experimentell-morphologische untersuchungen über die beziehungen zwischen der lungencapillarweite...

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Zeitschrift ffir die gesamte experimentelle Medizin, Bd. 122, S. 516--548 (1954). Aus dem Anatomischen Institut der Universit/~t Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. reed. H. I~0~.PKE). Experimentell-morphologische Untersuehungen fiber die Beziehungen zwischen der Lungencapillarweite und dem LungendehnungsgradL Voll KURT ALTM&NN. Mit 16 Textabbildungen. (Eingegangen am 16. Juli 1953.) I. Einleitung. Die LungendurchblutungsgrSGe ist sehr grol~en Schwankungen unter- worfen. Das tterzminutenvolumen kann yon etwa 6 1 in der l~uhe his auf ungef/~hr 401 bci st~rkster Muskelarbeit gesteigert werden (v. EULER, 1951). Die Bew/~ltigung eines vergrSl~erten Stromvolumens ist auf ver- schiedene Weise denkbar: 1. durch ErhShung der Durchflul3geschwindigkeit, 2. dutch VergrSGerung der Strombettkapazit/it. Unter dem Gesichtspunkte der reinen Zweckm/~Gigkeit ergib~ sich, d~G durch diese beiden MaGnahmen nicht allzuviel zu erreichen w/~re. In dem einen Falle h~tte der einzelne Erythrocyt schliel3lich zu wenig Zeit zu einem hinreichenden Gas- wechsel. In dem anderen Falle miiGten sich die Bedingungen fiir einen ausgiebigen Gasaustausch ebenfalls verschlechtern, wenigstens jenseits einer gewissen Grenze. Denn der Gef/~i3inhalt ist eine quadratische, die Gef~f~oberfl/~chedagegen, auf deren GrSl~e es entscheidend ankommt, ist eine nur ]ineare Funktion des Gef/~Bradius. Von einer gewissen Rohrweite an mfil~te sich daher das VerhMtnis yon Inhalt zu Oberfl~che zu Ungunsten der Atmung verschieben. 3. Am gfinstigsten erscheint daher eine VergrSl3erung der Kapazit/~t (unter Wahrung jener oberen Grenze) bereits durchstrSmter und die Er6/]nung in der Ruhe ausgeschalteter Capillarbezirke (,,l~eservecapil- laren"). Nehmen wir an, dal3 die Lungengef~l~weite druckpassiv eingestellt wird (G~oss~-BRocxao~F 1951), so ist eine Verbreiterung der Lungen- gef~Bbahn und erst rechg die ErSffnung zus~gzlicher Gef~13bezirke nur bei entsprechender Mehrleistung des rechten Herzens denkbar. Nehmen wir noeh hinzu, dag das reehte Schlagvolumen w~thrend der Einagmung * I-Ierrn Prof. I-Io~exE zum 65. Gebur~sgage gewidmeL

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Page 1: Experimentell-morphologische Untersuchungen über die Beziehungen zwischen der Lungencapillarweite und dem Lungendehnungsgrad

Zeitschrift ffir die gesamte experimentelle Medizin, Bd. 122, S. 516--548 (1954).

Aus dem Anatomischen Institut der Universit/~t Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. reed. H. I~0~.PKE).

Experimentell-morphologische Untersuehungen fiber die Beziehungen zwischen der Lungencapillarweite

und dem LungendehnungsgradL

Voll

KURT ALTM&NN.

Mit 16 Textabbildungen.

(Eingegangen am 16. Juli 1953.)

I. Einleitung.

Die Lungendurchblu tungsgrSGe ist sehr grol~en Schwankungen unter - worfen. Das t t e r z m i n u t e n v o l u m e n k a n n yon e twa 6 1 in der l~uhe his auf ungef/~hr 401 bci s t~rks te r Muske la rbe i t ges te iger t werden (v. EULER, 1951). Die Bew/~ltigung eines vergrSl~erten S t romvo lumens is t au f ver- schiedene Weise d e n k b a r :

1. durch E rhShung der Durchflul3geschwindigkeit , 2. du t ch VergrSGerung der S t rombe t tkapaz i t / i t .

Unter dem Gesichtspunkte der reinen Zweckm/~Gigkeit ergib~ sich, d~G durch diese beiden MaGnahmen nicht allzuviel zu erreichen w/~re. In dem einen Falle h~tte der einzelne Erythrocyt schliel3lich zu wenig Zeit zu einem hinreichenden Gas- wechsel. In dem anderen Falle miiGten sich die Bedingungen fiir einen ausgiebigen Gasaustausch ebenfalls verschlechtern, wenigstens jenseits einer gewissen Grenze. Denn der Gef/~i3inhalt ist eine quadratische, die Gef~f~oberfl/~che dagegen, auf deren GrSl~e es entscheidend ankommt, ist eine nur ]ineare Funktion des Gef/~Bradius. Von einer gewissen Rohrweite an mfil~te sich daher das VerhMtnis yon Inhalt zu Oberfl~che zu Ungunsten der Atmung verschieben.

3. A m gfinst igsten erscheint daher eine VergrSl3erung der Kapazi t /~t (unter W a h r u n g jener oberen Grenze) bere i ts du rchs t rSmte r und die Er6/]nung in der Ruhe ausgeschalteter Capillarbezirke ( , , l~eservecapil-

laren") .

Nehmen wir an, dal3 die Lungengef~l~weite d ruckpass iv e ingeste l l t wird ( G ~ o s s ~ - B R o c x a o ~ F 1951), so is t eine Verbre i t e rung der Lungen- gef~Bbahn und ers t rechg die ErSffnung zus~gzlicher Gef~13bezirke nur bei en t sprechender Mehr le is tung des rech ten Herzens denkbar . N e h m e n wir noeh hinzu, d a g das reehte Sch lagvo lumen w~thrend der E inagmung

* I-Ierrn Prof. I-Io~exE zum 65. Gebur~sgage gewidmeL

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 517

ansteigt, sowie dab die Gesamtl~nge der Lungenstrombahn dureh die inspiratorische Lungendehnung zunimmt, so ergibt sieh aus der Ab- h~ngigkeit V. l

~ ) ~ r4~_ l

dab eine VergrSgerung der Faktoren V und I nur bei ErhShung des Druekes mSglieh ist, wenn die Passagezeit unveriindert bleiben so]l. Es sieht so aus, als lieBe diese Formulierung die Tatsaehe auBer aeht, dal~ bei Druek- und Volumenzunahme aueh die Gef~tgquersehnitte waehsen. Gewig setzt ein weiteres I~ohr der StrSmung einen geringeren Widerstand entgegen. Es mug jedoeh daran gedaeht werden, dab die dureh Druek- steigerung einmal erweiterten Gef~il3e in diesem Zustande nieht frei- willig weiter verharren, sondern dag dieselben dauernd bestrebt sind sieh zu kontrahieren. Dem reehten Ventrikel f~llt daher nieht nut die Aufgabe zu, ein bestimmtes Stromvolumen zu bew~ltigen, sondern dariiber hinaus aueh eine best immte Gef~tgweite aufreeht zu erhMten. Weil bei druekpassiver Einstellung der Gef~gweite aueh der Rohrradius eine Funktion des Druekes ist, geht es nieht an anzunehmen, dag naeh Verbreiterung der Lungenstrombahn der Druek wieder absinken kann, wie das WAGNER (19351) tut.

Diesen Uberlegungen steht nun das tats/~ehliehe Verhalten der Drueke im reehten Ventrikel und in der A. pulmonalis entgegen. Die t-Ierzkathe- terung am Lebenden hat ergeben, dab der Druek im gesamten Verzwei- gungsgebiet der pulmonalen Strombahn w~ihrend der Einatmung zu- n~iehst absinkt. Wenn abet der Pulmonalisdruek trotz der inspiratori- sehen Zunahme der Sehlagvolumina abnimmt, so ist das nut mSglieh, wenn die Gef/~Be w~hrend der Einatmung alctiv weitergestellt werden.

Es ist daher zu untersuehen, was fiir Einriehtungen oder Meehanis- men im Atmungsorgan gegeben sind, welehe bei der natfirliehen Ein- a tmung eine GefaBerweiterung erm6gliehen; zum anderen, ob die der Lungendehnung parMlelgehende, aktive Weiterstellung der Gef/~Be, insbesondere der Alveolareapillaren, aueh morphologiseh erfal3- und meBbar ist. Ni t anderen Worten: Die frfiher viel diskutierte Frage, ob w~hrend des Inspiriums der StrSmungswiderstand steigt oder f~illt, mfiBte dann aueh an Hand des anatomisehen Pr~parates zu 15sen sein.

Die hierbei anzuwendende Methodik sehein~ sieh yon selbst anzu- bieten: man braueht nur Lungen versehiedener Dehnungsgrade hin- siehtlich des Blutgehaltes oder der Weite ihrer Gef~fle miteinander zu vergleiehen.

Die Lunge kann entfaltet werden entweder dureh Aufblasen yon der Trachea aus (1Jberdruekverfahren) oder dureh Erniedrigung des Druekes fiber der Augenflaehe der Lunge, wahrend deren Binnenraum mit der Atmosph/~re kommuniziert (Unterdruek- oder Druekdifferenzverfahren

35a

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518 Kv~@ ALTMAN~:

entsprechend dem Dondersschen Modell). Sehen wir von Einzelheiten, welche die beiden Methoden zun~chst als grunds~tzlich verschieden er- scheinen ]assen, vorerst eimna] ab; in einer Hinsicht zeigen beide das gleiche Ergebnis: Die Alveolarcapillaren erscheinen im mikroskopischen Bild nicht nur gestreckt, sondern auch erheblich verdtinnt, auf weite Strecken sogar vSllig kollabiert (Abb. 5). Die in ihnen enthaltenen B]ut- kSrperchen liegen vereinzelt, meist welt yon einander entfernt und in die

Abb. 1. R~t ten lunge im mmximalem Ret rgk t ionszus tand , fixiert du tch Einlegen des un- erSffneten Brus tkorbes in die Fix~tionslSslmg. Schnit tdicke 15 ~, Azan. Abb . -Ma~s tab 265:1,

auf 2/3 verkle iner t .

Gefgl]e wie eingeklemmt. Nur selten haben zwei auf dem gleichen Capil- lurquerschnitt Platz. Untersncht man dagegen eine im Xollapszustande fixierte Lunge, so finder man deren Capillarnetz allenthalben deutlich blutgeftillt. Leere und kollabierte Gefgl~abschnitte kommen praktisch nicht vor (Abb. 1 ). Wghrend in gedehnten Lungen die Alveolenscheide- wgnde vorwiegend als hanchzarte Membranen erscheinen, sind in der kollabierten Lunge die A1veolengrenzen so gut wie iiber~ll durch ery- throeytenhaltige Capillaren markiert. Man kann ans diesem Ergebnis einer dem Lungendehnungsgrade direkt proportionalen Capillarentblu- tung nur den Sehlul] ziehen, dab der inspiratorischen Lungenerweiterung eine Einengung der Gesamtlungenstrombahn parallel gehe, und CLO~TTa {1912) hat das aueh getan. So stehen die Ergebnisse der morphologischen

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Lnngencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 519

Untersuchung denen der experimentell-physiologischen entgegen. Glau- ben wir an die Richtigkeit der ersteren, so mtissen wir in Kauf nehmen, dal~ in der maximal gedehnten Lunge, bei grSBtmSglichem Sauerstoff- angebot die eapillare Durchblutung am schlechtesten ist. Demnach w~ren auch bei angespanntesten Kreislaufbedfirfnissen die Kreislaufwiderstgnde in der Lunge am hSchsten. Das aber ist veto betriebsphysiologischen Gesichtspunkte aus ein offenbarer Widersinn. Halten wir dagegen die Me~ergebnisse der Herzkatheterung und die daran gekniipften Folge- rungen ffir zutreffend, so mfissen wir bezweifeln, dab das histologische Bild einer kfinstlich gedehnten Lunge die natiirlichen Verhgltnisse wiedergibt.

Die Gewinnung des anatomischen Lungenprgparates hat die TStung des Ver- suchstieres und die ErSffnung der BrusthShle zur Voraussetzung. Schon diese ~al3- nahme verindert die normalen Verh~ltnisse in grunds~tzlicher Weise. Nimmt man noeh hinzu, dal~ die Lunge darauf erst wieder kiinstlioh gedehnt werden muD, so ist die MSgliehkeit einer Entstellung der normalen Form und die Entstehung yon Kunstprodukten zum mindesten sehr wahrscheinlich. Die Herzkatheterung dagegen wird am Lebenden bei intaktem Atemapparat ausgefiihrt. Die Gefahr einer Tiu- sehung ist dabei mit Sieherheit geringer. Es erscheint daher als eher gereehtfertigt, zun~chst einmal die VerliBliehkeit des anatomischen Priparates anzuzweifeln und zu priifen, ob die Lungenentfaltung dutch ,,Unt~rdruek" der natilrliehen Ein- atmung fiberhaupt gleichgesetzt werden daft.

II. tdber das mechanische Prinzip der normalen Lungenentfaltung 1.

Dem Vorgang der nattirlichen Einatmung sei der Mechanismus gegen- iibergestellt, welcher ~ h r e n d der ,,Inspiration" an dem bekannten Dondersschen Mode]l ablguft. Wir bezeichnen im folgenden dessen Gummiblase als Lunge, die nach auSen ffihrende RShre als Trachea und den Raum zwischen Gummiblase und Glasflasche als extrapulmonalen oder interpleuralen Raum.

Drucl~diHerenzver/ahren. Der intrapulmonale Druck ist wahrend der ,,Inspiration" eine l~on-

stante Grg/3e (Atmosphirendruck). Das Lungenvolumen ist abh~ngig yon der intra-extrapulmonalen

Druckdifferenz. Es ist mithin eine Funktion des intrapulmonalen Druckes. Daraus folgt : Eine Vo]umgnderung der Lunge ist Funktion einer Druck- ~nderung.

Es erseheint unter diesem Gesichtspunkte v611ig gleich, ob die Lunge dureh Er- niedrigung des extra- oder dureh ErhShung des intrapulmonalen Druekes erweitert wird. ,,In beiden Fallen ist es ein auf die Innenfliehen der Lungen ausgeiibter Druek, der dieselben gespannt erhilt" (BRAVE~ 1904).

1 Ftir freundliche Beratung in physikalischen Fragen bin ich Herrn Prof. Era. A. BECKER ~ (Physikalisehes Institut der Universitit Heidelberg) sowie ganz be- senders Herrn Dr. F. ENDER (Lastitut fiir Physikalische Chemie der Universitit Heidelberg) zu tiefstem Dank verpfliehtet.

35b

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5 2 0 K U R T ALTMANN:

CLOETTX (1911) hatte zwischen Uber- und Unterdruckverfahren folgende Unter- schiede als wesentlich bezeichnet:

1. Der zur Erzielung eines bestimmten Lungenvolumens erforderliche ~lber- druck ist um 30 ~o hSher als der Unterdruck, welcher die Lunge zu derselben GrSBe entfaltet.

2. Bei der Lungenblahung am lebenden Tier durch Uberdruck fallt der Carotis- druek starker ab als bei gteieher B1/~hung durch ,,Ansaugung".

Diese Unterschiede erklaren wir uns folgendermai~en: Die Aufblasung der Lunge setzt ein durchgangiges Bronchialsystem voraus. An der Kollapslunge sind die feineren Bronchiolen dutch Muskelkontraktion und Sekrete vielfach teilweise oder ganz verschlossen. Dieser Verschlu[~ mul~ daher dureh einen entsprechend hohen

C /__. a b

Abb. 2. Scheraat ische Dars te l lung der verschiedenen Lwngenentfa l tungspr inzipien. a: du tch Druck yon innen (Druckdifferenzverfahren) , b: du tch Zng yon aul3en (natfirliche Eina t -

m u n g und Vo lumkomplemen tve r f ah ren ) .

~J~berdruck gesprengt werden, wenn die Luft in die anschlieSenden Alveolargebiete eindringen soll. Zum anderen erfolgt bei diesem Vorgehen die Luftffillung der Lunge schrittweise yore Hilus nach der Peripherie zu, so da$ die peripherwarts leitenden Wege zwischen den mehr zentral gelegenen und bereits gebl~htea Partien einge- klemmt werden k6nnen. Auf diesen Umstand hat CLOETTA selbst hingewiesen. Beim Unterdruckverfahren hegen die Verhaltnisse insofern anders, als jede Druck- erniedrigung fiber der Lunge die sofortige Ausdehnung der gesamten in der Lunge eingeschlossenen Luft nach sich zieht und zwar ohne Rfieksicht darauf, ob alas Bronehialsystem iiberall durchg~ngig ist cder nicht. In der Unterdruckkammer en~faltet sieh eine Lunge in jedem Fa~e, aueh bei vSlligem TraehealverschluB.

Hinsiehtlieh des verschieden starken Carotisdruckabfalles s. S. 523.

Die Lunge wird dureh den re l a t iv hSheren i n t r a p u l m o n a l e n Druck, also yon des bronchialen und alveolaren Seite her en t fa l t e t (Abb. 2a). Der L u n g e n b i n n e n d r u c k is t dabei ein Wesentlicher F a k t o r , eine Ursache. J ede ~ n d e r u n g desselben zieht auch eine Volum/inderung der Lunge nach

sieh. Die Grund tage des Potent ia lgef~l les bei der , , Insp i ra t ion" , die Ur-

sache des Luf te ins t romes , is t eine _~nderung der Differenz zwischen dem a tmosph~r i schen und dem extrapulmonalen Druck .

Be im Donderssehen Model l bef indet s ich zwischen Lunge und T h o r a x ein gasfSrmiges Medium. Der in te rp leura le D r u e k k a n n daher ]ediglieh in Re la t i on zur A t m o s p h e r e , j edoch n iemals abso lu t nega t iv (d. h. ein

Zug) werden . Man finder in tier Liter~tur immer wieder die Ansieh~ vertreten, dab ein Unter-

druck fiber der Lunge an derselben ziehe in derselben Weise, wie das die mit der

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 521

Lunge in Kontakt befindlichen Wandbezirke bei der normalen Inspiration tun (CLo~TTA 1911). Das muB als grunds~zlicher Irrtum bezeichnet werden. Ein Gas kann immer nur driicken, aber niemals ziehen.

Nati~rliche Inspiration. Der intrapulmonale Druck ist w~hrend der Inspiration eine variable

GrS]3e. Ein seitenst~ndig an die Trachea angeschlossenes Manometer zeigt w~hrend der Einatmung subatmosph~rische Druckwerte an. Daraus folgt: Die ~nderung des intrapulmona]en Druckes w~hrend der Ein- atmung ist eine Funktion der Lungenvolumiinderung. Eine inspiratorische Senkung des intrapulmonalen Druckes ist aber nur mSglich durch eine Erweiterung des Lungenraumes yon aui]en, d .h . durch Zug vonder pleuralen Seite her (Abb. 2b). Das Lungenvolum ist in diesem Falle eine Funktion lediglich der dehnenden Kr~fte. Ver~nderungen des Lungen- binnendruckes sind hierbei nicht Ursache, sondern Folge (Beweis: Miil- lerscher Versuch).

Die Ursache des Lufteinstromes w~hrend der Einatmung ist ein Potentialgef~lle zwischen dem atmosph~rischen unddemintrapulmonalen Druck.

Zwischen Lunge und Thorax befindet sich ein flfissiges, ffir physio- logische Verh~]tnisse undehnbares Medium. Bei der Lungenentfaltung durch Zug ist der interpleurale Druck daher absolut negativ; denn nega- river Druck ist Zug.

Unter Berficksichtigung der angeffihrten Unterschiede erscheint es unzutreffend,

1. dal] unter physiologischen Bedingungen die Lunge dureh den Atmo- sph~rendruck mit der Thoraxwand und dem Zwerchfell in Kontakt er- halten und an dieselben ,,angeprel~t" werde, und

2. dab die Lungenentfaltung dutch , ,Unterdruck" der physiologischen Inspiration entspreche.

Fiir eine Lungenentfaltung, welehe der natfirlichen iihnlich sein solI, kommt daher das Druckdifferenzverfahren als Methode nicht in Betracht, weft bei demselben die Lunge sich in einem Gasraum befindet. Gase dehnen sich bekanntlich widerstandslos aus. Sie kSnnen daher niemals ~bertr~ger yon Dehnungs- oder Zugkr~tften sein, sondern nur f e s t e KSrper oder Flfissigkeiten.

Wir verfuhren daher in folgender Weise: In einem Gaszylinder mit bewegHehem Stempel (Abb. 3) befindet sich

eine mit der AuBen]uft kommunizierende Gummiblase. Der Raum zwi- schen der ]etzteren und den Zylinderwandungen ist ,,spundvoll" yon Flfissigkeit. (Die restlose Entfernung der Luft wird durch eine Stempel- bewegung gegen die Stirnfl~che des Modells bei geSffnetem Hahn H er- mSglicht.) Bei geschlossenem System ffihrt die Abwi~rtsbewegung des Stempels zu einer VergrSBerung des Zylinderraumes. Da jedoch das

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522 KURT ALT~ANN:

Volumen der Fliissigkeit konstant und die Flfissigkei~ undehnbar ist, mull es zu einer der Raumzunahme direkt proportionalen VergrSBerung der dehnbaren Blase kommen. Die Volumenzunahme der letzteren ist gleich dem ,,inspiratorischen Hub". Weft die Blase elastiseh ist, d.h. sich ent- sprechend ihrem Elastizitatsmodul der Dehnung widersetzt, besteht fol- gende Abhangigkei~: 1 Die ziehende Kraft K is~ gleich und entgegen- gerichtet dem elastisehen Widerstande der Blase. Ins Gleichgewicht setzen

sich diese beiden Krafte in der Flfissigkeit des -H Modells, deren 1Kolekiile sie voneinander zu ent-

fernen trachten. Die Fliissigkeit steht daher unter negativem Druck. Derselbe ist gleich und entgegen- gerichtet lediglich der Retraktionskraft der Blase. (Beweis: Ware der Elastizitatsmodul der ]etzteren gleich Null, so bestiinde auch kein negativer Druck in der Flfissigkeit.) Man sieht: ])as Volumen der Blase ist ausschliel~lich eine Funktion der ziehen-

i?ii:i ! i! i!i ill den Kraft K, aor nogative ])ruck in aer Fl ssig keit ist ausschliel]lich eine Funktion der Retrak- tionskraft der Blase. Der Lu/tdruck in der Blase spielt hierbei keinerlei Rolle.

In Obertragung auf den Thorax und die Lunge hat dieser Satz nur fiir physiologische Verhaltnisse unbe- schrankte Giil$igkeit. Sol] er auf unser Modell absolut auwendbar sein, so miissen folgende Vor~usse~zungen ge- macht werden:

K 1. der Dampfdruek der Fliissigkeit muB gleich Null, • 3. Schema unserer 2. die GrSBe der Adh~sionskraft zwischen der Fliissig-

Versuehsanordnung. keit un4 den dieselbe umgebenden Medien mug grSger Erklarung im Text. sein als die Retraktionskraft der Blase.

Das beschriebene Modell zeigt gegeniiber dem ])ondersschen folgende wesentllche Betriebsverschiedenheiten:

])er Druck in der Blase kann erhSht oder erniedrigt werden, ohne dal~ das Blasenvolum sieh dabei andern muff. Jede VergrSBerung des Zylinder- raumes zieht eine Drucksenkung im Innern der Blase nach sich, auch bei freier Kommunikation des Blasenlumens mit der Atmosphare. ])ieser Vorgang einer ,,inspiratorischen Senkung des infrapulmonalen Druckes bei oftener Glottis" ist am ])ondersschen Modell auf keine Weise repro- duzierbar. Wir vertreten daher die Ansieht, dab der atmospharische Luft- druck - - bei mit der Atmosphare frei kommunizierenden Lungenluft- raumen - - weder unter statischen Bedingungen an der Erhaltung des jeweiligen Lungendehnungsgrades (und damit des Kontaktes der Pleura- blather) betefligt, noch dab er under dynamisehen Bedingungen (wahrend

1 Die innere Reibung der Fliissigkeit sowie der Reibungswiderstand zwischen Stempel und Zylinderwandung bleiben unberiicksichtigt.

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der Inspira t ion) fiir die Erwei te rung des Lungenraumes verantwort l ich zu machen ist. Wir schlieBen uns g a n z v . ~r (1942) an, wel- chef be ton t hat , , ,dab die A tmungs lu f t Objekt der Verschiebung, aber n icht die ak t iv wirkende K o m p o n e n t e bei der Lungenen t f a l t ung is t" . (Es muB allerdings hinzugeffigt werden, dab dies nu r ftir die normale Lungenen t f a l tung gilt. Denn fiir den P n e u m o t h o r a x trifft die v. IV[()LLEN- DO~FFsche Formul ie rung n ich t zu.)

Die Entfaltungsvorgi~nge am Dondersschen Modell und bei der natiirliehen Ein- atmung beruhen auf grundversehiedenen Mechanismen. Setzt man diese einander gMeh, so sind Fehlsehltisse, wie z. B. der folgende, unvermeidlich: ,,Da der Pleura- raum luftleer ist . . . . wird der yon innen und auBen wirkende Luftdruek Lunge und Brnstwand aneinanderpressen, so dab auch im Pleuraspalt der gleiche Druek herr- schen mfiBte, wenn nieht im Laufe der Entwicklung elastisehe Spannungen ent- sti~nden, die yon der Lunge und dem Thorax dem i~ul3eren Luftdruck entgegen- wirkend einen unter dem atmosphgrisehen Druck liegenden Unterdruek im Pleura- raum erzeugen wtirden" (v. ]=IAYEK 1953). Dieser Satz enthalt unseres Erachtens eine logisehe UnmSglichkeit. Denn entweder ist der Lungendehnungsgrad (und damit aueh die elastisehe Lungenspannung) eine Funktion des interpleuralen Unter- druckes (DoEDEnS), oder aber der negative Druek im InterpleurMspalt ist eine Funktion des Lungendehnungsgrades, d. h. der Lungenspannung. Es kann die letztere in dem gleichen Kausalzusammenhange niemals Ursaehe und Folge zugMch sein.

l I I . Das Verhalten der Lungengef~iile.

Es wurde bereits eingangs darauf hingewiesen, dab zwisehen der Uber- und der Unterdruckentfaltung der Lunge gewisse, scheinbar wesentliche Unterschiede be- stehen. Neben dem bereits auf S. 520 Besprochenen hat CLOETTA (1911) darauf auf- merksam gemacht, dab bei Lungenbl/~hung durch Uberdruck der BlutdurchfluB stfirker behindert werde als bei der Beatmung durch Unterdruck. Die histologischen Pr/~parate, welche CLOETTA abgebi]det hat, zeigen, dab die Capillaren dutch Unter- druck gedehnter Lungen einen re]ativ hSheren Blutzellgehalt und eine relativ grSBere Weite besitzen als die Capillaren ,,aufgeb]asener" Lungen. CLOETTA hat hierin eine Erkl/~rung daftir gesehen, dab bei der B1/~hung durch (~berdruck der Carotisdruek st/~rker abf/~l]t als bei der ,,Ansaugung" durch Unterdruck (s. S. 520) und daraus geschlossen, ,,dab I~oerdruck und Unterdruck physiologisch unmSg- lich gleichwertig sein kSnnen" (1911). Dazu ist folgendes zu bemerken: Zur Ent- faltung der Lunge durch Oberdruck ist eine um 30 ~ grSgere Druckdifferenz nStig als zur .Erreichung der gMchen Lungenvolumenzunahme dureh Unterdruck (s.S.520). Es versteht sich daher yon selbst, dab in dem ersteren Falle die Lungencapillaren st/~rkbr komprimiert werden miissen. Es ist augerdem yon Wichtigkeit, dab CLOETTA ledig]ieh die in Plethysmographen eingesehlossenen Lungen em Unterdruek aus- setzte, w~hrend der gesamte iibrige Kreislauf und das Herz unter Atmosphi~ren- druck verb]ieben. Auf diese Weise entstand bei der ,,Inspiration" fOr das Blur ein gewisses lungenws Stremungsgef~lle, welches bei der Uberdruekbeatmung natiirlich fehlen muBte.

Es darf nieht vergessen werden, dab die beschriebenen hs Unterschiede zwisehen den beiden Verfahren nur dann gegeben sind, wenn die Lunge (oder der Thorax) allein dem Unterdruek ausgesetzt wird. Bei den kliniseh angewandten Methoden (Sauerbruchsehe Unterdruekkammer, Eiserne Lunge) dagegen ist der gesamte KSrperkreislauf, allein der Kopf ausgenommen, demselben Drueke unterworfen wie die Thoraxoberfl~che. Es kommt daher nicht nur das

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524 KURT ALTMANN:

thoraxwarts gerichtete Str6mungsgef~lle ffir das Blur in Wegfall, sondern es wird dariiber hinaus die Lunge w~hrend der ,,Inspiration" yon innen her ausgepreBt, weft der Druck in der Lunge h5her ist als der Druck fiber fast dem gesamten fibrigen KSrper. Man mu$ sich also wirklich fragen, mit welchem Recht die Unberdruck- atmung als ,,die natfirlichere" (REI~ 1947) bezeichnet wird.

Das dem ?~Vber- und dem Unterdruckverfahren Gemeinsame besteht darin, da$ in beiden F~llen die entfaltete Lunge schlechter durehblutet wird als die Kollaps- lunge. Die von CLOETTA und auch von BI~V~s (1912) festgestellten Unterschiede sind daher nur gradueller, abcr nicht prinzipieller Natur. Dagegen besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden genannten Verfahren und der natfir- lichen Einatmung, wie die fo]gende Gegeniiberstellung zeigt.

Druckdi]]erenzverfahren.

Wir gehen yon folgender Ausgangs]age aus: Die Arterie einer in der Dondersschen Flasche montierten Lunge werde (nach Unterbindung der Vene) angeschlossen an ein auBerhalb befindliches Niveaugef/~l~, auf dessert F]fissigkeit der Atmosph~rendruck wirke. Hydrostatische Druckunter- schiede zwischen dem Niveaugef~l~ und der Lunge seien ausgeschaltet. Wird nun um die Lunge herum ein entsprechender Unterdruck angelegt, so ergibt sieh ein Potentia]gef~lle nicht nur ffir die Luft, sondern auch ffir die Fliissigkeit. Es kommt daher w~hrend der Druckerniedrigung auch zu einem Flfissigkeitseinstrom in die Lunge und zu einer Fiillungs- zunahme ihres Gef~$systems. Die Gr61~e des Pulmonalisdruekes ist in diesem Falle stets gleich dem Atmosph~rendruck 1, also konstant (analog dem Verhalten des intrapulmon~len Luftdruekes, s. S. 519 f.). Eine Ver- grSl~erung der Gef~$kapazit~tt ist nur mSglich dureh Zunahme der intra- extrapulmonalen Druekdifferenz oder dureh Steigerung des Pulmonalis- druckes (Heben des Niveaugef~l~es). Die Ge]i~[3weite (der Strombahn- querschnitt) ist in beiden F/~llen eine Funktion des Pulmonalisdruckes.

Nati~rliche Inspiration.

Der Pulmonalisdruek f~tllt w/s der Einatmung zun~chst ab. Das ist um so bemerkenswerter, als das rechte Sehlagvolumen inspiratoriseh ansteigt. Der Pulmonalisdruek ist g]eieh dem Produkt von Volumen und Widerstand,

p = V . W .

des Widerstandes ist (nach der Hagen-Poiseuilleschen Die Gr513e Gleichung)

l W = - - K ,

7 .4

wobei die fiir eine bestimmte Flfissigkeit unver~nderliehen Gr5ften in dem Faktor K zusammengefal~t sind. F~llt, wie das die Iterzkatheterung ge- zeigt hat, bei der natiirlichen Inspiration trotz Zunahme des rechten

1 I-Iydrostatisehe Druckunterschiede innerh~lb tier Lunge bleiben dabei un- berficksichtigt.

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Lungcncapillarweite und Lungendehnungsgrad. 525

Schlagvolumens und trotz L~ngenzunahme des Lungengef~sys tems der Pulmonalisdruck ab, so ist das nur durch Vergr5i~erung des Strombahn- querschnittes, d .h . der Gef~ti~radien mSglich. Das aber bedeutet, dab w~hrend der natfirlichen Einatmung die Lungengefi~l~e radi~r gedehnt werden. Der Pulmonalisdruclc ist in diesem Falle eine Funktion der Ge/i~fl. weite. Der Vorgang einer Gef~Berweiterung durch Zug an der Ge/Sflwand soll durch das folgende Schema veranschaulicht werden (Abb. 4).

])urch das Lumen unseres Modells sei ein elastischer Schlauch geftihrt und an ein N i v e a u g e f ~ angeschlos- sen. Die Flfissigkeit des letzteren stehe unter Atmosph~rendruck, hv- drostatische Druckunterschiede seien ausgeschaltet. Wird das Volumen des Zylinders vergr61~ert, so greift die dehnende Kraf t K nicht nur an der Blase, sondern in derselbenWeise auch an dem Schlauche an. Die Volumzunahme des Schlauches h~ngt dann ab 1. yon der GrSl3e des Nach- flusses, und 2. vom elastischenWider- stande der Blase. Is t der letztere gleich Null, so erfolgt keine Erwei- terung des Schlauches. I s t dagegen der Elastizit~tsmodul der Blase gleich unendlich, so mul~ der Volum- zunahme des Zylinders der Schlauch Abb. 4. Die schemat isehe Dars te l lung zeigt,

wie die Alveolen- u n 4 die G e f ~ d e h n u n g s - in vollem Ausmal~e folgen. Die Er- gr6~en sich gegensei/~ig beeinilussen. N~here

Erklg~rung im Text . weiterung der Blase ist in derselben Weise abhi~ngig vom Dehnungswiderstand des Schlauches. Es ist daher

1. Vo].-Zunahme Zylinaer ---- Vol.-Zunahme Blase + Vol.-Zunahme Schlaueh

( Elastiziti~tsmodul Seh]aueh~ Vol.-Zunahme Blase = / Elastizit~tsmodul Blase ] 2. Vol.-Zunahme Schlaueh

d.h. dasVerh~ltnis der Vo]umzunahmen ist eine Funktion des reziproken Verh~ltnisses der Elastizit~tsmoduln.

In ~ber t ragung auf die Lunge: Das Lungengesamtvolumen ist die Summe yon Luft- und Gefggraum. Die beiden letzteren sind komplemen- tgre GrSl]en. Das AusmaI~ der inspiratorischen GefgBerweiterung wird nach dem obigen wesentlich mi tbes t immt yon dem elastischen VerhMten des Alveolarapparates. Diese fiir die pathologische Physiologie und die Klinik der Lungenkrankheiten (Emphysem, Pneumonie, LungenSdem, Lungenstauung) entscheidend wichtige Tatsache kann hier nur angedeutet

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526 KS~T ALTMAS~:

werden. Ihre ausftihrliche Behandlung ist einer besonderen Arbeit vorbehalten.

Zur Gewinnung der welter unten beschriebenen Pr~parate diente das Modell der Abb. 3 in folgender Abwandlung: An Stelle des beweglichen Stempels wurde der Zylinder an seinem unteren Ende vermitte]s eines durchbohrten Gummistopfens verschlossen. Durch die Bohrung ffihrte ein G]asrohr. Dasselbe wurde durch eine kurze Schlauehleitung an eine Rekordspritze angeschlossen. Die Gummiblase des Modells wurde dutch einen isolierten Rat ten thorax ersetzt. Der Zy]inder, die AusfluGleitung zur Spritze so~ie ein gewisses Volumen der ]etzteren (etwa 1 ml) wurden vSllig luftblasenfrei mit TyrodelSsung als Sperrfltissigkeit geffillt.

Wird nun der Stempel der Spritze angezogen, so ergibt sich folgende Ausgangs]age: Das Volumen des Zy]inders bleibt konstant, die Fliissig- keitsmenge innerhalb des Zylinders wird vermindert. Da die Sperrflfissig- keit undehnbar ist, mug der Thorax an Volumen zunehmen und zwar genau proportional der aus dem Zylinder abgezogenen F]iissigkeitsmenge Da Thorax- und Fltissigkeitsvolumen zusammen das Zylindervolumen ergeben, d.h. komplement~ire GrSGen sind, wurde die Versuchsanordnung vorschlagsweise als Volumkomplementverfahren bezeichnet.

Dasselbe bietet den groBen Vorteil einer genau dosierbaren, der natfirlichen (al]erdings rein diaphragmalen) Einatmung weitgehend entsprechenden Lungen. erweiterung. Die beim Druckdifferenzverfahren notwendige Messung yon Drueken entfallt, die Berfieksichtigung der elastisehen Widerstgnde der bewegten Teile (we]ehe sowieso hie genau ermittelt werden kSnnen und daher einen groBen Un- sicherheitsfaktor darstellen), erfibrigt sich. Mit der beschriebenen Versuehsanord- hung k6nnen aueh besondere Atmungsvorggnge nachgeahmt werden, so z. B. s~mt- liche Grade einer inspiratorischen Stenose einschlieB]ich des Mfillersehen Versuches. Die Lungenerweiterung ist hierbei allein abh~ngig yon tier dehnenden Kraft, der intrapulmonale Druck hat darauf keinerlei EinfluB. (Verg]eichende Messungen mit einem an die Traehealkanfile endst~ndig angeschlossenen Manometer erg~ben bei einer Lungenvolumzunahme um 10 ml eine Erniedrigung des Lungenbinnendruekes yon rund 90 Torr gegentiber der Atmosphgre.)

Unsere Frageste]lung war auf das inspiratorische Verhalten der LungengefiiGe gerichtet. Da dieselben yon einem nndehnbaren Inha]t er- fiillt sind, kann eine Volumzunahme (Erweiterung and Verl~ngerung) nur nach MaGgabe des 1Xaehflusses erfolgen. Dureh den StirnverschluB des Modells (Abb. 3) wurde daher auger der Traehealkanfile noch eine ZufluGleitung geftihrt. Diese endigte in einer Kaniile, welehe durch die untere Hohlvene bis in den rechten Vorhof eingeschoben and unterhalb des unverletzten Zwerchfells lest eingebunden wurde. Als Injektions- flfissigkeit diente eine TuschelSsung.

Die tote Lunge reagiert auf meehanische Einwirkungen auf rein mechanisehe Weise, d .h . naeh MaBgabe der elastischen Widerstgnde ihrer einzelnen Bauelemente. Die muskulgre Steuerung der el~stischen

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 527

Widerst~nde von Gef~Bapparat einerseits, yon Bronchial- und Alveolar- apparat andererseits sowie deren regulative Abstimmung aufeinander entf~llt. Die oben erw~hnte Korrelation zwischen Gef~Bweite und Deh- nungswiderstand des A]veolarapparates machte es daher notwendig, den Gef~Beinlauf unter einem gewissen Druck vorzunehmen. Dieser wurde mit rund 20 em Wasser absiehtlieh niedriger gehalten als der un- gef~hre normale Pulmonalisdruck. (Uber weitere Einzelheiten der Ver- suehsanordnung s. ALTMA~ 1953).

Die auf diese Weise entfalteten und ~njizierten Lungen zeigten wesent- liche Formverschiedenheiten gegeniiber solehen, welehe durch das Druek- differenzverfahren inspiriert worden waren. Die Untersehiede sollen an Hand einer Gegenfiberstellung beschrieben werden.

Druclcdi /]erenzver/ahren. 1. Die Entfaltung ist in den verschiedenen Abschnitten der Lunge

ganz ungleich. Neben noch nahezu kollabierten Bezirken finder man nach- gerade emphysematSs fiberbl~ihte Lungenteile (Abb. 5).

2. Die kleineren ~ste des Bronehialbaumes sind nicht alle gedehnt, sondern zum Teil auch kontrahiert (Faltung der Schleimhaut, stern- fSrmiges Lumen).

3. Die Anschnitte der Alveolen sind vorwiegend polygonal. ,,Wo mehr als zwei Alveo]en aneinander grenzen, finden sich in der Regel keine Substanzverdickungen, welche nStig wi~ren, um etwa drei Kugelfl~chen aneinander grenzen zu lassen" (v. M6LLE~DORFF 1942).

4. Die Alveolenscheidew~nde erscheinen hi~ufig sehr zart und gef~Bfrei, die Capillaren auf weite Strecken kollabiert. Die in ihnen gelegenen Ery- throeyten liegen fast ausnahmslos vereinzett und mehr oder weniger weit voneinander entfernt. ]:)as Blut ist aus den Capillaren in den venSsen Schenkel hinfibergedrfickt, die postcapillaren Venen sind strotzend davon erffillt.

Volumlcomplementver/ahren. 1. Die Lunge ist sehr gleichm~Big entfaltet. 2. S~mtliche Aste des Bronchialbaumes erscheinen im Anschnitt glatt-

wandig, sternfSrmige Bronch~alquerschnitte fehlen. 3. Die Anschnitte der Alveolen sind vorwiegend Kreissegmente oder

angen~hert Kreise (Abb. 6). Grenzen mehr als zwei Alveolen aneinander, so finden sieh dazwischen deutliehe Substanzzwickel (Abb. 7). Wir sehen uns daher zu der Annahme veranlaBt, dab die Alveolen normMerweise tatsiichlich kugelsegmentghnliche KSrper darstellen und dab die yon v. M6LLENDO~FF (1942) behauptete Polyederform ein Kunstprodukt ist.

4. Die Alveolenscheidewiinde sind im histologischen Schnitt durchaus nicht zart, sondern im Gegenteil h~ufig sehr breit (Abb. 7). Die Capillaren

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5 2 8 K U R T A L T M A N N :

sind fiberall deutlich entfaltet und blut- bzw. tusehegeffillt. Sie sind h~ufig so welt, dal3 such drei Erythrocyten gut nebeneinander Platz finden.

Die mit dem Druckdifferenz- und dent VolumkomplementYerfahren erzielten Ergebnisse sind also sehr deutlich voneinander versehieden.

A b b . 5. R a t t e n h m g e , a u s d e m m a x i m a l e n R e t r a k t i o n s z u s t a n d e u m n n g e f g h r 6 n d d u r c h alas D r u c k d i f f e r e n z v e r f a h r e n g e d e h n t . D u t c h d ie obe re Bildhg~lfte g e h t q u e r e ine L~ ,ppchen- g r e n z e . Z u b e a c h t e n i s t d ie u n t e r s c h i e d l i c h e D e h n n n g des L u n g e n g e w e b e s obe r - u n d u n t e r - h a l b d e r s e l b e n . B r e i t e t ier A l v e o l e n s c h e i d e w ~ , n d e u n d tier i n t e r a l v e o l a r e n Z w i s c h e n r f i a m e d e u t l i c h v e r s c h i e d e n . A l v e o l e n i n d e r n n t e r e n B i l d h h l f t e v o r w i e g e n d p o l y g o n a l begrenz~ .

S c h n i t t d i c k e 10 s , A z a n . A b b . - M a l 3 s t a b 87 ,5 :1 , aus 1/._, v e r k l e i n e r t .

A b b . 6. R a t t e n l u n g e , a u s m a x i m a l e r R e t r a k t i o n u r a 6 m l g e d e h n t d u r c h d a s V o l u m k o m p l e - m e n t v e r f a h r e n . A l v e o l e n v o r w i e g e n d k r e i s - o d e r k r e i s s e g m e n t f 6 r m i g . T u s c h e e i n l a u f b i s in d ie g r S B e r e n G e f ~ 2 e v o r g e d r u n g e n . D i e k l e i n e r e n G e f ~ 2 e u n d die C a p i l l a r e n s i n d f i be r a l l

b lu tge f f i l l t . S c h n i t t d i c k e 20 S, Abb.-32ial~stab 87 ,5 :1 , a u f ~,, v e r k l e i n e r t .

Wir zweifeln daher nicht daran, dab auch zwischen den Mechanismen der normalen Einatmung und der ,,Inspiration!' dureh Unterdruek ein prinzipeller Unterschied besteht. Auf die gegenss kreislauf- meehanischen Konsequenzen der beiden Entfaltungsurten soll weiter unten eingeg~ngen werden.

Aus dem Vergleich der Abb. 1 (maximal exspirierte Lunge) mit der Abb. 7 (aus der maxima]en Exspirationsstellung um 6 ml gedehnte Lunge) geht einwandfrei hervor, dal~ die Capillaren trotz Dehnung deutlieh

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Lungeneapillarweite und Lungendehnungsgrad. 529

weiter geworden sind. Es ist damit wohl bewiesen, daft eine L/ingen- zunahme der Lungengef~fte durehaus nieht von einer gleiehzeitigen Lumenabnahme begleitet sein muft, wie dies mehrfaeh behauptet wnrde (Literatur bei TIGERSTV, DT 1923; WAG?CER, S. unten). Wir leiten vielmehr aus unseren experimentellen Ergebnissen ab, da6 in der Lunge meeha-

A b b . 7. A u s s c h n i t t a u s d e r A b b . 6. Z u b e a c h t e n i s t d ie e r h e b l i c h e V e r g r 5 6 e r u n g d e r A l v e o l e n g e g e n f i b e r d e r A b b . 1 . D ie A l v e o l e n s c h e i d e w ~ n d e u n d d ie i n t e r a l v e o l ~ r e n G e w e b s z w i c k e l s i n d t r o t z d e r D e h n u n g d e u t l i c h v c r b r e i t e r t . C a p i l l a r e n f i be r a l l b lu tge f f i l l t . S c h n i t t d i c k e 20 ~,

A z a n . A b b . - l ~ a ] s t a b 2 6 5 : 1 , a u f 2/a v e r k l e i n e r t .

nische Einrichtungen gegeben sind, welche eine Gef~Bverengerung wgh- rend der Einatmung nicht nur verhindern, sondern welche im Gegenteil eine der Vergr66erung der Atemfl~she entspreehende Gef~fterweiterung und die ErSffnung zus~Ltzlieher Capillargebiete bewirken, ja geradezu erzwingen.

Dafiir kommen in Betracht (Abb. 9):

1. die inspiratorische Weiterstellung des gesamten bindegewebigen Masehengitters der Lunge dureh den vonde r Pleuraseite her angreifenden Erweiterungszug (Pfeile 1).

Es spielt dabei keine Rolle, ob die Gefgfle in ihrer Nachbarschaft geweblich ver- verankert oder yon derselben durch flfissigkeitserftillte Zwischenraume (sog. peri- arterielle Lymphr~Lume, v. HAYEX 1953) getrennt sind. Denn der Erweiterungszug wird durch die undehnbare Flfissigkeit auf die Gefggaugenwand genau so gut fiber- tragen wie durch zugfeste Gewebselemente. Die ZugfiberLragung dureh Flfissigkei* hat sogar den Vorteil, dab keine besondere Zugriehtung bevorzugt werden kann,

Z. e x p e r . ~Ied . , B d . 122. 36

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530 Kv~T ALT~ANN:

sondern dab der Zug ein allseitiger ist. Dadurch werden Deibrmationen vermieden, der Rohrquerschni t t bleibt kreisfSrmig.

2. D e r R e t r a k t i o n s z u g d e r A l v e o l e n (Pfe i le 2). D i e s e r s e t z t s i ch zu-

s a m m e n a u s d e r S p a n n u n g d e r e l a s t i s c h e n W a n d e ] e m e n t e d e r L u n g e n -

b l ~ s c h e n u n d d e r e b e n f a ] l s i m S i n n e e i n e r A ] v e o l e n v e r k l e i n e r u n g w i r k e n -

d e n O b e r f l ~ i c h e n s p a n n u n g a n

d e r Grenz f l i t che L u f t - P r o t o -

p ] a s m a m e m b r a n (v. NEnR-

GAAI~D 1929).

3. D e s e x t r a - i n t r a t h o r a k a l e

Druckge f i i l l e f i i r d ie Ze i t , i n

w e l c h e r d e r L u f t d r u c k in d e n

A l v e o l e n n i e d r i g e r i s t als d e r

a t m o s p h i i r i s c h e .

Die Wirkung der Faktoren 1 und 2 lgBt sich auf folgende Weise demonstr ieren: Bei Aufnahmen im II . schrggen Durchmesser wird ein grol~er Toil der LungengefgBe ortho- rSntenographisch getroffen und als punktf6rmige Sehat ten abgebildet. Dieselben sind an geniigend t ier inspirierten Lungen deutlich grSl~er und zahlreieher als an exspirierten. Naeh tiefstmSglicher E ina tmung sind die Lungenfelder devon ge- radczu iibers~it. - - A m besten ,,schieBt" man die Aufnahmen im

Abb. 8. Dutch des Volumkomplementverfahren Atemsti l ls tand bei o]/ener Glottis urn 10 ml gedehnte Rattenlunge. Tuscheeinlau/ (Ausgleich des extra- intrathora- bis in die Capillaren vorgeclrungen. Alveolenform kalen Druckgefiilles, wodureh die trotz beinahe doppelter Deh~ungszunahme gegen- fiber Abb. 6 nicht verandert. Dagegen ist die Wirkung des Faktors 3 ausgeschal- dm, ehschnittliche Breite tier Alveolenseheide- te t wird), nachdem man 3 ~ tlerz- w~nde un d die Gr5ile tier interalveol~ren Gewebs- zwiekel im Vergleieh mit der Abb. 6 deutlieh ver- sehl~ige abgewartet hat. mindert (s. S. 545). Trotzdem koramen aueh bei dieser starken 13berdehnung der Lunge keine lee- Leider erlauben die Aufnahmen ren Capillaren vor (vgl. hierzu Abb. 5). Schnitt-

dieke 20 /~, Azan. Abb.-Mallstab 87,5:1, der Lunge in Exspirationslage auf ~/~ verkleinert, ihrer I)ichte wegen keine verldei-

nernde geprodukt ion , well dabei alle feineren Details verlorengehen. Auf einen Abbildungsbeleg muBte daher verzichtet werden.

Die Wirkung des extra- int ra thorakalen Druckgefiilles wiihrend tier Dauer der E ina tmung (Faktor 3) wird am besten veranschaulicht durch den Mfil]erschen Vet- such im l~Sn~genbild (Abb. 10). Die Lungendehnung un4 damit der an den Gef~l~en angreifende Erweiterungszug nimmt, verglichen mi t der tiefstmSglichen Inspirat ion, dabei verh~iltnism~illig wenig zu. Die beachtliehe Verbrei~erung der Herzfigur sowie die auffallend vermehrte Lungenzeichnung (Abb. 10b) sind daher haupts~ehlieh auf die druckpassive ~'iillungszunahme des rechten Ventrikels un4 der Lungen- gef~tle zurfickzuffihren.

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Lungeneapillarweite und Lungendehnungsgrad. 531

Die Fak to ren 1 u n d 2 erweitern die Lungengef~13e dureh Zug an deren Augenwandung , der dr i t te Fak to r dagegen wirkt im Sinne einer Radigr- dehnung der Gefggrohre du tch Druek auf deren I n n e n w a n d u n g . (Druek- passive Erwei te rung dutch den Blutdruek, in der Abb. 9 nieht einge- zeiehnet.) Die un te r 2 genann t en Krgf te sind die aussehlaggebenden. Das geht aueh aus den auf S. 525 gemaehten Ausf i ihrungen hervor.

Der auf die Oberflgehenspannung zuriiekzufiihrende Retraktionszug der Alveolen ist dem Alveolenradius um- gekehrt proportional entspreehend der Abh/~ngigkeit

2~

/) R Daraus ergibt sieh, dag die die Ge-

f~l?e von augen erweiternden KrS.fte bei der Lungenentdehnung wfihrend der Ausatmung, d. h. bei fallendem Elastizi~gtsmodul der Lungengewebs- elemente, nieht abzunehmen brauehen, sondern ungef~hr konstant erhalten werden, ja sogar zunehmen k6nnen (s. 8. 542).

Es bedarf keines besonderen Hin- weises darauf, dab die unter 2 genann- ten Krgfte nieht nur auf die Lungen- gef~ge, sondern auch in derse]ben Weise auch auf den gesamten Bron-

.~bb. 9. Das Schema zeigt drei Alveolen im Sehnitt. In dem eingesehlossenen Gewebs- zwickel ein Gef~B. Die Kr~ifte, welehe dasselbe ~t-tu'ch Zug an der Aul~enws.nd erweitern, sind dureh Pfeile eingetragen. Ubrige Erklgrung

im Text.

chialapparat einwirken im Sinne einer inspiratorisehen Dilatation. Wahrend bei der normalen Einatmung die Luft allenthalben in offene Leitungswege ein- str6mt, miissen bei der Unterdruekentfaltung der Lunge (und aueh beim Pneu- mothorax, s. unten) die Bronehialrohre druclcpassiv er6ffnet werden. Das gesehieht keineswegs in der gesamten Lunge gleiehm~Big. Es ist daher ohne weiteres zu ver- stehen, dab bei der Unterdruekbeatmung die an durehggngige Bronehialleitungen angesehlossenen Alveolarbezirke bedeutend stgrker erweitert werden als solehe, welehe mit der Aul?enluft nieht in Verbindung stehen. Das Nebeneinander yon praktiseh noeh kollabierten und stark iiberblghten Lungenteilen wlrd so verstgnd- lieh. Im Zusammenhang mit dem auf S. 520 Gesagten mug daran gedaeht werden, dab bei der Unterdruekentfaltung der Lunge ,,Erweiterung '~ aller Teile durehaus nieht aueh ,,Ventilation" aller Teile zu bedeuten braueht.

Die akt ive Di la ta t ion der ex t ra thoraka l gelegenen Absehni t te des grogen Kreislaufes ist eine immer noeh offene Frage. I m kle inen Kre is lauf da- gegen ist sie mi t Sieherheit gegeben. I m groBen Kre is lauf mug das B l u t sieh seinen Weg selbst bahnen. Die Erwei te rung bereits durehs t rSmter und die Er6ffnung zusgtzlieher Gef/~Bbezirke ist aussehlieglieh eine Frage des Blutdruekes . h n kleinen Kreislaufe dagegen werden die Gefgge dureh die oben besehriebenen E in r i eh tungen dauernd often gehalten. Die Strom- bahnbre i te wird wesentlieh beeinfluBt vom Lungendehnungsgrade und der L u n g e n s p a n n u n g . Die Gefggweite ist diesen beiden GrSl3en, insbe- sondere dem Lungenelas t iz i tg tsmodul , direkt proport ional .

36*

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5 3 2 KUI~T ALTMANN :

Abb. lOau. b. a) Thorax in mi t t l e re r Inspirationsstellungbe~p]/ener Glottis. Aus dieser Stel lung herans erfolgte bei geschlossener Glottis eine m a x i m a l e Insp i ra t ionsans t rengung . b) Deut l iche Z u n a h m e 4er Lung'enzeichnun~ 4~u'eh v e r m e h r t e Gef~%fif(illung, gegeniiber a ve rb re i t e r t e Herzfigm-. N~%heres siehe Text . Die beiden A u f n a h m e n wurden bei genau gleichen teehnischen Da t en (R6hrenabs tand , Belichtung, E n t w i c k h n g s z e i t ) unmi t t e lb~r nache inander gemach t .

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Lungeneapillarweite und Lungendehnungsgrad. 533

Uber Ausnahmen hiervon, fiber Momente und Krgfte, welche diese Verh/~ltnisse modifizieren, s. S. 544f.

Diese Sonderstellung des kleinen Kreislaufes erkl~rt sowohl die rela- tive Niedrigkeit der mittleren Pulmonalisdrucke als auch die Erscheinung, dab die Maximaldrucke inspiratorisch gelegener Systolen des rechten Ventrikels die HShe der ins Exspirium fallenden Ventrikeldrucke nicht nur nicht iibersteigen, sondern deutlieh kleiner sein kSnnen (s. S. 537f), trotzdem das rechte Schlagvolumen wAhrend der Einatmung erhSht ist. Die auffallende Differenz der Wandst~rken beider Ventrikel finder eine Erklarung in der Tatsaehe, dab die rechte Kammer ihr Blur in ein dauernd offengeha]tenes bzw. sogar sieh erweiterndes Gef/~l]netz hinein ergieBt. Der Meinung, dab die an den rechten Ventrikel gestellten An- forderungen deswegen geringer seien, weil der kleine Kreis]auf viel kiirzer ist als der groBe, kSnnen wir uns nicht uneingeschr~nkt anschlieBen. Es zeigt sich n~mlieh, da6 bei Entfaltung der Lunge nach dem der normalen Inspiration entgegengesetzten Prinzip (Unterdruekatmung) auch die Kreis]aufverhaltnisse sich grundlegend /~ndern. Ein doppelseitiger Pneumothorax kann, wenn er nur lange genug besteht, schlieBlieh ein Cor pulmonale im Gefolge haben (GaossE-B~ooKItOFr 1952). Eine Be- grfindung hierftir soll im folgenden versueht werden.

IV. Der t~neumothor~x. Die Mechanik der Lungenventilation und -durchblutung beim Pneu-

mothorax stellen wir uns folgenderma~en vor: Infolge der Einschaltung eines unbegrenzt dehnungsf/ihigen Mediums

zwischen Lungen- und Wandpleura kSnnen auf die Lunge keinerlei Zug- wirkungen mehr ausge/ibt werden. Die Lunge wird dureh Unterdruck entsprechend dem Donderssehen Mode]l entfaltet, d.h. vonde r bron- ehia]en und alveolaren Seite her aufgeblasen (Abb. 2a). Eine die Gef~Be von auBen her dilatierende Kraft (Abb. 9, Pfeile 2)besteht nicht mehr. Die Gef/~Berweiterung kann nur noch vom Gef~Blumen aus durch den Blutdruek erfolgen.

Ein- und doppelseitiger Pneumothorax bediirfen einer gesonderten Betraehtung, weil die beiden hinsichtlich ihrer kreislaufmechanischen Konsequenzen voneinander grunds~ttzlich verschieden sind. Bei ein- seitigem Pneumothorax geht die Atmung auf der gesunden Seite in durchaus normaler Weise welter, d. h. die Gef/i6e werden offengehalten, der Bluteinstrom ist wghrend der Einatmung erleiehtert. Die ,,inspira- torisehe" Entfaltung der Pneumothoraxlunge dagegen, welche dutch die relative ErhShung des Alveo]endruckes erfolgt, bedingt eine Ver- formung der Lungenbl~schen zu Polyedern sowie eine Kompression der interalveol/iren t~/~ume und Gef/~6e. F/ir den Blutstrom besteht daher eine lgechts-Linksverschiedenheit der Abstromwiderst~nde, und das BIut wird vornehmlieh in t~iehtung des geringsten Widerstandes, also

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534 KUI~T ALTMANN :

naeh der normal inspirierten Lunge hin abfiieBen. ,,Wird ein einseitiger Pneumothorax angelegt . . . . so str6mt mehr Blur Ms zuvor naeh der gesunden Seite hin ab. R6ntgenologiseh 1/~13 t sieh diese stark vermehrte Blutmenge in der gesunden Lunge dureh die auffaltende Zunahme der Lungengef/~13zeiehnung naehweisen, die so stark zu sein vermag, dal3 die f~6ntgenkontrolle der gesunden Lunge nahezu oder ganz unm/Sglieh wird" (DUKE~ 1930).

Ffir den doppelseitigen (partiellen) Pneumothorax dagegen gelten andere Bedingungen. Hier ist der Entfaltungsmodus gegentiber dem NormMen bei beiden L~ngen invers. Der Bluteinstrom ist inspiratoriseh ersehwert infolg e der Verengerung der Capillaren (Abb. 5 sowie CLO]~TTa 1911 u. 1912). Der reehte Ventrikel muB daher stets ,,stromaufw/irts" 10uml0en. Hieraus erkl~irt sieh die M e h r - u n d sehlieglieh die Uber- belastung des reehten I-Ierzens, wenn der doppelseitige Pneumothorax lange genug besteht.

Mit diesen ~berlegungen stehen in guter (Tbereinstimmung die beim ein- und doppelsei~igen Pneumothorax versehiedenen Ver~nderungen der Sauerstoffsiittigung des ~rgeriellen Blutes (GRossE-BROeKHO~F 1952). Bei 8 Patienten (mit ausgedehnter doppelseitiger Tuberkulose) wurde ein bereits bestehendes mittleres Of Defizit yon 7,5% dureh die Anlage eines einseigigen ther~peutisehen Pneumothorax nieht ver- gr6Bert. Bei weiteren 9 Patienten mit ebenfalls doppelseitiger Tbe. dagegen wurde dureh die Anlage des doppelseitigen Pneumothorax ein bereits bestehendes mittleres Ou-Defizit yon 5~o auf 9,1~o erhSht. Diese untersehiediichen ]~olgen des Pneu- mothorax werden wohl weniger auf verschieden grebe Einschr~nkung der Atem- fliiche, als vielmehr ~uf die versehiedene Beeinflussung der str6mungs- und atem- meeh~nisehen Voraussetzungen zuriickzufiihren sein. Beim doppelseitigen Pneu- mothorax ist die eindeutige Versehlechterung des Gasaustausches in zwei Griinden zu suchen: 1. Der Unterdruek entfaltet die Lunge ganz ungleiehmiiBig. Infolgedessen werden gr6Bere und unter Umst~inden reeht ausgedehnte Lungenbezirke nur sehr mangelhafg oder gar nicht beliiftet (s. aueh S. 520 u. 531). 2. Die ,,inspiratorisehe" Capillarkompression erhSht den StrSmungswiderstand und verringert den Capillar- durchflug.

V. Die Experimente yon R. Wagner. Wie sich aus den im vorigen gezeigten morphologischen Verschieden-

heiten ktinstlich auf verschiedene Weise inspirierter Lungen ergibt, ist die Lungenentfaltung dureh das Druckdifferenzverfahren der natiirlichen Einatmung nieht analog. Man daft hieraus wohl sehliegen, dag es nieht m6glich ist, das atmungsbedingte Verhalten des ptilmonaten Strombahn- widerstandes einer exakten Priifung zu unterziehen, wenn dabei die Lunge dutch das Druckdifferenzverfahren beatmet wird. Die Ergebnisse aller auf dieser Methode fugenden Versuehe k6nnen daher auf physio- logisehe Verh~iltnisse nicht iibertragbar sein.

Im Gegensatz hierzu erseheinen die Experimente WAGN~aS als ein- wandfrei. Sie wurden am spontan atmenden Tier und bei intaktem Atem- apparat ausgeffihrt. Der Eingriff bestand allein darin, dab eine Mano- metersonde dureh die reehte Jugularvene in die rechte Herzkammer

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 535

eingefiihrt wurde. Bei gleichzeitiger Verwendung eines die Thorax- bewegungen aufzeiehnenden Pneumographen konnten Atmung und rechte Ventrikeldrucke synchron registriert werden.

DaB die Messungen im Ventrikel und nicht in der A. pulmonalis vorgenommen wurden, ist nicht yon grunds~tzlicher Bedeutung. Die ttShe des Ventrikeldruckes sowohl, welcher zur ErSffnung der Pulmonalklappe aufgewendet werden ran6, als auch das Aussehen der Ventrikeldruckkurve wghrend der Austreibungszeit geben geniigend Hinweise auf das Verhalten und die relative GrS~e der pulmonalen Kreis- ]aufwiderst~tnde.

Es erscheint nun merkwiirdig, da6 WAG~R zu denselben Schlu~- folgerungen kam wie CLOETWA, n~tmlich dag der StrSmungswiderstand in der Exspirationslunge am geringsten sei und dab ]ede Lungendehnung, ohne Riicksicht auf den Dehnnngsmechanismus, eine ErhShung der pul- monalen Kreislaufwiderst~nde bedinge. Eine solche Annahme bietet zwar groge Schwierigkeiten, wie man sich ein sinnvolles Zusammenwirken yon kleinem Kreislauf und Atmung unter diesen Voraussetzungen vor- stellen soil (s. S. 519). Wit halten es aber nicht fiir ang~tngig, die Ansieht WAGN~RS einfach damit abzutun, dag man sieh mit dem Gedanken an eine inspiratorische Verengerung der Lungencapillaren ,,keineswegs an- frennden" kSnne, sowie da~ die yon WAGSE~ festgestellte inspiratorische Druckerh6hung in der rechten Kam m er ,,andere Ursachen" haben miisse. (v. MSLnS~DO~SF 1942). Auch V. E ~ L ~ (1951) stellt lediglich lest, dab die yon WAG~ER an Kaninchen beobachtete Steigerung des Pulmonalis- druckes w~hrend der Eina tmung bei Mensch, Hnnd und Katze ,,reeht geringfiigig und nicht auf erhShten Widerstand zuriickzufiihren" sei, ohne auf WAGNER naher einzugehen. Sowohl die yon WAG~E~ gew~hlte experimentelle Technik der I-Ierzkatheterung als auch das umfangreiche gelieferte Material l assen es angebracht erscheinen, die Ergebnisse WAGGERS einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen.

Es ist nnserer Ansicht nach fiir das Verst~ndnis der yon WAGS~R vertretenen Meinung wesentlich dessen Grundvorstellung, da~ ,,bei fort- schreitender mechanischer Dehnung des Lungengewebes . . . gleich- zeitig auch die Alveolarcapillaren gedehnt, also l~nger und englumiger werden, w~hrend sie in der Exspirationsphase kiirzer und weiter sind" (1932). Dieser Vorstellung hat W A G ~ in allen hier in Rede stehenden VerSffentlichungen wiederholt Ausdruck gegeben. Sie stellt gewisser- maven den Grundtenor dar, auf welchen W A ~ S ~ seine gesamten ~ber- legungen aufbaut nnd nach welchen er seine zahlreichen Versnchsergeb- nisse interpretiert. Abgesehen davon, dag die oben genannte Argumen- ta t ion WAG~s~s sich auf eine rein physikalische ~berlegung stiitzt, welche nut fiir die elastische Dehnung isolierter R0hre Giiltigkeit haben kann und welche den Einbau tier Lungengef~6e in ein unter Dehnung stehendes System vSllig unberficksiehtigt l~gt; abgesehen weiterhin da- yon, da6 W A ~ s ~ die doch wohl reichlich antiquierten Untersuchungen

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536 KURT ALT~•

POISEUILLES (Gef~l~injektion an aufgeblasenen Lungen) als wesentliches Beweismittel heranzieht (1934): Die sehr sorgf~ltig angestel l ten und vielseitigen Un te r suchungen sowie die daraus hergelei teten Konsequen- zen dfirften zum mindes ten einer pr~zisen Ste l lungnahme wfirdig sein.

Es soll daher e inmal der Versuch u n t e r n o m m e n werden, die yon WAGNER gelieferten K u r v e n so zu lesen, wie dieselben sich uns darbo ten un te r Berficksichtigung aller in den vorigen Abschn i t t en angestel l ten

fJberlegungen. Wir sind uns dabei durchaus der Gefuhr bewui~t, in die l~egistrierungen vielleicht mehr hineinzusehen, als in Wirkl ichkei t dar in en tha l t en ist. Dieser Vorbehal t erscheint uns wesentlich. Es ist uns daher auch n icht da r um zu tun , WAGNER etwa ,,zu widerlegen" ; sondern es soll einzig und allein versucht werden, neben seine Auslegung eine undere als wenigstens mSg- lich hinzustel len. Auf eine ins einzelne gehende Kr i t ik wird dabei bewul~t verzichtet, dieselbe vielmehr einem eingehenden S tad ium der Arbei- t en WAG~]~S fiberlassen.

Bevor auf die Befunde WAG~]~iaS n~her eingegan- Abb. 11. Nach WAO~a gen wird, sei an Hand der Abb. 111 auf verschiedene, (1932, S. 71 F i g . 9a) D r u c k - z u m V e r s t ~ n d n i s n o t w e n d i g e E i n z e l h e i t e n a u f l n e r k s a m kurve des rechten Ventri- gemacht. Die Kurve ist bei reflektorischem Atemstill- k e l s ( K a n i n c h e n ) be i sport- tan eingetretener Atem- stand aufgenommen. Sie gibt daher den"con der Atmung pause. Abst~ndeder Ordi- unbeeinfluBten Ablauf der Druekschwankungen im n a t e n ( Z e i t m a r k . ) = 1/10 sec (auch bei allen folgenden rechten Ventrikel wieder. Von ihrem FuBpunkt Kurven) 1 cm Ordinaten- (niederster diastolischer oder Minimaldruck) erhebt h 6 h e = 13,7 c m W a s s e r -

druck, sich die Kurve mit einem steilen Anstieg (Anspannungs- phase). Von ihrem h6chsten Punkt (PulmonalisOftnungs-

zacke) geht sie in ein Plateau fiber, um nach einer abermaligen kurzen Erhebung (Pulmonulisschlul~zacke) wieder steil in Richtung der Ausgangsabszisse abzufallen. Das Kurvenstfick zwischenPulmonalisSffnungs- und PulmonalisschluBzacke umfal~t die Austreibungszeit, w~hrend deren der Ventrikeldruck gleich dem Pulmonalisdruck ist. Dieser I)ruekablauf wird dureh die Atmung in folgender Weise beeinflu~t:

Die KurvenfuBpunkte k6nnen sehr versehieden hoch liegen (Abb. 13--15), und eine n~here Betrachtung ergibt, dab die inspiratorisch gelegenen Minimaldrucke niedriger sind als die exspiratorisch gelegenen. Fallen mehrere Ventrikelaktionen in eine einzige Atemperiode hinein, so ergibt die Verbindung der Kurvenfu~punkte eine dem Pneumogramm ungef~hr gleiehlaufende Kurve (Abb. 14 u. 15). Das k~nn dahingehend gedeutet werden, dab die inspiratorisch gedehnte Lunge (bei oftener Glottis !) am Mediastinum und am Herzen zieht und das letztere in der Diastole erweitert. Dieser d~s Herz dilatierende elastische Lungenzug ist dem elastisehen Widerstande und dem Dehnungsgrad der Lunge direkt proportional,

1. Die rela~iven Werte der Minimaldrucke werden daher wesentlich beeinfluBt yore Lungendehnungsgrade. Die zeitlich aufeinanderfolgenden Sehwankungen der

1 Da die Druekvorlagen der W~gnersehen Abbildungen fiir eine photographisehe Wiedergabe wenig geeignet waren, wurden die Kurven so genau wie m6glich naeh- gezeichnet und in SchwarzweiBmanier wiedergegeben.

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Lungeneapillarweite und Lungendehnungsgrad. 537

Minimaldrucke lassen schlieBen auf Ver~inderungen des Lungendehnungsgrades innerhalb eines gr5neren Zeitraumes (etwa einer ganzen Atemperiode).

2. Ist zwischen dem steilen di~stolischen Abfall einer Ventrikeldruekkurve und dem steflen systolisehen Anstieg der n~ehs~ folgenden ein basales Plateau ausgebildet (Abb. 14 u. 15), so sagt dessen Neigungsrichtung etw~s ~us fiber :4nderungen des Lungendehnungsgrades wahrencl einer einze]nen Diastole. Abfall des Plateaus in der Zeitriehtung bedeutet Zunahme (Inspiration), Anstieg dagegen Abnahme der Lungendehnung (Exspiration).

3. Sowohl dis Dauer einer Diastole (Abb. 12) Ms aueh besonders der Wert, bis zu welehem der diastolische Druckabfall erfolgt, ergeben ein relatives Man ffir die GrSne der diastolisehen Ftillung, also des nachst folgenden Schlagvolumens.

Die H6he der Kurvenscheitel (Maximaldrucke) werden entsprechend der Ab- h~ingigkeit p = V- W sowohl yon der GrSne des zu bew~ltigenden Sehlagvolumens a]s aueh yon der GrSne des Abs~romwiderstandes bestimmt. Aus der T~tsaehe, dan eine deutliehe diastolische Ftillungszunahme tlurehaus nieht von einem entsprechen- den Druekanstieg der n~ehst folgenden Systole gefolgt sein muff (Abb. 14 u. 15), ist zu sehlienen, d~l] der mangebende Faktor ftir die H6he des systolischen Ventrikel- druckes der Str6mungswiderstand ist.

4. Die HShe der systolisehen Druekmaxima ist daher efll Ausdruck ftir die GrSge der zu fiberwindenden ~iderst~nde. Die Schwankungen der MaximMdrueke sind im wesen~liehen ein Zeiehen ftir Widerstands~Lnderungen im Lungenkreislauf w~h- rend einer 1/ingeren Zeitdauer (etw~ w~hrend einer ganzen Atemperiode).

5. Die Neigungsrichtung des Seheitelpl~teaus erlaubt Sehliisse auf Ver~nderungen des StrSmungswiderstandes w~ihrend einer einzelnen Systole (entsprechend Punkt 2 oben).

W A O ~ I ~ h a t t e nun gefunden, dag bei e inem Verh~Itnis von Herz- zu A temf requenz wie 2 :1 die insp i ra to r i sehen sys to l i schen Vent r ike td rucke die exsp i ra to r i schen urn rund 65,5 % an HShe t ibers t iegen (Abb. 12), se lbs t bei angen~thert g le ichem Ausgangsn iveau . I n d iesem Verha l ten sah WAGNER die Best~itigung seiner Annahme , dab der Lungendehnung eine Verengerung der LungengefgBe para l le l gehe.

Es e rg ib t sich j edoch aus der Abb. 13, dag du rchaus n ich t alle systol i - schen Drucke wAhrend des Insp i r iums h6her s ind a]s w~Lhrend des Exspi - r iums, wie das in der Abb. 12 der Fa l l zu sein scheint . Es is t v ie lmehr zu sehen, dab die Zacken 2, 7 und 9 n ich t hSher s ind als die d a r e r ge- legenen exsp i ra to r i schen Vent r ike ldrucke , und das, obwohl die Fug - p u n k t e der genann ten E inze lku rven das N iveau der Min ima ld rucke yon l , 6 und 8 deut] ieh un te rschre i ten , d. h. t ro tz vergrSl~erten Schlagvolu- mens. Es i s t da r aus zu en tnehmen , daft weder die insp i ra tor i sche Lungen- dehnung, noch eine ve rmehr t e dias tol ische Ventr ikelf i i l lung, noch beides zusammen, e inen Ans t ieg der Ventr ikel - und Pu lmona l i sd rucke bed ingen

muff. Man kSnnte den Einwand erheben, dan auf die Zaeken 2 und 9 diese Betraeh-

tungsweise nieht ohne welteres ~ngewandt werden kSnne. Denn die Projektion sowohl der Fugpunkte als auch des ansteigenden Absehnittes der ])ruekkurven auf die Atemkurve ergibt~ eine exspiratorisehe oder zum mindesten noch-nieht- inspiratorische Lage der bezeichneten Kurvenstiicke. Man mun jedoch, entsprechend

36b

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538 KURT ALTMANN :

einem ausdrtieklichen Hinweis WAGNERS (1934), daran denken, d~B alas Pneumo- gramm zwar die thorakalen, nieht aber die diaphragmalen Atembewegungen wieder- gibt. ,,Es kSnnte also durchaus sein, dal~ der Atemschreiber gar keine Thorax- bewegung anzeigt und trotzclem die Delmung der Lunge zunimmt." DaB das Letz- tere tats~chlich zutrifft, ist den meisten Abbildungen WAGgErs deutlich zu ent-

t

Abb. 12. Nach ~r (1932, S. 75 Fig. 12) Druckkurven des rechten Ventrikels (unten) bei spontaner Atmung des Tieres (obere E:urve, mit dem Pneumographen geschrieben). Verh~ltnis yon Herz- zu Atemfrequenz wie

2:1. 1 cm OrdinatenhShe = 11,7 cm Wasserdruck.

Abb. 13. :N'ach WAGNER (1932, S. 581 Fig. 1) Druckkurven des rechten Ventrikels mit gleichzeitiger Atemregistrierung. ]=Ierzfrequenz fund ]62/min 1 cm OrdinatenhShe

25,1 cm ~rasserdruck.

nehmen. Die Kurve, welche man durch die Verbindung der Minimaldrucke erh~lt, ist gegen die pneumographische Kurvr nach links versetzt (Abb. 14 u. 15), die hSchsten Minimaldrucke fallen nieht mit den tiefsten Punkten tier Atemkurve zu- sammen. Ebenso liegen die niedrigsten Minimaldrucke zeitlich v o r den Gipfeln der Atemkurve. Daraus ist zu lesen, dal~ eine inspir~torische Lungendehnung bereits eingetreten sein mul~, noch ehe das Pneumogramm eine solehe aufzeichnet. Es erseheint uns bemerkenswert, dal~ die unmittelbar vor der Exspirationsgrenzstellung (in Abb. 15 markiert) gelegenen oder in den Wechsel yon Aus- zu Einatmung hineinfallenden diastolischen Drueke ein deutlieh fallendes Plateau besitzen, wean ein solches ausgebildet ist (vgl. die abfallenden Schenkel tier Zacke 8 in Abb. 14, sowie der Zaeken 1, 10 und 14 in Abb. 15). Der FuBpunkt tier n~ehst folgenden

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 539

Ventrikeldruckkurve liegt dann besonders tief. Das VerhMten der Minimaldrucke erscheint daher als ein viel zuverl~issigerer Indikator fiir Zu- oder Abnahme der Lungendehnung als die eigen~liehe Atemkurve.

Abb. 14. N a c h \VA~NER (1932, S. 598 Fig . 7) D r u c k k u r v e n des r ech ten Vent r ike l s m i t g le ichzei t iger . k t emreg i s t r i e rung . Herz f r equenz = 264. 1 c m Ord ina tenhShe = 11,4 cm Wasse rd ruck . , ,Die Ver sch iebung der F u B p u n k t e in der O r d i n a t e n r i c h t u n g er fo lg t m i t groi~er Regelmfil~igkeit u n d zeigt deut l ich die A u s w i r k u n g der A t e m s c h w a n k u n g e n des in t ra -

t ho raka l en Druckes auf den 5~inimaldruck i m rech ten H e r z e n . "

Abb . 15. N a c h WAGNER (1932, S. 603 Fig . 9) D r u c k k u r v e n aus d e m rech ten Vent r ike l m i t g le ichzei t iger A temreg i s t r i e rung . (Die A t e m k u r v e l~uf t hier quer du t ch die D r u c k k u r v e n . ) Die Grenzs te l lungen der Exsp i r a t i on u n d der I n s p i r a t i o n s ind du t ch senkrech te L in ien

m a r k i e r t , t t e r z f r equenz = 265. 1 c m Ord ina t enh6he ~ 12,5 cm Wasse rd ruek .

Unter Beriicksichtigung dieser Gesichtspunkte verdienen die mit Sicherheit ins Exspirium fallenden systolischen Drucke 3 und I0 (Abb. 13) besondere Beachtung. Sie fibersteigen die ihnen zeitlich vorangehenden,

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540 KVnT ALreAdY:

inspiratorischen MaximMdrucke deutlich (urn 3 bzw. 40rd ina tene in - heiten = 10,8 bzw. 14,4 cm Wasserdruck). Dabei ist zu berficksiehtigen, dab der FuBpunkt der Zaeke 3 um zwei Ordinateneinheiten hSher liegt Ms der Fugpunkt der Zacke 2. Auf ein vergr6gertes Schlagvolumen kann daher die Druckzunahme yon 3 gegenfiber 2 nicht zuriiekgeffihr~ werden, sondern man mu[~ die Ursache hierfiir in der Atmung suchen. Hohe

Maximaldrucke sind char~k- teristisch ffir alle Ventrikel-

-~ Atem- druekkurven, welche zeitlich svhre/t~er unmittelbar auf die Inspi-

�9 . Drucl~ rationsgrenzstellung folgen in tier (Abb. 14 Zacke 6; Abb. 15 Trachea

Zacken 4, 8 n. 13). Besonders zu beachten sifld die Zacken

mit deutlich ausgebildetem Spit- zenplateau (Abb. 14 u. 15). Liegt die Systole v o r der Inspirations- grenzstellung, so f~llt dasselbe gegen die Abszisse nach rechts ab (Abb. 14 Zacke 5; Abb. 15 Zacken 3, 7 u. 12). F~llt dagegen die Systole in die Exspirationsphase und zwar zeit- lich unmittelbar neben die Inspira- tionsgrenzstellung, so ist das Plateau nach links gegen die Abszisse ge- neigt. In dem ersten Falle stellt den

Abb. 16. N a c h ~VAG~R (1934, S. 362, hSehsten Punkt der Zaeke die Fig. l a ) D r u c k k u r v e n der r e ch t en K a m - PulmonalklappenSffnung dar, w~h- m e r bei B l~hung der L u n g e du t ch Auf- b lasen yon tier T r a c h e a aus. Der n a c h rend der Austreibung fi~llt der un ten ge r i ch te te K n i c k der A t e m k l w v e bei I en t sp r i ch t e iner s p o n t a n e n Insp i ra - Druck bereits wieder ab. Im zwei- t ion desVersuchst ieres . Die IAnie un te rhMb d e r A t e m k u r v e ze ig t d e n T r a c h e a l d r u c k an. ten Falle steigt der Druck aueh

noch w~hrend der Ventrikelent- leerung an, das Druckmaximum fi~ll~ zusammen mit dem Pulmonul- klappensch]u~ (Abb. 14 Zacken 1 u. 6; Abb. 15 Zacken 4, 8 u. 13).

])as beschriebene Verhalten der Ventrikeldrucke zeigt unseres Er- aehtens eindeutig, dai~ der Str5mungswide~stand in den Lungengefi~$en w~hrend der Einatmung sinkt, w~hrend der Ausatmung aber zun~chst ansteigt.

Dafiir bietet die Abb. 16 einen ~nschaulichen Beleg. Die Versuchsanordnung ist hier insofern andem, als die Drucke in der rechten Kammer nicht bei spontaner Atmung, sondern bei Lungenblahung durch steigenden (Jberdruck aufgenommen wurden. Der horizon~Me Teil tier Atemkm've gib~ einea reflektorischen AtemstiU- stand wieder, welcher bei I dm'ch eine kurze, spontane Atemans%rengung des Tieres unterbrochen ist. Die Ventrikelkurve zeigt verschiedene Besonderheiten:

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 541

Die Verbindung der Minimaldrucke - - ausgenommen die FuSpunkte 5 und 6 - - ergibt eine ansteigende Kurve entsprechend dora Anstieg des interpleuralen und des intrapulmonlen Druckes. Die Maximaldrueke 1 bis 4 nehmen ebenfalls stetig zu auf Grund der immer sti~rker werdenden Gef~Bkompression. Naeh der vierten Systole f i l l t der diastolische Druek um drei Ordinateneinheiten tiefer ab als vorher. Die Atemkurve bietet hierftir keinen Anhalt. Es ist daher anzunehmen, dab hier eine diaphragmale Einatmungsbewegung stattgefunden hat (vgl. S. 538). Der noch st irkere Absturz des diastolisehen Druckes nach tier fiinften Systole mu$ in analoger Weise erklart werden, denn die Atemkurve weist nut ganz geringffigige Schwankun- gen auf.

Es ist auffallend, dab der auf 4iesen tiefen diastolischen Druekabfall folgende Anstieg den Maximaldruek der vierten Systole nieht fibersteigt und dab w/~hrend der ansehlieBend.an Austreibung der Ventrikeldruek zun~chst sogar sinkt (Plateau- neigung naeh rechts l) trotz eines gegenfiber 4 erhShten Schlagvolumens. Das ist zurfiekzuffihren auf die spontane Inspirationsbewegung, welehe mit tier Anspannung von 5 zusammenfillt . Aus dem weiteren Verlauf der Zacke 5 ist zu ersehen, dab ungefahr 1/2 ~ sec naeh dem Einsetzen der Exspirationsbewegung ein abermaliger steiler Druckanstieg um weitere vier Ordinateneinheiter~ erfolgt, welcher nut auf eine wihrend der Austroibung stattfindende WiderstandserhShung im kleinen Kreis- lauf zuriiekgeffihrt werden kann. (Die Gesamtzeit der 5. Kerzrevolutior~ ist, ver- gliehen mit den benaehbarten, nieht verlingert, sondern be t r ig t wie diese fund 2/10 see. Es kann sich daher nicht um eine kurze, superponierte Systole handeln, woran man immerhin denken kSnnte.)

Aueh diese Kurve lehrt, dab die normale Inspiration den StrSmungswiderst~nd in den LungengefiBen herabsetzt, wi~hrend die Ausatmung denselben erh6ht. ~

Es w i r e e igen t l i ch zu e r w a r t e n , d a b die W i d e r s t a n d s e r h 6 h u n g in de r

Lungengef i~Bbahn d u r c h das ganze E x s p i r i u m h i n d u r c h a n h i l t , wel l

Nachtrag bei der Korrektur: Wir sind in unseren obigen Darlegungen immer ausgegangen veto Hagen-Poiseufllesehen Gesetz. Es mug an dieser Stelle eingefiigt werden, dab dasselbe in diesem Zusammenhange h6chstens brauchbar ist zur Ge- winnung einer Grundvorstellung fiber die Faktoren, welehe in durchstrSmten R6hren die Druckh6he beeinflussen kSnnen. Die unmittelbare Ubertragung dieses Gesetzes auf den Blutkreislauf ist in Wirklichkeit nicht mOglieh. Das haben WEZLEg U. B6GEg (1939), K~CEBEL (1941), W]~ZL~g (1949) sowie W~zL~x~ u. SIN~ (1953) gezeigt. Das Itagen-Poiseuillesehe Gesetz gilt nur ffir starre RShren, die Blutgef~Be dagegen sind elastisshe Schliiuche. Ftir die tt6he des systolischen Blutdruckes ist daher neben dem Schlagvohmen und dem peripheren Widerstand noch der elastische Gesamtwiderstand E' (W~zLER) des Systems yon aussehlaggebender Bedeutung. Dieser wirkt sieh so aus, dab bei gleichem Sehlagvolumen und bei unver~tndertem Abstromwiderstand der systolisehe Druek trotzdem ansteigen kann und zwar dann, werm der elastische Widerstand der Gefitte grSBer wird. (Niheres muB in den oben genannten Arbeiten naehgelesen werden, Wir verweisen besonders auf die Abb. 11 bei WEzr.~g 1949.) Mit einem Anstieg des E ' der Lungengef~Be infolge L~tngs- dehnung derselben ist aber wi~hrend tier Inspiration unter allen Umst inden zu reehnen. Eine eventuelle Steigerung des Pulmonalisdruckes infolge inspiratorischer Lungendehnung ware daher - - nach WEZLEg und Mitarbeitern - - durchaus nicht nur durch eine gleiehzeitige Erh6hung des Abstromwiderstandes W zu erkl~ren! Wenn aber der Pulmonalisdruck wihrend der Einatmung trotz Zunahme tier Gr6Ben V, l und E' nieht ansteigt oder sogar abnimmt (vgl. in Abb. 13--15 die H6he d e r m i t Sieherheit inspiratoriseh gelegenen Maximaldrueke !), so muB dabei das Verhaltnis E'/W erheblich abnehmen und zwar dutch Erweiterung tier GefiB- durchmesser.

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542 KURT ALTMA~:

w~hrend der Gesamtdauer der Ausatmung der Alveolendruck erh5ht ist. Das ist jedoeh nieh~ der Fall. In den Abb. 14 und 15 entfallen auf eine einzelne Atemperiode mehrere Ventrikelaktionen. Die h5chsten Er- hebungen sind zu erwarten, wenn die Diastole noeh w~hrend der Ein- atmung erfolgt, die Systole aber entweder im Atemphasenwechsel oder zeitlich unmRtelbar nach der Inspirationsgrenzstellung stattfindet (Abb. 14 Zaeke 6 ; weniger deutlich ausgepr~gt in Abb. 15 Zacken 4, 8 u. 13). Die darauf folgenden Druckmaxima sind bereits deutlieh niedriger. ])as ist natfirlieh mit auf das exspiratorisch verkleinerte Schlagvolumen zurfickzuffihren (sprunghafter Anstieg der zeitlieh nach der Inspirations- grenzstellung gelegenen Minimaldrucke). DaB allerdings die nun auch weiterhin zu beobachtende Druckabnahme nicht allein auf eine vermin- d e r t e diastolisehe Ffillung zurtickgefiihrt werden kann, geht aus den Zacken 2 und 3, 7 und 8 in Abb. 14 sowie aus den entsprechenden Kurven- abschnitten der Abb. 15 hervor. Die Maximaldrueke fallen n~mlich mit fortsehreitender Ausatmung auch weiterhin, wi~hrend die Minimaldrucke fiir 2 Herzschl~ge auf ungefi~hr gleicher t{She bleiben. Beinahe noch deut- licher zeigen dieses Verhalten in derAbb. 13 die Zacken 10 und 11, welche sehr versehieden hoch sind, obwohl beide in die Ausatmungsphase fallen und obwohl beide das gleiche Ausgangsniveau besitzen. Interesant er- scheint in diesem Zusammenhange noch folgendes : Haben exspiratorisch gelegene Maximaldrucke ein deutlich ausgebildetes Plateau, so ist das- selbe nach rechts gegen die Abszisse geneigt, wenn die Systolen yon der Inspirationsgrenzstellung zeitlieh welter entfernt sind. Der Druck fiillt dann w~hrend der Austreibung ab (Abb. 14 Zacke 2 und 11). Aus den beschriebenen Kurveneinzelheiten geht hervor, dab der exspiratorisch erhShte Alveolendruek eine capillarkompressorisehe Wirkung nur am ~bergang von Ein- zu Ausatmung roll entfaltet, dab derselben aber mit fortschreitender Ausatmung wachsende Kr~fte entgegenarbeiten. Eine Erkl~rungsm6gliehkeit hierffir bieten die auf S. 531 n~her auseinander- gesetzten Verh~ltnisse: Die capillarkompressorisehe Wirkung des Alveo- lendruckes wird mit fortsehreitender Ausatmung schlieBlich verringert und zwar um so mehr; je kleiner die Alveolarradien werden, d .h . je starker der die Capillaren erweiternde Retraktionszug der alveol~ren Fltissigkeitshaut wird (s. Abb. 9 Pfeile 2 sowie S. 531 und 532). Allerdings sind die niedrigsten exspiratorischen Druckmaxima immer noch hSher als die da r au f folgenden inspirator~schen, systolischen Druckwerte (Abb. 14 und 15).

Wir sehen daher aueh in den Versuchsergebnissen WAGNERS den Be- weis dafiir, dab der Widerstand fiir den Blutstrom in der inspirierten Lunge geringer ist als in der exspirierten. Die Riehtigkeit der WAGNER- schen Resultate wird nicht im geringsten bezweifelt. Es ist nur die ihnen yon W A G ~ unterlegte Deutung, welche wir uns nicht zu eigen machen

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Lungeneapfllarweite und Lungendehnungsgrad. 543

k6nnen. Es ist nieht einzusehen, dal~ die GrSl~en der Gasaustausch- fl~ehe und des Blutangebotes in reziprokem Verh~ltnis zueinander stehen sollen. Diese Schwierigkeit hat WAGNER ebenso wie CLOETTA deutlich gesehen.

Die Versuchsanordnung CLOET~AS (Unterdruckbe~tmung) kormte kein anderes Ergebnis als die inspir~torische Lungengef~Bverengerung zeitigen. Dem Einwand, dal~ es ,,a priori zweckm~iger" sei, wenn die entfaltete Lunge besser durchstrSmt werde, versucht CLO~TTA (1912) dureh folgende Argumente zu begegnen: Eine lang- same StrSmung bei engen Gef~Ben ist giinstiger. Denn durch ,,die Rarifizierung der Blutstr6mung werden fiir den respiratorisehen Gaswechsel die gfinstigsten Ober- flachenbedingungen gesetzt". AuBerdem weist CLO~TTA darauf hin, dab ,,bei der Exspiration nut ca. 1/2 % mehr CO 2 und vceniger O~ in der Alveolarluft vorhanden ist, als bei der Inspiration, so dab auch bei der Exspiration sieh noeh 97% des tt~moglobins mit O 2 s~ttigen". D~mit verlegt CLOETTA einen wesentliehen Teil des respiratorisehen Gasweehsels in die Ausatmungsphase, und es ist offenkundig, dab er hierin den Versuch macht, dureh eine reine I-Iypothese die zugegebene Unzweck- m~Bigkeit eines ~r in deren Gegenteil umzucIeuten. Dieser Versuch h~t in dem Folgenden eine weitgehende Parullele.

Naeh WAGNER, welcher ebenfalls yon der inspiratorischen Verenge- rung der Lungencapillaren ausgeht, wird eine sinngem~l~e Entsprechung yon Alveolar- und Blutoberfl~che dadurch hergestellt, dal~ ,,t~eserve- capfllaren" in den Kreislauf eingesehaltet werden. Darunter sind Capil- laren zu verstehen, welche bei ruhiger Atmung versehlossen sind und welche erst bei gesteigerten Austausehbediirfnissen durchstrSmt werden (Co~Hv, IM u. LITTV,~ 1875 ; GAIDA 1940, hier aueh ausffihrliches Litera- turverzeichnis). Die Er6ffnung der Reservecapillaren ffihrt WAGNER auf folgenden Mechanismus zuriiek: , D a $ Capillaren, die bei kleinem Minutenvo]umen nieht durchblutet sind, bei gro~em Minutenvolumen erSffnet und durehblutet werden, erseheint nur unter der Wirkung des am Anfang der Capillaren herrsehenden Blutdruckes mSglieh" (1938). ,,Wenn wir die Wirkung der Reserveeapillaren nun in Zusammenhang mit jenem Mechanismus bringen . . . . der bei der Lungendehnung d~zu fiihrt, da~ . . . der StrSmungswiderstand in den durehbluteten Lungen- c~pillaren ansteigt, dann steht zu erwarten, dal~ soleher Druckanstieg eine automatische ErSffnung yon Reservecapil]aren im Gefolge haben mul~" (1940).

Abgesehen davon, da~ naeh WAO~E~ eine Erweiterung der Lungen- g e f ~ e nur druckpassiv, d .h . durch eine entspreehende Mehrleistung des rechten Herzens mSg]ieh w~re, was keineswegs zutrifft: Die letzt- zitierte Ableitung W A o ~ s dfirfte ein uner]~ubter Zirke]schlu~ sein. Denn der Druekanstieg im Zustromgebiet kann nieht zu gleieher Zeit Folge einer Gef~l~verengerung und Ursache einer Gef~l~erweiterung in demselben peripheren Capillargebiet sein. Dalt in der Lunge d~s Blur auf die vergrSl~erte respiratorisehe Oberfl~che ausgebreitet werden solt durch Erh6hung des StrSmungswiderstandes in dem zu versorgenden Gebiet,

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5414 KVRT AL~MA~N :

das kann uns keineswegs einleuchten. Daft WAG~CE~ einer Lungendeh- nung durch Druck yon innen (B1/~hung) und einer Lungenentfaltung dureh Zug yon auften (normMe Inspiration) die gleichen Kreislauf- mechanisehen Folgen zuschreibt (19351 S. 420; 19353 S. 587/88), das abet muft als eine Verkennung grunds~tzlicher Untersehiede bezeiehnet werden. Aus diesen Grfinden erscheint uns schlieNieh die Gesamtkon- zeption WAGgErs in Frage gesteltt.

VI. SchluBbetraehtung.

Es soll nieht der Eindruck erweckt werden, als sei die Meehanik der Lungenatmung aueh der Angelpunkt des Lungenkreislaufes. Das wgre eine durch nichts gerechtfertigte ~rberfolgerung. Es war lediglieh beab- siehtigt, das mechanische Moment Ms nut eine, Mlerdings wesentliehe Komponente in dem Zusammenspiel der vielfgltigen, auf den kleinen Kreislauf einwirkenden Krgfte besonders herauszustellen. Der rein komplementgre Charakter des Meehanisehen erweist sieh bei gebfihren- der Beriicksichtigung der folgenden, die LungendurehstrSmung und die Lungengefgftweite wesentlieh mitbestimmenden Faktoren. Dafiir kom- men in Betraeht:

1. Die nerv6s gesteuerte Spannung der muskul/tren Gef~ftwand- elemente.

2. Der ebenfalls auf nervSsem Wege beeinflul3te Tonus der gesamten tibrigen glatten Muskulatur der Lunge (z. B. in den Bronchien und in den Alveoleneingangsringen). Es ergibt sieh aus dem, was fiber die Korre- lation zwisehen GefKl~dehnungsgrSl3e und e]astischem Widerstande des Lungengewebes gesagt wurde (S. 525) ohne weiteres, daft bei gleiehem Lungenv01nm, d .h . bei demselben Lungendehnungsgrade die an den Gef~tgen angreifenden Zugkr/ffte ganz versehieden groB sein kSnnen. Die Gef~ftweite ist daher aueh wesentlieh abh/ingig v o n d e r Spannung der gesamten, sog. interstitiellen Muskulatur.

3. Die arterio-venSsen Anastomosen. Diese sind bekanntlieh mit Sperreinriehtungen versehen, welehe zum Zwecke einer vermehrten CapillardurehstrSmung dem Blur den unmittelbaren Ubertr i t t yon den Arterien in die Venen verwehren. Es ist undenkbar, dab die arterio- venSsen Kurzsehlfisse dutch eine verst~rkte Lungendehnung - - e t w a bei vertiefter Atmung - - abgesperrt werden k6nnten.

4. Der direkte Einflug der im Blut gel6sten Gase auf die Gefs spannung, wie er z. B. aueh an den nervenlosen Plaeentar- und Nabel- sehnurgef/~ften beobaehtet wird. ErhShter C02-Partialdruek des Lungen- arterienblutes ffihrt zu einer Dilatation, erh6hter 02-Partialdruck da- gegen zu einer Konstriktion der Lungenarteriolen. Die Lungenvenen zeigen das entgegengesetzte VerhMten, indem bei sauerstoffreiehem Blur

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Lungeneapillarweite und Lungendehnungsgrad. 545

der Abf lug er le iehter t , bei sauers tof fa rmen L u n g e n v e n e n b l u t dagegen der A b s t r o m erschwer t ist. (L i t e r a tu r bei v. E U L ~ 1951).

Es geht daher n ieh t an, fi ir die Regul ie rung der LungengefgBwei te Mlein meehanisehe W i r k u n g e n ve ran twor t l i eh zu maehen, und es is t wohl n ieh t einmM s t a t t ha f t , den le tz te ren e twa die beher rsehende Rolle zuzusprechen.

Es sei a u g e r d e m d a r a u f hingewiesen, dal3 die Dehnung der Lunge nieht bel iebig weit ge t r i eben werden kann, wenn gleiehzeit ig eine Er- wei te rung der Capi l laren s t a t t f inden bzw. eine Verengerung derse lben mi t S ieherhei t ve rmieden werden sell. Es zeigt sieh n~mlieh, dab von einer b e s t i m m t e n DehnungsgrSge an (deren AusmM? uns noeb u n b e k a n n t ist), die Gef~Bstreekung eine Ge f s im Gefolge hat , so dab d a n n die A n n a h m e WAG~s~S ta t sgeh l ieh zutriff t . Aus e inem Ver- gleieh der Abb . 6 und 8 geht hervor , d a g bei einer Lungendehnung um den e twa doppe l t en Be t rag die kugelsegment~hnl iehe F o r m der Alveolen zwar im wesent l iehen erhal ten , dal3 abe t die durehschni t t l i ehe Bre i te der Alveolenseheidew~nde sowie die Gr513e der in te ra lveol~ren Sub- s tanzzwiekel (s. S. 527) deu t l ieh ve rminde r t ist.

Diese Beobaehtungen scheinen Minisehe Erfahrungen zu best~tigen 1. Nach Resek- tion grSBerer Lungenteile erfahrt die Restlunge eine starke komplement~re Dehnung. Vergleiehende Messungen der VentilationsgrSBen der normalen und der reduzierten Lunge dutch getrennte BronehiMkatheter ergeben auf beiden Seiten ungef~hr gleieh- grebe Respirationsvolumina. Es zeigt sieh jedoeh, dab das Sauerstoffaufnahme- verm6gen der komplement~r iiberdehnt~n Lunge gegentiber der normM grogen be- tr/iehtlieh herabgesetzt ist. Man geht wohl nieht weir fehl in der Annahme, dab hierffir neben dem Verlust an Atemfl~ehe die dureh die fibermABige Streekung bedingte Einengung der Lungengef~l~e, der erhShte StrSmungswiflerstand und daher die relativ ersehwerte Durehblutung auf der resezierten Seite verantwortlich zu maehen sind.

Die Bezeiehnung ,,klomptement~re" Dehnung i s t mit Absieht gew~hlt. Denn es erweist sieh an diesem Beispiel mit aller Deutliehkeit, dab tats~ehlieh ,,die so- genannter~ kompensatorisehen Vorg~nge oft nut allzuwenig ihren Namen weft" sind (TE~DELOO 1901). Unter Ber/ieksiehtigung der im vorigen besehriebenen Ge- gebenheiten wenigstens kann, was den Gasweehsel anlangt, von einer ,,Kompen- sation" dutch die zus~tzliehe Dehnung der l~estlunge keine Rede sein.

DaB die Lobektomie nieht nur den Gasaustauseh, sondern aueh~den Lungen- kreislauf entseheidend zu beeinflussen vermag, geht aus den Beobaehtungen yon CO~R~A~D und Mitarbeitern hervor (zit. naeh G~OSSE-BgOOKHOFF, 1952). Diese fanden im kMnen Kreislauf normale Druekverh~ltnisse, solange der Patient sieh in Ruhe befand. Maehte dagegen kSrperliehe Arbeit eine Erh6hung des Strom- volumens um das etwa 1,5f~ehe der Norm notwendig, so stiegen die Drueke in der Lungenstrombahn rapide an. Aueh diese Beobaehtung weist darauf hin, da[~ die Dehnung der Lunge fiber ein gewisses MaB hinaus eine Einengung des Strombettes, Erh6hung der StrSmungswiderst~nde und damit Mehrbelastung uncl sehlieBlieh Gef~hrdung des reehten I-Ierzens mit sieh bringt.

Naeh einer pers6n]iehen Mitteilung, ffir welehe I-Ierrn Oberarzt Dr. Se~VAIG~g (Chit. Universit~tsklinik Heidelberg) aueh an dieser Stelle herzlieh gedankt sei.

Z. exper , lY[ed., Bd. 122. 37

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546 KURT ALTMANN:

Ausgangspunkt unserer Uberlegungen war das anatomische Pr~parat. Es bedarf keiner besonderen Betonung, dai~ auf die Frage nach der Funktion eines Organs dessen gestaltliche Beschaffenheit manche auf- Schlul~reiehe Antwort erteilen kann - - aber bei weitem nicht jede. Unsere Fragestellung war ganz vom Mechanischen her bestimmt, infolgedessen konnte die Antwort auch nur im rein Mechanisehen ]iegen. Irgendwelche Aufschlfisse fiber Steuerungs- oder l%egulationsvorg~nge, fiber die vitalen ModifikationsmSglichkeiten des Effektes konnten darin unmSglich mit- enthalten sein. Wir sind uns der Tatsache sehr bewunt, dan eine lebendige Lunge etwas grunds~tz]ich Anderes darstellt als das tote Pr~parat unserer Versuchsanordnung und dan es Aberwitz w~re, aus dessen Ver- halten im Experiment apodiktische Schlfisse zu ziehen und dieselben unbedenklich zu fibertragen auf das lebendige Geschehen. Insofern haben die im vorigen beschriebenen Ergebnisse nur sehr begrenzten Wert. Dan die inspiratorische allseitige Dehnung der Lunge an allen dehnungs- f~higen Gebilden in grunds~tz]ich gleicher Weise angreift, dan insbe- sondere die Lungengef~ne nicht nut der L~nge nach gestreckt, sondern auch radi~r erweitert werden, das betrachten wir als gesicherte Tatsache. Wie jedoch die verschiedenen Abschnitte des Atmungs- und des Blut- gefi~l~apparates im Einzelfalle den auf sie einwirkenden Kr~ften nach- geben oder sich widersetzen, wie aus dem geradezu ungeheueren M6g- lichkeitskomplex sich schlienlich die Funktion ergibt, das wagen wit nicht im entferntesten zu entscheiden. Das morphologische Substrat allein kann auf diese Frage die verbindliche Antwort niemals erteilen.

VII. Zusammenfassung.

An Hand experimenteller Untersuchungen wurde der Vorgang der Lungenerweiterung durch , ,Unterdruck" mit der natfirliehen Inspiration verglichen. Hinsichtlich der Entfaltnngsmechanik und hinsichtlich der Beeinflussung des Kreislaufes der Lunge ergaben sich folgende Unter- schiede :

Bei der Beatmung dureh Unterdruck wird das Organ von innen her, d .h . yon der bronchialen urid alveolaren Seite aus dureh Druck ent- falter. Zwisehen der Lungenblghung durch Uberdruck und der Lungen- erweiterung durch Unterdruck bestehen keine prinzipiellen Unterschiede. Beide Verfahren verformen die normalerweise kugelsegmentfSrmigen Alveolen zu Polyedern und ffihren zur Kompression der interalveol/iren Rgume und Gefi~l~e. Die Lungengefii6bahn wird daher dem Lungen- dehnungsgrade direkt proportional eingeengt, die Capillarweite steht in reziprokem Verh~tltnis zur GrSl~e der alveol~ren Gasaustauschfli~ehe. ErhShten Kreislaufbedfirfnissen entsprechen daher erhShte Kreislauf- widerst/~nde.

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Lungencapillarweite und Lungendehnungsgrad. 547

Bei der normalen I n s p i r a t i o n dagegen wi rd die Lunge von aui~en her, d. h. von ihrer p leura len Seite aus dureh Zug ent fa l te t , Die Ver- grS~erung der Alveolen erfolgt ohne Deformat ion . Die Lungenbl~schen werden n icht polyedr isch , sondern sie b le iben Kuge lsegmente . D ie in te ra lveo lgren R g u m e werden ve rbre i t e r t , die Gefgl~lumina nehmen zu. B le ib t der L u n g e n d e h n u n g s g r a d inne rha lb physiologischer Grenzen, so geh t der insp i ra to r i sehen E rwe i t e rung der Lunge eine en tsprechende Aufwei tung ihres Gef~l~apparates paral le l . Der Vergr51~erung der Alveo- larflgche en t sp r i ch t sinngem~B eine Er l e i ch te rung der D u r c h b l u t u n g durch Verminde rung des S t rSmungswiders t andes .

Die beschr iebenen Unte r sch iede werden an H a n d morphologischer Befunde demons t r i e r t . Es erweis t sich, d a ] die his tologischen Bi]der kf inst l ich durch das U n t e r d r u c k v e r f a h r e n gedehn te r Lungen den natf ir- l ichen Verh~l tn issen n ich t en tspreehen.

Die B e a t m u n g der Lunge dureh das U n t e r d r u c k v e r f a h r e n ist der phys io logischen I n s p i r a t i o n n ich t analog. Die Ergebnisse yon E x p e r i - menten , welche die Messung z. B. der in- exsp i ra to r i schen Durchb lu tungs - grS~en der Lunge oder der a t m u n g s b e d i n g t e n Xnderungen der pulmo- na len Kreis laufwiderst~tnde zum Gegens t and haben, s ind auf physio- logische Verhi~]tnisse n ich t f iber t ragbar , wenn die Lunge dabei durch das U n t e r d r u c k v e r f a h r e n b e a t m e t wurde.

Die einzige Methode, welche die e inwandfre ie Messung der Pulmo- na l i sdrucke w~hrend der A t m u n g e r laub t , is t die He rzka the t e rung . Da R. WAGNER t ro tz A n w e n d u n g dieser Methode zu dem SchluIt kam, dal~ die Wide r s t~nde im kle inen K r e i s l a u f aueh w~hrend der nat f i r l ichen E i n a t m u n g ansteigen, weft ]ede L u n g e n d e h n u n g zur Verengerung der L n n g e n g e f ~ e fiihre, wurden seine Ergebnisse einer e ingehenden Be- t r a c h t u n g un te rzogen und der Versuch e iner anderen Deu tung unter- nommen.

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Pr iva tdozent Dr. KURT ALTMA~, Heidelberg, Brunnengasse 1, Anatomie.