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A.Z. 6203 SEMPACH STATION, DONNERSTAG, 4. JULI 2013 VERKAUFSPREIS: FR. 2.50 Theater im Städtli – das gehört, wie hier vor einem Jahr, seit der Jubiläums-Gedenkfeier 2011 zum bewegten und bewegenden Festgeschehen aus Anlass der Sempacher Schlachtjahrzeit. Neu ist an der diesjährigen Auflage, dass die verschiedenen Theaterszenen thematisch verknüpft sind. Das Stichwort Energie bildet zudem die thematische Klammer für die ganze Feier. Eine Premiere der besonderen Art gibt es auch bei der Festrede: Mit Oberst Daniel Anrig hält erstmals ein amtierender Kommandant der Schweizer- garde die Ansprache beim Festakt in der Pfarrkirche. FOTO RETO BERNER/ARCHIV GEDENKFEIER SEMPACH 2013 O F F I Z I E L L E F E S T Z E I T U N G

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Die offizielle Festzeitung der Gedenkfeier Sempach 2013 Beilage der Sempacher Woche Redaktion Hans Moos, Kommission Gedenkfeier Sempach Stefanie A. Züger, Redaktionsleiterin Sempacher Woche

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Page 1: Festzeitung Gedenkfeier Sempach 2013 web

A.Z. 6203 SEMPACH STATION, DONNERSTAG, 4. JULI 2013 VERKAUFSPREIS: FR. 2.50

Theater im Städtli – das gehört, wie hier vor einem Jahr, seit der Jubiläums-Gedenkfeier 2011 zum bewegten und bewegenden Festgeschehen aus Anlass der SempacherSchlachtjahrzeit. Neu ist an der diesjährigen Auflage, dass die verschiedenen Theaterszenen thematisch verknüpft sind. Das Stichwort Energie bildet zudem die thematischeKlammer für die ganze Feier. Eine Premiere der besonderen Art gibt es auch bei der Festrede: Mit Oberst Daniel Anrig hält erstmals ein amtierender Kommandant der Schweizer-garde die Ansprache beim Festakt in der Pfarrkirche. FOTO RETO BERNER/ARCHIV

GEDENKFEIER SEMPACH 2013O F F I Z I E L L E F E S T Z E I T U N G

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SEMPACHER WOCHE • 4. JULI 2013FORUM GESCHICHTE 20132

Vom Holzflössen bis zum PionierkraftwerkFORUM GESCHICHTE WIE DIE ENERGIENUTZUNG IM KANTON LUZERN SICH ENTWICKELTE

Jedes Leben braucht Energie, al-lein schon zur blossen körperli-chen Existenz. Rechnet man Be-dürfnisse wie Heizung, Mobili-tät, Kommunikation und die Ver-arbeitung von Materialien dazu,wird rasch klar, dass eine zuver-lässige und dauernde Versor-gung mit Energie für eine Gesell-schaft elementar wichtig ist. ImFolgenden soll anhand einigerBeispiele aus der Geschichte desKantons Luzern gezeigt werden,wie Obrigkeit und Unternehmerzu verschiedenen Zeiten denEnergiebedarf des Kantons zudecken versuchten.

HolzHolz als wichtigster nachwachsendereinheimischer Rohstoff war nicht nurals Baumaterial seit Jahrtausenden vongrösster Bedeutung, sondern auch alsBrennmaterial. Holz wurde massen-weise gebraucht und demzufolge inder Nähe der Siedlungen bald rar, sodass man es aus den Hügeln des Entle-buchs und des Napfgebietes heranfüh-ren musste. Im Kanton Luzern bezogman das Holz insbesondere aus demEntlebuch und aus dem Napfgebiet.Das Stammholz wurde dabei mit dersogenannten Trift über die Wildbächezu den Talflüssen, zum Beispiel zurKleinen Emme geleitet und über diesedirekt zu den Verbrauchern geführtoder zu Flössern für den Fernhandelüber die Reuss und Aare zusammenge-bunden.

Holzflössen brauchte BewilligungTrift und Flösserei waren vom Mittel-alter bis in die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts die wichtigste undbilligs te Transportart für Stammholzund gesägtes Kantholz. Wir erkennendas nicht zuletzt an Flurnamen wieHolzbach oder Holzbachwald südlichvon Hergiswil. Wenn das Holz einmalauf den grossen Flüssen schwamm, be-stand die Gefahr, dass es am Heim-markt vorbei in den Export gelangte,was man unbedingt verhindern wollte.Die Schiffleute mussten daher einenEid schwören, kein Holz ohne Bewilli-gung von Schultheiss und Rat aus demLuzerner Herrschaftsgebiet hinauszu-führen.

Viel Holzschlag für GlaserzeugungHolzknappheit wurde aber nicht nurdurch den Export verursacht, sondernauch durch Wirtschaftszweige, die ex-trem grosse Mengen Feuerholz benö-tigten wie die Glasherstellung in Flüh-li im 18. und 19. Jahrhundert. Der Wi-derstand der Bevölkerung gegen denhohen Holzverbrauch führte dazu,dass die Glaser ab 1815 nach Hergiswilzogen, wo sie Holz aus dem ganzenVierwaldstätterseeraum beziehenkonnten.

TorfTorf ist nichts anderes als eine An-sammlung von halbvermodertenPflanzen, eine Vorstufe der Kohle. Torfist kein sehr wertvolles Brennmaterialund wird in der Regel nur verwendet,wenn Holz oder andere Energieträgernicht oder nicht in genügendem Mass

zur Verfügung stehen. Seit dem spätenMittelalter wird in Europa Torf gesto-chen, getrocknet und verbrannt. Im Kanton Luzern wurde vor allem imWauwilermoos, im Ostergau beiWillis au und im Mettlimoos bei Entle-buch während und nach dem Erstenund dem Zweiten Weltkrieg Torf abge-baut. Allein im Mettlimoos betrug dieAusbeute in den Jahren 1918 und 1919rund 7000 Tonnen, in den grösserenMooren im Wauwilermoos und imOstergau wohl ein Vielfaches davon.Torf stechen und zum Trocknen auf-schichten war Handarbeit, für die auchFrauen und Kinder und im Krieg nichtwenige internierte Soldaten eingesetztwurden. Der Torf aus dem Mettlimooswurde an die Firma Geistlich in Wol-husen und bis zu den Gaswerken derStadt Zürich geliefert.

KohleVom Sonnenberg oberhalb Krienszieht sich ein unterirdisches Kohle-vorkommen unter dem Reussbett hin-durch bis in die Gegend des Stifts imHof. Ab 1839 wurde das Vorkommendurch die Betreiber der Krienser Ham-merschmitte abgebaut und soll bereitsim ersten Jahr 12‘000 Zentner, alsoetwa 600 Tonnen Steinkohle ergebenhaben. In dieser Zeit reichte es aus, dieEinwilligung des Grundeigentümerszu haben, der Kanton beanspruchtenoch kein Bergbauregal. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hat-te man die Schächte bis 90 Meter hori-zontal und 37 Meter vertikal in denBerg geschlagen und dabei eineKohlen ader abgebaut, die maximal 120Zentimeter dick und teilweise mitMergel versetzt war, so dass kaum 30Zentimeter abgebaut werden konnten.Die Sonnenberg-Kohle war zudem vonsehr schlechter Qualität, brüchig undmit Sand vermischt und bei den Kun-den nicht sehr beliebt. Dank der Eisen-bahn war es ja möglich geworden, bes-sere Kohle günstig aus dem Ausland zuimportieren.

Gesetz über das BergregalAls im Ersten Weltkrieg die Versor-gung mit Kohle aus dem Ausland zeit-weise stockte, reagierte die LuzernerRegierung und erliess am 6. März 1918ein neues Gesetz über das Bergregal,das für den Abbau von Metallen, Er-zen, Salzen und fossilen Brenn- und

Leuchtstoffen wie Schwefel, Brand,Braun- und Schieferkohle sowie Erdöleine regierungsrätliche Konzession er-forderlich machte. Während der Anbauschlacht desZweiten Weltkriegs griff man erneutauf die Sonnenberg-Kohle zu, um abSeptember 1942 insbesondere die vonMoos-Eisenwerke beliefern zu kön-nen. Bis zur Einstellung des Betriebsim Oktober 1946 förderte man am Son-nenberg rund 21‘800 Tonnen Kohle,was immerhin etwa 5 Prozent der ge-samten Schweizer Förderung in dieserZeit war. Gegenüber dem Ersten Welt-krieg hatte die Sonnenberg-Kohle abererheblich an Bedeutung verloren.

Fledermäuse statt MineureSeit der Schliessung der Mine werdendie Stollen nicht mehr unterhalten undbeginnen langsam zu zerfallen. Es be-steht heute noch die Gefahr, dass durchEinbrüche und Stürze Menschen oderTiere zu Schaden kommen könnten.Bereits 1926 war ein Schacht dicht ander Oberfläche eingestürzt und hatteein Loch von 60 bis 80 Metern Tiefe ver-ursacht und 1935 war sogar ein Jugend-licher aus Reussbühl in einem der ver-lassenen Schächte zu Tode gestürzt. Inden letzten Jahren sind einsturzgefähr-dete Stellen eingezäunt und Türen vorden noch offenen Stolleneingängen an-gebracht worden. Einzelne Stollen ha-ben heute eine neue Bestimmung ge-funden als Winterquartier für das Gros-se Mausohr, eine der einheimischenFledermausarten.

Erdöl und Erdgas Erdöl wurde seit der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts zunächst alsLeucht- und Schmiermittel benutzt,bis Ende des 19. Jahrhunderts mit demVerbrennungsmotor sein Wert alsTreibstoff erkannt wurde. In derSchweiz suchte unter anderem JosephKopp aus Ebikon (1897-1977), derwohl bekannteste Schweizer Geologeund Experte für fossile Brennstoffe,der auch schon als Berater für den Koh-leabbau am Sonnenberg fungiert hatte,nach Ölquellen. Die erste Bohrung im Kanton Luzernfand 1952 -1954 in Altishofen statt und1960 wurde die LEAG, die LuzernerErdöl AG gegründet, die ihrerseits derSwisspetrol AG angehörte, der natio-nalen Dachgesellschaft, die alle Boh-

rungen in der Schweiz koordinierte.Eine Bohrung in Pfaffnau erbrachte1964 einige hunderttausend Kubikme-ter Erdgas, für das man aber damalsnoch keine Verwendung hatte und eseinfach abfackelte.

Die Episode FinsterwaldAuch in der Region Finsterwald lies-sen geologische Untersuchungen aufErdöl- oder Erdgasvorkommen schlies-sen. Am 28. September 1979 beganndie LEAG ihre Bohrung im Nessle-brunnebode östlich des Dorfs. Die Boh-rung dauerte eineinhalb Jahre, kosteterund 30 Millionen und erreichte eineTiefe von 5289 Metern, nicht ganz sotief wie gewünscht. Bis zu einem allfäl-ligen Ölvorkommen gelangte manzwar nicht, aber man stiess immerhinauf Erdgas, dessen Vorrat man auf 70bis 150 Millionen Kubikmeter schätz-te. Das ist im internationalen Vergleichnicht viel, aber da die Transitgaslei-tung zwischen Holland und Italien beiWilzige nördlich von Entlebuch nursechs Kilometer von der Fundstätteentfernt verläuft, konnte man das Gasgünstig einspeisen und die Produktionlohnte sich trotzdem.

Industriedenkmal RastplatzInsgesamt wurden in Finsterwaldwährend über 42‘000 Betriebsstundengut 74 Millionen Kubikmeter Erdgasgefördert. Der 8. Juli 1994 war der letz-te Fördertag. Im Anschluss daran wur-den das Bohrloch verfüllt und die An-lagen abgebaut. Gemäss den Konzessi-onsbestimmungen hätte die LEAG denBohrplatz wiederherstellen müssen,man einigte sich aber darauf, dort statt-dessen einen Picknick- und Spielplatzeinzurichten und einen letzten Restder Förderanlagen als Industriedenk-mal zu erhalten.

WasserkraftAls Energieträger spielt heute nebenden Erdölprodukten die Elektrizitäteine herausragende Rolle. Für denKanton Luzern sind dabei drei Aspektebesonders hervorzuheben:Erstens: im Kanton Luzern nahm 1886mit dem Wasserkraftwerk Torenbergdas erste schweizerische Wechsel-stromwasserkraftwerk den Betrieb auf;zweitens: Im Kanton Luzern liegt derStammsitz und Ursprung der Central-schweizerischen Kraftwerke CKW und

drittens hat einer der grossen Schwei-zer Kraftwerk- und Turbinenbauer sei-nen Sitz im Kanton Luzern: Die ehema-lige Theodor Bell AG in Kriens, diesich heute, nach diversen Handände-rungen, im Besitz der österreichischenAndritz Hydro AG befindet.

Aus Mühlen werden Kraftwerke1884 hatten die Gebrüder Troller ausLuzern die Neumühle Torenberg mitderen Wassernutzungsrechten aus derKleinen Emme erworben und liessenanstelle der Mühlen eine Turbine undeinen 250-PS-Generator zur Stromer-zeugung einbauen. 1886 nahm dasKraftwerk Torenberg als erstes schwei-zerisches Wechselstromwerk undweltweit erstes Kraftwerk mit ange-schlossenem Primär- und Sekundär-netz den Betrieb auf. Den Strom zur Be-leuchtung lieferte das Kraftwerk in dieStadt Luzern und den Kraftstrom andie eigenen Mühle- und Sägewerke inder Fluhmühle. Im Konzessions-Aktbewilligte der Luzerner Stadtrat denGebrüdern Troller, Leitungsdrähteüber das Stadtgebiet zu führen und aufstädtischen Gebäuden, darunter dieMuseggmauer und der Wasserturm,abzustützen.

Strombedarf wächst rasantÜberall brauchte man nun Strom. AuchEduard von Moos wollte für seine Eisen-werke eine sichere Stromversorgung er-richten. 1894 gründete er zusammen mitTheodor Bell und dem Luzerner Regie-rungsrat und Ingenieur Josef Fellmanndie «Aktiengesellschaft Elektrizitäts-werk Rathausen», um die Wasserkraftder Reuss nutzen zu können. Das Kraft-werk Rathausen nahm zwei Jahre späterden Betrieb auf – und musste bereits vierJahre später eine Dampfmaschine instal-lieren, um die rasant steigende Nachfra-ge nach Strom befriedigen zu können,1907 folgte bereits die zweite Dampfma-schine.

Manche Projekte verliefen im SandDer Hunger nach immer mehr Strombrachte die Elektrizitätswerke und Pla-ner dazu, überall, wo Wasser und einGefälle vorhanden waren, Kraftwerk-projekte zu prüfen. Zahlreiche dieserProjekte sind aus unterschiedlichenGründen nicht realisiert worden. Zunennen wären etwa ein Stauseeprojektim Eigental, ein Flusskraftwerk ähnlichRathausen unterhalb der Gisikoner-Brücke sowie zwei Projekte, die denHöhenunterschied von rund 15 Meternzwischen dem Vierwaldstättersee unddem Rotsee nutzen wollten, indem siedurch einen Stollen Wasser aus demSee bzw. der Reuss gegen den Rotsee lei-ten und am westlichen Ende des Seesein Turbinenhaus erstellen wollten. Die «Aktiengesellschaft Elektrizitäts-werk Rathausen» kaufte in den folgen-den Jahren kleinere Werke auf, betei-ligte sich an weiteren und schloss sich1913 mit dem ElektrizitätswerkSchwyz zusammen. Seither firmiertdas Unternehmen unter dem NamenCentralschweizerische KraftwerkeCKW. JÜRG SCHMUTZ

Dr. phil. Jürg Schmutz, Rain, ist Staatsarchivardes Kantons Luzern und zeichnet verantwort-lich für das Forum Geschichte im Rahmen der627. Gedenkfeier Sempach 2013.

Torfgewinnung im Wauwilermoos, Juni 1941. FOTO MAX A. WYSS / STAATSARCHIV LUZERN Bohrplattform Finsterwald bei Nachtbetrieb. QUELLE ERDGAS SCHWEIZ

Das Elektrizitätswerk Rathausen an der Reuss bei Emmen mit dem 1900 erbautenHochkamin. QUELLEN STAATSARCHIV

Die Maschinenfabrik Theodor Bell & Cie. AG Kriens war an der Weltausstellung in Parisim Jahr 1900 mit ihren Turbinen unübersehbar vertreten.

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4. JULI 2013 • SEMPACHER WOCHE/SURSEER WOCHE/TRIENGER WOCHE FORUM GESCHICHTE 2013 3

Wasserkraft dank Sempachersee blieb UtopieFORUM GESCHICHTE EIN NACHHALTIGES UND EIN GESCHEITERTES WASSERKRAFT-PROJEKT IN DER REGION SEMPACHERSEE

Die anlässlich der schweizeri-schen Landesausstellung 1914erhobene Wasserkraftstatistikbescheinigte dem Kanton Luzernschlechte Zahlen; ein unhaltba-rer Zustand, wie Kantonsinge-nieur Enzmann befand, und erforderte den Staat zum Handelnauf. Namentlich sollte dieserProjekte zur Wassernutzung un-terstützen oder selbst an dieHand nehmen, so auch in der Re-gion Sempach.

Enzmanns Plädoyer zur verbessertenNutzung der Wasserkraft hing zusam-men mit dem gestiegenen Energiebe-darf der Industriegesellschaft seit ca.der Mitte des 19. Jahrhunderts. Gegen-über 1850 hatte sich der Primärener-gieverbrauch 1910 verfünffacht, derStromverbrauch sich während seinergrössten Wachstumsphase im ausge-henden 19. Jahrhundert jährlich um 35Prozent erhöht. Energie lieferte zu-nächst vor allem Importkohle, dochförderten die Kohlekrisen vor undwährend des Ersten Weltkriegs ver-stärkt die Nutzbarmachung der einhei-mischen Wasserkräfte. Gleichzeitigschritt der Elektrifizierungsprozess inder Schweiz rasch voran, deutlichsichtbar am nun immer häufiger ge-nutzten elektrischen Licht.

Das EW Sempach NeuenkirchBereits im 19. Jahrhundert, genauer:1898, kam es zur Gründung des Elek-trizitätswerks Sempach Neuenkirch.Treibende Kraft hinter dem Werk warder Sempacher Gemeindeammann Jo-hann Schmid, der zusammen mit vierweiteren Gründungsmitgliedern dasWasserwerk am Unterröllbach beiBüezwil ins Leben rief. Ein ähnlichesProjekt Schmids in Sempach war rundein Jahr früher wegen Widerständender Korporation bezüglich der Durch-leitungsrechte gescheitert. Als Abnehmer des Stroms dürftenSchmid und seine Gesellschafter zu-nächst die Ortschaften Neuenkirchund Sempach – oder wenigstens Teiledavon – anvisiert haben. Noch 1898 ge-langte Schmid mit der Bitte an denSempacher Kirchenrat, «an der Kirchevon Sempach in dem Felde zwischenden beiden Schwanenhälsen 4 Drähte,an Isolatorenträgern & Isolatoren be -festigt, für die Lichtleitung der Be-leuchtungsanlage von Sempach befe-stigen zu dürfen. Es wäre dies der ein-zig richtige Weg, um den Kirchenplatznicht zu kreuzen mit der Leitung & ihnnicht zu verunstalten.»

Guter Rat aus EinsiedelnPfarrer Häfliger liess sich mit der Ant-wort indessen Zeit und bat zunächstverschiedene geistliche Kollegen umRat. Aus Einsiedeln beschied manihm, er, Häfliger, könne «ganz ohneSorge sein, umso mehr, wenn ein Blitz-ableiter auf der Kirche sich befindet».Gleichzeitig rieten die Einsiedler demSempacher Pfarrer, er «solle diese Con-cession nicht gerade so ohne Bedin-gung machen, sondern jetzt schon vor-sorgen für den Fall, dass einmal dieKirche elektrisch beleuchtet werdensoll u. die Abgabe von Lichtkraft fürdie Kirche gratis auszubedingen».Elektrifiziert wurde die Kirche dannum 1901. Gratis war die Installationmit Kosten von mehr als 1800 Frankenfreilich nicht. Immerhin sicherte dasElektrizitätswerk dem SempacherPfarrer zu, beim «Strombezug für dieBeleuchtung der Kirche einen sehr ge-ringen Preis hierfür zu verlangen». Un-gefähr zur gleichen Zeit wie die Kirchewurde der Pfarrhof elektrifiziert; wei-tere Teile Sempachs dürften nur unwe-sentlich später ebenso mit Strom ver-sorgt worden sein.

Das Werk ist bis heute produktivDem Unternehmen Schmids war je-doch kein langer Erfolg beschieden.1906 musste das ElektrizitätswerkSempach Neuenkirch Konkurs anmel-den, 1920 wurde es endgültig aus demHandelsregister gelöscht. Einige Jahre

zuvor hatten die Centralschweizeri-schen Kraftwerke (CKW) die Liegen-schaft in Büezwil mitsamt Kraftwerkund wenig später auch die dazugehöri-ge Wasserrechtskonzession erworben,um diese 1923 an die Familie Widmerzu verkaufen. Dort nutzte man die An-lage zunächst zur Produktion von me-chanischer Energie für das Sägewerk,seit Ende der 1960er-Jahre dann ver-stärkt auch, um Strom zu produzieren.Das Hochdruckwerk Büezwil gibt esheute noch. Seine Leistung beträgtrund 100 kW, rund das Zweieinhalbfa-che jener, die es zu Zeiten von Gemein-deammann Schmid um 1900 brachte.

Das Fischer-Reinau-ProjektVon grösseren Dimensionen – sowohlin geographischer Hinsicht als auch inSachen Energieproduktion – war dasProjekt «Waldemme – Sempachersee».Dieses setzte dort an, wo Kantonsinge-nieur Enzmann das grösste Wassernut-zungspotenzial im Kanton Luzern aus-zumachen glaubte: im Gebiet der Klei-nen Emme und ihrer Zuflüsse. Dabeisollten mittels verschiedener Stauwer-ke unter anderem in der Lamm-schlucht oder im Eigental und der da-zugehörigen Kraftwerke jährlich andie 320 Millionen kW/h Energie pro-duziert werden. Schon in früheren Jah-ren hatte der Verfasser des Projekts, derZürcher Ingenieur Ludwig Fischer-Reinau, Vorschläge zur Nutzbarma-chung der Emmewasser gemacht. Jetzt,im Spätjahr 1919, plante er ein neuesElement hinzu: das AusgleichsbeckenSempachersee. Der Sempachersee sollte in erster Liniedazu dienen, der mittlerweile in diePlanung integrierten Reuss das fehlen-de Winterwasser zu liefern. Zu diesemZweck eignete sich nach Ansicht Rei-naus der Sempachersee optimal:«Während an allen übrigen schweize-rischen Seebecken sich den Bestrebun-gen der Auswertung des Beckenrau-mes zur Verbesserung der Wasserwirt-schaft der Flussläufe grosse, oft un-überwindlich scheinende Hindernisseentgegenstellen, liegen am Sempa-chersee die Siedlungsverhältnisse so,

dass der wasserwirtschaftlichen Ver-wendung desselben ernstlicheSchwierigkeiten nicht bereitet werdenkönnen.»

Kanal von Schachen nach SempachGespiesen werden sollte der See mitdem Wasser der Kleinen Emme, das beiSchachen über ein Kanalsystem abge-leitet werden und den See währendder Sommermonate jeweils rund dreiMeter über dessen eigentliches Niveauaufstauen sollte. Demgegenüber be-rechnete Reinau für die Winterszeiteine durchschnittliche Seeabsenkungvon ca. 15 Metern. Für den Ort Sem-pach hätte dies gewisse bauliche An-passungen erfordert. Unter anderemplante Reinau einen Schutzdamm ge-gen das Städtchen hin, dessen Krone,so Reinau, auch als Strasse hätte ge-nutzt werden können.

Am 15. Dezember 1919 reichte dasKonsortium «Waldemme-Sempacher-see» dem Luzerner Regierungsrat ihrKonzessionsgesuch ein. Die Konsorti-umsmitglieder, neben anderen Fi-scher-Reinau, die Escher-Wyss-Grup-pe und Nationalrat Ferdinand Steiner,waren überzeugt, mit ihrem Projektdem öffentlichen Interesse zu entspre-chen. Entsprechend optimistisch äus-serten sie die Erwartung, «dass diehohe Kantonsregierung unserm Ge-such ihr geneigtes Wohlwollen zuwen-den wird», ein Wunsch, dem nichtohne Weiteres entsprochen wurde.

Beim Kanton hat man’s nicht eiligZwar drängte Nationalrat Steiner beimBaudepartement, die Konzessionser-teilung nicht zu verschleppen, denndies könnte «die Ausführung diesesProjektes u.U. sehr erschweren, ja ver-unmöglichen […], wodurch dem Kan-ton Luzern ein grosser Schaden entste-hen, d.h. ganz bedeutende Einnahmenentgehen würden». Vor seiner ab-schliessenden Stellungnahme wollteder Kanton jedoch die Vorprüfung beiBund und eine geologische Expertisezum geplanten Projekt abwarten. In der Öffentlichkeit wusste man zwarum die Waldemme-Sempachersee-Pla-nung. Diese wurde aber lange Zeit ehergerüchteweise kolportiert und als rea-litätsfern eingeschätzt. Konkretisiertwurde sie erst durch eine von Natio-nalrat Steiner abgehaltene Informati-onsveranstaltung vom September1921. Mit diesem Schritt hoffte Stei-ner, «gewisse Kreise in Sempach u.Umgebung für das Project gewinnen zukönnen», mobilisierte damit aber imGegenteil die Opposition.

Widerstand auf breiter FrontTatsächlich machte sich gegen das Pro-jekt alsbald breiter Protest bemerkbar:Verschiedene Aktionskomitees sowiepraktisch sämtliche Gemeindebehör-den der Region oder der Heimatschutzverwandten sich mit Verve gegen dieFischer-Reinau-Planung. An einer am2. Oktober 1921 in der Festhalle abge-haltenen Protestversammlung nahmennach einer Schätzung des Anzeigersfür Sempach, Neuenkirch und Umge-bung «600 Männer aus allen Gauen un-seres Kantons» teil. Als Argumenteverwendeten die Projektgegner unteranderem den Natur- oder den Heimat-schutz, aber auch handfeste wirt-schaftliche Interessen wie jene desSurseer Stadtpräsidenten Hochstras-ser, der für die geplanten Herrschafts-sitze und Privatpensionen bei Maria-zell nach einem intakten See verlangte.

Eher ungünstige GeologieDer Fortgang des Projekts verlief fürdas Konsortium nicht nach Plan: DieProteste hielten an, während die poli-

tisch engagierten Luzerner Konsorti-umsmitglieder in der Öffentlichkeitzunehmend unter Druck gerieten.Dazu kam, dass das geologische Gut-achten dem geplanten Sempachersee-Ausgleichsbecken eher ungünstigeVoraussetzungen attestierte. Da half esauch nicht, wenn der Kanton Aargau,der sich Vorteile namentlich für dieGrossschifffahrt auf dem Rhein erhoff-te, das Projekt grundsätzlich befürwor-tete. Die Luzerner Kantonsregierungihrerseits lehnte das Projekt im Som-mer 1923 nämlich ab, unter anderemdarauf hinweisend, dass die Oppositi-on nach wie vor ungebrochen sei und«die schöne Gegend um den Sempa-chersee […] verunstaltet» würde. End-gültig begraben wurde das geplanteWerk aber erst, als die Escher-Wyss-Gruppe das Konzessionsgesuch, «so-weit es sich auf die Ausnützung desSempachersees als Staubecken be-zieht», im September 1926 zurückzog.

Eine Art ökologisches Bewusstsein Das Scheitern des Projekts fiel in eineZeit, in der sich zum Fortschrittsglau-ben der Kulturpessimismus gesellt hat-te. Dieser wandte sich unter anderemgegen die Auswüchse der Industriali-sierung, gegen deren Massenkultur, ge-gen die zunehmende Verstädterung, ge-gen die industriell bedingten Seuchenetc. In diesem Umfeld entwickelte sichauch eine Art ökologisches Bewusst-sein, das im beginnenden 20. Jahrhun-dert in Heimat- und Naturschutzbewe-gungen aufging. Man spricht im selbenZusammenhang auch von der konser-vativen Revolution, die sich neoroman-tisch und patriotisch für die typischschöne vaterländische Landschaft undKultur einsetzte. In der Zwischen-kriegszeit verbreitete sich solches Ge-dankengut in weiteren Kreisen der Be-völkerung: Von Projektgegnern vorge-brachte Schlagworte vom «seelenlosenGrosskapitalismus» oder von der «Hei-matliebe» fügten sich insofern ins Vo-kabular der Zeit.

Geschichtlich berühmte LandschaftDass es im Falle des Sempacherseesum den Schutz einer «ebenso natur-schönen wie geschichtlich berühmtenLandschaft» vor der Grossindustrieging, mochte den Protest die notwen-dige Konsequenz verliehen und ihninsbesondere auch überregional ver-ankert haben. Die Beispiele der nurwenig später realisierten Stauwerke imWäggital und im Sihltal zeigen, dass inGegenden, die natur- und kulturland-schaftlich vielleicht als weniger be-deutend wahrgenommen wurden,durchaus auch der Fortschrittsglaubeobsiegen konnte. ANDRÉ HEINZER

Der Historiker André Heinzer ist wissenschaft-licher Mitarbeier beim Staatsarchiv Luzern undStadtarchivar von Sempach.

«Habt Acht, ihr Krämer und Spiesser, hier ist geheiligter Boden!» Ein imposanter Win-kelried warnt vor den Folgen des Wasserkraftprojekts Waldemme-Sempachersee. Zeit-genössische Karikatur im «Nebelspalter». FOTO ZVG

Kleinkraftwerk Büezwil auf Gemeindegebiet von Neuenkirch: Eine Turbine der Krienser Firma Bell erzeugt Strom für die Region. DieAnlage entstand kurz vor 1900. QUELLE STADTARCHIV LUZERN

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SEMPACHER WOCHE • 4. JULI 2013FORUM GESCHICHTE 20134

Luzerner AKW-Pläne wirbelten viel Staub aufFORUM GESCHICHTE DAS NICHT REALISIERTE PROJEKT EINES ATOMKRAFTWERKS IN INWIL

Vor genau 40 Jahren, im Juli1973, erregte eine kommunaleAbstimmung die Gemüter in derGemeinde Inwil. Die Bürgerinnenund Bürger befanden über die In-dustriezone Schweissmatt undindirekt über die Pläne der CKW,dort ein Atomkraftwerk zu er-richten. Trotz positivem Ent-scheid wurde das Projekt baldauf Eis gelegt. Dennoch spieltedas angedachte AKW an derReuss in den Luzerner Auseinan-dersetzungen zur Energiepolitikbis 1990 eine wichtige Rolle.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beganneine beispiellose Phase des Wirtschafts-wachstums, die mit einem stark wach-senden Energiekonsum einherging. Umdie Auslandabhängigkeit durch Ölim-porte in Grenzen zu halten, forciertendie Schweizer Elektrizitätsgesellschaf-ten den Bau von Wasserkraftwerken inden Alpen. Der ZukunftshoffnungAtomenergie begegneten sie anfänglichskeptisch. In den 1960er-Jahren bestell-ten öffentliche Versorger schlüsselferti-ge Kraftwerke aus den USA und bautenin Beznau und Mühleberg die erstenAnlagen. Gemischt-wirtschaftliche Ge-sellschaften planten grössere Kraftwer-ke in Gösgen, Kaiseraugst, Leibstadtund Graben. In den frühen 1970er-Jah-ren lancierten Elektrizitätsgesellschaf-ten weitere Standorte: Verbois bei Genf,Rüthi im St. Galler Rheintal sowie Inwilauf halbem Weg zwischen Luzern undZug.

Erste Kritik und DebattenIn der Nordwestschweiz löste das Pro-

jekt Kaiseraugst ab 1970 eine zuneh-mend kritische Auseinandersetzungmit der Atomenergie aus. Anderswowar die Technologie noch kaum be-kannt. Im November 1971 gaben dieCentralschweizerischen Kraftwerke(CKW) bekannt, dass sie ein Land-stück im Osten der Gemeinde Inwilauf seine Eignung für den Bau einesAtomkraftwerks abklärten. Daraufreagierte die Luzerner Presse zurück-haltend positiv. Kritik kam von jen-seits der Kantonsgrenze: Die Freiäm-ter Nachbargemeinde Dietwil äusser-te sich besorgt über den drohendenBau eines 140 Meter hohen Kühl-turms in der Reussebene. Eine ent-sprechende Fotomontage wurde in ei-ner Sendung des Schweizer Fernse-hens verbreitet. Daraufhin präzisier-ten die CKW, dass sie erst über Kauf-verträge verhandelten und Studiendurchführten. Noch gänzlich unklarseien der Reaktortyp und das Kühlsy-stem. Im Übrigen verwiesen sie aufdie Meinung von Experten, wonachAtomenergie die «umweltfreund -lichste» und «sauberste Energie» sei.An der Orientierungsversammlungim März 1972 erklärten CKW-Vertre-ter ihren Standpunkt, Gemeindepoli-tiker von Inwil strichen überdies diemateriellen Vorteile hervor. WenigeTage später fand in Dietwil unter demTitel «Atomkraftwerke, des Men-schen Freund oder Feind?» eine kon-tradiktorische Veranstaltung statt, ander Befürworter auf die Notwendig-keit und Gegner auf die Gefahren derAtomenergie hinwiesen. Im Juni gabder Luzerner Regierungsrat bekannt,dass er dem Projekt positiv gegen-überstehe. Ein finanzschwacher undwenig industrialisierter Kanton dürfenicht damit vorangehen, «die Ener-gieproduktion und die wirtschaftli-che Entwicklung zu hemmen und da-mit den Lebensstandard zu blockie-ren.» In der Region blieb es ruhig,wozu nicht zuletzt der lange Zeithori-zont beitrug, vor 1980 sei nicht mitdem Bau zu rechnen.

Umstrittene AbstimmungFrüher als die Kommentatoren dach-ten, stand jedoch ein Grundsatzent-scheid an. Als erster Schritt hin zurRealisierung sollte das von den CKWmittlerweile erworbene Gelände um-gezont werden. Am 16. April 1973 gabder Gemeinderat von Inwil das Pro-jekt einer Industriezone Schweiss-matt bekannt und am 20. Juni kündig-te er eine Urnenabstimmung am 8. Julian. Eine Handvoll Gegner organisiertein aller Eile eine Informationsveran-staltung, an der am 6. Juli sowohl Be-fürworter als auch bekannte AKW-Gegner zu Wort kamen. Im Vorfeld derAbstimmung kursierten in Inwil eineVielzahl von Flugblättern der beiden

Lager. Widersprüchlich waren dieAussagen zur Bedeutung der Vorlage.Der Gemeinderat betonte, dass es nurum die Umzonung des Geländes gin-ge, die ein AKW nicht präjudiziere.Gegner warnten, dass bei einem posi-tiven Entscheid die Gemeinde dazunichts mehr zu sagen hätte. Schliess-lich nahmen 574 der 738 Stimmbe-rechtigten an der Abstimmung teil.Von ihnen stimmten 292 für die Zo-nenplanänderung, 280 dagegen.Umgehend reichte eine Gruppe vonUnterlegenen eine staatsrechtlicheBeschwerde ein. Sie brachte insge-samt 16 Vorwürfe gegen die Anord-nung der Abstimmung, die einseitigeOrientierung der Bürger und die frag-würdigen Beeinflussungsversuchevor. Unter anderem hatte der Gemein-derat mit der Abstimmungsinformati-on eine mehrseitige Broschüre desEnergieversorgers verschickt, und imDorf war bekannt, dass die CKW der

Musikgesellschaft Inwil soeben einengrossen Beitrag zur Beschaffung neu-er Uniformen gespendet hatten. We-gen verstrichener Fristen wies der Re-gierungsrat im Oktober 1973 die Klagerundweg ab. Daraufhin gelangten dieGegner an das Bundesgericht. Diesesging auf die einzelnen Punkte ein,stützte im März 1974 aber den Ge-meindeentscheid. Zur umstrittenenSpende meinten die Richter: Da dieMusikgesellschaft selbst die CKW umeinen Beitrag ersucht hätte und diesernicht angeboten worden sei, handle essich um keine Beeinflussung.

Gewaltfreie AktionGegner um den Handelslehrer EmilWinkelmann gründeten im Oktober1973 die «Überparteiliche Bewegunggegen Atomkraftwerke« (UeBA). Ur-sprünglich gedacht als Dachverbandaller Schweizer AKW-Gegner, bliebihre Rolle bescheiden. Namentlichmangelte es der ersten atomkritischenOrganisation Luzerns an Unterstüt-zung aus den Regierungsparteien.Nach und nach eskalierte in der RegionBasel der Streit um die Atomenergie.Nach dem Vorbild der «GewaltfreienAktion Kaiseraugst», die dort ab dem1. April 1975 das Baugelände besetzte,gründeten junge Luzerner am 6. Junidie «Gewaltfreie Aktion Inwil» (GAI).In ihr wirkten Exponenten der NeuenLinken sowie parteilose Studenten,Lehrpersonen und Berufsleute mit.Ers ter Präsident wurde der Theologie-student Jakob Christen aus Inwil, dieSitzungen fanden abwechselnd in Res -taurants und im Priesterseminar St.Beat statt. Prophylaktisch erliess dieGemeinde Inwil ein Campingverbotund die CKW erwirkten 1976 ein allge-meines Verbot, ihr Gelände zu betre-ten.Die Luzerner AKW-Gegner beschränk-ten ihre Agitation auf Informationsan-lässe und auf das Verteilen von Flug-blättern. Dank ihrer guten Kontaktevermochte die UeBA in den folgendenJahren profilierte Gegner wie HolgerStrohm oder Robert Jungk zu Vorträgeneinzuladen. Ihrerseits organisierte dieGAI im Juni 1978 ein «AKW-Fäscht» in

Inwil. Dem Aufruf folgten knapp 200Personen. Verglichen mit der Stärkeder Anti-AKW-Bewegung in der Nord-westschweiz und um Genf blieb sie inLuzern schwach.

Projekt im TiefschlafDas lag nicht zuletzt daran, dass dasProjekt eines AKW in Inwil keinenSchritt weiterkam und sich damitnicht zur Mobilisierung breiterSchichten eignete. Angesichts der Op-position und der komplexen Abklä-rungen hatten der Bund und die Elek-trizitätsgesellschaften 1974 eine Rei-henfolge der zu bearbeitenden Gesu-che festgelegt, in der Inwil und Rüthihinter Gösgen, Leibstadt, Kaiseraugst,Graben und Verbois rangierten. An-ders als jene Werke erhielt Inwil nieeine eidgenössische Standortbewilli-gung – die erste Stufe im vierteiligenBewilligungsverfahren.Im Vorfeld der Abstimmung über dieAtomschutzinitiative und das revi-dierte Atomgesetz war 1979 kaumnoch die Rede von Inwil. Die Gemein-de stimmte der Initiative der AKW-Gegner zu, was auf einen Meinungs-wandel gegenüber 1973 hindeutet. Al-lerdings war das Resultat sehr knapp,die beiden Initiativen zum Ausstieglehnten die Stimmenden 1984 und1990 ab.

Kein Kernkraftwerk in Inwil ... Der nationale Konflikt um die Atom-energie fokussierte sich weiterhin aufKaiseraugst und den möglichen Ersatz-standort Graben. Nach dem schwerenUnfall von Tschernobyl erschien derBau weiterer AKW nicht durchsetzbar.Im Unterschied zu früheren Debattenschwenkte der Luzerner Grosse Rat aufdie Linie der AKW-Gegner ein: Am1. Juli 1986 stimmte er einer POCH-Motion zu, die vom Regierungsrat ver-langte, sich «mit allen zur Verfügungstehenden rechtlichen Mitteln gegenden Bau von Atomkraftwerken im All-gemeinen und gegen den Bau von In-wil im Besonderen» einzusetzen.Fast zeitgleich, als in Bern eine Ent-schädigung für die KernkraftwerkKaiseraugst AG ausgehandelt wurde,stand 1988 auch das Ende des Projektsin Inwil bevor. Um dem Raumpla-nungsgesetz zu genügen, wurde dieSchweissmatt als «übriges Gemeinde-gebiet» ausgezont. Eine Standesin-itiative der SP lehnte der Grosse Rat1989 jedoch ab. Der zuständige Regie-rungsrat erklärte, das Projekt sei ge-storben, «der Hase Inwil ist tot, ermuss in Bern nicht noch mit einerStandesinitiative zum zweiten Mal er-schossen werden».

... und auch kein SolarkraftwerkAls nach 2003 eine Diskussion überden künftigen Ersatz der AKW anlief,brachten Exponenten der Stromwirt-schaft vereinzelt auch Inwil wieder indie Debatte ein. Rasch konzentriertensich die Pläne aber auf die bisherigenStandorte Beznau, Mühleberg undGösgen. Für die «Energiewende», dieauf den Tsunami und das Reaktor -unglück von Fukushima im März 2011folgte, planten die CKW das «grössteSolarkraftwerk der Schweiz» zu bau-en. Sie schlugen dazu 2012 das Gelän-de in der Schweissmatt vor, das bisheute als «Standort für die allfälligeRealisierung eines Kernkraftwerkes»reserviert ist. Anders als beim früherenProjekt fielen die Würfel diesmal nochviel schneller: Es wird kein Solarkraft-werk auf der grünen Wiese realisiert,wo einmal ein Atomkraftwerk entste-hen sollte. RAFFAEL FISCHER

Lic. phil. Raffael Fischer ist Historiker, Lehrbe-auftragter und angehender Mittelschullehrer.Er arbeitet an einer Dissertation zur Geschichteder Schweizer Naturschutz- und Umweltbewe-gung. Zum Projekt eines AKW in Inwil liegt bis-lang keine Studie vor. Für die Schweizer Atom-energiepolitik und ihre Gegner wird u. a. auf Pa-trick Kupper, Atomenergie und gespaltene Ge-sellschaft, Zürich (2003), sowie Hanspeter Krie-si, AKW-Gegner in der Schweiz, Diessenhofen(1982), verwiesen.

Forum Geschichte

THEMA ENERGIE Das Forum Ge-schichte gehört seit 2011 zum festenBestand der Veranstaltungen imRahmen der Sempacher Gedenkfei-er. Dabei sollen neue Erkenntnissezur Geschichte des Kantons Luzernvermittelt und zur Diskussion ge-stellt werden. Beim diesjährigenForum, das am 1. Juli 2013 in derFesthalle stattfand, bildete dasStichwort Energie die thematischeKlammer. Jürg Schmutz gab in sei-nem Referat einen historischenÜberblick über die Energienutzungim Kanton Luzern, André Heinzerpräsentierte frühe Kraftwerkprojek-te in der Region Sempachersee undRaffael Fischer erinnerte an dieAuseinandersetzungen um dasnicht realisierte Atomkraftwerk -projekt in Inwil. Kurzfassungen derdrei Referate sind in dieser Festzei-tung publiziert. HM

Rührige Atomkraftwerkgegner mobilisierten in den 1970er-Jahren wissenschaftlicheSchützenhilfe gegen das Projekt eines AKW in Inwil. QUELLE AUTOR

Die Reussebene bei Pfaffwil, Gemeinde Inwil, wo auf der Schweissmatt nach ersten Plänen in den frühen Siebzigerjahren ein Atom-kraftwerk entstehen sollte. Das Projekt wurde schliesslich sang- und klanglos begraben. Aus anderen Gründen scheiterte in jüng-ster Zeit das Vorhaben einer grossen Solaranlage, die auf diesem Gelände geplant war. FOTO RAFFAEL FISCHER

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4. JULI 2013 • SEMPACHER WOCHE GEDENKFEIER 5

«Die Schweiz muss ihre Stärken pflegen»FESTREDNER 2013 DANIEL ANRIG, KOMMANDANT DER SCHWEIZERGARDE IN ROM, SETZT AUF DEN MUT ZUR VISION

Die Beziehungen zwischen demKanton Luzern und der Schwei-zergarde in Rom haben eine fastso lange Geschichte wie die Sem-pacher Gedenkfeiern. Doch zumersten Mal wird ein amtierenderGardekommandant die Festredein Sempach halten. Oberst DanielAnrig versteht seine Aufgabe imVatikan als Berufung und Privi-leg. Der Schweiz wünscht er ent-schiedenes Festhalten am Föde-ralismus und am Milizsystem.Diese Erfolgsfaktoren dürfennicht kurzsichtigem Eigennutzgeopfert werden, sagt er im Ge-spräch mit unserer Zeitung.

Eigentlich wollten wir uns im StädtliSempach oder auf dem Schlachtfeld zueinem Augenschein vor Ort treffen.Aus Termingründen müssen wir unsjedoch mit Zürich begnügen. Im Zür-cher Hauptbahnhof finden wir, wenigeStunden vor seinem Rückflug nachRom, eine ruhige Ecke für unser Ge-spräch. Auch im tadellosen zivilenAnzug mit Krawatte verleugnet DanielAnrig den Offizier nicht: Sein Auftre-ten wirkt bestimmt und zielstrebig.

«Wunderbar intensive Zeit»Von Hektik hingegen ist nichts zu spü-ren. Trotz gedrängtem Fahrplan wid-met er sich in aller Ruhe unserem lo -ckeren Informations- und Gedanken-austausch bei einem Glas Bier. Der Gar-dekommandant widerspricht auch de-zidiert meiner etwas mitleidsvollenVermutung, er habe, nach den Aufre-gungen des Papstrücktritts und derPapstwahl, gewiss turbulente undstressige Wochen hinter sich. Die ver-schiedenen Phasen vom AmtsverzichtBenedikts XVI. bis zu den ersten Auf-tritten des neuen Papstes hat DanielAnrig vielmehr «als einmalig interes-sante und wunderbar intensive Zeit»erlebt. Diese Erfahrung sei ein Privileg,nicht nur für ihn, sondern auch für alleGardisten.

Kirche als Weltkirche erlebenZuerst war es die überraschende De-mission, die den Gardekommandan-ten tief bewegte. Er hatte Papst Bene-dikt als «überaus sympathischen undliebenswürdigen Menschen» kennen-gelernt, von dem es nun Abschied zunehmen galt. Es folgten die umtriebi-gen Tage eines erstaunlich kurzenKonklaves mit einem Aufsehen erre-genden Ergebnis: Erstmals wurde dasPetrusamt einem Lateinamerikaneranvertraut. «So eindrücklich wiekaum je zuvor konnten wir die Kirche

als Weltkirche erleben», sagt DanielAnrig. Er bezeichnet Papst Franziskusals «authentische Persönlichkeit»:Wort und Auftritt stimmten überein.Der neue Papst pflege einen anderenStil, bewege sich anders und gehesehr offen auf die Menschen zu. Wasrasch zur Folge hatte, dass der Besu-cherstrom im Vatikan kräftig an-schwoll. Zu den Generalaudienzenfanden sich hunderttausend undmehr Gläubige ein. Standen da ange-sichts solcher Rekordzahlen nichtauch die Sicherheitsorgane im Vati-kan ganz plötzlich vor fast unlösbarenAufgaben?

LebensfreundschaftenDa fühlt sich der Kommandant derSchweizergarde direkt angesprochen.Seine Truppe versieht wichtige Si-cherheits- und Ordnungsdienste imKleinstaat Vatikan. Trotz Besucher-strom und neuen Umgangsformen seidie Sicherheit nicht in Frage gestellt,hält er mit Nachdruck fest. Es gebezwar Anpassungen im Sicherheitsdis-positiv, nicht aber eine grundsätzli-che Neuorientierung. Als ehemaligerPolizeikommandant ist Daniel Anrigmit Sicherheitsfragen vertraut. Und erkann auf eine voll motivierte Garde

bauen, die zurzeit kaum Nachwuchs-sorgen kennt. So legten jüngst, am 6.Mai, wiederum 35 neue Gardisten,darunter sieben aus der Zentral-schweiz, ihren Eid ab. Ihr Komman-dant hatte vor rund 20 Jahren selberals Gardist Dienst geleistet. Und wenner auf der Webseite der Garde jungenLeuten den Dienst im Vatikan mit vie-len Pluspunkten schmackhaft zu ma-chen sucht, so beruhen seine Aussa-gen auf eigener Erfahrung: Der Dienstin der Garde ermögliche jungen Men-schen, neues Wissen und Können zuerwerben, eine andere Kultur kennen-zulernen und den Glauben zu vertie-fen. «Das Schönste am Dienst abersind die Lebensfreundschaften, diedaraus entstehen», bilanziert DanielAnrig.

Gelebte kulturelle VielfaltJa, der Gardedienst in jungen Jahrenprägte zweifellos sein Leben. Ohnediese Erfahrung hätte sich der GlarnerPolizeichef, der aus dem Sarganser-land stammt, vor bald fünf Jahrenkaum entschlossen, die Aufgabe desGardekommandanten zu übernehmenund, diesmal mit Familie, erneut nachRom zu ziehen. Für seine Frau unddie vier Kinder im Alter zwischen 9

und 15 Jahren sei der Umzug «eineechte Herausforderung gewesen, diesie gemeistert haben», erklärt DanielAnrig und räumt auch ein, dass dieFamilie oft auf ihn verzichten müsse.Seine Frau, studierte Theologin, istim deutschen Pilgerzentrum in einerleitenden Aufgabe tätig. Die Kinderbesuchen die international ausgerich-tete Schweizer Schule – «ein Glücks-fall, dass es die gibt» – und pendelnzwischen schulischem Umfeld mitItalienisch als Umgangssprache undder schweizerisch und vatikanischgeprägten «Gardewelt». Sie erlebendiese kulturelle Vielfalt nach derWahrnehmung ihres Vaters nicht alsProblem, sondern schon eher als Be-reicherung.

Alte und enge BeziehungenEine mentale Brücke vom geschicht-lich aufgeladenen Mikrokosmos Vati-kan nach Sempach zu schlagen, fälltDaniel Anrig nicht schwer. Die histori-sche Stätte kennt er zwar nur flüchtigund an der Sempacher Jahrzeit hat ernoch nie teilgenommen. Aber Ge-schichte und historisches Brauchtumbedeuten ihm viel, nicht nur von Beru-fes wegen. Und erste Erfahrungen mitkantonalen Gedenkfeiern sammelte erwährend seiner Glarner Jahre an derNäfelserfahrt, an die er sich gerne erin-nert. Für den Gardekommandantenstehen aber vor allem die alten und en-gen Beziehungen zwischen dem StandLuzern und der Schweizergarde imVordergrund: «Luzern war in der Gar-de immer sehr präsent und stellte imLaufe der Geschichte die meistenKommandanten.» Auch Daniel AnrigsStellvertreter, Vizekommandant Chris -toph Graf, stammt aus dem Kanton Lu-zern. Im vergangenen Jahr war LuzernGastkanton bei der feierlichen Vereidi-gung der neuen Gardisten, eine will-kommene Gelegenheit, die freund-schaftlichen Bande zu stärken. Die Lu-zerner Regierung war in corpore ange-reist, auch die Spitze das Kantonspar-laments war präsent. «Luzern hatte ei-nen hervorragenden Auftritt», rühmtDaniel Anrig mit glaubhaftem Nach-druck und freut sich entsprechend aufseinen «Gegenbesuch» in Sempach.

Von Ex-Gardisten begleitetUnd wie wird der Gardekommandantin Sempach auftreten? In der histori-schen Gala-Uniform? «Auf gar keinenFall, das würde den Gepflogenheitenkomplett widersprechen», winkt Da-niel Anrig ab. Eine Uniform trägt er nurim Dienst. In Sempach wird ihn abereine kleine uniformierte Eskorte vonehemaligen Gardisten begleiten. Da-mit ist auf jeden Fall für einen unge-wöhnlichen Farbtupfer im Aufmarsch

der historischen Gruppen und Fahnengesorgt. Doch bei aller Freude amBrauchtum ist für Daniel Anrig dieBotschaft wichtiger, die er in seinerFestrede den Feiernden mitgebenmöchte. Dabei wird er aus der Erfah-rung und Aussensicht des Ausland-schweizers die besonderen Stärkenunseres Landes und deren Pflege inden Mittelpunkt rücken. Drei davonnennt er im Gespräch ganz spontan:das Milizsystem in Politik, Armee undweiteren Bereichen des öffentlichenEngagements; den Föderalismus aufBundes- und kantonaler Ebene und alsdritten Faktor die Vereine, die er alsdas «beste Integrationsmittel» fürMenschen jeden Alters und jeder Her-kunft schätzt.

Von der Wurzel zur VisionDiesen Stärken gemeinsam ist, so Da-niel Anrig, die Teilnahme des einzel-nen Menschen an der Verwirklichunggemeinsamer übergeordneter Ziele:«Das Individuum glaubt an etwas, dasgrösser ist als es selber.» An dieserGrundhaltung nagen Individualismus,Partikularinteressen und Entfremdungder Institutionen. Daniel Anrig setztder Erosion gemeinsamer Werte einwaches Geschichtsbewusstsein undden Mut zu Visionen entgegen: Wer zuseinen Wurzeln steht und sich nichtauf den schnelllebigen und oberfläch-lichen Alltag fixieren lässt, ist aucheher bereit, seine Energie in Projektezu investieren, die allen nützen undauf die Zukunft ausgerichtet sind.

HANS MOOS

Zur Person

DANIEL ANRIG Der aus dem Kan-ton St. Gallen stammende DanielAnrig (40) ist seit Dezember 2008Kommandant der päpstlichenSchweizergarde – der 34. seit Beste-hen der Garde. Aufgewachsen inSargans, diente er nach der Maturavon 1992 bis 1994 als Gardist im Va-tikan. Nach seiner Rückkehr in dieSchweiz studierte er in FreiburgRechtswissenschaften und schlossdas Studium mit dem Lizentiat ab.2002 wurde er Chef der Kriminal-polizei Glarus, 2006 Kommandantder Glarner Kantonspolizei. DanielAnrig ist verheiratet und hat vierKinder. Die Familie wohnt in derKaserne der Schweizergarde im Va-tikan. HM

Markus Ries hatSempach-ErfahrungJAHRZEITFEIER Die Predigt im Rah-men der ökumenischen Jahrzeitfeier2013 hält Professor Markus Ries. DerTheologe und Kirchenhistoriker istseit Herbst 2010 Prorektor für Lehreund Internationale Beziehungen derUniversität Luzern. Er stammt ausWeinfelden TG, studierte in Luzern,Freiburg und München katholischeTheologie und promovierte 1990. 1994erfolgte die Berufung auf die Professurfür Kirchengeschichte an der Theolo-gischen Fakultät Luzern; von 2001 bis2006 war er Rektor der Universität Lu-zern. Er wohnt mit seiner Familie inRain.Die Sempacher Gedenkfeier kennt Mar-kus Ries aus eigenem Erleben. Schoneinmal hielt er die Predigt im Jahrzeit-Gottesdienst. Zudem besuchte er alsUni-Rektor regelmässig die Schlacht-jahrzeit, «und jedes Mal war ich ange-tan von der besonderen Atmosphäre,den vielen Kontaktmöglichkeiten undden guten Gesprächen», sagt er gegen-über unserer Zeitung. Aus Sicht der Kir-chengeschichte ist, so Markus Ries, das14. Jahrhundert als Zeit der «pastoralenWende» interessant: Es bildeten sichdamals flächendeckend Pfarreien, diefür die Seelsorge zuständig wurden. HM

Persönliche Begegnung im Vatikan: Gardekommandant Daniel Anrig präsentiert PapstFranziskus die Fahne der Schweizergarde. FOTO URS STEINMANN

Feierliche Vereidigung der neuen Gardisten am 6. Mai 2013 im Vatikan: Vizekommandant Christoph Graf meldet dem Gardekom-mandanten Daniel Anrig die Truppe. FOTO SCHWEIZERGARDE

Luzern war schonimmer stark präsent

SCHWEIZERGARDE Seit 1506steht die Schweizergarde im Diens -te der Päpste – als Schutztruppe,Residenzgarde und Grenzwache.Der Kompanie gehören 110 dienst-tuende Schweizer an. Der Komman-dant wird jeweils vom Papst selbsternannt. Die minimale Dienstdauerder Gardisten beträgt 25 Monate,die maximale 25 Jahre. Bis weit ins 19. Jahrhundert stelltevorwiegend der katholische VorortLuzern die Kommandanten, meis -tens Angehörige des Geschlechts derPfyffer von Altishofen, die mit FranzPfyffer (1972–82) auch in jüngererZeit noch präsent waren. Aus Luzernkamen sodann die KommandantenRobert Nünlist (1957–72), der tra-gisch ums Leben gekommene AloisEstermann (1998) und Pius Segmül-ler (1998–2002). OberstleutnantChristoph Graf aus Pfaffnau ist zur-zeit Vizekommandant.Die ehemaligen Gardisten sind in ei-ner Vereinigung mit regionalen Sek-tionen organisiert. Weitere Informa-tionen: www.schweizergarde.va;www.zentrumgarde.ch. HM

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SEMPACHER WOCHE • 4. JULI 2013GEDENKFEIER6

Zwei Dörfer, eine selbstbewusste GemeindeGASTGEMEINDE PFAFFNAU MIT ST. URBAN IST «MULTIKANTONAL» AUSGERICHTET

Das in der Nordwestecke desKantons Luzern liegende Pfaff-nau ist in diesem Jahr Gastge-meinde an der Gedenkfeier derSchlacht bei Sempach. Das lokaleOrganisationskomitee hofft,dass viele Pfaffnauerinnen undPfaffnauer am Fest teilnehmen.

Eingeladen zur Gedenkfeier haben dieLuzerner Regierung und die StadtSempach. Die Gemeinde Pfaffnaufreut sich nicht nur über diese Ehre,sondern wird auch einiges zum gutenGelingen des Festes beitragen (sieheKasten), das nun zum dritten Mal imneuen Rahmen durchgeführt wird. EinFlyer mit dem detaillierten Programm,den jede Haushaltung der Gastgemein-de erhalten hat, lädt alle Pfaffnauerin-nen und Pfaffnauer ein, die Gedenkfei-er zu besuchen.

1100 Jahre im ZeitrafferPfaffnau wurde erstmals 893 in einerZinsrolle der Abtei Zürich als Fafan-haa erwähnt. Umbenennungen im Ver-laufe der Jahre führten schliesslich zuPfaffnau. 1349, nachdem die Herrenvon Pfaffnau ihre Besitztümer dem

Kloster St. Urban verschenkt hatten,übte das Kloster die Vogteirechte ausund zog den Zehnten ein. 1665 wurdedie erste Kirche gebaut. In den folgen-den Jahrzehnten entstanden weitereBauten. 1781 entstand das erste Schul-haus auf der Luzerner Landschaft, er-richtet durch das Kloster. Nach einemBlitzschlag wurde 1809 -22 die heutigeKirche gebaut. 1902 entstand das Pri-marschulhaus, 1965 das Sekundar-schulhaus.1956 wurde die Güterzu-sammenlegung beschlossen, 1963-65nach Erdöl gebohrt.

Bewegte KlostergeschichteSt. Urban, ebenfalls zur politischenGemeinde Pfaffnau gehörend, war ur-sprünglich eine Hofsiedlung. 1194gründeten die Herren von Langensteinund Kapferberg das Zisterzienserklos -ter. 1349 verschenkten die Herren vonPfaffnau ihre Besitztümer dem Kloster.Zweimal fielen die Gebäulichkeiten ei-nem Brand zum Opfer. In den Jahren1711-15 wurde eine neue Klosterkir-che erbaut – sie zählt heute zu den be-deutendsten Sakralbauten im KantonLuzern. Nach dem politischen Um-schwung von 1847/48 beschloss derGrosse Rat (heute Kantonsrat) des Kan-tons Luzern die Aufhebung des Klos -ters. In den folgenden Jahren wurdenGebäude an verschiedene Privatperso-nen veräussert. 1870 kaufte der KantonLuzern den verbliebenen Besitz zu-rück, St. Urban wurde der GemeindePfaffnau einverleibt.

Psychiatrisches NetzwerkOhne grosse Feierlichkeiten wurdeam 1. Oktober 1873 die «Anstalt fürGeisteskranke» eröffnet, konzipiertfür 200 Patientinnen und Patienten.Aufgrund der stetig steigenden Patien-tenzahl entstanden in den folgendenJahren mehrere zusätzliche Gebäude.Ab Ende der Sechzigerjahre wurde mitZustimmung der Luzerner Stimmbe-rechtigten die Erneuerung an dieHand genommen, nicht nur in bauli-cher, sondern auch in fachlicher Hin-sicht. War die Klinik in ihren Anfän-gen für die Betreuung der psychischund geistig Kranken des Kantons Lu-zern zuständig, ist sie inzwischen zueinem allumfassenden Netz psychiat -rischer Versorgung geworden, die Lu-zerner Psychiatrie. Früher warenSchizophrene die gewichtigste Patien-tengruppe, gefolgt von Depressiven;

heute stehen Drogen- und Alkoholab-hängige an erster Stelle. Das Buch «St.Urban 1194-1994», herausgegebenvon der Luzerner Regierung, be-schreibt die Geschichte des ehemali-gen Zisterzienserklosters eindrück-lich und umfassend.

Prächtige BarockkircheStets einen Besuch wert ist die wun-derschöne Barockkirche, die vor rund20 Jahren umfassend renoviert wurde.Nach Abschluss dieser Arbeiten erfuhrauch die Orgel eine vollständige Er-neuerung. Wer St. Urban besucht, soll-te auch einen Blick in die Gartenanla-gen werfen, die immer wieder Kulis-sen für gelungene Kunstausstellungensind. Und ein besonderes Highlight imHerbst ist die grosse Kilbi, die grössteim Kanton Luzern, die jeweils Besu-cher von weither anlockt.

Trennungsgelüste ohne FolgenDie beiden eigenständigen Dörfer ha-ben sich im Verlaufe der Jahre zur gutfunktionierenden Gemeinde gemau-sert. Klar kam es in früheren Jahren zu-weilen zu Unstimmigkeiten, etwa beider politischen Zusammensetzung desGemeinderates und der Mandatsver-teilung. Viele Jahre galt die Aufteilung3:2 als ungeschriebenes Gesetz. Diesesei aber heute kein Thema mehr, sagtGemeindeschreiber Markus Stirni-mann. Zurzeit stammt ein Gemeinde-ratsmitglied aus St. Urban, die übrigenvier wohnen im Dorf Pfaffnau. Auchdie Gründung einer eigenen GemeindeSt. Urban bewegte in den Dreissiger-und Vierzigerjahren einige Gemüter,ist aber inzwischen ebenfalls vomTisch.

Sensibler Umgang Es wird mit grosser Sensibilität daraufgeachtet, dass beide Dörfer betreffendInfrastruktur gleich behandelt werden.Die Gemeindeversammlungen werdenabwechselnd in den beiden Dörfernabgehalten. St. Urban führt eine eigenePrimarschule, die Oberstufenschülerinklusive diejenigen von Roggliswilwerden in Pfaffnau unterrichtet. Vonder Möglichkeit, die Mittelschulen inLangenthal oder Zofingen zu besu-chen, wird kaum Gebrauch gemacht.Die Kantonsschulen Sursee und Willi-sau werden bevorzugt. Autonomie besteht auch im kirchli-chen Bereich: Jedes Dorf bildet eine

eigene Kirchgemeinde, zur Kirchge-meinde Pfaffnau gehört zudem Rogg -liswil.

Entwicklungspotenzial vorhandenBeide Dörfer haben mit einem regenVereinsleben kulturell viel zu bieten.In den letzten zehn Jahren ist die Be-völkerung kontinuierlich gewachsenauf heute 2230 Einwohner, Pfaffnauhat sich allerdings etwas mehr entwi -ckelt als St. Urban. Die Gemeinde ver-fügt über eine breite und gut ausgebau-te Infrastruktur, auch hinsichtlichSchulraum, weshalb noch ein stattli-ches Entwicklungspotenzial vorhan-den ist.

Ausserkantonale NachbarschaftAllerdings sind die Pfaffnauerinnenund Pfaffnauer weniger nach dem Kan-ton Luzern als nach ihren Nachbarkan-tonen ausgerichtet, St. Urban eherRichtung Langenthal, Pfaffnau eherRichtung Zofingen. Dies entspricht imGrossen und Ganzen auch den Wasser-läufen. Die Roth fliesst über Murgen-thal in die Aare, die Pfaffneren Rich-tung Vordemwald. Beide Dörfer sinddurch Buslinien an den öffentlichenVerkehr angebunden – Richtung Zofin-gen, Reiden und Zell. Von St. Urbannach Langenthal verkehrt eine Bahn.

Viele Arbeitsplätze in PsychiatrieDie Gemeinde verfügt über rund 1300Arbeitsplätze, hauptsächlich in derKlinik St. Urban. Die Luzerner Psy -chiatrie ist die grösste Arbeitsgeberinin der Region. Seit 1975 hat sich in derGemeinde kontinuierlich Gewerbe an-gesiedelt, kleinere und mittlere Unter-nehmen, breit abgestützt in den ver-schiedensten Branchen. Dies ist auchder Grund, weshalb die Gemeinde vonder jüngsten Halbierung der Unterneh-menssteuer nicht so stark betroffen ist.Noch ist Platz für weitere Betriebe. DieGemeinde verfügt im Industrie- undGewerbegebiet über ein grösseresGrundstück, das sie verkaufen würde.Und auch ein privater Anbieter von In-dustrieland ist vorhanden.

Finanzen im LotFinanziell steht die Gemeinde Pfaffnauheute gut da. Die Nettoverschuldung istin den letzten rund zehn Jahren von10’000 Franken pro Einwohner auf 450Franken zurückgegangen, die Infra-struktur ist intakt, grössere Investitio-

nen diesbezüglich müssen in absehba-rer Zeit nicht getätigt werden. Dies zuerreichen sei nicht leicht gewesen. «Wirhaben harte Jahre hinter uns», stellt derGemeindeschreiber fest. Kantonsbei-träge in schlechten Zeiten, striktes Ein-halten der Voranschläge, grösste Spar-bemühungen, Verkauf des Murhof-Landwirtschaftslandes und von Bau-land haben massgeblich zum Schulden-abbau beigetragen.

Rege BautätigkeitDie Gemeinde Pfaffnau verfüge übereine sehr hohe Lebensqualität, beto-nen die Gemeindebehörden. Sie set-zen dabei auf die ländliche Umgebungmit sehr schönen Naherholungsgebie-ten und hoher Lebensqualität, aberauch auf die günstigen Verbindungenmit den Zentren. Zürich, Basel undBern können in rund 45 Minuten er-reicht werden. Dass diese VorteilePfaffnaus von vielen geschätzt wer-den, zeigt sich auch in der regen Bau-tätigkeit, sind doch derzeit über 100Wohneinheiten im Bau oder bereitsbewilligt. Leerwohnungen sind inPfaffnau derzeit ein Fremdwort.

EDITH KNITTEL

In Sempach dabeiPFAFFNAU beteiligt sich aktiv ander Gedenkfeier in Sempach: Der Gemeinderat, angeführt vonGemeindepräsident Thomas Grü-ter, wird in corpore die Gemeindevertreten und hofft auf rege Teilnah-me der Bevölkerung.Die Theatergruppe wird, mittelal-terlich gewandet, im Verein mitSempacher Theaterleuten mittenunter der Festgemeinde auf ver-schiedenen Plätzen Szenen spielen.Dem Klosterziegler Richard Bucherkönnen die Festbesucher bei der Ar-beit zusehen. Er wird Ziegel model-lieren und eine Auswahl seiner ge-brannten Werke ausstellen. 21 Schulkinder, die sich freiwilligzur Teilnahme gemeldet haben, er-leben Geschichtsunterricht vorOrt. Sie werden am Einzug die Ge-meindefahnen aus dem Amt Willi-sau tragen und nach einem Pick-nick das grosse Mittelalterfest ge-niessen. EK

Eindrücklicher Blick auf St. Urban mit seiner barocken Klosteranlage, die heute Sitz der Luzerner Psychiatrie ist.

Zwischen grünen Hügeln und Wäldern: Das Dorf Pfaffnau ist einer der beiden Siedlungsschwerpunkte der Gemeinde Pfaffnau; weiter westlich liegt das Klosterdorf St. Urban. FOTOS GEMEINDE PFAFFNAU

Bern und Luzern

ST. URBAN Gegen Ende des 14.Jahrhunderts, zur Zeit des Sempa-cher-Kriegs, geriet das Kloster St.Urban vermehrt in die Gefahrenzo-ne kriegerischer Ereignisse. Die Hi-storikerin Waltraud Hörsch er-wähnt in ihrer Klostergeschichtezunächst die Gugler, die dem Zister-zienserkloster beträchtlichen Scha-den zufügten.1415 nahm der Stand Bern das Klos -ter St. Urban ins Burgrecht auf. Die-ser Burgrechtsvertrag wurde von je-dem neuen Abt aufs Neue beschwo-ren – auch nach der Reformation!Aber auch mit Luzern schloss dieAbtei 1416 ein Burgrecht. Dennochblieben die Beziehungen zu Luzernnoch lange zweitrangig. HM

Quelle: Waltraud Hörsch: Zur Geschichte desZisterzienserklosters St. Urban von 1194 bis1768. In: St. Urban 1194-1994, herausgege-ben im Auftrag des Regierungsrates des Kan-tons Luzern. Benteli Verlag Bern 1994.

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4. JULI 2013 • SEMPACHER WOCHE GEDENKFEIER 7

«Es kann nicht immer alles geplant werden»MITTELALTERFEST WIRD DURCH THEATERSZENEN ZU ETWAS BESONDEREM

Mittelalterfeste gibt es viele.Doch vor allem durch etwas hebtsich das Mittelalterfest in Sem-pach von anderen ab: Mitten imGeschehen wird professionellkonzipiertes Theater gespielt.

Bald ist es wieder so weit, und Sem-pach wird sich in eine Hochstätte desMittelalters verwandeln. Ein verwege-ner Gaukler hier, ein hübsches Burg-fräulein da, Marktstände und Attrak-tionen erwarten die Besucher. VonMittelalterfesten kennt man vor allem,dass das damalige Leben – oder das,was wir uns heute darunter vorstellen– nachgestellt wird. Schwertkämpfeoder Ritter mit ihren Rössern zeigen ei-nen Ausschnitt, jedoch keine lokal ver-ankerten Geschichten. Dies wollteman in Sempach anders machen. Zu-sätzlich zum Mittelalterfest werdendeshalb theatralische Elemente ge-plant, die dem Mittelalter entstammenkönnten.

Fast alles wie anno dazumalDass am Sempacher MittelalterfestTheater gespielt wird, ist nicht neu.Anders als in den Jahren zuvor liegtdem Theater aber in diesem Jahr einzentrales Thema zu Grunde. Wiederwird es eine Hauptszene beim Brun-nen geben, es wird verstecktes szeni-sches Theater geboten, Massenszenenund Performatives werden zu sehensein. Bei den Geschichten handelt es sichum eine Konzeption aus der Federdes Sempachers Marco Sieber. Zu-sammen mit der TheaterschaffendenUrsula Hildebrand hat Sieber Szenengeschrieben, die einerseits isoliertfunktionieren, aber auch interessantbleiben, wenn man alle Szenen zu se-hen bekommt. «Dies war eine grosseHerausforderung. Wir mussten da -rauf achten, dass die Leute, die dasganze Theater verfolgen, genug Ab-wechslung und Handlungsverlauf be-kommen. Anderseits müssen dieTheaterszenen auch für die Zuschau-er interessant und nachvollziehbarsein, die vielleicht nur eine oder zweiSzenen sehen», erklärt Marco Sieber.Die Szenen hätten vor allem zweiNachteile: «Erstens sind sie rechtkurz gehalten, um die Aufmerksam-keit der Zuschauer nicht zu verlieren.Zweitens läuft neben dem Theatereine Menge, was wir nicht vorherse-hen können. Das bedeutet für dieSchauspieler, dass sie auf Improvisa-tionen gefasst sein müssen», so derSempacher. «Die Szenen müssen einehohe Aufmerksamkeit generieren, siemüssen also laut und bunt sein. Kom-

plexe Dialoge sind nicht möglich, dadie Szenen ja für alle nachvollziehbarsein müssen. Wir versuchen, Szenenaus dem mittelalterlichen Leben dar-zustellen und diese vor allem anhand

von ‘Klatsch und Tratsch‘ zu verto-nen.» Sieber ist allerdings durchaus be-wusst, dass viele Faktoren nicht sosein werden, wie es damals war:

«Trägt beispielsweise jemand eineBrille, ist ja eigentlich schon was ver-kehrt … Und Kurzhaarfrisuren beiFrauen gab es damals auch so gut wiegar nicht.»

Theater inmitten der MengeDem Motto «Energie», das die ganzenFeierlichkeiten umrahmt, ist auch dieTheatergeschichte gewidmet. EinSempacher Baumeister will zu Ehrender gewonnenen Schlacht ein Monu-ment aufs Schlachtfeld stellen, dasgrösser und imposanter ist als die Ka-pelle. Er möchte ein richtig grossesZeichen setzen und überrascht seinUmfeld mit einer sehr innovativenund gewagten Idee. «Die ganze Ge-schichte wird dann aus verschiede-nen Blickwinkeln und in einzelnenSzenen erzählt. So hört man bei-spielsweise die ‘Wöschwiiber‘ überdie Pläne herziehen oder die Frau desBaumeisters wirbt für seine Idee»,fasst Sieber das Geplante zusammen.Viele der Theaterszenen werden nichtangekündigt, sondern finden «ver-steckt» und – so scheint es zumindestfür den Besucher – spontan irgendwostatt. Intern existiert zwar ein genauerZeitplan, dieser lasse aber auch Fens -ter offen für Improvisationen undspontane Änderungen. «Obwohl wirproben und gut vorbereitet sind, kannman nicht alles planen», ist sich Mar-co Sieber bewusst. Für viele der Lai-enschauspieler ist denn auch genaudas die Herausforderung, die sie su-chen. An den Texten ändert sichnichts, es ist aber durchaus möglich,dass sich Spielort oder Spielsituationverändern werden. Nebst dem Unge-wissen ist den Schauspielern eingrosses Erlebnis mit sehr viel Unter-haltung gewiss.

«Eine lohnenswerte Sache»Für die beiden TheaterschaffendenUrsula Hildebrand und Marco Sieberliegt der Reiz am Sempacher Mittelal-tertheater vor allem darin, dass erfah-rene und unerfahrene Spieler zusam-mentreffen, proben und ein gemeinsa-mes Ziel erreichen möchten. Die rund 40 Personen, die sich auf dieAusschreibungen gemeldet haben,kommen aus der ganzen Zentral-schweiz – unter anderem auch aus derGastgemeinde Pfaffnau. Einige derMitwirkenden spielen in einem Ver-ein Theater, andere haben überhauptkeine Theatererfahrung. «Das machtdas Projekt für uns sehr spannend.Wir betrieben in den letzten Monatensehr viel Aufwand für das Theater –Konzeptionieren, Organisieren, Pro-ben – hatten aber auch sehr viel Spass.Ich denke, es ist eine lohnenswerteSache», resümiert Marco Sieber sei-nen Einsatz und fügt hinzu: «Ich bingespannt, wie es in den nächsten Jah-ren weitergehen wird.»

STEFANIE A. ZÜGER

Laut und auffällig müssen sie sein, die Theaterszenen am Mittelalterfest. FOTO RETO BERNER/ARCHIV

Der Mix aus erfahrenen und unerfahrenen Spielern macht das Projekt Theaterszenen – hier in der Zehntenscheune – spannend. FOTO MARCO SIEBER

IMPRESSUM

Beilage der Sempacher Wochevom 4. Juli 2013

Verkaufspreis: Fr. 2.50

RedaktionHans Moos, Kommission Gedenkfeier SempachStefanie A. Züger, Redaktions-leiterin Sempacher Woche

Autoren dieser AusgabeRaffael Fischer, WillisauAndré Heinzer, Sempach StationEdith Knittel, NebikonKurt Messmer, EmmenbrückeHans Moos, BallwilJürg Schmutz, RainHans R. Wüst, SempachStefanie A. Züger, Nottwil

VerlagWM Druck Sempacher Zeitung AG6203 Sempach StationVerlagsleitung: Otto SchmidTelefon 041 467 19 19 [email protected]

DruckNeue Luzerner Zeitung AG

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SEMPACHER WOCHE • 4. JULI 2013DAS HISTORISCHE BUCH8

Vielschichtiges Bildgedächtnis der SchweizDAS HISTORISCHE BUCH ZUR NEUAUSGABE DER HELVETISCHEN ALTERTÜMER VON JOHANNES MÜLLER UND DAVID VON MOOS

Was gehörte am Ende der altenSchweiz zum geschichtlichen Er-innerungsbestand? Das zwölf-teilige Sammelwerk «Merckwür-diger Überbleibsel von Altert-hümmeren an verschiedenen Or-then der Eydtgenosschafft» gibtAntworten anhand historischerObjekte – mit zahlreichen Bei-spielen aus der Geschichte vonSempach und Luzern.

Der Titel «Bildgedächtnis» steht für ge-meinsame historische Erinnerung undlegt vorerst eine Sicht nahe, die vomHier und Jetzt ausgeht. Geschichtsin-teressierte denken vielleicht spontanan die «Schweizer Geschichte imBild» von Thomas Maissen. Der 2012erschienene Band stellt Bildquellenins Zentrum und festigt und erweitertunser kollektives Bildgedächtnis.Auch die «Geschichte in Jahrhundert-schritten» von Hans Peter Treichlerklingt an, überschrieben mit «Aben-teuer Schweiz», ein bildgewaltiges,kaum beachtetes Werk zu 1991. Nichtzu vergessen Peter Dürrenmatts«Schweizer Geschichte» von 1963,jene populäre Darstellung, die erst-mals auf Bildillustrationen setzte undin mehreren Auflagen weite Verbrei-tung fand.In diesen Zusammenhang gehört die«Luzerner Wirtschaftsgeschichte imBild» von Anne-Marie Dubler, veröf-fentlicht 1975. «Bilder als Quelle zurGeschichte der wirtschaftlichen Ent-wicklung des Kantons bis 1900» laute-te die Devise für das damals beispiel-hafte Werk. In der Zentral- und Hoch-schulbibliothek befindet sich schliess-lich ein umfangreiches, wissenschaft-lich betreutes Bildarchiv. Dabei han-delt es sich um den eigentlichen Luzer-ner Bildertresor. Allerdings bleibt zubeachten, dass archivierte, ja sogarpub lizierte Bilder nicht automatischzum kollektiven Gedächtnis gehören.Dass sie Teil eines gemeinsamen Erin-nerungsbestands werden, ist viel mehrvon komplexen Faktoren abhängig.Bilder müssen den Nerv einer Zeit tref-fen, breite Beachtung finden und erstnoch so eindrücklich sein, dass dieEindrücke bei vielen haften bleiben.

Sempachs Bilderhimmel In Erinnerung an die legendäreSchlacht wurde Sempach 1886 zum«Gnadenort» erklärt und zum Ziel ei-ner «nationalen Wallfahrt» erhoben.Schon hundert Jahre zuvor war indes«1386» im kollektiven Gedächtnis festverankert, wie die Neuausgabe der«helvetischen Altertümer» dokumen-tiert. Das Stadtarchiv Sempach verfügtüber eine ebenso reichhaltige wie viel-fältige Sammlung von Darstellungenzur jahrhundertelangen bewegten Er-innerungskultur der Schlacht. Weildas geschichtliche Ereignis mythischüberlagert ist wie kaum ein anderes inder Schweizer Geschichte, wurden dieVorstellungen der Zeichner stets aufsNeue beflügelt. Wie in einem Bilder-himmel wurde Blatt an Blatt gereiht,ähnlich einer Litanei, einmal originell,einmal stereotyp. Das führte zu einemeindrücklichen Bilderschatz – undwird den Nachgeborenen zum Auftrag.Im neuen Rathausmuseum von Sem-pach sind die Schlüsselbilder diesesBestandes zu erklären, zu deuten undin den historischen Kontext zu stellen.

Sempacher FotopioniereWollte man den Wert von Bildquellenallein von ihrem Alter abhängig ma-chen, wäre das höchst problematisch.Alte Darstellungen verdienen aufGrund ihrer Seltenheit zwar besondereSorgfalt und Wertschätzung. Aber siedeswegen unbesehen und über Gebührvon zeitgenössischen Darstellungenabzuheben, wäre nicht sachgemäss.Sempach ist in der glücklichen Lage,nicht nur über einen alten, sondernauch über einen neuen Bilderschatz zuverfügen. Das ist weitgehend das Ver-dienst von drei Sempacher Fotopio-nieren. Uhrmacher Albert Kupper(1871–1931), Anton Bättig (1877–1950),

«Blumenfabrikant und Landwirt», wieauf einem Leidhelgeli vermerkt ist, so-wie Drogist Caspar Faden (1909–1966)haben mit ihren zahlreichen Aufnah-men sozusagen Sempach an derSchwelle vom alten zum neuen Sem-pach dokumentiert. Auch ihre Bildersind in naher Zukunft in den Schein-werfer der Geschichte zu stellen, inskollektive Gedächtnis zu rufen – imneuen Rathausmuseum.

Sachquellen sind Bausteine Von ganz anderem Zuschnitt ist dasBildgedächtnis, das die Sammlung«Merckwürdiger Überbleibsel von Al-terthümmeren an verschiedenen Or-then der Eydtgenosschafft» verkör-pert, veröffentlicht von Johannes Mül-ler und David von Moos am Ende des18. Jahrhunderts. Zwischen 1773 und1783 erschienen zwölf Bände mitdurchschnittlich 24 Radierungen. Ins-gesamt enthält der Fundus 276 Radie-rungen mit 430 historischen Objekten.Die Themenliste umfasst neben zahl-reichen Antikenfunden etwa 70 Male-reien, Tafel-, Wand- und Glasgemälde,je rund 50 Siegel, Fahnen, Münzenund Medaillen, je knapp 40 Porträtsund Grabmäler, ferner Statuen und Re-liefs, Ansichten und Grundrisse sowiehistorische Szenen. Die eindrücklicheListe weist auf die zentrale Bedeutunghin, die Müller und von Moos denSachquellen beimassen.

Ehrgeizige ZieleDie Herausgeber nahmen die ganze da-malige Eidgenossenschaft ins Blick-feld. Die topografische Verteilung er-hielt aber deutlich Schlagseite: Züricherscheint 165-mal, Luzern 74-mal, derAargau 38-, Basel 27-, Bern 13- und St.Gallen 10-mal. Deutlich dahinter lie-gen Solothurn, Nidwalden, Uri, Ob-walden, Zug, Waadt, Thurgau, Fri-bourg, Schaffhausen und Schwyz, diemeist nur ein- oder zweimal berück-sichtigt sind. Offensichtlich überstie-gen wiederholte aufwändige Reisenquer durch das ganze Land die finan-ziellen Möglichkeiten der Herausge-

ber. Der Produktionsprozess, verteiltüber zehn Jahre, erklärt auch das Feh-len eines inhaltlichen Konzepts. DieRadierungen entstanden nicht entlangeiner inhaltlichen oder lokalen Syste-matik, sondern additiv, aus der jeweilsaktuellen Beurteilung der Lage heraus.Was Müller für verkäuflich hielt odersogar mit Probedrucken ausgetestethatte, wurde produziert, teils in meh-reren Versionen über die Jahre verteilt. Hinzu kam als zweites grosses Ziel dasBestreben, die Sachquellen jeweils ge-mäss Originalobjekt abzubilden – per-sönlich vor Ort. Auch hier blieb esbeim Vorsatz, zweifellos wiederumaus wirtschaftlichen Gründen. DerAufwand war nicht zu leisten. Deshalbmussten als Vorlagen für relativ vieleRadierungen eben Publikationen undVorlagen dienen, die in Bibliothekenund Privatsammlungen leichter greif-bar waren, auch wenn ihre Qualitätkaum stets ausreichend war.

Im Blickfeld: Sempach und LuzernKein anderes militärisches Ereigniswird in der Sammlung helvetischer Al-tertümer so oft zum Thema gemachtwie die Schlacht von Sempach, näm-lich ein halbes Dutzend Mal. Hinzukommen die beteiligten Personen, jezweimal Winkelried und Herzog Leo-pold, dazu Heini von Uri, der Hofnarrdes österreichischen Herzogs. Zähltman die zahlreichen Radierungen mitden eroberten Fahnen dazu, die alsKriegstrophäen im Besitz der Luzernerwaren, nämlich weit mehr als zehn,zeigt sich, dass der katholische Vororteinen eigentlichen Schwerpunkt bil-dete. War das eine Referenz des protes -tantischen Zürich an die altgläubigeInnerschweiz? Sollte die vaterländi-sche Geschichte die Funktion einerhis torischen Klammer übernehmen?Wurden die Beutefahnen bloss deshalbso oft zum Gegenstand von Radierun-gen, weil Luzern nicht allzu weit ent-fernt lag und sich der Aufwand für Rei-sen in Grenzen hielt? Oder waren dieaufgemalten Trophäen, die an denWänden des Hauptschiffes der Fran-

ziskanerkirche aufgemalt waren, soeindrücklich? Erinnerten sie noch im-mer daran, dass sich die Eidgenossenin vielen Schlachten als Gottes «usser-weltes»Volk erwiesen hatten?

Eine schillernde PersönlichkeitDie treibende Kraft der zwölfteiligenSammlung helvetischer Altertümerwar Ingenieur und Kartograf JohannesMüller. Wie David von Moos, der dieKommentare zu den Radierungen ver-fasste, stand er im Dienst der ZürcherObrigkeit. Müller war eine schillerndePersönlichkeit, gab sich gern professo-ral, war geschäftstüchtig und auf Gel-tung bedacht. Das trug ihm zwar Spott und Kritik ein,doch scheint ihm Selbstironie nichtfremd gewesen zu sein, wie eine Radie-rung belegt, die nach seinen Anwei-sungen angefertigt wurde. Dieses Kon-terfei zeigt Müller, in Uniform und mitDegen bewehrt, einen Dreispitz mitKokarde auf dem Kopf, wie er zu Pferdvorwärtsprescht. Er ist unterwegs nachFrankreich, als «Musketier des Kö-nigs», wie die Bildlegende besagt. InParis will er seine Handelswaren,Landkarten und Pläne verkaufen, diesein Lastenträger mitführt. Der ruhtsich am Wegrand eben von den Strapa-zen aus, doch Müller mahnt mit einemzusammengerollten Dokument zumAufbruch und zeigt die einzuschlagen-de Richtung an. Sein Tempo ist derartforsch, dass sich der zweite Helfer, derihm mit Messtisch und Visierstangefolgt, am Schwanz des Pferdes festhal-ten muss, um den Anschluss nicht zuverlieren.

Geschäft, Vaterland, WissenschaftNach Ansicht Müllers sollte die Ge-schichte mit heroischem Vorzeichenerzählt werden. Religiöse Objektestanden für Frömmigkeit und Glau-bensstärke, Fahnen für militärischesPotenzial, zivile Einrichtungen fürProsperität des Landes. Archäologi-sche Funde bezeugten ehrwürdige Tra-dition. Dieser Ansatz spiegelt MüllersVaterlandsliebe. Sein Patriotismusverband sich aber mühelos mit ge-schäftlichem Interesse und schlossauch den Dienst an der Wissenschaftkeineswegs aus.Dem heutigen Betrachter fallen derNachvollzug von Müllers Antrieb undder Zugang zu seinem Werk nichtleicht. Die in Kupfer gestochenen Ob-jekte wirken recht spröde und ausge-sprochen glanzlos. Die konsequenteZurückhaltung scheint der Wissen-

schaft geschuldet, da sie dem Verkaufan ein breites Publikum kaum förder-lich sein konnte. Die Radierungen, vonMüller angepriesen als «angenehmeCuriositäten», wurden als einzelneBände oder gar als einzelne Blätter an-geboten. Das hätte ihren Absatz stei-gern sollen. Dennoch kam der Verkaufnicht in Schwung. Nicht JohannesMüller, der Ingenieur, fand die Gunstdes Publikums mit seinen Radierun-gen, sondern – Ironie des Schicksals –Johannes von Müller, der Historiker,der zeitlich leicht verzögert ab 1780seine «Geschichten schweizerischerEidgenossenschaft» veröffentlichteund mit dem Band über die «ewigenBünde» Begeisterung auslöste.

Zweifacher RespektVon den «Alterthümmeren» des Karto-graphen Müller nahm die Fachweltkaum Notiz. Kritiker und Konkurren-ten monierten, ähnliche Werke gebe esbereits zur Genüge. Diese seien teilsunvollständig, mangelhaft, kompli-ziert oder richteten sich nur an einenkleinen Kreis von Gelehrten. Dennochempfindet man diesem zweihundertJahre alten Werk gegenüber mit zuneh-mender Beschäftigung zunehmendenRespekt.Hohe Anerkennung verdienen die He -rausgeber der Neuedition, ein Team,das von unzähligen Fach- und Dienst-stellen unterstützt wurde. Überzeu-gende Wissenschaftlichkeit prägt dasakribische Werk, das vor allem der spe-zialisierten kulturgeschichtlichen For-schung dient. Allein die konsequenteRückführung der Radierungen Müllersauf deren Vorlagen lässt auf histori-sche Kärrnerarbeit schliessen. Aber ge-rade diese Gegenüberstellungen sindfür die Kulturgeschichte ergiebig undrechtfertigen den enormen Aufwandfür die Neuausgabe. Im Übrigen lohntallein die 30-seitige Einleitung desHauptherausgebers, Norberto Gramac-cini, eine Beschäftigung mit diesemBuch. Zusätzlich zur mustergültigenEdition verdient sein glänzender Kom-mentar eine historische Ehrenmel-dung. KURT MESSMER

Der Historiker Dr. phil. Kurt Messmer war bis2011 Fachleiter Geschichte und Professor fürGeschichtsdidaktik an der PädagogischenHochschule Luzern sowie Lehrbeauftragter ander Universität Freiburg, Schweiz.

Zum Buch: Norberto Gramaccini (Hrsg.): DasBildgedächtnis der Schweiz. Die helvetischenAltertümer (1773-1783) von Johannes Müllerund David von Moos. Basel 2012 (Schwabe Ver-lag), 128 Franken.

Eine Darstellung der Schlacht von Sempach eröffnet den sechsten Teil der helvetischenAltertümer. Das Titelbild ist in der Art eines alten Denkmals gehalten, wie die Schädenam doppelten Giebel zum Ausdruck bringen – doch «neues Leben blüht aus den Rui-nen». FOTOS ZVG

J. M. [Johannes Müller], Musketier des Königs – eine Art Werbeprospekt, der in eigener Re-gie entstanden war und den Absatz von Müllers Publikationen fördern sollte. FOTO ZVG

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4. JULI 2013 • SEMPACHER WOCHE SEMPACHER GESCHICHTE 9

Der schöne Traum von Leopolds KettenpanzerMUSEUM SEMPACH IM RATHAUS ENTSTEHT EIN KULTURELLES UND GESELLSCHAFTLICHES ZENTRUM

Das Rathaus von Sempach sollwieder zu dem werden, was eseinmal war: ein lebendiges Zent -rum im historischen Städtchen.Derzeit wird es umfassend er-neuert und zu einem modernenMuseum mit Treffpunkt für ge-sellschaftliche und kulturelleAnlässe umgebaut. Das Konzeptüberzeugt mit pfiffigen Ideen,die Geschichte erlebbar machen.

Das Rathaus von Sempach hat eine le-bendige Vergangenheit. 1474 gebaut,diente es einst als Metzgerei, Schule,Markthalle, Sitz der Vogelwarte undzuletzt als Ortsmuseum. Es lebte vonein paar speziellen Ausstellungsob-jekten, die den Städtliführern Stofffür Geschichten und Geschichte lie-ferten. Darüber hinaus dominiertenalte Objekte aus Landwirtschaft undHandwerk, wie man sie in allen typi-schen Ortsmuseen antrifft. «Ich musszugeben, ich war selber Jahrzehntenicht mehr in diesem Museum», sagtHubert Lieb, gebürtiger Sempacherund Präsident der Museumskommis-sion, die für die Neukonzeption zu-ständig ist.Das neue Konzept hingegen hat ihn ge-packt. Es wurde von den beiden Histo-rikern Kurt Messmer und Martin Ste-ger (Sempachs ehemaligem Stadtar-chivar) gemeinsam mit der auf zeitge-nössische Museen spezialisierten Ber-ner Beraterfirma Wapico erarbeitet.Hubert Lieb: «Das neue Museum wirddas zeigen, was uns zu Sempachernmacht. Das, was wir ganz spezifisch zubieten haben und andere eben nicht.»Damit das auf attraktive Art und Weisegeschieht, werden pfiffige Ideen mitHilfe modernster Technik, interakti-ven Stationen und digitalen Medienumgesetzt.

Erzählende Krieger Herzstück des neuen Museums ist dasDachgeschoss. Hier dreht sich allesum das, wofür Sempach schweizweitund darüber hinaus bekannt ist: dieSchlacht von 1386! Die Ausstellungorientiert sich an der aktuellen For-

schung und geht Fragen nach wie:Welche Bedeutung hat die Schlachtbei Sempach für die Eidgenossen-schaft und den Kanton Luzern? Wieentstand der Heroenkult um Winkel-ried? Wie hat sich die jährlich stattfin-dende Gedenkfeier gewandelt? At-traktive Bestandteile der Ausstellungsind eine Kopie des Winkelriedsteinsund eine szenische Inszenierung: EinEidgenosse und ein Habsburger involler Kriegsmontur erzählen, wie siedie Schlacht von Sempach erlebt ha-ben. Diese technische Installation er-laubt eine lebendige, verständlicheDarstellung der Schlachtgeschichteaus unterschiedlichen Blickwinkeln.Die unteren Geschosse zeigen weitereSempacher Themen – Städtli, Rat-haus, See, Kirchliches.Nicht alle Räume dienen ausschliess-

lich musealen Zwecken. «Das Haussoll mehr sein als ein Museum. Es sollwieder zum Zentrum von Sempachwerden», erklärt Hubert Lieb. Deshalbsteht das Rathaus künftig auch für ge-sellschaftliche und kulturelle Anlässeoffen.

Symbiose von Alt und NeuFür die aufwändige bauliche Erneue-rung, konzipiert von Architekt GeroldKunz und realisiert von den A6 Archi-tekten aus Buttisholz, ist StadträtinMary Sidler zuständig. «Wir legenWert darauf, dass das altehrwürdigeRathaus, wo möglich und sinnvoll, soerneuert wird, wie es im Originalzu-stand war.» Insbesondere die Tuchlau-be im ersten Geschoss soll wieder inihrer vollen Grösse erlebbar werden.Überhaupt: Veränderungen werden

vor allem im Innern des Hauses und ander seeseitigen Fassade sichtbar. Letz-tere wird künftig von modernen Ele-menten geprägt, die Licht ins Hausbringen und einen freien Blick Rich-tung See ermöglichen. Grössere bauli-che Probleme gibt es laut Mary Sidlernicht: «Die grösste Herausforderungist, alle Nutzungsansprüche unter ei-nen Hut zu bringen, ohne dass die Au-thentizität des Hauses verloren geht.»Die Stadträtin lobt in diesem Zusam-menhang die ausgezeichnete Zusam-menarbeit mit der kantonalen Denk-malpflege.

Ein (noch) unerfüllter TraumEbenfalls eine Herausforderung istdie Finanzierung: Gut 4,4 MillionenFranken kostet das gesamte Projekt.Zuständig für Sanierung, bauliche In-

standhaltung und Betrieb des Rat -hauses ist die im Sommer 2011 ge-gründete Stiftung Rathaus Sempach.Ein grosser Teil des Geldes ist dankBeiträgen von Stadt und KorporationSempach, Denkmalpflege sowie grös-seren und kleineren Beiträgen vonStiftungen, Firmen und Privaten bei-sammen. Damit steht der geplantenEröffnung an Ostern 2014 nichts mehrim Weg. Vielleicht wird bis dann ja auch nochein Traum von Hubert Lieb wahr. ImHistorischen Museum Luzern ist derKettenpanzer von Herzog Leopoldausgestellt. «Diese Rüstung aus klei-nen Metallringen gehört eigentlichnach Sempach und würde hervorra-gend in unser neues Museum passen»,sagt der designierte Präsident des Mu-seumsvereins. HANS WÜST

Winkelriede können auch weiblich sein: Sempachs Stadträtin Mary Sidler (mit symbolischem Speer) und Hubert Lieb, Präsident der Museumskommission, auf der Baustelle «Rat-haus Sempach». FOTOS STEFANIE A. ZÜGER UND HANS WÜST

Die Kommission mitneuen Gesichtern

GEDENKFEIER Eine vom Regie-rungsrat eingesetzte Kommission istfür die Vorbereitung und Durchfüh-rung der Sempacher Gedenkfeier ver-antwortlich. Sie wird jeweils vom am-tierenden Staatsschreiber geleitet. Seitgut einem Jahr ist dies Lukas Gresch-Brunner. Aber auch unter den Mitglie-dern gibt es einige neue Gesichter. Zurzeit setzt sich die Kommission wiefolgt zusammen: Hanspeter Amrein(Stadt Sempach), Stephan Dräyer (Mit-telalterfest), Benedikt Felder (StadtSempach), Staatsschreiber LukasGresch-Brunner (Präsident), BeatHensler (Kommandant Luzerner Poli-zei), Franco Mantovani, Projektleiter(Staatskanzlei), Hans Moos (Festzei-tung), Martin Schmidli (Zunft zu Saf -ran), Staatsarchivar Jürg Schmutz (Fo-rum Geschichte), Stadtpräsident FranzSchwegler (Stadt Sempach), MarcoSieber (Regie Theaterszenen) und derSempacher Pfarreileiter BernhardStadler (Jahrzeitfeier). HM

Staatsschreiber Lukas Gresch-Brunnerpräsidiert seit 2012 die Gedenkfeier-Kommission. FOTO FRANCO MANTOVANI

«Sempach» gehört zum KulturvorratHISTORISCHER VEREIN ZENTRALSCHWEIZ DIE GEDENKFEIER IM LAUF DER ZEIT

Der «Geschichtsfreund» widmetin seinem 165. Band ein umfang-reiches Kapitel der «SempacherSchlachtjahrzeit in Geschichteund Gegenwart». Dass Sempachals «gemeinsamer Erinnerungs-ort und als Meistererzählung er-halten bleibt», wertet der Histo-riker Georg Kreis in seinem Bei-trag positiv.

Das Thema «Sempach» steht im Zent -rum des im Spätsommer 2012 erschie-nenen Jahrbuchs des HistorischenVereins Zentralschweiz, das unterdem traditionsreichen Titel «Der Ge-schichtsfreund» hohes Ansehen ge-niesst. Dabei geht es auf den rundhundert Seiten aber nur am Rande umdie Schlacht von 1386. Diese ist imnationalen Bewusstsein der Bevölke-rung nach wie vor fest verankert. Sonimmt sie innerhalb der schweizeri-schen Gedächtniskultur eine promi-nente Rolle ein, wie Oliver Landolt inseinen einleitenden Bemerkungenfesthält.

Mehr als nur die SchlachtUnter «Sempach» sind deshalb heutenicht nur die kriegerischen Ereignissevon 1386 und deren unmittelbarenFolgen, sondern auch die vielfältigenFormen der Erinnerung, Verarbeitungund auch Instrumentalisierung zu ver-stehen. In seinem anregenden Leitarti-kel unter dem Titel «Was mit 'Sem-pach' anfangen?» setzt sich der BaslerHistoriker Georg Kreis mit dem «histo-

rischen Gedenken als Gestaltungs- undErinnerungsaufgabe» auseinander.Sempach stehe im «traditionellenSelbstverständnis für kollektiven Un-abhängigkeitswillen und, in der Zu-spitzung auf Winkelried, für individu-elle Aufopferungsbereitschaft». Inso-

fern gehöre es bis zu einem gewissenGrad zum «gemeinsamen Kulturvorratder Schweiz».

Kulturelle LeistungDas öffentliche Gedenken hat sich je-doch im Lauf der Jahrhunderte immer

wieder gewandelt, nicht nur im Fallvon Sempach, wie Georg Kreis im Ver-gleich mit Dornach belegt. Mit Blickauf diese Geschichte des Gedenkenswertet er als «kulturelle Leistung,dass, an 1386 anknüpfend, ein Brauch-tum geschaffen und über Jahrhundertedurchgetragen wurde». Heute steheanstelle der Erinnerung an dieSchlacht die gemeinsame Erinne-rungspflege als solche im Vorder-grund. Es gehe darum, diese so zu ge-stalten, dass die Bereitschaft, die Tra-dition weiterzutragen und damit daskulturelle Gedächtnis zu stützen, er-halten bleibt, schreibt Georg Kreis.

Vom Mittelalter bis zur GegenwartDen Hauptteil des Sempacher Kapi-tels im «Geschichtsfreund» bilden dieBeiträge von Rainer Hugener, AndréHeinzer und Jürg Schmutz zum Sem-pacher Schlachtgedenken vom Mit-telalter bis in die jüngste Zeit. Sie sindaus den Referaten entstanden, welchedie drei Historiker im Rahmen desSempacher Forums Geschichte 2011gehalten haben. Das «Gesamtpaket»bietet eine einmalig reichhaltige undgeschichtlich fundierte Dokumentati-on zum Thema Sempach und dieNachwelt. Kurzfassungen der drei Re-ferate sind bereits in der SempacherFestzeitung 2011 erschienen.

HANS MOOS

Der Geschichtsfreund. Mitteilungen des Histori-schen Vereins Zentralschweiz. 165. Band 2012.Bezugsquelle: Staatsarchiv Luzern, Schützen-strasse 9, Postfach 7853, 6000 Luzern 7.

Der erstmals im 16. Jahrhundert erwähnte legendenhafte Winkelried wurde vor allemim Laufe des 19. Jahrhunderts zum eigentlichen Helden der Schlacht bei Sempach «auf-gebaut» und ist als solcher bis heute im öffentlichen Gedächtnis präsent. Gemälde vonLudwig Vogel aus dem Jahre 1841. QUELLE GESCHICHTSFREUND/STAATSARCHIV SCHWYZ

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SEMPACHER WOCHE • 4. JULI 2013RÜCKBLICK AUF 201210

«Gottes Geist kommt in der Niederlage zum Zug»JAHRZEITFEIER 2012 DER ZÜRCHER THEOLOGE RALPH KUNZ HIELT DIE PREDIGT

Wer einen Zürcher Professor – einenprotestantischen Theologen noch dazu– zur Festpredigt in Gedenken an dieSchlacht bei Sempach einlädt, muss da-mit rechnen, dass der sich an eine ande-re Schlacht erinnert. Ihre Niederlage beiKappel am Albis ist den Zürchern so tiefins Gedächtnis eingegraben, wie denLuzernern ihren Sieg bei Sempach.

Rund 150 Jahre nachdem Leopold ge-schlagen wurde, zogen nämlich im Ok-tober 1531 die Luzerner zusammen mitZug, Uri, Schwyz und Unterwalden vonBaar her Richtung Zürich. Nur gingenjetzt die alten Eidgenossen, die sich sowacker gegen die Habsburger geschla-gen hatten, aufeinander los. Der Grund –die einen haben sich von Rom losgesagtund die andern blieben altgläubig. Re-formiert gegen katholisch. Christen ge-gen Christen. Natürlich war es viel kom-plizierter. Aber wichtig ist hier: der Aus-gang der Schlacht ist für Zürcher keinAnlass für eine Jahreszeitfeier. Es warein Fiasko.

Innerhalb kürzester Zeit wurden 400Mannen verwundet oder waren gefal-len: darunter 26 Mitglieder des Ratesund 25 Geistliche und – besondersschmerzlich – Ulrich Zwingli. Ausge-rechnet er – ein glühender Gegner derReisläuferei – starb auf dem Schlacht-feld. Er, der als Seelsorger auf dem Feldbei Marignano das ganze Elend derSöldnerei gesehen hat. Ausgerechnet ergriff zum Schwert. Wahrlich kein Held,kein Winkelried und bei einem Bruder-krieg ums Leben gekommen. So kam es,dass niemand seinen Tod auf demSchlachtfeld besingt.

Aber was hat Kappel mit Sempach zutun? Nach der Niederlage der Zürcher ha-

ben sich im zweiten Kappeler Land-frieden die Eidgenossen geeinigt, dassdie einen katholisch und die anderenreformiert bleiben konnten. Der Frie-den hielt lange – bis Villmergen. Auchdie nachfolgenden Auseinanderset-zungen – der Sonderbundskrieg –konnte daran nichts ändern: DieSchweiz war von dieser Zeit an ein ei-genartiges konfessionell gemischtesGebilde. Ein religiöses Patchwork.Ein Zweckbund. Zwar nicht versöhnt,aber doch befriedet.

Aus der historischen Distanz betrach-tet, muss man beinahe sagen: Es warein Segen, dass die Zürcher verlorenhaben. Sie mussten ihre Schwäche ak-zeptieren. Und sie blieben zusam-men. Auch wenn die Zürcher hin undwieder eine grosse Schnorre führenund den Rest der Schweiz zur greaterarea der Limmatstadt erklären. Wirsind Eidgenossen geblieben bis zumheutigen Tag. Befriedet. Manchmalmuss man Schlachten verlieren, umzur Einsicht zu kommen.

Noch besser wäre es, gar nicht erst inden Krieg zu ziehen. Auch das ist eineEinsicht, auf die man nach geschlagenerSchlacht kommen könnte. Unser politi-sches System hat sich dieser Einsicht zuverdanken. Natürlich streitet man auchin Demokratien. Es gibt Abstimmungs-kämpfe und Wahlschlachten. Aber diewerden mit Worten und nicht mit Helle-barden geschlagen. Freiheit und Solida-rität – die beiden Grundlagen unseresZusammenlebens, gewinnt man nichtin Schlägereien. Keiner hat das träferausgedrückt als der Berner TroubadourMani Matter in seiner Ballade von derWilhelm-Tell-Aufführung im Löie zNottiswil. Ein falsches Wort, ein Glas zuviel und das Dorftheater um den Frei-

heitshelden artet in einen wüsten Hän-del aus:

jetz chöme gleser z'flüge, jede schtillt sygheimi wuet,

es chrose disch u bänk und s’bier ver-mischt'sech mit em bluet. der wirt rouftsech sys haar, d'frou schinet broch'niglider y, zwo schtund lang het das duu-

ret, do isch öschtrich gschlage gsy.

Am Schluss bringt es Mani Matter so aufden Punkt:

si hei der willhelm täll ufgfüehrt im löiez'nottiswil

und gwüss no niene i naturalistische-rem styl,

d'versicherig het zahlt – hingäge eisweiss ig sithär,

sy würde d'freiheit gwinne, wenn sy dä-wäg z'gwinne wär, sy würde d'freiheitgwinne, wenn sy däwäg z'gwinne wär.

Vielleicht ist es Zufall, vielleicht einWink mit dem Pfahl: Nottiswil erinnertan Nottwil. So nah bei Sempach. DieBotschaft ist auf jeden Fall einleuch-tend: sy würde d'freiheit gwinne, wennsy däwäg z'gwinne wär. Wir sind uns ei-nig, dass man politische und persönli-che Konflikte gewaltfrei austrägt. In un-seren Parlamenten herrschen Gott seiDank keine ukrainische oder griechi-schen Verhältnisse. NotorischeSchlachtenbummler haben den Fuss-ball als Kompensationsfeld. Die altenSchlachten der Eidgenossen mit ihrenLieblingsgegnern und auch die Händelin der Dorfbeiz – so könnte man folgern– können wir getrost vergessen.

Aber das sollten wir nicht. Sie enthal-ten zu viele Lektionen. Das kulturelleGedächtnis ist keine Gelegenheit, umalte Mythen zu nähren, sondern Gele-

Aufmerksame Festgemeinde während der ökumenischen Jahrzeitfeier in der Sempacher Pfarrkirche St. Stefan. FOTO RETO BERNER

genheit, den Mythos abzubauen, dasswir Freiheit gewinnen, wenn sy däwägz'gwinne wär. Und hier kommt dasChristliche dazu. So haben die Altendamals auf dem Schlachtfeld gebetet:«Ach richer Christ vom Himmel, durchdinen harten Tod hilf uns armen Sün-dern us dieser Schmach Angst undNot, hilf und thu uns bistohn! Hilf unsland und lüt in Schirm und Schützungerhalten.»

Das hatte seine eigene Würde und hatteauch sein Recht. Aber spätestens dann,wenn man sich vorstellt, dass in einemBruderkrieg wohl beide Seiten so gebe-tet haben, hat die Bitte um den Sieg ei-nen Mundgeruch. «Wer zum Schwertgreift, wird durch das Schwert umkom-men», heisst es in Matthäus 26. Es isteine Szene in der Passionsgeschichte.Die Jünger wollen die Verhaftung ihresHerrn verhindern. Sie können es nichtund sollen es nicht. Was hätten sie ange-richtet, wenn sie die Tragödie verhin-dert hätten?Ich wage zu sagen: Das Christliche – derGeist des lebendigen Gottes – kommt in

der Niederlage zum Zug. Darum habeich an Kappel erinnert. Darum erinnernwir uns heute an eine Schlacht, die 1386geschlagen wurde. Nicht, um uns amSieg zu freuen, sondern um das Elenddanach nicht zu vergessen.

Wir leben in befriedeten Zeiten – Gottsei Dank! Aber machen wir uns nichtsvor: ein falsches Wort, ein Glas zu viel.Und wir haben Nottiswil.

Vielleicht kommen schwierige Jahre aufuns zu. Vielleicht wird die freundeidgenössi-sche Zweckgemeinschaft bald etwashärter getestet.Was wir dann – nein heute schon – nichtbrauchen können, sind Menschen, diezwar nicht mit der Hand, aber mit demMundwerk zur Hellebarde – dem vigorhelvetii – greifen. Worauf wir nicht verzichten können,sind harte Auseinandersetzungen. Was uns nicht weiterhilft, sind Opfer-gänge und Scheinharmonie. Was unserer politischen Kultur aberschadet, sind verbale Schläger, die jedenAnstand vermissen lassen und den Geg-ner verachten.

Die Jahrzeitfeiern lehren uns nicht nurDankbarkeit. Sie lehren auch, die «Gas-se für die Freiheit» zu pflegen. Eine Pfle-ge, die mit Respekt, der nötigen Beschei-denheit und Demut auch einmal betenkann: «Ach reicher Christ vom Himmel,durch deinen harten Tod hilf uns armenSündern den Frieden zu wahren undVersöhnung zu leben! Hilf uns so, landund lüt in Schirm und Schützung erhal-ten. Amen!» RALPH KUNZ

Professor Ralph Kunz ist reformierter Theologeund lehrt Praktische Theologie an der UniversitätZürich.

«Manchmal mussman Schlachten ver-lieren, um zur Ein-sicht zu kommen.»

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4. JULI 2013 • SEMPACHER WOCHE RÜCKBLICK AUF 2012 11

«Geschichte und Geschichten veralten nicht»FESTAKT 2012 REGULA ZWEIFEL AUS ZÜRICH, HOHE FRAUMÜNSTER-FRAU, HIELT DIE FESTANSPRACHE

Sehr geehrte Frau Regierungspräsiden-tin, sehr geehrte Herren Regierungsräte,sehr geehrter Herr Stadtpräsident,verehrte Vertreterinnen und Vertretervon Regierungen und Parlamenten,liebe Gäste und Festgemeinde

Als Erstes danke ich Ihnen für die eh-renvolle Einladung, als Präsidentinder Gesellschaft zu Fraumünster vonZürich und damit gleichsam als Bot-schafterin der Fraumünster-Kloster-frauen des späten Mittelalters die Fest-rede an der diesjährigen GedenkfeierSempach zu halten. Als Kulturhistori-kerin nehme ich den kleinen und fei-nen Unterschied in der BezeichnungGedenkfeier gegenüber der früherenBenennung Schlachtfeier besonderswahr und verstehe ihn auch als direkteAufforderung, über die Ereignisse vorund nach 1386 nachzudenken und zuüberlegen, was aus diesem bedeutsa-men Abschnitt der Geschichte für un-sere Zeit heute gelernt werden kann.

Ein weiteres Stichwort liefert das Sem-pacher Forum Geschichte, in dem esam 25. Juni das Thema Verkehr aufge-griffen hat. Hierzu stellen sich vor un-serem geistigen Auge sofort verschie-dene Bilder ein, auch historische, undes ist sicher kein Zufall, dass just einInnerschweizer Denker, der GermanistPeter von Matt, über seine jüngsteSammlung von Aufsätzen das Bild derGotthard-Post von Rudolf Koller ge-setzt hat. Besonders angetan hat es ihmdabei das Kalb, das in panischer Angstvor dem galoppierenden Pferdege-spann her rennt – für von Matt einSymbol für den Wechsel der Ge-schwindigkeit von einer Epoche zurandern. Und wem würde dabei nichtauch die vehemente Beschleunigungin den Sinn kommen, die wir in derheutigen Zeit an allen Fronten erleben.

Lassen Sie mich aber zunächst zurück-blenden und auch die Verbindung zuden Fraumünster Klosterfrauen her-stellen.Die Fraumünster-Frauen wirkten imFrauenkloster an der Limmat in Zürichvon 853 bis zur Reformation 1524. Diemeisten von diesen Frauen stammtenaus süddeutschen adeligen Familien,waren vermögend und gut ausgebildetin Theologie, Philosophie, Sprachenund Betriebswirtschaft. Sie lebten ineiner Gemeinschaft von ungefähr 20Frauen nach den Regeln des heiligenBenedikt, allerdings mit mehr Pflich-ten für die Öffentlichkeit und dadurchmit gewissen Abweichungen von denklösterlichen Regeln. Die Äbtissinnendes Fraumünsters übten das Wasser-recht, das Münzrecht und die niedereGerichtsbarkeit aus. Sie waren, in heu-tiger Sprache ausgedrückt, nicht nurerfolgreiche Betriebswirtschafterin-nen, sondern schlicht und einfach dieregierenden Stadtpräsidentinnen vonZürich, zudem eidgenössisch und in-ternational bestens vernetzt.

Diese Klosterfrauen gehörten zu den be-deutendsten Landeigentümern nichtnur in der Region Zürich, sondern auchin der Innerschweiz, mit Weidland undAlpen in den Regionen Schwyz, Ob-und Nidwalden. Im luzernischen Seetalbesassen sie, urkundlich nachgewie-sen, einzelne Dörfer. In Uri, entlang derGotthard-Route – schon damals eineeminent wichtige Handelsachse – be-wirtschafteten sie aktiv ihre Besitztü-mer und profitierten, wie viele Land-wirte und Händler, vom Geschäft mitder Reisläuferei. Hier erfuhren sie auchden grossen gesellschaftlichen Um-bruch, der durch den regionalen Macht-wechsel vom vorwiegend österreichi-schen Adel zu unternehmerischenLandwirten erfolgte.

Die regionalen, territorialen und poli-tischen Verdrängungskämpfe in derZeit vor 1386 spielten sich indessennoch nicht ab zwischen Eidgenossenund Habsburgern, sondern zwischenhabsburgischen Adelsleuten und demansässigen Bauernvolk. Der neue Pro-

totyp des Aufsteigers im 14. Jahrhun-dert war der erfolgreiche Viehzüchter,der seinen Betrieb umstellte, von Gras-und Getreideanbau zur Grosstierhal-tung und zur Pferdezucht für die Reis-läuferei, und der mit steigenden Prei-sen für den norditalienischen MarktFleisch- und Milchprodukte produ-zierte.

An einem gut belegten Einzelfall lässtsich die damalige grundlegende Verän-derung von Wirtschaft und Gesell-schaft aufzeigen:Ulrich Rüedli aus Obwalden, Pächterauf Ländereien des Fraumünsters, warein solcher erfolgreicher Unterneh-mer, Viehzüchter und Händler. Mitdem neuen Geld investierte Rüedli inRinderherden, und für die immer stär-ker anwachsenden Herden brauchte erauch immer mehr Land, welches ernicht nur in Obwalden kaufte, sondernauch im luzernischen Seetal, in Uriund im Glarnerland. Mehr Kühe, mehrLand, mehr Milch, mehr Milchproduk-te, mehr Arbeitsplätze. So wuchs Rüedlis Reichtum rasant, seine Wirt-schafts- und Rechtsverhältnisse wur-den immer komplexer, und der Neurei-che verlor jede Bodenhaftung. DerSkandal: Er bezahlte dem Kloster inZürich keinen Rappen Steuern.

Das musste die Äbtissin in Zürichnachhaltig irritieren. Sie schritt einund zitierte ihren Pächter, den Vieh-händler Ulrich Rüedli aus Obwalden,nach Zürich ins Frauenkloster. Sie ludihn ein zu Speis und Trank und be-drängte ihn mit harten Verhandlun-gen. Zuerst einmal forderte sie ihn auf,im Täfer oben an der Decke des Kon-ventsaales die Inschrift zu lesen. Dazuwar Rüedli aber nicht fähig. Zählenkonnte er zwar, nicht jedoch lesen!Nun also las ihm die Äbtissin vor: «ge-walt und gunst / du kanst die kunst /das jetz das edell recht muos sin dinknecht». Zu Deutsch: «Gewalt und Be-günstigung, ihr versteht euer Hand-werk, sodass jetzt das edle Recht euchdienen muss.» Rüedli hat wohl ver-standen, dass das Recht nicht ihm,sondern er dem Recht dienen muss.

Ob es sich damals um einen Steuerbe-trug oder lediglich um eine Steuerhin-terziehung gehandelt hatte, lässt sichwohl aus heutiger Sicht kaum ent-scheiden. Wie dem auch war: Unter

dem Druck der Äbtissin wurde UlrichRüedli einsichtig und gab seine Verge-hen zu. Als Busse musste er dem Frau-enkloster viele teure Ablasspapiere ab-kaufen, um damit sein Seelenheil wie-der zu erlangen. Um einen zünftigenSäckel Münzen erleichtert und dafürmit Ablasspapieren des Mittelaltersausgestattet – heute würde man siewohl als Lehman-Brother’s papers be-zeichnen – kehrte er nach Obwaldenzurück und ging, entsprechend geläu-tert, seinen alten Geschäften nach.

Innert ungefähr 60 Jahren, währendzweier Generationen, entstand vor1386 auf diese Art eine neue Gesell-schaftsklasse von wohlhabendenLandleuten. In der Region der Inner-schweiz, in Luzern und im Seetal kames zu einem Wechsel in der politischenund wirtschaftlichen Führungs-schicht: Adelsfamilien verschwandenaus der Politik und aus der Geschichte,

und wurden abgelöst von unternehme-rischen Landwirten. Es entwickeltesich eine neue Oligarchie von wirt-schaftlichen Clans, und andrerseitsgab es die Basisversammlung derLandleute in Form von Landsgemein-den. Dieser Prozess war verbunden mitRivalitäten im Gerangel um Ehre,Macht und Einkünfte, zunehmendauch begleitet von Gewalt.

Diese eigentlich revolutionäre Ent-wicklung brachte eine grundlegendeVeränderung von Wirtschaft und Ge-sellschaft und hatte damals fundamen-tale Konsequenzen auf das Verhaltenund Verhältnis der Landleute zu Ob-rigkeiten, insbesondere zu den Habs-burgern. Bis 1370 waren die Auseinan-dersetzungen zwischen Österreichund den Eidgenossen von einer Strate-gie der wechselseitigen Nadelstichegeprägt. Nun aber eskalierte sie zur di-rekten Konfrontation. Der Ausbau derhabsburgischen Einflusszone und Lan-desherrschaft von Kärnten bis zum El-sass, inklusive dem Einschluss desSchweizer Mittellandes, rief nach ei-ner grundsätzlichen Klärung der

Machtverhältnisse. Die Luzerner gin-gen gewaltsam gegen den habsburgi-schen Vogt in Rothenburg vor. Die Zür-cher überfielen das österreichischeRapperswil und die Zuger das österrei-chische Städtchen St. Andreas. Als dieLuzerner das Entlebuch und Sempachin ihr Burgrecht aufnahmen und damitdie Rechte der habsburgischen Herr-schaft verletzten, war das Mass voll. Eskam zur Schlacht bei Sempach. Luzernund die drei Waldstätten trugen denvollständigen Sieg davon. Das Kräfte-verhältnis in der Innerschweiz und imMittelland war entscheidend verän-dert.

Was indessen die Landleute nicht vor-ausgesehen hatten, war, dass dasMachtvakuum nun allmählich vonden Städten gefüllt wurde, welcheprompt die Chance nutzten, ihrenMachtradius zu erweitern.

Noch ein kurzer Blick auf Zürich: Zürichbetrieb nach wie vor eine Schaukelpoli-tik zwischen Reichstätten in Oberschwa-ben, den Habsburgern und der Eidgenos-senschaft. Erst 1450 öffnete sich Zürichdem festen eidgenössischen Bund vonStädten und Länderorten, dem damalsneuen Metropolitan-Raum der Eidge-nossenschaft, der dann wirtschaftlich er-staunlich rasch wuchs.

Liebe Festgemeinde, der Landsleute, der Habsburger undder Schlacht bei Sempach zu geden-ken, berührt uns auch nach 626 Jahrenimmer noch – auch im Sinne einesLehrstücks für die heutige Zeit. Es solluns klar werden, - dass Geschichte und Geschichtennicht veralten. Auch in neuen Situa-tionen machen sie immer wieder alteund bewährte Grundsätze des politi-schen Handelns sichtbar- dass im Mittelalter Frauen zwar nichtgleichberechtigt, aber gesellschaft-lich gleichbedeutend waren. Heutesind Frauen wohl gleichberechtigt,aber nicht gleichbedeutend- dass die Sempacher Schlacht der Hö-hepunkt eines gesellschaftlichenWandels, einer gesellschaftlichen Re-volution war- dass die sich daraus ergebenden Kon-sequenzen sowohl für das Kollektivder Eidgenossen als auch für den Ein-zelnen nicht vorausgesehen werdenkonnten, und

- dass Gemeinschaften in der Lagesind, neue Situationen zu adaptierenund Lösungen für die Zukunft zu fin-den.

Rund 500 Jahre nach der Schlacht vonSempach lehrt uns dann die Geschich-te, dass es friedliche Revolutionengibt, deren neues, wesentliches Merk-mal die Beschleunigung in Zeit undRaum ist: Am 31. Mai 1882 fährt derletzte von täglich mindestens 20 Fünf-spänner-Postkursen über den Gott-hard-Pass. Einen Tag später, am 1. Juni1882, wird die Bahnlinie durch denGotthard eröffnet. Schweizerinnenund Schweizer verstanden sich nie alsMurmeltiere, die sich in den Bergenvergraben; immer schon waren sie con-tinental players. Die Dynamik, welcheBahnlinie und Tunnel auslösten,konnten sie zwar nicht voraussehen,haben sie aber laufend adaptiert undsind auch heute wieder dabei, sie aber-mals zu adaptieren.

Heute erleben wir die Revolution derInformations- und Kommunikations-technologie. Die Systeme, die wir inden letzten zwanzig Jahren entwickelthaben, sind die komplexesten Syste-me, die Menschen je geschaffen haben.Ereignisse und Krisen in immer stärkergekoppelten Systemen können einenicht begrenzbare Dimension anneh-men. Die Finanzkrise ist ein typischesBeispiel dafür. Oder nehmen Sie denFlash-Crash: Finanztransaktionenwerden von Computern in Mikrose-kunden abgewickelt. Diese Computermachen sich selber ein Bild von der ak-tuellen Lage, sie projizieren diese indie Zukunft, sie kommunizieren mit-einander, sie treffen Entscheidungen –kurz: Die Computer machen immermehr das, was Menschen früher selbstgemacht haben. Es sind so künstlichesoziale Systeme entstanden, ohne dasswir das so richtig bemerkt haben. Rie-sige Datenmengen haben sich ange-sammelt, und viele Unternehmer glau-ben, dass Big Data (riesige Datenmen-gen) das Öl der Zukunft sei. Es ist unsallen klar geworden, dass die Welt ei-nen Grad von Komplexität erreicht hat,die der Mensch nicht mehr durch-schauen kann. Ein alter Traum derMenschheit bleibt umso mehr beste-hen: Herausfinden und wissen, wasdie Zukunft bringt.

In diesem komplexen und beschleu-nigten Umfeld ist jedoch festzuhalten:Werte wie Mut, Vertrauen, Gerechtig-keit, Zusammengehörigkeitsgefühl,Solidarität, Glaube, Erinnerung sindein verlässlicher Kompass. Solangewir diese Werte pflegen, geben sie unsHalt im Umgang mit Komplexität undBeschleunigung. Diese Werte sind undbleiben unser soziales Kapital. Sie ent-falten indes ihre Wirkung nur dann,wenn sie eingebunden bleiben in Ge-schichtsverlauf und Erinnerungskul-tur. Und weil der Geschichtsverlaufkein Zerfallsprozess ist, sind auch dieÄnderungen in der Form der Sempa-cher Gedenkfeier Beispiel für eine zu-kunftsorientierte Assimilation – sicherganz im Sinne der eidgenössischenSempacher Vorfahren von 1386.

Die Sempacher Gedenkfeier erinnertalso jedes Jahr erneut an Werte, die wirals gut eidgenössisch in unserer DNAabgespeichert haben. Sie behält dieFunktion eines Kompasses, weil sieeine Form für die heutige gesellschaft-liche Realität gefunden hat. Als Zürcherin und Präsidentin der Ge-sellschaft zu Fraumünster gratuliereich den Luzernerinnen und Luzernern,Sempacherinnen und Sempachern –wie wir als Gesellschafterinnen sagen«hochwohllöblich» – für das Weiter-tragen der Sempacher Gedenkfeier imSinne von «Zukunft hat Herkunft».

REGULA ZWEIFEL

Die Kulturhistorikerin Regula Zweifel ausKilchberg leitet eine eigene Firma, die Kultur-projekte und Forschungsarbeiten realisiert. Zu-dem präsidiert sie die Gesellschaft zu Frau -münster Zürich.

Regula Zweifel, Präsidentin der Gesellschaft zu Fraumünster Zürich, beim Festakt in der Pfarrkirche: «Die Sempacher Gedenkfeierbehält die Funktion eines Kompasses, weil sie eine Form für die heutige gesellschaftliche Realität gefunden hat.» FOTO RETO BERNER

«Heute sind Frauenwohl gleichberech-tigt, aber nicht gleichbedeutend.»

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Erinnerung an die Gedenkfeier 2012: Schon am Vorabend brachten Gaukler Feststimmung ins Städtchen Sempach. FOTO RETO BERNER/ARCHIV

627. Gedenkfeier der Schlacht bei SempachMittelalterfest mit Theater am SamstagDas ganze Städtli Sempach und die Seevogtey werden zur Kulisse des grossen Mittelalterfestes mitversteckten und offenen Theaterszenen. Auf den Strassen und am See tummeln sich Gauklerinnenund Gauner, Krieger und Kü� nstlerinnen, Pilger und Priester, Händlerinnen und Handwerker.

Morgenbrot & JahrzeitfeierDie Feierlichkeiten beginnen mit dem Morgenbrot: Die Stadt Sempach und der Kanton Luzern laden die Bevölkerung zu einer kleinen Stärkung ein. Im Anschluss findet die Jahrzeitfeier in der Kirche St. Stefan statt.

Festredner ist der Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde Oberst Daniel Anrig. Er wird voneiner Delegation Schweizergardisten begleitet.

Mittelalterfest mit Theater am SonntagNach der Gedenkfeier beginnt das grosse Mittelalterfest im Städtli und am See – darin eingewoben:die Theaterszenen, die die Zeit um 1386 erlebbar machen. Das Städtli Sempach öffnet seine Tore zueinem aussergewöhnlichen Mittelalterfest.

Erleben Sie das Mittelalter im grossen Heerlager mit Ritterzelt, Schwertkämpfen und Bogenschies-sen oder im Kinderparadies an der Seeallee. Tanzen und feiern Sie zur Musik von Koenix, Christoffelund anderen Musikanten, gemeinsam mit Gauklern und Zauberern. Schlendern Sie u� ber den grossen Mittelaltermarkt und bestaunen Sie altes Handwerk. Die Beizen und Tavernen locken mitmittelalterlichen Spezialitäten und Getränken.

begegnen

gedenken

feiern

18.00 Samstag, 6. Juli 2013Auftakt zum Mittelalterfest und TheaterStädtli Sempach und Seevogtey

22.00 Feuerspektakel im Städtli

08.30 Sonntag, 7. Juli 2013Morgenbrot im Städtli Sempach

09.45 JahrzeitfeierÖkumenischer Gottesdienst und FestaktPfarrkirche St. Stefan, Sempach

11.00 Auszug aus der Kirche & Beginn des Mittelalterfestes mit Theater

13.30 Grosse Hauptszene im Städtli

Thema 2013: «Energie»

www.gedenkfeier-sempach.lu.ch