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Fallpapier und Übersichten zur Erfüllung und Nebenpflichten (§ 26 A. und B.) A. Hauptleistungspflichten und Erfüllung Sehr geehrte Übungsteilnehmer, durchdenken Sie bitte zunächst die nachfolgenden Übersichten © und erstellen Sie bitte vor den jeweiligen Vorlesungseinheiten selbstständig Lösungsskizzen zu den Fällen. Lesen Sie bitte die nachfolgend zitierten Vorschriften selbstständig im Gesetz nach. *Anm.: Die Problematik des Annahmeverzugs, §§ 293 ff. BGB wurde bewusst nicht verarbeitet. Zur weiteren Vorbereitung und Vertiefung können Sie Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, §§ 13-21 lesen. Institut für geschichtliche Rechtswissenschaft Vorlesung 8./9. (Kunz) und 15./16. November (Raff) am richtigen Ort? zur richtigen Zeit? an den richtigen Gläubiger? in der richtigen Art und Weise? Unterscheide: Leistungsort, §§ 269, 270 BGB Erfolgsort Beachte: Nur für die Erfüllung kommt es auf den Erfolgsort an. Manch-mal wird der Leistungsort (terminologisch verwirrend) auch als Erfüllungsort bezeichnet. P1: Stückschuld, Gattungsschuld, Vorratsschuld, § 243 BGB P2: Aliud-/Minusleistung und Schlecht- leistung (sog. Peius) P3: Teilleistungen, § 266 BGB P4: Vernetzung zu Leistung an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1), Leistung erfüllungshalber (vgl. § 364 Abs. 2), Leistung sicherungshalber = Leistungszeit, § 271 BGB ( Fälligkeit des Anspruchs ≠ Erfüllbar- keit) P: Stundung und pactum de non pe- tendo (Stillhalteab- kommen) § 362 Abs. 2 BGB P1: Empfangszuständigkeit P2: Leistung an einen Nichtberechtigten R E C H T S F O L G E N Der (Primär-)Anspruch erlischt, § 362 Abs. 1 BGB. Die Erfüllung ist eine rechtsvernichtende Einwendung, die unter dem Prüfungspunkt „Anspruch erloschen“ zu prüfen ist. Beachte: Mit Schuldverhältnis iSd § 362 BGB ist nur das Schuldverhältnis im engeren Sinne gemeint. Eintritt einer Beweislastumkehr, § 363 BGB Schuldner erwirbt einen Anspruch auf Erteilung einer Quittung, § 368 BGB (sowie ggf. einen Anspruch auf Rückgabe des Schuldscheins, § 371 BGB) vom richtigen Schuldner? § 267 BGB § 268 BGB P: Höchstpersönliche Pflichten Wenn der L E I S T U N G S E R F O L G (≠ Leistungshandlung) eintritt, ist das Leistungsbegehren des Gläubigers erfüllt. (Bsp. im Kaufrecht: Übergabe und Übereignung der Kaufsache; P: Lieferung einer mangelfreien Sache) L e i s t u n g s h a n d l u n g Risikostruktur aus Schuldnersicht*: Verzögerungs-, Verschlechterungs- und Untergangsrisiko L E I S T U N G S E R F O L G, § 362 BGB

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Page 1: Fallpapier und Übersicht Erfüllung und Nebenpflichten · Fallpapier und Übersichten zur Erfüllung und Nebenpflichten ... BGB Erfolgsort Beachte: ... an dem Erfüllungs-wirkung

Fallpapier und Übersichten zur Erfüllung und Nebenpflichten (§ 26 A. und B.)

A. Hauptleistungspflichten und Erfüllung

Sehr geehrte Übungsteilnehmer,

durchdenken Sie bitte zunächst die nachfolgenden Übersichten© und erstellen Sie bitte vor den

jeweiligen Vorlesungseinheiten selbstständig Lösungsskizzen zu den Fällen. Lesen Sie bitte die

nachfolgend zitierten Vorschriften selbstständig im Gesetz nach.

*Anm.: Die Problematik des Annahmeverzugs, §§ 293 ff. BGB wurde bewusst nicht verarbeitet.

���� Zur weiteren Vorbereitung und Vertiefung können Sie Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil,

§§ 13-21 lesen.

Institut für geschichtliche Rechtswissenschaft Vorlesung 8./9. (Kunz) und 15./16. November (Raff)

am richtigen Ort? zur richtigen Zeit? an den richtigen Gläubiger? in der richtigen Art und Weise?

���� Unterscheide:

Leistungsort, §§ 269, 270

BGB � Erfolgsort

Beachte: Nur für die Erfüllung

kommt es auf den Erfolgsort an. Manch-mal wird der Leistungsort (terminologisch verwirrend) auch

als Erfüllungsort bezeichnet.

P1: Stückschuld, Gattungsschuld,

Vorratsschuld, § 243 BGB

P2: Aliud-/Minusleistung und Schlecht-

leistung (sog. Peius)

P3: Teilleistungen, § 266 BGB

P4: Vernetzung zu Leistung an

Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1), Leistung

erfüllungshalber (vgl. § 364 Abs. 2),

Leistung sicherungshalber

= Leistungszeit, § 271

BGB (� Fälligkeit des

Anspruchs ≠ Erfüllbar-

keit)

P: Stundung und

pactum de non pe-

tendo (Stillhalteab-

kommen)

§ 362 Abs. 2 BGB

P1: Empfangszuständigkeit

P2: Leistung an einen Nichtberechtigten

R E C H T S F O L G E N

���� Der (Primär-)Anspruch erlischt, § 362 Abs. 1 BGB. Die Erfüllung ist eine rechtsvernichtende Einwendung, die unter

dem Prüfungspunkt „Anspruch erloschen“ zu prüfen ist. Beachte: Mit Schuldverhältnis iSd § 362 BGB ist nur das

Schuldverhältnis im engeren Sinne gemeint.

���� Eintritt einer Beweislastumkehr, § 363 BGB

���� Schuldner erwirbt einen Anspruch auf Erteilung einer Quittung, § 368 BGB (sowie ggf. einen Anspruch auf

Rückgabe des Schuldscheins, § 371 BGB)

vom richtigen Schuldner?

§ 267 BGB

§ 268 BGB

P: Höchstpersönliche Pflichten

Wenn der L E I S T U N G S E R F O L G (≠ Leistungshandlung) eintritt, ist das Leistungsbegehren des Gläubigers erfüllt.

(Bsp. im Kaufrecht: Übergabe und Übereignung der Kaufsache; P: Lieferung einer mangelfreien Sache)

L e i s t u n g s h a n d l u n g

Risikostruktur aus Schuldnersicht*: Verzögerungs-, Verschlechterungs- und Untergangsrisiko

L E I S T U N G S E R F O L G, § 362 BGB

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I. Erfüllung, § 362 BGB

Fall 1: Mechthild (M) und Friedhelm (F) sind frisch verheiratet und wollen bei dem Reiseveranstalter

SunnySide-GmbH (S) als Hochzeitsreise eine fünftägige „Fortuna-Reise“ nach Spanien buchen. Bei

Fortuna-Reisen handelt es sich um Überraschungsflugreisen, bei denen dem Reiseveranstalter das

Recht zusteht, den genauen Zielort und das Hotel auszusuchen. In dem Katalog heißt es zum Hotel:

„Lehnen Sie sich entspannt zurück. Wir suchen Ihnen eine passende Unterkunft – Verbringen Sie unvergessliche

Tage im Paradies!“.

All das ist M und F bekannt. M und F können hierbei nur das Land wählen und festlegen, dass das

Hotel am Meer belegen sein soll. Der Gesamtpreis (Hin- und Rückflug eingeschlossen) beträgt 998

EUR pro Person.

Das Schicksal bringt Mechthild und Friedhelm schließlich nach Mallorca. In der schönen Bucht von

Alcúdia angekommen werden M und F zunächst in dem Fünf-Sterne-Hotel El Mar untergebracht.

Überglücklich genießen M und F ihre Hochzeitsreise. Nach vier Tagen stellt sich allerdings heraus,

dass das Hotel versehentlich überbucht wurde. Kurzerhand quartiert R die Frischvermählten in das

Ein-Sterne-Hotel La Barata ein. M und F sind empört. So haben sie sich ihre Hochzeitsreise nicht

vorgestellt. Zähneknirschend verbringen sie die letzte Nacht im Hotel. Nachdem sie nach

Deutschland zurückgekehrt sind, verlangen sie von R eine Teilrückerstattung des gezahlten

Reisepreises. R wendet ein, dass er vertragsgemäß erfüllt habe. Bei einem Reisepreis von 998 EUR

pro Person sei nicht damit zu rechnen, dass man in einem Fünf-Sterne-Hotel untergebracht werde.

Im Übrigen seien M und F selbst schuld, wenn sie sich auf eine Überraschungsreise einließen. Das sei

eben das Risiko der Überraschung. Wie ist die Rechtslage? (vgl. hierzu LG Frankfurt a.M., NJW 1985,

143)

Fall 2: L bestellt in der Pastabar Il Sogno eine Portion Gnocchi für 5,50EUR. Auf ausdrückliche Frage

der Verkäuferin hin an der Theke, ob L gegen einen Aufpreis von 0,50EUR auch Parmesan haben

wolle, verneint L dies gegenüber der Verkäuferin. Gegen Zahlung von 5,50EUR überreicht die

Verkäuferin der L einen Beleg, auf dem das bestellte Gericht ausgewiesen ist. Auch die nicht

gewünschte Parmesanzugabe wird aufgeführt. Nach kurzer Zeit servierte die Kellnerin K der L die

Gnocchi und bemerkt, dass jemand aus der Küche versehentlich Parmesan über die Gnocchi gestreut

habe. Da L sehr hungrig ist und nicht warten will, nimmt L das Gericht so wie es ist (also mit

Parmesan). Die Kellnerin ist erleichtert, weil sie erst vor kurzem angefangen hat, in der Pastabar zu

arbeiten und keinen Ärger will. Wie ist die Rechtslage?

Fall 3: Frau A stellt die 14-jährige M mit Einwilligung ihrer Eltern als Babysitterin ein. M soll einen

Stundenlohn von 8 EUR erhalten. Nachdem M das Kind 5 Stunden beaufsichtigt hat, verweigert A die

Bezahlung mit der Begründung, dass Minderjährige keine Verträge erfüllen könnten. Zu Recht?

Variante: Nachdem M vehement gegenüber A auf ihr hart verdientes Geld besteht, lässt sich A dazu

hinreißen, ihr den vereinbarten Betrag von 40 EUR zu zahlen. Auf dem Heimweg verliert M jedoch

das Geld aus Unachtsamkeit. Ihre Eltern verlangen nunmehr von A erneut Zahlung der 40 EUR. Zu

Recht? (nach Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 398)

Fall 4: K, der in Wiesloch wohnt, möchte sich ein neues Auto kaufen. Beim Autohändler Leo Winterle

(W) in Heidelberg findet K schließlich ein passendes Modell. Gemeinsam mit W sucht K die Farbe aus:

Rot soll es sein. Schließlich bestellt er gleich noch Alu-Felgen und weiße Außenspiegel. Außerdem

sollte der neue Pkw ein Faltdach haben. W gibt die Bestellung an das Werk weiter und sagt K zu, dass

der Wagen in 6 bis 8 Wochen gefertigt sei. K müsse den Neuwagen aber nicht bei W abholen,

sondern könne das Herzstück vor seiner Haustür mit einem Glas Sekt in Empfang nehmen. Dieser

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Bringservice sei selbstverständlich kostenlos. Ein Mitarbeiter des W werde den Wagen bei K

vorbeibringen. K ist begeistert und stimmt zu. Nach 8 Wochen ist der Wagen schließlich fertiggestellt.

Wie versprochen fährt der Mitarbeiter M den Wagen zu K nach Wiesloch. Doch kurz vor der Einfahrt

in die Straße, in der K wohnt, saust ein Hund über die Straße. M muss abbremsen, verliert die

Kontrolle über den Wagen und fährt gegen eine Straßenlaterne. Was K nun von W verlangen? –

Anm.: Schadensersatzansprüche sind nicht zu prüfen.

Variante: K geht erneut zu W. Dieses Mal möchte er sich aber einen Gebrauchtwagen kaufen. Auf der

Verkaufsfläche stehen drei rote Kraftfahrzeuge der Marke Fiat Modell 500. Alle stammen zwar aus

dem Baujahr 2007, haben aber unterschiedliche Tachostände (Wagen 1: 40.000 km; Wagen 2: 38.000

km; Wagen 3: 48.000 km); ferner unterscheiden sie sich im Hubraum (Wagen 1: 1242 cm3; Wagen 2:

1368 cm3; Wagen 3: 875 cm3). K entscheidet sich schließlich für Wagen 1, weil er ein wenig billiger ist

als Wagen 2. W und K unterschreiben den Vertrag, auf dem W den Wagen 1 mit folgender Notiz

vermerkt:

„Roter Fiat Modell 500, Baujahr 2007, Kilometerleistung ausweislich Tachostand 40.000 km“.

Die Fahrgestellnummer gibt er allerdings nicht an. W und K vereinbaren, dass K den Wagen in drei

Tagen abholen kann. In der darauffolgenden Nacht dringt eine Diebesbande in die Verkaufsräume

des W ein. Da sie aber die Schlüssel für die Ausstellungsstücke nicht finden können, demolieren sie

aus reinem Vandalismus Wagen 1 und 2 mit einem Brecheisen derart, dass beide Fahrzeuge nicht

mehr fahrtauglich sind. K fragt sich nun, ob er von W eigentlich immer noch Übergabe und

Übereignung verlangen könne.

Fall 5: V ist Veganer aus Überzeugung und bestellt bei Vegan-Happy-Kingdom-Foods-GmbH 20

vegane Tafeln Schokolade für insgesamt 40 EUR auf Rechnung. Auf der Rechnung steht „Der

Zahlungsbetrag ist innerhalb von 14 Tagen per Überweisung auf das unten aufgeführte Konto zu

überweisen“. V fragt sich nun, wann er den Rechnungsbetrag zahlen muss, um nicht in

Zahlungsverzug zu geraten.

Holschuld

Der Gläubiger holt den

geschuldeten Gegenstand beim

Schuldner ab.

Bringschuld Der Schuldner bringt den

geschuldeten Gegenstand zum

Gläubiger.

Schickschuld Der Schuldner verschickt den

geschuldeten Gegenstand zum

Gläubiger.

Qualifizierte

Schickschuld?

Leistungsort1 (= Erfüllungsort)

Def.: Leistungsort ist der Ort, an dem die Erfül-lungs- bzw. Leistungs-handlung vorzunehmen

ist (= tatsächliches Ereignis)

beim Schuldner (Wohnsitz)

beim Gläubiger (Wohnsitz)

beim Schuldner (Wohnsitz)

Siehe dazu EuGH

NJW 2008, 1935

(ferner Looschelders,

Schuldrecht AT, Rn.

274 f.) Erfolgsort

Def.: Erfolgsort meint den

Ort, an dem Erfüllungs-wirkung nach § 362 Abs. 1 BGB eintritt, also der

Leistungserfolg (= recht-liches Ereignis).

beim Schuldner (Wohnsitz)

beim Gläubiger (Wohnsitz)

beim Gläubiger (Wohnsitz)

Fall 6: M wohnt bei V zu Miete. Immer wieder konnte M die Miete nicht zahlen und ist daher schon

mit sechs Monatsmieten (Februar, März, Juni, August, Oktober, November) im Rückstand (insgesamt

1 Vgl. dazu die Vorschriften §§ 447, 644 II BGB, § 29 ZPO, die alle auf den Leistungsort bzw. Erfüllungsort Bezug

nehmen.

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3.000 EUR). Im Dezember bietet M dem V 1.000 EUR für die Monate Februar und März an. V wendet

ein, dass er sich nur noch auf ganze Sachen einließe. Er wolle von M neben der Dezembermiete die

gesamten 3.000 EUR bar sehen. Zu Recht?

Fall 7: Der Weinliebhaber W bestellt im Onlineshop VineDeLuxe der V-GmbH eine Kiste Chardonnay

Barrique des Weingutes K aus dem Erntejahr 2010 (12 Flaschen) für insgesamt 150 EUR.

Hinzukommen 12 EUR Versandkosten. Nachdem er die Kiste vom Zusteller Z entgegengenommen

hat, stellt er fest,

a) dass nur 10 Flaschen in der Kiste sind.

b) dass ihm keine Kiste Chardonnay Barrique, sondern eine Kiste Blauer Spätburgunder

(Rotwein) geliefert worden ist. Die Rotweinkiste hätte 180 EUR gekostet.

c) dass sich in der Kiste kein Wein, sondern sich 12 Lehrbücher zur Weinsensorik befinden.

d) dass alle 12 Flaschen Chardonnay Barrique korkig sind.

Wie ist die Rechtslage jeweils?

II. Leistung an Erfüllungs Statt

Fall 8: K, der sehr an seinem fünfzehn Jahre alten Mitsubishi Lancer hängt, will beim Autohändler V

für 20.000 EUR schweren Herzens einen Neuwagen kaufen. V erklärt sich bereit, den

Gebrauchtwagen des K für 2.000 EUR in Zahlung zu nehmen. K ist froh, denn so kann er sich ein

wenig Geld sparen. V bittet den K, den Altwagen vorbeizubringen. Daraufhin fährt K mit seinem

Mitsubishi Lancer zu den Geschäftsräumen des V. Auf dem Weg dorthin gerät K aber unverschuldet

in einen Verkehrsunfall. Der Mitsubishi Lancer erleidet einen Totalschaden. Kann V von K die

Zahlung 20.000 EUR verlangen oder muss er sich 2.000 EUR anrechnen lassen? (vgl. Looschelders,

Schulrecht AT, Rn. 307 f., 403)

Fall 9: K möchte für Weihnachten Kerzen kaufen. Hierzu geht er in den Kerzenfachhandel des V. Er

kauft dort auf Rechnung 25 Wachskerzen für insgesamt 75 EUR. Die Kerzen nimmt er gleich mit. Nach

zwei Tagen erhält er die Rechnung. K entschließt sich, weil auf der Rechnung auch eine

Kontonummer steht, den Rechnungsbetrag auf das ausgewiesene Konto zu überweisen. V wendet

ein, dass er nur Bargeld wolle. Kann V von K verlangen, die 75 EUR nochmals und zwar in bar zu

zahlen?

III. Leistung erfüllungshalber

Fall 10: Im Juni 2011 kommt die H-GmbH (H), die Fertighäuser des Hochpreissegments herstellt, auf

die B-GmbH zu. Die B-GmbH (B) ist spezialisiert auf Luxus-Sanitäranlagen. B soll daher für H in ein

Fertighaus, das H für K bauen soll, Sanitäranlagen einbauen. Dies umfasst insbesondere zwei

hochwertige Rainforest-Duschen, in denen man sich nicht nur duschen, sondern auch Musik hören

und sich aromatisch therapieren lassen kann. Weiterhin soll die B auch sog. japanische Toiletten

einbauen. B ist einverstanden. Da die J-GmbH (J) für die Installation japanischer Toiletten

Marktführerin ist, wendet sich die B an die J. J erklärt sich zur Installation gegen 16.000 EUR bereit.

Nachdem die japanischen Toiletten eingebaut sind und B auch mit der Arbeit der J sehr zufrieden ist,

verlangt J von B die Zahlung von 16.000 EUR. Da B gerade in Zahlungsschwierigkeiten ist, wendet sich

B mit folgendem Schreiben an den Geschäftsführer der J:

„Sehr geehrter Herr Jakobs,

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vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8. August. Zur Begleichung Ihrer Forderung in Höhe von 16.000 EUR für den

Einbau zweier japanischer Toiletten in das Bauvorhaben Luxoria im Neubaugebiet Hollerhain in … treten wir Ihnen

unsere Forderungen gegenüber unserer Hauptunternehmerin H-GmbH in Höhe von ebenfalls 16.000 EUR ab.

Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken wir uns herzlichst.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Berti Bachel“

Der Geschäftsführer der J ist überrascht. Denn er weiß, dass H selbst in Zahlungsschwierigkeiten ist,

weil K nicht zahlen kann. Er hat sein ganzes Geld an der Börse verloren, weil er zu viele Facebook-

Aktien gekauft hat. Mit der Abtretung ist J nicht einverstanden. Dies teilt der Geschäftsführer der J

der B unverzüglich schriftlich mit und fordert zugleich die B auf, unverzüglich die 16.000 EUR

anzuweisen. Kann J von B verlangen, die 16.000 EUR zu zahlen? (vgl. OLG Stuttgart BeckRS 2009,

86022)

Zusatzfrage: Wie könnte B vorgehen, um J davon abzuhalten, die 16.000 EUR gerichtlich

einzuklagen? Welche rechtlichen Möglichkeiten stehen B zur Verfügung? Was würden Sie der B

raten?

Zusatzfrage: Wie ist zu entscheiden, wenn B für die B-GmbH nicht abtritt, sondern einen Scheck über

16.000 EUR beilegt?

IV. Leistung sicherungshalber

V. Weitere Erfüllungssurrogate

Fall 11 (nach BGH NJW 2009, 3508): Ende Juni kam es zwischen A und B zu einer tätlichen

Auseinandersetzung, wobei A einen Kieferbruch und B unter anderem eine Gehirnerschütterung

erlitt. A fordert von B Schmerzensgeld und den Ersatz seiner Heilbehandlungskosten in Höhe von

insgesamt 4.000 EUR. Dem hält B entgegen, dass auch er Schmerzensgeld und Ersatz seiner

Arztkosten in Höhe von 3.000 EUR fordere. A könne, wenn überhaupt, nur 1.000 EUR fordern. Hat B

Recht?

Beachte: Neben der Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) sind die Hinterlegung unter Verzicht auf das

Rücknahmerecht (§§ 372 ff., 378 BGB) sowie der Erlass (§ 397 BGB) sog. Erfüllungssurrogate.

B. Nebenpflichten (Ergänzungen)

Fall 12: Franz-Joseph und Elisabeth haben ein schönes Schloss in Hechingen. Der schwäbische, etwas

ungelenke Handwerker Rasputin soll eine Zentralheizung einbauen. Bereits am dritten Arbeitstag (Es

ist veranschlagt, dass der Einbau einen Monat lang dauern soll) sticht er mit einem Rohrstock in ein

Ölporträt von Erzherzogin Sophie. Der Schaden beläuft sich auf 3.000 EUR. Kurze Zeit später tritt er

mit seinen schweren Lederschuhen auf die Pfoten eines der beiden Windhunde von Elisabeth. Die

Behandlungskosten belaufen sich auf 5.000 EUR. Franz-Joseph will Ersatz für die Restaurierung des

Ölschinkens, Elisabeth für die Behandlungskosten. Beide wollen im Übrigen am Vertrag mit Rasputin

nicht länger festhalten. Er habe sich unziemlich verhalten. Wie ist die Rechtslage?

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C. Annahmeverzug

Fall 13 (Teilleistung und Annahmeverzug): Hobbygärtner H aus Tiefenbach bestellt bei V aus Sulzfeld

2000l Rosenerde (40 x 50l). V und H vereinbaren, dass V die 40 Säcke am 14.4. an H in Tiefenbach

ausliefert. Als V am 14.4. vor der Haustür des H steht, öffnet ihm niemand. Im Laufe des Tages

versucht er nochmals, die Säcke auszuliefern. Wiederum trifft er niemanden an. Kurzerhand

entschließt sich V die Säcke einfach in der Einfahrt des H abzuladen. Hierbei vergisst er aber fünf

Säcke (der insgesamt 40) auszuladen und fährt mit ihnen wieder nach Sulzfeld zurück. Auf dem

Rückweg wird V in einen Verkehrsunfall verwickelt, weil er grob fahrlässig eine rote Ampel

überfahren hat. Außerdem entdeckt D die 35 Säcke in der Einfahrt des H und wittert die Chance, an

kostenlose Rosenerde zu kommen. Er lädt die 35 Säcke in seinen Sprinter und fährt davon. Wie ist

die Rechtslage?

Fall 14 (nach Olzen/Wank, Klausurenlehre, Fall 6): Justin ist in Madonna verliebt. Für einen

romantischen Abend bestellt er beim Nobelrestaurant Czarny ein Abendessen für zwei Personen zum

Preise von 500 EUR. Czarny soll es zwischen 20 und 21 Uhr bei Justin abgeben. Der Angestellte A von

Czarny bringt das vorschriftsmäßig verpackte Menü um 20 Uhr in die Villa von Madonna, die

allerdings auf das Klingeln von A nicht öffnet. Da das Essen innerhalb einer Stunde ungenießbar wäre

und der Rücktransport zu lange dauern würde, bittet A – nach telefonischer Rücksprache mit Czarny

– die Nachbarin von Madonna, Demi, um Aufbewahrung im Backofen. Demi erklärt sich dazu bereit,

da sie weiß, dass Madonna bald zurückkommen muss. Sie stellt das Essen in den Backofen. Um 21.30

Uhr kommt Madonna zurück. Als Demi ihr das Essen übergeben will, stellt sie fest, dass der Backofen

nicht eingeschaltet war und das Essen jetzt verdorben ist. Wie ist die Rechtslage?

Schadensersatzansprüche bleiben außer Betracht.