funktionalstilistik des deutschen

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TSGIusak Funktionalstilistik des Deutschen Допущено Министерством высшего и среднего специального образования БССР в качестве учебного пособия для студентов факультетов и институтов иностранных языков Minsk Verlag „Wyschejschaja Schkola“ 1981

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Die deutsche S tilistik h at sich in den letzten zwei J a h r ­zehnten recht stark entwickelt. Indem sie am A nfang der sechziger Jah re n u r über w enige geschlossene D arstellu n ­gen, die als E in fü h ru n g in die gesam te Stilkunde gedacht w aren, verfügte, konnte sie sich kurz danach, schon in den 70er Jah ren auf zahlreiche Ein zelu n tersu ch u n g en stilisti­scher Probleme stü tzen und auf dieser G ru n d lag e eine beträchtliche Zahl neuer Beiträg e schaffen. Man müßte eigentlich von einer unaufhörlichen Abfolge w ichtiger Publikationen und w issenschaftlicher Konferenzen auf dem Gebiet der Linguostilistik im Rahmen dieses kurzen Zeitraum s sprechen. Zu nennen sind z.B. die Namen so l­cher durch ihre A rbeiten bekannt gewordenen Stilforscher au s der DDR wie W. Fleischer, G. Michel, G. Möller,D. Faulseit, G. Kühn, J. S ch arn h o rst u. a.

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TSGIusak

Funktionalstilistikdes

DeutschenДопущено Министерством

высшего и среднего специального образования БССР в качестве учебного пособия для студентов факультетов

и институтов иностранных языков

MinskVerlag „Wyschejschaja Schkola“

1981

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Г /4 2Б БК 81.2 Нем-9

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Автор несет ответственность за аутентичность цитируемого материала

Р е ц е н з е н т ы : кафедра немецкого языка Горьковского го­сударственного педагогического института иностранных язы ­ков им. Н. А. Добролюбова; А. И. Д о м а ш и е в, доктор филол. наук, профессор (Л ГП И им. А. И. Герцена)

г 70104— 131 М 304(05)—81

149—81 4602010000

© Издательство «Вышэйшая школа», 1981

V O R W O R T

Die deutsche S tilistik hat sich in den letzten zwei Ja h r­zehnten recht stark entwickelt. Indem sie am A nfang der sechziger Jah re nur über w enige geschlossene D arste llun­gen, die als E inführung in die gesam te Stilkunde gedacht waren, verfügte, konnte sie sich kurz danach, schon in den 70er Jah ren auf zahlreiche E inzeluntersuchungen stilis ti­scher Probleme stützen und auf dieser G rundlage eine beträchtliche Zahl neuer B eiträge schaffen. M an müßte eigentlich von einer unaufhörlichen Abfolge w ichtiger Publikationen und w issenschaftlicher Konferenzen auf dem Gebiet der L inguostilistik im Rahmen dieses kurzen Zeitraum s sprechen. Zu nennen sind z.B. die Namen sol­cher durch ihre Arbeiten bekannt gewordenen Stilforscher aus der DDR wie W. Fleischer, G. Michel, G. Möller,D. Faulseit, G. Kühn, J. Scharnhorst u. a.Die Entw icklung der deutschen L inguostilistik verlief in der ständigen W echselbeziehung mit der internationalen W issenschaftsentw icklung und vor allem mit der A usarbei­tung der stilistischen Probleme in der sowjetischen Sprachw issenschaft. G erade den sowjetischen Stilforschern verdankt die deutsche S tilistik manche A nregungen, die zu ihrer fruchtbaren Entw icklung führten. Davon zeugen alle schon erschienenen Bücher und viele neu erscheinende spezielle Aufsätze zur Problem atik der L inguostilistik.Im M ittelpunkt dieser Problem atik steht heutzutage sowohl in der sowjetischen als auch in der deutschen Sprachw is­senschaft die sogenannte Funktionalstilistik , sie w ird immer mehr zum Kern der ganzen modernen L inguostili­stik. Prof. G. Michel schreibt darüber in seinem Aufsatz „Entw icklung und Aufgaben der Sprachstilistik in der DDR“ (Sprachpflege, 10/1979) folgendes: „R ichtungsw ei­send für die gesam te Entw icklung der S tilistik in der DDR ist die O rientierung an der vor allem von tschechischen

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und sowjetischen Sprachw issenschaftlern konzipierten Funktionalstilistik ... und der durch sie gegebene Ansatz, ... das S tilphänom en aus seinen Beziehungen zu gesell­schaftlich wesentlichen Tätigkeitsbereichen zu erklären und von dorther in seinem W esen zu bestim m en.“ Im Sinne der Funktionalstilistik ist die „Sprache im G ebrauch“ ein System von Subsystem en — funktionalen Stilen, in denen bestim m te eigene Gesetzm äßigkeiten sprachlicher Form ung oder R egularitäten herrschen. In ihrer G esam theit besitzen sie in jedem Funktionalstil einen eigenartigen System ­charakter und bedingen auf solche Weise die Spezifik des Stils. Die Funktionalstilistik schließt in sich jene Einzel­bereiche (Teildisziplinen) der L inguostilistik ein, die sich schon mehr oder w eniger deutlich herausgebildet haben: die lexikalische Stilistik, die morphologische, syntaktische Stilistik, die stilistischen Aspekte der W ortbildung, der Phraseologie usw. Die theoretische Fundierung und p rak­tische A usarbeitung der Funktionalstilistik ist m it den N am en vieler sow jetischer Sprachforscher verbunden, in Bezug auf die deutsche Sprache in erster Linie mit solchen wie E. Riesel, E. Schendels, W. Admoni, O. M oskalskaja, K. Jarnatow skaja , N. Semenjuk, T. S ilm an u. a.M it dem vorliegenden B eitrag w ird eine m öglichst komp­rim ierte D arlegung der w ichtigsten Problem e und konkre­ten stilistischen F ragen angestrebt, die es möglich machen, die deutsche Funktionalstilistik in ihren G rundzügen zu­erfassen. Dabei ist von keiner vollen E rfassung des G egen­standes die Rede, weil sie beim heutigen S tand der For­schung und ihrer R esultate einfach nicht möglich wäre. Das Büch soll den S tudenten der sprachspezialisierten Hochschulen und Fakultäten bei ihrem Studium der deut­schen S tilistik eine zusätzliche S tütze sein, denn ihre H auptstütze sind die bekannten W erke von E. Riesel und E. Schendels, W. Fleischer und G. Michel. Der Autor beruft sich sehr oft auf diese, sowie auf einige andere nützliche und in teressante Arbeiten, in denen verschie­dene Problem knoten der deutschen Stilistik, vorwiegend der Funktionalstilistik , ergründet, sprachliche Fakten gesamm elt, theoretisch ausgew ertet, system atisiert und als m ehr oder w eniger sichere Ergebnisse dargestellt sind.Der Autor fühlt sich verpflichtet, allen die ihm m it Rat und konkreten Hinweisen geholfen haben, aufs herzlichste

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zu danken. Es seien mit D ankbarkeit Prof. Dr. A. I. Do- m aschnew (L eningrad), Prof. Dr. L. M. M ichailow (Mos­kau), Doz. W. A. Portjanikow und der Lehrstuhl für G er­m anistik des S taatlichen Pädagogischen In stitu ts für Frem dsprachen (G orki), Doz. Dr. H. Koch (Karl-M arx- U niversität Leipzig) erw ähnt.

T. S. Glu§ak

Ka p i t e l I

GRUNDBEGRIFFE UND GRUNDPROBLEME DER STILISTIK

Über die Grundproblem e der gegenw ärtigen Linguosti- listik könnte m an viel schreiben, weil sich die M öglichkei­ten und R egularitäten des Sprachgebrauchs in stilistischer Sicht sehr m annigfaltig und verzw eigt darbieten, daher auch m ehrere Aspekte der theoretischen B etrachtung (jeder mit seinem eigenen Problem kreis) ermöglichen. Aber auf die Beleuchtung dieser M annigfaltigkeit w ird hier verzich­tet, weil es einfach nicht möglich wäre, die vielen stark verwickelten Problem knoten zu lösen.Da aber das eigentliche Ziel des.V orhabens darin b e s teh t,. an die B egründung lind Beschreibung der funktionalsti­listischen V arianten der deutschen G egenw artssprache (der Funktionalstile) von verschiedenen Ebenen des Sprachsystem s (der lexikalischen, m orphologischen, syn­taktischen) anhand der M aterialbelege heranzugehen, w ird ausschließlich zu denjenigen Problem en und F ragen S tellung genommen, die dam it unm ittelbar verbunden’ sind. Die Problem e selbst und die auf sie bezogenen G rundbegriffe ergeben sich aus der stilw issenschaftlichen Forschungsarbeit der letzten Jahrzehnte in der sow jeti­schen und in der DDR-Linguostilistik, zu deren K ern­bereich schon ganz deutlich die funktionalstilistische D ifferenzierung des Sprachgebrauchs geworden ist. Und in diesem ersten Kapitel soll es sich dem entsprechend um G rundbegriffe und Grundproblem e der deutschen Linguo­stilistik mit hauptsächlicher Beachtung der Funktional­stilistik handeln.

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S tilis tik als wissenschaftliche D isziplin , ihre A u f­gaben .— Die E ntw icklungsgeschichte der S tilistik .— Die bedeutendsten Werke auf dem Gebiet der deut­schen S t i l i s t i k D i e S te llung der S tilis tik in der modernen Sprachwissenschaft.

Uber die S tilistik als W issenschaft existieren verschiedene M einungen in der sprachw issenschaftlichen L iteratur. U n­ter ihnen gelten zwei A uffassungen als bestimm end: nach der ersten A uffassung ist die S tilistik keine selbständinge W issenschaft, sie existiert nur im Rahmen der allgem einen Philologie; nach der zweiten A uffassung ist die S tilistik eine besondere .w issenschaftliche Disziplin, näm lich ein Teilgebiet der Sprachw issenschaft. G erade diese zweite Auffkssuftg liegt den modernen linguistischen V orstellun­gen zugrunde, w ährend die erste , hauptsächlich mit der alten Tradition in der Sprachw issenschaft verbunden ist. Im Rahmen der Stilistik, wie z.B. auch innerhalb der G ram m atik oder Phonetik usw., unterscheidet m an nach ihrem Inhalt und ihren Aufgaben die a l l g e m e i n e S t i l i s t i k (genauso wie die allgem eine G ram m atik, die allgem eine Phonetik) und die S t i l i s t i к e i n e r k o n ­k r e t e n S p r a c h e . Die letztere basiert auf der allgem ei­nen Stilistik, geht bei der B etrachtung des entsprechenden Sprachm aterials von ihren G rundbegriffen und G rund­prinzipien aus, mit Berücksichtigung aller Ebenen des Sprachsystem s: der phonetisch-phonologischen, der gram ­m atischen, der lexikalischen.W enn m an diese vielseitigen Beziehungen in Betracht zieht, so kann m an behaupten, daß die S tilistik in der W is­senschaftsstruktur der Linguistik eine Art In tegrationsd is­ziplin darstellt:^es besteht ein enger Zusam m enhang“d e r1 stilistischen Forschungen mit dem Studium und den Ergeb­nissen der Gram m atik, Lexikologie und Phonetik. Ih rer­seits erw eitert die S tilistik die Basis für die weitere Aus­arbeitung der Gram m atik, Lexikologie und Phonetik im Rahmen einer konkreten Sprache. Der U nterschied zwi­schen der S tilistik und allen diesen sprachw issenschaftli­chen D isziplinen lieg t darin, daß sprachliche Tatsachen von ihr „unter funktionalem und expressivem G esichts­

G egenstand und A ufgaben der S tilistik

punkt betrachtet werden, w ährend die G ram m atik, Lexiko­logie und Phonetik ähnliche Erscheinungen losgelöst vorr ihren verschiedenen Anwendungsbereichen untersuchen und F ragen der sprachlichen Expressivität belselle'tassen** [57, S. 134]. Im großen und ganzen also handelt es sich bei der S tilistik um den funktionalen Aspekt der Sprach­forschung und Sprachbeschreibung [46, S. 533].Die Definition der Stilistik, die A bgrenzung und Bestim ­m ung ihres G egenstandes bilden in der Sprachw issenschaft ein strittiges Problem. D arüber existieren verschiedene M einungen. Doch läßt sich in ihnen eine gem einsam e Linie erkennen, die als G rundposition der m odernen Sprachfor­scher bestim m t w erden kann. Davon zeugt der Vergleich einiger konkreter Definitionen: E. R i e s e l u. E. S c h e n ­d e l s — Stilistik „ist die W issenschaft von der V erwen­dungsw eise und A usdrucksgestaltung der Sprache in säm t­lichen Kommunikationsbereichen und Kom m unikationssi­tuationen“ [54, S. 5]: W. F l e i s c h e r u. G. M i c h e l — Der G egenstand der S tilistik als w issenschaftlicher D iszi­plin ist „die funktional bestim m te N utzung der sprachli­chen A usdrucksm öglichkeiten auf allen Gebieten der gesellschaftlichen P rax is“ [37, S. 13]; I. W. A r n o l d — Die S tilistik ist ein Teilgebiet der Sprachw issenschaft, das die P rinzipien der Auswahl und den G ebrauchsw ert ver­schiedener lexikalischer, gram m atischer, phonetischer, überhaupt sprachlicher M ittel in verschiedenen Kommuni­kationssituationen erforscht [2. S. 6].Aus den angeführten Definitionen ergibt sich, tro tz ihrer scheinbaren U nterschiedlichkeit^ die erw ähnte G rundposi­tion der Autoren# die zusamrfieftfassend folgenderweise w iedergegeben werden kann: die S tilistik ist die sprach­w issenschaftliche Disziplin, die die A rt und Weise u n te r­sucht, in welcher die sprachlichen A usdrucksm ittel in A bhängigkeit von C harakter und Ziel der A ussage und von den Bedingungen der Kommunikation gebraucht werden. M it anderen W orten: die S tilistik untersucht „die G esetz­m äßigkeiten der E ntstehung und Entw icklung der -funk­tional-kom m unikativen und expressiv-sem antischen Diffe­renzierung im System einer N ationalsprache“ [57, S. 133— 134].Dem so bestim m ten Wesen der S tilistik entsprechen ihre Aufgaben, die sich in Thesen so form ulieren lassen:

— die Erforschung des Zusam m enhangs zwischen In ­halt und Ausdrucksform in sprachlichen Äußerungen» Tex­ten, Kom m unikationsbereichen;

— die Aufdeckung und B egründung der Differenzen in verschiedenen V erw endungsw eisen der Sprache vom S tand­punkt ihrer sozialen Bedingtheit aus;

— die U ntersuchung verschiedener Arten von Expressi­vität m it ihren säm tlichen Schattierungen im Rahmen des sprachlichen Ausdrucks;

— die Entw icklung von Methoden und Kriterien der Textanalyse.Eine spezielle Aufgabe der m odernen S tilistik besteht in der kritischen Ü berprüfung des N achlasses der trad itio ­nellen Stilistik.Neben der breiten sprachtheoretischen B edeutung hat die Stilistik, wie aus den aufgezählten Aufgaben folgt, auch ihre engere praktische Bedeutung als A nleitungslehre zur Textinterpretation. Indem sie sprachliche Erscheinungen — W örter, W ortverbindungen, Form en, Satzkonstruktionen usw.— unter dem G esichtspunkt ihrer angem essenen Ver­w endung, ihrer funktionalen B edeutung und Expressivität untersucht, lehrt sie ihre richtige Auswahl für bestimm te Ziele der Kommunikation, für den w irksam sten Ausdruck eines bestim m ten Inhalts [57, S. 134].Die Stilistik , wie auch jede andere w issenschaftliche D is­ziplin, ist nicht traditionslos. Sie ha t einen langen E n t­w icklungsw eg hinter sich, Zu ihrer E ntstehung haben zwei sehr alte W issenschaften wesentlich beigetragen: die a n t i k e R h e t o r i k (die Lehre über die K unst des Redens) und die P о e t i к (die Lehre über die D ichtkunst, die K unst des Schreibens). Davon sag t z. B. G. Michel: „B ekannt is t die Tatsache, daß die traditionelle S tilistik stark von der Rhetorik und Poetik beeinflußt ist und viele Begriffe und Termini von den Griechen des A ltertum s übernommen h a t“ [45, S. 13]. Die W urzeln der S tilistik sind in den Werken der altgriechischen Philologen und Philo­sophen zu suchen. Schon A ristoteles schrieb über drei G rundtypen des S tils (der öffentlichen R ede): die j u d i- z i а 1 e Rede (die K unst des A uftretens im G erich t); die d e l i b e r a t i v e Rede (die Redekunst beim politischen D isput); die e p i d e i k t i s c h e Rede (die K unst des Sprechens bei Festakten, .feierlichen Ansprachen, Entlar-

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vungsreden usw.) К Die speziellen Mittel zur A usgestal­tung der Rede, ihrer V erschönerung nannte er T r o p e n (Tropus — Tropen). Die Beschreibung und System atisie­rung der Tropen und Redefiguren gehörte später zur H auptaufgabe der Stilistik im Laufe vieler Jahrhunderte. Die alte Rhetorik hatte „bis tief in die Neuzeit“ nachge­w irkt [30, S. 35].Im Verlauf des 19. Jahrhunderts, besonders in seiner zwei­ten Hälfte, tra t die Rhetorik in den H intergrund, weil es in der Sprachw issenschaft überhaupt zu einer entscheiden­den Wende kam: immer mehr lenkten die Forscher ihre Aufm erksamkeit auf die konkreten, „lebenden“ .Sprachen in ihrem gegebenen Zustand. Diese Zeit (das Ende des 19. Jahrhunderts) bereitete allm ählich die G ründung der eigentlichen S tilistik vor, die nicht mehr intuitiv, sondern nach M öglichkeit objektiv w issenschaftlich sein sollte.Die deutsche S tilistik bekam seit dem 19. Jah rhundert eine zweifache O rientierung: n a c h d e r a l t e n T r a d i t i o n auf die L iteraturw issenschaft, m it Einbeziehung der Rheto­rik und Poetik; n a c h d e r n e u e n T r a d i t i o n auf die Sprachw issenschaft. Die beiden Linien entwickelten sich parallel, obwohl die zweite immer produktiver wurde, bis sie gegen M itte des 20. Jahrhunderts zur endgültigen B ehauptung der L inguostilistik geführt hat.Die bedeutendsten W erke auf dem Gebiet der deutschen S tilistik beginnen gerade am A nfang des 20. Jahrhun- derst zu erscheinen, obwohl die ersten von ihnen noch keine Linguostilistik im eigentlichen Sinne des W ortes darste ll­ten. So enthält das Buch von K. H. M e y e r „Deutsche S tilistik“ (1906) eine produktive Kritik an der alten S ti­listik, die ganz der Rhetorik untergeordnet w ar. Diese Kritik w ird mit der Zett schärfer. Im Jah re 1929 erfolgt E. W i n k l e r s „G rundlegung der S tilistik“ , und 1948 veröffentlicht W. К а у s e r sein Buch „Das sprachliche K unstw erk“. In diesem letzten Werk muß der, V erfasser

1 Diese Begriffe werden in den Nachschlagewerken von heute folgenderweise präzisiert: “Die judiziale G attung der Rede k la g te n und verteidigt; sie hat als M odellfall die Rede des A nw alts vor Gericht. Die deliberative G attung rä t zu oder rä t ab und hat als M odellfall die Rede des V ertreters einer politischen Partei vor der Volksver­sam m lung. Die epideiktische G attung lobt oder tadelt; sie hat als M odellfall die Festrede auf eine zu lobende Person (Krahl S. V. K urz J. Kleines W örterbuch der Stilkunde.— Leipzig, 1975, S. 93.)

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zugeben, daß die veraltete A uffassung der Stilistik noch lebendig sei: Dieser A uffassung zugrunde liegt die Vor­stellung Vom ausdrucksstarken Text (Dichtung) als von einem ausgeputzten Stück Sprache, das seine W irkungs­kraft und seine stilistische Q ualität nur solchen A usdrucks­m itteln wie Tropen und Figuren der alten Rhetorik ver­dankt.In den 50er Jahren gibt H. S e i d 1 e r sein Werk „Allge­meine Stilistik** heraus. Es bildet, nach der allgem einen A nerkennung, eine gewisse Brücke zwischen der alten •Tradition und der neuen O rientierung in der Stilistik. Die alte S tilistik befaßte sich nur mit der Sprache der schöngei­stigen L iteratur (m it dem belletristischen Stoff), die anderen V erwendungsweisen der nationalen Sprache (ihr Funktionieren in säm tlichen anderen Komm unikationsbe­reichen) wurden nicht berücksichtigt. H. Seidler über­schritt diese verbotene Grenze und w andte sich der S pra­che in ihrem vollen U m fang zu. D arin läßt sich der Ü bergang zur Linguostilistik, näm lich zur Funktionalsti- ЫШк der G egenw art erkennen.Die moderne Linguostilistik untersucht die G esetzm äßig­keiten der funktional-kom m unikativen und expressiv-se­m antischen D ifferenzierung im System einer N ational­sprache. D i e F u n k t i o n a l s t i l i s t i k beschäftigt sich hauptsächlich mit dem ersten Aspekt dieser Differen­z ie ru n g — m it der unterschiedlichen V erwendung der Sprache in verschiedenen Kommunikationsbereichen, sie richtet ihr Augenmerk auf die Auswahl von W örtern, W ort­verbindungen, Formen und Satzkonstruktionen aus dem System einer N ationalsprache zur G estaltung der diesem oder jenem Kommunikationsbereich angem essenen Aus­drucksweise.Sie beginnt sich besonders seit den 50er Jahren sehr inten­siv zu entwickeln, dabei, was die deutsche S tilistik anbe- trifft, unter starkem Einfluß der sowjetischen Sprachw is­senschaft. Das betonen die deutschen Stilforscher selbst, indem sie z. B. schreiben, daß „die stilistische Lehre und Forschung in der DDR der sowjetischen S tilistik ... viele A nregungen verdankt** [57, S. 133].Im Ergebnis einer gründlichen A usarbeitung ihrer H aupt­problem atik verfügt die deutsche S tilistik heutzutage über m ehrere zusam m enfassende und bekannte Werke, die so­wohl in der Sowjetunion, als auch in der DDR erschienen

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sind, darunter: E. R i e s e l . S tilistik der deutschen Spra- she.— Moskau, 1963; T. R i e s e l u E. S c h e n d e l s . Deutsche Stilistik .— Mosicau, 1975; W. S c h n e i d e r . S ti­listische deutsche G ram m atik.— Wien, 1967; G / M i c h e l . E inführung in die Methodik der S tiluntersuchung — Ber­lin, 1968; W. F l e i s c h e r u. G. M i c h e l . S tilistik der deutschen G egenw artssprache.— Leipzig, 1975; D. F а u 1- s e i t u. G. K ü h n . S tilistische M ittel und M öglichkeiten der deutschen Sprache.— Leipzig, 1962 (1975); G. M ö l - 1 e r. P raktische Stillehre.— Leipzig, 1970 u,a.Alle genannten V erfasser bemühen sich in ihren Werken um die G rundlegung der deutschen L inguostilistik in ihrem vollen Um fang. W ährend die tradiMoftelljtJSiiUstik nur auserw ählte Stilerscheinungen; betrachtet^ttnä*'klassi­fiziert hat', gehen die modernen &trforsdher von der Ü ber­zeugung aus, daß nicht die auserw ählten M ittel und Rede­figuren den Stil bestimmen und deshalb nicht sie der H auptgegenstand der Forschung sein sollen. Jede sprach­liche Einzelerscheinung steht im D ienst des Stils, sie schließt sich in ein ganzheitliches System von M itteln und G esetzm äßigkeiten ihrer V erwendung ein, das nach den Funktionsbereichen differenziert aussehen muß. Und nur aus diesem System von G esetzm äßigkeiten oder Normen erwachsen die Stilbedeutungen (Stilw erte) einzelner sprachlicher M ittel, einzelner Redefiguren.Somit hat sich der Inhalt der modernen S tilistik im Ver­gleich zur traditionellen Problem atik sehr erw eitert. Das w ird besonders klar, wenn m an in B etracht zieht, daß die alte S tilistik nur der K unstprosa und D ichtung m it .ihren spezifischen A usdrucksm itteln die H auptaufm erksam keit geschenkt hat. Aus dieser philologisch orientierten $tilkun- de sind zwei w issenschaftliche Disziplinen en tstanden! die heute von den Stilforschern als verschiedenartig orien­tierte Forschungsrichtungen betrachtet werden:Lgie W era- t u r w i s se nsch a ft liehe S tilistik und die L i n guo s tjl i sf ik{ T5as W esen und die Aufgaben jeder von ihnen sind m ehr oder weniger geklärt, obwohl ihre A bgrenzung voneinander immer noch auf manche Schwierigkeiten s tö ß tiD ie lite ra­turw issenschaftliche S tilistik in teressiert sich für" die./ Sprache als G rundm aterial der schönen L iteratur. Im Buch von. I. Arnold w ird sie z?B. so charakterisiert: sie erforscht die G esam theit von Äusdrucksm itteln, die im Dienst der Bildlichkeit stehen und für ein bestim m tes literarisches

We^k, für einen bestim m ten Schriftsteller, für eine be- s4imVt6-4iterarisch§ Richtung oder für die ganze Epoche typisch sind [2, S. 11— 12].Die L inguostilistik beschäftigt sich mit den Gesetzm äßig- k e t te n d e r Sprachverw endung in v e r s c h o n e n Bereichen der gesellschaftlichen Kommunikationjlmit den A usdrucks­w erten „Verschiedener sprachlicher Erscheinungen in ver­schiedenen Kontexten usw. Im Buch von I. Arnold heißt es: <№ ~ttogaö$tllistlk ' vergleicht die aligem eingültigen N or­men, das System einer N atiönajsprache m it ihren beson­deren Subsystem en, die für verschiedene Kommunikations- berelcüe spezifisch sind und Funktionalstile heißen. Außerdem erforscht v sie die Sprachelem ente vom S tand­punkt ihrer Fähigkeit aus, bestim m te gefühlsm äßige B edeutungssphattierungen auszudrücken, bestim m te Asso­ziationen und Bew ertungen hervorzurufen [2, S. 10— 11]. Die Linguostilistik wird in zwei große: Teile geg liedert — in dielilikrostiT!stik-m d ''d ieM a¥rosfflisti(c [54; S. 11— 12]. Zum Gegenstan d .der M ikrostilistik gehört die E rforschung und System atisierung von V erwendungsm öglichkeiten

"verschiedener sprachlicher Einheiten (lexikalischer, g ram ­m atischer, phonetisch-phonologischer), ihrer stilistischen F unk tionen im Zusam m enhang des Kontextes, sem antisch­expressiver Effekte ihres Gebrauchs usw. Die M akrostili­stik ha t zu ihrem G egenstand solche G anzheitsstrukturen wie die Funktionalstile, Textsorten usw., sie erforscht ihre- Ö rganisationsprinzipien in linguistischer und ex tra lin ­guistischer H insicht. Die so aufgefaßte M akrostilistik entspricTit^eigenttichf der schon charakterisierten Funktio­nalstilistik , die zu einem der w ichtigsten Forschungsbe­reiche der m odernen Sprachw issenschaft geworden ist. So betonen W. Fleischer und G. Michel, daß die Funktional- stiiistik (die Theorie der Funktionalstile) „innerhalb der gegenw ärtigen linguistischen Stilforschung in immer stärkerem M aße zum tragenden Fundam ent der m arxis­tisch-leninistischen L inguostilistik w ird“ [37, S. 23—24]. Und der übergreifende G egenstand der ganzen m odernen S tilistik als eigenständiger w issenschaftlicher Teildiszip­lin liegt lau t der schon erw ähnten Bestim m ung von W. F leischer und G. Michel „im Bereich der funktional bestim m ten N utzung der sprachlichen A usdrucksm öglich­keiten auf allen Gebieten der gesellschaftlichen P rax is“ .

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Der Funktionalstil und die funktional begründete Stilklassifikation

Die B estim m ung des B egriffes „Funktionalstil'f.— Das System der Funktionalstile des Deutschen .— S trittig e Fragen der S tilk lassifika tion .— Sprach­

liche Funktionen und einzelne Funktionalstile,

Der funktionale Stif bildet den G rundbegriff der modernen Stilistik, um so mehr der Funktionalstilistik . Seine Defini­tion is t eitle sehr komplizierte Frage. Der Term inus „S til“ kommt, wie bekannt; vorn lateinischen stilus in seiner ursprünglichen B edeutung „Schreibgriffel“ — „das, womit m an schreibt“ . D ann erw eitert sich diese Bedeutung zu „Art und Weise des Schreibens“ , und noch später zu „Art und Weise der D arstellung überhaupt“ . Wie M. B randes und M. Pironkow a schreiben, w urde das W ort Ende des 18 Jahrhunderts „von der Kunstgeschichte beschlagnahm t; Stil bedeutete fortan nicht nur die Schreib-, sondern auch die Bauweise... Das 19. Jah rhundert hatte es nicht schwer, den Begriff noch mehr auszuweiten: auf Möbel, auf Bilder, auf Kleider...“ [30, S. 36]. In der Sprachw issenschaft ist die allgem eine Bedeutung dieses Term inus — „Art oder Weise der sprachlichen D erstellung“ .Aber wenn m an vom Funktionalstil als G rundbegriff der stilistischen Forschungen spricht, genügt eine solche allge­meine Bestim m ung nicht. Ein G rundbegriff bedarf der PrfzisleVürig. Die vorhandenen D e f i n i t i o n e n d e s F u n k t i o n a l s t i l s streben gerade nach seiner P rä z i­sierung. M an braucht nur einige von ihnen anzuführen. Die Definition von I. Arnold lautet: Funktionalstile sind Subsy­steme der Sprache, wobei jedes von ihnen über seine eige­nen spezifischen Besonderheiten in der Lexik, Phraseolo­gie, Syntax u. a. verfügt. Die H erausbildung der Funktio­nalstile ist durch die Spezifik des Sprachverkehrs in verschiedenen Sphären 'der menschlichen Tätigkeit bedingt [2, S. 54]. W. Fleischer und G. Michel behaupten: „Stil ist die auf charakteristische Weise struk tu rierte Gesam theit der in einem Text gegebenen sprachlichen Erscheinungen, die als A usdrucksvarianten... zur R ealisierung einer kom­m unikativen Funktion in einem bestim m ten Tätigkeitsbe­reich ausgew ählt worden sind.“ [37, S. 41]. E. Riesel und E. Schendels meinen, daß der Stil eine G esam theit sprach­licher M ittel darstellt, die auf Grund bestim m ter Normen

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in einem bestimmten Kommunikationsbereich realisiert ist [54, b . 16].W enn m an sich dem „Kleinen W örterbuch der S tilkunde“ von S. Krahl und J. Kurz zuwendet, so findet man, daß der Funktionalstil einfach als Bereichsstil bestim m t wird, ln dieser äußerst lakonischen Bestim m ung liegt der eigent­liche Kern der Frage: die Norm des Kom m unikationsbe­reichs ist maßgebend, und der einzelne Autor muß sich ihr, unabhängig von seinem eigenen Stil und der konkreten Aussageabsicht, völlig unterordnen. Als stilprägende Kommunikationsbereiche werden hauptsächlich drei aner­kannt, näm lich A lltagsverkehr, Sachprosa, Belletristik (künstlerische P rosa), denen zwei K om m unikationsarten entsprechen: die m ündliche (A lltagsverkehr) und die schriftliche (Sachprosa, K unstprosa). Die Sachprosa ist dabei vielum fassend, sie kann in engere Bereiche (am tlicher Verkehr, w issenschaftliche Kommunikation u. a.) gegliedert werden. Vom Standpunkt der nach gesellschaftlichen Be­reichen gegliederten Kommunikation aus is t ein Funktio­nalstil die G esam theit der für bestimm ten Bereich charak­teristischen Stilzüge bzw. Stilprinzipien [42, S. 22].In allen diesen Definitionen sin'd folgende allgem eine Mo­mente zu erkennen:1. Der Funktionalstil ist keine zufällige Sam m lung oder A nhäufung von sprachlichen M itteln, sondern ein o rgan i­siertes System.2. Er beruht- auf der E inheit seines typisierten Inhalts und der ihm zukommenden Ausdrucksform.3. Der Inhalt häng t im allgem einen vom betreffenden Kom­m unikationsbereich ab; die Ausdrucksform entsteht auf G rund der zweckentsprechenden, auf den Inhalt orientier­ten Auswahl und O rganisierung sprachlicher M ittel.4. D as G rundprinzip der V erw endung verschiedener sprachlicher M ittel im Rahmen des Funktionalstils ist ihre funktionale Angemessenheit. Und der ganze Funktionalstil bedeutet in diesem Sinne die V erw endungsw eise der S pra­che, die dem ehtsprechenden Kommunikationsbereich ange­messen ist.Aber auch Unterschiede liegen vor: w ährend die sow jeti­schen Stilforscher (I. Arnold, E. Riesel, E. Schendels) im Funktionalstil ein Subsystem der Sprache sehen, betrachten Fleischer und Michel ihn als strukturierte G esam theit im Rahmen des Textes. Doch übereinstim m end meinen alle,

daß die Auswahl der V arianten für die S trukturierung der G esam theit von der Realisierung der kommunikativen Funktion in einem bestim m ten gesellschaftlichen/B ereich abhängig ist. Der Text erscheint also jedesm al als Reprä- sentierung eines bestim m ten Funktionalstils oder als Wi­derspiegelung der G esetzm äßigkeiten des sprachlichen G ebrauchs im entsprechenden Bereich der gesellschaftlichen Kommunikation.All dies berücksichtigend, kann man folgende allgem eine Definition des G rundbegriffs vorschlagen: der Funktlonal- stil is t eine A bart der N ationalsprache, die m jeinem be­stim m ten Kommunikationsbereich zum Zweck' der ange­m essenen Realisierung seines typisierten Inhalts verwendet w ird und durch die Tür ihn charakteristische Gesam theit von lexikalischen, syntaktischen, m orphologischen u. a. Zügen und Elem enten gekennzeichnet ist. Die Züge und Elem ente selbst können auch in einem anderen Funktio­n alstil w iederholt erscheinen, aber ihre bestim m te Kombi- n ierung, zahlenm äßige V ertretung (H äufigkeit), anders gesag t die A rt (der Typ) ihrer O rganisierung bildet gerade die Spezifik (die E igenart) nur dieses Funktionalstils [13, S. 9].Das zen trale Problem der S tilistik ist die Stifklassifikation oder Stiltypologie — die A ussonderung und B egründung der w ichtigsten Stiltypen. Der Lösung dieses Problem s sind zahlreiche U ntersuchungen gewidmet.Wie bekannt, beruht jede K lassifikation auf einer V erallge­meinerung, es können bei ihr nur allgem eine und we­sentliche M erkmale in B etracht gezogen werden. Da die M erkm ale der Sprachverw endung zahlreich sind und ihren verschiedenen Seiten angehören, sind im Prinzip verschie­denartige S tilklassifikationen möglich, abhängig davon, welche Seite oder welches Kriterium der E inteilung zugrun­de gelegt wird.Für die A usgliederung der Funktionalstile g ilt als Aus­gangspunkt d a s K r i t e r i u m i h r e r s o z i a l e n o d e r g e s e l l s c h a f t l i c h e n F u n k t i o n , ihrer kom m unika­tiven Aufgaben Der Stiltyp ist dadurch bestimm t, in wel­chem Bereich der gesellschaftlichen Kommunikation die Sprache ihre Funktion als V erständigungsm ittel erfüllt. Es handelt sich also um die funktional begründete S tilk lassifi­kation. In bezug auf die deutsche G egenw artssprache! un- terscheiden die Stilforscher folgende Funktionalstile:

Stil des öffentlichen V erkeh rsader sachlich-offizielle S til) Stil den W issenschaft (der w issenschaftliche S til)S til deA Presse und Publizistik (der P ressestil, der Zei- tungsstif)Stil der A lltagsrede (der A lltagsstil, auch der Konversa­tionsstil)Stil der schönen L iteratur (der belletristische S til).In den Arbeiten der meisten deutschen Stilforscher kann m an oft finden, daß die ersten drei S tile (P resse und P ub­lizistik, offizieller Verkehr und W issenschaft) unter einem Begriff und Term inus vereinigt w erden — die S а с h p r o- s a. Ihnen wird der Stil der schönen L iteratur als K u n s t ­p r o s a gegenübergestellt.Die genannten fünf Stiltypen sind in der deutschen Stilistik

A nerkannt, aber m a n c h e F r a g e n b l e i b e n d a b e i s t r i t t i g und rufen von Zeit zu Zeit D iskussionen Hervor, j ftt r fflig is t für einige Stilförscher eine F rage betreffend den Stil der P resse und Publizistik : sie bezwei­feln die Einheitlichkeit dieses S tils und meinen, 4aß hier zwei selbständige Stiltypen ungerecht vereinigt werden — der. eigentliche, R ressestil (Zeitungsstil) und der publi­zistische Stil. Die M einungen gehen'nocfr w eiter auseinan- derr wie es aus dem „Kleinen W örterbuch der S tilkunde“ ersichtlich ist: „...innerhalb des Pressejournalism us, der dem publizistischen Sprachstil zugeordnet wird, hat die sa ­

tirische Glosse eine andere Funktion als die Nachricht, diese eine andere als der Leitartikel und dieser eine andere als die R eportage.“ [42, S. 22—23] Doch ist das schon eine andere Frage, näm lich die U nterscheidung nach G attungen und Genres (nach den D arste llungsarten) innerhalb ein- und desselben Stils. Der Stil als Ganzes kann trotzdem einheitlich bleiben К

1 «Выделить общие черты газетного стиля все ж е можно, а для стилистики как науки предметом является общее и закономерное, а не возможные частности. Выделяем ж е мы научный стиль, хотя и там, безусловно, имеется ж анровая дифференциация... Совершенно очевидно, что система экстралингвистических стилеобразую щ их'фак­торов имеет много общего даж е в разных типах газетных матери­алов, а поскольку организация языковых элементов стиля самым тесным образом зависит от экстралингвистических факторов, специ­фика газеты и вообще специфика массовой коммуникации объектив­но приводят к необходимости признания газетного стиля как одного из функциональных стилей» (Арнольд И. В. Стилистика современ­ного английского языка.— Л., 1973, с. 75—76).

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Noch strittiger ist die B etrachtung der ..Alltagsrede (der U m gangssprache) als eines Funktionalstils: es gjfot S til­forscher, die die Existenz eines solchen Stils s ta rk bezwei­feln. Doch verstehen die m eisten sowjetischen wnd deut­schen S tilisten darunter die Verwirklichung am äglrcher Sprachkontakte unter den M enschen (deshalb nennt m an ihn noch K onversationsstil), die ihren bestimm ten O rgan i­sationsregeln untergeordnet ist. E. Riesel hat in diesem Zusam m enhang eine spezielle M onographie [52] herausge­geben, in welcher sie versucht, auf alle strittigen F ragen gründlich einzugehen und so den Stiltyp, seine Existenz zu begründen.Sehr problem atisch ist in der heutigen S tilistik auch der ., ^unktionalstil der schönen L iteratur. Die F rage wird m anchm al sogar so gestellt: gibt es einen Funktionalstil der schönen L iteratur? Anlaß zu M einungsverschiedenhei­ten und Zweifeln geben folgende charakteristische Beson­derheiten dieses Stils:L Seine Thematik ist nicht einheitlich, sie ist sehr m annig­faltig. Die schöne L itera tur erstreckt sich auf alle Gebiete des menschlichen Lebens, ist also nicht nur m it einem bestim m ten Kommunikationsbereich verbunden, sondern mit allen.2. Die A usdrucksm ittel dieses S tils sind auch sehr m annig­faltig, ihre Auswahl und V erwendung m üssen nach der M einung einiger Stilforscher vorwiegend als Geschm acks­sache des V erfassers beurteilt werden.3. In der schönen L iteratur findet m an infolge der beiden genannten Faktoren M erkmale und Elem ente aller anderen Funktionalstile l.4. Die schöne L itera tur erfüllt eine ganz spezifische Auf­gabe, die nur ihr eigen ist — die sogenannte ästhetische Funktion. Aus diesem G rund m üßte m an sie (nach be­stim m ter A uffassung) zum Bereich der Künste und nicht zum System der Funktionalstile rech n en 2.Es ist in der Tat so, daß der Stil der schönen L iteratur eine besondere Erscheinung darstellt. Aber trotz der M annig-

1 «Прозаик с неограниченной свободой берет и сводит слова из самых различных сфер. В результате речь художественной прозы оказывается самой «всеядной» речью из всех возможных» (В. Кожи­ной. Происхождение романа.— М., 1963, с. 371).

2 А. Федоров «не считает возможным включать стиль худож е­ственной литературы в номенклатуру функциональных стилей, по-

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\faltigkeit des them atischen Stoffs bestehen im Rahmen dieses S \iis innere Gesetzm äßigkeiten, nach welchen der Stoff verarbeitet wird. Auch die Verwendung sprachlicher A usdruckänittel w ird hier trotz ihrer M annigfaltigkeit durch bestimm te Faktoren geregelt, sie ist keine bloße W illkür des V erfassers und darf nicht ausschließlich auf seinen'"' Geschmack zurückgeführt werden. Richtig ist weiter die Behauptung, daß eine enge V erbindung von kommunikativer und ästhetischer Funktionen für den Funk- tionalistil der schönen L iteratur typisch ist. Aber auch für die anderen Funktionalstile kann m an ihre spezifischen Funktionen feststellen, die sich mit der kommunikativen Funktion sehr eng verbinden, was unten gerade versucht werden soll.Die F rage nach den sprachlichen Funktionen in ihrer Be­ziehung zu den einzelnen Funktionalstilen ist in der S ti­listik noch nicht allgem ein ausgearbeitet. Es werden nur verschiedene individuelle Lösungen dieser F rage vorge­schlagen. Im Buch von I. Arnold finden wir z.B. eine Stelle, an der folgender Gedanke als G rundsatz form uliert ist: Die Spezifik jedes S tils ist durch die Besonderheiten der sprachlichen Funktionen in jedem Kommunikationsbereich bedingt. Jeder Funktionalstil hat eine andere Zusammen- w irkung von Funktionen [2, S. 55]. Von allen Funktionen der Sprache ist nur eine bei jedem Gebrauch unbestreit­b a r — ihre kom munikative Funktion, die als M itteilung und A ustausch von Gedanken verw irklicht wird. Sie ist die H auptfunktion in allen Funktionalstilen. Neben ihr existieren noch andere Funktionen, und j e d e r S t i l ist durch seine spezifische V erbindung der H auptfunktion mit diesen anderen Funktionen gekennzeichnet, er b e s i t z t a l s o s e i n s p e z i f i s c h e s B ü n d e l v o n F u n k ­t i o n e n [2, S. 55].Zur V eranschaulichung dieser V erhältnisse und Beziehun­gen wird im Anschluß das allgem eine Schema der Ver­teilung sprachlicher Funktionen nach den einzelnen Funk­tionalstilen angeführt. Ähnliches gibt I. Arnold in ihrem Buch [2, S. 55].

скольку он обладает качественной особенностью, отличающей его от остальных функциональных стилей: каж дое истинно художественное произведение предстайляет предмет искусства...» (Троянская Е. С. К общей концепции понимания функциональных стилей.— В сб.: Осо­бенности стиля научного изложения.— М., 1976, с. 68).

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Funktionalstil

Funktionen der Sprache

die

kom

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unik

a­tiv

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koa^

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äs­

thet

ische

der Alltagsrede + + + + —der schönen Literatur -i- — + — +der Presse und Publizistik + + (+ ) — —

des öffentlichen Verkehrs + + — —der Wissenschaft + — — —

Auf dem Schema sind zwei Funktionalstile deutlich einan­der gegenübergestellt: der Funktionalstil der A lltagsrede und der Funktionalstil der W issenschaft. Der erste ist durch die höchste Anzahl der Funktionen charakterisiert, w ährend dem zweiten nur eine Funktion eigen ist, die in diesem Stil als intellektuell-inform ierende verwirklicht wird.

Andere S tilklassifikationen in der deutschen Stilistik

Das Kriterium der W ortarten als Grundlage der Stilk lassifika tion .— Die B egriffe „ N om inalstil" und „ Verbalstil".— Die inhaltlich-stilistische Leistung der beiden S tiltypen .— Die allgemeinsprachliche Tendenz zur Nom inalisierung.

Neben der funktional begründeten Stilklassifikation sind in der deutshen S tilistik auch andere Versuche der S tilty­penbestim m ung bekannt, vor allem d i e K l a s s i f i k a ­t i o n , d i e a u f d e m K r i t e r i u m d e r W o r t a r ­t e n a u f g e b a u t w i r d . Als Hauptm erkm al des Stils betrachten die Stilforscher das vorwiegende Auftreten einer der drei H auptw ortarten: des Substantivs, des Verbs, des Adjektivs. Sie begründen auf solche Weise drei Stiltypen: den substantivischen Stil (den S ubstan tivstil), den verba­len Stil (den V erbalstil), den adjektivischen Stil (den A djektivstil).Die Bedeutung und die stilistische Leistung der W ortarten,

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nach, welchen diese Stiltypen bestim m t sind, ist ver­schieden:a) das Substantiv verkörpert G egenstände, die im a llge­

meinen als Realien der W irklichkeit aufgefaßt werden könrien;

b) das Verb drückt Tätigkeiten, V orgänge aus und träg t somit die Idee des Prozesses, der Bewegung (Expres­sion);

c) das Adjektiv ist T räger der E igenschaften, M erkmale, wodurch verschiedene Eindrücke (Im pressionen) be­w irkt werden.

In A bhängigkeit von dieser inhaltlichen Leistung bekom­men die drei genannten Stile noch andere Bezeichnungen, die in der deutschen S tilistik bekannt sind: der Substan- tivstil heißt „realistischer S til“, der V erbalstil ist „expres­sionistischer S til“, der A djektivstil g ilt als „im pressionisti­scher S til“.Die K lassifikation nach dem Kriterium der H auptw ortarten Weist hauptsächlich auf die Bevorzugung bestim m ter W ör­ter im Text oder im Gebrauch, sie sag t nur w enig über das W esen des S tils und noch w eniger über seine funktionale kommunikative Aufgabe aus. Deshalb kann diese” K lassi­fikation nur als eine zusätzliche gelten, die in keinem W iderspruch zu der funktional begründeten S tilk lassifika­tion steht oder stehen kann. Im Gegenteil, sie behält ihre G ültigkeit auch im Rahmen der Funktionalstile. Als Beispiele seien konkrete Textauszüge gegeben:

— S u b s t a n t i v s t i l :„D am als lebte sein Herz; Sehnsucht w ar darin und schw erm ütiger Neid und ein klein w enig V erachtung und eine ganze keusche Seligkeit.“ (Th. M ann, Tonio Kröger.)„...Salzwind, der ... einen gelinden Schwindel, eine gedäm pfte B etäubung hervorrief, in der die E rinnerung an alles Böse, an Qual und Irrsal, an Wollen und M ühen träge und selig un terg ing .“ (Ebenda.)

— V e r b a l s t i l :„Tonio sprach nicht. Er em pfand Schmerz. Indem er seine etwas schrägstehenden Brauen zusam m enzog und die Lippen zum Pfeifen gerundet hielt, blickte er seit­w ärts ins W eite.“ (Ebenda.)

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„M an sah von dort, von einem m oränenartigen W all aus, auf drei kleine Seen hinunter, deren zwei nie gänz­lich auftauten, ... die aber eine köstliche A rt kräftiger Forellen führten mit rosigem Fleisch; und m an sah den ansteigenden Talkessel hinauf mit seiner geschw unge­nen W endung...“ [30]

W eiter folgen die Bestim m ungen: eine sanfte Rosenglut, die nachtblauen Klippenwände, rotes Gold, bräunliche Schatten, himbeerrote Schneehänge usw. [30, S. 129— 130]. In dieser Beschreibung herrschen Adjektive vor, sie w ir­ken beeindruckend (im pressiv ): es ist ein typischer Adjek­tivstil.Noch eine Begründung der S tiltypen ist in der deutschen S tilistik als das Problem Nominalstil — Verbalstil bekannt. Das Kriterium der U nterscheidung bildet hier einerseits die äußere (form ale) S e ite— das V orhandensein v erhält­n ism äßig vieler Nomina ö d e r Verbformen im Gebrauch, im Text — und andererseits der G estaltungstyp der S ätze Das äußert sich beim Vergleich in folgender G egenüber­stellung:

— A d j e k t i v s t i l :

Mit diesen beiden G estaltungstypen der A ussage sind be­stim m te inhaltliche Differenzen der N om inalstilverkörpert immer eine starke K om pnm fSlm g des Inhalts, dank vielen Substantiven, besonders ihren bestim m ten Typen: den deverbativen suffixlosen und abgeleiteten W örtern auf -ung, deadjektlvischen auf d ie i t^ k e i t^ sub­stantiv ierten Infinitiven und anderen gnippensefzeriden W örtern, d. h. solchen, 'die im stande sind, erw eiterte G rup­pen um sich zu entfalten. Weit ausgebaute S ubstan tivgrup­pen sind T räger eines stark komprimierten Inhalts, z. B.: der weitere A ufschw ung der W irtschaft jedes M itgliedlan­des der sozialistischen Gemeinschaft; die Bew ertung der Leistungen auf der Grundlage der gü ltigen Prüfungsord-

N о m i n а 1 s t i 1 V e r b а 1 s t i 1

viele Nomina, ein beson­derer, nom inaler Typ der Satzstruk tur

viele Verbformen, ein ge-, wohnlicher, verbaler Typ der S atzstruk tur

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nung; das Ergebnis der großartigen Leistungen des sozia­listischen deutschen Staates in edlen Bereichen der Gestal­tung der entw ickelten sozialistischen Gesellschaft.Die A ussage im V erbalstil trä g t dagegen einen_gewöhn­lichen, oft einm aligen Inhalt, zeigt den SacH verhalt im Wechsel, in einer NacheiBänderfolge von Ereignissen oder H andlungen:

„Eines Tages, es w ar erst 6 Uhr, wachte Peter auf. Er gähnte und g ing zum Fenster. Er sah einen Fuchs. Er dachte, er träum e und rieb sich die Augen. Aber da w ar doch ein Fuchs.“ [30]

G. Möller charakterisiert die beiden Stiltypen folgender­weise: N om inalstil streb t danach, die im Verb vorhandene T ätigkeiTlrTein Substantiv zu überführen, a lso Tätigkeiten und Prozesse n ich f durch Verben, wie im VerbSlstil, son­dern hauptsächlich durch Substantive wiederzugeben. Dabei gehen N ebensätze verloreri,"statt der Satzgefüge erscheinen vielgliedrige Einfachsätze. Ein solcher Eihfach- sä tz en thält bei einer finiten Verbform viele substan ti­vische Glieder mit stark k o n z e n tr ie r te t Inhalt [48, S. 71]. Vom kom munikativen S tandpunkt aus bestim m t die Spezi­fik beider S tiltypen G. Schreinert: Nom inaler Stil entsteht,

'w enn der M itteilende bestrebt ist, eine ganze Reihe von Sachverhalten mit einem Mal, d. h. sim ultan auszudrük-0 ken — in einem erw eiterten E infachsatz mit nur einer fini­ten Verbform. V erbaler Stil entsteht, wenn der M itteilende bestrebt ist, die Sachverhalte nacheinander, d. h. sukzessiv h£t m itzuteilen — durch m ehrere Sätze, jeder mit seiner eige­nen finiten Verbform [60, S. 27—28]. W enn das M erkmal des N om inalstils lange, vielgliedrige F infachsätze (große Schritte der Inform ation) sind, bevorzugt der V erbalstil kürzere und kurze Sätze mit eigenen V erbprädikaten (klei­ne Schritte der Inform ation).Auch im Bereich der russischen Sprache zieht diese E rscheinung die Aufm erksamkeit der Forscher auf sich. Die Forscher erklären den Unterschied so: der Text kann nach dem Prinzip einer K leindosierung des Inform ations­gehalts aufgebaut werden, d. h. der Inhalt zerfällt in kleine Portionen, und jede von ihnen gruppiert sich um ihren eigenen verbalen Kern (finite Verbform ). Die ganze Infor­mation besteht also aus M ikroetappen. Das bewirkt den

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Eindruck eines schnellen W echsels von Sachverhalten und steigert auf solche Weise die E xpressivität der D arstellung [19, S. 305]. Vgl. folgendes Beispiel:

„D as Geräusch des Regens d rang stärker herein. Er lärm te förmlich. Alles rauschte, plätscherte, rieselte und schäumte. Der Wind w ar wieder aufgekommen und fuhr lustig in den dichten W asserschleier, zerriß ihn und trieb ihn umher. Jede M inute brachte neue Küh­lung.“ [60]

Einen ganz anderen Charakter bekommt der Text, wenn er nach dem Prinzip einer G roßdosierung des Inform ations­gehalts aufgebaut wird: er besteht aus vielum fassenden Sätzen, die D arste llung erfolgt in großen Schritten, der Inhalt ist s tark kom prim iert und erfordert vom Em pfänger (Leser) eine stärkere geistige K onzentration. D as sehen wir ganz deutlich im folgenden Beispiel:

„D as sind M aßnahm en, die auf die V erw irklichung der Idee zur Schaffung stabiler V erhältnisse für die G ew ährleistung des Friedens und der Zusam m enarbeit durch gem einsam e A nstrengungen der Völker und S taaten Asiens gerichtet sind.“ (Neues D eutschland.)

Die stilistische Leistung der beiden Stile häng t von ihrer inhaltlich-kom m unikativen Spezifik ab und läß t sich auf folgende Weise bestimmen: d e r V o r z u g d e s V e r ­b a l s t i l s besteht darin, daß er durch eine relativ hohe Zahl von Verben Dynamik und Bewegung verkörpert und dadurch expressiver w irkt als nom inaler Stil. D e r V o r ­z u g d e s N o m i n a l s t i l s besteht aber darin , daß m an m it ihm eine verhältn ism äßig große Zahl von Sachverhal­ten, die m iteinander in enger Beziehung stehen, auf ein­mal, in einer A ussage m itteilen kann. Der N om inalstil verkörpert G egenständlichkeit und Begrifflichkeit, deshalb erfordert er eine stärkere geistige Konzentration als der V erbalstil [60, S. 83].Die V erw endungspotenzen der beiden Stiltypen in ver­schiedenen Funktionalstilen sind unterschiedlich. Im allgem einen lassen sich folgende G ebrauchstendenzen feststellen: für die Funktionalstile, die zur Sachprosa gehören, also für die Texte der Presse, Publizistik, W issen­schaft, Technik, W irtschaft, V erw altung, diplom atische

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Dokumente ist der Nominalsti! als G estaltungstyp sehr charakteristisch. Er bedeutet die R ealisation der allgem ein- sprachlichen T e n d e n z z u r N o m i n a l i s i e r u n g , die gerade in diesen Funktionalstilen sehr produktiv wirkt. In der schönen L iteratur können beide S tiltypen auftreten. Inhalt und Zweck der M itteilung entscheiden darüber, welcher Typ — Nominal- oder V erbalstil — bevorzugt w er­den muß. Einige V erfasser zeigen sogar Vorliebe entweder für den N om inalstil, wie z. B. Th. M ann, oder für den V erbalstil, wie z. В. B. K ellerm ann usw. Aber gewöhnlich findet m an in ein und demselben Werk Textstellen in dem einen oder anderen Stil. Vgl. einige Textproben aus dem Rom an „Der 9. November“ von B. Kellermann:

„Und das Feuer rollte... Der Himmel stand voller Schrapnellwolken, Schwärme von Fliegern brausten im Frühlicht. Die Geschütze stam pften, pochten, knack­ten... Ein H agelsturm von zerfetzten Leibern fegte über die Erde. M illionen H erzen verkram pften sich in Todesangst.“

Diese Schilderung hat alle M erkmale des V erbalstils, schafft das Bild höchster Dynamik, w irkt sehr expressiv. Noch ein A uszug aus demselben Roman:

„Verbrechen, H abgier, Heuchelei, Scham losigkeit, das w ar Europa, nichts sonst. Die europäischen G roßstaaten

. hatten das R aubritterw esen ins G igantische gesteigert. G estützt auf ihre H eere und Flotten...“

In dieser zweiten Schilderung herrscht der N om inalstil vor, die T räger der Inform ation sind hier Substantive, der Inhalt ist stärker komprimiert.

Der Normbegriff in seiner Bedeutung für die Funktionalstilistik

Allgem einer Begriff „Sprachnorm ". — Die U nterscheidung der System norm und der Ver­w endungsnorm .— Die S tilnorm en .

Die Sprache als M ittel der Kommunikation innerhalb der m enschlichen G esellschaft muß dadurch gekennzeichnet sein, daß für ihren Gebrauch gewisse übereinstim m ende

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Momente und Bedingungen gegeben sind. Anders gesagt m üssen in der entsprechenden Sprachgem einschaft für die sprachlichen M ittel und ihre V erw endung bestim m te a llge­mein akzeptierte Regeln oder Normen gelten. Je w eitgehen­der ihre Ü bereinstim m ung ist, um so besser kann die Sprache als Komm unikationsm ittel ihre gesellschaftliche Funktion erfüllen.Der allgem eine Begriff „Sprachnorm “ kann gerade als Übereinstim m ung im Sprachgebrauch einer bestimm ten Gem einschaft verstanden werden. Die Norm ist in der Sprache von vornherein vorhanden, eine Sprache ohne Norm ist nicht S. 320]. Aber in der A uffassungder Sprachnorm lassen sich deutlich zwei R ichtungen er­kennen. Die sogenannte t r a d i t i o n s o r i e n t i e r t e A uffassung will den Normbegriff nur auf die Vorschriften von G ram m atiken und W örterbüchern beschränken. Die neuere Ansicht vertritt eine f u n k t i o n a l e N orm auffas­sung, sie richtet sich nach der lebendigen Sprachentw ick­lung, nach dem tatsächlichen Zustand einer konkreten S pra­che. Die letztere A uffasung basiert -auf dem Grüffäfcafz,’ daia die Norm sowohl auf das Sprachsystem als auch auf die Sprachverw endung bezogen sein muß.Die Sprachnorm als S y s t e m n o r m um faßt die zu einem bestimm ten Zeitpunkt "heräusgebildeten und bestehenden Gesetzm äßigkeiten, die den Gebrauch der gegeben'en_ Sprache in ihrer mündTicheiv und schriflichen Form regeln. Es handelt sich eigentlich um* die realisierten sprachlichen M öglichkeiten, die von den konkreten kommunikativen Bedingungen , und S ituationen nicht abhängig sind.D. Nerius bemerkt in diesem Zusam m enhang: gleichgültig, welche kom m unikativen B edingungen oder S ituationen vor­liegen, werden in der deutschen G egenw artssprache in keinem Falle beispielsweise Form en wie: das Tisch, er taufte, gestern ich habe getroffen ihn o. ä. gesellschaftlich akzeptiert, y/eil sie der System norm der Sprache nicht entsprechen [50, S. 323].Die Sprachnorm als V e r w e n d u n g s n о r m ist dagegen durch die kom munikativen Bedingungen oder Kommunika­tionsbereiche bestimmt. Sie ist eine solche R ealisierung der sprachlichen M öglichkeiten, die auf der Auswahl der sprachlichen M ittel beruht, die selbst aus der S ituation oder dem .funktionalen Bereich resultiert. Die V erw endungsnorm wird gewöhnlich als Stilnorm bezeichnet. Da es sich aber

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um die D ifferenzierung der V erw endungsnorm nach den verschiedenen funktionalen Bereichen handelt, spricht man nicht von einer einheitlichen Stilnorm ,-sondern von S til­normen.Doch ist auch die Sprachnorm a |s System norm nur als allgem einer Begriff anzunehm en. In W irk lichkeit'g ib t'es in jeder entwickelten Sprache, auch im Deutschen, nicht nur eine System norm, sondern stehen m e h r e r e N o r ­m e n nebeneinander. E inerseits die Existenzform en der Sprache (die L iteratursprache, die U m gangssprache, die M undart), andererseits ihre . Teilsysteme (die Ebenen) besitzen ihre eigenen Norm en..So werden in diesem letzten Sinne unterschieden: A ussprachenorm en, die mit der pho- netisch-phonologischen Ebene verbunden sind; gram m ati­sche Normen, die sich im Rahmen der m orphologischen und syntaktischen Ebenen behauptet haben; lexikalisch-sem an­tische Normen usw. (m an könnte noch von orthographi­schen u.a. Normen sprechen).Es gibt weiter Unterschiede nach dem G rad der A usprä­gung dieser Normen. Das. ^eigt sich in einem besonderen ■Verhältnis von friVariänz {die Summe der Invarianten) und V arianten in jedem Teilsystem der Sprache; Den höchsten G rad von Invarianz (S tab ilität) repräsen tiert 'z. B. die deutsche O rthographie, hier bestechen'nur wenige V arianten. Auch im m orphologisch-syntaktischen Teilsystem der Sprache ist die Norm relativ deutlich ausgepräg t und re la ­tiv stabil, obwohl hier schon zahlreiche V arianten vorhan­den sind. Eine, hohe V ariabilitä t-charakterisiert den. lexika­lisch-sem antischen Bereich, der »von verschiedenen ex tra ­linguistischen" Faktoren sehr stark beeinflußt wird. Die N orm 'ist in diesem Teilsystem der Sprache nicht so stabil wie z. B. in der Grammatik.Im großen und ganzen abstrahieren die Sprachsystem nor­men (die invarianten Bereiche aller Ebenen) von den kon­kreten kommunikativen Bedingungen. ,D ie Stilnorm en da­gegen, als Normen der sprachlichen, Verwendung* sind .^n die kom m unikativen Bedingungen unm ittelbar gebunden. Nach der Bestim m ung von E. Riesel differenzieren sie „die V erwendung der allgem einen Sprachnorm en nach funktio­nalen und sem antisch-expressiven M omenten“ [52, S. 44].D. Nerius bestim m t ihre W irkung auf folgende Weise: „Die Stilnorm en bewegen sich somit innerhalb der durch die Sprachsystem norm en gegebenen M öglichkeiten und treffen

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aus diesen eine... charakteristische Auswahl. Diese Aus­wahl m anifestiert sich in der sta tistisch faßbaren Bevorzu­gung bestim m ter sprachlicher M ittel in dem jeweiligen A nw endungsbereich.“ [50, S. 331]W. Fleischer und G. Michel erheben im Zusam m enhang mit dem Begriff „Auswahl der sprachlichen M ittel“ die Frage, die in jeder w issenschaftlichen Diskussion über die Problem e der S tilistik auftaucht: ob der Sprecher (der Autor) willkürlich, frei wählen kann, oder ob der Stil doch auf G esetzm äßigkeiten (auf Stilnorm en) beruhe, die die W illkür (die Freiheit) ausschließen? [24, S. 50] Die richtige Antwort auf diese F rage ist nach ihrer M einung nur die, daß die W ahl im Rahmen des Stils, näm lich des Funktio­nalstils G estaltungsprihzipienund SprlOT0¥ffleft pSprachelem ente), die von der G ram ­m atik, von dem Lexikon, von dem Phonem bestand usw. w eitgehend vorgeschrieben sind, sind als obligatorisch (als System norm en im Rahmen des S tils) zu begreifen. Aber es j kommen in zwei oder mehr Texten mit gleichem typisiertem / Inhalt (d. h. zu 'eindm Funktionalstil gehörig) auch solche/ s a c h l ic h e n V arian ten (Formen, W örter usw.) vor, did

im iiy id u e ir berdfngt, also vom Sprecher (Autor) fakultativ (T re rp id ^ e w a n it sind. D ibseT akuItativ itat kann bestim m ­te G renzen nicht überschreiten, i sie ist sfefs durch die iRTIglßpFachTlchen und außersprachlichen B edingungen der Kommunikation begrenzt. Wie die beiden Stilforscher beto­nen, determ iniert doch die außersprachliche M itteilungssi­tuation die Auswahl der M ittel und die Entscheidung des A utors (des Sprechers). Diese E inschränkung der Fakulta- tiv itä t (der Freiheit in der Auswahl) ist eben ein w ichtiger Aspekt für die A uffassung des Stilbegriffs, weil sie auf bestim m te geltende Stilnorm en zurückzuführen ist.In verschiedenen Funktionalstilen ist die Freiheit der Aus­w ahl und somit der Bereich des Fakultativen unterschied- Irchrsehr groß im Stil der schönen L iteratur, im A lltagsstil und ziemlich4 eingeschränkt im Stil der W issenschaft, im sachlich:offiziellen Stil.»Die firfasfciiri'g und Festlegung der ‘Norm für einzelne Funktionalstile erreicht man in theoretischer H insicht mit Hilfe des Begriffs „S tilzüge“, und das soll in der weiteren D arlegung versucht werden.Was ihre praktisch-linguistische E rm ittlung angeht, so kann man sich auf folgende Feststellung von E. Riesel und

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E. Schendels berufen: „Die Sprach- und Stilnorm en werden durch den statistischen Hinweis ihres H äufigkeitsvorkom ­mens zu bestim m ten Zeitabschnitten in bestim m ten kom­m unikativen Bereichen erschlossen.“ [54, S. 4 4 ]1

Die C harakteristik einzelner Funktionaistile nach ihren Stilzügen

Der B egriff „S tilzü g e".— E inzelne Funktional­stile m it ihren Stilzügen: S til des ö ffen tli­chen Verkehrs, S til der W issenschaft, S til der Presse und P ublizistik, S til der A lltagsrede,S til der schönen Literatur.

Der Begriff „S tilzüge“ häng t mit der E igenart des Funktio­nalstils zusammen, mit seiner kom munikativen und sprach­lichen Spezifik. Für diesen Begriff gibt es noch keine be­friedigende Definition in der Stilistik. Die gegenw ärtigen Stilforscher beschäftigen sich m it dem Problem der S ti l­züge sehr viel, in ihi'en Arbeiten findet m an verschiedene M einungen über den Begriff selbst und über seine Bedeu­tung für die Theorie der Funktionalstile.Zuerst w urde der Begriff „S tilzüge“ von E. Riesel so be­stim m t, daß m an darunter die H auptm erkm ale der Funktio­nalstile verstehen so llte 2. In ihrer P räzisierung bedeuten die S tilzüge nach E. Riesel „innere E igentüm lichkeiten“ der Funktionalstile, ihre „stilbildenden und gleichzeitig auch- stilregelnden O rdnungsprinzipien“ [52, S. 57—58].

1 Vgl. in diesem Buch die Absätze über den W andel der Norm, über den V erstoß gegen die Norm und über andere dazu gehörige Fragen, wie auch die konkreten Beispiele.

2 «Заслуга введения в лингвистическую литературу этого терми­на (стилевая черта.— Т. Г .) принадлежит Э. Г. Ризель. Впервые он был употреблен... в ее работе «Полярные стилевые черты и их язы ­ковое воплощение», где автор понимал под ними «внутренние при­меты различных функциональных стилей в целом, а такж е индиви­дуального стиля». ...Складывалось представление, что речь идет о качествах речи, которые интуитивно ощущаются читающим или пи­шущим. Обозначение таких примет стиля термином «стилевая черта» представлялось очень удачным... Однако в дальнейшем Э. Г. Ризель отходит от своей первоначальной формулировки и трактует термин «стилевая нерта» уж е двояко: как стилеооразующий фактор (при­мета) и как фактор, регулирующий отбор определенных языковых фактов в различных функциональных стилях...» (Троянская Е. С. Цит. соч., с. 50).

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Anders gesag t sind sie W esensm erkm ale eines Funktional­stils, die aus seiner gesellschaftlichen Spezifik entstehen und ein bestimm tes System von sprachlichen M itteln aller Ebenen nach sich ziehen, W. Fleischer und G. Michel sehen in den Stilzügen „textim m anente Q ualitäten“ , d. h. solche charakteristischen Besonderheiten des Stils, die im Text gegeben sind, sich in der V erteilung, Kom bination und H äufigkeit sprachlicher Elem ente erkennen lassen [37, S. 63]. Von den anderen Stilforschern werden die Stilzüge als „wesentliche stilbedingende Faktoren“ bestim m t [57, S. 142] oder als „Q ualitäten der Rede“ verstanden [30, S. 6—7].Wenn m an die angeführten Definitionen m iteinander ver­gleicht, so kommt m an zu folgender Feststellung: während W. Fleischer und G. Michel hauptsächlich sprachliche Besonderheiten als S tilzüge auffassen, betont E. Riesel in erster Linie ihren außersprachlichen C harakter, näm lich die Tatsache, daß die S tilzüge die Auswahl und A nordnung der sprachlichen Elem ente im Text von außen bedingen und motivieren. W ill m an die beiden Ansichten vereinigen, wie es in speziellen U ntersuchungen gem acht w ird so muß m an folgende Definition dieses Begriffes für richtig halten: S t i lz ü ^ e&ind stilbildende Faktoren, die die sprach­liche JSpezifik desb'betreffenden Funktionalstils unm ittelbar bedingen. Die Zweideutigkeit des Begriffs erlaubt es, zwei Arten der S tilzüge zu unterscheiden: 1) die e x t r a l i n ­g u i s t i s c h e n W esensmerkmale des S tils als Q ualitäten des entsprechenden Redetyps; 2) seine l i n g u i s t i s c h e n W esensmerkmale, die nur in der S truktur eines Großtextes bzw. einer größeren Texteinheit voll realisiert und dadurch erkannt werden können [14, S. 96].Jeder Funktionalstil muß bei seiner C harakteristik nach diesen beiden A rten betrachtet werden, in Ü bereinstim m ung mit der kom munikativen Aufgabe, die noch als soziale (gesellschaftliche) Funktion des S tils angesehen wird. Im weiteren folgt die C harakteristik der Funktionalstile des Deutschen nach solchen Prinzipien.

1 «По мнению M. П. Кульгава, сформулированному в его дис­сертации, стилевые черты являются и характерными признаками и одновременно своеобразными правилами (нормами) изложения в том или ином стиле, ...детерминируют отбор и комбинирование со­ответствующих языково-стилистических средств» (Троянская Е. С. Цит. соч., с., 51).

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Die soziale Funktion dieses Stils ist die Erm öglichung der offiziellen V erständigung zwischen den öffentlichen ►Behör­den, öffentlichen O rganisationen und der Bevölkerung. Dabei muß. die Bevölkerung, also der Em pfänger der Infor­m ation, zu einem bestim m ten V erhalten gebracht werden, ihre H andlungen m üssen offiziell geregelt werden. Daher auch die voluntative Funktion, die diesem Stil innewohnt. W. Fleischer und G. Michel bezeichnen ihn als „funktiona­len Stiltyp der D irektive“ [37, S. 264]. Der offizielle Stil ist in Amtsdokumenten, offiziellen M itteilungen, V orträgen, A nsprachen, Gesetzbüchern, V erordnungen usw. verkör­pert. Die G esam theit dieser Quellen bildet das M aterial zur Erforschung des Stils.I. E x t r a l i n g u i s t i s c h e S t i l z ü g e . Da der V er­kehr im offiziellen Bereieh konkret sachbezogen ist, grlt die Sachlichkeit als eine der Haupt.qualitäten des Stils. Sie bedingt in höKem G rad seinen W ortschatz. 2um zweiten wichtigen M erkmal gehört das.sachbed ing te Fehlen von Individualität — die у,Ш ре^оЫ[сЬкеЦ: de£ StiTsT’W eiter m üssen seine P o n n t i^ k ^ ^ ^ ^ T ^ ^ n von Em otionalität genannt werden. Die P r ^ M ^ T s t ’aucfi einer "Her Stilzüge, die mit dem Streben nach V erdeutlichung verbunden sind. In diesem Sinne kann m an auch den S tilzug „E indeutig­keit“ erklären [37, S. 264].Wie die Sprachforscher unterstreichen, w urzelt der Stil des öffentlichen Verkehrs (der Amts,st Ц) im alten, deyt§chen K anzleistil. Daher stam m en sbine §teifti ei t',Tn a nefte Vera 1 - tete Formen, weswegen der Stil oft schw erfällig und unbe­w egt w irkt. M anchm al bezeichnet m an den offiziellen Stil als „papiernes D eutsch“ (Papierdeutsch).II. L i n g u i s t i s c h e S t i l z ü g e . An der lexischen Seite des Stils (in seinem W ortschatz) t r i t t in den V order­grund die sogenannte funktional gefärbte Lexik — spezielle sachliche Bezeichnungen, darunter Termini, nicht selten Frem dwörter, Form ulierungen und Fachausdrücke am tli­chen C harakters als e rs ta rrte sprachliche Formeln, wie z.B. vonstatten gehen, unter A nw endung aller Kräfte, unter A usnutzung , H eranziehung usw. Typisch ist für diesen Stil die V erw endung von Pronom inaladverbien: hiermit, hiervon, hierfür usw.; allgem einer Verben: unternehm en , durchführen , vornehmen, erfordern usw.; bestim m ter

Stil des öffentlichen Verkehrs

„A m tspräposilionen“ : zw ecks, laut, infolge^ gem äß ü. a. In diesem Stil erscheinen ö lt Streckform en (verbal-substan­tivische W ortverbindungehT T '^^ 'FerTeswftg“ bringen, zur D urchführung bringen , unter Bew eis stellen, in K enntnis setzen usw.Dem Stil und seiner Lexik ist überhaupt eine mehr oder w eniger gehoben-offizielle F ärbung eigen? Sehr produktiv- sind z u s a m m e n g e s e t^ ^ b s tä n t iy e (aus dem Streben nach V erdeutlichung), abstrakte substantivische W örter auf -ung, -heit, -keit, substantiv ierte Infinitive! Sie stehen alle im D ienst des N om inalstils.Die gram m atische Seite des S tils ist ihrerseits durch spe­zifische^KsonBeifTieIfenr gekennzeichnet. V ielgliedrige. Ш й . l^nge E infachsätze bilden ein a u f f а 1 len des ‘ Mer km a l s a c h - - licfT-offrzfeller Texte. Die Tendenz zur NomjnaHsierung offenbart sich in der Tnrw tegerfd s u h s tan tivischen S atz- Struktur: Substantive besetzen alle Satzpositionen, sogar dTS des P räd ikats , sie entwickeln um fangreiche Gruppen — Substantivgrupjjen (Blockbildungen) — um sich,'die ganze Ketten von G enitivattributen einschließen können. Ge­bräuchlich sind .Paßsiykonstruktionen zur G estaltung un­persönlicher A ussagen, P artlz ip iälgruppen und andere syntaktische Gruppen. Ein ganz spezifisches M erkmal ist d’äs" Vorkommen von Im perativform en. Das häng t dam it zusam m en, daß dadurch offizielle A nordnungen, V orschrif­ten, A nweisungen ausgedrückt werden. M anchm al erschei­nen ^HißtischfiJSItefiL Sie dienen dem .ЯШ агаегжёск sowie dazu/bestim m te Anweisungen, Überschriften, A ufforderun­gen u. a. zu verdeutlichen. Zu den archaischen Formen und K onstruktionen der gram m atischen Seite des Stils gehören das vorangesteilte Adjektiv in Kurzform als A ttri­but (rein Wolle, echt Gold), das nachgestellte unflektierte Adjektiv als A ttribut (B u tter extra fein, W irkwaren anschm iegsam , pflegeleicht u. a .). Dieser Gebrauch ist haupsächlich für die W erbesprache (Reklame) charak teri­stisch.D er nachstehende Text aus dem „Gesetz über den M ini­ste rra t der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Oktober 1972“ soll eine Illustration des am tlich-offi­ziellen Stils sein:

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„(1) Der M inisterrat erfüllt seine Aufgaben ili V erwirk­lichung der Beschlüsse der P artei der A rbeiterklasse auf der G rundlage der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer.(2) Der M inisterrat ist dafür verantw ortlich, daß die bei der G estaltung der entwickelten sozialistischen Gesell­schaft zu lösenden Aufgaben der staatlichen Innen- und Außenpolitik ausgearbeitet werden. E r ha t der Volkskammer die von ihr zu treffenden Entscheidungen rechtzeitig zur B eschlußfassung vorzulegen. Er un ter­breitet der Volkskammer Entw ürfe von Gesetzen und Beschlüssen.(3) Der M inisterrat, sein V orsitzender und seine M it­glieder sind der Volkskammer für ihre Arbeit v eran t­w ortlich und rechenschaftspflichtig. Der Vorsitzende des M inisterrates gibt zur Neuwahl die R egierungserklä­rung über die Ziele und H auptaufgaben der Tätigkeit des M inisterrates ab, vertritt bei der B ehandlung grund­legender F ragen der D urchführung der S taatspolitik in der Volkskammer den S tandpunkt des M inisterrates und legt Rechenschaft über die geleistete Arbeit ab.(4) Der M inisterrat un terstü tz t die Arbeit der A usschüs­se und der A bgeordneten der Volkskammer. Er sichert, daß die Ausschüsse über w ichtige F ragen der D urchfüh­rung der S taatspolitik inform iert w erden und w ertet E rgebnisse ihrer Tätigkeit für seine Arbeit aus.4* [30]

S til der W issenschaft

Die funktionale S p e z ^ c des w issenschaftlichen S tils be­steht in der VefBrnfluner von E rkenntnissen. Das können. Eorm ulieriing von^Gesetzen, Auf sfellufig? ' un tf E rörteru n g von Problemen, D arlegung vörTTälsächeh und Beweisenu. a. se in ^ D ab e i geht es um V erallgem einerungen über den konkreten Einzelfall h inaus”, bemerken W. Fleischer und G. Michel [37, S. 260]. Es handelt sich immer um die soge­nannte rationelle Kommunikation. Deutlich ist dabei das Streben nach einer vollständigen A usform ulierung.I. Als e x t r a l i n g u i s t i s c h e B e s o n d e r h e i ­t e n dieses S tils gelten folgende für ihn charakteristische M erkmale: die Logik — sein allgem einer und obligatori-2 Т. C. Глушак 33

§ 2

scher Stilzug, mit welchem noch andere charakteristische M erkmale verbunden sind,—jdi.fi.,K larheit, die Folgerichtig­keit. Die G edankengänge müssen l<lär uM'tO^keitrös'&htwik- kelt sein, „Sprünge“ und A uslassungen sind in diesem Stil unzulässig. Typische extralinguistische M erkmale des w issenschaftlichen Stils sind weiter die Sachbezogenheit und Präzision. Die letztere kann als das Streben näcn Defi­nitionen verstanden werden. Neben der Logik existiert noch ein sehr allgem einer S tilzug der w issenschaftlichen Tex-

- te — die A bstraktion. W. Fleischer und G. Michel betrach­ten sie als „G rundzug“ [37, S. 260]. Das Fehlen der emo­tionalen E xpressivität ist in diesem Stil natürlich, hier kann nur von der logischen Expressivität die Rede sein. Sie hängt mit dem Stilzug „Logik“ zusam m en und offen­bart sich in Aufbau und A ufgliederung der Texte, in' spe­ziellen Arten der V erbindung zwischen einzelnen Teilen des Textes, im C harakter der Schlußfolgerungen usw. M an muß noch darauf hinweisen, daß im w issenschaftli­chen Stil die objektive D arlegung der Zusam m enhänge dominieren muß, das Subjektive tr itt hier zurück.II. Die l i n g u i s t i s c h e n S t i l z ü g e des w issen­schaftlichen S tils spiegeln sich in den Regeln der Auswahl und V erw endung sprachlicher M ittel, in ihrer A nordnung bei der T extgestaltung usw. wider. Das betrifft in erster Linie die lexikalische Ebene der T extgestaltung, d.h. die W ortwahl. W issenschaftliche Texte, enthalten viel spezielle LexiF.HDazu gehören Termini und term inologische/ WorT- ver Bindungen, spezielle Realienbezeichnungen; W issen­schaftliche Termini und Realien bilden Stützpunkte der them atischen O rganisierung der W ortwahl. Ihre Verwen­dung dient gerade der D arlegung und präzisen V erm itt­lung des w issenschaftlichen Inhalts. Die meisten w issen­schaftlichen Termini sind Frem dwörter, sowohl bekannte und deshalb verständliche als auch solche, die nur an einen bestim m ten A dressatenkreis gerichtet sind.An der strukturellen Seite der W örter läßt sich die Ten­

d e n z zur Zusam m ensetzung feststellen: das V orhanden­sein zahlreicher zusam m engesetzter Substantive (i^ompo- sltaTTst " е т Г \<feenfficfie iingutsflschV G härakleristik des Stils. Zusam m engesetzte Substantive stehen im Dienst der Präzision, sie % й ^ п ^ е п ио?Г Definitionen und E rläu te­rungen ur\d leisten auf solche Weise ihren B eitrag zur Kom prim ierung des Inhalts und Ökonomie der Ausdrucks-

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form. Viele .A bstrakta dienen zur Bezeichnung und W ie­dergabe abstrakter Wissenschaftlicher Begriffe. Die mei­sten von solchen Bezeichnungen sind deverbative Ablei­tungen mit dem Suffix-ung. Zur Spezifik des S tils gehört auch häufiger Gebrauch von verbal-substantivischen W nrtvprhindungen oder ЪйеаеШ&т&п: die Streckformen В ёТ Ш гН й Г r VerЗеШТГсЬипg ^ ü h d M"" A usform ulierung: die N otw endigkeit anerkennen, in eine N achprüfung eintre- ten, eine Fortführung finden, eine H ebung bringen, Em pfehlungen erarbeiten usw.Zusam m enfassend kann man also sagen: das- V orherr­schen substantivischer Termini, eine große Zahl von zu­sam m engesetzten Substantiven, die V erw endung vieler Streckform en (Funktionsverbfügungen), .zahlreiches Auftretea^von S ubstantiven fiuT^ung) sind H auptm erkm ale dlTTexikalischen Ebene der w issenschaftlicnen Texte. TSie. zeugen von stark . uomin.alerri C harakter, dieses Stils.

► w S e i t e " des S tils betrachtet, so erkennt m an d i z u r Nominalisiermig. noch deutlicher. S i^ w irH ^ u rc h folgende syntaktische Beson­derheiten gekennzeichnet: Sa tz Struktu ren m it s ta r ke r - ne- m inaler K onzentration; zahlreiche -Substantivgruppen m it deF Tendenz zur" Blockbildung (m ehrgliedrige Substan- tiv g ru p p en ); GebraülfH/vüTr^ Passivsätzen (vorwiegend zweigliedriger^StruktuF) im D ienst der U npersönlichkeit, d. h. zum Ausd ruck der Prozesse, unabhängig von ihrem Urheber. Der un j^x^pH che C harakter der M itteilungen i s t für den w issenschaftlichen Stfl im allgem einen ein cha­rakteristisches Merkmal. Als Satztyp dom iniert der Vor­gangssatz,; er tr itt als H auptform der W iedergabe verschie- derreFProzesse auf. Der A ussagesatz ist dominierend als kommunikativer Satztyp. Ausrufe- und F ragesätze als Kennzeichen der em otionalen Rede erscheinen in diesem Stil selten. K urzsätze und besonders E llipsen sind hier auch nicht am Platz.Als Illustration des w issenschaftlichen Stils dienen fol­gende Texte:„Eine neue M ethode zur D iagnostizierung des Myo­kard-Infarkts mit Hilfe von Blutferm enten ist von so­wjetischen M edizinern entwickelt worden. Ein führender sowjetischer In tern ist erklärte dazu auf einer P lenartagung der sowjetischen kardiologischen Gesellschaft in Kischi- njow, daß zusätzlich zum Elektrokardiogram m Menge

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und A ktivität von Blutferm enten festgestellt werden. Das ermögliche es, den M yokard-Infarkt selbst bei atypischen Fällen, insbesondere bei älteren M enschen, m it Sicherheit zu diagnostizieren.Zur A usw ertung der M eßdaten w erden Computer einge­setzt. Zu diesem Zweck .wurde eine m athem atische M etho­de zur M engenanalyse der Ferm ente entwickelt. Die A nä: lysenergebnisse werden auf einem Lochstreifen festgehal­ten.“ [30]

„Der Entw urf binärer Zählschaltungen vorgegebener Kodierung besteht in der Bestim m ung eines kom bina­torischen Netzwerkes, das die A usgänge der N Kippstu- fen des Zählers auf die V orbereitungseingänge rück- koppelt. Falls der Entw urf aus einem vorgegebenen Zählzyklus erfolgt, der w eniger als 2N Zustände um faßt, besteht die M öglichkeit eines geschlossenen Nebenzyklus. Um das zu erkennen, w ird vorgeschla­gen, den Schaltungsentw urf mit Hilfe des Z ustandsd ia­gram m s zu analysieren.“ [30]

S til der Presse und Publizistik

Seine soziale Funktion ist Inform ierung und P ropaganda. Der P ressestil inform iert die M assen über aktuelle E reig­nisse in der .Politik, im Gesellschaftsleben, in der W elt überhaupt; zugleich gehört es zu seiner Aufgabe, den Le- ser im Sinne einer bestim m ten politischen und ideologi­schen E instellung zu beeinflussen und zu erziehen. Dem Z ie l 'd e r M einungsbeeinflussung und der kollektiven E r­ziehung ist eigentlich die gesam te Textherstellung un ter­geordnet. Für diesen Stil ist die M annigfaltigkeit von E rscheinungsarten (Textsorten) charakteristisch: Leit­artikel, Bericht, Kommentar, Chronik, R eportage. Nach- rieht, Zeitungsnotiz, M eldung u. a. Das bedeutet, daß die sprachlichen Äußerungen in P resse und Publizistik sehr verschiedenartig, sind.I. D i e e x t r a l i n g u i s t i s c h e n Z ü g e des Stils können folgender weise bestim m t werden: eine deutliche ideologisch-politische O rientierung; die A ktualitä t der Thematik, d.h. die Beleuchtung der E reignisse des Tages (daher die Benennung „Tagespresse“); der unm ittelbare Appell an den Leser. Im letzteren Fall soll das gem eint

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sein, worüber W. Fleischer und G. Michel in ihrer S tilistik schreiben: „Es w ird ständ ig versucht, einen spürbaren В e- z u g z u m E m p f ä n g e r herzustellen. Vielfach w ird er als ein G esprächspartner einbezogen oder als Leser direkt angesproctien.“ [37, S. 267] W eiter m üssen, das Streben nach O bjektivität und die Konkretheit , genannt werden. Doch w ird dabei nicht selten und bewußt die Persönlich­keit (eines B erichterstatters, eines S taatsm annes, eines po­litischen Führers usw.) ins Spiel gebracht.II. D i e l i n g u i s t i s c h e n S t i l z ü g e hängen m it dert oben aufgezählten M erkm alen zusammen. Die E igen­art der lexischen Seite bewirken folgende E rscheinun­gen: viele Realienbezeichnungen (Namen, Titel, Orts- Zeitangaben u. a .); gesellschaftlich-politische Termini, darunter viele Frem dw örter, hauptsächlich In ternationa­lismen; Neuwörter (Neologismen) als Bezeichnungen tü r neue aktüelle Begriffe auf allen Gebieten des gesell­schaftlichen Lebens. Sie finden gewöhnlich in der P resse ihre erstm alige V erw endung und werden dann weiter verbreitet. U nter ihnen sind oft M odewörter, die nicht nur im alltäglichen Spraphyerkehr, sondern auch in der poli­tischen Sprache auftauchen können. Für die Bezeichnung seh r aktueller und im gesellschaftlichen Leben bekannter Ideen und Sachverhalte gebraucht m an im Pressestil die sogenannten Schlagw örter. Sie können als Überschriften stehen, m üssen dem Leser sofort ins Auge fallen und bei ihm ein bestim m tes V erhalten hervorrufen, sein Interesse erwecken usw. Die Sonderlexik und Sonderphraseologie, d. lu s ta rk em otional gefärbte W örter und W endungen, hauptsächlich politischen C harakters, gehören auch in den W ortschatz des P ressestils. Sie dienen in der Regel dem Zweck der politischen E ntlarvung. Die B erichterstatter betonen durch die W ahl solcher Lexik ihre persönliche Position oder die S tellungnahm e ihres Landes, ihrer P a r ­tei usw.Der syntaktischen Seite des P ressestils gehören ,auch be­stim m te allgem eine M erkmale an, die als seine sprachli­chen S tilzüge gelten könneh. Dazu gehört erstens so eine auffällige Erscheinung wie die . variierte W ortfolge j n Schlagzeilen und Ü berschriften: m an bezweckt dam it eine starke inhaltliche Hervorhebung, Betonung usw. Das cha­rak teris iert nicht so sehr die offiziellen Texte,, als verschie­dene M itteilungen, Reportagen, M eldungen über die Ge­

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schehnisse des alltäglichen Lebens. Im gleichen Dienst steht ferner die V erw endung.von elliptischen S ätzen (die Erscheinung der E llipse), die ebenfalls als Schlagzeilen und Ü berschriften charakteristisch sind. Die Aufgabe der Ellipse besteht bekanntlich darin, den Kern des Inhalts, den w ichtigsten S inngehalt sofort in kurzer Form anzuge­ben/ Gerade deshalb spielt sie eine große Rolle in Schlag­zeilen und. Überschriften, Reklam eangaben usw., zu deren kommunikativen Aufgabe es gehört, die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich zu lenken. Als eigene Besonderheit im Vergleich zii den, arideren Sachstilen kann im Pressestil der Gebrauch von Frage- und A usrufesätzen gew ertet werden. Sie sind zum U nterschied vom A ussagesatz emo­tionell gefärbt und verleihen bestim m ten Zeilen oder S tel­len, auch Überschriften, Schlagzeilen expressive Schattie­rungen. Em ^aUgm e^.S£Lachlicher S tilzug des P ressestils ist das V orhandensein vieler Substantive, die oft als Sub­stantivgruppen, Blockbildungen, Aufzählungen, Ketteri v o n . G enitivattributen (genitivische Ketten) auftreten. In ihnen gerade liegt die H auptinform ation. Also ist auch to„diesem Stil die Tendenz zur N om inalisierung ein sehr w ichtiges Kennzeichen der T extgestaltung. 'D er vorwie­gend nom inale Satzbau erm öglicht eine starke Komprimie­rung und Kompaktheit, was vom Standpunkt der kommu­nikativen H auptaufgabe dieses S tils aus — m öglichst viel auf begrenztem Druckraum m itzuteilen — se h r wichtig und notw endig ist. W. Fleischer und G. Michel bezeichnen diese C harakteristik des P ressestils als „das Streben nach ö k o n o m i s c h e m Ausdruck“ [37, S. 267].U nten folgt eine Reportage über die Leistungen im Ge­sundheitsw esen aus der Zeitung, deren Text die besproche­nen Stilzüge erkennen läßt:

„Die weitere Entw icklung des Gesundheits- und Sozial­wesens in unserer H auptstad t steht im M ittelpunkt der 8. T agung der S tadtverordnetenversam m lung, die am D onnerstag begann. In zahlreichen Gesprächen- mit W erktätigen in den Betrieben, mit Schwestern, medi­zinisch-technischen A ssistentinnen und Ärzten in Polik­liniken, Am bulatorien und Apotheken hatten die Abge­ordneten und M itglieder des M agistra ts diese Tagung gründlich vorbereitet.Vor Beginn der B eratung konnten sich die S tad tver­

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ordneten im W appensaal. über leistungsfähige E inrich­tungen des Gesundheitsw esens informieren. So lernten sie das Modell des G esundheitszentrum s mit 50 ä rz t­lichen A rbeitsplätzen kennen, das im Neubaugebiet am W eißenseer Weg entstehen wird. In lebhaften D ebat­ten w urden weitere A nregungen aus der P raxis ver­m ittelt.Prof. Dr. Sch. g ing in seinem Bericht zunächst' auf die bisher erfüllten Aufgaben ein, die sich aus den Be­schlüssen des V III. P arte itages und dem Gem einsamen Beschluß für die H auptstad t ergaben. Er nannte in diesem Zusam m enhang besonders die V erbesserung im W ohnungsbau, die Erhöhnug der Anzahl von P lätzen in K indereinrichtungen, die V erbesserung der Schul­speisung und der D ienstleistungen, die Förderung kinderreicher Fam ilien und die w irksam e B etreuung betagter B ürger.“ [30]

S til der A lltagsrede

Seine gesellschaftliche Funktion ist die sprachliche Ge­s ta ltu n g des alltäglichen Sprachverkehrs in der nichtoffi­ziellen Sphäre der gesellschaftlichen Kommunikation. Die Kommunikation wird dabei vorwiegend mündlich re­alisiert. E inige Stilforscher fassen diesen Stil als „sprachliche Äußerungen des A lltags“ [57, S. 139] auf. Als Realisierungsform en gelten M itteilungen und Berichte, M einungsaustausch privater Natur,..objektive und subjek­tive Feststellungen, U rteile über die Geschehnisse und V orgänge in der Welt und in der nächsten Um gebung usw. Für den alltäglichen Sprachverkehr ist der unm ittelbare Kontakt zwischen G esprächspartnern charakteristisch,

.der D ialog ist hier die H auptform des Redeverlaufs.I. Zu den e x t r a l i n g u i s t i s c h e n S t i l z ü g e n der A lltagsrede gehören: i-hre Konkrethei^ die U ngezw ungen­heit und eine bestim m te Nachlässigkeit. Die U ngezw un­genheit der Sprechweise, zeigt sich in der geringen Selbst­kontrolle und Selbstbeherrschung, in einer en tspannten G esam thaltung, der Sprecher [37, S. 254—255]. Die Subjek­tiv ität, die KnäJppHeit* des Ausdrucks, der dynam ische V er­lauf der Gespräche, die em otionale E xpressivität sind wei­tere wesentliche C harakteristika des A lltagsstils.II. L i n g u i s t i s c h e S t i l z ü g e ergeben sich aus

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dem Besonderheiten extralinguistischen Charakters. In der Texischen Seite der A lltagsrede sind das: zahlreiche^WorTer und W endungen, ä u s ü n te r e n SprachscffichTen^ mlt^ um ­gangssprachlicher Färbung; M undartw örter; Ließlings- uhd M odewörter; Schim pfwörter und G roblexik;' seltener Gebrauch von Frem dw örtern, eine beschränkte V erwen­dung von abstrakten Substantiven; V orhandensein spe* zieller W örter, die E. Riesel „Flickw örter“ [52, S. 83] nennt. D arunter versteht sie: M odalwörter: gewiß, natürlich, sicher, klar, bestim m t usw.; Partikeln (verstärkende, b e ja­hende, verneinende u .a.): ja, doch, wohl, aber, nun; In ­terjektionen als G efühlsäußerungen aller Art; s p e z ie ll W ägeausdrücke, die keine eigentliche Fragefunktion erfül­len: N ieh l wahr? Stim m t?; viele Adverbien: hin, het, her­über, "H erauf u.a.m. ^Charakteristisch sind hier auch „Schw am m wörter“ , d.h. W örter ohne, irgendwelche, kon­krete Bedeutung, die als Ersetzung, verschiedener W örter dienen können. Sie sindHEfequein, weil m an bei ihrem Gebrauch nicht auszuw ählen braucht, immer bei der Hand, z.B. Ding, Sache, Zeug, machen* tun, n e t t , großartig u.a. [52, STÜ9=7ÜT. ..........Im allgem einen bevorzugt die A lltagsrede W örter, die in UfffiP S truk tur eim ach una in ihrer Sem antik konkret und anschaulich sind; vielgliedrige Komposita, kom plizierte A bleitungen (auf -urig, -keit, -heit) sind für sie nicht cha­rakteristisch. ~ ‘i:rrr'

vAn der gram m atischen Seite des S tils lassen sich gleich- la l ls '^ S lM fh fe typische M erkmale feststellen: V erm eidung langer vielgliedrfger und kom plizierter Sätze; BevÖrzu- gung"der "Parataxe fm 'W ergleich zu der Hypotaxe; VoT^ herrschen Kurzer A ussagesätze, die als s y n t a k t i s c h e H a u p f- Törin aüftreten; V orhandensein vieler FragesafeeT Ajißru- tesä tze, Aufforderungssätze; allgem eine Tendenz zur Auflockerung des" Sätzbaüs. Sie äußert sich in folgenden trsche inungen : Satzäbbrüche, verschiedenartige elliptische S a tz e " ' (mit unvollständiger syntaktischer S truk tu r), m annigfaltige V ariationen (V eränderungen) bis zur völ- f ip ifrV erle tzu n g der norm ativen W ortfolge, N achtrags­konstruktionen usw. Wegen der allgem einen Tendenz zur Verm eidung der Hypotaxe werden oft Nebensätze als gewöhnliche H auptsätze gestaltet, d.h. ohne. K onjunktio­nen und ohne Umbau der W ortfolge. Ein relativ seltener Gebrauch von Passivsätzen ist dadurch zu erklären, daß

H if A u s s a g e n im A ll ta g r s s t i l im m e r p e r s ö n l i c h g e f ä r b t Sind, y icht jjebräuc^.ch jsjnd au°h solche komplizierten Konstr^tTönen/'wie vefschiedene Arten von Partizipiäl- gruppeh, Sübstantivgruppen usw.W as die einzelnen^ sp ez ifisch en Besonderheiten dieses S tils anbetrifft, kann" m an noch folgendes nennenTTPlu- гдЩидаеп auf -s: M ädels, Ju n g s ; E rsatz der Genitivform durch die V erbindung „von +.SubstjLgtiv“ : die Worle von Väter, der Vorschlag von ihm ; V erw endung des Pronom ens des, sta tt er, d ie s ta tt sie usw.E igerfarfi^ui s f in diesem Stil die Verwendung_dcL_yerba-

•len ^ellTormen, wobei die gram m atischen Regeln in dieser ТПйэТсНГ nicht streng beiolgt und sogar, geprochen wer- den. Für die V ergangenheit erscheint fast auschTießlich,das P räteritum . selten ist das Futurum . E ine breitere Verwen­

d u n g als sonst findet das P räsens, es Rann situationsbe­d ingt verschiedene Zeitsm fen pezeldlllieir.Die jS lltagsrede ist s e h r s ta r k durch die M ittel des bild- . licH ^^usdfitücEsi gekennzeichnet” S ie z e ig t e m e s ta rk e T TёНЙ5ЙЙ'"Ъи expressiver Ausdrucksweise, „zur Erhöhung der em otionalen W irkung" [52, S. 221]. In deT A llla^ärede llndet mafn unzählige bewertende £p ithe ta , bildhafte Vergleiche,. Hyperbeln, M etaphern u.a. Sie d ie n en ' der ^nschatilichkeit, der em otionalen E inschätzung, aber auch zum ^A usdruck der persönlichen E instellung oder des sübjektlvenV erhaltens.Der folgende Text en thält viele M erkm ale des A lltagsstils:

„W enn die Leute hören, daß w ir zu H ause elf Kinder sind, w erden sie neugierig. Und sie stellen immer dieselben F ragen und staunen dann jedesm al, wenn w ir erzählen, daß w ir jeden T ag zwei V ierpfundbrote einkaufen, fre itags sogar fünf, und daß w ir für ein M ittagessen einen Eimer Kartoffeln schälen müssen. Für uns ist das norm al, w ir sind eben 13.A llerdings ist unsere Fam ilie in den letzten Jah ren zusam m engeschrum pft. K laus und Ingeborg haben geheiratet und wohnen nicht mehr bei uns. Dafür bin ich schon dreim al Onkel, komisch, w as? Als nächste müßte M arion die Koffer packen. Sie sag t zwar, sie habe noch keine Lust zum H eiraten, aber m it 19 ist m an da

nie sicher. D ann kommen Eva. (17), die bestim m t froh sein wird, wenn wir ihr nicht mehr auf den

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Wecker fallen, und Angelik, die ist 16 und tu t keinem was. Und schließlich wir sechs Schulkinder: Reinhard (14), Detlef (13), ich, Erik (10), M atthias (9) und Thomas (8).Die drei großen M ädchen arbeiten in der Film fabrik Wolfen und wollen dort ihren Facharbeiter machen. Da ist V ater hinterher. Er hat die drei näm lich in Reichweite, sie arbeiten alle zusam m en in der Abtei­lung S-Zellstoff...

,Die Arbeit muß rollen*, sag t V ater immer, ,das ist das Wichtigste.* Klare Sache, daß er m ächtig aufpaßt, dam it seine drei Töchter anständ ig m itrollen. Schon we­gen der Familienehre...M utti ist bestim m t genauso fleißig, aber sie ist nicht Aktivist, sondern H ausfrau. Sie hat von früh bis abends mit uns zu tun. Ist ja klar, wenn wir alle das Hemd wechseln, häng t der halbe Hof voll W äsche.“ [30]

S til der schönen Literatur

Die gesellschaftliche Spezifik dieses Stils kann nicht eindeutig bestim m t w erden, weil es sicn um "einen Ver- wendUngsbereTch der Spräche handelt, der alle Sphären desILgb-ens-umiaflt. Der Stil bleibt deshalb ein Objekt der Diskussionen in der S tilistik. Dieser Stil ste llt eine ganz besondere funktionale V erw endungsw eiseTIer sp räche d a r. ^E r wird durch die V erbindung von kom m unikativen und ästhetischen Faktoren in einem so hohen Grade gekenn­zeichnet, wie sie keinem anderen Stil eigen ist.“ [54, S. 21]. Im_ großen und ganzen J cann m an dje soziale Funktion des S ti ls jö lg e nderweise bestimmen: d ie schöneT T teratur _ist däzu verpflichtet, die W irklichkeit in künstlerischer Form w iderzus^iegeln und~dabei zu den w ichtigsten F r a g ^ fo s

T eb en s entschieden S tellung zu nehmen. Somit soll sip an der E rz ie h u n g ^ er M enschen, an ihrem Kampf um die . besseren Ideale, am gesellschaftlichen T ortschrift jjhpr- Eaupt em en aktiven_ Antjeil haben. Ihre ästhetische W irkung darf deshalb zu keinem !S el bst zweck werden, zu keinem „W ortzauber“ , wie W. Fleischer und G. Michel sagen, son­dern sie muß, übereinstim m end mit dem Inhalt, auf den kom m unikativen Effekt gezielt sein [37, S. 259].

-_D i e Л i.n_g u i s4-i-Sj:Jue S^p e z i f i к des S tils, der .schö­nen L iteratur ist es vor allem, daß in ihm säm tliche Ele-

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mente anderer Funktionalstile Gebrauch finden, daß sie herangezogen werden, um die T extgestaltung reich und variabel zu machen. Dem Leser werden verschiedene Erscheinungen des gesellkT7änirchen“Lebens, seine Konf­likte und 'W idersprüche ins Bewußtsein 4 gehoben, wofür 3er gesam te Reichtum einer N ationalsprache ajs Baum a- b r ia l dienen soll. D araus erk lärt sich, w arum НтГЗВГ der schönen L iteratur alle M ittel des A usdrucks „vorhanden seioJkönnen. E. Riesel und E. Schendels sind der M einung, daß die Iinguostilistische Spezifik der schönen L iteratur die fast unbegrenzte Auswahl sprachlicher M ittel im Dienst der them atisch-ideologischen und künstlerischen E r­kenntnis der W irklichkeit bildet [54, S. 21]. W. Fleischer und G. Michel äußern denselben Gedanken noch konkreter: „Der Schriftsteller schöpft alles, w as er braucht, aus den verschiedensten Funktionalstilen — im Dienste der ästhe­tischen U m setzung“ [37, S. 260], d.h., daß er es auf eigene Art verarbeitet, seinem Werk und seinem individuellen Stil .angepaßt. -Allgemein gilt für diesen Stil als sein spezifisches M erk­mal die^TTdkra ftrm it der d ieB egriffe „B ildhaftigkeit“ und »TBildTicfifeli verbunden sind. D ie_ B ildhaftigkeit w ird durch die Anschaulichkeit der W ortw ahl erreichL Die ШГй- lichkeit en tsteht dank dem G ebrauelTbesonderer S tilm it­tel — der trad itionelleaJb o p e iL die gerade für den Funk­tionalstil 3 e rS c h ö n e n 'E n e rS u r einen sehr wesentlichen sprachlichen StilzugJjedeuten.Die Texte" der schorierTT-dteratur können abhängig von ihre r Thematik, von der A bsichf^des V erfasser s / 'v o m konkretem In h alt em ^ner^IC extsM lerL im Nominal- und V erhalstil verfaßt sein, dann im Substantiv-, AdjeKFiv- oder V erbstil dargestellt werden. Sie können einen einfachen und auch einen komplizierten ^ a t^ü au .au tw e isen , für Tan­ge oder kurze Sätze Vorliebe zeigen. In ihnen können sehr verschiedene V erletzungen der G ebrauchsnorm en auf allen sprachlichen Ebenen Vorkommen. D iesj[Jiöchste V ariabili­tä t „des Ausdrucks ist eigentlich, wie es schon betont wurde, 3ie auffälligste Besonderheit der literarischen Texte.Zur Illustration wird ein Text gegeben, der alle M erkmale der K unstprosa besitzt:

„M an sah von dort, von einem m oränenartigen W allaus, auf drei kleine Seen hinunter, deren zwei nie

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gänzlich auftauten, auch je tz t im Ju li nicht, die aber eine köstliche A rt kräftiger Forellen führten mit rosigem Fleisch; und m an sah den ansteigenden Talkessel hinauf mit seiner geschwungenen W endung nach Süden und zur Paßhöhe und sah den Paßboden m it Schnee und V ergletschungen bedeckt... Das Gletscherfeld

drüben oberhalb der Seen strah lte eine sanfte Rosen­glut aus, von der m an die Augen nicht wenden konnte... Und die Taustellen im Silbergrau des See-Eises unten w aren wie m it Türkisen eingelegt... Von den nacht­blauen KHppenwänden hinauf lösten sich sacht zwei Nebelwölkchen, die lange von den W asserfällen im Schatten verhalten hatten, tra ten ins Licht des G let­scherfeldes und schwebten, wie G espinste aus rotem Gold in einem Hauche sich bewegend, vorüber. Unter ihnen zogen zwei bräunliche Schatten leicht über die him beerroten Schneehänge mit fort. Die. Sonne stand im Norden hinter der Berglehne. In den lautlosen, seidigen Lüften spielten die Mücken, sonst kein Laut außer dem der Giesbäche und dem an- und abschwel­lenden Rauschen des FoIIaeven in das tiefe ö s te rd a l hinab.“ [30]

Allgemeine Charakteristik der Stiimlttel

Der B egriff „S tilm itte l".— Die E in teilung der S tilm itte l in Gruppen .— Die Charakteristik jeder Gruppe.— Die Verwendung verschiedener Gruppen von S tilm itte ln in verschiedenen Funktionalstilen .

Neben dem Begriff „Funktionalstil“, der zur ..Makrostili­stik gehört, existiert in der S tilistik der Begriff „S til“ im engeren Sinne des W ortes, als S t i l e i n e s Tex_te_s. Der Stil eines Textes ist nach W. Fleischer und G. Michel keine einfache Summe einzelner Stilm ittel, er besitzt einen „G anzheitscharakter“ , d.h. er ist durch die E inheit seiner G estaltung gekennzeichnet [37, S. 52]. Es handelt sich um die b e w u ß t e s p r a c h l i c h e G e s t a l t u n g d e s A u s s a g e i n h a l t s . Als Elem ente dazu treten verschie­dene Sprachm ittel auf. Die alte S tilistik hob die Rolle nur besonderer, trad itioneller M ittel in der T extgestaltung — der Tropen und S tilfiguren — hervor. Heute betonen die' Stilforscher; daß nur die G esam theit aller Sprachm ittel

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den Stil des Textes aüsm achen kann. Der Begriff „Ge­sam theit“ bedeutet, daß jede Ebene des Sprachsystem s durch itire Einheiten an der S tilgesta ltung teilnim m t. „Die sinnvolle und angem essene V erflechtung der G esam theit der Sprachform en eines Textes macht dessen Stil au s“ , lesen wir bei D. Faulseit und G. Kühn [35, S. 15].Im Text erhalten die sonst gewöhnlichen Sprachm ittel — W örter, gram m atische Formen, syntaktische K onstruktio­nen, phraseologische V erbindungen — ihre kontextualen Stilbedeutungen, d.h. sie realisieren ihre „konnotativen Potenzen“ [38, S. 553]. Sie w erden auf solche Weise zu den stilbildenden Elem enten. „Als stilistische Seite des Textes w erden häufig konnotative M erkm ale der verw endeten sprachlichen M ittel... verstanden“ , bem erkt G. Michel [46,S. 539].D. Faulseit und G. Kühn unterstreichen, daß „alle sprach­lichen M ittel zugleich stilistische M ittel sind oder sein können“ [35, S. 15].Selbst der Term inus „stilistische M ittel“ oder ,»Stilmittel“ en tstand in der traditionellen Stilistik, er ist also keine Neubildung. „W ir halten den traditionellen Term inus .Stilmittel* (»stilistische Mittel*) durchaus für verw endbar“ , schreiben W. Fleischer und G. Michel, „wenn dam it alle diejenigen sprachlichen E rscheinungen eines Textes ge­meint sind, die..; stilbildend sind, also an der V ariation der sprachlichen F ixierung eines Sachverhalts teilhaben.“ [37,S. 53]Bei der E i n t e i l u n g d e r S t i l m i t t e l lassen sich die Stilforscher von dem G rundsatz leiten, daß ihre E rfassung „dem natürlichen System der Sprache folgen muß, also „von den verschiedenen Bereichen der sprachli­chen Form ungsm öglichkeiten ausgehen muß: von der Lexik und Phraseologie, von der W ortbildung, von der M orpholo­gie und von der Syntax.“ [35, S. 15]Afehängig-von ihrer sprachlichen. N atur, ihrer Zugehörig­keit zu einer bestim m ten Ebene des S pracE sy^m sT lkann m an alte M ittel der Text (bzw. Stil-) gesta ltung in folgende HaupfgrüflP'eh 1 'effleiTen: lexisch-pfi^seoiogische M ittel. gTammatisch-stilTs?i^rbp Mittel, besondere ode^ ijonelle Stilm ittel Tim Buch von E. Riesel uncfE . Sehen- dels „S tiH stik a"g en an n t). F ür die Gesta ltu n g der mündli- chen JRede spielen auch phonostilisTIscKe -frlittei eine w ichtige Rolle.

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Die _1 e x i s c h - p h r a . s e o . l o g i s c h e n . . M ittel , eines Textes sfncl mit dem Problem seiner „.Wart wähl verbunden. Der W ortschatz jeder Sprache HeteF reTcHe M öglichkeiten Tür die Textgestaltung, aber die Auswahl des sogenannten „treffenden W ortes“ ist nicht immer Telcht. W. Fleischer üniTGrMicEein&efonen, daß die W ortwahl nicht nur durch die objektive Seite der Erscheinungen der W irklichkeit bestim m t ist, sondern auch durch die E instellung des V er­fassers dem Objekt der Beschreibung, dem Sachverhalt gegenüber [37, S. 69—70]. H auptschw ierigkeiten der W ort­wahl in sprachlicher H ins!сЖ erwachsen aus der Vieldeu­t igkeit der W örter und ihrer Synonymie,, Die Synonyme bilden durch dle^nannigfattlgen* V arlätionsm öglichkeiten nach ihrer sem antischen und stilistischen Seite die G rund­lage der T extgestaltung (vor allem im Bereich der lexikali­schen Ebene, obwohl sie auf allen Ebenen vertreten sind). In diesem Zusam m enhang sei als ein spezielles Problem der T extgestaltung auf der Ebene seiner W ortwahl die Be­rücksichtigung der . em otional (expressiv) -stilistischenD ifferenzierung ^ e r JWofTef^'erw ähnt: ~ j |d e s ^ T . s i m l Bes11m nTfe“~eXf) r essive Schattierungen^erforderlich, die der gesam ten S tilatm osphäre des Textes gut angepaßt sein müssen. Das läßt sich so auffassen, daß nicht nur sach­lich-nüchterne Benennungen von G egenständen, V orgän­gen, E igenschaften für eine Schilderung notw endig sind, sondern auch Bezeichnungen betont emotionellen' C harakters, die entsprechende Schattierungen („scherz- t haft“, „abschätzig“, „grob“, „ironisch“, „schonend“, „poetisch“ u. a. m.) hervorheben helfen und ihre Textum ­gebung stark stilistisch beeinflussen können *.Ein w eiterer stilis tisch bedeutsam er Faktpr ist die A usnut­zung " der ^W örteT mit funktirm^reri "M är¥lerungen (der"

'sogenannten funktionalen Lexik)Ti>ie' sintt innerhalb des W ortschatzes durch das allgem eine M erkmal der Ge­brauchsbeschränkung gekennzeichnet und verteilen sich aus- diesem G rund nicht gleichm äßig nach verschiedenen Funktionalstilen. Ihre V erw endung in den Texten der

1 «В основе возникающих при этом дополнительных значений лежит... свойство иррадиации стилистической функции. Так, напри­мер, одно поэтическое слово, включенное в нейтральный контекст, может сделать возвышенным целый абзац» (Арнольд И. В. Цит. соч., с. 95).

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schöneVi Literatur kann zu einem entscheidenden Moment der Textgestaltung werden LDie Phraseologie kann ihrerseits zur T extgestaltung viel таТгяреп. E. Kiesel uiitei^T!hetxidr-d^ 'neu tra_ lje P hraseo- I & ^ p d ie keine besonderen. stilistiseben Aufgaben erfüllt, TmridTe 'ex p ress iv ^ Pbragpnlng-ipj bei der ganz verschie­dene Äusdt'ücksschatfi’erüngen vorhanden sein können [51, S. 184]. W ährend dift ersfcrP Abart (ein Exempel liefern, in die rechte Lage bringen, im Nam en der Wahrheit u. a.) in allen Fpnktjnnalstilen vertreten sein kann, . erscheinen expressive Phraseologism en (etw as gefressen haben, sich ins Mauseloch verkriechen, lange Geschichten machen u. a.) hauptsächlich in der schönen L iteratur, in der A lltagsrede und zum spezlellenTGeBräueff auch in aen Zeitun g sa rtikeln.In der Gruppe_ der_ g y m m .a t- i-sg h - s t i 1 i s t i s c .he n M ittei sinä 'm^ und syntakti s chei Erscheiriun -^glTvereinigt. Dementsprechend heißen" z.B. ЪеШгштй'ё Kapitel im Buch von E. Riesel und E. Schendels „M orpho­logie aus stilistischer S icht“ , „Syntax aus stilistischer S icht“ . Die gram m atischen Form en und K onstruktionen können genauso wie diT^WoHer neben ihren absoluten Bedeutungen auch ' l^ntextu'al-stilistische_ B ed S tu n g erf erhalten . Das betrifft die gram m atischen K ategorien^und Form en des Kasus, Genus, Modus, Tempus usw. Bei ihrem Gebrauch sind verschiedene Transpositionen m ög­lich , die stilistische—W kkuägen” Лп sich ,bergen.“ DieA usdrucksm öglichkeiten der Syntax sind noch reicher, w orauf die Stilforscher übereinstim m end hinweisen. „In der Syntax offenbaren sich die Stilunterschiede deutli­cher als in der M orphologie“ , stellen E. Riesel undE. Schendels fest [54, S. 140]. g u den stilistischen M itteln der syntaktischen Ebene zählt m an M odifikationen in der Shlzstruktur, V ariationen in der W ortfolge, verschiedene V erletzungen ""syntaktischer Kegeln his zum völligen J a tz b ru c h , spezielle E rscheinungen im Satzbau: P aren- Thes eiL "Auf z я hl i1 n gen z a bbr ü che. N achtragskonstruk-tionen usw .

1 ^Функция такой лексики может быть и весьма специфична: в первой главе «Холодного Дома» Диккенса нагромождение юриди­ческих терминов показывает невозможность для нормального чело­веческого рассудка разобраться в запутанном лабиринте судопроиз­водства в Верховном канцелярском суде» (Арнольд Я. ß. Цнт. соч., с. 96).

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>Zu den t г-Д- d i t i о n e 11 e n M itteln (S'tilistika) deresla ltung geKorfin in ""ersl^ r'^nn ie Tropefl — spe­

zielle M ittel der B ildlichkeit: die M etapher,. iflit ihren Ab a r te n d ЗаТ 5* Epitheton! " die Periphrase u. a. ln dieser Gruppe befinden sich auch SlilfigiU£fl, d. h. traditionelle Ausdruclcsformen lexisch-gram m atischen C harakters: Wie; derholung, Antithese, Paralle lism us u.a. W eiter g ib f e s spezielle M itle P ^ m ^ Ä us3ructf~von H um or und_Satire: SulbVuch. Zeugma, öxymbYbn usw.A hPp h o n q l s "1 i s T i T t i f e ' M ittel gelten verschiedene lautliche Erscheinungen, die eine stilistische W irkung erzeugen können. S ie hängen m it den V ariationen in der Aussprache, m it zahlreichen m odalen Schattierungen der Intonation, mit Verschiebungen der • Betonung usw. zu­sam m en l.Die genannten Gruppen von A usdrucksm itteln verfügen im großen und ganzen über verschiedene M öglichkeiten des Gebrauchs in verschiedenen Funktionalstileh. Sehr reich an trad itionellen S tilm itteln..ist z. B. der Funktional* sttT der schönen L iteratur, sie werden auch im A lltagsstil verwendet.W as die Sachprosa anbetrifft, so sind Tropen oder Stili- stika für die Sachstile überhaupt nicht charakteristisch, nur im Funktionalstil der P resse und Publizistik können sie Vorkommen. Die E igenart der Sachstile erg ib t sich aus der für sie norm gerechten Verwendung, H äufigkeit und spezifischen A nordnung aller A rten von Sprachm it- teln, aus ihrem spezifischen W ortschatz usw.

Die S tilfärbung und die stilistische BedeutungDer B egriff „Stilfärbung“, seine A rten .— Die Ska la der absoluten (norm ativen) S tilfärbungen .— Die kon- textuale S tilfä rbung .— Die stilistische Bedeutung und der B egriff „Konnotation“.

Die Begriffe „S tilfärbung“ und „stilistische Bedeutung“sind Stützpunkte der Textbetrachung und der stilistischen C harakteristik sprachlicher Einheiten überhaupt. Die Definition dieser Begriffe, ihre A bgrenzung voneinander stellen ein aktuelles Problem der L inguostilistik dar, dem

1 Diese Gruppe wird vom Standpunkt der Funktionalstilistik aus nicht behandelt, weil es sich dabei vorw iegend um Erscheinungen der mündlichen Rede handelt, die mit den Funktionalstilen in ihrer heutigen A usarbeitung schwer zu verbinden sind.

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viele spezielle Arbeiten der sowjetischen und deutschen Stilfor^cher gewidmet sind. M an braucht in diesem Zu­sam m enhang nur auf die Artikel von W. Fleischer, G. Michel [38, 46] und besonders die von E. Riesel und J. Scharnhorst [53, 56] zu verweisen, in denen speziell die F ragen der stilistischen Bedeutung, der S tilfärbüng, der Konnotation, der stilistischen V arianten u. a. m. behan­delt werden. J. Scharnhorst versteht unter dem Begriff „S tilfärbüng“ die besondere stilistische P räg u n g einer sprachlichen Einheit, ihre Spezialisierung für bestimmte stilistische Aufgaben. -Dieser Begriff bezieht sich nach seiner M einung insbesondere auf lexische Einheiten, (auf die W örter) [56]. Die S tilfärbung nach E. Riesel ist eine spezielle A usdrucksschattierung, die die H auptbedeutung des betreffenden W ortes überlagert [56]. Dabei bestehen die beiden Stilforscher darauf, daß m an z w e i A r t e n d e r S t i 1 f ä r b u n g unterscheiden muß: die absolute S tilfärbung und die kontextuale S tilfärbung (für die erstere existiert noch die Bezeichnung „norm ative S til­färbung“) . W as die a b s o l u t e S tilfärbung anbetrifft, so ist sie vom Gebrauch im Kontext abstrah iert und stellt eine geregelte E rscheinung im System der Sprache dar. Sie w ird oft in W örterbüchern angegeben. Die k o n ­t e x t u a l e S tilfärbüng ist dagegen, wovon die Benen­nung selbst zeugt, immer kontextbedingt, d. h. an einen bestim m ten Kontext gebunden.Der Sprache sind m ehrere norm ative (oder absolute) S tilfärbungen eigen, ihre G esam theit w eist eine bestim m te G radation auf und kann am besten als eine S k a l a dargeste llt werden, wie sie unten angeführt ist.Das A ufbauprinzip dieser Skala w ird daraus abgeleitet, daß sich im Rahmen des W ortschatzes stilistisch nichts m arkierte und stilistisch m arkierte W örter beobachten Tassen. J. Scharnhorst nennt sie die W örter „ohne und mit besonderer stilistischer C harakteristik“ [56]. Die nichtm arkierten W örter gehören in die M itte der Skala, zur Stufe „ n e u t r a l e S tilfärbung“ (oder auch norm al­sprachliche S tilfärbung). Sie bedeutet N ullexpressivität und bildet den A usgangspunkt für die B etrachtung an ­derer S tilfärbungen (die G rundlage aller sprachlichen Ä ußerungen).Die anderen Stufen oder Skalapunkle liegen über oder unter dem Nullpunkt: die erste Stufe in der R ichtung

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„nach oben“ ist „die g e h o b e n e S tilfärbung“ . £ ie ist in erster Linie für die schöne L iteratur (besonders Poesie) charakteristisch, dann für die offizielle, feierliche Aus­drucksweise (Ansprachen, G ratulationen, D anksagungen usw .). Die oberste Stufe in dieser R ich tu n g 'trag t den Sinn „die g e s c h r a u b t e S tilfärbung“. Sie ist für ungebräuchliche archaische W örter und „geschwollene“ Ausdrücke charakteristisch, für einige Höflichkeits- und Anredeformen usw. M an zieht sie m eistenfalls zum Zweck des speziellen Gebrauchs heran, besonders in der schönen L iteratur.

Rieh-tung Stilfärbung Beispiele

J

geschraubt(geschwol­len)

zur ewigen Ruhe ein­gehen

in den heiligen Stand der Ehe tre­ten; den Bund fürs Leben schlie­ßen

das A n­gesicht

gehoben verschei­den

die Ehe eingehen; sich vermählen (der Gemahl, die Gemahlin)

das A n t­litz

с ) neutral sterben heiraten (der Gat­te, die Gattin)

d as Ge­sicht

literari sch-umgangs-spr.

eingehen j-n zu seiner Frau (seinem M ann) machen; Hochzeit machen (halten)

salopp ins Gras beißen

einen M ann, ei­ne Frau kriegen

die Fratze

1 f grob (vul- g ä r )

krepieren, verrecken

die Fresse

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In der Richtung „nach unten“ vom N ullpunkt befindet sich im allgem einen „die gesenkte Lexik“ . Sie ist in ihrer M asse nicht einheitlich und erlaubt, . m indestens drei Stufen auszugiiedern. Die erste Stufe in der R ichtung „nach unten“ bedeutet „die l i t e r a r i s c h : u m g a n g s - s p r a c h l i c h e S tilfärbung, die zweite Stufe ist „die s a l o p p e (fam iliär-um gangssprachliche) F ä r­bung“, die dritte Stufe träg t den Sinn „die g r o b e (vul­gäre) S tilfärbung“ . Alle diese Färbungen kennzeichnen den sprachlichen .V erkehr im Bereich der A lltagsrede, wodurch sie auch in der schönen L iteratur möglich sind. Neben dem Begriff „S tilfärbung“ steht oft der Begriff „Stilschicht“ . Die beiden Begriffe sind sehr eng m iteinan­der verbunden: die Stilschicht ist nach J. Scharnhorst die G esam theit aller W örter m it gleicher S tilfärbung [56]. Der deutsche W ortschatz besteht aus mehreren S til­schichten, solchen wie neutrale Lexik, grobe Lexik, saloppe Lexik, poetische Lexik u.a.m.Einer näheren E rläu terung bedarf w eiter die к о n t e x t u- a l e S tilfärbung. Sie unterscheidet sich von der absolu­ten S tilfärbung durch folgendes: sie erscheint nicht bei isolierten W örtern, sondern entsteht nur im Kontext, unter dem Einfluß seiner them atischen und stilistischen Faktoren. Sie kann mit der absoluten S tilfärbung einzel­ner W örter zusam m enfallen, wenn der Kontext es erlaubt, oder sie weicht von der absoluten S tilfärbung ab und wirkt sogar in der entgegengesetzten Richtung (beein­flußt durch den Kontext).Im B u ch ,v o n W. Fleischer und G. Michel findet sich folgendes Beispiel: A nkauf von altem Krim skram s und der Verkauf von Antiquitäten. In dieser Aufschrift befinden sich nebeneinander zwei substantivische W örter (K rim s­kram s — A ntiquitä ten) m it gegensätzlichen S tilfärbun­gen — „salopp“ und „gehoben“ . Der Kontext aber und die hinter ihm stehende S ituation lassen die gehobene S tilfärbung nicht zu, deshalb w irkt diese M itteilung als etw as Scherzhaftes. Ebenfalls paßt die A ussage Wir spei­sten zu M ittag in einer kleinen G aststätte nicht in ein alltägliches Gespräch,* gerade wegen der gehobenen S til­färbung des Ausdrucks zu M ittag speisen : die S ituation läßt es nicht zu.J. Scharnhorst gibt folgende Definition der kontextualen S tilfärbung: „U nter kontextualer S tilfärbung eines_ W_or_-

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tes ist seine spezielle stilistische Schattierung zu verste- .fien. d. h. solche, die das W ort im Textzusammenhan'g annim m t“ [56]. M an kann sie ohne w eiteres akzeptieren. Die stilistische Bedeutung ist im Vergleich zur S tilfär­bung ein allgem einerer und deswegen ein kom plizierte­rer Begriff, der sich schwer eindeutig definieren läßt. Nach E. Riesel vereinigt die stilistische ' Bedeutung drei Komponenten:1) die funktional-stilistische Komponente. Sie gibt an,

für welchen Funktionalstil (Funktionsbereich) das betreffende W ort (die betreffende sprachliche Äuße­rung) typisch ist;

2) die norm ativ-stilistische Komponente. Sie bedeutet die norm ative (absolute) S tilfärbung des W ortes;

3) die expressiv-stilistische Komponente, oder die ex­pressive (emotionale) A usdrucksschattierung beim betreffenden W ort (betreffender sprachlicher Erschei­nung). Sie ist T räger einer bestim m teibA rt der Ex­pressivität. Verschiedene W örterbücher enthalten da­für m ehrere Bezeichnungen, solche wie „vertraulich“ , „verhüllend“ , „übertrieben“, „spöttisch“, „scherzhaft“» „abw ertend“ usw.

Die S truktur der stilistischen B edeutung (der stilistischen C harakteristik) eines W ortes kann (siehe auch E. Riesel und J. Scharnhorst) als ein Schema dargestellt werden:

Sprach- beispiele

Struktur der stilis tischen Bedeutung

fuktional-stil.Komponente

norm ativ-stil.K om ponente

expressiv-stil.K om ponente

tFunktionalstil norm ative S til­

färbungA rt und Grad

der Expressivität

kapierenLenz

Fahrrad

Sinuskur­ve

AlltagsredePoesie (schöne Literatur)neutral

Wissenschaft

saloppgehoben

normal-sprach­lichfunktionale Le­xik (Fachwort)

oft abwertendpositiv ge­fühlsbetont

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Die stilistische Bedeutung im Kontext bezeichnet man oft als k o n n o t a t i v e B ed eu tu n g 1. Der Begriff „Konnota- tion“ („K onnotationen“) w ird verschiedenartig gedeutet. So verstehen E. Riesel und E. Schendels unter Konnota­tionen Begleitmomente des H auptinhalts — Gefühle, Stim m ungen, Bewertungen, Em pfindungen, E instellun­gen. Ihre G esam theit bewirkt die stilistische A tm osphäre eines Textes, durch welche die stilistischen W erte einzel­ner W örter und anderer sprachlicher Einheiten im Kon­text beeinflußt werden [54, S. 35]. Nach W. Fleischer wird der Begriff „K onnotation“ zur E rfassung zusätzlicher oder indirekter Inform ationen, der sogenannten „M itin­form ationen“ verw endet — Einstellungen, Emotionen, Be­w ertungen u. a., die als konnotative Elem ente der W ort­bedeutungen erscheinen [38, S. 543-^-545]. Die konnota­tive Potenz ist im Sprachsystem angelegt, aber ihre R ealisierung bekommt sie im Text, deshalb betrachtet m an die stilistische Bedeutung eines W ortes im Kontext als seine konnotative Bedeutung. Und wenn z. B. G. Mi­chel die F rage stellt, w as an einem Text seine stilistische Seite ist, beantw ortet er sie selbst wie schon früher ange­führt: „Als stilistische Seite w erden häufig konnotative M erkmale der verw endeten sprachlichen M ittel und die auf dieser Ebene entstehende Textisotopie verstanden“ . [38, S. 539] Es ist nämlich so, daß dem Autor tro tz aller im Prozeß der Textproduktion geltenden N orm regeln noch „ein Toleranzraum für die Sprachw ahl“ verbleibt, welcher ihm „spezifisch stilistische Entscheidungen abverlang t“ [ebenda], die in ihrer G esam theit die erw ähnte Textiso­topie (stilistische Gleichheit des Textes) bewirken.

1 «...Первой части информации соответствует денотативное зн а­чение слова, называющее понятие... Второй части сообщения... соот­ветствует коннотация, куда входят эмоциональный, оценочный, экс­прессивный и стилистический компоненты значения... Все четыре ком­понента коннотации могут выступать вместе, или в разных комбина­циях, или вообще отсутствовать» (А рнольд И. В. Цит. соч., с. 105).

K a p i t e l II

STILFRAGEN UND STILMITTEL IM LEXISCHEN BEREICH

Die Gebrauchsmöglichkeiten und R egularitäten des lexi­kalischen Bestandes der deutschen Sprache in funktional­stilistischer Hinsicht, d.h. im Hinblick auf A rt und Grad seiner A bhängigkeit von Besonderheiten des entsprechen­den Kom m unikationsbereichs und der darin einbezogenen sozialen und situativen Bedingungen, sind heute bei wei­tem noch nicht genügend erforscht und zusam m engefaßt. Es liegen aber manche mehr oder w eniger begründete Forschungsergebnisse über funktionalstilistische Potenzen einzelner lexischer Gruppen oder Typen von lexikalischen Einheiten vor, sie schaffen die G rundlage für den Inhalt und Aufbau dieses Kapitels. So soll es von vornherein klar sein, daß die D arlegung in seinem Rahmen aus objektiven G ründen keine V ollständigkeit anstreben kann und manche Lücken zeigen wird.

Das Problem der stilistischen Differenzierung des deutschen Wortschatzes

Die allgem eine Charakteristik des Problems.— Die Idee der K lassifikation von E. Riesel.— Die Gliederung des deutschen W ortschatzesnach J. Scharnhorst.

Für die stilistische C harakteristik des gesam ten deutschen W ortschatzes braucht man neben dem Begriff „S tilfä r­bung“ noch 'einen Begriff — „die f u n k t i o n a l e F ä r b u n g “ d e s W o r t e s . Funktionale Färbungen sind für besondere Gruppen von W örtern charakteristisch: bestim m te W örter können eine zeitliche M arkierung haben, d.h. als „neu“ oder „veralte t“ gelten; ferner gibt es W örter, die eine regionale M arkierung tragen usw.So stellt der deutsche W ortschatz im allgem einen ein bun-

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tes Bild dar: in seinem Rahmen existieren einerseits G ruppierungen von W örtern, d ie verschiedenartig emotio­nal (expressiv) ЗШ еш ш ес! . sffid, an d ere rse its" lexische 'G ruppen mit funktionalen F ärbungen , d.h. mit_bestimmten G ebrauchsbeschränkungen. D araus e rg ibr~%fcfi für die linguistische Forschung ein w ichtiger G egenständ — das Problem der_stilistischen DiLferenzLeumg des W ortschatzes.U ПГёг"“fferucksfcfitigung der beiden genannten Differen­zierungslinien entwerfen die Stilforscher verschiedene M uster für di.e K lassifikation des deutschen W ortschatzes.

. Zwei von ihnen sind in der heutigen deutschen Stilistik besonders gut bekannt.E. Riesel versuchte in ihrer Stilistik, den gesam ten Wort- schätz in zwei Teile zu gliedern: den ,,funktional-stilistisch^ undifferenzierten“ und den „funk tion^stiK Snsch^dilÖfgreo- zierter?* TeTTdes W ortschatzes TSTV'ST65]. Der erste Teil

. sollte durch die M erkmale („Allgem eingebräuchlichkeit“ und „stilistische N eu tra litä t“ gStTOTr/SlcfTTTEt demzweiten Teil dagegen sollten die M erkmale^ „ n ic h ta llg e - meingebräuchlichV und „nicht stilistisch n e u fr lT —Ztf-

'kom m en.U nter dem ersten Teil verstand E. Riesel den sogenannten K ernw ortschatz — das sprachliche Fundam ent in allen Funktionalstilen. Die W örter des zweiten Teils sollten als funktionalstilistisch begrenzt aufgefaßt werden. „Sie kön- * nen in einem Stil wenig oder gar nicht, in einem anderen hingegen viel gebraucht werden oder sogar für ihn typisch sein...“ [51, S. 67]Diese Idee der E inteilung schien in ihrer theoretischen A uffassung sehr produktiv zu sein, aber in der P raxis w ar

1 sie nur teilweise realisierbar. Die U rsache aller Schwie­rigkeiten mußte m an n ich t.in der Idee, sondern im W ort­schatz selbst suchen: seine beiden Teile „sind in ständigem F luß“, betont E. Riesel. O ie-W örter des einen Teils gehen in den anderen -über, der C harakter ihrer funktionalen V erw endung unterliegt ständigen Änderungen und Beein­flussungen.E tw as später unternim m t J. Scharnhorst seinen Versuch, die stilistische D ifferenzierung des deutschen W ortschatzes mit einem klar übersichtlichen Schema zu erfassen [56]. Er geht von der V orstellung aus, daß der gesam te W ort­schatz unter d r e i A s p e k t e n zu betrach ten 'ist: unter

Jlen rem otionalen , dem funktionalen und dem funktional-

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.stilistischen Д^реИ D e m e n t s p r e c h e n d werden nach seiner T O assifikationm eErere W prtschichten ausgegliedert. U nter dem em otionalen Aspekt sindjLUJiniersphei.den: .I. W örter . m it a l l g e m e i n e m o t i o n a l e r S tilfär­bung. Dazu gehören alle diejenigen Ausdrüc'ksschattie- rungen, die die Skala, der norm ativen S tilfärbungen bil­den. G erade die norm ative S tilfärbung w ird bei J. S ch arn ­horst 'a ls „allgem einem otionale S tiltä rbung“ bezeichnet.II. W örter mit s p e z i e 11 e m о t i о n а 1e r S tilfär­bung. U nter dem- Terminus „speziell-em otional“ werden alle expressiven Schattierungen vereinigt*, die zur allge- m em em otionalen S tilfärbung h inzutreten können. Sie be­deuten, wie es schon früher betont wurde, zusätzliche s ti­

lis tisc h e Tönungen, d ie 'sich w eniger bei isolierten W örtern und sehr stä rk im Kontext fühlen lassen. In der stilistischen C harakteristik des W ortes bilden sie seine expressiv-stili­stische Komponente.U nter dem funktionalenJtspekt lassen, sich abgrenzen:I. W örter m it f a c k L ic J h e r . Färbung. In ihrer G esam t­heit ex istieren sie^im W ortschatz als ..Fachtexik“ . Nach J. Scharnhorst gibt es so viele 'Ä rten tacfl'fldher S tilfärbüng wie es Fachgebiete gibt. W ichtig ist dabei folgendes: der G rad einer fachlichen F ärbung kann bei den W örtern verschieden sein; bei einem Teil der W örter tr i t t ihre fachliche Zugehörigkeit in geringem M aße auf, bei dem anderen dagegen sehr stark. Das erk lä rt sich aus der Be­schaffenheit des Fachw ortschatzes selbst: ejn Teil der Fachlexik steht den allgem eingebräuchlichen und allge­m einverständlichen W örtern sehr nahe, diese Fachw örter befinden sich an der Grenze des speziellen und des ge­wöhnlichen, funktional unbegrenzten Sprachgebrauchs; der andere Teil (spezielle Termini, spezialisierte Fachle­xik) ist vom A llgem einwortschatz entfernt und_ nur den V ertretern bestim m ter Fachgebiete zugänglich.“II. W örter m it z e i 1 1 i с h e r („chronologischer“ — W. Fieiscner und GT M ichel) Färbung. J. Scharnhorst unterscheidet hier drei Arten: neüe Färbung, charakte­ristisch für Nfeuwörter (Neologism en); alte F ärbung als M erkmal der A rchaism en; historische Färbung, den W ör­tern eigen, die yerscffi&tfene Realien (G egenstände, S itten und Bräuche) Vergangener historischer Epochen bezeich­nen. In der G egenw artssprache hat jede dieser Färbungen

* ihre unterschiedliche Geltung.

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TTT W n r te r r e g i o n a l e r Ц р.ГП ^П ^РГ) F 5rh l , t lC- D a z iL gehören F rsrheiniingen aus versrhierienery M undarten j ^ e r 'Ö jälekjeiT^TlTrTfehrauch ist hauptsächlich auf den Stil der 'A fH agsrede eingeschränkt, obwohl sie auch dem Stil der ' schönen L iteratur nicht ganz fremd sind.-Unter dem funktionalstilistischen Aspekt könnte man, wieE. Riesel vorgeschlägen hat, den gesam ten / deutschen W ortschatz in zwei große Bestandteile gliedern: den funktionalstilistisch undifferenzierten Teil und den funktio­nalstilistisch differenzierten Teil; Aber wie es schon gezeigt worden ist und wie J. Scharnhorst selbst-bem erkt, is.t eine solche E inteilung zur Zeit noch sehr problem atisch. Die E rforschung der S tilw erte des deutschen W ortschatzes unter diesem G esichtspunkt steh t e rs t am Anfang. Auch das System der Funktionalstile ist noch nicht endgültig festgelegt und in seinen Einzelheiten ausgearbeitet. Deshalb bildet der letzte Aspekt ein aktuelles Problem der gegenw ärtigen Stilistik, das der weiteren Forschung offen steht. Das oben angeführte Schema der stilistischen Cha­rakteristik des deutschen W ortschatzes ist in seinen G rund­zügen, nur mit w enigen A bänderungen, auch in den neue­sten Stilbüchern angenom m en [54, S. 60—63; 37, S. 69— 72].

Stilistische Potenzen der Synonymie

Allgem eines über die Synonym ie .— Die Quellenund' R egelungsfaktoren des synonym ischen Gebrauchs.— Die stilistischen Potenzen der Synonym ie .— Diekontextualen Synonym e.

Der Begriff „Synonymie“ („Synonym e“) ist in der sprach­w issenschaftlichen L itera tur noch nicht befriedigend geklärt. Es, entstehen dabei m anche strittige F ragen, z.B. der alte S tre it über die Existenz der sogenannten V o l l ­s t ä n d i g e n Synonyme in der Sprache. Viele Sprachfor­scher vertreten die M einung, daß es überhaupt keine voll­ständigen Synonyme gebe. Im Duden-Stilw örterbuch und besonders im Synonymwörterbuch w ird anhand zahlreicher sprachlicher Beispiele gezeigt, daß sogar sehr ähnliche W örter nicht in allen Fällen als Synonyme behandelt w er­den können [31; 32]: sie besitzen feine B edeutungsunter­schiede, die bei isolierten W örtern nicht auffällig sind, aber

im Kontext deutlich hervortreten. M an braucht zum Be­weis nur eine entwickelte s y n o n y m i s c h e R e i h e näher zu betrachten, z.B. die Abjektive ausgezeichnet — hervorragend — prächtig — vollkom m en usw. Isoliert ge­nommen, bedeuten sie alle den höchsten G rad einer E igen­schaft. Aber bei d iesem . gem einsam en Bedeutungskern bringen die einzelnen Glieder der Reihe verschiedene se­m antische V arianten oder Schattierungen zum Ausdruck. M it Recht schreiben W. Fleischer und G. Michel: „Die sy­nonymische Beziehung besteht streng genommen nicht zwischen W örtern, sondern zwischen...JBfideutungsvarian- ten. M an kann z.B. nicht ohne weiteres Zim m er oder Stube als Synonyme von Raum bezeichnen,“ [37, S. 73] Eben das charakterisiert die angeführten W örter: jedes W ort ver­körpert eine_ andere Bedeutungsvariante, weswegen sie nicht in jecTem Kontext einander ersetzen können: ein herrlicher Tag ist z.B. nicht dasselbe, was ein hervorragen­der Tag bedeutet; ein hervorragendes Ereignis kann nicht ein herrliches Ereignis heißen; eine ausgezeichnete Frau bedeutet auf keinen Fall eine prächtige Frau usw. Die Differenzen treten klar an den Tag, obwohl die gem einsame sem antische G rundlage aller W örter — „hoher Grad der positiven E inschätzung“— dieselbe bleibt, sie konstituiert gerade die synonymische Reihe. „Die Bestandteile einer solchen Synonymreihe... haben einen gleichen außersprach- lishen B ezugspunkt“, heißt es bei W. Fleischer und G. Michel [37, S. 74], Ein anderes Beispiel solcher Art ist die synonymische Reihe von Substantiven Betrübnis — Kum m er — S ch m erz— Gram. D. Faulseit hält schon die A nordnung selbst für bedeutsam : jedes W ort drückt im Vergleich zum vorgestellten „immer stärkeres Leidempfin­den“ aus [34, S. 17]. Betrübnis kann m an nach seiner Mei­nung über eine nicht sehr bedeutungsvolle A ngelegenheit empfinden. Kum m er dagegen sitzt tiefer und hat ernstere Ursachen. Schm erz (als „seelischer Schm erz“ verstanden) sitzt sehr tief, ihm liegt m eistens ein erschütterndes Ereignis zugrunde. Gram bedeutet einen starken Kummer, der lange dauern und zur völligen seelischen Erschöpfung führen kann. Also, wie m an sieht, geben die angeführten synonymischen Substantive ihren einheitlichen Bedeu­tungskern — „seelisches Leidempfinden“ — in seinen ver­schiedenen sem antischen Schattierungen wieder. Zahlreiche Beispiele der Bedeutungsunterschiede innerhalb

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der synonymischen Reihen liefert auch das W örterbuch von-H . Küpper [43]. Es handelt sich dabei um die Lexik

"Her U m gangssprache. Ein Beispiel dazu kann die syno­nymische Reihe von Verben sein, die sich auf den gem ein­sam en Bedeutungskern „schimpfen“ („j-n anschreien“ ) be­ziehen: j-n heftig ansprechen, j-n anblasen, anhusten, anpfeifen, anschnauzen, anwettern. Diese Verben tragen verschiedene B edeütungsschattierungen, jedes von ihnen konkretisiert die Art des Schimpfens, spezifiziert den allge­meinen Begriff, zerteilt den Bedcutungskern in mehrere sem antische M öglichkeiten. Aus vielen Beispielen dieses W örterbuchs ist einerseits die Tatsache ersichtlich, daß

JLa&t zu,- jedem G rundbegriff des Lebens neben den litera- tursprachficKen W örtern noch um gangssprachliche Syno­nyme Vorhänden sjnd. Die m eisten von ihnen .geben solche V arianten der betreffenden"Bedeüjtung, die konkreter und anschaulicher sind ' als ~ die “B edeutungen der literatur- sprachlichen W örter. A ndererseits überzeugen die Bei­spiele davon, daß auch in der U m gangssprache die syno­nymischen W örter nicht ohne D ifferenzierung gebraucht w erden können, weil sie unter sich sem antisch spezifiziert sind. Das soll noch ein Beispiel aus dem W örterbuch von Küpper veranschaulichen: zum literatursprachlichen Wort sehen existieren um gangssprachliche Synonyme gucken — „neutrales Blicken“ ; glotzen — „Blicken mit einfältigem G esichtsausdruck“; gaffen — „neugieriges Zusehen“ ; schie­len — „schräges Gucken“ usw.Auf der heutigen Entw icklungsstufe der deutschen Sprache vollzieht sich wie bekannt ein sehr aktiver Prozeß der A nnäherung zwischen der L iferätursprache (der Schrift­sprache) und der U m gangssprache (der Sprechsprache). Als Folge dieses Prozesses dringen in die L iteratursprache, hauptsächlich in die schöne 'L itera tu r und teilweise in die P resse und Publizistik, immer mehr Wörter, aus d e r 'U m ­gangsspräche ein, die den Bereich der synonymischen Ausdrucksm öglichkeiten der L iteratursprache erweitern. Für die Funktionalstile, die zur echten Sachprosa gehören, ist dieser Prozeß nicht charakteristisch, sie lassen solche Auflockerung nicht zu. Die Auflockerung besteht nicht nur in konkreteren Bedeutungen der um gangssprachlichen Synonyme, sondern auch in ihren stilistischen Schattie­rungen. Dieser Aspekt der D ifferenzierung innerhalb der Synonymrf überhaupt ist genauso w ichtig wie der Aspekt

ihrer sem antischen D ifferenzierung. Dies anerkennend, betrachten die Stilforscher die E rscheinung der Synonymie, ihre Kolle~fuF'die "Wortwahl des Textes yon zwei S e ite n ^ ^ von den S c h a t t i e r u n g e n d e r Be. (Le uJTu n gf und den S c h a t t i e r u n g e n d e r S t i i f ä r b u n g . D arin sieht z.B. D. Faulseit das Wesen der Synonyme': sie sind „verschiedene sprachliche Form ulierungen eines einheit­lichen G rundgedankens“, geben ihn aber „in verschiedenen Schattierungen der Bedeutung und der S tilfärbung“ wider [34, S. 17— 18]. W enn m an sich unter diesen beiden Ge­sichtspunkten den schon oben behandelten Beispielen noch einm al zuwendet, kann folgendes festgestellt werden: bei den Synonymen Leid — Schm erz — Kum m er — Gram — Betrübnis bedeutet z.B. Gram neben einer anderen Be­deutungsschattierung noch eine gehobenerer'gew ähltere S tilfärbung im Vergleich zu Schm erz; Kum m er ist dage­gen um gangssprachlich gefärbt. U nter den Synonymen zum Begriff „schim pfen“ („j-n anschreien“) sind an­schnauzen und änw etlern Grobwörter, w ährend anpfeifen, anhusten durch die S tilfärbung „salopp“ gekennzeichnet sind. Andere Beispiele: fressen ist eine grobgefärhte V ari­an te zum norm alsprachlichen essen, saufen — salopp zu trinken, verrecken — grob zu sterben, sich vermählen — gehoben (gewählt-offiziell) zu heiraten usw.Eine reiche Quelle der E rw eiterung des synonymischen Bereichs sind Frem dwörter. Sie erscheinen zunächst als zulässige E rsetzung entsprechender deutscher W örter, z.B.: F a k tu m — Tatsache, Energie — Tatkraft, Resüm ee — Zusam m enfassung, formieren — bilden, R esu lta t — Ergeb­nis, ignorieren — außerachtlassen, dominieren — vorherr­schen usw. D ann bestehen im sprachlichen Gebrauch solche Frem dw örter, die im Vergleich zu ihren deutschen Entsprechungen verschiedene inhaltliche und stilistische Nuancen besitzen, d.h. abwertend, gehoben, offiziell, iro­nisch usw. w irken können. Im Buch von K. H eller [41], das speziell dem Problem des Frem dw ortes in der deutschen G egenw artssprache gewidmet ist, w erden Frem dw örter angeführt, die stets oder gelegentlich einen negativen s ti­listischen W ert haben, z.B.: Aggressor, Gangster, Phili­ster, philisterhaft, denunzieren, Asphaltpresse, Visage u.a. D agegen gehören andere Frem dw örter ausschließlich zur gehobenen Lexik, z.B.: Souper („Abendm ahlzeit“), soupie­ren („zu Abend speisen“), Vestibül (V orraum “ ), A udienz

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(„Em pfang“ ), debütieren, Debüt, D ebütant und viele ande­re. Im Kontext können die Frem dw örter solche Schattierun­gen der S tilfärbüng erhalten, die ihnen ungewöhnlich sind, aber vom Autor beabsichtigt werden. Das ist z.B. aus fol­genden Kontexten ersichtlich:

„Sie dirigierten, in trig ierten , denunzierten aus G eldgier und H errschsucht...“ [41]; „...eine spezielle am erikanisch­bürgerliche O perette in m oderner, ja modischer M achart.“ (Ebenda.)

Die Frem dw örter stehen manchmal neben den synonym i­schen deutschen W örtern innerhalb der sogenannten sy - f f ^ |i j m r s c h 'e n W ie d er h o l u n g zum Zweck einer besonderen"jVer stärkung oder N uancierung des betreTferi- de^JUÖialtsT Solche A rt der synonymischen W iederholung erscheint im Kontext „als expressive, affektisch ■ betonte sprachliche Ä ußerung“ [37, S. 75]; vgl. z.B.:

„Sofort w aren die kraftvollen, energischen Leipzigerwieder da.“ (Reportage über ein Fußballspiel.)„Die alte Dichtform, abgew andelt und m odifiziert, istzum neuen Leben erweckt worden.“ [41]

Die Sprache erfindet in ihrem E ntw icklungsgang noch spezielle M ittel, die zur E rw eiterung ihrer synonymischen Äüsdrucksm ögli ch kei teri dienen M rinen. E ines dieser'W ittel; sind S t r e c k f o r m e n (nmninajp Fügungen) — Äquiva­lente der einfachen Verben^ (inhaltlich,~ äoer keinesfalls stflTstiscK "afö ivä ten t): einen Beschluß fa s s e n — beschlte-. IBen; unier Bew eis stellen — beweisen; zu r D urchführung b r in g ^ ff^ d u fc h jü ffr e ti f Kohfrolte ' düsüben — kontrollie­ren ; in E rw ägung ziehen — erwägen; in W egfall kom ­men — wegfallen u.a.Die StrecÖorm&n als Synonyme gebräuchlicher Verben sind für deq A JiU gsstil nicht charakteristisch. Sie finden ihre'W rw ejndung hauptsächlich in jie r Sachprosa, weil sie einerseits oft e ine l offiziell-gehobene "Stilfärbüng besitzen und andererseits , der VerdeutTichuh^tlt^Trerrl^te deutschen Stilforscher (G. M öller, D. Faulseit, ‘E‘. Koelwel u.a.) sind der M einung, daß nom inale Fügungen solchen Typs wie unter Beweis stellen, zur D urchführung bringen usw. als schablonenhafte Ausdrücke em pfunden werden. Die einfa-

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chen Verben beweisen und durchführen als ihre Synonyme würden in den meisten Fällen genügen. Doch darf m an diese Ansicht nicht verallgem einern: ihr GebraucHTwie der Gebrauch von Synonymen überhaupt, bezweckt bestimmte inhaltliche und besonders stilistische W irkungen, es muß erwogen werden, wo und w arum das einfache УёгЬ oder die nominale Fügung (die Streckform) angem essener ist. Neben den drei besprochenen Bereicherungsm öglichkeiten der Synonymie existieren auch andere Wege ihrer s tänd i­gen Erw eiterung. Aber die D ifferenzierung nach zwei Seiten — nach dem Inhalt (Sem antik) und nach dem sti­listischen W ert — hat ihre G eltung für alle Fälle. Solche differenzierte A usnutzung der Synonymie spielt eine sehr große Rolle in der T extgestaltung. Die Bevorzugung die- ser ober jener A usdrucksvariante, iHre Auswahl aus dem synonymischen Bereich der Sprache liegt nicht nur am Geschmack des V erfassers (des Sprechers). Entscheidend sind gerade die inhaltliche Spezifik des Synonyms und seine stilistische M arkierung. Es werden die V arianten der Bedeutung und der S tilfärbung bevorzugt, die dem Funktionalst^, dem Thema und der''gesam ten Stilatm os- phäre des Textes am b es te n . entsprechen. D arin besteht die objektive Linie des synonymischen G ebrauchsr Seine subjektive Seite ist dam it verbunden; daß der V erfasser (der Sprecher) bei der Auswahl der Synonyme von der Absicht geleitet wird, auch seine persönliche E instellung, sein persönliches V erhalten zii dem, was (oder wen) er schildert, fühlbar öder ganz deutlich, zu machen. Die synonymische G rundlage ist somit die S tütze der stilisti­schen Seite des Textes. Nicht zufällig meinen einige S til­forscher, darunter auch G. Michel, daß m an den Stil eines Schriftstellers und eines Textes nur auf dem H intergrund der in ihm vorhandenen synonymischen V ariabilitä t be­trachten und ausw erten kann [45, S. 17].Die Synonyme gehen als m annigfaltige Schattierungen in die Textbeschreibung ein, sie erm öglichen dadurch die V ariierung der Gesichtspunkte, unter denen ein Sachver­halt vom V erfasser betrachtet wird. Das heißt: der V er­fasser kann mit ihrer Hilfe verschiedene Seiten des Ge­genstandes und verschiedene Arten seines V erhaltens angeben und. speziell betonen. E. Riesel und'ET Schendels schreiben über die A usdruckspotenzen der Synonymie folgendes: die bedachte V erw endung aller synonymischen

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Schattierungen hilft vor allem, den Ideengehalt klar, deutlich und überzeugend zu gestalten. Außerdem dient sie auch zum Ausdruck der persönlichen und oft der poli­tisch-ideologischen E instellung des Autors [54, S. 55].Zu einer besonderen stilistischen Leistung der Synonyme gehört es, daß durch ihre treffende V erw endung sogar eine K ontrastw irkung erzielt werden kann, was ihrem Wesen als sprachlicher E rscheinung eigentlich w ider­spricht:

„M an bringt ihn in einen Raum. Nicht in ein Zim m er, in einen 'RaumV* [37]„E r le,bt nicht mehr, er existiert nur noch.“ [37]

Wie in jeder anderen Sprache, gibt es auch im Deutschen einen weit entwickelten Bereich der kontextualen Syno­nymie. Als k o n t e x i u a l e S у п о п у ,щ.&. können Wör­ter gelten,''die . nicht einmal them atisch verw andt.sind : im Textzusam m enhang weriden sie auf denselben G egenstand der Rede bezogen und beginnen auf. solche Weise als Synonyme zu wirken. Es handelt sich also nur um die Synonymie der Verwendung. E. Riesel und E. Schendels sehen in der kontextualen Synonymie die „A ustauschbar­keit lexikalischer Einheiten im Kontext“ [54, S. 58].Die stilistischen Funktionen der kontextualen Synonyme sind fast unbegrenzt: einm al dienen sie der V ariation des Ausdrucks, bewahren ihn vor E intönigkeit; zum ande­ren tragen sie zusätzliche Inform ation, sei es eine objek­tive Feststellung, eine .Präzisierüng^tTes G esagten oder eine subjektive Bew ertung (ein em otionales Verhalten usw .). M it dieser letzten Leistung ist der Ausdruck einer bestim m ten Stellungnahm e, eines bestimm ten persönli­chen V erhaltens zum G egenstand der Rede verbunden. Ein interessantes Beispiel soll das veranschaulichen:

„Vom Knick der S traße kommt plötzlich Gesang: „..Die S traße frei den braunen B ataillionen!— Die S traße frei dem S turm abteilungsm ann!...1 Sie singen nicht, sie brüllen“ (Jan Petersen, Unsere S traße.) [35]

Die verhaßten SA-Leute singen ihr Lied. Es wird ver­deutlicht, wie wenig ihr G esang — Brüllen — mit norma-

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lern Singen zu tun hat: er erinnert eher an eine gellende Provokation. Die W ahl des Verbs brüllen a ls köntextua- len Synonyms zu singen erfüllt hier zwei Aufgaben: in­haltlich unterstreicht sie den C harakter, die ■ Art des Benehmens und H andelns; stilistisch m acht sie die Posi­tion des Antors deutlich.Die kontextualen Synonyme sind ein wesentliches Kenn­zeichen der schönen L iteratur. Im offiziellen Stil und in der w issenschaftlichen P rosa können sie keine breite Ver-

jw endung finden, sie werden 'n u r ab und zu zum Zweck der P räzisierung herangezogen, weil in diesen Stilen der E rsatz eines speziellen Begriffs oder einer speziellen Bezeichnung durch synonymische Begriffe und Bezeich­nungen nur in sehr beschränkten Grenzen zu lässig ist. ,

Die stilistische A usnutzung der funktional beschränkten Lexik

Gruppen der funktionalen Lexik .— Fachwörter.— Jargon- und Grobwörter.— M undartw örter.—Frem dwörter.— Neologism en und Archaismen.

Die im vorhergehenden Kapitel behandelten Gruppen von W örtern und unterschiedlichen funktionalen. Färbungen (beruflichen, räum lichen, zeitlichen u s w j beziehen sich auf den A llgem einwortschatz der deutschen Sprache als ihre Sonderw ortschätze oder besondere Iexische Schichten. D erartige Schichtung charakterisiert jede entwickelte N ationalsprache, weil sie der vielseitigen Kommunikation der entsprechenden Sprachgem einschaft gerecht werden muß. Die norm alisierte Form der N ationalsprache en t­spricht der im gesam ten Sprachraum aktivierten Schrift­sprache oder „S tandardsprache“ , ihre G eltung überw indet jede Schranke und setzt die allgem eine V erständigung voraus. Dem W ortschatz der St

Sprachgem einschaft in der sprachlichen Kommunikation gebraucht und verstanden werden. D agegen ‘gehören zu den besonderen lexischen Schichten W örter, die in ihrem,*, Gebrauch auf bestim m te Sachbereiche, soziale S c h ic h te n Territorien u. a. beschränkt sind. M an faßt sie unter denP1 Begriff „funktional .beschränkte Lexik“ zusamm en u n d !1

gerade W örter zugrunde, die von

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betrachtet sie als ein spezielles Problem der Stilistik. Davon zeugen die meisten m odernen Werke über die S ti­listik К

Fachwörter (Professionalism en)

Der gesellschaftliche Fortschritt führt zur steigenden V er­w endung verschiedener Fachw örter im B ereich .der. m en­schlichen Kommunikation. Die Funktionalstile der Sach- prosa ä i.n d an solchen W örtern besonders reich, weil sie in überwiegender M ehrheit zu ihrer Fachlexik (Term ino­logie) gehören. In den (ibrigen Funktionalstilen (der A lltagsrede und der schönen L iteratur) w ird die Verwen­dung der Fachw örter durch aridere Faktoren bedingt, obwohl sie auch hier „eine, unum gängliche T atsache“ ist [35, S. 40]. Die U rsachen sind darin zu suchen, daß die Themen der Arbeit, der ~Berufsinter essen den G esprächs­stoff vieler alltäglicher K om niunikaüonssituationen bil­den und dadurch auch in 4 e ^ JV e rk e |k (der schönen Lite­ra tu r einen breiten Raum Bea^nspfb'cfteri. Aber neben den dienstlichen sind persönliche Interessen der M enschen gewöhnlich genauso mit bestim m ten Fachgebieten ver­b u n d en — mit Sport, Technik, Musik, Rundfunk usw., w as für die C harakteristik der F iguren in literarischen_Texten sehr w ichtig sein kann.W ährend Fachw örter in der Sachprosa „zu H ause“ sind und ein wesentliches M erkmal ihrer T extgestaltung bil­den, kommen ihnen in den Texten der schönen L iteratur andere Aufgaben zu: als funktional-beschränkte Lexik können sie m it stilistischem Effekt verw endet werden. Ihre w ichtigste stilistische Funktion besteht darin , daß sie ein vom Inhalt vorausbestim m tes f a c h l i c h e s K o ­l o r i t angeben. Der V erfasser eines literarischen W er­kes braucht irgendeine Tätigkeit oder Berufssphäre nicht präzisb, d. h. konkret-sachlich darzustellen. Eine solche

1 Арнольд И. В., например, говоря об использовании «функци­онально окрашенной лексики» в художественной литературе, под­черкивает, что писатели «пользуются специальной лексикой для бо­лее точного описания окружающей героев действительности», «в ре­чевых характеристиках и портретах персонажей», а такж е и для

1>ма специфических функций в контексте. Они как раз и вырастают взаимодействия с контекстом разных типов функционально окра­

шенной лексики (терминологических, просторечных, диалектных и проч. слов) (Арнольд И. В . Циг. соч., с. 95—96).

3 Т. с. Глушак * 65

D arstellung würde vorn Leser entsprechende Fachkennt- njsse, ^erlangen und dadurch seine Aufnahme des Inhalts. ßelnnäerhV 'abgesehen davon, daß sie ihm als langw eilig erscheinen wird. D agegen kann die V erw endung . hur einiger Fachw örter der V erständlichkeit nicht im Wege stehen und zugleich das notw endige Fachkolorit erzeugen. Dabei können in den Text z.B. eines Romans sogar spe-* zielle, wenig gebräuchliche Fachw örter — Termini — eih- geführt werden. Der Autor kann dam it beabsichtigen, 'den Leser die A tm osphäre einer spezifischen Tätigkeit stark fühlen zu lassen. In teressan te Beispiele en thalten in die­ser H insicht m anche ^ßrke.-.yon Th. M ann, worauf, die deutschen StilTorscher verweisen. In einigen von ihpen^ fallen viele Termini aus denj Bereich“ der^ M usik, des' m usikalischen Schaffehs^Xz.BT in den Romanen „B udden­brooks“,. „Doktor F austus“ u!a.) auf. Der Schriftsteller wendet sich dem Thema der M usik immer aufs neue zu, es dient ihn\-4ftzu- d ie-C harakterzüge und In teressen eini- ger Rom anfiguren aufzuschließen. Diese Term ini erfüllen bestim m te ЗШ Ш зсЬе’РйпкТюпеп: erstens~get>en sie das Kolorit einer bestim m ten A tm osphäre — der Musik, der K unstverehrung — deutlich“ an, zweitens chehen sie der

■Personencharakterisierung. Das zeigt folgender Text­auszug:

„W as ist das für ein theatralischer Schluß, Johann! Das paßt ja gar nicht zum übrigen! Zu A nfang ist alles ganz ordentlich, aber wie verfällst du hier plötzlich aus H-Dur in den Q uart-Sext-Akkord der vierten S tu fe m it erniedrigter Terz, möchte ich w issen? Das sind Possen . Und du trem ollierst ihn auch noch...“ (Th. M ann, Buddenbrooks.) ^35]

Die A nhäufung von m usikalischen Termini d ient hier der C harakteristik von Hanno Buddenbrook: der achtjäh­rige Knabe wird mit ernsten fachlichen Anweisungen belehrt, aber er zeigt sich vor diesen spezifischen Fach­w örtern nicht verständnislos und nim m t das Urteil des Lehrers sehr genau auf.

erfüllt weiter w ichtige Funktionen bei der Schaffung eines TS prachporträts. Das Sprachpörträt ist die C harakterisierung einer F igur durch ihre Spra£Ü&. (ihre~Sprechweise, W ortausw ahl usw .). Die Sprache der

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Figur wird zum Spiegel ihrer inneren Welt: sie e rlau b t-, cterr' Einblick ir i lb re Gedanken, Gefühle, Stimmrungen;"' Ih leresseh, in Ihren C harakter usw. Die berufliche Cha­rakteristik der Person kann im S prachportra t eine wic‘h: tige Rolle spielen. A usdrucksstark sind in diesem Sinne die sogerratffiten Berufsjargonism en, Durch ihre V erw en­dung werden verschiedene stilistische Schattierungen erzielt: die. Person kann positiv, ironisch, negativ charak- tArU i ^ ^ ^d!fefr"*Wenn der'A u to r z.B. eine von ihm dar-

’gesTeme Person fachsimpeln läßt, macht er sie lächerlich: mit Ihrem Fachsim peln beginnt sie den anderen auf die

:1^ёгуей z\TfaTiien, und beim Leser werden entsprechend negative. Gefühle hervorgerufen, ein spöttisches joder

. ironisches V erhalten mit böser oder gutm ütiger Schattie­rung. E in Beispiel solchen harm losen Fachsim pelns lie­fert der Roman „Die V äter“ von W. Bredel [35, S. 38]. Fritz, der jüngste Hardekopf, hat sich die „Fußballer­sprache“ angeeignet und bedenkt nicht dabei, daß ihre speziellen Bezeichnungen und Ausdrücke nicht allen zugänglich sind, daß sie beim G esprächspartner irgend­welche Sachkenntnisse voraussetzen. Er überschüttet sei­ne M utter mit diesen Ausdrücken:

„Frau Hardekopf konnte s ic h .. .dam it nicht befreun­den. Fußball fand sie gräßlich roh. Und dann diese unverständlichen Ausdrücke. ,Modder, datt sitt w ie’n Goal von Adje. Ist ja pyram idalГ — ,Also — was sitzt? W as hast du da eben gesagt? Wie sitzt das?* — ,Wie *n Goal von Adje!i — Frau Hardekopf meinte, ihr Junge spreche Chinesisch. ,Also — was ist ’n Goal?* — ,Das ist ’n Tor beim Fußballspiel.1 — ,Also, w as das ist, weiß ich auch nicht — ,und wer ist A dje?1 — ,Ach, M odder, du weißt aber auch gar nichts. Das ist doch Adolf Jäg er von „Altona 93“ .1—, Von Altona 93? Wo

. ist das?1—»Aber das ist doch der berühm te Fußballver­ein. Deutscher M eister1. Ja , F rau Hardekopf w ar sehr unw issend.“

D. Faulseit und G. Kühn w arnen jvo r einem unnötigen G ebrauch der Fachwörter: „Ihr E insatz m uiLsinnvoll, sach- und zweckdienlich sein; er muß stilistiscjh gerecht­

fe r t ig t sein, sei es, daß die Fachw örter als them atische Stüfzbegriffe dienen, sei es, daß sie die A ussage konkre-

frisieren, sei es, daß sie Kolorit erzeugen, oder sej es, daß sie im Dienste der Personencharakterisierung verwendet w erden.“ [35, S. 39]

Jargon- und Gröbwörter (Jargonism en und Vulgarism en)

Innerhalb jeder entwickelten. N ationalsprache existieren immer verschiedene. Jargons. U nter Jargon versteht man

tiL S M ache, sondeTn'^ßO^ldere Sprech­weise, die für einen bestimm ten Kreis yqil M enschenTyplsch lstT М а п 'и Ь Т ё г е с Ш О е Г " acW cly sozYafe J a r - göns tiifd Jargons als* besönderejffirofessionelle Lexiken. zTB. die der Studenten. SoldatenJ^edizLne.r^ 5porileL.u.a. In der Gesellschaft ^existieren mich Gruppen von Men­schen, die "durch " eine" ge me i ns amej )n i ent fiofessionel 1 e BeschäftigungLlK ariensp ю ТТ^Ш оТЖ ^ ггцпёп-geführt werden, sie besitzen auch ihre Jargons. Es. gibt weTtbr' spezielle .Jargons der^sögerfahnteh.if)deklassierten Elemente.; "(Diebe, Verbrecher, u.m). ' Ше Eigenart jedes J äf gonTTeigt -sich in seineF lexisehen-Sfeite, weshalb' sie auch Lexiken heißen. r ’ : . ‘pTS^fargtmwW?e r ^ d jargohhafte Ausdrücke übernehmen in "literäfTfecheS Texten wichtige stilistische Fünktiöiien. Wi<T chWTesTgesf IUw^an der ,S c ^ a 'f . f u n g e i n e s 1 S p .r a c h о о r t r ä t_s beteiligt. Dieselbe Aufgabe, können die* sozialen Jargons erfüllen: auch sie werden sehr oft zur^ßpracheharakteri- sierung eingesetzt, um die entsprechende soziale Schicht eindeutig zu . m arkieren. W. Fleischer und G. Michel schreiben ih ihrer Stilistik, daß die- ■Verwendtm g der Jargon ism en im Sprachporträ t ein beliebtes M ittel der sch ö n en -L ite ra tu r ist. Die jo z la le n Ja rg o n s schaffen aber vor allem ein bestimm tes' .soziales KoIoriL Ein klassisches Beispiel eines..sojchenl.. Ja rg o n s 'St'Mlf die Sprache des russischen Adels ip ’den W erken der.schönen L iteratur dar: er bedient sich vieler französischer .Wörter und Ausdrücke, das Französisch dient überhaupt _ a ls ’ Symbol seiner Klasse.An die Jargonw örter grenzen die sogenannten V ulgaris­men oder Grobwörter (auch Schim pfw örter). S ie-liegen aufvder niedrigsten Stufe der gesenkten Lexik und haben ihre t Anzieh Sto’gskrdft : nur für bestim m te .Formen der Uhfganssprrfche.' Die schöne L iteratur ^bedient sich des

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groben W ortes vor allem im Sprachportrat. Dadurch m acht der V erfasser die Grobheit der betreffenden F igur sichtbar. '.A nders gesagt,' dient, solcher. Gebrauch von Grobwörtern, hauptsächlich em er_ negativen. Charak teri­sierung. In der Sprache deä Autors selbst erscheinen die Ckobwörter a ls Ausdruck, seines persönlichen V erhaltens:

„Seht sie euch an, die kalten Fressen!Sie sollen unvergessen sein!Wir Deutsche liebten zu vergessen.Das sei vorbei! P rä g t sie euch ein!“(E. W einert, SS schafft O rdnuijg.) [35]

Der Dichter verw endet nicht das neutrale W ort Gesicht, sondern das grobe W ort F f esse. Seine W ahl ist vom H aß gegen die. Faschisten diktiert. Das W ort Fressen soll im Leser die vom V erfasser -beabsichtigte V orstellung wecken, also dieselben Gefühle hervorrufen, die er selbst gegenüber dem Feind em pfindet. M ao kann diesen Fall verallgem ei­nern und folgendes Prinzip form ulieren: d i e s t i l i s t i ­

s c h e F u n k t i p , n d e r G r . o b W ö r t e r b e s t e h t ' u i d e r E r z e u g u n g - g e f ü h l s m ä ß i g e r A b n e i ­g u n g g e g e n e i n e n e g a t i v e i n z u s c h ä t z e n ­d e P e r s o n o d e r S i t u a t i o n , .Das grobe W ort ist nach .der .E inschätzung 'der Stilforscher ,cin kräftiges Stijm ittei. Es kommt deshalb nicht darauf an, defr,Leser, m it einer Fülle solcher W örter zu beeindrucken: das w äre in einem literarischen Text überflüssig. Ein oder zwei gutgew ahlte G robwörter genügen, üm der betreffen­den Textstelle „den Stempel der Grobheit aufzudrücken“ [35, S. 52]. Davon zeugt gerade die obenangeführte S trophe E. W einerts.

Mundaf-twörter (D ialektism en)* ' 4 *

Dialektism en sind te rr ito r ia l begrenzte .Wörter: sie sind ; nicht im gesam ten deutschen §prachraum geläufig, son­dern^ w erden -mir Von den Sprach trägern eines konkreten Undscfräftlichen 'Bezirks gebraucht. Im deutschen Sprach- raum existieren bedeutende di-afektale Unterschiede, die w eniger in der grammatischen-Sfeite' nod .stärker im ,W ort­schatz zum Vorschein kommen. .Die Stilforscher m üssen in ihreivW erken dem noch sehr lebendigen m undartlichen

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W ortschatz Rechnung tragen, wenn sie eine überzeugende/ d.h. eine ausdrucksvolle Schilderung anstreben.Die V erw endung der M undartw örter ist nur für zwei Funktionalstile charakteristisch: für die A lltagsrede und für die schöne L iteratur. Der A lltagsrede verleihen sie nach E. Riesel „das natürliche Kolorit“ , d.h. sie betonen und bestimmen die landschaftliche Spezifik der Kommunika­tion.Im Funktionalstil der schönen L iteratur können die M und­artw örter verschiedene stilistische Dienste leisten. Die w ichtigste ihrer Funktionen w ird 'von den Stilforschern so bestimmt: d i e M u n d a r t w ö r t e r d i e n e n e i n e r a n s c h a u l i c h e n Z e i c h n u n g des l o k a l e n K o l o r i t s [54, S. 73]. Folgende Textauszüge können das veranschaulichen:

„Obwohl er gar keine Lust m ehr hatte...nahm er doch wieder einen Apfel, aß ihn hastig auf und w arf den G rützen [ = K erngehäuse des Apfels] in den G arten.“ (A. Seghers, Das siebte Kreuz.)„Unm erklich w aren die Buben von ihrem Grasplacken [ = Grasflecken] weg auf den Sand dicht um Georg herum gerückt...“ (Ebenda.) [35] *

Die speziell verw endeten M undartw örter Placken und Grützen lassen sofort die rhein-fränkische Gegend als O rt der H andlung erkennen.D. Faulseit und G. Kühn meinen, daß die Verwendung einzelner W örter und W endungen des D ialekts sehr w irk­sam sein kann, wenn sie einer bestim m ten stilistischen. Funktion untergeordnet ist; funktionslos eingesetzt, könn­ten sie dagegen Frem dkörper im Text" sein [23, S. 54]. In den oben angeführten Beispielen sind die D ialektism en keine Frem dkörper in der Textgestaltung, ftie stehen im D ienst einer knappen und realistischen Darstellunggwgige. Die Knappheit des Ausdrucks ist dem them atischen Wesen der geschilderten S ituation sehr g u t angepaßt, g ine andere stilistische Funktion der M undartw örter in literarischen Texten ist. ihre V erw endung zur D a r s t e l ­l u n g e i n e s _S.p r a c h p o r t r ä . t s . Bekannt ist der Gebrauch von Dialektismen zur C harakterisierung lite ra­rischem Figuren, zur G estaltung der F igurenrede [37, S. 96]. D ie E inführung der M undartw örter in die Sprache einer

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Figiir kann verschiedenes betonen: die territogale-H erkunft, den sozialen Stand, das B ildungsniveau u.a. W enn der Held oder die Heldin^einfache M enschen aus den niederen Schichten sind, sprechen sie in der Regel kein Hochdeutsch, sondern die U m gangssprache, verm ischt mit der en tspre­chendem M undart. Dadurch kann in bestim m ten Fällen ein flötwendiger sozialer K ontrast erzielt werden. Ein in teressantes Beispiel solcher A rt en thält der Roman „Buddenbrooks“ . Th. M ann zeigt eine zufällige Begegnung der V ertreter zweier sozialer S tände der dam aligen deut­schen G esellschaft: des K leinbürgers Rerm aneder aus M ünchen und der hochangesehenen großkaufm ännischen Fam ilie Buddenbrook aus N orddeutschland. Der Klein­bürger ist e in jfe is tig beschränkter. wenig_^ehildet.erjMann, der sich in solcher G esellschaft wie Buddenbrooks ntcht einm al n ^ i ^ b e nehmen kann.Die Angetfortger^der Fam ilie "Buddenbrook halten dagegen sehr auf die Etikette, sind gut erzogen und gebildet. Das alles wird durch den Sprachunterschied zum Ausdruck gebracht: Perm aneder spricht nur seine M undart — das Bayrisch, w ährend die Buddenbrooks es fast nicht verste­hen, weil sie an das Hochdeutsch gewöhnt sind. Der sprachliche K ontrast dient eigentlich zur V erdeutlichung, sogar H ervorhebung des tiefer w urzelnden sozialen Kon­trastes. Wie W. Fleischer und G. Michel schreiben, handelt es sich in diesem und anderen ähnlichen Fällen um eine „durchgehend dialektale G estaltung der F igurenrede“ [37, S. 97], weswegen der K ontrast besonders s ta rk /h e r­vortritt.Beim Gebrauch der M ündartw örter in literarischen Texten Können noch verschiedenartige g jx s ä t z 1 i c h e S c h a t- t i e r u n g e n erzielt werden: Humor, Ironie u.a. Das hang t von der Absicht des Autors ab, von seinem persön­lichen V erhalten zum betreffenden Sachverhalt. So charak­terisiert Th. M ann seinen K leinbürger mit unversteckter Ironie, wodurch auch der Leser in ^seiner Em pfindung beeinflußt wird.

Fremdwörter

Die Übernahm e der W örter aus einer Sprache in die andere, ist, wie bekannt, ein natürlicher unaufhörlicher Prozeß'. Viele übernommene Frem dw örter haben sich dem deutschen

Sprachsystem völlig angepaßt, im Gebrauch sind sie von den echt deutschen W örtern kaum zu unterscheiden*. Aber es gibt immer solche Frem dwörter, die in der Ü bergängs- zone verbleiben — zwischen dem echten Frem dw ort und dem echten deutschen Wort. Ihre V erw endung muß deshalb mehr oder w eniger den C harakter des Auffälligen Jiaben. G erade sie können fiir die S tilistik von Interesse sein.In den F u n k tio n a ls te n der Sachprosa sind die Frem dw ör­ter sehr verbreitet: die meisten von ihnen existieren als unersetzbare Bezeichnungen für spezielle Begriffe, z.B. im Stil der P resse und Publizistik als gesellschaftlich-politi­sche Termini (Internationalism en) usw. So hat K. Heller festgestellt, daß ungefähr. jed.es.-dtitte Frem dw ort,-das..in der deutschen G egenw artssprache verw endet wird, zu den Internationalism en gehört [41, S. 37 ff.]. Ihr Gebrauch in den genannten Stilen bildet kein stilistisches Problem. Die Ä lftagsrede dagegen verw endet vorwiegend solche Fremd-, worter, die^ einfach und verständlich sind u n d als E n t l e h-' nungen . nicht m ehr empfunden w erden (A rm ee^B alkon,

_ G arage, Delegation u.a.). Ein spezielles Problem der Sti- listik w urzelt in der V erw endung der Frem dw örter im fStil der schönen Literatur^ Sie sind_J_ti diesem Stil, nach der Bestim m ung von W. Fleischer und G. Michel' „vielfältig stilistisch zu nutzen“ [37, S. 108]. Die Zusam m enfassung ihrer stilistischen Funktionen bleibt ein aktuelles Thema der weiteren Forschungen und heute kann m an sie nur folgender weise verallgem einern:1. Vor altem Jreten ljlie-.F rem dw örter als Synonyme zu echFerTdeutschen W örtern auf. Diese ihre Rolle dient dazu, ,,den 'sprachH c¥en A usdruck dadurch vor E intönigkeit zu bew ahren^[35, S. 86]. M it anderen W orten kann m an sagen, ■ daS~~die Frem dwörter zur V erm eidung von W iederholun­gen gebFauicht werden. Das veranschaulichen folgende Textauszüge:

„Es ist unmöglich, diese Tatsachen zu übersehen, diedurch unzählige Fakten bewiesen werden können.“„Die junge Frau entwickelte eine Energie wie schon

1 “W enngleich wiederholt... zum... Frem dw ortgebrauch S ttellung genommen worden ist, scheint das Thema Frem dw ort n ic h wie vor aktuell zu sein.” {Ludwig K.~D. Zur V erständlichkeit von Texten im Hinblick auf den Frem dw ortgebrauch.— In: Sprachpflege, .9/1979, S. 180.)

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seit vielen Tagen und M onaten nicht mehr. ...er w ar aus dem V erwundern über die plötzliche Tatkraft seiner F rau nicht herausgekom m en...“ (H. Fallada, Der Alpdruck.) [35] *

2. Oft ergibt der Gebrauch des Frem dw ortes bestim m te in h a T fl^ o T id .s tflis tisch e Schattierungen. Das Frem dwort besitzT in^solchen Fällen eine stärkere A usdruckskraft, kann also "eine stärkere W ertung zum Ausdruck, bringen als seine deutschen Entsprechungen.

„O skar ließ den Brief verblüfft sinken... Der A ndreas w ar noch raffinierter , als er gedacht hatte...“ [41].

Das Frem dw ort raffiniert kann m ehreren deutschen W ör­te rn entsprechen — „durchtrieben“, „schlau“, „klug“, „fein“ u.a. Hier ist m it seinem Gebrauch eine stark pejora­tive Schattierung verbunden.3. D as Frem dw ort kann im Kontext eine gehobene S til­färbung bewirken, Schattierungen des Feierlichen, Ge­w ählten usw. tragen.* Das ist vor allem für die Frem dw ör­ter' charakteristisch, die im Deutschen nicht eingebürgert sind, bei denen sich ihr fremder C harakter immer fühlen läß t ( Portal, Salon, Gratulationen, Präsentation, A udienz u .a.).4. Eine wichtige Funktion der Frem dw örter in literarischen Texten ist die E rzeugung des_ f j ; e m d l ä n d i s c h e n K o l o r i t s , „des N ationalkolorits“ nach "E . Riesel undE. Schendels 154, S. 73]. Diese Funktion erfüllen oft verschie­dene Realienbezeichnungen in entsprechender Frem d­sprache. Sie ist z.B. für manche historische und an tifa­schistische Romane von L. Feuchtw anger charakteristisch. Zahlreiche Realienbezeichnungen in französischer Sprache en thält sein Roman „Der Teufel in F rankreich“ , mit ihrer Hilfe gelingt es dem Autor, die A tm osphäre gerade dieses Landes zu verm itteln. Ein anderes Beispiel ist das publi­zistische Werk „Der rasende R eporter“ von E. Kisch: viele englische W örter und Realienbezeichnungen verleihen der Beschreibung ebenfalls das Kolorit des Landes. Und wenn auch die m eisten dieser W örter und Ausdrücke dem Leser, der die englische Sprache nicht beherrscht, völlig unbe­kannt sind, erschweren sie die V erständlichkeit nicht. Ihre Frem dheit dient zur V erstärkung des Eindrucks, gerade

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sie laß t den Leser die Frem dheit des Landes empfinden.5. Zu den w ichtigsten stilistischen Funktionen der Frem d­w örter gehört ihre V erw endung für die G e s t a l t u n g e i n e s S p r a c h p o r t r ä t s . Das ist ein bekanntes S tilm ittel in den Texten .der schönen L iteratur. Die sti­listischen Schattierungen können dabei verschiedenartig sein: a) neutral, wenn die F igur ein A usländer ist, der eine gebrochehe Sprache spricht, weil er anders nicht sprechen kann (,*<ias natürliche Kolorit“ ); b) pejorativ, ironisch,

«spöttisch usw., wenn die F igur fremde W örter unnötig "verwendet, ohne sie richtig zu verstehen und auszuspre­chen; c) gehoben, gew ählt usw., wenn es die Sprechart einer F igur ist, die die betreffende Frem dsprache gut be­herrscht und sie sorgfältig , bedacht verwendet; d) die Frem dw örter können im S prachporträt als Jargqnism en auftreten, z.B. das Französische im M unde des russischen Adels usw. v6. Eine ganz besondere stilistische Funktion der Frem dw ör­ter ist ihre V e r w e n d u n g a l s E u p h e m i s m e n . Sie tragen dann eine zusätzliche stilistische Schattierung, die in W örterbüchern „verhüllend“ genannt wird. Das We­sen des euphem istischen G ebrauchs besteht Дагш , ^jaß eine unangenehm e W ahrheit nicht unm ittelbar, sondern in diplo­m atischer Weise, schonend ausgesag t wird. Vgl. fölgdnde Beispiele: zum Verb sterben , das eine sehr unangenehm e

"Wahrheit verkörpert, gibt es viele euphem istische Ausdrük- ke im Deutschen: heim gehen — entschlafen — verschei­den — ab leben — die A ugen für ew ig schließen ,— ein­schlum m ern — hinüber gehen — seinen letzten Gang antre- ten — seine Tage beschließen , darunter auch einen Ausdruck mit gehobener S tilfärbung, der ein Frem dwort enthält: den Acheron überqueren [32].K. Heller führt noch folgende Beispiele an: W enn ich jem anden um D iskretion bitte, ist es m ir w eniger unange­nehm, als wenn ich ihn unverblüm t um Schonung, Ver­schwiegenheit oder Rücksichtsnah me ersuchen muß. Portier hört sich angenehm er an als Pförtner oder H aus­wart. Die letzteren erinnern sehr an den Türschließer. Unterwäsche scheint vielen Kaufleuten zu derb. Sie bevor­zugen U ntertrikotagen [41].7. Noch eine spezifische Funktion der Frem dw örter offen­bart sich darin, daß sie als M o d e w ö r t e r erscheinen können. M an verwendet sie mit Vorliebe in einem oder

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anderem begrenzten Zeitraum: dabei, wie die deutschen Sprachforscher bemerken, „in allen möglichen Zusam m en­hängen“, ^ daß sie „als inhaltsleer em pfunden w erden“ . Vgl. folgende Beispiele: interessant, effektiv, relevant, A spekt, positiv u .a.1 K. H eller nennt auch enorm, attrak­tiv, Etappe, demonstrieren, Klasse, ideal usw. [41, S. 135].

Die eigentlichen im G esellschaftsleben en tstandenen Neu- w orter finden m eistenfalls ihren ersten Gebrauch in ver­schiedenen A rten der Sachprosa: in W issenschaft, Technik,, V erw altung, P resse usw. Das steht m it der Tatsache im "Zusammenhang, daiß die Zunahm e des W ortbestandes vor аИеф-durch die rasche w issenschaftlich-technische Entw ick­lung bedingt ist, w orüber besonders die Presse auf allen Stufen dieser Entw icklung inform iert. Im Stil der schönen L iteratur kann die W irklicM eiFm cht so unm ittelbar w i­dergespiegelt werden wie im Pressestil. Die Neuwörter gelangen in die literarischen Texte erst später, w enn sie schon mehr oder w eniger verbreitet sind. Ihre Funktion besteht darin, die G egenw art oder besser g e sa g t die Zeit - zu betonen. Uber diese Funktion schreiben W. F le isch e r 'ü in r n . Michel: als Bezeichnungen für neue Begriffe und Erscheinungen können die Neuwörter in einem Text Vor­kommen, ohne bewußt als stilistische Neologismen verw en­det zu sein. Si§ schaffen, ein bestim m tes zeitliches Kolo-

m echten Neuw örtern existieren in der. Sprache N e o l o g i s m e n b e s t i m m t e r Z e i t a b s c h n i t t e . Solche W örter sind nur eine bestim m te Zeit im Gebrauch als W iderspiegelung entsprechender politischer, sozialer öder kultureller Um stände. Nachdem diese U m slande aber vorbei sind, verschwinden auch die W örter aus dem ständ i­gen Gebrauch, sie bleiben nur im passiven Bestandteil des W ortschatzes aufbewahrt. Ein sehr anschauliches Beispiel solcher A rt ist die sogenannte „N aziterm inologie“ — W örter, W endungen und Ausdrücke aus dem Lexikon der deutschen Faschisten. Die Naziterm inologie existierte im Gebrauch solange, wie die Faschisten in D eutschland an der M acht waren. M an verwendet in bezug auf solche

1 S. den zitierten Artikel von /С.-Д Ludwig, S. 182.

Neologism en

37, S. 101].

75

W örter die Bezeichnungen „vorübergehende Neologism en“ oder .„kurzlebige N euw örter“.Im allgem einen werden ' d ie ' v o r ü b e r g e h e n d e n Neologismen mit bestim m ter Absicht verwendet, nämlich wenn die C harakteristik entsprechender Zeitperioden ge­geben w ird oder wenn eine solche Zeitperiode der Gegen­w art 'gegenübergestellt werden soll. Aber konkretere sii- listische Funktionen vorübergehender Neologismen sind: 1) die Schaffung des Zeitkolorits einer bestim m ten Epoche (oder Zeitperiode); 2) die D arste llung e in e s 'S p ra c h ­porträ ts; 3) das A uftreten im D ienst von Satire, E n tlarvung usw. -In allen Fällen können selbstverständlich noch ver­schiedenartige zusätzliche Schattierungen entstehen. So dom iniert in den W erken der deutschen L iteratur, wenn es sich um die Schilderung der N azizeit handelt, nur die gro­be S tilfärbung in ihrer m annigfaltigsten A bstufung (zum Zweck der E n tlarvung), <ZuilJo ru p p e Neologismen gehören auch Modewörter. Sie drara^rert^iereh ebenfalls bestim m te Zeitperioden und hauptsächlich die Spräche der jungen G enerationen. So lesen w ir bei D. fa u lse it und G. Kühn: „Besonders em pfänglich für M odewörter ist die junge Generation... Dabei ist die Vorliebe für wertende M odewörter bei der Jugend auffällig. So- w a r ' vorübergehend einm al alles ,knörke\ ,k lasse\ »pyramidal*, ,schau* ...“ [35, S. 67] E. Rie­sel nennt als Beispiele dafür fabelhaft, phantastisch, ko­lossal, prima, toll u.a.Den M odewörtern kommen folgende stilistische Funktio­nen 2u: 1) sie dienen zur^zeitlichen Kolorierung; 2) ha-* uptsächlich aber erscheinen sie im 'Sprächpprtraf; 3) oTf stehen sie im Dienfet einer K ontrastw irkung (alte G enera­t io n :^ junge G eneration) u.a.'A ls Beispiel k a rin im letzten f a l l noch einm al die Stelle aus W. Bredels Roman „Die V äter“ angeführt werden — das Gespräch zwischen Frau Hardekopf und ihrem Sohn Fritz. Der jüngste V ertreter der Fam ilie gebraucht s te ts ^ m Modewort, das bei ihm alles bedeutet, und seine M utter ist einfach unfähig, diesem unbekannten Gebrauch des W ortes zu folgen. Der V er­fasser schildert die Szene so:

„Ja, F rau Hardekopf w ar sehr unwissend. Es gab klareSachen; wenn beispielsweise das Erdbeben von M essi­na »pyramidal* war, verstand sie das schon. Auch der

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neue Ozeandam pfer ,A uguste Victoria* war pyram idal. Geheimnisvoller wurde es schön, wenn ihr Fritz ausrief: „Die Kinder des .Kapitän G rant sind pyram i­dal!“ Oder wenn „ein Goal von Adje“ pyram idal w ar.“

Die so gut eingesetzte sprachliche Besonderheit — das M odewort pyram idal — betont den K ontrast zwischen zwei G enerationen; zugleich bedeutet es den U nterschied in der S tellung und H altung zu den D ingen und E reignissen der Welt. Die ganze Textstelle is t so gestaltet, daß die E in­ste llung des Autors selbst, seine leichte Ironie für den Leser spürbar bleibt.E in spezielles .Mittel der S tilistik bilden Neuwörter, die a l s ' E inm albildungen Vorkommen: sie stellen einm alige

Ind iv iduelle B ildungen des Autors dar, sind an einen bestim m ten Text gebunden und brauchen nicht in den Wprbs^hätz der Sprache einzugehen. Sie wirken infolge ihres^ einmaHgen Erscheinens expressiv [37, S. 102]. Ihre s tilish 'srhp^H aupffunktion ... ist B ew irkung der höchsten Anschaulichkeit- ihre Verwendungsbereiche, sind schöne

T j fe ra tu r. P resse und Publizistik .-In TTen politischen A rti­keln "unef publizistischen Schriften verhelfen sfe oft zu einer satirischen E ntlarvung, stehen im D ienst de г ideolo­

g isch en Polemik. Die deutschen Stilforscher erw ähnen in diesem Zusam m enhang die W erke von K. M arx undF. Engels: sie liefern zahlreiche Beispiele stark gefärbter polemischer E inm albildungen, mit denen die K lassiker des M arxism us ihre politischen und ideologischen Gegner geißelten: „P rinzipspekulanten“, „System fabrikanten“ ,'„W eißbierbürger“ usw. [35, S. 65].Auch^iib-Uterarischen Texten erscheinen die Eirunalbildun- gen aJsJVlütfi.Lim-X>ienst von Humor und Säftaexdie K riegs-’ und die ersten N achkriegsjahre in Deutschland bezeichnet H. M archwitza z.B. als „A ngst jahrzehrit“ (e§ w ird betont, daß die M enschen eine bestimm te Zeit in A ngst leben mußten, das w aren ihre schicksalsschweren Jah re ). H. Heine k ritisiert in seiner „H arzreise“ die gei­stige S tarre der alten deutschen Professoren und bezeich­net sie durch die E inm albildung „U niversitätspyram i­den“ :

.„...nur die alten Professoren bleiben stehen in dieser allgem einen Bewegung, unerschütterlich fest, gleich

77

den Pyram iden Ägyptens — nur daß in diesen Univer­sitätspyram iden keine ^Weisheit verborgen ist.“ [35]

In der Poesie können die Einmalbild.ungen etw as Geho­benes,, Gewähltes in 'sicK tragen, m it einem hohen G rad der em otionalen Expressivität, z.B. die Lenzlu ft, war so jung und ~morgenschön, w ellenatm end ihr Gesicht u.a. [35, S. 63—64]; „Das allerletzte M ärzlicht zog sich lang­sam in den Wald zurück" [34, S. 21—22] u.a.An der V erw endung der E inm albildungen in literarischen W erken und politisch-publizistischen Schriften, an der A rt ihrer Expressivität kann m an immer die persönliche E instellung des Autors erkennen, sonst w ürden sie nicht „E inm albildungen“ heißen.

<Archaism en

In der Gruppe veralteter W örter existieren auch verschie­dene E rscheinungsarten. E inige W örter haben ihre u r­sprüngliche, alte BedeutiTng verändert, aber sind in der Sprache geblieben, z.B.: die a lte Bedeutung des W ortes Spießbürger („m it einem Spieß bewaffneter B ürger“ ) hat abgelebt, ist zum .H istorism us geworden, w ährend die Hülle des Wortes w eiter lebt. In seiner neuen Bedeutung dient das W ort zum Ausdruck- einer negativen C harakteri­stik: Spießbürger ist „beschränkter K leinbürger“, diese B enennung w eist eine tverächtliche S tilfärtm ng auf [35, S. 69].Die Archaism en erfüllen in literarischen Texten folgende stilistische Funktionen: ' •1. Sie dienen zur zeitlich-historischen Kolorierung, das ist besonders charakteristisch für die H istorism en, w ie 'es z.B; in Vielen B alladen von Fr. Schiller der Fall ist: R it­ter, Knappen usw. Dazu auch die Tpxtstellen, die D. F au l­seit und G. KSnn anführen: *

„...und schon sausten von beiden Seiten die von den Söldatenfäusten geschwungenen Ladestöcke auf sei­nen Rücken herab. Die Stöcke klatschten* im Takt des dumpfen Trom m elklanges.“Daß es so etw as bei den Soldaten gab, davon hatte der alte Korporal in der Schule nichts erzäh lt.“ (C. W inter, Der Troßjunge.) [35]

78

Zwei W örter sind in dieser Schilderung Archaismen: Ladestöcke und Korporal. Sie zeichnen sehr überzeugend das geschichtliche Kolorit.2.^Die Archaism en können im D ienst der Satire stehen, vgl. folgendes Beispiel: ■ ; ;

„Die S tad t Göttingen, berühm t durch ihre W ürste und U niversität, gehört dem König von H annover und enthält 999 Feuerstellen...“ (H. Heine, H arzreise.)

D as W ort Feuerstellen ist ein Archaismus. Es soll die Rückständigkeit dieser deutschen K leinstadt betonen: sie ist rückständig, weil ihre Bewohner in der M ehrheit Klein­bürger oder Philister sind. Das ganze Werk bedeutet doch eine scharfe satirische E n tlarvung des deutschen Philistertum s.3. Die Archaism en können in einer entgegengesetzten R ichtung w irken — zum Ausdruck oder zur Betonung des Feierlichen einer S ituation verwendet werden, wodurch der Beschreibung eine gehobene, offiziellfeierliche S til­färbung verliehen wird. Die deutschen ’Stilforscher bezei­chnen diese Rolle der Archaism en als „feierliche S tilisie­ru n g ins Alfe“r wofür d ie h ie r nachstehenden Sätze als anschauliches Beispiel dienen solldn:

„M it w ilder Tränen F lut betroff sie weinend die W alt..“ ‘ (R. W agner.) '„Der Tag def'V erm ählung,..kam näher...“ (Th. Mann.)[33].

4. ^Manchmal läßt der V erfasser eine F igur seines W erkes a rc h a is ie rte . Sprache sprechen und schafft auf solche Weise ein vorbedachtes Sprachpörträt. Sein stilistischer

^Effekt kann verschieden^ sein — positiv , negativ, je nach der E instellung des Autors zu der betreffenden- Person. Wenn m an zum Abschluß das W ichtigste über d ie"stili­stische Leistung der Archaismen zusammenfaßt,- so wird es dasselbe sein, was D. Faulseit und G. Kühn in ihrem Buch hervorheben: „Altertüm liche W örter und W endun-

. gen kann der Autor also benutzen, um das Kolorit ver- gapgener geschichtlicher Epochen zu tsch äffen, um einer A ussage eine gewisse Gehobenheit zu verleihen... oder um R ückständigkeiten ironisierend, mit dem M ittel der Satire anzugreifen.“ [35, S. 71]

1

79

Anachronismen

Die Anachronism en bilden keine besondere Gruppe im W ortschatz, sie bedeuten ein spezielles S tilm ittel oder eine spezielle E rscheinung im Text. Aber ihre B etrachtung im Zusam m enhang mit der zeitlichen M arkierung lexika­lischer Elem ente ist berechtigt. W. Fleischer und G. Mi­chel bestimmen sie folgenderweise: „Ein Anachronism us kommt zustande, wenn ein W ort oder eine W endung, die an eine bestimmte historische Epoche gebunden sind, mit Bezug auf eine andere Epoche gebraucht werden, der sie nicht entsprechen.“ [37, S. 104] M an spricht bei dieser E rscheinung auch von „zeitw idrig gebrauchten W örtern“ [35, S. 75]. Sie w erden „w ider“ oder „gegen“ die Zeit verwendet, denn sie sind in dieser Zeit, wie die Sprach­forscher es bestimmen, entweder „noch nicht“ oder „nicht m ehr“ im Gebrauch. G erade dank ihrem N icht-Passen entsteht eine starke stilistische W irkung.Zahlreiche Beispiele der Anachronism en lassen sich besonders in literarischen W erken m it deutlicher politi­scher E instellung des V erfassers beobachten, z.B. in der deutschen politischen Dichtung. „Der bewußt eingesetzte A nachronism us ist ein w irksam es Stilm ittel der Ironie, sogar der „beißenden S atire“, bemerken W. Fleischer undG. Michel [37, S. 104]. Das kann in erstem Linie v o n -H. Heine gesagt werden. Auch der moderne Dichter E. W einert hat m it seinem Gedicht „B änkelballade vom Kaiser Nero“ ein M usterbeispiel für die stilistische A us­nutzung der Anachronism en gegeben. Die ganze Aus­druckskraft dieses Gedichts wird durch die A nachronis­men bestimmt. Dem Gedicht zugrunde liegt die von den N azis organisierte B randstiftung des Reichstags 1933, aber das erkennt der Leser nur anhand der anachronisch verwendeten Ausdrücke aus dem Lexikon der Faschisten und einiger Realienbezeichnungen. G erade sie verdeut­lichen, wen und welche Zeit der Dichter gem eint hat, z.B. Leibschutzstaffel, U ntermenschheit sind charakteristische Termini der Naziterm inologie: und agitieren( Kom m uni­sten , Benzin sind Begriffe und Termini, die in den Zeiten des römischen Reichs noch nicht da waren. Vgl. einen Auszug aus diesem Gedicht:

„Der Kaiser Nero saß an voller Tafel,Doch ohne Appetit und sorgenvoll.

80

Er klingelte nach seiner LeibschutzstaffetUnd sprach: Ich w eiß.nicht, was das werden soll!Gefährlich agitieren diese Christen.Doch je tz t ist Schluß mit diesen K om m unisten!In dieser N acht wird Rom in Brand gesteckt.Nun was versprecht ihr euch von dem Effekt?*Da brüllten die Soldaten:,Die woll’n wir lustig braten!Wo ist der Kien? Wo ist Benzin?Wir kriechen gleich durch den Kamin.О trium phator saeculorum!Um 9 Uhr 15 brennt das Forum!Und m orgen ist es jedem klar,Daß das die Untermenschheit war.* “

Die Anachronism en sind hier, wie der Text zeigt, Schlüs­selw örter: sie erschließen seinen w ahren Sinn. Der ange­führte Text hilft die E igenart des Anachronism us als S tilm ittel rich tig begreifen: sie besteht darin, daß die Satire, besonders wenn sie eine konkrete politische Rich­tu n g hat, nicht offen, sondern verschleiert oder m askiert zum Ausdruck gebracht wird, was sehr w ichtig sein kann, wenn m an z.B. das bestehende Zensurverbot umgehen will.

STILFRAGEN UND STILMITTEL IM GRAMMATISCHEN BEREICH

D ie gram m atische S tilistik (auch die stilistische G ram m a­tik) bildet, einen Aspekt der L inguostilistik, der bis je tzt noch nicht gründlich und allseitig erforscht ist. W. Schnei­der bemerkte seinerzeit, als er in einem speziellen. Buch säm tliche F ragen der stilistischen G ram m atik des Deut­schen zu um reißen' versuchte, daß es sich um ein bisher unzulänglich bearbeitetes Feld handle [59]. Seitdem hat sich die Lage bedeutend gebessert. Die Entw icklung der L inguostilistik in den letzten zwei Jahrzehnten m achte es deutlich, wieviele Probleme auf diesem Gebiet der For­schung offen stehen und wie aktuell ihre Lösungen sind und sein können. Die zuerst rein empirisch eingestellten U ntersuchungen führten allm ählich zur A usarbeitung einer um fassenden theoretischen Basis der L inguostilistik in allen ihren Aspekten, darunter auch im Aspekt der. gram m atischen Stilistik. H eutzutage sind intensive Be­m ühungen zu verzeichnen, die eine weitere Bereicherung und P räzisierung dieser Basis anstreben.Um aber dem heutigen E ntw icklungsstand der gram m a­tischen S tilistik gerecht zu werden, muß m an zwischen der morphologischen S tilistik einerseits und der syntakti­schen S tilistik andererseits un terscheiden l, wovon die

K a p i t e l III

1 « M о р ф о л о г и ч е с к а я с т и л и с т и к а рассматривает сти­листические возможности в пределах различных грамматических ка­тегорий, присущих тем или иным частям речи...

С и н т а к с и ч е с к а я с т и л и с т и к а исследует экспрессивные возможности порядка слов, типов предложения, типов синтаксической связи... Важное место занимают здесь так называемые фигуры ре­чи...» {Арнольд И . В. Цит. соч., с. 13).

82

Rede schon früher (bei der allgem einen C harakteristik der S tilm ittel) war. „M orphologie und Syntax werden getrennt...behandelt“ , schreiben auch E. Riesel undE. Schendels [54, S. 112]. Dabei müssen alle Stilforscher übereinstim m end anerkennen, daß die Problem atik der Syntax in stilistischer H insicht viel besser ausgearbeitet ist als die der M orphologie, denn die Syntax w urde seit jeher in den Bereich der stilistischen Forschung einbezo-

s g e n 1.

Stildifferenzierende M öglichkeiten der H auptw ortarten

Das Substantiv in verschiedenen Funktional- stiten .— Das Verb unter dem A spekt der Funk- tionalstile.

Die morphologische S tilistik bietet also einen besonders aktuellen Problem kreis, der einer gründlichen U ntersu­chung bedarf. M orphologische Form en und Elem ente besitzen nach den E rgebnissen der schon durchgeführten A nalysen ihre eigenen stildifferenzierenden Potenzen. D arauf verweisen W. Fleischer und G. Michel: „Auch die K ategorien der flektierten W ortarten erweisen sich in mehr oder w eniger großem U m fang als potentielle S til­elem ente.“ [37, S. 140] U nter diesem G esichtspunkt ver­dienen in erster Linie die H auptw ortarten — das S ubstan­tiv, das Verb — besondere Beachtung, weil gerade sie durch ihre Parad igm en den gesam ten und, im Vergleich zu den anderen Sprachen, spezifischen C harakter der m orphologischen S truktur des Deutschen bestimmen.£ a s Substan tiv als W ortart ist nach seiner Sem antik sehr tunfassendTp^'es~‘i s t a u c h zahlenm äßig die bedeutendste W ortart der Sprache, der über 50 % des G esam tw ortschat- zes M ztffechrien ist. A ter wenn m an das V orhandensein ctefc Substan tivs differenziert nach den einzelnen Funktio­nalstilen betrachtet, so w ird sein P rozentsatz noch höher sein. Eine U ntersuchung der Fachsprache des Bauwesens

1 «Эта область имеет вековые традиции» (Арнольд И . В. Цит. соч., с. 13).

83

ergab z.B. folgendes Bild: das Substantiv — 75,8 %; das Abjektiv — 16,5 %; das Verb — 7,7 % (G esam tum fäng des Textes etwa 500 Druckseiten) [4, 16]. P ie Angaben aus den anderen Quellen bestätigen eine s ta ik -jlp Щ re'nde Rolle des Substantivs a ls 'W o rta r t erstens in allen Sächstilen mit ihrer Tendenz zur N om inalisierung, zwei­tens in der sprachlichen T extgestaltung überhaupt [54, S. 116].Die W ortbildungsstruktur des Substantivs kann selbst zii einem" relevanten M erkmal des S tils werden. Es ist z.B. eine bekannte Tatsache, daß vor allem die z u s a m ­m e n g e s e t z t e n W ö r t e r in der deutschen Sprache der Ge'geliwärt eine höchst produktive E rscheinung, sind Im Rahmen eines solchen W ortes (eines Kom positum s), das m ehrere Bestim m ungsw örter einschließen kann, fin­den verschiedenartige Beziehungen der R ealität ihren Ausdruck. In diesem Sinne ist die W ortzusam m ensetzung überhaupt ein geeignetes M ittel, komplizierte Sachver­halte auf kürzeste A rt zu bezeichnen, z.B. der Sonn tags- nachm ittagsspaziengang, die E isschnellaufweltm eisterin, die D am pfkesseleinm auerung u.a.m. Besonders in den technischen Fachsprachen und überhaupt im Bereich des w issenscbaftlichen Stils," wie auch in den Bereichen des sachlicjtoffiziellen Stils, des P ressestils ist die Rolle der Zusam m ensetzung und der zusam m engesetzten S ubstan­tive außerordentlich groß. Durch die rasche Entw icklung von Technik uiid Produktion wie überhaupt des gesam ten gesellschaftlichen Lebens ist der Bedarf an Bezeichnun­gen für neue Begriffe sehr groß, und in erster L inie wird er durch die Zusam m ensetzung befriedigt. „Wir beigegnen ihr in großem M aße in der Fachliteratur... Von hier aus dring t sie in die schöngeistige L itera tu r“ , heißt es beiD. Faulseit und G. Kühn [36, S. 163]. Konkrete Forschungs­resu lta te im Bereich der Fachsprache des' Bauwesens sollen die Rolle der substantivischen Komposita deutlich werden lassen: die gesam te Beteiligung der Substantive ал der T extgestaltung ist etwa 76 %, darunter beträg t die Zahl der zusam m engesetzten Substantive etwa56 % [4]. ................. ........Die a b g e l e i t e t e n W ö r t e r sind in der deutschen Sprache ebenfalls produktiv. Sie sind nach ihrer G estalt sehr verschieden und können ganz verschiedene inhalt­liche und stilistische Potenzen in sich bergen. D arüber

64

w ird ausführlich im Buch von E. Riesel und E. Schendels berichtet [54, S. 174— 181]. Hier sei darauf hingewiesen, daß bestimm te Ableitungstypen der Substantive wichtige stildifferenzterfettde Aufgaben erfüllen können. Das gilt 1 insbesondere für die suffixalen W örter auf -ung, -heit, \ -keit (explizite A bleitungen), suffixlose D everbativa/ (im plizite A bleitungen), substantiv ierte Infinitive u.a. Eine spezielle U ntersuchung [13, S. 104— 106] ihres gegen­seitigen V erhältnisses in den F u n k t i o n a l W issen-schaff und der Presse i Publizistik) führte’ zu*' folgenden Resultaten: Bie Substantive auf -ung sind fast gleichm ä­ß ig in beiden Stilen vertreten. Die Substantive auf -heit,

SSßii sind jn ^ ,wig.§^nschaftliehen S t i l um v ie rm a l häufiger als im Pressestil. U ngefähr dasselbe läß t sich auch über die substantiv ierten Infinitive sagen. Die suffixlosen D everbativa sind dagegen im P ressestil vorherrschend. Das gegenseitige V erhältnis z.B. der Substantive auf -ung und der suffixlosen D everbativa erw eist sich in Zahlen für den Stil der W issenschaft als 9 zu 1, für den P ressestil als 6,6 zu 1. Das gegenseitige Zahlenverhältnis der Substantive auf -ung und der auf -heit, -keit ist im Stil der W issenschaft 7 zu 1, aber im Stil der P resse 30 zu 1.Innerhalb der schon erw ähnten Fachsprache des Bauwe­sens verhält sich die G esam tzahl der zusam m engesetzten Substantive zu der der abgeleiteten Substantive wie 55 % zu 30 %. Das bedeutet im Allgemeinen, daß „die Tendenz zur_ Zusam m ensetzung in den Fachsprachen v fe rs la rk e r als die Tenderfz zur substantivischen A bleitung wirkt, w as ohne Zweifel mit bestim m ten stildifferenzierenden Potenzen verbunden sein soll.Die Erforschung der stilistischen Seite bei den katego- rial-gram m atischen Form en des Substantivs hat der Funktionälstilistik schon manche Aufschlüsse über ihre stildifferenzierenden Potenzen gegeben, soll aber in der Zukunft noch mehr geben. Eine besondere Aufm erksam ­keit zieht dabei die K a t e g o r i e d e s K a s u s auf sich. Die deutsche G ram m atik unterscheidet, wie bekannt, zwischen den reinen Kasusform en und den sogenannten Präpositionalkasus. Ihre V erteilung in versch iedenen , Funktionalstilen und sogar im Rahmen ein und desselben Stils w iderspiegeln die Tabellen unten, die einer speziel­len U ntersuchung entnommen sind [27]:

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Stil der w issenschaftlichen Prosa

Autor re ineK asus

Präposi­tionalka­

sus

G esam tgewicht der einzel­nen Kasus

G enitiv D ativ jAkkusativ

P. BollhagenE. FischerF. Rupprecht W. Müller

50,8 %63.6 %57.6 %55.6 %

49,2 %36.4 %42.4 %44.4 %

0,0640,0500,0640,082

0,0540,0510,0560,050

0,037 . 0,046 0,036 0,035

Stil der schönen Literatur

Autor reineKasus

Präposi­tionalka­

Gesamtgewicht der einzel­nen Kasus

susGenitiv Dativ Akkusativ

H. KantI. Wangen­heimW. Heiduc- zekJ. Brezan B. Reimarm R. Kraft

62,2 %

67.8 %

73.8 %69.2 %64.2 %65.2 %

37.8 %

32.2 %

26.2 %30.8 %35.8 %34.8 %

0,009

0,013

0,0120,0110,0100,015

0,050

0,068

0,0590,0610,0680,073

0,046

0,065

0,0600,0770,0640,060

Die Tabellen zeigen sehr in teressante U nterschiede zwi­schen den Stilen und innerhalb jedes Stils. Sie erlauben zugleich eine V erallgem einerung, die folgenderweise aussehen kann:

FunktionalstilBeteiligung der einzelnen K asus an

der Textgestaltung

G enitiv | D ativ Akkusativ

der schönen Literaturder wissenschaftlichen Prosa

0,011

V 0.065

v 0,063

V 0,053

V0,062

0,038

86

Die Stildivergenzen lassen sich deutlich erkennen. In erster Linie dient der Gebrauch des deutschen G e n i t i v s als stildrifer.eu^ierendes M erkmal [9]. Er ist hauptsächlich in w issenschaftlichen Texten verw endet 'u n d relativ

in Texten der schonen L iteratur. W eiter erscheint der D a t i v als stildifferenzierendes M erkmal: sein Ge­brauch in der schonen L iteratur überw iegt gegenüber dem im w issenschaftlichen Stil. Der A k k u s a t i v ist noch fnehr stildifferenzierend als der T3"a'fIV7"'dabei sehr ge­bräuchlich im Stil der schönen L iteratur.Die Unterschiede "innerhalb der Stile charakterisieren einerseits die E igenart jedes Stils, andererseits sind sie auch für die A bgrenzung der Funktionalstile voneinan­der wesentlich: die G ebrauchsvariation des Genitivs im Stil der W issenschaft reicht von 0,05 (m inim al) bis 0,08 (m axim al), dagegen im literarischen Stil von 0,09 bis 0,015. Das gestattet die Schlußfolgerung, daß ,i ie Text­gestaltung im Stil der W issenschaft gleichm äßiger und homogener ist als im Stil der schönen L iteratur. Die I n g a oeri über die anderen Kasus unterstü tzen diese Schlußfolgerung. Für den D ativ gelten (als m inim aler und m axim aler Gebrauch) 0,050 — 0,056 im Stil der W is­senschaft und 0,050 — 0,073 im Stil der schönen L itera­tur. Für den Akkusativ: gleichm äßige V erw endung im Stil der W issenschaft und die V ariation von 0,046 bis 0,077 im Stil der schönen L iteratur.Nicht zu übersehen sind dazu noch die sem antischen Funktionen der Kasus, ihre G eltung in den beiden ver­glichenen Funktionalstilen. Das Bild läßt sich folgender­weise skizzieren:

Funktionalstile

Kasus und Funktionen der schönen der W issen- L iteratur schaft

adnominaler Genitiva) gen. possessivusb) gen. explicationis adverbaler Genitiva) als Objektb) als Adverbialbestimmung

68,77 % 14,6918,75% 81,32

1,48% 0,21

(temporal, modal) 1,74%; 0,53%

87

Kasus und Funktionen

F unktionalstile

der schönen L ite ra tu r

der W issen­schaft

obligatorischer Dativ freier Dativa) commodi — incommodib) sympatheticusc) ethicus

79,24 %

13,43 % 5,44 % 1,89 %

95,23 %

4,77 %

Objektsakkusativa) äußeren Objektsb) inneren Inhaltsc) des Resultats absoluter Akkusativ

93,42 % 0,44 % 0,61 % 1,60 %

98,95 %9 i

0 .7%

Auch diese Tabelle offenbart w esentliche Stildivergenzen: - im Bereich" des G enitivs erscheint als stildifferenzieren­

des M erkmal das gegenseitige V erhältnis seiner Funk­tionen „genitivus possessivus“ und „genitivus explicatio- n ls“, wobei die letztere im Stil der W issenschaft stark uhp.rwi&gt- w ährend die erstere im Stil aer schönen* Lite­ra tu r hauptsächlich anzutreTfen ist. Im Bereich des

. tivs kann als stildifferenzierendes M erkmal das gegensei­tige V erhältnis des obligatorischen und angesehen werden, dabei ist der letztere nur für den Stil der schönen, .L ite ra tu r von Bedeutung. Im Bereich" des Akkusativs v erfu g f^ d e r w issenschaftliche S til über ein höchst einheitliches (homogenes) Bild. Der literarische Stil ist w eniger homogen nach diesem Merkmal. Im A llge­meinen aber läßt sich die höchste V ariab ilitä t игТй~с[Ге 's tä rk ste ' “stildifferenzierende K raft für den~ deutschen G enitiv feststellen, die schwächsten Potenzen besitzt in dieser H insicht der deutsche Akkusativ.Ähnliche R esultate könnten auch in bezug auf die ande­ren gram m atischen Kategorien des Substantivs, ihre stildifferenzierende Rolle erzielt werden, aber das bleibt zweifellos die Aufgabe weiterer U ntersuchungen auf dem Gebiet der deutschen Funktionalstilistik.

88

P a s Verb als W ortart besitzt die höchste Zahl von kate- gorialen gräm m allscfien Formen. Die Kategorien des

rucken seit einiger Zeit immer stärker ins Blick­feld der Stilforscher, sie werden dam it ein G egenstand sowohl m ikrostilistischer als auch funktionalstilistischer Beschreibungen. Die B eurteilung ihrer funktionalstilisti­schen Potenzen wird dadurch ermöglicht, daß m an auf G rund der konfrontativen Analyse verschiedener Funk­tionalstile im Hinblick auf die V erteilung und H äufigkeit in jedem von ihnen bezüglich der K ategorien des Verbs notw endige Stützpunkte schafft. U nter dem Aspekt der m ikrostilistischen Forschung wird hauptsächlich die Auf­hellung des Zusam m enhangs zwischen gram m atischer und stilistischer Rolle der Verbformen und K ategorien angestrebt, w as sich gewöhnlich in der B etrachtung und System atisierung ihrer Konkurrenzfunktionen einerseits und Konkurrenzform en andrerseits äußert. In beiden genannten R ichtungen sind gewisse V oraussetzun­gen für die weitere Forschung und konkrete Resultate vorhanden. Aus den schon gewonnenen Resultaten geht hervor, daß sich auch die Kategorien des Verbs „in mehr oder w eniger großem U m fang als potentielle S tilele­m ente“ erweisen [37, S. 140].Wie W. Fleischer und G. Michel unterstreichen und wie es auch aus säm tlichen anderen Beschreibungen ersicht­lich ist, verdienen besonders die Kategorien der Genera verbi, des. Teffigtfs und des Modus B eachtung unter s ti­listischem Gesichtspunkt.D i e К ä t V g o r i e d e r G e n e r a v e r b i verfügt

"über zwei O ppositionelle Glieder, denen eigene Formen- systerrie Aktiv und Passiv entsprechen. Siö gestatten in

Tcömmünikativ:syntakttscher H insicht die D arste llung eines Sachverhalts aus unterschiedlichen B lickrichtun­gen: das A k t i v stellt den Sachverhalt so dar, daß das

Jjeschehen , H andeln usw. dem Agens zugew andt ist; Jjeim P a s s iv ist es dagegen dem Agens abgew andt, das Agens bleibt aus oder kann w eggelassen werden. Im M ittelpunkt der Aufmerksamkeit steht der Sachverhalt selbst (der V organg, die H andlung), nicht sein Urheber '(der T äter). Dieser G rundunterschied b irgt in sich spezi­fische, daher für die Funktionalstilistik in teressante M ög­lichkeiten des Gebrauchs jeder kategorialen Form.Die im Bereich der Genera durchgeführten U ntersuchungen

89

ergeben z.B. folgendes [21, 91]: auf je 200 000 W ertformen iallen im Stil der schonen L itera tur nur 4 % Pässivförm en, dagegen machen sie im Stil der W issenschaft 19 % aus. Der U nterschied ist groß. Das allgem eine funktionale Gewicht der Aktiv- und Passivform en in diesen beiden Stilen zeigt die unten folgende Tabelle:

FunktionalstileK ategoria le Genusformen Stil der schönen Stil der

L itera tu r W issenschaft

Aktiv 96 % 81 %Passiv 4 % 19 %

Vom C harakter der Passivkonstruktionen, näm lich von der Zahl der sie konstituierenden G lieder ausgehend, un ter­scheidet ^lie deutsche Gram m atik, wie bekannt, drei ÄFar- ten öder V arianten des Passivs: das eingliedrige, das zweigliedrige, das dreigliedrige Passiv. Ihre zahlenm äßige V ertretung in verschiedenen Funktionalstilen ist die W i­derspiegelung bestim m ter G esetzm äßigkeiten der Verwen­dung, und zugleich ein Beweis für die funktionalstilisti­sche Relevanz/Irrelevanz jeder von ihnen [47, 86]. D as läßt sich an den Zahlen folgender Tabelle ablesen, wobei in jedem Funktionalstil 900 Beispielsätze untersucht w or­den sind:

V arian te der Passivkonstruktion

F unktionalstile

S til der schönen

L ite ra tu r

S til der P resse und P ubliz istik

Stil der Wissenschaft

1-gliedriges Passiv2-gliedriges Passiv3-gliedriges Passiv

0,7 % 5,8 % 0,6 %

1,7%23%

4 .6%

2 ,2% 36.1 % 7,0 %

Der w issenschaftliche Stil zeigt eine besonders starke Tendenz zum Gebrauch des Passivs. Obwohl die Resultate verschiedener Forscher nicht immer und nicht ganz über­

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einstim m en, wird aus dem Vergleich der oben angeführten Tabellen deutlich, daß die G esam thäufigkeit des Passivs im Stil der W issenschaft 5 -б таГ s o ‘groß wie im S til 'd e r

■sctföll^n^t^teratür ist:;D er---B ressestiL scheint in dieser H insicht eine Zw ischenstellung einzunehmen, doch steht er offensichtlich dem w issenschaftlichen Stil näher als dem Stil der schönen L iteratur. Sehr einander angeglichen sind die beiden Funktionalstile nach dem M erkmal des einglied­rigen Passivs. Das zweigliedrige Passiv ist am m eisten gebräuchlich, die Zahlen dafür sind in der Tabelle beson-

jiers-hoch, aber auch die Differenzen erweisen sich in die­ser H insicht als hochsignifikant: 36 % zeigt der w issen­schaftliche Stil gegen über 23 % Im P ressestil (und nur etw a 6 % enthält der Stil der schönen L ite ra tu r). D ieb e id en V arianten der Passivkonstruktion (das ein­gliedrige und das zw eigliedrige Passiv) gestalten agens­entbehrende Aussagen, worin die funktionale H auptauf­gabe des Passivs überhaupt zu erblicken ist. Der verbale Inhalt, der Tatsachenbestand selbst w ird betont, ohne Berücksichtigung des Täters: er ist belanglos, sehr'"ver­allgem einert, oder braucht nicht anwesend zu sein. Diese E igenschaft macht besonders das 2-gliedrige P assiv sehr geeignet für den Stil der W issenschaft, welcher gerade &ftpersohiichkeit, V erallgem einerung, Abstraktion anstrebt, una fu r 'd ie Sachprosa überhaupt. Überzeugende Beispie­le lassen sich in verschiedenen Texten dieses Typs finden. E inige von ihnen werden hier zur V eranschaulichung angeführt:

„Diese Entschlossenheit und die V eränderung des in ternationalen K räftezustandes w ird durch die A nnah­me der Schlußdokumente in ihrer vorliegenden Form bestä tig t.“ (Neues Deutschland.)

Dem Satz liegt die zw eigliedrige V ariante der Passivkon­struktion zugrunde. Als A ussage te ilt er eine aktuelle Tatsache mit, die als verallgem einerte C harakteristik der1

■- in ternationalen Lage in einem bestimm ten Zeitmoment aufzufassen ist.

„A ngestrebt w ird eine U m gestaltung der w irtschaftli­chen, politischen und m ilitärischen Beziehungen in der NATO... bei A ufrechterhaltung der herrschenden Rolle

der USA mit dem Ziel der A ktivierung des NATO- Blocks.“ (Neues D eutschland.)

Auch dieser Satz ist eine verallgem einerte Feststellung in Bezug auf die politische S ituation in der Welt, die N ennung eines „T äters“ w äre im Rahmen dieser Feststellung sinnlos.

„Für die Beweisführung der Richtigkeit dieser Hypothe­se und die E rm ittlung der A bm essungen der Blenden für die einzelnen V ergrößerungen wurde ein Rechen­program m aufgestellt und durchgerechnet.“ (Zeit­schrift „Feingerätetechnik“ .)

Die Inform ation des angeführten Satzes, der nach dem Prinzip der zw eigliedrigen Passivkonstruktion aufgebaut ist, en thält eine M itteilung über die A nw endung eines bestim m ten w issenschaftlich-technischen Verfahrens, das ein P rodukt der kollektiven Bem ühungen ist und keinem konkreten Täter zugeschrieben w erden kann.Amtliche M eldungen über konkrete E reignisse oder am tli­che Beschlüsse, A nforderungen usw. werden auch m eisten­teils als zw eigliedrige Passiv-Sätze gestaltet, z.B.:

„Bei der E isenbahnkatastrophe w urden zwei W agen beschädigt und m ehrere Personen verletzt.“ [58]„Bei der planm äßigen Lösung der w issenschaftlich- technischen Aufgaben des S taa tsp lans w urden F ort­schritte erzielt“ (Neues D eutschland).„H ierm it w ird bestätig t, daß...“

Innerhа 1 b dej^ G enera jverbi^ existiert noch eine Form, die Тщ G egensatz z u m g a n gspassivf aГэ ^ ^ й Ш п З ’зpassiv” au fg e ß ß t w ird uri.d.Stativ h e iß t/ „Das S^t a iF v T .^ e z e j- chhet den Zustand des Subjekts, der infolge emes~Vbrgangs eingetreten ist.“ [58, S. 62] Die R ichtungsangabe ist dabei irrelevant. K onfrontative U ntersuchungen der V erw endung dieser Form in einzelnen Funktionalstilen haben zu einigen w ichtigen Feststellungen geführt. Die. JS ta tiv -Sätze^erschei- nen am, häufigsten .im F u n k tio n a ls til.. der .W issenschaft, bedingt durch die Spezifik seiner D arstellungsarten: J>eim Erörtern, Betrachten, A rgum entieren u.a. werden Prozesse, Aktionen, Erscheinungen als etw as Gegebenes behandelt, d.h. in statischer Perspektive. D agegen erscheint der S ta ­

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tiv-Satz im Stil der schönen Literaturjyi^J&UsUST* we*l solchen für dtesefi S til ' ch ä rak te flö sch en D arstellungsar- ten wie Schildern, E rzählen usw. m eistens eine dynamische Perspektive zugrunde liegt.Die Tabellen, die verschiedenen durchgeführten U nter­suchungen entnommen sind, sollen das G esagte objektiv (durch Zahlenangaben) bekräftigen [21, S. 91; 47, S. 86; 20, S. 78]:

F unk tiona lstilGenera (auf je 200 000 W ortform en

A ktiv Passiv S ta tiv

der schönen Literatur 96% 2 % . 2 %der Wissenschaft 85% 10% V/' 5 %

“ Im w issenschaftlichen Stil sind die Passivform en nach den A ngaben der Tabelle fünfmal so häufig wie im Stil der schönen L iteratur.

F unktionalstilGenera (auf je 900 Sätze)Passiv S ta tiv

der schönen Literatur 7,1 % 2,9 %der Presse und Publizis­tik 29,3 % 4,1 %der Wissenschaft 45,3 % x /9 ,6 %

Auch nach diesen Angaben ist der P rozentsatz des P a s ­sivs im w issenschaftlichen Stil über sechsmal so groß wie im Stil der schönen L iteratur.

F unktionalstilProzentsatz des S tativs

(auf je 1 000 000 W ortform en)

der schönen Literatur 12,75 %der Presse und Publizistik 22,25 %der Wissenschaft 36,26 %

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Diese Tabelle zeigt einen geringeren Unterschied zwischen den beiden Stilen.

Im Allgemeinen gibt es keine bedeutenden Inkonse­quenzen in den A ngaben der Tabellen. M an kann klar sehen, daß auch die H äufigkeit des S tativs im .w issen­schaftlichen Stil dreim al (oder etwa dreim al) so groß ist wie im literarischen Stil. Der P ressestil befindet sich in der M ittelstellung.Unten folgen Beispiele aus verschiedenen Funktionalsti­len:

„H eute sind neue A usgangspositionen erreicht, die eine weitere planm äßige Beschleunigung des In tegrations­prozesses möglich m achen.1* (Neues Deutschland.)„Ein solches System ist bereits erfunden und funktio­niert erfolgreich. Es ist der Sozialismus.*1 (Ebenda) „W. Schmidt weist darauf hin, daß bei B rinkm ann die Adjektivdeklinationen nach ainem neuen G esichtspunkt klassifiziert sind.11 (Zeitschrift „Deutsch als Frem d­sprache“ .)„Die G rundinform ationen sind dabei auf die Problem ­stellung des jew eiligen Zieltextes ausgerichtet.11 (Eben­da.)„Die U ferstraße w ar um säum t von breitkronigen Aka­zien.11 (G. Görlich. Eine Sommergeschichte.)„...Helga ist oft halb verrückt vor Eifersucht. Dann ist sie bockig, es gibt Streit, und das ganze W ochenende ist verpfeffert.“ (K. Veken. Die unrom antische Anne- rose.)

In allen gegebenen Beispielen erscheint die S tativ-Form des Satzes zur W iedergabe eines resultativen Zustandes, der infolge einer früheren Aktion, eines Prozesses usw. eingetreten ist. Im letzten Beispiel aus der schönen Lite­ra tu r ist das besonders k lar zu sehen.D i e T e m p_o r a d e s Y e r b s als Stilelem ente (bzw. stildifferenzierende M erkmale) stehen schon,m ehrere Jah re im M ittelpunkt der Aufm erksamkeit der Stilforscher. Ihre Synonymie im System, m annigfaltige Transpositionen im Gebrauch förderten und fördern solche Forschungen, in denen sich die Morphologie und Syntax mit der S tilistik berühren sollen. Damit ist die Perspektive auch für die weitere Forschungsarbeit angedeutet, die noch mehr Be­rührungspunkte voraussehen muß, insbesondere mit der

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Funktionalstilistik , Textlinguistik usw. W as bis je tzt ge­leistet worden ist, gehört eher der M ikrostilistik an, w äh­rend in der Funktionalstilistik noch manche Lücken unge­schlossen bleiben. Die vorliegenden Resultate gestatten deshalb nur eine skizzenhafte B etrachtung der verbalen Tempora vom Standpunkt ihres stildifferenzierenden Po­ten tia ls aus.Wie sich die Zeitformen nach verschiedenen Funktionalsti­len verteilen, zeigt folgende Tabelle [20, S. 79]:

Funktionalstil

Tempora (nur Aktiv Indikativ) aui je 200 000 Wortformen .

Prä­sens

Präte-r it

Per­fekt

Plus- quam-

per f.Fu­tur I

der Alltagsrede 64% 20% 12% 1% 2%der schönen Literatur 28% 60% 3 % 8 % —•der Wissenschaft 80% 12% 7 % — —

Aus dieser Tabelle resultieren einige wichtige funktional­stilistische Gesetzm äßigkeiten.D a s P r ä s e n s dom iniert sehr stark im Stil, der W issen­schaft, wo seine Frequenz das M aximale erreicht. Д а s P r ä t e r i t u m ist dagegen am meisten für den Stil der s p jo a j^ ^ Im Stil Ber ÄTlTägsFedeüberw iegt auch, das P räsens, aber mSh Rahn änriehmen, daß seine Funktion hier eine andere sein muß als im w issen­schaftlichen Stil. Im letzteren steht es im D ienst der Ab­straktion, V erallgem einerung, Zeitlosigkeit, entspricht

"also dem erörternden, betrachtenden und argum entieren­den Charakter der w issenschaftlichen Rede. D agegen ist seine H auptaufgabe im Stil der A lltagsrede mit der Be­tonung des Redemoments, der G egenwart, mit der G estal­tu n g des unm ittelbaren Verlaufs der Gespräche verbunden. Der Sprecher benutzt dabei das P räsens, besonders beim Erzählen, auch in Bezug auf die V ergangenheit zum Zweck ihrer V erlebendigung und zugleich zur Em otionalisierung der A ussage (das erzählende P rä se n s ) . Gebräuchlich sind in der A lltagsrede das iterative, das qualitative P rä ­sens [58, S. 48—49].Das P rä teritum .paßt gut zum Schildern, das sich gerade

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im Stil der schönen L iteratur als H auptverfahren bew ährt hat. A uc^lfar'B Ö scfirelben bedient sich oft des P rä te ri­tum s, besonders bei den epischen D arstellungen. Als spe­zielle Funktionen gelten in der schönen L iteratur das P rä teritum der erlebten Rede, das futurische P rä te ri­tum [58, S. 50].D a s P e r f e k t als Angabe der V ergangenheit in ihrer resulfattven Beziehung auf die G egenw art dom iniert im^ Stil der A lltagsrede. E. Schendels schreibt darüber: „Die" G egenw aftsbezogenheit ist der H auptgrund, w arum das T^erfekt im G espräch, also in der direkten "Rede, dem P rä ­teritum vorzi*ziehen ist.“ [58, S. 51] In der deutschen G ram ­m atik wird seit jeher betont, daß das Perfekt nicht nur in unm ittelbar dialogischer Rede, sondern" auch in einzelnen aktuellen M ittel 1 ungen verw endet’ wird".'Solche M itteilun­gen, die immer etw as Neues oder W ichtiges betonen, sind für den /^ fä g sW fk e h r 'se fir charakteristisch]Die geringste allgem eine V ariabilitä t der Tempora ist nach der Tabelle dem w issenschaftlichen Stil eigen: in ihm sind $r&der..das P lusquam perfekt noch das F u tu r wesentlich vertreten. Dem gegenüber zeigt der Stil der schonen Li-'" te rä tü r einen relativ hohen P rozentsatz des P lusquam per­fekts. M an kann diese Tatsache dam it begründen, daß eine künstlerische D arste llung verschiedene, dabei sehr spezi­fische und differenzierte Form variationen zum Ausdruck der zeitlichen Beziehung braucht.M an könnte noch über besondere kom m unikativ-stilistische Aufgaben einzelner Temporalformen sprechen, wie es z.B. mit dem Gebrauch des P räsens im P ressestil steht: es erscheint sehr oft in Ü berschritten, Schlagzeilen, B ekannt- njachuhgen, Reklam em itteilungen usw. und bedeutet, daß eine g e n a u e Z eitangabe dabei nicht wesentlich ist. Aber auchjdas P rä teritum kann zu denselben Zwecken verw en­d e rw erd en [58, S. 50]. Das Perfekt zeigt sich eigenartig in dem Sinne, daß es in künstlerischer P rosa einen Rahmen bildet, d.h. als Eröffnungs- und Schlußperfekt auftritt. Irn Rahmen selbst steht das P räteritum . Noch kann sich das Perfekt in die P räteritum kette einschalten, sie zerreißen und dadurch die V eränderung der Sehweise betonen. WieE. Schendels bemerkt, besitzt ein solcher Wechsel von P rä teritum und P räsens in der B elletristik seinen Stilw ert [58, S. 52]. D as Futur ist nach seinem Wesen w eniger eine Zeitform und mehr eine M öglichkeit für den Ausdruck ver-

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schiedener m odaler Schattierungen. Sie können sowohl beim Futur t als auch" beim Futur I I vorhanden sein К D i e M o d i d e s V e r b s dienen in erster Linie zur CEaräkferTsTenm Äxissage hinsichtlich ihrer R ealität oder Irreä liT ätr'D ie Haiiptopposition im Bereich dieser K ategorie bilden jd c rJn d lk a tiv_ und der Jfen junk tiv . Die E rforschung ihrer S tilw erte erfolgte bis je tz t unter dem Gesichtspunkt, wie der Sprachbenutzer (der Sprechende) seine S tellungnahm e zum Sachverhalt geben, d.h. „seine Ansicht über R ealität oder R ealisierung“ des Redegegen­standes deutlich m achen kann [58, S. 144].Im Hinblick auf die funktionalstilistische B edeutung der M odusformen, ihre Relevanz für einzelne Funktionalstile liegen nur wenige Forschungsergebnisse vor. Die deutsche Funktionalstilistik hat diesen Problem kreis nodi~auszuar- be1irainfnd"wäs heu tzu tage bekannt und erforscht ist, kann davon keine genaue V orstellung geben.Die verglefchencie Analyse einiger Funktionalstile nach dem V orhandensein der M odusformen in jedem von ihnen läßt sich durch folgende zusam m enfassende Tabelle ver­anschaulichen [8, S. 50—53]:

M odusformenFunktionalstile (je 200 000 W ortform en)

Stil der A lltagsrede

S til der schönen L ite ra tu r

Stil der W issenschaft

IndikativKonjunktiv

\ 95 % 4 %

4 93%7 %

- 95% 4 %

P ie höchste Gebräuchlichkeit des Konjunktivs kennzei­chnet den Funktionälstil d e r 'sch ö n e n L iteratur, in den änderen zwei verglichenen Stilen i s f sein P rozentsatz gleich, was aber nicht besagt, daß auch seine Funktionen gleich sind. Im A lltagsstil sind die Form en des Konjunktivs Ausdruck sehr verschiedener Schattierungen der M odali­tät^. im w issenschaftlichen Stil dom inieren seine Bedeu­tungen der Anweisung, realisierbarer Annahme, Hypothese,

У tC<ft3>£U.u 1 1 , rn^ ;--------------- - u . T ^ ' "< 'ft'".1 Beispiele für* alle genannten Funktionen der Tem poralform en

(K onkurrenzfunktionen) en thält “Deutsche G ram m atik” von E. Schen­dels (Шендельс E, f f . Практическая грамматика немецкого языка.— М., 1979).

4 Т. С. Глушак 9 7

Absicht, erfüllbarer M öglichkeit [58, S, 89—90]. Davon überzeugen die A ngaben über die V ertretung in den ge­nannten Funktionalstilen einzelner Zeitformen des Kon­junktivs, die in der Tabelle unten zusam m engefügt sind [20, S. 80—81]:

Tempusformen (auf je 200 000 W ortformen)

F unk tionalstil P rä ­sensK onj.

P rä te r itK onj.

Perfek tK onj.

Plusquam- p erf.

K onj.K ond itio ­

nalis I

der Alltagsrede 3 % ' 74 % . и % 12 %der schönen Literatur 24 %' , 33 % 6% 19 % 16%der Wissen­schaft 25% 62 % i % 3 % ----

Die obenerw ähnten Bedeutungen des Konjunktivs im w issenschaftlichen Stil stehen in direkter V erbindung mit den für diesen Stil wesentlich charakteristischen Zeitfor­m e n — dem P räsens und P rä teritum Konjunktiv. D as P rä ­teritum dom iniert auch im Stil der A lltagsrede, wobei das P räsens hier unw esentlich ist. D agegen sind die Zeitfor­men d a s ’ P lusquam perfekt und der K onditionalis I für diesen Stil von großer Bedeutung. Im allgem einen also bedient sich die A lltagsrede fast ausschließlich präterita- ler Formen des Konjunktivs, die hauptsächlich dem A us­druck der Irrea litä t dienen und alle zusam m en als K onjunktiv II aufgefaßt werden. Wie E.* Schendels schreibt, ist das Fassungsverm ögen dieser Formen sehr weit. Ihre Bedeutungen sind zahlreich, sehr m annigfaltig abgestuft, „von einer V erm utung bis zur vollständigen U nerfüllbarkeit“ [58, S. 86].Die auffallendste V ariabilitä t des Konjunktivs läßt sich anhand der Tabelle für den Funktionalstil der schönen L itera tu r annehm en. Obwohl das P räteritum auch hier vorherrscht, ist sein P rozentsatz nicht so hoch im V er­gleich zu dem des P räsens, dann des P lusquam perfekts und des K onditionalis I, was keinem anderen Stil eigen ist. H inter dieser V ariab ilitä t der Form en steht eine unüber­

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sehbare Skala funktional-sem antischer Schattierungen des Konjunktivs in den Texten der schönen L iteratur.Im Endergebnis der B etrachtung muß noch einmal betont werden, daß den verbalen K ategorien -im Aspekt der Funktionalstilistik eine große Bedeutung beigemessen w erden muß. Sie bleiben ohne Zweifel ein perspektivisches Thema für die weitere A usarbeitung der stilistischen deutschen G ram m atik unter dem Aspekt der Theorie der Funktionalstile.

Stilistische Potenzen der strukturellen Satztypen

Einfache K urzsä tze .— Vielgliedrige E in ­fachsätze.— Parataxen und H ypotaxen .—Die syntaktische Periode.

Die M annigfaltigkeit der strukturellen Satztypen reicht einerseits vom e i n g l i e d r i g e n Satz, der nur aus einem W ort besteht, bis zum langen v i e l g l i e d r i g e n 'E infachsatz, andererseits — vom Einfachsatz bis zum vielfach zusam m engesetzten S a t z g e f ü g e und noch w eiter bis zu den kom pliziertesten p a r a t a k t i s c h ­h y p o t a k t i s c h e n S a t z g e b i l d e n . Den allgem ei­nen P lan der strukturellen Beschaffenheit des deutschen Satzes gründen folgende drei Oppositionen:. . e ingliedriger E infachsatz — vielgliedriger E infachsatz

einfacher Satz — zusam m engesetzter Satz Satzreihe (Para taxe) — Satzgefüge (Hypotaxe).

Im Rahmen jeder A rt Opposition bestehen außerdem noch U nterarten, denn jedes Oppositionsglied kann in seinen V arianten auftreten. Die A usnutzung all dieser Formen und S trukturen ist eine unerschöpfliche Quelle für die Text- und S tilgesta ltung . Die S tilforscher sind darüber einig, daß die stilistische E igenart des Textes von seiner syntaktischen Seite sehr stark abhängt. Die syntaktische Form ung trä g t viel dazu bei, die Aussage ausdrucksvoll zu machen. „Die M annigfaltigkeit der Form en zu nutzen, die vom eingliedrigen Satz... bis zum vielgliedrigen, kunst­voll zusam m engefügten Satzgebilde reicht...“ [35, S. 181]— das bietet viele stilistische M öglichkeiten.

.E ingliedrige und w enig erw eiterte Sätze faßt m an in der Kategorie der K u r z s ä t z e zusammen. Die A usdrucks­

potenzen der K urzsätze haben ihren spezifischen C harak­ter: die D arstellung der Sachverhalte in Form von K urz­sätzen schafft gewöhnlich jS iin spannend.es, .J^bsadlKSS Bild. Das W ichtigste in der stilistischen Leistung der K urzsätze besteht gerade darin, daß sie sich zum Ausdruck der Bewegung, Lebendigkeit, des W echsels .gut eignen. M an betrachtet sie in der S tilistik als eines der H auptm it­tel zur V erkörperung der Dynamik;

^D er V ater w ar fern; er kommt; er hört; er sucht mich auf;

Er dankt ..." (G. E. Lessing, N athan der Weise.) [35]

D ynam ik bestim m t auch das Bild des Sonnenaufgangs im folgenden Textauszug:

„Die Nebelfetzen zerflatterten , schon g länzt ein rotes Dach. Riesige F irm enschilder blinkten oben an den Nebelburgen, Fensterreihen blitzten. Die H äuser w ur­den farbig, rote Gesichter erschienen in den Türen. Plötzlich s trah lte die Sonne.“ (B. Kellerm ann, Der 9. November.)

Eine spezifische E rscheinungsart Ujjder den K urzsätzen sind JM e n n s ä t z e (immer e in g lied rig ). Sie bestehen m eistenteils aus einzelnen W örtern (Substantiven) oder W ortgruppen. M it solchen Sätzen läß t sich der H in ter­grund eines Ereignisses, einer Begebenheit, oder ein S tim m ungsglied sehr gut zeichnen. Vgl. folgende Bei­spiele:

„Freies Feld, Rübenäcker,, keine Bäum e.“ (H. Böll, M ein trau riges Gesicht.)„Kein Laut. Totenstille.“ (B. Kellerm ann, Der 9. No­

vember.) „Nacht... Schw arzer Regen.“ (Ebenda.)

Zu den K urzsätzen rechnet m an auch elliptische Sätze (E llipsen), obwohl sie eher verkürzte Sätze sind. Es han­delt sich um eine besondere Satzform . Die G ram m atik bestim m t die E l 1 i EL3_e_n als unvoJlsländige-Sätze^w eil in ihrer S truktur notwendige Satzglieder fehlen können. Und gerade in der U nvollständigkeit liegt ihr stilistischer W ert: der Satz en thält nur das, w as für die M itteilungw .

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„inhaltlich w ichtig ist und auch stilistisch betont werden m uß. G ram m atisch notw endige Satzglieder können also feETen, inhaltlich. W ichtiges muß aber da sein und ist immer da. pig-filVp***1-- beschleunigen J f ip p » der.. E rzählung, bewirken natürlichT T rvham T O nhaltliche und em otionale H ^üaEa«m B g. Am m eisten sind die ellipti-s^rSaTzeW ^ - ’S I^ ^wo die S ituation “es erübrigt, alle Satzglieder zu bezeich­nen. Das betonen z.B. D. Faulseit und G. Kühn, indem sie meinen, daß die G esprächssituation es mit sich bringt, daß die elliptischen. Sätze in D ialogen der A lltagsgesprä; che N achlässigkeit und Bequemlichkeit ausdrücken^ den unbehinderten lind spontanen “F luß der Rede w iederge­ben.“ [35, S. 185] Sie geben dabei folgendes Beispiel:

„Quatsch. Weiß Bescheid... Höherer Befehl. Schnauze halten und verkaufen , sonst gnade G ott,“ (H. M ann, Der U ntertan .)

Vgl. noch ein anderes Beispiel:

„H abe m ir einen Kaffee gekocht, extra s ta rk und ohne Zusatz. Liege auf dem Sofa, rauche eine gute Z igarre und lese, ...kein Lam ento, keine Fragerei. Himmlisch!“ [30]

In den Texten der schonen L iteratur stehen die ellipti­schen Sätze bei der Beschreibung des inneren Z ustandes als A usdruck der Spannung, Leidenschaft*. A ufregung, einer Person, sie b e to n e n den unruhigen Äfeläüf und Wechsel ihrer Gedanken. So sind sie immer Kennzeichen, der expressiv gefärbten Textstellen. Die V erw endung zur G esta ltu n g eines Sp rachporträ ts in literarischen Texten gehört ebenfalls zu ihren wicHtig&n stilistischen Funktio­nen — sie s in d ein anerkanntes und in dieser H insicht w irksam es Stilm ittel. Vgl. folgendes Beispiel:

„..„Schluß je tz t endlich*, sag te der M ajor, schafft den Kerl weg!* ...,Aus‘, schrie der M ajor, ,je tz t aber Schluß!* “ (Fühm ann, Kam eraden.) [62]

Diese Stelle läß t eine abgehackte, grob gefärbte, typisch m ilitärische Ausdrucksweise, einen Kommandoton erken­nen.

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Дш Stil der P resse sind die elliptischen Sätze eine ver­breitete Form für die G esta ltung der Ü berschriften, Schlagzeilen usw.Abschließend kann m an mit Recht behaupten, daß kurze A ussagesätze über zahlreiche V erw endungsm öglichkeiten verfügen und daß sie besonders bei den „gefühlsbetonten“ Situationen w irkungsvoll in die T extgestaltung einbezo­gen werden [35, S. 186].VielgHedrige Einfachsätze sind inhaltlich sehr um fassend und eignen sich für ausführliche Beschreibungen, Schil­derungen usw. In solchen Sätzen können viele A ngaben tnitgeteilt werden: G ründe und U m stände, B edingungen und Ziele, E igenschaften und M erkm ale usw. Diese Verei­n igung verschiedenartiger A ngaben im Satz erm öglicht eine vielseitige W iderspiegelung der W irklichkeit.Die v ielgliedrigen Sätze sind in alleiT Funktionalstilen gebräucmicHTDie nachstehenden Beispiele sind der schö­nen L iteratur entnommen:

„ ln einer M ärznacht des Jahres 1945 lag er am Rande eines pommerschen Dorfes hinter einem M aschinen­gewehr...“ (H. Böll, Mein trau riges Gesicht.)„Den letzten Sommer seines Lebens brachte der

M aler K lingsor, im A lter von zw eiundvierzig Jahren, in jenen südlichen G egenden in der N ähe von Pam pam - bio, Kareno und Laguno hin...“ (H. Hesse, K lingsors letzter Sommer.) [35]

Die oben angeführten Sätze en thalten viele A ngaben: der letztere berichtet z.B. über die E tappe im Leben eines M annes, über sein Alter, über den O rt seines A ufenthaltes, der nicht bloß genannt, sondern auch näher charak teri­siert wird. Dabei bemerken D. Faulseit und G. Kühn, daß längere (also vielgliedrige) „A ussagesätze insbesondere für sachliche Schilderungen, für Beschreibungen und E rläu terungen d ienstbar“ sein können [35, S. 186]. Zusam m engesetzte Sätze können sehr kom pliziert sein. E in zusam m engesetzter Satz ist entw eder P ara tax e oder Hypotaxe. Die P arataxe verkörpert unabhängige, aber m iteinander verbundene Beziehungen: die aufeinanderfol­genden Sätze sind dazu geeignet, etw as Zusam m engehö­riges, eine Sinneinheit auszudrücken, bei ihrer Aufnahme steht der G esam teindruck im V ordergrund. Die Hypotaxe

Д02

erm öglicht dagegen die D arlegung und E rläu terung des G egenstandes in seinen abhängigen Beziehungen. In ihr können vielfältige logische Beziehungen der R ealität w iedergegeben werden:. Raum, Zeit; Bedingung, B egrün­dung, E inräum ung, U rsache usw. Die V erw endung der H ypotaxe ist besonders für den w issenschaftlichen Stil charakteristisch, weil hier gerade die logischen Beziehun­gen u m L ^ b M n g ig k e ite n den Sachverhalt "besfiinmen. Aber auch in den anderen Funktionalstilen ist sie verbrei­tet. In der, schönen L iteratur findet m an zahlreiche Hypo- taxenT ^V ie die S tilforscher betonen, dienen sie im literarischen Text insbesondere der E ntw icklung , eines G edankens, sei es durch eine F igur oder durch den Autor [5 5 fö T l9 6 ] . Entwickelte Gedafikengänge brauchen zu ihrer sprachlichen V erkörperung nicht selten sehr komp­lizierte parataktisch-hypotaktische S trukturen. E in Beweis dafür ist folgender Textauszug: *

„Der Alte mochte sich erinnern, wie er vor sechsund­vierzig Jah ren zum erstenm al am Sterbebette einer G attin gesessen hatte, und er mochte der wilden Verzweiflung, die dam als in ihm aufbegehrt w ar, die nachdenkliche W ehm ut vergleichen, m it der er, nun selbst so alt, in das veränderte, ausdruckslose und entsetzlich gleichgültige Gesicht der alten F rau blickte, die ihm niem als ein großes Glück, niem als einen großen Schmerz bereitet, die aber viele lange Jah re mit klugem A nstand bei ihm ausgehalten und nun ebenfalls langsam davonging.“ (Th. M ann, Bud­denbrooks.)

Die syntaktische G estaltung dieser Textstelle erinnert an diejenige Form der Sätze, die nicht mehr produktiv ist — die syntaktische Periode. Sie w ird Uimer S tilistik betrach­tet, und die deutschen Stilforscher bestim m en sie als das kom plizierteste syntaktische Gebilde. M an versteht darun­ter einen vielfach zusam m engesetzten Satz, dem inhalt­lich eine vielseitige D arlegung des Themas zugrunde lieg t. D. Faulseit und G. Kühn form ulieren das W esen der syntaktischen Periode als die E n tfaltung eines g r ö ­ßeren G edankenganges in einem gram m atisch sehr kom­plizierten, aber übersichtlich aufgebauten Satzgebilde, mit verzw eigter über- und U nterördnüngrM anchm al heißt die Periode „Schachtelsatz“ . Sie kann z.B. so aussehen:

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„Die persönlichen Aussprachen, die, als es darum ging, U nklarheiten zu beseitigen, mit den Kollegen durchgeführt w urden, um auch deren Sorgen und Nöte kennenzulernen, ergaben, daß der Schwerpunkt der Sorgen den betriebsw issenschaftlichen Sektor, vor allem V erhältnisse, die einen rhythm ischen A rbeitsab­lauf nicht zulassen und dadurch unnötige Arbeit erfordern, betrifft.“ [35, S. 230]

Die syntaktische Periode verhindert es, daß ein eng zu­sam m enhängender G edankengang, wie sehr kom pliziert er auch sein mag, in einzelne B estandteile zerfällt. D as zeigt auch der oben angeführte Satz.Diese komplizierte S truk tur findet ihre vornehm liche Ver­w endung in der w issenschaf t i ic b e m P ro sа . Als Beispiel führen die deutschen ‘ Stilforscher (z.B. D. Faulseit undG. Kühn) die W erke von K ,J& arx und-F . Engels an, die eine w ahre Fundgrube solcher Gebilde sind. In der schö­nen L iteratur ist die syntaktische Periode nicht mehr produktiv, w ährend die alte (klassische) deutsche Lite­ra tu r sie oft verw endet hat. In diesem Zusam m enhang sind besonders die W erke von H. v. Kleist zu nennen.

Die kom m unikativen Satztypen in ihrer stilistischen Leistung

Der Aussagesatz, in der Vielfalt seiner M erk­male.— Der A usru fesa tz — Der Fragesatz und seine Abarten .

Nach dem Zeil der kommunikativen E instellung ..unter­scheidet die G ram m atik drei Satztypen.: A ussagesätze, Ausrufezätze, F ragesätze, und jeder Typ b irgt in sich sei­ne eigenen Potenzen des stilistischen Gebrauchs.Der A ussagesatz ist die H auptform der Kommunikati­on, er ist nach seinem Wesen für das Erzählen und Be­schreiben bestimmt. Syntaktisch ist gerade dieser Satztyp am vielseitigsten entwickelt, weil ihm die V ielfalt verschie­denartiger inhaltlicher Beziehungen zugrunde liegt. Die Ausbaum öglichkeiten des A ussagesatzes nach diesen bei­den Aspekten sind für die Ziele der T extgestaltung von großer W ichtigkeit.A bhängig vom sem antischen C harakter des verbalen Kerns, können die Aussagesätze. H andlungen, V orgänge oder Zustände ausdrücken. W enn m an z.B. die V erteilung (nach ihren Koeffizienten) der ersten zwei Typen in ver­

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schiedenen Funktionalstilen vergleicht, so bekommt m an folgende Resultate [7, S. 34]:

Funktionalstil H andlungssätze ■ Vorgangssätze

der schönen Literatur 33,8 51,6der Presse und Publi­zistik 40,9 42,1der Wissenschaft 30,2 49,0

jD je r _ V ° r g a n g s s a t z als V erkörperung der Prozes- suafität ist vor allem für den Stil der schönen L iteratur, dann für den w issenschaftlichen Stil charakteristisch; d e r H a n d l u n g s s a t z tr i t t als dom inierende E rscheinung im Stil der P resse und Publizistik auf. Ü brigens verweridet dieser S til die beiden Typen des S a tzes fast gleichm äßig, w as sich in keiricm anderen Stil feststellen laßt!Beim nom inalen A usdruck des P räd ikats e n ts teh e n ent- w e d e r '^ S u b s t ä n t i v s . ä t z e ; “deren sem antische Leis­tu n g die -Iden titiz ierüng Ist, oder - А 4 j e k t i v s ä t z e als W iedergabe der C harakteristik. Ihre V erteilung nach den Funktionalstilen charakterisieren folgende Zahlen [7, S. 34]:

F unktionalstil Substantivsätze(Identifizierung)

A djektivsätze(C harakteristik)

der schönen Literatur 5,1 9,5der Presse und Publi­zistik 11,0 6,0der Wissenschaft 9,4 1 Ц .

Die angeführten Tabellen und Zahlen sind konkrete Be­weise dafür, daß die funktionalstilistische A usnutzung des A ussagesatzes durch seine inneren Potenzen voraus­bedingt ist.Die Eänge des A ussagesatzes kann sehr verschieden sein, auch sie spielt ihre bestimm te Rolle in der Textgestaltung.

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Der deutschen S tilistik stehen in diesem Sinne die E rgeb­nisse spezieller Forschungen zur V erfügung, wie sie z.B. von der Tabelle unten abzulesen sind [13, S. 71—72]:

Funk tionalstil D urchschnittliche Satzlänge in W ortform en

der schonen Literatur ■ 18,7der Presse und Publizistik 24,0der Wissenschaft 21,2\

Die Texte der schönen L iteratur bevorzugen im allgem ei­nen kürzere A ussagesätze, aber auch bei jedem Schrift­steller kann die Satzlänge Ausdruck seines Individual­stils sein. M an braucht nur einige deutsche Prosaiker nach diesem M erkmal zu vergleichen [11, S. 182— 187]:

Verfasser Satzlänge in W ortform en

H. von Kleist 1— 105д. Keller 1—69Th. Mann 1 - 5 7L. Frank 1—42W. Heiduczek 1—29R. Holland-Moritz 1—38

Der U nterschied läß t sich in m anchen Fällen auch ohne besondere Zählungen leicht erkennen:

— ganz kurze Sätze:„Ich bin unterw egs. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich will zur S traßenbahn. Ich muß mit. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich hab H unger. Aber m it muß ich. Ich muß zur S traßenbahn.“ (W. Borchert, Die lange lange S traße lang.) [61]

— Sätze, die an kleine Berichte erinnern:„Gut, das m ußte gesagt w erden und w ürde seinen Eindruck auch nicht verfehlen, heute nicht und auch

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m orgen nicht,.. Auf diese Weise kannst du jede Tat, die etwas auf dieser Erde verändert hat, verschrum p- fen fassen... M it dem richtigen Trick kannst du die Sonne in eine Erbse verw andeln, frag t sich nur, wer die Erbse haben will s ta tt der Sonne.“ (H. Kant, Die Aula.) [62]

In bezug auf den A ussagesatz und- in seinem Rahmen w ird die Grenze zwischen .dem „ N o m i n a l s t i l “ und dem „V e r b а 1 s t i 1“ gezogen. H inter den beiden Begrif­fen stehen unterschiedliche G e^taltungsarten der A ussage, sie sind in einem oppositionellen V erhältnis zueinander. Zur Illustra tion d ien t z.B. im Buch von G. Schreinert folgende Zeitungsiheldung:

„Eine D elegation der Deutschen Volkspolizei unter Leitung des M inisters des Innern der DDR und Chefs der Deutschen Volkspolizei... is t am D onnerstag auf E inladung des M inisterium s zum Schutz der öffentli­chen Sicherheit der RSFSR zu einem zehntägigen Be­such in M oskau eingetroffen.“ [60]

Diese M eldung w ird in einen langen vielgliedrigen Aus­sagesatz gefaßt, eine ganze Reihe von Sachverhalten ist in diesem Satz nur durch eine finite Verbform vereinigt: die Sachverhalte sind in solchen Substantiven verkörpert wie Leitung, E inladung, Besuch u.a. Also, m an sieht deutlich die Tendenz, „H andlungen, V orgänge und Zu­stände m it Hilfe von Nomina auszudrücken“ [56, S. 26]. D as gehört zum W esen des N om inalstils. Derselbe Inhalt kann auch so m itgeteilt werden:

„Am D onnerstag ist eine D elegation der Deutschen Volkspolizei in M oskau eingetroffen. Sie w ird vom M inister des Innern der DDR und Chef der Deutschen Volkspolizei geleitet. Die D elegation w urde vom M ini­sterium zum Schutz der öffentlichen Sicherheit der RSFSR <eingeladen. Sie wird zehn Tage in M oskau weilen“ .

Je tz t besteht die M itteilung aus vier kürzeren A ussage­sätzen. Das, was im Nom inalstil durch Nomina, w ird im V erbalstil durch eine Reihe von finiten Verbformen aus­gedrückt: eintreffen, leiten, einladen, weilen .

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Wie Ci. Schreinert feststellt, sind die beiden G esta ltungs­arten der A ussage gleichberechtigt, Inhalt und Zweck einer sprachlichen Äußerung, eines Textes, letzten Endes eines Funktionalstils entscheiden darüber, welcher Art der V orzug zu geben ist [56, S. 28].Anhand der Resultate spezieller U ntersuchungen kann m an d i e R e a l i s i e r u n g d e r T e n d e n z z u m N о m i n а 1 s t i 1 in verschiedenen Funktionalstilen objektiv, d.h. durch die H äufigkeitsangaben festhalten. Das soll die Tabelle zeigen:

V ertretung im T extFunktional­stil der schö­

nen L ite ra tu r

Funktional­stil der P res­se und P u b ­

liz is tik

Funktional­s til der W is­

senschaft

einfache Aussagesätze 0,19 0,36 0,45ihre syntaktische Komp­liziertheit 0,46 0,63 0,70.Vorhandensein der grup­pensetzenden Substantive 0,07 0,23 0,31Vorhandensein der Sub­stantivgruppen 0,10 0,52 0,44

Die Z ahlenangaben sind sehr überzeugend und beweisen den sta rk nom inalen C harakter der. einfachen A ussage­sätze in den Sachstilen [13*-S. 71—72].Der A usrufesatz ais kom m unikativer Typ zeichnet sich dadurch aus, daß er immer em otionale F ärbungen t r ä g t und dem Text verschiedene gefühlsm äßige Schattierun­gen verleihen kann. Der A usrufesatz is t-s te ts Ausdruck inneren Erlebens, er drückt das V erhältnis einer bestim m ­ten Person oder des Autors zu einem bestim m ten Sach­verhalt aus, wobei „die Skala von tiefstem Abscheu bis zur höchsten V erehrung, von w ildestem Haß bis zur größten Freude reicht“ [35, S. 187]. Die A usrufesätze als T räger gefühlsbetonter A ussagen oder Ä ußerungen bil­den in der Schilderung Texthöhepunkte. Vgl. folgendes Beispiel:

„Ja, die Sage ist w ahr, die Ilse ist eine Prinzessin, dielachend und blühend den Berg hinabläuft. Wie blinkt

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im Sonnenschein ihr weißes Schaum gewand! Wie flattern im W inde ihre silbernen Busenbänder! Wie funkeln und blitzen ihre D iam anten!“ (H. Heine, H arzreise.) [62]

Die Funktionalbereiche dieses Satztyps sind hauptsäch­lich der A lltagsverkehr und die. schöne L iteratur, weiter folgt wctie Püblizisflßr Die Sachprosa greift zu diesem Satztyp nur zu bestim m ten Zwecken (Befehl, A nordnung, M ahnung usw .). Im Stil der W issenschaft erscheint er

. selten.W as den F ragesatz anbetrifft, so unterscheidet m an seine

jw e i Arten: eX k -te (eigentliche) F ragen und r h e t o r i - * s c h p Fragen. Die letzte A rt is i besonders s ta rk stili­stisch gefärbt. Rhetorische F ragen dienen keiner eigent­lichen F ragestellung, In der S tilistik von W. Fleischer und G. Michel heißt es: „Die r h e t o r i s c h e F rage gibt G edanken m it starkem G efühlsgehalt wieder. Sie en thält entw eder die A ntw ort schon in sich, w ird vom F rageste l­ler selbst beantw ortet oder bleibt unbeantw ortet...“ [37, S. 132) Ihre stilistische Aufgabe is t der Appell an den

J -e se r, eine solche F rage zw ingt den Leser, über ein be­stim m tes Problem nachzudenken. Im allgem einen also bedient sich ein Autor der rhetorischen Frage, um einen w ichtigen Gedanken einzuleiten und die Aufm erksam keit des Lesers auf diese Textstelle zu lenken. Vgl. folgende Beispiele:

„In seinem entleerten Kopf kehrten alle Gedanken zu­rück. Also, Paul w ar hochgegangen. Halt,, wieso hoch­gegangen? W ar er abgeholt worden? W ar er nur vor­geladen?“ (A. Seghers, Das siebte Kreuz.)„G eorg kam herein. Die bieden tra ten schnell ausein­ander. W arum , zum Teufel, ha t er alles der F rau erzählen m üssen?“ (Ebenda.)

Die rhetorischen F ragen bezwecken Zustim m ung oder Ablehnung, sie können zum . W iderspruch reizen, zum Nachdenken anregen oder zur H andlung aktivieren [35, S. 192— 194]. Das veranschaulichen noch einige Bei­spiele:

„Auf diese Weise entstand der zwölfstöckige Friedhof von Q uatre vents... W ar es möglich, daß ein Mensch

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geboren wurde, um hier zu enden?“ (B. Kellermann, Der 9. November.)„Ja, auffallend... Erschreckende Symptome der Zerset­zung. W ar die G eneration der Größe der Zeit nicht ge­w achsen?“ (Ebenda.)

In den beiden angeführten Beispielen stehen rhetorische F ragen, die zum Nachdenken anregen: über den sinnlosen K rieg und seine Opfer, über die* m oralischen Ideale der G esellschaft und die U rsachen ihrer E ntw ertung usw. Sie sind sowohl in der A utorensprache als auch in der S p ra­che (Rede) der F iguren anzutreffen und immer stark emo­tional gefärbt.Gewöhnliche' oder echte F ragesätze übernehm en gleich­falls w ichtige stilistische Funktionen: sie offenbaren per­sönliches Bedürfnis, Subjektives "Interesse, können auf das Kommende hinweisen usw. E. Riesel und E. Schen­dels schreiben in ihrer Stilistik: „Der eigentliche Funk­tionsbereich der F ragesätze ist natürlich m ündlicher

.-Verkehr“ , vor allem die A lltagsrede [54, S. 159]. In der schönen L iteratur stehen echte F ragesätze in der dialor gischen Rede. Im ; S til/d er P resse und Publizistik können sie in Ü berschriften erscheinen; als A usdruck des P ro te­stes, der Em pörung, des Enthusiasm us usw. In dieser ihrer- V erw endung . ziehen .sie flie Aufm erksam keit des Lesers auf sich. Für die Sachtexte sind die echten F ra ­gesätze wenig charakteristisch.

Stilw erte der Satzgliedfolge

.Norm ative R egeln der deutschen Sa tzg lied - fo lge .— Die stilistische A n fangs Stellung.— Die stilistische E ndste llung .— Der Nach­trag, die Ausklam m er ung, die Isolierung als spezielle syntaktisch-stilistische Erschei­nungen.

Die W ortstellung (die Gliedfolge) im deutschen Satz un ter­liegt bestim m ten gram m atischen Normen. Sie w ird auch nach bestim m ten komm unikativen Prinzipien geregelt. G ram m atisch festgelegt ist vor allem die S tellung (die P latzanordnung) der verbalen Glieder, obwohl auch die S tellung der nichtverbalen Glieder zu keiner w illkürlichen

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Platzw ahl w erden kann [22, S. 932]. Vom kommunikativem S tandpunkt aus besteht die N orm alstellung darin , daß m an vom Bekannten zum Neuen,, U nbekannten sehreitet. D as Satzglied als T räger des Neuen, U nbekannten erhält den höchsten M itteilüngsw ert in der A ussage, es t r i t t unm it­telbar an oder vor das Ende des Satzes. Das kom m unika­tiv-gram m atische Gesetz bestimm t, daß die Glieder mit der engsten V erbalbeziehung „an die v e r b f e r n s t e Stelle, w ährend die w eniger eng gebundenen davor zu stehen kommen“ [33, S. 935]. Das Glied am A nfang des Satzes (im Vorfeld) trä g t das Thema der M itteilung, es ist som it der A nsatz der Rede. Die N orm alstellung der Satzglieder entspricht, wie m an sieht, der natürlichen Folge des Denkverlaufs.Aber der sprachliche Gebrauch bew irkt eine große, V a ­r i a b i l i t ä t der Satzgliedfölge. Die V ariationen be­deuten Abweichungen von der oben charakterisierten Nor­m alstellung, denen bestim m te A usdruckspotenzen inne­wohnen. Je ungewöhnlicher die W ortfolge im Satz ist, desto stäfker läß t sich die Expressivität der A ussage Tühlen. D. Faulseit und G. Kühn betonen als ein allgem eines Prinzip folgendes: auffallende (weil unerw artete) Satz- gliedlolge ist m eist m it der A kzentuierung eines Satzgliedes verbunden, die eine bestim m te Absicht des A utors verrä t [35, S. 154— 160]. Je nachdem, an welcher S telle des Satzes ein Glied em otionalisiert erschein t,^ spricht m an von der stilistischen (expressiven) Anfangs-, M ittel- oder E ndstellung, wobei eine besondere Beachtung die erste, und die letzte Positionen ' als kommunikative A nsatz- und DrucksfelTeri verdienen.Bei der stilistischen A nfangssteilun g m acht das Subjekt dem 'W ort oder der W ortgruppe P latz , die hervorgehoben w erden müssen. Es entsteht eine W ortfolge, der stilistische Motive zugrunde liegen. Die kommunikative Syntax erklärt das folgenderweise: „Treten z.B. Glieder, die gewöhnlich... im Nachfeld stehen, ins Vorfeld ein, dann gewinnen sie in der A usdrucksstellung besonderes Gewicht im Sinne der H ervorhebung.“ [33, S. 934]Durch eine solche U m ordnung w ird das kommunikative Gesetz der w achsenden Glieder im deutschen Satz verletzt: Bekanntes oder als bekannt V orausgesetztes tr itt ins Nachfeld, Gefühls- und W illensbetontes rückt ins Vorfeld, um auch ins Bewußtsein des Lesers zuerst einzudringen.

Ш

Die wechselnde S te llu n g des ßubjekts im Satz w ird in der G ram m atik gewöhnlich als Inversion bestimm t, daher unterscheidet m an die invertierte und die gerade W ortfolge, des Satzes. Zum U nterschied vom Begriff._,grarnrTiatische._ Inversion“ muß m an alle m öglichen Fälle der expressiven A nfangsstellung im S atz als „stilistische Inversion“ be­trachten . E. Riesel und E. Schendels bezeichnen sie. als „expressive H ervorhebung“, die gewisse Stileffekte bewirkt {54, S. 140]ГВТе U rsache des Stileffekts liegt darin , daß die am A nfang stehenden G lieder nach den Normen der G ram m atik in dieser Positiqn nicht zu lässig sind.M an beobachtet,bei der stilistischen Ä nfangsstellung fol­gende V ariationen:T: D.aj Verbum finitum /infinitum als A nfang des Satzes. D as bedeutet einen völligen Bruch der norm ativen W ort­folge und läß t sich als etw as Ungewöhnliches empfinden. Vgl. folgende Beispiele:

„Sah ein Knab ein Röslein stehn...“ (J. W. Goethe, H eidenröslein.)„Zwingen w ill ich dich nicht. “ (Chr. Wolf, Nachdenken über C hrista T.)

dahinschreiten werden die Brüder, und auf dem blu­tigen Schutt dieser arm en E rde werden sie eine neue W elt errichten!“ (B. Kellerm ahn, Der 9. November.) „Verschwunden ist plötzlich alle M üdigkeit!“ (Ebenda.) „Dahinfegte die Limousine.“ (Ebenda.)„Einatm en w ill ich den H auch der W olken und die S trahlen des M ondes...“ (H. Heine, H arzreise.)

Diese V ariante der A nfangsstellung ist nach W. Fleischer und G. Michel „m it der H ervorhebung des vom Verb be- zeichneten Geschehens verbunden“ [37, S. 1371. jsie bedeur te t eine^ stjij:ke,Em ationalisierung der Aussage.2. D asjQ bjekt am A nfang des Satzes. Auch diese S tellung w irk t ungewöhnlich, weil das Objekt, insbesondere reines Kasusobje,kt, seinem Wesen nach als prädikatsergänzendes G lied h in ter dem P räd ikat stehen soll (im N achfeld). Nur infolge einer besonderen, expressiven Betonung erscheint es am Satzanfang.

„Den ganzen H am let kannte er ausw endig.“ (B. Keller­m ann, Der 9. November.)

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„D as Staunen vergißt m an nicht mehr...“ (Chr. Wolf, Nachdenken über C hrista T.)

.„Liebe verb irg t m an, unglückliche Liebe verschließt man in sich wie eine üble K rankheit...“ (Ebenda.)„Die einfachsten Dinge verstehst du nicht...“ (Ebenda.)

Das präpositionale Objekt in der A nfangsstellung w irkt oft weniger expressiv, ist aber auch nicht völlig neutral:

„M it den letzten Pfennigen Stipendium bezahlt sie den billigen dunklen Kuchen...“- (Chr. Wolf, Nachdenken über C hrista T.) „Von Liebe w ar kaum die Rede.“ (Ebenda.)

%3. Bestim mte Arten der A dverbialbestim m ung am Anfang /des Satzes. Nicht alle Arten der A dverbialbestim m ung wirken in der A nfangsstellung expressiv. Zur g ram m ati­schen Inversion, d.h. zur W ortfolge ohne besondere Bedeu­tung, gehört z.B. das Erscheinen der A dverbialbestim m un­gen des Ortes, der Zeit am "Satzanfang. Aber die Adver­bialien der A rt und Weise;-des G rundes, des Ziels usw. sind in dieser S tellung m eistens mit der stilistischen. Inversion verbunden. Vgl. folgende Beispiele:

„Vor M üdigkeit lehnten sie sich an eine P lakatw and.“ (Chr. Wolf, Nachdenken über C hrista T.)„Besser kann ich es mir nicht w ünschen.“ (Ebenda.) „Dunkel und schweigend lag der T iergarten .“ (B. Kell- lerm ann, Der 9. November.)„Zu Blöcken zusam m engepreßt, flogen die Menschen durch die dunklen Tunnels...“ (Ebenda.)„In Schweiß gebadet, völlig außer Atem, kam er wieder in belebtere G egenden.“ (Ebenda.)

Die stilistische Endstellung hat ihren W ert darin, daß das Salzende schon im kom m unikativ-gram m atischen Sinne die^Eirrdfucksstelle der A ussage bildet. Die Sprachforscher bestimmen die Regel so, daß „das Sinnw ort m it dem H auptakzent in die h a b i t u e l l e (gew ohnheitsm äßige) ■ D r ü c'k s t e l l e am Schluß des Satzes tr i t t“ [33, S. 933]. Aber_zuJbestimmten stilistischen Zwecken kann das Satzen­de außerdem noch"verschiedenartig expressiv betont w er­den. Es müssen sich dann in dieser Position solche Satzglieder befinden,.die hier nicht erw artet werden, weil5 Г. C. Глушак И З

ihre norm ative S tellung am A nfang oder in der M itte des Satzes ist. Alle M odifikationen solcher Art faßt man unter den Begriff „stilistische E ndstellung“ .Genauso wie die stilistische A nfangsstellung dient sie im allgem einen der ^Hervorhebung eines bestim m ten Be­griffs und der Em otionalisierung ~ der ganzen Aussage; Besonders..auffallend, (ganz gegen die Norm) w irkt <j.as Erscheinen des Subjekts am Ende des Satzes. Vgl. folgen­de Beispiele:

„Und es beschließen die Leute von K ujan-Bulak ... daß dem Genossen Lenin auch in ihrer O rtschaft aufgestellt werde die gipserne Büste.“ (B. Brecht, Die Teppichwe­ber von K ujan-Bulak ehren Lenin.) [37]„Von diesen S tädten w ird bleiben, der durch sie hindurchging: der Wind!Und nach uns wird kommen: nichts Nennenswertes (B. Brecht, Vom arm en В. B.) [35]

Die S tellung des Verbum finitum am Ende des Satzes J^st ebenfalls ungewöhnlich, w irkt expressiv:

„Der Weg ins neue Leben viel steile H änge hat.11 (J. R. Becher, Schön w ird das Leben, schön.) [37]

An die stilistische E ndstellung grenzen zahlreiche-M öglich­keiten der A u s k l a m m e r u n g (A usrahm ung), aber m an betrachtet sie in der Stilistik als eine spezielle syntaktisch-stilistische Erscheinung. B ^ im m te W örter oder Satzteile t r e t e n dabei aus ihrer gewöhnlichen S teilung unterhalb des Satzes hinter “die Satzklam m et (den ' S atzrahm en), es macht den Eindruck, daß sie a us dem verbalen Rahmen (der verbalen Klammer) soezfell hinaus- genommen,. also ausgeklam m ert werden. 5Ye Äusklamme- rung verleiht der A ussage eine e x p re ss iv e^ a rb ü n g , * sie bedeutet im allgem einen die^Verlagerung, des A usdrucks­w ertes in die Position h in te fd em gram m atischen Satzende« Vgl. folgende Beispiele:

„Er ist nicht zu sprechen vor Glück.“„Es w ar eisigkalt in diesem Zimmer.“ (B. Kellermann, Der 9. November.)„Wir wollen Abschied nehmen unter diesem Baum...“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

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„Sie muß frühzeitig Kenntnis bekommen haben von unserer. U nfähigkeit...“ (Ebenda.)

Das Folgende wurde niedergeschrieben von dem Ritter... in einem Kloster der S tad t Lima...“ [33]

Die ausgeklam m erten W örter oder W ortgruppen können dazu noch abgesondert sein, was ihre stilistische W irkung stärker macht:

„M an sieht sie oft an diesem runden M arm ortisch in der Nische sitzen, mit verschiedenen Leuten...“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)„So stellte er sie ihr vor, m it beziehungsreichem L ä­cheln...“ (Ebenda.)„Der P apst hob wieder an, stöhnend...“ (A. Zweig, Der Spiegel des großen Kaisers.) [35]

In den Stilbüchern spricht m an im Zusam m enhang mit solchen und ähnlichen V ariationen von der „N achholung“ [35, S. 174] oder vom „«Nachtrag“ [33, S. 949]:

„Sie kamen gegen M orgen nach B arbara, todm üde und steif vor Nässe. “ (A. Seghers, A ufstand der Fischer von St. B arbara.) [35] „Der bürgerliche G esellschaftsanzug kom m t wohl m ehrm als vor unter den jungen Leuten, ist aber nicht herrschend.“ [33]

Noch eine interessante E rscheinung ist mit der Ausklam- m erung verw andt — die I s o l i e r u n g (absolute Abson­derung, P arze llie ru n g ). J ) ie ausgeklam m erten Satzteile bekommen eine relative Selbständigkeit und erscheinen in Form von selbständigen Sätzen. Obwohl sie in enger ge- danklicher Beziehung zum vorhergehenden Satz stehen, befinden sie sich außerhalb seiner Grenzen. M an erreicht dadurch ihre starke stilistische Hervorhebung:

„Das Holz, ich muß ja das Holz haben. Für uns. Für m orgend„Doktor W ang lacht. Vielsagend und a u sg ieb ig “ (F. C. Weiskopf, Die Reise nach Kanton.) [35]„Im G rauen des Tages aber fahren die stillen W agen von den Lazaretten durch die V orstädte, immer weiter, bis zu den Friedhöfen. M it K isten beladen .“ (B. Keller­mann, Der 9. November.)

5* 115

„Stum m fließen die S traßen dahin, ohne Ende.“ (Eben­da).

Der scheinbar selbständige Satz, z.B. M it K isten beladen , ist in W irklichkeit ein ausgeklam m ertes Glied des vorherge­henden Satzes. Seine Isolierung ist Ausdruck einer stärke­ren gedanklichen U nterbrechung, bei welcher der soge­nannte Pausenw ert ausgenutzt wird. Die Stilforscher betrachten die Iso lierung als „die größte Sprengung der Satzgeschlossenheit“ , der die „gesprächslenkende“ Funk­tion eigen ist. Die Aufmerksamkeit des G esprächspartners (des Lesers) w ird speziell und absichtlich darauf gelenkt, was außerhalb der Satzeinheit steht. So betonen z.B. D. Faulseit und G. Kühn, daß der Autor, wenn er das M ittel der Isolierung verwendet, eine A ussage m it bestim m ­ter Absicht besonders hervorheben kann [35, S. 177].Wie es logisch anzunehm en ist, halten sich die Funktional­stile, die zur Sachprosa gehören, an die Regeln der norm a­tiven W ortfolge: die kanonisierte gram m atische P la tz ­anordnung der Satzglieder dient als wesentliches M erkmal z.B. für. w issenschaftliche Texte, Textfassungen der offi­ziellen M itteilungen, V erordnungen usw. Die irivertierte W ortfolge ist in den Texten solcher Art logisch bedingt und überschreitet die Grenzen der gram m atisch zulässigen Inversion im G runde nicht. Alle oben charakterisierten V ariationen der Satzgliedfolge als stilistische A usdrucks­möglichkeiten existieren im Bereich des A lltagsverkehrs, in der schönen L iteratur, w eniger ausgeprägt in der Presse und Publizistik.

Funktionalstilistische W erte der syntaktischen W ortgruppen

O bjektive Gründe und G esetzm äßigkeiten der W ortgruppierung .— Freie und feste Wortgruppen.— Die Substantivgruppen in ihrer funktional- stilistischen' B edeutung .— Die verbal-substan­tivischen Gruppen und Streckform en .— Die No- m inalisierung des Satzes in verschiedenen Funktionalstilen.

Wie bekannt, führen die W örter nur im W örterbuch ihr isoliertes Dasein, und nur dort stehen sie, wie D. Faulseit sagt, „losgelöst voneinander” [34, S. 46]. Im Sprachge-

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brauch dagegen sind die Wörter in m annigfaltige Bezie­hungen miteinajider_gestellt, sie schließen sich dadurch zu ^oITgnrppeh zusammen. .Die Wortgruppe Ist neben dem S J a vnt ax- lh l^J35G nitian4au te t z.B. bei OTMoslcäisßaja^oT^Die W ortgruppe (auch W ort­fügung, Wortgefüge, W ortverbindung) ist eine nichtsatzar- tig geprägte Verbindung zweier oder mehrerer aufeinander syntaktisch und semantisch bezogener Äutosemantj- ka“ [49, S. 286]Es gibt verschiedene Arten (Typen) von W ortgruppen. Ge- g*3is!and der Syntax^ sind hauptsächlich f r e j e W ort- gruppen, die gleich den Sätzen im Prozeß der Üede "entste-

iias; ' Die Wörter treten in solchen Gruppen zusammen, "entsprechend den Bedürfnissen des Denkprozesses im Verlauf der Kommunikation. O. Moskalskaja bezeichnet freie W ortgruppen als „Segmente der Sätze“ [49], weil sie durch die Satzbildung ins Leben gerufen werden. Aber für die Grammatik ist noch eine Art von Interesse — h а 1 b f e s t e W ortgrupaen, Sie werden manchmal als_ USuelle j n i c h t phraseologischeT W orttügungen bezeich­net, „sprachliche Gebrauchsm uster“" nach D. Faulseit [34, S. .47]. Das wesentliche syntaktische Merkmal solcher W ortgruppen besteht darin, daß sie ihre ejgene Form_un.d eigene innere Gliedfolge besitzen, die in jedem Satz und. in jeder Satzposition unverändejrt bleib.en [49, S. 287]. Die

“ttSäch 'e"ihrer Entstehung sieht D. Faulseit in der gesell­schaftlichen Wirklichkeit selbst und erklärt sie folgender­weise: es gibt viele V orgänge und Sachverhalte in unse­rem Leben, die sich wiederholen, tausend Maie in gleicher Weise wieder kehren. Und. der Mensch hält dafür immer gleiche Wortverbindungen bereit, die als normative Be­zeichnungen für solche Sachverhalte sofort in den Sinn kommen müssen [34, S. 47]. In der halbfesten Verbindung behält jedes Wort seine eigene Bedeutung, aber die Ten­d e n z 'z u r Gesam tbedeutung ist hier "sehr wirksam, die Bedeutung der ganzen Gruppe verallgemeinert sich allmählich, z.B.: den P lan erfüllen, einen Vertrag abschlie- ߣn, Verhandlungen aufnehm en usw. Eine halbfeste W ortverbindung entsteht in der Regel aus der entsprechen­den freien Wortverbindung, weshalb sie keine unlösliche Einheit von W örtern darstellt, z.B.: den P lan erfüllen — den Plan einhalten, den Beschluß fassen — den Beschluß annehm en usw.

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Die E inordnung der Glieder innerhalb freier und halb­fester W ortgruppen wird von der Grammatik geregelt: sobald ein Wort in die W ortverbindung eintritt, muß es sich nach der syntaktischen Gesetzmäßigkeit dieser Ver­bindung richten. Der syntaktische Typ der Verbindung kann genauso wie im Satz entweder Nebenordnung oder U nterordnung sein. Interessant sind besonders die W ort­gruppen mit Unterordnung, denn gerade sie „ermöglichen die Erweiterung des Satzes durch abhängige Glieder... sowie eine beträchtliche Verdichtung der Information im Satz“ [49, S. 288].Unter, allen konkreten Arten der Wort gruppen, freien und auch haibfesten, müssen nach ihrer Zahl und Wichtigkeit Tür die Satzbildung die S u b s t a n t i v g r u p p . e n her- vorgehoben werden. Ihr potentielles Fassungsverm ögen (Umfang) ist groß und kann sich ift 'jedem Gebrauch noqh vergrößern, auf Kosten der Erweiterung sowohl yorangestellter als auch nachgestellter Attribute beim_ Kernwort der Gruppe (beim Substantiv).. Als besonders erweitert erscheinen die Gruppen dann, wenn sie abstrakte Substantive deverbativen (auch deadjektivischen) Cha­rakters als Kernwörter einschließen. Das veranschauli­chen folgende Beispiele:

die N ichterfüllung des P lans der Realisierung der E rzeug­nisse durch den Betrieb , die ständige Verbesserung der Lebensbedingungen der W erktätigen unseres Landes, die N otw endigkeit der Befreiung der W issenschaft aus den Fesseln des kapitalistischen P rofit- und M achtstrebensu.a. [26, S. 24]Jede angeführte Substantivgruppe hat zu ihrem Kernwort ein Substantiv, das selbst aus dem prädikativen Satzkern entstanden und deshalb valenzfähig ist. So liegt z.B. im ersten Fall der Substantivgruppe der Satz zugrunde: Der Betrieb erfüllt seinen Plan für die Realisierung der Erzeugnisse nicht. Das prädikative Verb nicht erfüllen hat sich in das Substantiv die N ichterfüllung verwandelt, und alle anderen Glieder des Satzes stehen bei ihm als Attribute, im Rahmen der von ihm gegründeten Substan­tivgruppe. Nicht zufällig können die Substantivgruppen solcher Art ganze Ketten von Genitivattributen in sich tragen, wie m an oben sehen kann. Es handelt sich_jn allen angeführten Beispielen nicht um eine gewöhnliche

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Gruppenbildung, sondern um die В 1 о с к b i 1 d u.n g, die im Dienst der Nominalisierung des Satzes steht.Die: Untersuchung der substantivischen W ortfügungen unter dem Aspekt ihrer Relevanz in verschiedenen Funk­tionalstilen hat Resultate ergeben, aus denen bestimmte stildifferenzierende Merkmale hervorgehen. So spiegelt sich ein solches Resultat, d.h. der Anteil freier substan­tivischer W ortgruppen an der syntaktischen G estaltung der Texte verschiedener Funktionalstile, in folgender Tabelle wider:

F unktionalstil Zahl der T extseiten auf 4 000 W ortfügungen

der Presse und Publizistik 95der Wissenschaft 103der schönen Literatur 120 V

Es ist deutlich zu sehen, daß der Pressestil besonders viele Substantivgruppen ..verwendet und der wissenschaft- IicheJStil J h m nachfolgt. In den Texten der schönen Lite­ra tu r sind sie -vergleichsweise weniger vertreten.) Die durchschnittliche Länge dieser W ortgruppen in denselben Funktionalstilen wird durch folgendes Zahlenverhältnis veranschaulicht:

F unktionalstilD urchschnittliche Länge

der W ortgruppen (in WortFormen)

der Presse und Publizistik 3,1der Wissenschaft 2,9der schönen Literatur 2,4

Die lä n g s te a —Substaativgruppeii existieren alsa.-iiL.jder Sachprosa.Weitere Angaben verdeutlichen die innere S truktur der Substantivgruppen, ihre Erweiterung in verschiedenen Funktionalstilen:

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F unk tionalstile

Typ der schönen L ite ra tu r

der P resse und Pub liz istik

der W issen­schaft

I. Einfache Wort­gruppen 0,73 0,54 0,58

LI. Zusammengesetz­te Wortgruppen

V

0,27 0,46 0,42

III. Wortgruppen aus drei Komponen­ten mit Attribut — vorangestellt 0,50 0,27 .0,41— nachgestellt 0,27 0,43 0,36— vor-und nach­

gestellt 0,23 0,30 0,23

IV. Wortgruppen aus vier Komponen­ten mit Attribut — vorangestellt 0,29 0,09 0,18— nachgestellt 0,16 0,39 0,33— vor-und nach­

gestellt 0,55 0,52 0,49

V. Wortgruppen aus fünf Komponen­ten mit Attribut — vorangestellt 0,30 0,08 0,18— nachgestellt 0,09 0,43 0,35— vor-und nach­

gestellt 0,61 0,49 0,47

(Ähnliche Tabelle s. im Artikel von T. GluSak und V. Lu- kaievic [39, S. 117]).

Die Tabellen gestatten bestimmte Verallgemeinerungen, also Schlußfolgerungen, die man so darlegen kann:1) d ie^ubs tan tivg rup .pen jiaben ihr spezifisches Gewicht

in jedem der drei verglichenen Funktionalstile;2) die einfachen Wortgruppen kommen im Stil der schö­

nen Literatur viel öfter vor ajs in den anderen zwei Stilen; die zusammengesetzten Substantivgruppen sind in diesem Stil nicht zahlreich im Vergleich zu den anderen zwei Stilen;

3) die allgemeine Frequenz der Substantivgruppen ist im Stil der Presse und Publizistik am höchsten; die Gruppen mit steigender Anzahl der Komponenten sind für die Sachprosa sehr charakteristisch, besonders kompliziert sind sie im Stil der Wissenschaft;

4) die vorangestellten attributiven Glieder innerhalb der W ortgruppen sind für den Stil der schönen Literatur am meisten charakteristisch, während die nachgestell­ten Attribute in den anderen zwei Stilen überwiegen und zur Blockbildung führen.

Also treten die Differenzen zwischen der Kunstprosa und der Sachprosa sehr klar an den Tag. Dabei läßt sich für die Sachprosa die Tendenz zur Auffüllung der Satzglie­der, zur Entwicklung der s u b s t a n t i v i s c h e n B l ö k - k e festlegen.Die halbfesten W ortgruppen mit substantivischen Glie­dern sind unmittelbar im Bereich des Satzprädikats sehr stark entwickelt, nämlich diejenigen, die oft mit den Streckformen zusammenfallen. Sie bestehen aus einem Verb, das mehr oder weniger semantisch abgeblaßt und einem Funktionsverb gleich ist, und einem sinnvollen Substantiv. Das Verb dient hauptsächlich zur gram m a­tischen (syntaktischen) Gestaltung der Gruppe, während das Substantiv ihr semantischer Kern ist. Die beiden Komponenten sind nicht absolut fest aneinander gebun­den, weshalb die Gruppen als halbfeste oder usuelle Fü­gungen von Wörtern betrachtet werden.In teressant sind in dieser Kategorie der W ortgruppen besonders die, in denen das Substantiv noch zur weiteren Entfaltung durch attributive Glieder fähig ist. Dazu gehören z.B. W ortfügungen, die Substantive auf^^tm g (deverbative Ableitungen), auf -heit, -keit ~ (cfeadjekti- vische Ableitungen) u.a. einschließen. Solche Substantive besitzen, was schon festgestellt wurde, innere (prädika-

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tive) Valenz, weshalb ihr Fassungsverm ögen im Kontext sehr groß sein kann. Die folgende Tabelle zeigt die Be­deutung dieser Gruppen für verschiedene Funktionalstile (auf je 100 000 W ortformen):

F unktionalstilW ortgruppen m it dem Substantiv

auf-ung

W ortgruppen m it dem Substantiv auf

-heit, -keit

der Presse und Publ i-zistik 535 399der Wissenschaft 273 299der schönen Literatur , 206 211

iDie höchste Gebräuchlichkeit der betreffenden W ortgrup­pen ist für den Pressestil charakteristisch; nach ihm folgt der wissenschaftliche Stil, die niedrigsten Zahlen charakterisieren den Stil der schönen Literatur. Gerade unter diesen halbfesten (usuellen) W ortfügungen"T ^m r den sich zahlreiche Streckformen — nominale „ Umschrei­bungen—, die s ta tt gewöhnlicher Verben als Satzprädi­kate auftreten, z.B.: zur D urchführung 'bringen („durch­führen“ ), sich der Beliebtheit erfreuen („beliebt sein“ ), eine Abm achung treffen („abmachen“), Steigerung erfah­ren („sich steigern“ ) usw. Ihre Verteilung nach den Funktionalstilen verdeutlichen folgende Koeffizienten: Stil der schönen L iteratur — 0,04; Stil der Wissenschaft — 0,12; Stil der Presse — 0,14X13, S. 71—72].Alle ermittelten Daten "beweisen objektiv und unbestreit-1 bar, daß die Tendenz zur Nominalisierung in der Sprache nicht gleichmäßig aktiv wirkt: ihre starke Aktivität läßt sich in den Stilen der Sachprosa feststellen, während z.B. die schöne L iteratur keine Konzentration entsprechender Merkmale aufweist. Dieser Tendenz verdankt die Sach­prosa ihre sehr aufgefüllten Satzaussagen* wie sie unten angeführt sind:

— Funktionalstil der Wissenschaft:„Für die Beweisführung der Richtigkeit dieser Hypo­these und die Erm ittlung der Abmessungen der Blen­den für die einzelnen Vergrößerungen wurtte ein

122

Rechenprogramm in der PL/1-Sprache aufgestellt.“ (Zeitschrift „Feingerätetechnik“ .)„Die betriebspraktische Realisierung der vorgestellten Lösung erbrachte eiije Senkung des Zeitaufwandes für den Technologen zur Ausfertigung des Arbeits- planstam mkarten-M anuskripts auf 60 % des bisheri­gen W erts.“ (Zeitschrift „Annalen für Physik“ .)

— Funktionalstil der Presse:„Nach zweimonatiger Unterbrechung wurden die Ver­handlungen über eine gegenseitige Reduzierung von Streitkräften und Rüstungen und die damit zusammen­hängenden Fragen in Mitteleuropa wieder aufgenom­men.“ (Neues Deutschland.)„Im Mittelpunkt der Tagung des Gemeinsamen W irt­schaftsausschusses DDR/CSSR standen M aßnahmen zur Durchführung der im Verlauf des Freundschafts­besuches der Partei- und Regierungsdelegation der DDR in der CSSR im Oktober 1974 Unterzeichneten Vereinbarung über die weitere Vertiefung der w irt­schaftlichen und wissenschaftlich-technischen Zusam­menarbeit beider Länder.“ (Neues Deutschland.).

Die angeführten Informationsgehalte sind syntaktisch einfache Sätze, deren innere Struktur ganz durch die Nominalisierung bedingt ist. Diese Sätze dienen als Illustrationen dafür, welche Ausmaße die substantivischen W ortgruppen in der Sachprosa erreichen können. Man kann behaupten, daß der äußeren, scheinbaren Einfach­heit des Satzes, wenn er nach den Prinzipien des Nomi­nalstils aufgebaut ist, seine innere Kompliziertheit gegen­übersteht. Jeder der angeführten Sätze besitzt gerade diese beiden Eigenschaften, ist durch eine äußerst starke innere Komprimierung gekennzeichnet. R. Große sieht in der äußeren Vereinfachung des Satzes „das Streben nach sprachlicher Ökonomie“ , und in der inneren Komp­liziertheit des einfachen Satzes „die Notwendigkeit, an anderer Stelle zu differenzieren“ [26], worin m an ihm wohl recht geben muß. Die Stilistik kann diese Tatsachen selbstverständlich nicht übersehen.

Ш

Besondere syntaktische Erscheinungen als Stilfiguren

Einschaltungen in den S a tz (das M itte l der P a r e n t h e s e ) D ie Absonderung in der A n fa n g s­ste llung (die Prolepse).— Der Abbruch des Satzes ( die Aposiopese) .— Der Satzbruch (das A nakoluth).

Zu der Gruppe dieser E rsche inungen . gehören verschie­dene auffallende und dadurch stilistisch relevante V'e0#^ l e t ' z u n g e n des normativen Satzbaus. Sie sind im größeren oder im geringeren Grade Verstöße gegen die Regeln der Satzbildung. M an faßt sie unter dem Begriff „abweichende Satzkonstruktionen“ zusammen [37, S. 177]. Ihre stilistische Relevanz ist schön seit langem -bem erkt worden. Sie gehören zu den traditionell anerkannten Aus­drucksmitteln “der syntaktischen Stilistik.Die Parenthese. Die Benennung selbst zeugt vom Charak­ter der Satzverletzung, die. durch dieses Mittel verursacht wird:, aus dem Griechischen stammend, bedeutet sie* „die E i t i f u g ü ^ ^ d a s D a z w i s c t t l l Ä l t e n “, oder „den Eifl* schub“ [35, S. 170]. Die Stilforscher bestimmen die P a ren ­these so: es handelt sich u m jia s Einfügen einer selbstän- digen Aussage, die eine mehr oder weniger starke „gedankliche Unter brechung** des einfügenden Satzes bewirkt [35, S. 170]. Das'..bedeutet,; daß:-der eingefugte "(eingeschaltete) . Satz In keiner unmittelbaren syntakti­schen Beziehung zu dem Satz steht, der ‘ ihn 'einschließt. Bei W. Admoni lautet diese ' Feststellung 's'ö,^da!TTte Parenthese mit dem einfügenden Satz (Stammsatz) in­haltlich irgendwie zusammenhängt, „ohne daß dieser Zusam menhang irgendwelche grammatische Formung erfährt“ [28, S. 251]. Die äußeren, graphischen Kennzei­chen einer parenthetischen Einfügung sind vorwiegend Gedankenstriche, dann Klammern, aber zuweilen können es äüch Kommata sein,W r Fleischer und G. Michel nennen drei Gesichtspunkte, unter welchen die Parenthese betrachtet werden soll: Г) ihre Form und ihr Umfang: 2) ihre Stellung; 3) ihre stilistjache~X&istung [37,' S. 183]. Man darf aber noch effien, den vierten Aspekt dieser Erscheinung nicht außer acht la s se n — die ^ j^an tisch e -B m d u n g _ _ ile r Parenthese an den Stammsatz. Die Ergebnisse der letzten Untersu-

124

chun^en zeigen, daß man nach diesem Merkmal zwei Ty­pen un^erscjifiid^jnyß: die s y n s e m a n t i s c h e n und die potentiell, a u t o s e nra: n t i 's с h e n Parenthesen. Die ersten sind eng an den Inhalt des 'S tam m satzes gebunden, während. cUe zweiten ganz unabhängig in seinem Rahmen existieren. Mit d.ieser Unterscheidung sind in gewissem ö ra d e die anderen drei Betrachtungsaspekte der P aren ­these verbunden [15, lß, 17].Naeh d e r äußeren Form unterscheidet man oft W о r t p a - ' r e n T f i e s e n ' und S a t z p a r e n t h e s e n , manchmal "bevorzugt man die Begriffe „Schaltwörter“ , „Schaltgrup­pen“ , „Schaltsätze“ . Doch verbreitet sich immer mehr die Meinung, daß jeder parenthetische Einschub nach seinem Grundwesen ein Satz ist. Zu dieser Auffassung neigen auch W. Fleischer und G. Michel, indem sie schreiben: „Schaltwörter und Schaltgruppen haben dabei oft den Charakter elliptischer Sätze.“ [39, S. 184] Die Einschal­tungen können in verschiedene syntaktische Form geklei­det sein: einfache Aussagesätze, zusammengesetzte Sätze, Frage- und Aufforderungssätze. Daher ist auch der Umfang (die Länge) als charakteristisches Merkmal der Parenthese ganz verschieden. Folgende Tabelle soll das veranschaulichen:

U m fang (Länge)

Prozentsatz in der G esam tausw ahl (auf 35 000 Ganzsätze)

bei den synsem ati- schen Parenthesen

bei den potenziell autosem antischen

Parenthesen

von 1 bis 5 Wortformen 48,65 31,54» 6 » 10 » 34,41 45,38» 1 1 » 1 5 » 10,75 18,46» 1 6 » 2 0 » 3,77 3,08» 2 1 » 2 5 » u sw . 2,75 0,77

(Vgl. Tabellen im Artikel von R. Samoljotowa [16, S. 210, 213].)

Aus der Tabelle ist deutlich zu sehen, daß der sem anti­sche Typ der Parenthese selbst die Verteilung und das

125

innere gegenseitige Verhältnis ihrer Längen im Text zum großen Teil beeinflußt.Was die Stellung der Parenthese anbetrifft, so /befindet sie sich meistens irgendwo in der Mitte des eirtfügendfcn Satzes. Aber es kommen auch solche Parenthesen vofTHie dem Stamm satz angeschlossen werden, an seinem Ende erscheinen! Aus diesem Grund halten es die Stilforscher für '"möglich, von den „M ittelparenthesen“ und „Endpa­renthesen“ zu sprechen. Vgl. folgende Beispiele:

— eine potentiell autosemantische Mittelparenthese: „Meine Frau — du wirst sie noch kennehlernen, sie kommt morgen von einer Reise zurück — und auch die meisten meiner Bekannten hielten die Sache für einen Spaß.“ (W. Joho, Das Klassentreffen)

— eine potentiell autosemantische Endparenthese:„Sie faucht ihn in einer fremden Sprache an (Artisten beherrschen viele Frem dsprachen)...“ (F. Erpenbeck, Der Fall Fatim a) [16]

— synsemantische Mittelparenthesen:„Er hatte jene Phase hinter sich — falls er sie über­haupt durchlaufen hatte—, in der junge Menschen... Unsicherheit wie Unzufriedenheit zu kompensieren versuchen durch extravagante Kleidung und H aa r­tracht.“ (W. Joho, Das Klassentreffen) „Übrigens ver­stehe ich unter Selbstverwirklichung — womit du kaum einverstanden sein wirst — die freie und ungehemmte Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit.“ (W. Jo ­ho, Abschied von P arier). [15]

Die s t i l i s t i s c h e L e i s t u n g der Parenthese ver­dient es, ausführlicher behandelt zu werden. Im allgemei­nen kann man sie so bestimmen, wie W. Fleischer und G. Michel,es machen: „Die Aussage .oder Aussageelemente

:d ^ :S ta m m s a t^ $ werden mit Hilfe der Parenthesen er läu­t e t ^ 'kölffinentiert, begründet, veranschaulicht, vom S tand ­punkt des Autors oder einer literarischen Figur bewertet, u n d 'a l le s dies kann sowohl sachlich-nüchtern als auch emotional gefärbt geschehen.“ [37, S. 184] Aber wenn man diese allgemeine Leistung in einzelne Funktionen zerlegt, so bekommt m an begründende, erläuternde, wertende,

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charakterisierende, kontaktaufnehmende, bestätigende — widerlegende u.a. Parenthesen sowie die Funktionen der W eiteriührung des Gedankens, des emotionalen Verhal­tens, des sachlichen Kommentars, der inhaltlichen E rgän ­zung (Hjnzufügung), der Berufung auf jemanden oder etwas us\y. In den Texten erscheinen die Parenthesen meistenfalls fünktiönsbeladen, d.h. sie^bfflgeri zugleich mehrere Schattierungen (oder Bedeutungen) zum Aus­druck, obwöhT die für jeden Fall des Gebrauchs besonders charakteristische Funktion erkennbar bleibt.Die genannten stilistischen Funktionen sind annähernd mit Umfang oder Länge der Parenthesen verbunden. Das beweisen die Untersuchungen, nämlich: 1) die aus 1 bis 2 Wortformen bestehenden Parenthesen dienen in ’ der

'Regel zum Ausdruck der emotionalen Einschätzung, der A nrede; 2) ^di'e ganz langen P aren thesen (von 15 bis 2p^Ä 9rtf° rrnenTerf[fflgn . haupt s achlieh die Funktion der Ergänzung, Hinzufügung, des ^ läu te rn d en .. Kommentars;3)' d i ^ i r j n t h e s e n m dem Um fang .yon. 6 bis JO Wort- forjnen sincTfähig, а ll,e_ Funktionen zu tragen, sie stellen das notwendige Minimum des Üm fangs (der Länge) die­ser E rscheinung/dar [1 6 /S t 211—212]. Nicht zufällig sind die häufigsten^Par^exühesen .gerade diejenigen (und das Veranschaulicht die oben angeführte Tabelle), die sich im Um fang von 4^--5 bis W) Wortformen bewegen.Einige Beispiele sollen stilistische Funktionen der P aren ­these illustrieren:

„Übrigens ließ die Klasse keinen Zweifel — und das war schlimmer als a l le s —, daß sie den Zorn der Leh­rerin zwar verstand, aber als Zorn einer Unerfahre­nen nahm...“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

Die Parenthese ist hier an eine konkrete Stelle des S tam m ­satzes gebunden, also synsemantisch und erfüllt die Funktion einer Bewertung (die Bewertung der Situation in der Klasse).Es folgt noch eine bewertende synsemantische P aren ­these:

„Der schnelle Blick, als wir über den Tod der Lehre­rin sprachen — ein schwerer, ferner Tod—, bewies mir: .sie kannte diese Schuldlosigkeit aus Mangel an

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Erwachsensein.“ (Chr. Wolf, Nachdenken / über Christa T.)„Da war der Kleine. Er kletterte heraus, gepäckbela­den, und, schau m al an, aus einem Coupe der Polster­klasse.“ (L. Feuchtwanger, Die Brüder Lautensack.)

In dem letzteren Beispiel träg t die Parenthese die Funk­tion der „Kontaktaufnahme“ [37, S. 185]. Vgll noch ein Beispiel:

„Sie roch den Kaffee, dessen bitterer Duft in der Kam­mer stand (obwohl es nur zermahlene Gerste w ar)...“ [17]

In diesem Beispielsatz dominiert die Funktion einer H in­zufügung mit deutlicher Schattierung der ironischen Ein­schätzung. Ein starkes emotionales Verhalten kommt in folgender autosemantischer Parenthese zum Ausdruck:

„Als die Zweifel kamen — Liebe, was ist das schon, Liebe!— da hat sie manchmal an das kleine Schulhaus gedacht.“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

Die Parenthese gehört zu den sprachlich-stilistischen Erscheinungen, die in allen Funktionalstilen ihre Ver­wendung Jim ten . So ergab eine konkrete, funktionalstili­stisch orientierte Untersuchung folgende Resultate in Zahlen:

Gesamtzahl der darunter

FunktionalstilParenthesen

(auf je 35 000 Ganzsätze in jedem Stil)

potentiell-autosemant.Parenthesen

synsema nti- sche Paren­

thesen

der schönen Literatur 502 25 ,9 % 74,1 °/oder Presse und Pub­lizistik 753 9 ,56 % 90,44 %der Wissenschaft 906 2,54 97 ,46

Die Tabelle läßt gleich erkennen, wie groß die funktional­stilistische Relevanz dieser Erscheinung ist. Die Angaben über die Arten, Funktionen und Verteilung der Paren-

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these ih verschiedenen Texten können in die Liste der stildifferenzierenden Merkmale eingetragen werden. Sie sind ohne Zweifel ein wesentlicher Beitrag für den Auf­bau der Funktionalstilistik.Die Prj^ep'se^Auch^diese Erscheinung gehört zu den stili­stisch ^ fe ^ f f i fB ^ b w e ic h u h g e n vom normätiven Satzbau. Die Prolepse heißt noch „VorWegnahme“, ihr Wese„ip'; erläutern die~StilföFscher folgender weise; bei Her Vorweg-" nähme wird ein Satzglied in der. Anf.angs.stellung.vom Sa tz abgesondert, und seine., W iederaufnahme erfolgt weiter durch ein Adverb mit hmweisenaer Funktjon^jpjier efrF'hinweisendes Pronomeig&die Verbindung wird auf solche Weise hergestellt [3 5 /o . 167]. Mari hat dabei die absichtlich betonte Änfangsstellung des betreffenden Satzgliedes.Es. finden.,.sich, im. sprachlichen -Gebrauch einfache, und komplizierte E r s c h e in ^ Prolepse:

„Da droben auf jenem Berge, dajsteht ein hohes Haus...“(Шп Volkslied.)„In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad...“(J. von Eichendorff, Das zerbrochene Ringelein.) [35]

In beiden Fällen weist das Adverb da auf die vorhergehen­de Ortsangabe, die dank der Absonderung als eine betonn- te Spitzenstellung wirkt. Vgl. noch einige Beispiele:

„Lebenserinnerungen eines jungen Mannes — £/a$)hatte etwas Komisches und Fürwitziges...“ (H. Kant, Die Aula.)„Morgens wie ein Konig,„.mittags wie ein Bauer, des Abends wie ein Bettler, sqVmuß gegessen werden...“ (Ebenda.) [37]

Dig yjfrHpraiifnahrqp Hpq stark betonten Inhalts, der am» Anfang iri der^Absonderung steht, erfüllen im ersten Fall г

jd a s Pronomen das und im j:weiten Fall das Adverbj o . - T ). Faulseit und G. Kühn meinen, daß d^FAiftfefIler Pro-»

lepse in allen Funktionalstilen gebraucht wird,"und schrei- * ben in diesem Zusam menhang „Die Vorwegnahme als * bewußtes Stilmittel... taucht in verschiedenen Stilbereichen'* auf“ , sie erhellt z.B. „den Charakter von Situationen“, ver- * deutlicht „eine bestimmte Auffassung des Autors“ [35,"

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S. 170]. Dagegen drücken E. Riesel und E. Schendels in ihrer Stilistik die Meinung aus. daß die Proleps^ in der Sachprosa nicht zulässig ist [54, S. 148].Die Aposiopese. Dieses Mittel bedeutet einen plötzlicher^ Abbruch S a tzes , es heißt deshalb auch 7,das Mittel des Satzabbruchs“ . W. Fleischer und G. Michel schreiben da­rüber: „Der Sprecher bricht die Rede mitten im Satz ab oder beginnt einen"neuen*Satz, ohne den vorhergehenden been- deF' zif ЪаЬёп/*“ [37/ S. 181]. In der deutschen Stilistik herrscht die'M einung, daß die Aposiopese „ein heim Autor literarischer Arbeiten sehr beliebtes StilmitteF* d a r s te l l f [35, S. 178].Die stilistischen Funktionen dieser Erscheinung sind m an­nigfaltig. Vor allem dient sie der Wiedergabe des Affekts, eines erregten Gefühlszustandes, in welchem ein Mensch unüberlegt, nicht geregelt spricht, nicht d a ran denkt», deo S a tz ,zu vollenden. Das kommt.in der^Sfliagsrede^und in der direkten, Rede .der literarischen. Werke, vor. Dabei „können Aposiopesen Zeichen von Nichtwissen, Nach­lässigkeit, rnängelnder Sprachbeherrschung oder starker innerer E rregung sein“ [37, S. 181]. Vgl.:

„ ,Was?‘ rief der Lotsenkommandeur... yDa soll doch gleich ../ Und mit zwei Schritten war er an der Tür.“ (Th. Mann, Buddenbrooks.) [35]„Ich werde euch — so vertrackte Sachen spielen!“ (E. Strittmatter, Tinko.)

In der Autorensprache der literarischen Texte, spielt die Aposiopese eine ganz andere stilistische Rolle. Die Absicht des Verfassers ist es n f tT e in en G efü h l s böhgfumkl: 711 ver­schweigen. Der Leser wird dadurch in „Spannung versetzt, die kejne Auflösung findet“ [35, S. 181]. So wird er veran­laßt, weiter darüber nachzudenken. In manchen Fällen kann es aber für den Leser nicht wichtig sein, das Ende zu erfahren, der Satzabbruch bedeutet das Wichtigste der Aussage, er selbst sagt schon alles. Vgl. folgende Bei­spiele:

„Sie werden begreifen müssen; worauf es ankommt. Bei Ihrer Intelligenz...“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Chtista T.)„Blau steht Ihnen, sagt sie.. Blau! ruft er ganz ver­zweifelt. Das alte Hemd. H ä tt‘ ich gewußt, ich hätte mich vollständig anders...“ (Ebenda.)

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„...Als ich größer wurde, wuchs auch das Elend und wuro^ endlich ganz groß, und zersprengte mein — Wir wolleq von anderen Dingen sprechen...“ (H. Heine, Ideen. Das Buch Le Grand.) [35]

Für die Sacljprosa, d.h. für die mit ihr zusammenhängen- cfen Funktionalstile ist solch ein expressives Mittel wie die

“Aposiopese nicht charakteristisch. Der Satz erscheint in 2feseri Stilen fa s t ' i i t im e r in seitler vollendeten Form.Das Anakoluth. Diese Erscheinung ist mit dem Begriff des Satzbruchs verbunden: sie bedeutet einen regelwidrigen j Sätzbaü . Wie jede auffällige Abweichung von der N o rm / ist das Anakoluth ein stark expressives Stilmittel: „es bringt innere Anteilnahme, starke Gefühlsbewegung, Erregung, emphatische Steigerung zum Ausdruck.“ [37, 'S. 189] Die Formen des Anakoluths sind verschiedenartig, vom Wechsel der invertierten zur geraden Satzgliedfolge bis zum Ü bergang vom abhängigen zum selbständigen Satz usw. Als Illustrationen dafür können folgende Beispie­le angeführt werden:

„Ich komme nicht wegen einer Aussprache zu dir, son­dern wegen meinem Nachthemd, und zwar, weil du Schneiderin bist, und ich bin Z i m m e r m a n n (H. Kant, Die Aula.) „Da habe ich wohl ungefähr, haben meine Eltern wohl, ungefähr drei, vier Jahre war ich wohl, da sind wir nach klein Kussewitz gezogen.“ (Aus dem sprachwissenschaftlichen Schallarchiv der Akademie der Wissenschaften der DDR.) [37]

Das letzte Beispiel zeigt ein nicht beabsichtigtes Anako­luth, das in spontanem Gespräch, also in der Alltagsrede Vorkommen kann.Der Sachprosa ist diese Erscheinung fremd.

Lexisch-syntaktische Erscheinungen als Stilfiguren

Die W iederholung und ihre A barten .— Die A ufzählung, ihre Abarten .— Die Gegenüber­ste llung .

In dieser Gruppe der Erscheinungen .sind .^diejenigen vereinigt, die ihrem genetischen Charakter .nach sowohl

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der Ebene der Syntax, als auch der des lexischen ^Bereichs angehören. Man kann sie deshalb für 1 e x i s с h - s у n- t а к t i _s c h e S t i l f i g ü r e n halten: die syntaktischeFiguration bildet bei ihnen das Modell (das s truk tu­relle Muster) und die konkrete lexische Ausfüllung ist in jedem Fall einmalig, durch den betreffenden Kontext be­dingt. Weiter folgt die Betrachtung der wichtigsten Erscheinungen dieses Typs.Die Wiederholung. Die Wiederholung ist sehr verbreitet als Mittel der Textgestaltung und hat ihre verschiedenen Erscheinungsarten. Sie kann entweder rein lexikalischen, rein syntaktischen oder lexisch-syntaktischen Charakters sein. Einige Stilforscher halten es für notwendig, speziell zu betonen, daß die W iederholung allen Ebenen des Sprachsystems a n g e h ö r t l.In der Stilistik von E. Riesel und E. Schendels steht die W iederholung im Abschnitt über die „lexisch-gramma- tischen Stilfiguren“ [54, S. 244]. D. Faulseit und G. Kühn betrachten sie im Abschnitt „besondere Mittel der Neben­ordnung“ [35, S. 196, 199], bei W. Fleischer und G. Michel befindet sie sich unter den „Figurationen der Hinzufü­gung [37, S. 167].Die Meinungsverschiedenheiten entstehen also schon bei der E inordnung dieser sprachlichen Erscheinung in eine oder andere Gruppe von Stilmitteln. Doch läßt sich in der E rfassung des Grundwesens der Wiederholung etwas Ge­meinsames erblicken, nämlich: sie ist einerseits, wie W. Fleischer und G. Michel schreiben, „an das Verfertigen eines Satzes oder mehrerer Sätze gebunden“ [37, S. 151], andererseits wirkt sie als Besonderheit der Wortwahl und kann unter dem Aspekt der Textsynonymie betrachtet w er­den. D araus kann m an schlußfolgern, daß es sich um ein wichtiges Stilmittel handelt, das übrigens seit jeher die Aufmerksamkeit der Stilforscher auf sich gezogen hat^ Die traditionelle Stilistik zählte die Wiederholung zu den aner­k an n ten und vielmals erprobten Stilfiguren, die zusammen

1 «Повторение может охватывать любые уровни языка... Повторы на лексическом уровне наиболее многочисленны... Повтор на синтак­сическом уровне представлен длинной цепочкой однородных членов... Сочетанием лексического и синтаксического повтора являются ана­форические параллельные конструкции. Частным случаем повтора является синтаксический параллелизм» (Арнольд И . В. Стилистика декодирования.— Л., 1974, с. 52—53).

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mit der* Tropen den Bereich ihrer effektivsten Mittel g rün­deten.Zur lexischen Ebene gehören folgende Erscheinungsarten der Wiederholung:1. Die w ö r t l i c h e Wiederholung. Sie wird verwendet, um ein bestimmtes Wort absichlich zu betonen und es da­durch dem Leser aufzuzwingen. Diese Art kann in allen Funktionalstilen Vorkommen. Sie erscheint auch als Wie­derholung von W ortgruppen, von Sätzen. Vgl. ein Beispiel aus der Volksdichtung: „A lle meine Entchen schwim m en auf dem See, schwim m en auf dem S e e ..“ [35, S. 199]

„Kein Wort, sie schwieg. Zwei, drei Wochen lang kein Wort, bis zum Ende.“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)„Wahrhaftig, ich habe noch nie so viel geredet; ich kann nämlich nicht reden. Ich versteh mich selber nicht* da rede ich und re d e “ (W. Bredel, Die Väter.) [35]

Eine ganze Textstelle kann durch die wörtliche Wiederho­lung auffallend gemacht werden:

„Was fehlt der Welt zu ihrer Vollkommenheit? Zu­nächst und für eine ganze Weile dies: die vollkommene Liebe. Und wenn es nur wegen unserer Erinnerungen wäre, für die man beizeiten zu sorgen hat; und wenn es, zunächst jedenfalls, nur zum Schein wäre. Wer hat da Liebe gesagt? Liebe verbirgt man, unglückliche Liebe verschließt man in sich wie eine üble Krankheit...“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

2^ Die b e g r i f f l i с h e . (sprachlich variierte) Wieder­holung. Es kann in der Textbeschreibung auf die besonde­re Wichtigkeit irgendeines Begriffs ankommen: er wird dann durch mehrere sprachliche Benennungen wieder­holt, d.h. durch verschiedene W ortarten, Wörter und W ort­verbindungen zum Ausdruck gebracht. Der Ausdruck wird variiert, während seine., .begriffliche^, Seite unverändert blaib;L_.So kann marTz.B. Liebe durch liefen, Geliebter, verliebt sein, liebend und andere Ausdrucksmöglichkeiten variierend bezeichnen und auf solche Weise in einer Be­

sc h re ib u n g zum Stützbegriff des Inhalts machen. B. Kel­lermann macht z.B. den Begriff Schmutz zum Hauptm erk­mal des äußeren Bildes von Berlin:

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„Berlin war wie ein schmutziger Schwamm, der aus­gedrückt wird. Ströme von Schmutz flössen aus dem finsteren Himmel, von den Dächern und tausendfen- strigen Hauswänden. Der Schmutz wälzte sich über die S traßen und stieg in den durchlöcherten Stiefelsohlen bis an die Knöchel. Die Menschen... s tauten sich auf den Bahnhöfen, geballt zu einer Wolke von Bitterkeit und Wut. Die überfüllten Züge fegten, triefend von Dunst und Schmutz, mitten hinein in die Menschen­knäuel...“ (B. Kellermann, Der 9. Neveiriber.)

Sehr interessante Beispiele für die Wiederholung liefern die Werke von W. Borchert. Eines von ihnen ist folgender Textauszug:

„Wenn bloß die Nächte nicht wärn. Wenn bloß die Nächte nicht warn. Jedes Geräusch ist ein Tier. Jeder Schatten ist ein schwarzer Mann. Nie wird man die

Angst vor den schwarzen M ännern los. Auf dem Kopfkis­sen grummeln die ganze Nacht die Kanonen: Der Puls. Du hättest mich nie allein lassen sollen, Mutter. Jetzt finden wir uns nicht wieder... Du hast doch die Nächte gekannt. Du hast doch gewußt von den Nächten. Aber du hast mich von dir geschrien. Aus dir heraus und in diese Welt mit den Nächten hineigeschrien. Und seitdem ist jedes Geräusch ein Tier in der Nacht. Und in den blaudunklen Ecken w arten die schwarzen M än­ner“ (W. Borchert, Die lange lange Straße lang.) [61]

Hier wiederholt sich ständig der Begriff „Schwarz — dun­kel — aussichtslos“ : Nacht — Nächte, schwarze Männer, blaudunkle E cken . Die begriffliche Wiederholung bestimmt den Inhalt der ganzen Textstelle, sie wird durch die wörtli­che W iederholung verstärkt. Und die Ausdruckskraft des Textes hängt gerade von dieser W iederholung ab, denn sie bewirkt eine sehr starke Vereindringlichung.

3. Die s yjx-Q-n у m i s с h e Wiederholung. Eine speziell beabsichtigte Betonung bzw. Hervorhebung des Begriffs (Gegenstand, Merkmal usw.) wird auch dadurch erzielt, daß für ihn in der Schilderung sta tt eines Wortes gleich­zeitig zwei oder mehrere Synonyme verwendet werden, die nebeneinander, d.h. an derselben Stelle im Text erschei­nen. Der Autor benutzt dieses Mittel auch dazu, den Leser

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bestimmte , Schattierungen der Bedeutung gleich empfin- Jten ' Vu lassen. So schildert z.B. B. Kellermann die Schaffnerinnen, die von ihrem schweren Beruf in den schweren Kriegsjahren, von unendlichen Menschenströmen ganz zerdrückt sind, was man an ihren Stimmen erkennt:

„Die Schaffnerinnen... schrien mit schrillen, gellenden Stimmen, als. ob sie erdolcht würden.“ (B. Kellermann, Der 9. November.)

Der Zustand eines Mannes wird durch die folgende stark wirkende synonymische Wiederholung sehr emotional ausgedrückt:

„Er war alt, sein Leben vernichtet, zermürbt, unter­graben, zerstört...“ (Ebenda.)

Vgl, noch ein Beispiel:

„Diese fremde flimmernde Hitze, die weit hinten am Ho­rizont zwischen Himmel und Erde hin und her springt, ungemildert, ungekühlt... Das Land wendet sich nackt und kahl und direkt, ohne die Verm ittlung der Bäume, an den Himmel“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Chri­sta Т.).

Ein Bild der unerträglichen Hitze ersteht vor den Augen des Lesers dank den synonymischen Wiederholungen: die Wörter nackt, kahlt direkt beschreiben die Erde, die vor der Hitze nicht geschützt ist; die Hitze selbst wird als ungem ildert ungekühlt dargestellt.Auf der syntaktischen Ebene entstehen spezifische Artender. Wiederholurigf ....... ' —Т’'***'1——1. D ie A n a p b e r i s t die Wiederholung des selbe nfjj&tecmrj

Der Autor wiederholt beinV Beginn einiger *nacHeuL- aliderfolgender Satze dasselbe Wort oder dieselbe Wort- ^rüppe.^Dadurch steigert sich das inhaltliche. Qewicht der AnfangsstelTung/'was auch die Steigerung ihrer stilisti­schen Rolfe nach sich zieht. Vgl.. folgendes Beispiel:

„Doktor W ang lacht... Es lachen seine kurzsichtigen Augen hinter den dicken Brillengläsern; es lachen die beweglichen Ohren; es lachen die Krähenfüße und Mundfältchen.“ (F. C. Weiskopf. Reise nach Kan­ton.) [35]

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Das eigenartige Lachen ist ein besonders auffallendes Merkmal an diesem Mann, und der Autor will, daß der Leser es sofort merkt. Ein anderes Beispiel gehört auch zu dieser Erscheinung:

„Zwischen dem dritten und vierten der Gedankenstrich: zwischen dem Wunsch und seiner Überwindung, zwi­schen Sehnsucht und Zurückhaltung.“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

Die dreimalige Wiederholung desselben Anfangs — zw i­schen soll hier die innere. Zwiespältigkeit der Heldin zum Bewußtsein des Lesers bringen.2. Die Epipher ist die. Wiederholung desselben Satzendes. SieTäTerit den gleichen stilistischen Aufgaben. D er 'A tiför verleiht der entsprechenden Textstelle einen stä rks ten ' Nachdruck, erzielt beim Leser ihre Vereindringlichung, in d‘enf~Sinne, daß seine Aufmerksamkeit bei der Aufnahme des Inhalts an ihr nicht vorübergleitet. Vgl. ein Bei­spiel: 1

„Er aß Brot wie die anderen ... Er aß Kartoffeln wie die anderen... Er... aß Brei aus Brennesseln und weinte, wenn er ihn essen mußte, wie die anderen ,“ (E. Strittmatter, W undertäter.) [35]

Durch die Epipher wie die anderen wird betont, daß es vielen Kindern so ging, es war eine typische Kindheit einer bestimmten Zeitperiode.B. Kellermann zeichnet im Roman “Der 9. November“ ein Bild völliger Vernichtung aller Werte und der Menschen selbst durch den schrecklichen Krieg, dessen H auptergeb­nis mit dem W ort gefallen zusammengefaßt wird. Es erscheint in der Schilderung als Epipher:

„In der finsteren Nacht kommen die Schatten zurück... Schatten wimmeln die Treppen herab, Boten, Brief­träger — gefallen. Straßenkehrer fegen die finsteren Straßen, gefallen... Die Kutscher der Omnibusse — gefallen, die flinken Pferde — gefallen.“ (B. Keller­mann, Der 9. November.)

3. Der syntaktische Parallelismus ist eine besondere. .Stil­figur. Sie bedeutet die" Wiederholung derselben syntakti-

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schenJStruktur .bei mehreren Sätzen, Absätzen oder Stro- phenT Ihre Grundlage bildet also die ‘G leichartigkeir c[es syntaktischen Aufbaus, die gleiche Rolle der Satzglieder, d ie ' gleiche Wortfolge. E. Riesel und E. Schendels be- *5tlttimen diese Erscheinungsart der Wiederholung als symmetrische Wiederkehr derselben Satzstruktur, bei wel­cher die U nveränderlichkeit der Lexik keine notwendige Bedingung ist. Bleibt dazu noch die Lexik unverändert- oder leicht*variiert, so entsteht eine doppelt verstärkte W iederholung [54, S. 245]. Ein krasses Beispiel stellt das Gedicht von J. W. Goethe „Nähe des Geliebten“ dar:

„Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer Vom Meere strahlt;

Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer In Quellen malt.

Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege Der Staub sich hebt;

In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege Der Wanderer bebt.

Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen Die Welle steigt...“

Auch in prosaischen Texten erscheint der syntaktische Parallelism us als Mittel der G estaltung bestimmter Text­stellen:

„Ihr Lächeln, ihr Gang, die Bewegung, mit der sie einem gefallenen Kind aufhilft. Die Ironie, mit der sie einen störrischen Schüler zur Vernunft bringt. Die Festigkeit, mit der sie auf sauberer, ehrlicher Arbeit besteht.“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.) „Die hohen Buchen stehen dabei gleich ernsten V ä­tern... die weißen Birken bewegen sich tantenhaft vergnügt... der stolze Eichbaum schaut drein wie ein verdrießlicher Oheim... die Vöglein in den Lüften ju ­beln ihren Beifall; die Blumen am Ufer flüstern zä rt­lich...“ (H. Heine, Harzreise.)

In beiden Beispielen erzeugt der syntaktische Paralle lis­mus den Eindruck einer rhythmischen Wiederkehr des Hauptm erkmals — des Zustandes, der Eigenschaft usw., aber in ihrer immer neuen und immer anderen Offen­barung.

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Der syntaktische Parallelism us erscheint oft in Verbin­dung mit den anderen Arten der WiederholungfTIer Anapher, der Epipher, der wörtlichen Wiederholung, er nimmt sie alle in sich auf und bewirkt dann eine starke Vereindringlichung des Inhalts, also eine tiefere Beein­druckung des Lesers. Man braucht sich nur an die be­kannten Strophen aus H. Heines „Prolog zur Harzreise“ zu erinnern:

„Auf die Berge will ich steigen,Wo die frommen Hütten stehen,Wo die Brust sich frei erschließet,Und die freien Lüfte wehen.

Auf die Berge will ich steigen.Wo die dunklen Tannen ragen,Bäche rauschen, Vögel singen,Und die stolzen Wolken jagen.“ [35]

Dasselbe Mittel findet sich in der Prosa:

„Die fuhren an seiner Stelle weiter. Die fuhren an seiner Stelle zurück in die Stadt. Die fuhren an seinem Treff­punkt vorbei. Die brachten die Nachricht von seinem Tod.“ (A. Seghers, Die Toten bleiben jung.)

Der Aufbau dieser Textstelle nach dem Prinzip des syn­taktischen Parallelism us entspricht sehr genau der aktiv­sten Denk- und Gefühlstätigkeit des Helden, seinen äußerst gespannten Nerven, denn er weiß schon, was mit ihm sein wird und daß ihm nur wenige Minuten des Le­bens geblieben sind. Die Gedanken flitzen durch seinen Kopf, in eine gleichartige syntaktische Form gekleidet, und der einzige Gedanke überdeckt alles, kommt am Ende zum Ausdruck: „Die brachten die Nachricht von seinem Tod '". Das wird nachher sein, nach seiner Ermordung.Die deutschen Stilforscher meinen, daß der syntaktische Parallelism us als eine der O rdnungsstrukturen nicht nur in der Kunstprosa eine Rolle spielt. So schreibt z.B. G. Möller: „Auch der Sachdarsteller kennt das Bedürf­nis, die auszusagenden Inhalte in abgewogene Konstruk­tionen einzufügen, deutliche Proportionen zu erreichen.“ [48, S. 110] Zur Veranschaulichung seines Gedankens führt er folgende Beispiele an:

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„So kann man sta tt ungleichmäßiger Vorgänge und Erscheinungen zunächst gleichförmige betrachten, s ta tt mehrerer Variabler nur eine Veränderliche her­ausgreifen, s ta tt massebehafteter Objekte masselose sehen usw.“ (G. Meyer, Kybernetik und U nterrichts­prozeß)„Während heute bei den Menschen in den sozialisti­schen Ländern... das Gefühl des Stolzes wächst, w äh­rend das Vertrauen in die eigene Kraft zunimmt...“ usw. (Neues Deutschland.)

Solche symmetrische Anordnung erleichtert dem Leser die Aufnahme sehr langer Sätze (Aussagen oder Fest­stellungen als entwickelter Gedankengänge).Auch E. Riesel und E. Schendels sehen im syntaktischen Parallelism us ein Mittel, das im Stil der Wissenschaft -z u m logischen, durchsichtigen, leicht überschaubaren Aufbau des Textes“ verhilft, in der Agitationsliteratur und in der Reklame „Eindringlichkeit und E inprägsam keit“ be­wirkt. Er wird-eigentlich in verschiedenen Textarten und -stilen ^als MitteL^der Überzeugung verwendet [54, S. 249— 250].

Die Aufzählung.^ Diese syntaktische Erscheinung w ird in der deutschen Stilistik noch als „H äufung“ [37, S. 174], manchmal. „Doppelung“ [48, S. 110] u.a. bezeichnet. „Wenn wir etwas aufzählen, Gegenstände, Eigenschaften und dergleichen, immer sind es Teile eines Ganzen, einer größeren Einheit, von der wir einen Eindruck vermitteln wollen“ , bemerken D. Faulseit und G. Kühn. Sie erläu­tern sehr anschaulich auch den stilistischen Wert der Aufzählung: „Stellen wir uns vor, wir zählen die Aus­lagen eines Schaufensters auf, so wollen wir damit den Gesamteindruck des Schaufensters wiedergeben, der ungeachtet der A nordnung und der Qualität... der Gegen­stände entsteht. Zählen wir nur einiges daraus auf, so sind es in der Regel die charakteristischen Auslagen, die das Bild bestimmen, oder solche, die . . . von besonderem Interesse sind.“ [35, S. 196]Die gegebene Bestimmung trifft im allgemeinen völlig zu. Aber wenn man die Erscheinung differenziert betrach­tet, bekommt man den Eindruck, daß verschiedene Absich­ten des Autors bei der Aufzählung ihre entscheidende

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Rolle spielen. Dominierend ist dabei das Streben nach Hervorhebung, aber in seiner konkreten Art kann es Stei­gerung, Abstufung der Aussage, ihre Gliederung usw. sein. Aus diesem Berürfnis nach Differenzierung en ts tan­den im Sprachgebrauch verschiedene Erscheinungsarten der Aufzählung, die entsprechend dem Sinnzusammen­hang stilistisch ausgenutzt werden können.Vor allem muß man eine e i n f a c h e Aufzählung („bloße Anhäufung" nach E. Riesel und E. Schendels) erwähnen, sie besteht aus solchen Einzelgliedern, die bedeutungs­ähnlich sein können, jedenfalls auf der gleichen sem an­tischen Ebene liegen, aber doch verschiedene Seiten des Gegenstandes, Vorgangs, Merkmals, der Landschaft, Situation usw. widerspiegeln, z.B. die Charakteristik

— einer Landschaft:„Dieses Land also: Felder, Wiese, ein P aar Büsche, der Fluß. M agere schwarzfleckige Kühe, Koppel­zäune" (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

— eines Sachverhaltes:„Nach und nach wird dieses unter Berücksichtigung aller weiteren E influßfaktoren.. .erweitert, ergänzt, angepaßt." [48]

— einer Situation:„Zertretene Blumen, abgerissene Schleier, halbgeleerte Gläser, Scherben" (B. Kellermann, Der 9. November).

Eine solche Aufzählung bezweckt oft eine vielseitige Bewertung mit persönlichem Verhalten:

„Der Kaufm annstand ist doch ein schöner Beruf . . . Solide, genügsam, emsig, behaglich . . . “ (Th. Mann, Buddenbrooks).

Die einfache Aufzählung kann mit einer Schlußzusammen­fassung enden:

„Verbrechen, Habgier, Heuchelei, Schamlosigkeit, das war Europa..." (B. Kellermann, Der 9. November). „Europa, Asien, die Reiche der Mongolen, Afrika, die Reiche der schwarzen Völker, Amerika, alles in F lam ­men!“ (Ebenda.)

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S p e z i e l l e A b a r t e n d e r_ A ufzäh lung^ tragen .den Charakter einer inhaltlichen "Äbstülung in progressiver oder* regressiver Richtung: das semantische Gewicht ihrer Einzelglieder steigert' oder schwächt von Glied zu Glied ab. D. Faulseit und G. Kühn bestimmen es als „Gradation der Aussage“ , und die Abarten selbst als „steigende Stu­fung“ und „fallende Stufung“ [35, S. 224]. Bei W. Flei­scher und G. Michel heißt es: „Die steigende koordinie­rende häufende Figuration wird K l i m a x oder G r a d a ­t i o n genannt, die seltener vorkommende abschwächende Variante A n t i к 1 i m a x...“ [37, S. 174] Die Bezeichnun­gen „Klimax“ und „Antiklimax“ entstam men der trad i­tionellen Stilistik, aber sie sind auch in der modernen Stilistik gültig.Einige Illustrationen dazu liefern Beispiele aus den Texten der schönen Literatur. So wird z.B. ein W etterzu­stand sehr eindrucksvoll durch die Anwendung der stei­genden Klimax charakterisiert:

„Es regnet stundenlang, nächtelang, tagelang, wo­chenlang.“ (F. Dürrenmatt, Grieche sucht Griechin.)

Ebenso ausdrucksstark ist die Schilderung der Lage in Berlin am Vorabend der Kapitulation. Die steigende Kli­max bildet dabei den Höhepunkt dieser Schilderung:

„Dunkelheit, Kälte und Hunger drohten aus den Straßenschluchten. Diese drei Gespenster ergriffen Besitz von Berlin... Täglich breiteten sie sich mehr über die Stadt aus. Sie eroberten -Häuserblock um Häuserblock, Straßenzüge um Straßenzüge, S tadtvier­tel um Stadtviertel...“ (B. Kellermann, Der 9. No­vember.)

Noch einige Beispiele sollen die stilistische W irkung der steigenden Klimax veranschaulichen:

„In diesem Augenblick aber schrillte die Klingel, zwei­mal, dreimal, lang, herausfordernd...“ (Ebenda.) „Eisig aber, entsetzlich eisig, scharf wie Gift bläst der Wind...“ (Ebenda.)

In allen gegebenen Beispielen ist die Anordnung der Wörter so, daß jedes Folgeglied der Aufzählung an Ge­wicht zunimmt und das letzte am stärksten inhaltlich

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beladen ist und dadurch zum Höhepunkt der Aussage wird.Bei der Antiklimax (auch fallende Klimax genannt) be­deutet die Abschwächung „inhaltliche Steigerung ins Negative“ [37, S. 174]. Einige Beispiele sollen das bewei­sen.A. Seghers deutet mit Hilfe der Antiklimax im Roman „Das siebte Kreuz“ die kleinbürgerlichen Interessen an, die im Haus von Franz Röder durch seine Frau bestimmt werden und die mit der G esinnung des illegalen an ti­faschistischen Kämpfers nichts zu tun haben sollten. Die Textstelle beginnt mit der S teigerung im positiven Sinne, dann aber tr itt die inhaltliche Steigerung ins Negative ein:

„Hinziehen zu Franz, das bedeutete nicht nur lernen, sich bestimmte Gedanken aneignen, an den Kämpfen teilnehmen, das bedeutete auch, sich anders halten, sich anders kleiden, andere Bilder aufhängen,' andere Dinge schön finden.“ (A. Seghers, Das siebte Kreuz.) [62]

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Vgl. noch ein anderes Beispiel:

„...er war fremd geworden in der Zivilisation, in Deut­schland, in Nippenburg und Baumsdorf.“ (W. Raabe, Abu Telfan.) [35]

In diesem letzten Beispielsatz ist die Antiklimax so an ­geordnet, daß zuerst Kulturstufe in der Geschichte der Menschheit, dann Erdteil, schließlich konkretes Land (das kleinbürgerliche Städtchen Baumsdorf) genannt werden. Diese inhaltiche E inengung träg t den Gedanken der Abwandlung des Helden in der Richtung vom Hohen zum Niedrigen. Der Charakterisierung liegt offenbar das ironische Verhalten des Autors zugrunde.Die Antiklimax wird überhaupt oft ,,als Mittel der Ironi­s ie ru n g “ benutzt. Das betonen D. FäüTseit und G .'K ühn, Indem sie als Beispiel folgende Stelle aus dem Artikel „Karl Marx zum Gedächtnis“ von Franz Mehring zitie­ren:

„Marx war kein Gott, auch kein Halbgott, er war nicht einmal unfehlbar wie der Papst. Aber er w are in Denker...“

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In dieser scheinbaren Abschwächung des inhaltlichen Wertes (weil die Aussage die Form der Antiklimax annimmt) wird gerade das Gegenteil erreicht: eine in­haltliche Steigerung tr itt deutlich, obwohl verborgen, hervor. Der wahre Inhalt ist die W ürdigung der Persön­lichkeit Marx*, in der sich vor allem ein großer Denker erkennen läßt. Die dabei spürbare Ironie geißelt diejeni­gen, die nicht imstande sind, das W ahre zu erkennen, die nur oberflächlich urteilen und nicht selten zu vergöttern geneigt sind [35, S. 226].Mit der Aufzählung ist die Realisierung verschiedener zusätzlicher W irkungen verbunden, und das hängt damit zusammen, welche konkreten Bedeutungen und welche stilistischen Färbungen die in ihr erscheinenden Wörter tragen.Manchmal tritt die Aufzählung in der Textbeschreibung als d e t a i l l i e r t e D e f i n i t i o n auf, ihre Glieder stehen dann im Verhältnis der Bedeutungsergänzung zueinander, im Dienst einer näheren Erläuterung, einer volleren E rfassung des Gegenstandes oder einer anschau­licheren Charakterisierung:

„Deutlich sieht er wieder die dunklen Gemälde an der W a n d — jedes einzelne Offiziere alle, Militärs, in Uniformen, mit Ordenssternen geschmückt, den Degen an der Seite..." (B. Kellermann, Der 9. No­vember.)

Solche Definitionen dienen insbesondere in der Sachpro­sa dazu, ein Denotat in seiner Vielseitigkeit darzustellen, sie erfüllen die Aufgabe der P räzisierung eines Begriffs:

„Erforderlich ist eine ständig steigende Kontrolle, die E inhaltung der Festlegungen für die rechtzeitige Erfüllung der Pflichten, die S tärkung der Verantwor­tung, die unentwegte Realisierung der eingenommenen Standpunkte...“ (Neues Deutschland.)

Die Gegenüberstellung. Für diese Erscheinung kennt die Stilistik“ eine traditionelle Bezeichnung — d i e A n t i- t h . e s e, obwohl z.B. W. Fleischer und G. Mictiel nicht alles, was gegenübergestellt werden kann, zur Antithese zählen. Die Gegenüberstellung von W örtern ist nach ihrer Meinung dann eine Antithese, wenn diese Wörter

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„einen gem einsamen „.. logisch-begrifflichen A usgangs­punkt haben!* [37, S. 172— 173J. Jedenfalls kann man be­haupten, daß Antithesen auf breiter antonymischer Basis entstehen. Gerade bei der Verwendung von Antonymen kann der Bedeutungsgegensatz beim gemeinsamen lo­gisch-begrifflichen A usgangspunkt am deutlichsten aus­geprägt sein. Die Definition der Antithese lautet deshalb: „Man versteht unter einer Antithese den in einem be­stimmten Zusam menhang scharf formulierten gedank­lichen Gegensatz..." [33, S. 1107]Auch dieses Mittel gehört sowohl der lexischen als auch der syntaktischen Ebene an und kann deshalb den Stilfi­guren mit iexisch-syntaktischem Charakter zugerechnet werden.Die einfachste Art der Antithese ist die Gegenüberstellung zweier gegensätzlicher Begriffe. D. Faulseit und G. Kühn finden krasse Beispiele solcher Art in folgendem Satz:

„Ungeachtet der scheinbaren Eintönigkeit gab es dennoch in unserer Bürgerschaft Böse und Gute, Vornehme und Geringe, M ächtige und Niedrige und neben manchen K lugen eine ergötzliche Sam m lung von Narren “ (H. Hesse, Peter Camenzind.)

Vgl. noch ein Beispiel:„Dieses Haus, diese Etage schien ihn ungemein zu interessieren — anzuziehen, abzustoßen...“ (B. Keller­mann, Der 9. November.)

Die Antithese unterstreicht hier ein kontrastvolles, dop­peltes Gefühl, ein widerspruchsvolles Verhalten.Aus der Antithese wird eine noch kompliziertere sprach­lich-stilistische Erscheinung, wenn sie in Kombination mit Wortwiederholung, Aufzählung, Parallelism us auf- tritt:

„Das ist das Lied vom täglichen Brot:/die es erschaf­fen — leiden Not,/ die Kleider wirken — gehen bloß,/ die Häuser bauen — wohnungslos “ [33]

Dieses Beispiel kann nicht als eine einfache lexische Antithese bestimmt werden, wichtig ist dabei seine Grundlage — der syntaktische Aufbau, nämlich der syn­taktische Parallelismus, zu dem noch die Anapher hin­zutritt.

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Die Antithese beschränkt sich nicht nur auf die Antonyme, worauf E. Riesel und Ei Schendels verweisen: .„Im Text können zwei Begriffe einander entgegengesetzt werden, die sonst außerhalb des Kontextes kein antonymisches P aar bilden.“ [54, S. 252]. Das sieht m an deutlich gerade im letztangeführten Fall, wo Brot erschaffen — N ot leiden keine eigentliche Antonymie darstellen. Vgl. noch ein Beispiel:

„Das arabische Zelt selbst wurde durch eine polnische Synagogenampel beleuchtet. Es war ein opalisieren­des, bläuliches Licht... In der Ecke des arabischen Zeltes aber stand noch eine riesige purpurrote Lam­pe... Neben dieser roten Lampe saß gewöhnlich Dora, sie strahlte dann wie glühender Alabaster, während die anderen wie Leichen aussahen...“ (B. Kellermann, Der 9. November.)

Die Wörter blau — bläulich und rot — purpurrot sind in ihren Bedeutungen keine Antonyme, aber in diesem Kon­text ergeben sie eine Kontrastwirkung. Der Kontrast oder die Antithese ist für die gezeichnete Situation bestimmend, von ihr geht die Ausdruckskraft aus.Die Gegenüberstellung kann sich über mehrere Sätze erstrecken, mehrere einzelne Antithesen fügen sich dann in eine große antithetische Sinneinheit ein. Man spricht in diesem Zusam menhang von der architektonischen Funktion der Antithese, die sich einerseits im Aufbau der betreffenden Textstelle, des Kapitels oder auch des gan­zen Textes, andererseits in der entsprechenden Gliede­rung des gedanklichen Inhalts äußert. E. Riesel bezeich­net diese E rscheinungsart als „Antithese in architektoni­scher Funktion“ [51, S. 413], die deutschen Stilförscher verwenden dafür die Bezeichnung „Antithese als Bau­prinzip im Großen“ [33, S. 1108]. Antithetisch aufgebaut ist z.B. das ganze erste Kapitel in H. Heines „Deutschland, ein W intermärchen“, in welchem zwei große Bilder (Sinn­einheiten) einander gegenübergestellt sind — das alte

aktionäre, rückständige Deutschland und das neue, . ikünftige, befreite Deutschland. E. Riesel und E. Schen- ucls nennen als Beispiel auch die Novelle „Tristan“ von Th. Mann, wo sich durch die ganze Schilderung die Gegenüberstellung zweier Gestalten (Frau Klöterjahn und ihr Gatte) zieht, die zwei unvereinbare Wesen verkörpernб Г. C. Глушак 145

[54, S. 253]. Im „Prolog zur H arzreise“ bildet der Gegen­satz zwischen der in ihrer Größe und Echtheit sehr schö­nen, stolzen, freien N atur und der bürgerlichen Gesell­schaft mit der dumpfen Atmosphäre ihrer glatten Säle, ihrem Ehrgeiz und sklavischer Etikette, ihren „erlognen Lieneschmerzen“ die Grundlinie der ganzen Textstal- staltung.Auf der gemischten lexisch-syntaktischen Grundlage tent- steht noch eine besondere Erscheinungsart der Antithese, ein „Sonderfall der Gegenüberstellung** [35, S. 222] — die Kreuzfigur, traditionell g en an n t Chiasmus. E s j ia n -

^delt^&iclj bei diesem Mittel um den IJcreuzeM Ttgünerte^ VjSatzbau^ [37, S. 173], oder darum, daß die „uegenüber-

stetttm g"ia umgekehrter Weise*1 wiederholt wird [35, S. 222]. Vgl. folgende Beispiele:

„Ich hätte mich gewiß in das schöne Mädchen verliebt, wenn sie gleichgültig gegen mich gewesen wäre: und ich war gleichgültig gegen sie, weil ich wußte, daß sie mich liebte.** [33] „...auf polnisch sprach er weiter: ,Wir müssen wartend käm pfen und käm pfend war­ten ../ " (B. Apitz, Nackt unter Wölfen.)* „Er hatte nichts mehr vom Leben, das Leben hatte nichts mehr von ihm.“ (A. Seghers, Die Toten bleiben jung.)

Der Chiasmus ergibt oft eine satirische Wirkung, deshalb kann er auch im Dienst der politischen Satire stehen, also in publizistischerrr*wissenschaftlicfi-politischen Schriften Vorkommen. Bei D. Faulseit und G. Kühn lesen wir z.B.: „So verwundert es nicht, daß bei den Begründern des dialektischen M aterialismus die Kreuzstellung sogar in der Überschrift, also themenbestimmend verwendet wurde. M an erinnere sich an Marx* ,Die moralisierende Kritik und kritisierende Moral*...** [35, S. 223].Zum Abschluß muß verallgemeinernd noch einmal betont werden, daß die Antithese in ihrer G anzausprägung den verschiedensten stilistischen Zielen dienen kann und daß ihr immer eine starke gedankliche Zuspitzung zugrunde liegt. Aber die konkretere stilistische Funktion dieses Mittels besteht in der Hervorhebung von Widersprüchen und Gegensätzen — gerade darin liegt auch das Wesen der Bezeichnung „Antithese** (Kontrast, Entgegenset­zung).

STILFRAGEN IM ZUSAMMENHANG MIT DER REDEDARSTELLUNG

Die Fragen der R e d e d a r s t e l l u n g gehören zum problematischen Knoten, in dem sich die eigentliche Sprachlehre und die Textlinguistik m annigfaltig ver­flechten. Mit anderen Worten gesagt, liegen sie im Be­reich der Begegnung von Stilistik und Textlinguistik. Die zu betrachtenden Erscheinungen dieses Bereichs tragen in sich solche Merkmale, die nicht einzelne Gebrauchs­fälle, sondern T y p e n d e r R e d e und Sorten von Texten charakterisieren. Der Text ist in seinem Wesen ein Redeganzes, also ein Redekomplex, der auf bestimmter inhaltlicher und sprachlich-kompositorischer G rundlage basiert. Gerade diese G rundlage muß funktionalstilistisch differenziert sein, um die Bedürfnisse der verzweigten sprachlichen Kommunikation zu befriedigen. Die in die­sem Kapitel zu klärenden Fragen sollen es ermöglichen, wenigstens einen Einblick in die genannte sehr kompli­zierte und noch nicbt endgültig bestimmte Problematik zu gewinnen.

Die Gestaltung der Rede in ihrer funktionalstilistischen Differenzierung

Die Grundtypen der Rede .— Die sachgerichtete Rede .— Die Redetypen in der Kunstprosa: die Figurensprache, die Autorensprache, die direkte Rede, die indirekte Rede, die erlebte Rede, der innere Monolog.

Wie die Stilforscher betonen, erscheint die Rede in ih ren verschiedenen Typen, die in der Sach- und Kunstprosa unterschiedliche Funktionen haben. Wenn der Sachprosa und den mit ihr verbundenen Funktionalstilen hauptsäch­lich informierend-dokumentierender Charakter der Rede

eigen ist, wird die G estaltung der Rede in der Kunstprosa nich't nur durch die Mitteilung, sondern auch durch die ästhetische Funktion bestimmt, die über die kommunika­tive Funktion hinausgeht. Dafür steht dem Verfasser eines literarischen Werkes eine Auswahl von Redetypen zur Verfügung.Die Redeverkörperung in sächlichen Texten bezeichnet m an im allgemeinen als s a c h g e r i c h t e t e R e d e . Sie ist in ihrem Wesen (expressiv) stilistisch neutral, ab s tra ­hiert von der Person des Berichters (entpersonalisiert), hat zu ihrer semantischen Grundlage objektive Sachver­halte.Die Komprimierung oder inhaltliche Verdichtung (Kon­zentration), die dieser ■ .Redetyp verkörpert, häng t mit bestimmten Besonderheiten seiner syntaktischen Struktur zusammen — mit der Tendenz zur maximalen Erhellung des Satzes durch seine klare Gfiedeipng und Entfaltung nach dem Prinzip der.linearen (geradlinigen) Satzkonst­ruktion, der damit verbundenen Tendenz zur Gruppenset­zung durch Substantive (zur Blockbüdung), dem Bestre­ben, den Umfang des Einfachsatzes zu vergrößern. Ge­rade das träg t in sich die sachgerichtete Rede, so wie sie in Texten der offiziellen Dokumente, der Wissenschaft, in großen Referaten und Berichten der Presse ausgeprägt ist. Als Beispiele können folgende zwei Texte dienen:

— ein diplomatisches Dokument:„Die Deutsche Demokratische Republik und die Volks­republik Polen haben,feststellend, daß beide S taaten gutnachbarliche Bezie­hungen dauerhafter Freundschaft, allseitiger Zusam ­menarbeit und des gegenseitigen Beistandes herge- stellt haben,geleitet von dem Bestreben, diese Beziehungen auf der Grundlage der Prinzipien des sozialistischen In terna­tionalismus weiter zu entwickeln und zu festigen, [ . . .] feststellend, daß die Überwindung des Militarismus und Neonazismus die Voraussetzung für die fried­liche Regelung der deutschen Frage ist, und bekräfti­gend, daß die künftige Herbeiführung eines einheit­lichen, friedliebenden und demokratischen deutschen Staates nur auf dem Wege der Normalisierung der Be­ziehungen zwischen beiden deutschen Staaten im Ergeb­

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nis von Vereinbarungen zwischen der Deutschen De­mokratischen Republik und der westdeutschen Bundes­republik sowie unter Bedingungen möglich ist, die die Sicherheit ihrer N achbarstaaten gewährleisten, [ . . .] beschlossen, den vorliegenden V ertrag abzuschlie­ßen...“ (Gesetzblatt der DDR.) [62]— eine ökonomische Werbung„Rationell produzieren ist eine Forderung unserer Zeit. Durch umfangreiche Rationalisierungsm aßnah­men in unseren Fertigungsbereichen sind wir in der Lage, ein in vielen Zweigen der Volkswirtschaft be­w ährtes Automatisierungsmittel kurzfristig zu liefern. Ob in 4§x Industrie, in der Landwirtschaft, im Handel oder im Handwerk, wo auch immer unsere Motorkom­pensatoren...bisher eingesetzt wurden, ergab sich durch sie eine erhebliche S teigerung der Arbeitsproduktivi­tä t und eine beachtliche Q ualitätsverbesserung der Erzeugnisse. ^ Unsere in Serienfertigung nach dem Baukastensystem hergestellten Motorkömpensatoren sind universell einsetzbar.“ [62]

Die Redegestaltung in l i t e r a r i s c h e n (belletristi­schen) T e x t e n ist anders. Man muß vor allem die Typen der Rede nach dem Merkmal „Redeproduzent“ unterschei­den: die Autorensprache (die Autorrede) und die Figüren- sprache (die Figurenrede).Bei .der Autorensprache beabsichtigt der Redeprodyzent neben der Mitteilung eines bestimmten Inhalts , auch die E inw irkung auf den. Leser:j er formt seine Rede so, daß der Leser ihm folgt, gepackt wird, in Spannung versetzt, daß bei ihm verschiedene „vorgesehene" Gefühle hervor­gerufen werden./Die Autorensprache enthält sowohl objek­tive Beobachtungen des "Autors als auch Einschätzungen und Urteile, persönliche Schattierungen des Verhaltens; .daher kann si§ objektiv und zugleich subjektiv.sein, emo­tional wirken. Aber der unmittelbar persönliche Aus­druck — die icTTForm — erscheint in dieser Rede nicht oft,, charakteristischer "ist für sie eine persönlich-neutrale

„Ausdrucksweise. Ein Textauszug aus dem Roman „Der 9. November“ von B. Kellermann illustriert die Autoren­sprache: *'

„Klara suchte Wolle, um damit ein P aa r kleine P u ls­wärmer zu stricken. [ . . .] Häufig hielt sie sich in der

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Straße auf, wo Frau Sterne-Dönhoff wohnte... Die Damen Sterne-Dönhoff gingen immer in Schwarz. Sie trugen dicht anliegende Wollkleider, flache, schmuck­lose Hüte, spitze Schuhe. Die Mutter ging immer in der Mitte. Sie sprachen y e n ig und sie lachten nie.“

Die Figurensprache ist zum Unterschied von der Autoren­sprache stark persönlich betont. Sie ist im allgemeinen die Gesamtheit der Äußerungen der im Text wirkenden Personen (Figuren). Wegen ihres persönlichen C harak­ters kann sie verschiedenartig gefärbt sein: die Personen drücken ihre Gedanken, Gefühle, Meinungen aus, sie können dabei bewerten, Stellung nehmen, empfinden, verteilen, appellieren. Man kann behaupten, daß dieser Redetyp eine unübersehbare Skala emotionaler Schattie­rungen besitzt. Deshalb beättimnen'"'W.' P leischer und G. MicheT'dle*’stilistische W irkung der Figurensprache als „spannungsbeladene Dynamik“ [37, S. 215]. Das veran­schaulicht folgende Figurenrede:

„Otto schlug den Kragen des Mantels hoch und fluchte.»Furchtbar, entsetzlich!1 ,Wie beliebt?*»Einfach entsetzlich.*,Sie meinen, Otto?*»Dieses Geschwätz! Diese Teegesellschaft! — Ich gehe übrigens links, Heinz. Ich muß zum Kaiserhof.4 (B. Kellermann, Der 9. November.)

Die Autorensprache und die Figurenrede stehen oft im Wechsel, dabei gehören sie innerlich zusammen, sind an der betreffenden Textstelle unzertrennbar, was sich sehr stark fühlen läßt, z.B.:

„Da sprang sie auf, lief hinaus, fuhr mit der S traßen­bahn den weiten Weg zur S tadt zurück, schon wieder w ar Nebel, sie fror. »Gestern bin ich,* schreibt sie der Schwester, »abends durch die A ltstadt nach Hause ge­gangen. W ar plötzlich rasend abgespannt, landete in einer feuchten Spelunke, die Damen und Herren glotz­ten mich an.* “ (Chr. Wolf, Nachdenken über Chri­sta T.)

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Die Redetypen unterscheiden sich weiter nach der_Art der Redewiedergabe, wodurch zwei schon lange Bekannte Redeformen bedingt sind: die direkte Rede als unmittel­bare W iedergabe und die indirekte Rede als Wiedergabe fremder Äußerungen/Tri“ der S achpros^ erscheint die di­rekte Rede in Form von Zitaten, H albzita ten u.a. Als Tjtafp gelten gewöhnlich Äußerungen bedeutender und bekannter Autoritäten, sie erleichtern die Beweisführung und machen sie glaubwürdiger. Einige von ihnen dienen als Anschauungszitate, sie veranschaulichen die H altung *3es Verfassers zunTdärgestellten Sachverhalt und können sogar eine expressive Färbung tragen [37, S. 211—213].

[tri der KunStprosa, d.h. in den Texten der schönen^Lite- ra lu r bildet die direkte Rede die Grundlage oder den konstruktiven Kern der Figurensprache. Sie dient somit der Charakterisierung einzelner Personen. Das wird dül-ch die Schilderung direkter Gespräche, an denen die betref­fenden Personen teilnehmen, erreicht. Die Person kann individuell und typisiert (als Vertreterin einer bestimmten sozialen Gruppe, Landschaft, einer Generation usw.) cha­rakterisiert werden. Dafür zeigt sie, entsprechend der 'Absicht des Autors, solche Besonderheiten in ihrer Sprache (in der Aussprache, im Satzbau und Lexikon), die ihrer Rolle im Text entsprechen müssen. Außerdem enthält ihre Sprache noch spezielle stilistische Merkmale (Elemente des Saloppen oder Groben, Jargonism en, P ro­fessionalismen usw.). Nach D. Faulseit und G. Kühn ist die direkte Rede, ein Mittel der Personencharakterisierung,

' äTr^Figürenspracfie gibt sie unmittelbar Gedanken~*und M einungen der Person wieder, erschließt ihren Charakter, ihre Lebensauffassung, ihre Interessen usw. Sie träg t dadurch zur lebendigen G esta ltung .des .literarischen Textes bei [35, S. 238]. Vgl. folgendes Beispiel:

„ ,Sie dürfen nicht Weggehen, Sie sind verhaftet.1 ,Es sieht so aus* sagte K. ,Und warum denn?1 fragte er dann.,Wir sind nicht dazu bestellt, Ihnen das zu sagen. Gehen Sie in ihr Zimmer und w arten Sie. Das Verfahren ist nun einmal eingeleitet, und Sie werden alles zur richtigen Zeit erfahren. Ich gehe über meinen Auftrag hinaus, wenn ich Ihnen so freundschaftlich zurede...111 (Fr. Kafka, Der Prozeß.) [61]

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Aus dem Text ist zu erkennen, daß beide Gesprächspart­ner höflich und ruhig, ohne merkliche Spur der Feind­schaft einander gegenüberstehen. Aber die Sprache des ersten Gesprächspartners ist betont offiziell, t räg t keine emotionale oder persönliche Schattierung: er geht trocken seinen Pflichten nach und erlaubt sich keine Ge­fühlsregungen. Vgl. noch ein Beispiel:

„ »Zwischen den Schlachten*, sagte die Exzellenz lächelnd und deutete auf Turbane, Federbüsche und die Woge von nacktem Fleisch da unten.,Exzellenz bemerken sehr treffend. Es sind zumeist Offiziere, die auf Urlaub hier sind, Atem schöpfen, um morgen zur Front zurückzukehren.*,Ja, ja, ja.*,Exzellenz'—.*... »Lieber Freund*, sagte er, ,ich darf wohl bitten, alles Zeremoniell zu lassen. Wir sind doch alte Freunde. Ja, wie lange kennen wir uns schon?*,Es sind*, der General dachte nach, ,es dürfen wohl dreißig Jahre sein.* “ (B. Keliermann, Der 9. No­vember.)

Die direkte Rede wird hier zum Spiegel der Beziehungen zwischen den beiden Gesprächspartnern: der eine gibt sich entspannt, familiär, der andere dagegen gespannt, ehrerbietig, weil vor ihm ein „Einflußreicher“, ein „W ür­denträger“ sitzt. ■Die indirekte Rede als eine mögliche Erscheinungsart der Figurenspräche enthält nicht eigene Gedanken und Äußerungen der Person,.sondern die Wiedergabe in ihrer Rede fremder Aussagen, Meinungen, fremder Em pfindun­gen: '

„Sic ging in die Vorlesungen, saß auf ihrem Platz im Lesesaal, folgte mit den Augen den Reihen der Bücherrücken und fürchtete auf einmal, hier könnte schon auf jede Frage eine Antwort stehen.“ (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

Im^Vergleich zur direkten Rede wirkt sie weniger expres- sTv,"weil sie keine unmittelbare Charakterisierung ist.

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Aber sie unterstreicht oft eine distanzierte H altung der mitteilenden Person, ihre Absicht, objektiv oder neutral zu bleiben, was stilistisch ausgenutzt werden kann.Die Stilforscher weisen auf folgende wichtige Tatsache hin: bei der ind irek ten Rede sind die Unterschiede zwischen der S*acHprosa und der Kunstprosa weniger deutlich als bei der direkten Rede. Ihr Anteil an der P e r­sonencharakterisierung in literarischen Texten ist deshalb nicht so groß. An manchen Textstellen fällt die indirekte Rede mit der Autorensprache zusammen. Sie eignet sich für solche Beschreibungen, die nach E. Riesel und E. Schendels „emotionsarm und sachlich gefärbt“ sein rnüssen [54, S. 283]. Dasselbe meinen auch D. Faulseit und G. Kühn, indem sie betonen, daß das Anwendungs­gebiet der indirekten Rede hauptsächlich der sachlich­berichtende Text ist [35, S. 238]. Der Schriftsteller aber versteht es, die indirekte Rede mit der direkten Rede zu kombinieren, wodurch im literarischen Text ein Wechsel der beiden Redeformen entsteht. Dieser Wechsel wird oft zu einem sehr wichtigen Element der Textgestaltung:

„Thomas war entschlossen, sich von der Sekretärin nicht abweisen zu lassen. Er bemerkte ihr Zögern, als er seinen Namen nannte. Er wußte, Herbert war in seinem Zimmer. ,Es geht jetzt wirklich nicht.* Thomas setzte sich, bereit zu warten. ,Ich weiß nicht, ob es Sinn hat*, sagte die Sekretärin und schrieb weiter, beunruhigt durch das selbstsichere Auftreten von Thomas. Der Entschluß, Herbert aufzusuchen, war seiner Ungeduld entsprungen.“ (Heiduczek, Abschied von den E n­geln.) [62]

Als spezifische Typen gelten für die Kunstprosa die. erleb- \ te Rede und der innere M önologj Sie schließen sich im 'allgemeinen der “ H g u r ^aber es 'h an d e lt sich um keine echte Rede: die echte Rede wird lautlich verwirk­licht, während* bePdtesen Redetypen ihre lautliche Reali­sierung nicht zustande kommt. Die Rede bleibt unausge-ЗДй£ЬдДдЛ.ц1 * '*' " -Die erlebte Rede bedeutet Widerspiegelung von Gedanken­abläufen im Zusamrhensang mit bestimmten Gefühlsemp­findungen und Stimmungen. Im Unterschied zu der di­rekten Rede wird sie nicht als ich-Form, sondern in Form

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der dritten Person dargestellt, wie die Autorensprache. M an nennt sie' machmal. „die u n e i g e n t l i c h e dl - r e k t e , R e d e“ . Sie gleicht nur ffifihltlich deT P i^ureh-” ,8ргасЪе"’(ЯеГШгеИеп Rede), erschlieut dem HLeser den inneren Zustand der betreffenden Person. Formell afcer gleicht die erlebte Rede der Autorensprache. Thre Afrgren- zung von der AutorensprZcEe^feL luüfldimäi schwierig, weil keine speziellen Kennzeichen dafür vorhanden sind. M an erkennt den Übergang von der Autorensprache zur erlebten Rede hauptsächlich д т Wechsel der stilistischen Tönung des Textes: an persönlichen und subjektiven fae- wertungsmomenten, an gesteigerter Gefühlstätigkeit, an unruhiger, oft erregter Intonation der Aussagen, was sich in bestimmten syntaktischen Merkmalen ausdrückt — Ellipsen, rhetorischen Fragdn, Satzabbrüchen, Ausrufe­sätzen usw. ' • , ’Die genannte Zweideutigkeit der erlebten Rede bezeichnen z. B. W. Fleischer und G. Michel als ihr« „Anpassungsfä- h ig k e it^ s ia -^ tan n sich der Autorensprache апрйУУёН1 UM" Ausdruck von Gedanken und' Gefühlen des Autors sein; und sie kann sich auch der F igurensprache 'anpassen , zu einer betont ehiotionalen Darstellung^ der Gedanken und Stimmungen einer Figur "werden [37, S. 225]. Auch E. Riesel und E. Schendels unterstreichen diese Eigen­schaft und meinen, daß sich „alle Möglichkeiten;der Re­dedarstellung“ in diesem Redetyp berühren, [54, S. 285]. Die erlebte Rede, ist ein erprobtes Mittel der Stilistik. „Wir begegnen ihr darum vornehmlich dort, wö sich die Figur... in innerem Zwiespalt oder in starker E rregung befindet... Die erlebte Rede gewährt einen tiefen Einblick in solchen inneren Zustand“ , schreiben D. Faulheit und G. Kühn. Sie bestimmen sie deshalb als ein guies Mittel zum Ausdruck innerer Konflikte, erregter G edankenajyäu^ 'f^ä^ftgffierEmpfindungen [35, S. 2Щ . "* ■ ' “ -zr-----Spezielle häufig erscheinende Kennzeichen der erlebten Rede sind Gedankenstriche, Gedankenpunkte, A u sru fe - ,u n i Fragezeichen, usw. Ein Beispiel aus ч dem Text soll der Illustration des Gesagten dienen:

„Als Thomas nach Kossin kam, um angelernt zu w er­den, hatte er viel Enttäuschung erlebt. Andere A rb e i t ...Schlechte W ohnung bei ekligen Leuten. Alleinsein ...Mithelfen in Kossin! Aufbauen! Darunter hatte er sich

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in der Schule was anderes vorgestellt... Er war auf • Robert Lohse gestoßen. Der war ihm dann eine Zeitlang

■_ alles zusammen: Bruder und Kumpel und Genosse'. Wenn er an Robert zurückdachte, brauchte er nicht zu suchen, was Robert für ihn war. Ja , Genosse, ja, Freund.“ (A. Seghers, Das Vertrauen.) [62]

Die Autorensprache ist in dieser Beschreibung mit der erlebten Rede vermischt, man erkennt die Ü bergänge von der einen in die andere an den obencharakterisierten Merkmalen.

■4)er innere Monolog unterscheidet sich von der erlebten Rede dadurch, daß er von der ersten Person geführt wird und gewöhnlich die ich-Form (auch du-Form) besitzt. Er bedeutet eine mehr, oder weniger .ausführliche. Analyse

Sachverhalts vom Standpunkt der Figur, aus. Die Darstellung kann dabei vollständig und logisch zusam ­m enhängend sein, sie kann aber auch abgerissen, fragmen-, tarisch aussehen, entsprechend dem Zustand der Figur. Dje Zeitform im inneren Monölog ist sehr oft das Präsens, weil es die<FäHigkeit besitzt, den Inhalt in seiner Zeitlo- sigkeitv also.Ällgefrmingültigkeit darzustell^TTDer innere

-Monolog d ien t in “der Regel d e r r ’ h i ld e r u n g e n von ^üfflrufrigdn :§e'en«t>Tien"Zuständen der Romanfiguren, ihren •problematischen ^philosophisch .gefärb ten) Auseinhnder- se tzu 'hgen jn it siC}^selbst. Die Sfilforscher sehen in ihm Hdas in Gedanken geführte SeHastgespäch“ einer' F igur [35,

NS. 244]. Das nachstehende B eisp ler^e ig t eine solche Text­stelle:

„Er seifte sich seine Hand und wusch sie mit unendli­cher Langsamkeit und Heß das W asser laufen. Ich habe Frau und Kinder. W arum kommt der Mensch zu mir? Bei jedem Schritt zittern müssen. Und was man mir Tag für Tag antut...“ (A. Seghers, Das siebte Kreuz.) [62]

Der M ann empfindet Angst, Unruhe, er führt im Innern ein Selbstgespräch, das von diesen Gefühlen durchdrun­gen ist. Äußerlich aber ist er bei seiner gewöhnlichen alltäglichen Beschäftigung.Der innere Monolog kann in die Autorensprache eingefloch­ten sein, eine“ solche Beschreibung wirkt s tark expressiv, weil der Ü bergang von der gewöhnlichen Beschreibung zum inneren Monolog als etwas Unerwartetes erscheint.

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„Christa T. hat, auch wenn sie lässig schien, anstren­g e n d gelebt... Sie hat nicht versucht, sich davonzu­machen, womit gerade in jenen Jahren so mancher begonnen hat. Wenn sie ihren Namen aufrufen hörte, stand sie auf und ging und tat, was von ihr erwartet wurde, aber wem soll sie sagen, daß sie lange dem N a­mensruf nachlauschen muß; Bin ich gemeint? Oder sollte es nur mein Name sein, der gebraucht wird? Zu anderen Namen gezählt, emsig addiert vor dem Gleich­heitszeichen? Und ich könnte abwesend sein, keiner würde es bemerken?** (Chr. Wolf, Nachdenken über Christa T.)

Darstellungsarten und Realisierungsformen der Rede (Textsorten)

A llgem eines über die beiden B egriffe .— Die A usgliederung und B egründung der D arstellungs­

arten .— Das Beschreiben .— Das Berichten.— Das Erzählen .— Das Erörtern .— Das Schildern.— Das Betrachten .— Die Textsorten und die ein­zelnen Funktionalstile.

4

Mit der Entwicklung der Sprache und Vervollkommnung der gesellschaftlichen Kommunikation haben neben der Herausbildung von Grundtypen der Rede auch ihre ver­schiedenen Realisierungsformen und D arstellungsarten G estalt gewonnen. Ihre allgemeine Aufgabe besteht darin, das immer anspruchsvoller werdende Bedürfnis nach Differenzierung innerhalb der Kommunikation zu befrie-„ digen.Die Auffassung der beiden Begriffe — die Realisierungs­oder Gebrauchsformen der Rede und ihre D arste llungsar­ten — in der gegenwärtigen Sprachwissenschaft stellt, wie dief Sprachforscher selbst anerkennen müssen, „ein Bild Verwirrender Vielfalt" dar [37, S. 268]. Man versteht da­runter entweder Verschiedenes oder dasselbe: so betrach­ten z.B. M. P. Brandes und M. P. Pironkowa „Mitteilung**, „Beschreibung", „Bericht", „Schilderung“ usw. als D ar­stellungsarten, während sie bei W. Fleischer und G. Michel „Beschreiben", „Berichten", „Schildern" usw. heißen. Die Realisierungs- oder Gebrauchsformen sind bei M. P. B ran­des und M. P. Pironkowa z.B. „Bekanntm achung“ , „No­

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tiz“ , „Zeitungsbericht“ , „Lebenslauf“, ,,Protokoll“, „ P a ­tentschrift“ u.a. [30, S. 69—72], anhand des Buches von W. Fleischer und G. Michel aber kann m an den Eindruck bekommen, daß gerade „Beschreibung“ , „Bericht“ , „Erzäh­lung“, „Erörterung“usw. Realisierungsformen der Rede sind.

Um diese Inkonsequenzen zu vermeiden, scheint es zweckmäßig und richtig zu sein, die D arstellungsarten allgemein als bestimmte Verfahren zu betrachten, deren, Anwendung bestimmte Textsorten oder Realisierungsfor­men der Rede ergibt, z. B.: „das Beschreiben“ als Darstel- tu n g sa rt“crder als Verfahren ergibt „die Beschreibung“ als RealisierungsTorm (oder Textsorte) usw.Den Fragen der Textgestaltung, ihren Verfahren und Textsorten widmet m an in der heutigen Linguistik viel Aufmerksamkeit. „Man erkennt immer mehr und mehr die Bedeutung einzelner D arstellungsarten für die Textgestal­tung in verschiedenen Bereichen der, gesellschaftlichen Kommunikation“ , stellen W. Fleischer und G. Michel fest [37, S. 269]. Die Erforscher der russischen Sprache sprechen in diesem Zusam m enhang von besonderen „funk­tional bedingten Redeformen“ 1 [24, S. 285]. Wenn dem Text als Redeeinheit ein Merkmalkomplex eigen ist, meinen die Sprachforscher, so bildet die im Text dominierende D arste llungsart der Rede den wichtigsten Bestandteil dieses Komplexes. Bestimmte D arstellungsarten sind mehr oder weniger, aber nicht absolut an bestimmte Funktio­nalstile gebunden. So muß z.B. das Beschreiben als D arste llungsart „nicht nur sachlich informieren, sondern auch eine bestimmte Wirkung beim Empfänger erzielen, ein bestimmtes Interesse erzeugen, an bestimmte Gefühle, Wünsche, Hoffnungen appellieren“ [30, S. 72]. Es kann also in verschiedenen Funktionalstilen Vorkommen. Weiter sei zu betonen, daß ein und derselbe Informationsgehalt durch verschiedene D arstellungsarten vermittelt werden kann, was von den Bedingungen der Kommunikationssi­tuation abhängt. Aber Hauptgesetzmäßigkeiteii lassen sich für einzelne Funktionalstile doch feststellen.Die G estaltungsarten der Rede werden auf verschiedene Weise begründet und voneinander abgegrenzt. Die bis

1 «функционально-смысловые типы речи».

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jetzt vorgeschlagenen Gliederungen ergeben noch keine endgültige Klassifikation, denn „nicht, einmal die Anzahl der... Grundtypen darf als konstante Größe gewertet w er­den“ [37, S. 272]. Man betrachtet als einzelne, selbständige Arten z.B. Berichten, Beschreiben, Schildern, Betrachten usw. W. Fleischer und G. Michel unterscheiden in ihrer Stilistik Beschreibung, Bericht, Erörterung, Erzählung, Schilderung, Betrachtung, denen zugrunde Beschreiben, Berichten, Erörtern usw. liegen. Sie gehen vor allem davon aus, daß die Information objektiv und subjektiv gefärbt sein kann; dann fögen sie noch hinzu, daß der Anteil sub- jektiver Faktoren verschieden sein kann, daß all das im Zusam m enhang mit dem Redeinhalt stehen muß. Speziell wird betont, daß auch mit der beeindruckenden (impressi- ven) W irkung der Information gerechnet werden muß. Mit Berücksichtigung'dieser Momente kann man eine Zusam­m enfassung der D arstellungsarten vorschlagen, die fol­genderweise ayssieht:

R edeinhalt D arstellungsarten

^ ^ ^ F a k t o r e n

Typenobjektiv subjek tiv spezie ll im pres

siv

GegenstandZustandVorgang

Problem

Beschreiben Beschreiben , Beschreiben BerichtenErörtern

SchiSchi

Erzählen

Betra

ldern[dem

Schildern

ichten

Die ausgegliederten D arstellungsarten der- Rede bedürfen einer näheren Charakteristik, die ihre schematisch ange­gebene Zusam menfassung ergänzen soll.Das Beschreiben ist ein inform atives'D arstellen verschie­dener Tatsachen, Zustände usw. Dabei handelt es sich um die Übermittlung von Tatsachen vor allem im Rahmen der sachlichen Information. Deshalb ist diese Art ein wesent­liches Merkmal der sachgerichteten Rede (der Sachprosa). Aber wegen der dabei möglichen persönlichen Färbung (die Anteilnahme des Verfassers) ist sie auch in den kunstprosaischen Texten gebräuchlich (besonders in der

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Autorensprache). Als Beispiele seien angeführt —- eine sachliche Beschreibung:

„Potsdam und Sanssouci gehören ebenso zusammen wie die Begriffe Dresden und Zwinger oder Leipzig und Messe. Das ehemalige königliche Lustschloß, das sich Friedrich II. von Preußen (1712— 1786) bauen ließ, liegt inmitten eines großen Parks mit weiteren berühm­ten Bauwerken. Früher war es dem einfachen Bürger nicht zugänglich. Erst seit 1946 ist es — mit staatlichen M itteln restauriert — zur kulturellen Bildungsstätte für das ganze Volk und zum Anziehungspunkt für viele in- und ausländische Touristen geworden. Auch Schloß Cecilienhof, in dessen Räumen am 2. A ugust 1945 das Potsdam er Abkommen von den USA, der UdSSR und England unterzeichnet wurde, dem sich auch Frankreich später anschloß, zieht jährlich viele Besucher an.“ [42]— eine beschreibende Textstelle aus der schönen Lite­ratur:„Von acht früh bis m ittags zwölf hielt Oberbürgermei­ster. Thomas Weiß Sprechstunde ab. Es w ar oft unm ög­lich, alle abzufertigen, die kamen. Wem er nicht sofort helfen konnte, für den hatte er ein mitfühlendes, trö ­stendes Wort. Mancher ging mit einem solchen Wort im Ohr schon beglückt davon. So gewann er mit fast leeren Händen Vertrauen. Selbst wenn wichtige Be­sprechungen auf ihn warteten und Ungeduld, ihm das Blut kribbeln machte, blieb er ruhig und tat, als habe er viel Zeit. Dabei verstand er es meisterlich, unwichtige Gespräche auf ein Minimum zu beschränken, ohne den Besucher zu kränken.“ (W. Bredel, Ein neues Kapi­tel.) [62]

Das Berichten dient gleichfalls der informativen D arstel­lung, Als sprachliche Besonderheiten der daraus entste­henden Realisierungsform — des Berichts — nennen W. Fleischer und G. Michel einen höheren Prozentsatz von Verben als in der Beschreibung, ein auffallendes Zu­rücktreten von Adjektiven, eine exakte Angabe von Lokal- und Temporalbestimmungen, das P räteritum als dominie­rendes Tempus, während es in der Beschreibung das P rä ­sens ist, besonders in seiner generalisierenden Funktion, weil es das Streben nach Allgemeingültigkeit befriedigt.

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Das Berichten kann auch von subjektiv-emotionalen Mo­menten begleitet sein, und die dadurch bedingte Textsor­te — der Bericht — bildet eine der wichtigsten Erschei- nunsformen in der Presse und Publizistik, obwohl er auch in den anderen Kommunikationsbereichen möglich ist. Als Beispiele dafür dienen:

— ein Vorgangsbericht:„Am 9. November 1953, 19,05 Uhr, fuhr ein Fernlastzug des VEB Kraftverkehr (SB 55—37) von ... nach ... . Die Ladung bestand aus Baumwollballen. An der Kurve vor ... Brücke in... kam der Lastzug ins Schleudern, da die Straße infolge des eingetretenen Frostes g la tt war. Der Fahrer ... verlor die Herrschaft über den Wagen. Dieser durchbrach das Geländer und stürzte die stei­le Uferböschung hinab in das Flußbett. 19,07 Uhr traf ein Sanitä tsw agen der VP ein; der Fahrer und der B e ifah re r ... wurden schwer verletzt, aus der zertrüm ­merten Fahrerkabine geborgen und in das S tad tk ran ­kenhaus ... eingeliefert. Ein herbeigerufener B ergungs­zug begann 19,07 Uhr mit der Bergung des Lastzuges und der Ladung. Der Straßenverkehr konnte aufrecht­erhalten werden.“ [30]— ein Wetterbericht:„Das europäische Hoch hat sich seit gestern weiter abgeschwächt und verlagert sich zur Zeit nach Süd­osten. Damit hört die Zufuhr der trockenen und kalten Luft aus Osten auf. Vor Irland ziehen Tiefdruckgebiete über Mittelskandinavien nach Südosten. Bei schwacher Luftbewegung ist heute nach Auflösung von Nebelfel­dern im Norden mit aufkommender Bewölkung zu rechnen, während es im Süden meist noch heiter bleibt. Die Tagestem peraturen steigen, einige Grade über den Gefrierpunkt. Nachts, wird im Norden leichter, im Sü­den noch mäßiger Frost erwartet. In der Folge kann es zeitweise wieder zu Niederschlag und nachts noch zu leichten Frösten kommen.“ [62]

Das Erzählen unterscheidet sich schon stärker von der sachlich-registrierenden Wiedergabe der Information da­durch, daß es eine subjektivere Färbung träg t. „Die Auf­merksamkeit des Erzählers richtet sich daher nicht nur auf die bloße Abfolge von Ereignissen“ , betonen W. Fleischer

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und G. Michel» „sondern auch auf die G estaltung von Stimmungen, Gefühlen, Gedanken. In diesem Sinne ist die Erzählung „gezielte, emotionale Einwirkung auf den Empfänger...“ [37, S. 286]. Deshalb wird die E rzählung zu einer der Grundformen in den Texten der schönen Lite­ratur, sowohl in der Autorensprache, als auch in der Figurensprache, im Stil der Alltagsrede. Die Kunstprosa hat überhaupt zahlreiche Erzählformen entwickelt, und als .sprachliche Merkmale dienen dabei eine verhältn ism ä­ßig hohe Anzahl von Verben, das präteritale Tempus, aber auch das P räsens als Mittel der V ergegenwärtigung und Verlebendigung, eine relativ große Zahl von Modalwör­tern usw., vgl. folgendes Beispiel:

„Das war fünf Tage davor, am 13. März, kurz nach zehn Uhr in der M agdeburger Wilhelm-Pieck-Allee geschehen: Passan ten haben ein kleines Mädchen en t­deckt, das in Höhe der fünften Etage auf einem schm a­len M auersims herumklettert. Eine aufgeregte Men­schenmenge sammelt sich an. Niemand kann etwas tun, um das Kind zu retten... Da läuft mit hastigen Schritten ein sowjetischer Offizier herbei, reißt sich den Mantel von den Schultern, spannt ihn zwischen seine Arme. Gebannt blickt er nach oben... Je tz t ru tscht die Kleine ab, stürzt in die Tiefe. H auptm ann Belikow korrigiert ein wenig seinen Standort, das Kind fällt mitten auf den geschickt gehaltenen M an­tel, die Wucht des Aufpralls reißt den Offizier um. Nun springen andere herbei. Heben das Mädchen auf, das kaum etwas von der Gefahr begreift, die es eben durchlebt hat, drücken dem jungen sowjetischen Sol­daten die Hand. Der hüllt die Kleine in seinen Mantel, t räg t sie nach oben, legt sie der fassungslosen Mutter in den Arm, die gerade vom Einkauf heimgekehrt, und geht...“ (Freie Welt.) [62]

Beim EtSriecn sind beide Komponenten — die informative uncTdie pragmatische — stark ausgeprägt. Hierzu gehö­ren als Abarten das Kommentieren, das Argumentieren, zum Teil auch die Elemente des Berichtens und des Be­schreibens. Diese Art eignet sich gut für die sachliche D ar­legung mit theoretischen Fragestellungen, Problemlösun­gen, verallgemeinernden Schlußfolgerungen usw. Sie

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.stimmt mit solchen Stilzügen wie Objektivität, Exaktheit, Folgerichtigkeit u.a. überein und ist dementsprechend besonders im Stil der Wissenschaft sehr verbreifit. Als sprachliche Merkmale der Textsorte „Erörterung“ gelten ein beträchtlicher Anteil von Substantiven, unter ihnen Fremdwörter, Fachwörter aus verschiedenen Fachgebie­ten, ein auffallendes Zurücktreten von Verben, Abstrakta und Komposita usw. Zur Illustration wird unten ein Text angeführt:

„Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapita­listische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung*, die einzelne W are als seine Elementarform. Unsere U ntersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.Die W are ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Be­dürfnisse irgendeiner Art befriedigt. [ . . .]Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw. ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Q ualität und Quantität. Jedes solches Ding ist ein Ganzes vieler Eigenschaften und kann daher nach verschie­denen Seiten nützlich sein. Diese verschiedenen Seiten und daher die mannigfachen Gebrauchsweisen der Dinge , zu entdecken, ist geschichtliche Tat. So die F indung gesellschaftlicher Maße für die Q uantitä t der nützlichen Dinge.Die Nützlichkeit eines Dinges macht es zum Gebrauchs­wert... Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der W aren liefern das M aterial einer eigenen Disziplin, der Warenkunde. Der Ge­brauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesell­schaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des — Tauschwerts.Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantita­tive Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchs­werte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen...“ (K. Marx, Das Kapital. Bd. 1) [62]

162

Das Schildern wird als Grundlage der impressiven D ar­stellung gewertet. Der Blick des Schildernden richtet sich „immer sowohl nach außen, auf bestimmte Merkmale von Sachverhalten, als auch nach innen, auf deren Wirkung auf das eigene Ich;“ [37, S. 293]. In der Schilderung als Realisierungsform treten zahlreiche Adjektive auf, zum Zweck der vielseitigen Merkmalserfassung, anschauliche Bilder und Vergleiche, überhaupt viele konnotativ be­dingte Mittel, die zur Emotionalisierung und Subjektivie- rung der Aussage beitragen. Ihre yorwiegende Verwen­dung findet diese Realisierungsform im Stil der schönen Literatur. Als Beispiele seien genannt:

„Schweigend und reglos stehen die mächtigen Bäume des Hochwaldes. Kein Lufthauch bewegt die stolzen Wipfel. Geschäftig huschen die Eichhörnchen an den Stämmen auf und nieder. Mit ärgerlichem Gezeter streicht ein Eichelhäher ab. Bei diesem mißtönenden Geschrei bewegt sich etwas, kaum wahrnehmbar, in einem besonders hohen, dichten Baumwipfel;' Feder­ohren richten sich mißtrauisch auf, runde Augen mit prachtvoller gelber Iris, die am äußeren Rande rötlich erglänzt, spähen argwöhnisch in die Runde. Das schrille ,Kiäh‘ des Hähers hat den Uhu hoch oben im Baumwipfel aus seinem Halbschluipmer geweckt.“ [62]

Noch eine Textstelle solcher Art:

„Die W intersonne stand nur als armer Schein, milchig und m att hinter Wolkenschichten über der engen Stadt, Naß und zugig w ar’s in den gieb.eligen Gassen, und manchmal fiel eine Art von weichem Hagel, nicht Eis, nicht Schnee.Die Schule w ar aus. Uber den gepflasterten Hof und heraus aus der Gatterpforte strömten die Scharen der Befreiten, teilten sich und enteilten nach rechts und links. Große Schüler hielten mit Würde ihre Bücher­päckchen hoch gegen die linke Schulter gedrückt, indem sie mit dem rechten Arm wider den Wind dem M ittagessen entgegenruderten; kleines Volk setzte sich lustig in Trab, daß der Eisbrei umherspritzte und die Siebensachen der Wissenschaft in den Seehundsrän- zeln klapperten. Aber hie und da riß alles mit from­men Augen die Mützen herunter vor dem W otanshut

163

und dem Jupiterbart eines gemessen hinschreitenden Oberlehrers...“ (Th. Mann. Tonio Kröger) [61]

Beim Betrachten handelt es sich um eine teilweise expressi­ve Art (im Vergleich zum Erörtern). Die Realisie­rungsform „Betrachtung“ bezieht sich ebenfalls auf Probleme, aber sie enthält auch die Wiedergabe von E in­drücken. Doch spielt das Rationale dabei und nicht das 'Emotionale (wie beim Schildern) seine bestimmende Rolle. Das Betrachten hat also gemeinsame Züge nicht nur, mit dem Erörtern, sondern auch mit dem Schildern, man kann es in bestimmtem Sinne als einen Mischfyp, eine gemischte, obwohl manchmal ganz selbständige Textsor­te ansehen. Ein Beispiel soll es veranschaulichen:

„...Gibt Brecht noch genügend zu denken, gehen also von ihm heute jene produktiven Genüsse aus, die nach seiner M einung allein ein Theater des wissenschaft­lichen Zeitalters rechtfertigen?H ält die W irkung Brechts heute der Kritik, welche Brecht gestern an diesen W irkungen übte, stand, wenn man nun seine Kriterien auf ihn selbst anwendet? Da schon erhebt sich eine zweite Frage: auf welcher Ebene eine solche Untersuchung durchgeführt werden kann, da sie auch Gewohntes herausfinden muß, das eben, weil es Gewohntes ist, nicht unmittellbar gegenw ärtig ist. Eine Umfrage: halten Sie Brecht heute für wirksam? wäre absurd, da sie völlig ausklammern würde Impulse, die in das Leben einer Gesellschaft e ingegan­gen sind und die insofern wirksam sind, da sie nicht immer wieder von vorn gedacht werden müssen, son­dern mittelbar auf das tägliche Verhalten einwir­ken...“ [62]

Im allgemeinen wäre es nicht übertrieben, von allen D ar­stellungsarten zu sagen, daß sie mehr oder weniger Mischtypen sind: jede von ihnen enthält Elemente fciner anderen oder aller anderen; sie sind kombiniert*.verbin* den sich in jeder Form in unterschiedlicher Weise. Es kommt deshalb nicht so sehr auf die genaue Bestimmung der D arste llungsart an, wie auf die Feststellung des für sie am meisten Typischen, der Dominanz..Diese Dominanz muß mit dem Redeinhalt und der Kommunikationssitua­tion in Verbindung stehen, dadurch also ihre Begründung erhalten.

LITERATURNACHWEIS

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327 S.

SACHREGISTER*

Ableitung deverbative — 35 explizite — 85 im plizite — 85

A bstrakta 35 A djektivstil 20, 43 A litagsverkehr 15 Anachronism us 80, 81 A nakoluth 131 A napher 135A nfangsstellung stilistische 111, 112 Antiklimax 141, 142 A ntithese 48, 143

architektonische — 145 Antonym 145 Aposiopese 130 Archaism us 78, 79 A ufzählung 139 A usdrucksform 15 A usklam m erung 114 A usrufesatz 108 A ussagesatz 104 Autorensrapche 149, 154, 159

Bedeutung, stilistische 48, 52,53 B edeutungsvariante 58 B elletristik 15 Bereichsstil 15

Berichten 159 B erufsjargonism us 67 Beschreiben 158 Betrachten 164 B ildhaftigkeit 43 Bildlichkeit 43 Blockbildung 32, 35

Chiasm us (K reuzfigur) 146

D arstellungsarten 17, 156— 158, 164

D ialektism us 69—71 D om inanz 164

Einfachsatz, vielgliedriger 102 H inm albildung 77 Ellipse 38, 102Endstellung, stilistische 113 Epipher 136 Epitheton 48 Erörtern 161 Erzählen 160 Euphem ism us 74 Expression 21

Fachw ort 65—68 Färbung, funktionale 54 F igurensprache 150, 151

echte — 109

* Указатель составил В. C. Гаврилов.

169

Flickwörter 40 F rage

rhetorische — 109, 110 F ragesatz 109 Frem dw ort 34, 71—75

— als Synonym 61, 72 Fügung, nominale 61 Funktion der Sprache 20 Funktionalstil 13, 14— 16 Funktionalstilistik 11, 13 Funktionsverbfügung 35

G egenüberstellung 143 G radation 141 Grobwort 68, 69

H istorism us 78 H ypotaxe 103

Im pression 21Internationalism us 72Invarianz 27 Inversion

g ram m atische— 112, 113stilistische — 112

Isolierung 115

Jargon 68— der deklassierten Elem en­te 68sozialer — 68

Kategorie der Genera verbi 89 K ernw ortschatz 55 Klimax 141 K olorit

fachliches — 65 frem dländisches — 73 natürliches — 74 zeitliches — 75, 76

K om m unikationsart 15 K ommunikationsbereich 15 Kompositum 34 K omprim ierung 148

Konnotation 53 K onvcrsationssti! 18 K unstprosa 17, 148, 151 K urzsatz 99

Lexikfunktional beschränkte — b*. 65funktional gefärbte — 31

Linguostilistik 11, 13

M akrostilistik 13, 44 M etapher 48 M ikrostilistik 13, 95 M itinform ation 53 M odewort 74, 76 Monolog, innerer 155 M undarlw ort 69—71

N achtrag (N achholung) 115 N ennsatz 100 Neologismen 75—78

— bestim m ter Zeitabschnitte 75 einm alige — 76

N om inalstil 22—24, 32, 43, 107, 123

N orm auffassung, funktonalc 26 N ullexpressivität (Nullpunkt) 49

Oxymoron 48

Papierdeutsch 31 Parallelism us 48

syntaktischer — 136 P arataxe 102 Parenthese 124

potentiell autosem antische — 125synsem antische — 125 stilistische Leistung — 126

P arzellierung (Isolierung) 115 Periphrase 48 Periode, syntaktische 103 Phraseologie 47

170

expressive — 47 neutrale — 47

Poetik 9Präsens, iteratives 95 P räterit, futurisches 96 Professionalism us 65—68 Prolepse 129

Realien 34, 37 Realisierungsform 157 Rede

deliberative — 9 direkte — 151 echte — 153 epideiktische — 9 e rleb te— 153— 155 ind irek te— 152, 153 judiziale — 9 sachgerich tete— 148 uneigentliche direkte — 154

R ededarstellung 147 Rhetorik 9

Sachprosa 17, 59, 147, 151, 158 Satz

eingliedriger — 99 elliptischer — 100 v ie lg lied riger— 102

Satzparenthese 125 Schachtelsatz 104 Schildern 163 Segm ente der Sätze 117 Skala der Stilfärbungen 49, 50 Sonderphraseologie 37 Sprachnorm 26, 29 S prachportrat 66 S tab ilitä t 27 S tam m satz 124 S tativ 92 Stil 14

expressionistischer — 21 im pressionistischer — 21 rea lis tischer— 21

Stilbruch 48 Stildivergcnz 88 S tilfärbung 48—52

absolute — 49 allgem einem otionale — 56 funktionale — 54 kontextuale — 49, 51 speziellcmotionale — 56

S tilfigur 44, 48, 132 Stilistik 7— 10

gram m atische — 82 literaturw issenschaftliche —12, 13morphologische — 8 ^ syntaktische — 82

Stilistika 45, 48Stilklassifikation (Stiltypologie)

16Stilm ittel 44—48, 132 Stilnorm 27—29 Stilschicht 51 Stil typ 20Stihvert (S tilbedeutung) 12, 96 S tilzug 28, 29

ex tralinguistischer — 30 linguistischer — 30

Streckform 61, 122 Substantivgruppc 118 S ubstantivstil 20, 43 Subsystem der Sprache 16 Synonym 46, 57—64

Frem dw ort als — 61, 72 kontextuales — 63 vollständiges — 57, 58

System norm 26

Teilsystem 27 Term inus 34, 66 Textisotopie 53 Textlinguistik 147 Textsorte 36Tönung, stilistische — des

Textes 154

171

Tropen 10, 43, 44, 48, 133

V erbalstil 20, 22—24, 43, 107 V erwendungsnorm 26 V ulgarism us 68

W erbesprache 32 W iederholung 48, 132

begriffliche — 133 synonymische — 61, 134 syntaktische — 135 wörtliche — 133

W ortfügung, usuelle 117 W ortgruppe 117

freie — 117 halb feste— 117

W ortparenthese J25 W ortstellung 110, 111 W ortverbindung, verbal­

substantivische 35 W ortw ahl 46

Zeugm a 48

IN HAITS VERZEICHNIS

Vorwort ........................................................................................................... 3

K a p i t e l I. G rundbegriffe und Grundprobleme der Stilistik

G egenstand und Aufgaben der S t i l i s t i k ................................................ 7Der Funktionalstil und die funktional begründete S tilklassifikation 14Andere Stilkiassifikationen in der deutschen S t i l i s t ik ......................20Der Normbegriff in seiner Bedeutung für die Funktionalstilistik . 2EL Die C harakteristik einzelner Funktionalstile nach ihren S tilzügen Q ß /Allgemeine C harakteristik der S t i l m i t t e l ................................................. 44'Die S tilfärbung und die stilistische B e d e u t u n g .......................................48

K a p i t e l II. S tilfragen und Stilm ittel im lexischen Bereich

D as Problem der stilistischen D ifferenzierung des deutschenW ortschatzes .................................................................................................С5жStilistische Potenzen der S y n o n y m ie ............................................................ 57Die stilistische A usnutzung der funktional beschränkten Lexik . . 64

K a p i t e l III. S tilfragen und Stilm ittel im gram m atischen Bereich

Stildifferenzierende M öglichkeiten der H auptw ortarten . . .Stilistische Potenzen der strukturellen S a i z t y p e n ......................Die komm unikativen Satztypen in ihrer stilistischen Leistung .S tilw erte der S a tz g l ie d f o lg e ........................................................................... 110Funktionalstilistische W erte der syntaktischen W ortgruppen . . 116Besondere syntaktische Erscheinungen als S tilfiguren . . . . 124Lexisch-syntaktische Erscheinungen als S t i l f i g u r e n ............................ 131

K a p i t e l IV. Stilfragen im Zusam m enhang m it der Rededar­stellung

Die G estaltung der Rede in ihrer funktionalstilistischen Differen­zierung ..................................................................................................................... 147D arslellungsarlen und Realisierungsform en der Rede (Textsorten) 156

Literaturnachw eis ...........................................................................................165

Sachregister............................................................................................. 169

Т АМ АР А СТЕПА П О ВИ Л Г Л У Ш А К

ФУНКЦИОНАЛЬНАЯ СТИЛИСТИКА НЕМЕЦКОГО ЯЗЫ К А

на немецком языке

Редакторы В. С. Гаврилов, В. И . А кулов

Оформление Я. Я . Зельской

Художественный редактор JI. М. П олякова

Технический редактор М. Н. Кислякова

ИБ № 1198 'Сдано в набор 30.10.80. Подписано в печать 20.07.81. Формат 8 4 Х 1 0 8 7 з2 - Бумага тип. № 1. Гарнитура литературная. Высокая печать. Уел. печ. л. 9,24. Уел, кр.-отт. 9,77. Уч.-изд. л. 9,32.

Тираж 1300 экз. Зак. 1078. Цена 50 коп.

Издательство «Вышэйшая школа» Государственного комитета Белорусской ССР по дедам издательств, полиграфии н книжной

торговли. 220048, Минск, проспект М ашерова, 11.

Минское производственное полиграфическое объединение нм. Я. Ко- ласа. 220005, Минск, ул. Красная, 23.

Глушак Т, С.Г 55 Функциональная стилистика немецкого языка:

[Учеб. пособие для фак. и ин-тов иностр. яз.].—Мн.: Выш. школа, 1981.— 173 с.

В пер.: 50 коп.Цель пособия — освещение узловых вопросов функциональной

стилистики немецкого языка. Теоретическая часть пособия включает характеристику предмета и задач лингвостилистики, понятий «стиль» и «функциональный стиль», типологии стилей. Д ается обоснование си­стемы функциональных стилей современного немецкого язы ка, стиле­вых черт. стнледифференцирующих признаков. В пособии детально рассматриваетя функционально-стилистическая значимость явлений лексики и синтаксиса. В специальный раздел вынесены лексико-грам­матические явления.

П редназначается для студентов факультетов и институтов иност­ранных языков.

70104—131 Г М 304(05)—81 149—81 4602010000

ББК 81.2 Нем-9 4И (Нем)