeit mit den für IT-Sicherheit zuständigen

Behörden. Die Branche hat zu diesem Zweck das Krisenreaktionszentrum

für IT-Sicherheit der deutschen Versicherungswirtschaft (LKRZV) etabliert.

Die Versicherungswirtschaft hat damit als erste Branche ein solches Kri-

senreaktionszentrum entsprechend der Empfehlungen des Umsetzungs-

plans Kritische Infrastrukturen (UP KRITIS) des Bundesamtes für Sicher-

heit in der Informationstechnik (BSI) eingerichtet. Das LKRZV arbeitet als

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verlässlicher Partner eng und vertrauensvoll mit den zuständigen Behör-

den zusammen.

Versicherungswirtschaft ist Vorreiter bei IT-Sicherheit

Mit dem LKRZV setzt die Versicherungswirtschaft bereits um, was mit

dem IT-Sicherheitsgesetz ab 2015 verbindlich werden soll: Hohe Priorität

für IT-Sicherheit zum Schutz sensibler Daten, schnelle Kommunikation zur

Krisenfrüherkennung und eine 24-Stunden Erreichbarkeit für die Versiche-

rungsunternehmen.

Außerdem hat die Versicherungswirtschaft mit der Trusted German Insu-

rance Cloud (TGIC) die erste nach BSI-Grundschutz zertifizierte Cloud-

Infrastruktur geschaffen. Die TGIC wird zudem vom BSI nach den interna-

tionalen IT-Sicherheitsstandards Common Criteria zertifiziert. Verschiede-

ne Branchenservices können nun in einer hochsicheren Cloud-

Infrastruktur abgewickelt werden. Von den im Zuge der Zertifizierung ge-

meinsam mit dem BSI erarbeiteten Kriterien für die Umsetzung des

Grundschutzkatalogs auf Cloud-Lösungen profitieren künftig auch andere

Anbieter, für die nunmehr ein erprobtes Zertifizierungsverfahren zur Ver-

fügung steht.

4. Versicherungsschutz gegen die Risiken der Digitalen Wirtschaft

In der vernetzten und digitalen Welt kommt der Informations- und Kom-

munikationstechnologie-Branche (IKT-Branche) eine Schlüsselfunktion zu.

Mit der wachsenden Bedeutung der IKT in Wirtschaft, Verwaltung und

Gesellschaft gewinnt auch die Absicherung gegen Risiken der Bereitstel-

lung dieser Services an Bedeutung.

Einen Baustein für die Absicherung gegen Haftungsrisiken im Zusam-

menhang mit dem technischen Betrieb, mit der Erstellung und Verbreitung

von Inhalten oder mit der Verarbeitung von Daten bilden entsprechende

Angebote der Versicherungswirtschaft: Mit speziell auf die Bedürfnisse der

IT-Unternehmen zugeschnittenen IT-Haftpflicht-Policen können sich IT-

Dienstleister bedarfsgerecht gegen Vermögensschäden absichern und

geschäftliche Risiken mindern. Technikoffene Formulierungen von Versi-

cherungsbedingungen lassen Raum für Innovation. Zudem können durch

individuelle Risikoprüfungen neuartige Dienstleistungen abgesichert wer-

den.

Auch sämtliche Unternehmen, die IT-Dienstleistungen nutzen, profitieren

vom angebotenen Versicherungsschutz. Es gehört heute zum Marktstan-

dard, dass Schäden versichert sind, die Nutzer von Internet-Technologie

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durch Datenmanipulation verursachen, etwa aufgrund von Viren oder an-

deren Schadprogrammen, Zugangsstörungen oder Verletzung von Per-

sönlichkeitsrechten. Dies gilt ebenso für die Nutzung von Internet-

Technologie durch eine Privatperson.

5. Schutz gegen Cyber-Kriminalität

Mit ihrem Engagement zur Verbesserung des Schutzes vor und der Ab-

wehr von Cyber-Kriminalität trägt die Bundesregierung dem veränderten

Konsumverhalten der Verbraucher über neue Medien und neue Devices

wie Smartphones oder Tablet-Computer Rechnung. Ein stärkerer Schutz

gegen Cyber-Kriminalität kann das Vertrauen in neue digitale Distributi-

onskanäle und Angebote verbessern. Zudem haben Unternehmen auf-

grund der immer stärkeren Vernetzung ihrer eigenen IT-Systeme ein er-

hebliches Interesse an sicherer Datenübermittlung, um ihre vitalen Pro-

zesse zu schützen und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren.

Viele Prozesse in den Unternehmen werden immer stärker automatisiert,

digital gesteuerte Systeme ersetzen mechanische Steuerung. In der

Transport- und Logistikbranche beispielsweise haben es digitale Systeme

möglich gemacht, dass Schiffe besser navigieren, Waren schneller umge-

schlagen oder effizienter gekühlt werden können. Das Ziel ist, Transport-

mittel und Warenströme zu kontrollieren und so für mehr Sicherheit zu

sorgen. Das ist auch im Sinne der Transportversicherer. Doch hat dieser

Wunsch nach mehr Sicherheit zugleich neue Risiken durch Cyber-

Kriminalität geschaffen. Schiffe, Container-Terminals oder Kühlhäuser, die

durch einen Cyber-Angriff stillgelegt werden können, sind ein Teil der

weltweiten Logistikkette.

Sensibilisierung für Gefahren durch Cyber-Angriffe

Daher unterstützt die Versicherungswirtschaft die Bundesregierung in ih-

rem Ansatz, Prävention zu stärken und gerade auch mittelständische Un-

ternehmen für IT-Sicherheit zu sensibilisieren.

Wenngleich Versicherungen kein Ersatz für Investitionen in die organisa-

torische und technische Abwehr von Angriffen auf IT-Systeme sind, tragen

die Versicherungsprodukte der zunehmenden Gefährdung der Wirtschaft

durch Cyber-Angriffe Rechnung, indem sie die wirtschaftlichen Folgen

absichern. Zudem wird die Versicherungswirtschaft flankierende Präventi-

onskonzepte für den Einsatz und die Anwendung von IT vorantreiben.

Gerade bei Cyberangriffen stellt sich regelmäßig die Frage der Beweissi-

cherung, die von kleinen und mittleren Unternehmen und erst recht von

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Verbrauchern nicht zuverlässig geleistet werden kann. Der Nachweis ei-

nes versicherten Schadens ist jedoch Conditio sine qua non für alle Versi-

cherungsprodukte. Es müssen daher Methoden entwickelt werden, die

eine sichere Beweisführung gewährleisten. Die Versicherungswirtschaft

hält es für erforderlich, dass gemeinsam mit anderen Branchen und der

Politik hierüber ein intensiver Dialog geführt wird.

B. Wachstum und Beschäftigung

Die Digitalisierung bietet erhebliche Chancen für Wertschöpfung und

Wachstum. Es ist daher zu begrüßen, dass auch das Thema „Wachstum

und Beschäftigung“ breiten Raum in der Digitalen Agenda 2014-2017 ein-

nimmt.

1. Industrie 4.0 und Internet of Things

Die Betonung der Wachstumspotenziale neuer Technologien weist den

richtigen Weg zu einer breiteren Akzeptanz der Chancen, die die Digitali-

sierung den Unternehmen und deren Kunden bietet.

Bei der zunehmenden Vernetzung – sowohl im Alltag durch die Vernet-

zung von Gegenständen („Internet of Things“) als auch im Bereich der

industriellen Produktion unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ – ist eine

ganzheitliche Betrachtung erforderlich. Die gesamte Wertschöpfungskette

ist von den Veränderungen betroffen. Durch die Vernetzung entstehen

neue Chancen und Risiken, die sich unter anderem auf die Versicherbar-

keit auswirken können. Einerseits können digitale Daten für die Verbesse-

rung der Risikoeinschätzung genutzt werden, andererseits kann sich

durch die Veränderung eine neue zu versichernde Gefahr ergeben.

Daher muss die Bundesregierung die IKT-Wirtschaft, die Realwirtschaft

und die Anwenderbranchen gleichermaßen in die weitere Gestaltung ein-

beziehen, um das Wachstumspotential voll ausschöpfen zu können.

2. Chancen der Vernetzung

Durch Vernetzung werden neue und innovative Dienstleistungen und neue

Wertschöpfung ermöglicht.

Vernetzung im Straßenverkehr

Bei der Entwicklung vernetzter Verkehrsinfrastrukturen unter Einbezie-

hung vernetzter Kraftfahrzeuge setzt sich die Versicherungswirtschaft für

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offene Schnittstellen zu den Bordcomputern ein. Einen bedeutenden

Schritt zur Vernetzung stellt das automatische Notrufsystem 112-eCall

dar, welches ab April 2018 in allen neu zugelassenen Fahrzeugtypen ver-

pflichtend eingebaut sein muss. Im Notfall wird durch 112-eCall automa-

tisch ein Notruf abgesetzt, so dass schneller Hilfe vor Ort sein kann. Die

Versicherungswirtschaft unterstützt 112-eCall als wichtige Maßnahme zur

Vermeidung schwerer und schwerster Unfallfolgen.

Vernetzte Fahrzeuge lassen eine Vielzahl unterschiedlicher Mehrwert-

dienste zu. Damit über diese nicht allein die Automobilwirtschaft bestimmt,

muss die Hoheit über die Übermittlung der Kfz-Daten beim Autofahrer/Kfz-

Halter liegen. Die Versicherungswirtschaft begrüßt den Willen der EU, im

Zuge der eCall-Einführung eine standardisierte, sichere und diskriminie-

rungsfrei zugängliche Schnittstelle für den Austausch von Kfz-Daten zu

schaffen. Erst damit erhält der Verbraucher die Möglichkeit, unter einer

Vielfalt von Mehrwertdiensten frei zu wählen. Andernfalls drohen Daten-

monopole einzelner Wirtschaftsbereiche, die dem freien Wettbewerb so-

wie vor allem den Interessen und Rechten der Verbraucher entgegenste-

hen.

Chancen von Cloud-Computing

Auch im Cloud-Computing liegen neue Chancen für Wachstum und inno-

vative Geschäftsprozesse. Die Versicherungswirtschaft wird sich gerne in

den von der Bundesregierung angekündigten Dialog zwischen den rele-

vanten Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Regierung einbrin-

gen. Mit der Trusted German Insurance Cloud hat die Versicherungswirt-

schaft Maßstäbe für die Zertifizierung von Cloud-Angeboten geschaffen.

Von den Erfahrungen der Assekuranz in diesem Bereich können andere

Branchen profitieren.

3. Innovationsfreundlicher Regulierungsrahmen

Der Bundesregierung stellt zu Recht fest, dass (faktische) Datenmonopole

zu Wettbewerbshemmnissen führen können. Daher sollte schon bei der

Grundkonzeption des „Internet of Things“ ein wettbewerbsfreundlicher

Rahmen geschaffen werden. Dazu passt die Ankündigung der Bundesre-

gierung, einen „unverfälschten Wettbewerb“ gewährleisten zu wollen und

die Anbieter aus Nicht-EU-Staaten denselben Regulierungsvorschriften zu

unterwerfen wie EU-Anbieter.

Generell muss jedoch genügend Raum für die tatsächliche Ausschöpfung

der Potenziale der Digitalisierung bleiben. Neue Technologien, wie etwa

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Big Data oder Cloud-Computing, benötigen einen offenen und innovati-

onsfreundlichen Rechtsrahmen.

4. Effizienz durch Normierung und Standardisierung

Die Versicherungswirtschaft teilt das Ziel der Normierung und Standardi-

sierung als unabdingbare Voraussetzung für effizienten Datenaustausch.

Normierung muss auch künftig unter enger Einbeziehung der betroffenen

Wirtschaftszweige erfolgen.

Initiativen wie jene unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für

Wirtschaft und Energie stehende Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftliche

Verwaltung (AWV) oder das Forum elektronische Rechnung Deutschland

(FeRD) haben daher Vorbildcharakter. Die Entwicklung des elektroni-

schen Rechnungsformats Zentraler User-Guide des Forums elektronische

Rechnung Deutschland (ZUGFeRD) ist ein wichtiger Schritt zur Pro-

zessoptimierung und der durchgehend elektronischen Verarbeitung von

Geschäftsprozessen. Die Versicherungswirtschaft bestärkt die Bundesre-

gierung in ihrem Bestreben, dieses Format auch auf EU-Ebene zu veran-

kern. Hiermit kann im gesamten europäischen Wirtschaftsraum ein ein-

heitliches und maschinenlesbares Format etabliert werden, das zugleich

den Beweisanforderungen des Gesellschafts-, Bilanz- und Steuerrechts

genügt.

5. Moderne und effiziente Prozesse zwischen Verwaltung und Wirt-

schaft

Die stetig steigenden Anforderungen an Statistik- und Informationspflich-

ten von Unternehmen gegenüber den Behörden und der Öffentlichkeit

erfordern Lösungen für eine effiziente und sichere Erhebung und Über-

mittlung von Daten zwischen den beteiligten Parteien. Unnötige Doppelbe-

lastungen bei den Unternehmen aufgrund von multiplen Meldewegen oder

unterschiedlicher Datenaustauschformate müssen vermieden werden. Die

deutsche Versicherungswirtschaft begrüßt daher das Bekenntnis der Bun-

desregierung zu einfachen, sicheren und effektiven Prozessen einer inno-

vativen Verwaltung in Bund und Ländern.

Reportingprozesse harmonisieren, Synergieeffekte nutzen

Die Digitalisierung von Prozessen oder der Austausch von Daten sind

allerdings nicht an Landesgrenzen gebunden. So entsteht etwa mit Sol-

vency II in der EU eines der weltweit modernsten Aufsichtssysteme für die

Versicherungsunternehmen. Im Fokus hierbei steht eine erhöhte Transpa-

renz über die Risiko- und Finanzlage von Versicherungsunternehmen.

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Damit wird dem erhöhten Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und den

gesteigerten Aufgaben der verschiedenen nationalen und europäischen

Behörden Rechnung getragen.

Allerdings sollte bei der Entwicklung von Standards für Datenaustausch-

formate oder der Etablierung von Schnittstellen für die Berichterstattung

von Versicherungsunternehmen stets berücksichtigt werden, dass diese

Lösungen auch im weiteren Reportingprozess nutzbar sind, etwa für die

Weiterleitung von Daten an andere mit aufsichtsrechtlichen oder statisti-

schen Aufgaben betraute Institutionen. Die Übermittlung von Daten sollte

ebenso effizient und zuverlässig erfolgen wie deren Erhebung.

In der weiteren Diskussion über eine Harmonisierung elektronischer Da-

tenaustauschformate für die Berichterstattung in Europa sollten ebenfalls

Lösungen entwickelt werden, die eine effiziente und sichere Erfassung,

Übertragung und Verwendung von aufsichtsrechtlichen und statistischen

Daten ermöglichen und den Besonderheiten einzelner Sektoren Rech-

nung tragen.

Digitaler Datenaustausch mit der Finanzverwaltung

Das gilt auch im Steuerrecht, bei dem Unternehmen auf effiziente und

moderne, sichere digitale Prozesse für den Datenaustausch mit der Ver-

waltung angewiesen sind.

Um Prozesse effizient und sicher zu gestalten, ist im Steuerrecht beson-

derer Wert auf vertrauliche Kommunikation zu legen, weil zahlreiche sen-

sible Unternehmensdaten, aber auch personenbezogene Daten von Ver-

sicherungsnehmern übermittelt werden müssen. Beispiele sind etwa die

Meldung von Krankenversicherungsbeiträgen an die Finanzverwaltung

oder auch die Meldung der Religionszugehörigkeit für die Ermittlung der

Kirchensteuer. Zugleich bedarf es für die steuerpflichtigen Unternehmen

praktikabler und transparenter Verfahren, die auf standardisierten Forma-

ten basieren.

Dabei ist darauf zu achten, dass dieselben Daten nicht für jedes Verfahren

in unterschiedlichen Formaten übermittelt werden müssen, sondern dass

etablierte Datenformate prozessübergreifend zum Einsatz kommen. Zu-

dem sollten einander ähnliche bzw. vergleichbare Verfahren harmonisiert

werden, damit nicht für jedes weitere Verfahren wieder neuer, hoher Im-

plementierungsaufwand generiert wird. Dies gilt etwa im Bereich des au-

tomatisierten Steuerdatenaustauschs nach der Zinsrichtlinie, der Amtshil-

ferichtlinie, FATCA oder dem OECD-CRS.

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Insbesondere hält es die Versicherungswirtschaft aus diesem Grund für

geboten, auf plattformunabhängig und allgemein nutzbare Webtechnolo-

gien zu setzen. Mit der TGIC (s. A.3.), über die unter anderem die Mel-

dungen der Versicherungswirtschaft an die Zentrale Zulagenstelle für Al-

tersvermögen (ZfA) für die Riester-Rente in einem sicheren technischen

Raum abgewickelt werden, hat die deutsche Versicherungswirtschaft hier

bereits die Grundlage auch für weitere Verfahren gelegt. Bewährte Verfah-

ren sollten nicht wieder geändert werden.

Bürokratieabbau durch Digitalisierung

Digitalisierung von Verwaltungsverfahren wie z.B. im Steuerrecht bietet

zudem die Chance, die Verfahren insgesamt schlanker zu gestalten und

Bürokratie abzubauen. Daher muss stets darauf geachtet werden, dass

Registrierungsverfahren nicht unverhältnismäßig aufwändig sind und die

Grundsätze der Usability Anwendung finden, etwa durch den Einsatz von

intelligenten Eingabeschnittstellen. Damit kann auch die Quote der Zu-

rückweisung von Eingaben minimiert werden.

Ferner ist bei der effizienten Gestaltung der Kommunikationswege von

Unternehmen und Verwaltung nicht nur die elektronische Übermittlung

von der Wirtschaft zum Staat zu bedenken, sondern auch der Rückweg.

Die Verwaltung, insbesondere die Finanzverwaltung, muss in den ent-

sprechenden Verfahren Rückmeldungen im standardisierten elektroni-

schen Format verbindlich und rechtssicher zurückmelden. Nur so können

die gesamten Prozesse digital abgewickelt werden. Die Versicherungs-

wirtschaft begrüßt, dass die Versicherungs- und Feuerschutzsteuern

elektronisch erklärt werden können. Die rechtssichere und verbindliche

Festsetzung der Steuern muss jedoch auch in einem elektronischen For-

mat und auf elektronischem Wege von der Finanzverwaltung an die Un-

ternehmen übermittelt werden können.

Damit lässt sich nicht vereinbaren, dass die Finanzverwaltung etwa im

Bereich der E-Bilanz von den Unternehmen elektronische Meldungen ver-

langt, diese dann jedoch von der Verwaltung mangels entsprechender

Systeme nicht elektronisch ausgewertet werden können.

Föderale Hindernisse bei digitalen Prozessen abbauen

Bei der Gestaltung effizienter digitaler Prozesse im Steuerrecht ist eine

enge Abstimmung zwischen Bund und Ländern erforderlich, um unnötige

Verzögerungen zu vermeiden und so die Umsetzung von Vorhaben nicht

zu behindern. Zu begrüßen ist die Einrichtung zentraler Stellen wie etwa

bei der Rentenbezugsmitteilung oder auch bei der Abfrage der Steuer-

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Identifikationsnummer beim Bundeszentralamt für Steuern, da dies die

Melde- und Kommunikationswege für Wirtschaft und Staat gleichermaßen

vereinfacht.

Im Zusammenhang mit der von der Versicherungswirtschaft unterstützten

Abfrage der Steueridentifikationsnummer bei der Finanzverwaltung sind

Verbesserungen bei der Ähnlichkeitssuche geboten, um das Verfahren

weiter zu effektivieren. Um die Vorteile digitaler Datenverarbeitung besser

zur Entfaltung zu bringen, ist bei der Nutzung der Steueridentifikations-

nummer zu überdenken, ob eine gewisse Lockerung der strengen Zweck-

bindung bei deren Verwendung erfolgen kann. So stellt etwa das Verbot

der Verwendung einer bereits erhobenen Steueridentifikationsnummer

durch andere Unternehmen eines Konzerns oder einer Unternehmens-

gruppe zu steuerlichen Zwecken ein Hindernis dar. Vorgeschlagene Er-

leichterungen sollten hier schnellstmöglich verabschiedet werden.

Wenngleich Digitalisierung zu einer Verfahrensbeschleunigung bei der

Verarbeitung von Daten führen kann, darf nicht verkannt werden, dass für

die Erfüllung von Pflichten der Unternehmen gegenüber der Verwaltung

ausreichende Fristen vorgesehen werden müssen. Digitalisierung darf

nicht zu einer neuen bürokratischen Belastung der Unternehmen führen.

Die Möglichkeit der Ermittlung digitaler Daten darf nicht dazu führen, der

Wirtschaft immer neue Meldepflichten aufzuerlegen. Ferner sollte auch bei

digitalen Verfahren eine Belastung der Versicherungsunternehmen durch

zu knappe Meldefristen unterbleiben – etwa bei der Meldung freigestellter

Kapitalerträge oder der bei ausländischen Versicherern abgeschlossenen

Versicherungsverträge.

6. Digitaler Zahlungsverkehr

Ein wesentlicher Schritt zum Abbau von Hindernissen im elektronischen

Geschäftsverkehr war die Einführung des einheitlichen europäischen Zah-

lungsraums (Single European Payment Area; SEPA). Notwendig ist je-

doch darüber hinaus noch die rechtssichere Gestaltung eines elektroni-

schen SEPA-Mandats (e-Mandat).

Dieser Schritt muss zügig erfolgen, damit die Potenziale von SEPA für

durchgehend elektronische Zahlungsprozesse voll ausgeschöpft werden

können.

7. Wertschöpfung aus Daten der öffentlichen Hand

Zugang zu validen Daten ist in der digitalen Wirtschaft von entscheidender

Bedeutung. Die Open-Data-Initiative der Bundesregierung wird daher von

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der Versicherungswirtschaft ausdrücklich begrüßt. Sie stellt Wirtschaft,

Wissenschaft und Bevölkerung essentielle Basisdaten zur Verfügung –

unverfälscht durch dritte gewerbliche Datenanbieter. Der uneingeschränk-

te Zugang zu diesen Basisdaten ist Grundvoraussetzung für Wachstum,

Innovation und Rechtssicherheit (Single-Voice). Dies gilt auch für Ferner-

kundungsdaten.

Für den Erfolg von Open Data ist es erforderlich, dass die Daten in in-

teroperablen Formaten zugänglich gemacht werden. Ein zentraler Bau-

stein der Open-Data-Strategie muss daher sein, gemeinsam in Bund,

Ländern und Kommunen Schnittstellen und Formate zu definieren, die

nutzbar sind. Maschinenlesbarkeit muss dabei insbesondere so verstan-

den werden, dass die Daten in strukturierten, interoperablen Formaten

zugänglich gemacht werden. Zudem darf das Prinzip von Open Data nicht

durch überbordende Ausnahmetatbestände ausgehöhlt werden.

Die Versicherungswirtschaft begrüßt daher den zwischenzeitlich verab-

schiedeten „Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung

der Open-Data-Charta der G8“ sowie die Arbeit an einer Standardisierung

der Metadatenstruktur für eine semantische Interoperabilität offener Daten

im IT-Planungsrat.

Länder und Kommunen in Open-Data-Strategie einbeziehen

Da wesentliche Datenbestände gerade nicht in der Hand des Bundes lie-

gen, muss die Bundesregierung eine ihrer vordringlichen Aufgaben darin

sehen, Länder und Kommunen in die Open-Data-Strategie einzubeziehen.

Zu Recht wirbt sie für ein klares Bekenntnis von Ländern und Kommunen

zu den Open-Data-Grundsätzen.

Vorbild in der Nutzung der Daten öffentlicher Stellen können andere Staa-

ten sein, die bereits deutlich weiter in der Umsetzung von Open Data-

Prinzipien sind.1 Dabei muss das Ziel sein, die bestehende Uneinheitlich-

keit bei Lizenzmodellen, Preisgestaltung und Datenschutzauslegung zu

überwinden. Bereits 2003 wurden in der sog. „Micus-Studie“2 Chancen

und Hindernisse von Open Data im Auftrag des damaligen Bundeministe-

riums für Wirtschaft und Arbeit umfassend aufgezeigt.

Neben einer einheitlichen Handhabung gehören dazu auch die Schaffung

von Rechtssicherheit und eine Harmonisierung des Rechtsrahmens, etwa

1 Vgl. etwa Dänemark unter: http://www.digst.dk/Servicemenu/English/Policy-

and-Strategy/Open-Data-Innovation-Strategy-ODIS. 2 Vgl. http://www.micus.de/pdf/micus_bmwa_vollversion.pdf.

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im Bereich der Geoinformation. Die derzeit existierenden 17 Geodatenzu-

gangsgesetze, flankiert von 17 zum Teil unterschiedlichen Datenschutz-

gesetzen des Bundes und der Länder erweisen sich im Alltag als untaug-

lich, die Nutzung von Daten öffentlicher Stellen lokal und länderübergrei-

fend sicherzustellen. Darüber hinaus enthalten das Umweltinformations-

gesetz und Informationsfreiheitsgesetze zum Teil inkompatible Regelun-

gen, die dem erklärten Ziel widersprechen, Open Data wirtschaftlich nutz-

bar zu machen.

Lizenzmodelle und Preisgestaltungen harmonisieren

Gerade im Bereich der Lizenzgestaltung ist ein einheitliches Verwaltungs-

handeln erforderlich. Selbst innerhalb einer Landes- oder Kommunalver-

waltung werden für unterschiedliche Datenbestände oftmals unterschiedli-

che Lizenzmodelle verwendet. En Detail sind diese sogar oft unvereinbar.

Für im Aufbau befindliche Unternehmen, die ein rechtssicheres Produkt

anbieten müssen und keine finanziellen Reserven für teils jahrelange Ver-

handlungen mit der öffentlichen Hand haben, ist dieser Umstand oft genug

ein „K.O.“-Kriterium. Selbst für etablierte Vertragspartner führt diese

Rechtsunsicherheit zu enormen Kosten für die Rechtsberatung und erhöht

den bürokratischen Aufwand der Datenpflege.

Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist es daher unabdingbar, dass

Bund, Länder und Kommunen kurzfristig verbindliche Standards für Li-

zenzmodelle vereinbaren und in die Praxis umsetzen. Die laufenden Pro-

zesse (u. a. aus GIW, IMAGI, INSPIRE) müssen nach mehr als einer De-

kade der Beratungen rasch und zielführend zu einem Abschluss gebracht

werden. Der Grundsatz, den auch die EU in den Open-Data-Grundsätzen

verankert hat, muss dabei stringent verwirklicht werden. Lizenzen sollen

grundsätzlich ohne Einschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit erteilt

werden, sofern nicht zwingende entgegenstehende Interessen betroffen

sind.

Ebenso muss sich die weitere Ausgestaltung von Open Data daran orien-

tieren, dass die Preisgestaltung am Aufwand der Verwaltung orientiert ist

und allein hierfür kostendeckend sein darf. Daten, die aufgrund öffentli-

cher Verwaltungstätigkeit generiert und mithin bereits aus öffentlichen

Mitteln finanziert wurden, dürfen nicht über die notwendige Kostenerstat-

tung hinaus bepreist werden.

Open Data über föderale Ebenen hinweg nutzbar machen

Die Nutzung von Daten öffentlicher Stellen darf auch nicht dadurch behin-

dert werden, dass in den Bundesländern unterschiedliche Maßstäbe im

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Hinblick auf Datenschutz angelegt werden. Die derzeit uneinheitliche Aus-

legung führt ebenfalls zu Rechtsunsicherheit und behindert erheblich die

wirtschaftliche Nutzbarkeit von Daten öffentlicher Stellen – bspw. wenn

Daten zu bestimmten Sachverhalten, die in einem Bundesland verfügbar

gemacht werden, in einem anderen unter Verweis auf Datenschutz unter

Verschluss bleiben, wie dies etwa im Bereich der Altlastenkataster der Fall

ist. Hierdurch wird eine überregionale Nutzung von Open Data faktisch

verhindert.

Wenn Bund, Ländern und Kommunen Daten öffentlicher Stellen nicht zü-

gig über die föderalen Ebenen hinweg zu fairen Lizenzbedingungen und

vernünftigen Preisen in einem klar strukturierten, rechtssicheren, einheitli-

chen Rahmen wirtschaftlich nutzbar machen, wird Deutschland das Po-

tenzial seines Datenbestandes nicht heben können und Anschluss verlie-

ren.

Unternehmen, die auf Daten angewiesen sind, werden diese zunehmend

selbst (erneut) erheben oder aber von anderer Stelle einkaufen müssen.

Dies ist volkswirtschaftlich kontraproduktiv, zumal die öffentliche Hand

diese Daten bereits mit öffentlichen Mitteln erhoben hat. Schon jetzt ist

ersichtlich, dass sich finanzstarke internationale Datenkonzerne des Fel-

des bemächtigen und der deutschen Wirtschaft kaum noch Raum zur

Wertschöpfung lassen. Ohne eine rasche und konsequente Entscheidung

aller Beteiligten für Open-Data droht aus volkswirtschaftlicher Sicht eine

Bankrotterklärung.

8. Online-Zugang zu Geoinformationen

Für die Versicherungswirtschaft sind valide und statistisch normierte Da-

ten zu Naturgefahren für einen risikogerechten Versicherungsschutz ge-

gen existenzielle Gefahren durch Naturereignisse für Wohnort oder Ge-

schäftssitz unabdingbar. Mit ZÜRS Geo (Zonierungssystem für Über-

schwemmung, Rückstau, Starkregen) werden die vielfach heterogenen

Informationen der öffentlichen Hand aufbereitet. ZÜRS Geo bietet damit

auch eine unerlässliche Hilfestellung bei der Umwelthaftpflicht- und der

Umweltschadensversicherung. Das mit dem internationalen Preis für

Geoinformationssysteme3 ausgezeichnete System führt dazu, dass heute

rund 99 Prozent aller entsprechenden Risiken in Deutschland unter Ver-

zicht auf teure Einzelgutachten oder lange Fragebögen „vom Schreibtisch

aus“ versichert werden können. Die Versicherungswirtschaft entwickelt

ZÜRS Geo ständig weiter, um etwa der wachsenden Verbreitung mobiler

3 ESRI-Award des Environmental Systems Research Institute.

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Geräte im Bereich der Versicherungswirtschaft sowie dem zunehmenden

Bedarf nach tagesaktuellen Klima- und Wetterdaten Rechnung zu tragen.

Um das Risikobewusstsein der Bevölkerung für Naturgefahren zu schär-

fen, hat der Verband zudem die Website Kompass Naturgefahren4 ge-

schaffen. In bislang drei Bundesländern stellt Kompass Naturgefahren die

Gefährdung durch Naturgefahren leicht verständlich dar – datenschutz-

konform und ohne die sonst üblichen Fachbegriffe. Kompass Naturgefah-

ren zeigt, dass diese Form der Information von der Bevölkerung gesucht

und genutzt wird.

Die Versicherungswirtschaft begrüßt und unterstützt den Beschluss der

Umweltministerkonferenz für ein umfassendes Naturgefahren-Portal. Ger-

ne steuert die Branche ihre Erfahrungen und ihre Wissen zur Verarbeitung

von Geodaten bei und hat gemeinsam mit der Bund-Länder-

Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) ein realisierungsfähiges Konzept für

ein Naturgefahren-Portal entwickelt.

C. Zugang und Teilhabe

Der Breitbandausbau ist gerade mit Blick auf vernetzte Infrastrukturen

oder auch Industrie 4.0 eine wichtige Weichenstellung für die (Wei-

ter-)Entwicklung der digitalen Wirtschaft. Digitale Dienste können nur dort

vollumfänglich genutzt werden, wo sie stetig und reibungslos erreichbar

sind. Dabei werden zudem neue Entwicklungen im Versicherungsbereich

möglich, wenn z.B. Risiken besser eingeschätzt und frühzeitig vermieden

werden können, weil Daten zur Verfügung stehen.

1. Digitale Infrastrukturen absichern

Digitale Infrastrukturen müssen gegen Sachschäden und Haftungsrisiken

in besonderem Maße abgesichert werden. Die Versicherungswirtschaft

begleitet den Weg in die Digitalisierung mit der Anpassung und Entwick-

lung ihrer Produkte.

Gerade im Bereich der Vernetzung im Gesundheitswesen (eHealth, Tele-

medizin) bedarf es eines sicheren Rechtsrahmens und einer sicheren IT-

Infrastruktur, innerhalb derer moderne, vernetzte Gesundheitsdienste an-

geboten werden können. Dabei müssen sich alle Beteiligten – Ärzte,

Krankenkassen und Patienten, aber auch IT-Dienstleister – sicher sein

4 Vgl. www.kompass-naturgefahren.de.

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können, dass Haftungsfragen geklärt sind, damit sich hier dasselbe Ver-

trauen einstellen kann wie bei der Behandlung in Kliniken oder Praxen.

2. Rahmenbedingungen für Breitband-Investitionen richtig setzen

Die Versicherungswirtschaft hat ein großes Interesse, ihre Investitionen in

Infrastruktur auszuweiten. Ein Beispiel hierfür ist das Engagement der

Assekuranz im Bereich der Erneuerbaren Energien. Von einer langfristi-

gen und sicheren Anlage mit attraktiver Rendite in einem regulierten Um-

feld profitieren die Kunden wie auch die Unternehmen.

Der Ausbau digitaler Infrastrukturen ist ein zentrales Zukunftsprojekt, das

aus staatlichen Mitteln allein nicht finanziert werden kann. Die von der

Bundesregierung für den Breitbandausbau avisierten Mittel werden nach

jetzigem Kenntnisstand bei Weitem nicht ausreichen, um flächendeckend

die ambitionierten Ziele zu erreichen. Attraktive Kapitalanlagemöglichkei-

ten werden sich in diesem Bereich jedoch nur dann bieten, wenn die

Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft insgesamt offen und inno-

vationsfreundlich gestaltet werden. Darüber hinaus muss für ein Engage-

ment institutioneller Investoren eine sinnvolle Bündelung von kleinteiligen

Einzelprojekten erreicht werden, um attraktive Investitionsvolumina zu

generieren. Die Entscheidung, inwieweit Investitionen in die Breitband-

Infrastruktur zum Anlageportfolio eines Versicherers passen, muss in je-

dem Fall unternehmensindividuell getroffen werden.

3. Transport-Risiken durch Digitalisierung besser absichern

Transportversicherungen stellen in unserer vernetzten Welt einen wesent-

lichen Faktor für die Absicherung der Wertschöpfungskette dar. Gerade

die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist in besonderem Maße auf

hocheffiziente Transportversicherungen angewiesen, zumal diese bei-

spielsweise für Akkreditivgeschäfte eine wesentliche Voraussetzung dar-

stellen. Für den Versicherungsschutz ist dabei die präzise Einschätzung

weltweiter Naturgefahren bei der Beurteilung von Kumulrisiken ein be-

stimmendes Element. Die deutsche Versicherungswirtschaft verfügt mit

ihrem Kumul-Informationsservice (KIS) über ein Geoinformationssystem,

mit dem Versicherer ihre weltweit versicherten Transportrisiken kartogra-

phisch darstellen können. Das System unterstützt dabei das gesetzlich

vorgeschriebene Risikomanagement nachhaltig und bezieht insbesondere

die durch Solvency II vorgegebenen Risikokriterien ein.

Allerdings besteht hier noch Forschungsbedarf, um die digitale Datenver-

arbeitung zu weltweiten Gefahrendaten zu verbessern. Die Versiche-

rungswirtschaft würde es begrüßen, wenn die Bundesregierung ihr Enga-

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gement für weltweit anerkannte wissenschaftliche Analysemethoden zur

Auswertung von Naturgefahrendaten im Rahmen der nationalen High-

Tech-Strategie wie auch auf internationaler Ebene ausbauen würde. Die

aufgrund von Solvency II vorgeschriebene Berücksichtigung einer Wie-

dereintrittswahrscheinlichkeit von Naturereignissen über einen Zeitraum

von 200 Jahren bedarf präziser Berechnungs- und Analysemethoden für

die weltweit vorhandenen Gefahrendaten. Die Versicherungswirtschaft

steht mit ihrer Expertise für die komplexe und aufwendige Umrechnung

der sehr unterschiedlichen Datenlagen und Gefahreneinteilungen der

weltweiten Naturgefahrendaten für einen Dialog gerne zur Verfügung.

4. Lebenslanges Lernen durch digitale Lösungen unterstützen

Durch Digitalisierung kann der Zugang zu Bildung und Teilhabe an Wis-

sen deutlich verbessert werden. Die Versicherungswirtschaft selbst nutzt

bereits intensiv die Möglichkeiten, die sich durch das elektronisch unter-

stützte Lernen mit neuen Medien eröffnen.

Im Rahmen der freiwilligen Weiterbildungsinitiative „gut beraten“ der Ver-

sicherungswirtschaft erwerben Versicherungsvermittler Weiterbildungszer-

tifikate, indem sie Weiterbildungspunkte im Rahmen von Präsenzmaß-

nahmen, aber auch elektronischer Lern-Formate sammeln – von elektro-

nischen Selbstlernprogrammen über virtuelle Seminare bis zu blended-

learning-Maßnahmen.

Insgesamt kommt neuen Formen von Bildung und Weiterbildung unter

Einsatz neuer Medien auch in der Versicherungswirtschaft eine wachsen-

de Bedeutung zu. Gerade vor dem Hintergrund veränderter Lebensläufe

und dem Bedürfnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmern nach lebenslan-

gem Lernen bieten neue Medien Chancen für flexible Lösungen. Bereits

heute ist in der betrieblichen Weiterbildung E-Learning weit verbreitet.

Fast drei Viertel der Versicherungsunternehmen setzen hierfür digitale

Medien ein und erreichen damit rund 90% aller Innendienstmitarbeiter.

Der Anteil von E-Learning an der Gesamtzahl der Weiterbildungsmaß-

nahmen in diesen Unternehmen wurde 2013 im Durchschnitt auf 9% ge-

schätzt. Angebote für online-gestütztes Lernen finden sich zudem unter

anderem in Lernplattformen der Versicherungswirtschaft, z.B. im Rahmen

des berufsbegleitenden Studiengangs zum Bachelor of Insurance Ma-

nagement. Auch zur Vorbereitung auf die IHK-Prüfung „Geprüfte/r Fach-

wirt/Fachwirtin für Versicherungen und Finanzen“ kommt E-Learning zum

Einsatz. Begleitet wird die Zukunft des Lernens vom Berufsbildungswerk

der Deutschen Versicherungswirtschaft (BWV).

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5. Mit neuen Berufsbildern die Herausforderungen der Digitalisie-

rung meistern

Da die Frage nach der angemessenen Gefahrenabwehr auch die Versi-

cherungsunternehmen zunehmend beschäftigt, entwickelt sich der Chief

Information Security Officer zu einem neuen Berufsbild. Der Verband hat

hierzu gemeinsam mit der Wissenschaft einen entsprechend Lehrgang

etabliert, der den für IT-Sicherheit Verantwortlichen die Möglichkeit geben

soll, sich über Grundlagen und aktuelle Themen in diesem Bereich weiter-

zubilden. Bildungsgänge, die aktuelle Herausforderungen der Digitalisie-

rung aufgreifen, sind aus Sicht der Versicherungswirtschaft notwendig.

Die Assekuranz bringt sich in den Prozess der (Weiter-)Entwicklung ent-

sprechender Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen gerne ein.

Schlussbemerkung

Die Versicherungswirtschaft unterstützt den Prozess der politischen Aus-

gestaltung und Umsetzung der Digitalen Agenda der Bundesregierung.

Sie steht als Partner für den gesellschaftlichen Dialog über Fragen der

Digitalisierung bereit – nicht nur als starker Wirtschaftszweig mit hoher

volkswirtschaftlicher Bedeutung, sondern auch aufgrund der gesellschaft-

lichen Verantwortung der Branche, die in fast jedem Haushalt und Unter-

nehmen in Deutschland essentielle Risiken absichert. Für diesen Dialog

bietet sie Expertise und Wissen um digitale Prozesse, sie bietet Fähigkeit

und Möglichkeit, neue Risiken der digitalen Welt abzusichern, und nicht

zuletzt ihre breite Verankerung in Wirtschaft und Gesellschaft.

Berlin, den 24. Februar 2015