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EUGEN DREWERMANN Atem des Lebens Die moderne Neurologie und die Frage nach Gott Band 2: Die Seele

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EUGEN DREWERMANN

Atem des LebensDie moderne Neurologie und die Frage nach Gott

Band 2: Die Seele

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Buch lesenCoverHaupttitelInhaltÜber den AutorÜber das Buch ImpressumHinweise des Verlags

Inhalt

3

Eugen Drewermann

Atem des Lebens

Die moderne Neurologie und die Frage nach Gott

Patmos Verlag

2. Die Seele. Zwischen Angst und Vertrauen

Glauben in Freiheit Band III, 4/2

Inhalt

5

«Statt auf der bequemen Glaubensforderung zu insistieren, sollten sich die Theologen, wie mir scheint, eher darum bemühen, wie man diesen Glauben möglich machen kann. Dazu müßte aber eine neue Grundlegung der symbolischen Wahrheit geschaffen werden, und zwar eine Grundlegung, welche nicht nur zum Sentiment, sondern auch zum Verstande spricht. Dies kann aber nur geschehen, wenn man sich zurückbesinnt, wieso es überhaupt kam, daß die Menschheit ein Bedürfnis nach der Unwahrscheinlichkeit religiöser Aussagen hatte, und was es bedeuten wollte, wenn dem sinnlich wahrnehmbaren und tastbaren Sosein der Welt eine andere, so ganz anders geartete geistige Wirklichkeit übergeordnet wurde.»

carl gustav jung

:

Symbole der Wandlung

, in: Gesammelte Werke, V 290

6

Inhalt

Für Dr. Bernd Deininger

Inhalt

7

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

C. Von einigen Fehlfunktionen des Gehirns oder: Wenn die Seele krank wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1. Psychosomatische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a) Vorläufiges zur Psychosomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19b) Adrenalin, Hypertonie und Herzfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

α

) Wie Angst und Ärger ans Herz gehen oder: Von Herzneurose, essentieller Hypertonie und Hypotonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

β

) Psychologische, pharmazeutische und religiöse Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

c) Psyche und Immunsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

α

) Ein wenig über Streßhormone und Immunabwehr . . . . . . . . 60

β

) Überschießende Reaktionen des Immunsystems – Autoimmunerkrankungen und Allergien . . . . . . . . . . . . . . . . 74

γ

) Immunschwäche und einige Folgen: Krebs und Infektionskrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

δ

) Die Wechselwirkung von Gehirn und Immunsystem oder: Ein wenig Poesie und Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

2. Psychoneurotische und psychotische Erkrankungen . . . . . . . . . . . 96a) Schwierigkeiten in der Unterscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96b) Affektive Störungen: Depression und Manie . . . . . . . . . . . . . . . . 101

α

) Streß und Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

β

) Neuronale Abläufe bei Depression und die Wirkung von Psychopharmaka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

γ

) Bipolare Störungen – Depression und Manie oder: Die Suche nach einem umfassenden Erklärungsmodell . . . . . . . . . . . . . 112

8

Inhalt

δ

) Der subjektive Faktor oder: Psychoanalytische Zugänge . . 121Biopsychologische Gemeinsamkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

sigmund freud

oder: Depression und Trauer . . . . . . . . . . 125

karl abraham

oder: Depression und Oralität . . . . . . . . . . 129

melanie klein

oder: Das Wechselspiel von Introjektion und Projektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

otto fenichel

oder: Melancholie zwischen Ich und Überich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

margaret s. mahler

oder: Symbiose und Individuation 136

otto f. kernberg

und

james f. masterson

: oder: Die Borderline-Persönlichkeitsorganisation . . . . . . . . 139

gaetano benedetti

und

stavros mentzos

oder: Eine schematische Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . 145Das Umschlagen in die Manie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

ε

) Weltanschauungsfragen oder: Daseinsanalytische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

c) Schizophrene Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

α

) Das Erscheinungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

β

) Psychoanalytische Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

sigmund freud

und die Paranoia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

carl gustav jung

und das abaissement du niveau mental 178

paul federn

und die Ichpsychologie der Schizophrenie . . 185

heinz kohut

und die Psychologie des Selbst . . . . . . . . . . . 192

gregory bateson

und die Theorie vom double bind . . . . 199

γ

) Neurologische Befunde und Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . 213

δ

) Der ganz alltägliche Wahnsinn oder: Die Schizophrenie der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

ε

) Zersplitterungen oder: Bemerkungen zur multiplen Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248

3. Neurologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261a) Autismus oder: Mängel im neuronalen Netz . . . . . . . . . . . . . . . 262b) Morbus

parkinson

oder: Der Mangel eines einzigen Neurotransmitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

D. Was ist der Mensch? Oder: Von Bewußtsein, Geist, Person, Unsterblichkeit und Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

1. Bewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295a) Das Bewußtsein von Tieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Inhalt

9

b) Kriterien und Formen des Bewußtseins bei Wirbeltieren . . . . . . 311c) Neuronale Grundlagen des Bewußtseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

α

) Bilder, die das Bewußtsein selbst erzeugt oder: Von PET und fMRT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

β

) Was passiert im Koma oder: Die Anatomie des Bewußtseins 330

γ

) Wie es funktioniert oder: Die physiologische Seite des Bewußtseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

δ

) Wie real ist, was man sieht? Oder: Von Wahrnehmungs-steuerung, Blindsehen, Synästhesie und Präsenz im Cyberraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

ε

) Komponenten des Bewußtseins oder: Das Erwachen des Spiegels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

ζ

) Die Zeitlichkeit des Bewußtseins – ein philosophisches wie neurologisches Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376

d) Die philosophisch-theologische Frage oder: Zur Herkunft des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388

α

) Variationen der Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390

β

) Von Systemtheorie und Informatik sowie von einer nicht zu schließenden Erklärungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410

γ

) Die Infragestellung durch das Bewußtsein oder: Von der Möglichkeit einer buddhistischen Antwort . . . . . . . . . . . . . . 425

2. Subjektivität und Selbstbewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440a) Subjektivität und Selbstbewußtsein bei Tieren . . . . . . . . . . . . . . 441b) Wie ein Kind zu Selbstbewußtsein kommt

oder: Die Kommunikative Entwicklungstheorie von

daniel stern

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450

α

) Die Stufe der Empfindung des auftauchenden Selbst . . . . . . 453

β

) Die Stufe der Empfindung des Kern-Selbst . . . . . . . . . . . . . . 457

γ

) Die Stufe der Empfindung des subjektiven Selbst . . . . . . . . . 463

δ

) Die Stufe der Empfindung eines verbalen Selbst . . . . . . . . . . 470c) Neurologische Zugangswege zum Selbstbewußtsein . . . . . . . . . 478

α

) Wie Babys zu sich selbst erwachen und was die Neurologie dazu zu sagen hat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478

β

) Die Theorien von

joseph e. ledoux

und

gerald m. edelman

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501I.

joseph e. ledoux

’ Konvergenzmodell . . . . . . . . . . . . . 504II.

gerald m. edelman

s Theorie der neuronalen Gruppenselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519

10

Inhalt

d) Subjekt, Selbst, Ich, Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535

α

) Subjektivität und Selbstsein – begriffliche Klärungsversuche 539

β

) Ich und Person – was ist damit gemeint? . . . . . . . . . . . . . . . . 545e) Was ist der Mensch? Oder: Von den Bedingtheiten des

Personalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558

α

) Die Person als kulturelles Konstrukt oder: Person im Schnittpunkt von Psychologie, Soziologie und Ethnologie 558

β

) Von

jean-paul sartre

zu

jacques lacan

oder: Ich als Symbol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568

I.

jean-paul sartre

oder: Die Konstitution des Ego durch das Bewußtsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569

II.

jacques lacan

und der Strukturalismus bei

claude lévi-strauss

oder: Von einer radikal symbolischen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575

f) Was sagt die Religion zur Personalität des Menschen? Oder: Zwischen Buddhismus und Christentum . . . . . . . . . . . . 593

α

) Die buddhistische Lösung oder: Der gereinigte Spiegel . . . . 595

β

) Die christliche Lösung oder: Das absolute Du.

dostojewski

und

luther

zum Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . 606g) Gott als das unbedingte Ja . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624

α

) Von dem Vertrauen eines Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624

β

) Biblischer Personalismus und buddhistisches Verlöschen – Versuch einer Synthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635

γ

) Entsteht Gott im Gehirn? Oder: Einige Bemerkungen zur Neurotheologie und zum Begriff des Religiösen . . . . . . . . . 649

I. Was sollte man als religiös bezeichnen? Von Drogen, Neurosen und dem Postulat der Individualität . . . . . . 649

II. Neurologische Erklärungsansätze oder: Von schizophrenen, epileptiformen und meditativen Bewußtseinszuständen und ihrer möglichen Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665

III. Gibt es einen Gott der Gene? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684

3. Der Glaube an die Seele oder: Hoffnung auf Unsterblichkeit . . . . 690a) Abschließende Bemerkungen zum Leib-Seele-Problem . . . . . . 691

α

) Kritik und Rechtfertigung des dualistischen Konzepts oder: john c. eccles zum Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691

β) Spielarten monistischer Deutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705b) Seele als Symbol oder: Einsichten aus Ethnologie und

Religionsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721

Inhalt 11

α) Facetten der Ethnologie oder: Die Seele und ihr Gott . . . . . . 726β) Facetten der Mythologie oder: Die Ewigkeitsverheißung

der Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742c) Nahtoderfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 752d) Von Präexistenz und Reinkarnation der Seele . . . . . . . . . . . . . . . 758e) Die Hoffnung auf Vollendung oder: Wir werden uns

wiedersehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778

4. Die Gedanken sind frei oder: Warum Sokrates im Gefängnis sitzt 805a) Das Problem der Willensfreiheit: philosophisch . . . . . . . . . . . . . 805b) Das Problem der Willensfreiheit: psychologisch und

neurologisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820c) Das Problem der Willensfreiheit: eine dialektische Vermittlung 840d) Das Problem der Willensfreiheit: theologisch . . . . . . . . . . . . . . . 863e) Neuroethische und theologische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . 888

α) Eine Verhältnisbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 888β) Von Tieren und Menschen oder: Das Postulat einer neuen

Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898γ) Von Verbrechen und Verbrechern oder: Eine religiöse

Vermahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 911

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 943Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 945Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 987Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989

Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989Naturwissenschaftliche Begriffe und Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . 999Psychologische, philosophische und theologische Begriffe und

Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1029Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1066

12 Inhalt

Vorwort

Nur wer des Menschen Angst versteht, begreift den Menschen ganz – in seinerGröße wie in den Facetten seiner ständigen Gefährdung. Der 1. Bd. von «Atemdes Lebens» endete mit diesem Thema, der 2. Bd. beginnt damit: Wie, wenn dieAngst uns an die Nieren geht, wenn sie uns ans Herz greift, wenn sie das Im-munsystem durchlöchert? Was Psychoanalytiker jahrzehntelang nur ahnten,ist mit den Mitteln von Neurologie und psychosomatischer Medizin heute instrengem Sinne beweisbar. Dochwie erst, wennMenschen unter dem ständigenStreß vonKrankheit, Schmerz undAngst in Depressionen fallen oder wenn dieWidersprüche der Welt, in der sie aufzuwachsen hatten, ihre Seele zu schizo-phrenen Bewußtseinszuständen zu zersplittern drohen? Angst ist nur möglich,wo Bewußtsein ist; was aber ist Bewußtsein, was Selbstbewußtsein, was Sub-jekt, was Ich, Person und Seele?

Längs durch die ganze abendländische Philosophiegeschichte zieht sich dieschier unlösbare Frage nach dem Verhältnis von Materie und Geist, von Leibund Seele, von «Realität» und «Idealität». Die modernen Naturwissenschaften(Kybernetik, Informatik, Genetik, Biopsychologie, Neurologie u. a.) erarbei-ten derzeit eine Reihe vonModellen, um zu erklären, wie imVerlauf der Evolu-tion die Gehirne von Wirbeltieren zu all den phantastischen Leistungen ihrerSinneswahrnehmungen, ihrer Gefühle, ihres Erinnerungsvermögens, ihres bio-graphischen Gedächtnisses befähigt wurden. Wo Theologen bis in die Gegen-wart hinein das «Eingreifen» eines «Schöpfergottes» postulieren und an dieExistenz einer substantiellen Geistseele zu glauben vorschreiben, erklären sichdie komplexen Phänomene «geistigen« Lebens methodisch offensichtlich ein-facher durch die hierarchische Zusammenschaltung parallel verarbeitenderneuronalerModule bzw. durch dasAuftreten emergenter Eigenschaften von ei-ner bestimmten Organisationshöhe neuronaler Netzwerke an. Doch keine Er-klärung vermag die Angst zu beseitigen, die dazu gehört, inmitten dieser Weltsich seiner selbst bewußt zu werden. Ursprünglich eingerichtet, um im Über-lebenskampf flexibler reagieren zu können, wird das Bewußtsein zu einerschweren Hypothek des Daseins; daraus entstanden, in einer sozialen Gruppedie eigene Rolle erkennen und einnehmen zu können, taucht mit dem Selbst-

bewußtsein auch derKampf umMacht und Selbstdurchsetzung auf. Nur um somehr stellt fortan sich die Frage, was oder wer wir selber sind. Nicht weil siefalsch wären, sondern weil sie an dieser entscheidenden Stelle versagen, sinddie Antworten der Naturwissenschaften ergänzungsbedürftig der Religion.

Die wohl wichtigsten Fragen derGegenwart stellen sich nicht in denAusein-andersetzungen der – machtpolitisch, nicht eigentlich religiös – miteinanderkonkurrierenden monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum undIslam), sondern in dem längst überfälligen Dialog zwischen der Weisheitslehredes Buddhismus und der Frömmigkeitshaltung des Westens: wie erlöst manden Menschen von der Egozentrik seiner Angst, die dazu gehört, sich seinerLage in der Welt bewußt zu werden? Sind Selbstbewußtsein und Person nurTäuschungen, die das Gehirn sich selbst erzeugt, oder bilden sie Erfahrungs-räume von etwas Absolutem, das in sich selbst personhaft ist? Indem diemoderneNeurologie die uraltenMenschheitsfragen nach der «Seele»mit empi-rischenMitteln zu beantworten versucht, macht sie die Religion nicht überflüs-sig, sie weist ihr allerdings den Raum zu, der ihr, recht verstanden, zukommt:den Raum der Daseinsdeutung, nicht derWelterklärung.

Immer wieder wurden in der Religionsgeschichte bestimmte Bewußtseins-zustände, hervorgerufen durch Drogen, epileptoide Halluzinationen, man-gelnde Versorgung spezifischer Hirnareale mit Sauerstoff oder durch elek-tromagnetische Felder, als Manifestationen göttlicher Mächte und Gestaltengedeutet; an all diesen Stellen kann und muß die Neurologie heute das Werkder Aufklärung vollenden: Gott, Seele, Freiheit und Unsterblichkeit sind keineBegriffe naturwissenschaftlichen Denkens; die Religion darf Gott nicht ver-gegenständlichen, will sie nicht Glauben in Aberglauben, Mystik in Magie undFrömmigkeit in Fetischdienst verwandeln. Jenseits der Erklärungen derNatur-wissenschaften aberwerden die Inhalte desReligiösen nur desto dringlicher, umdie Trostlosigkeit des menschlichen Daseins inmitten einer Welt zu heilen, dieden Wert des Individuellen nicht zu kennen scheint, in der Gerechtigkeit nichtvorkommt und für dieMitleid gar erscheinenmuß alsHindernis in der brutalenStrategie der Durchsetzung der Fittesten. Offenbar muß man die PersonalitätGottes glauben, um die Person desMenschen nicht demZynismus des Kosmosund der menschlich-unmenschlichen Geschichte auszuliefern, muß man daskleine Leben von Menschen und Tieren ins Unendliche setzen, damit es mehrsei als eine Verrechnungsstelle im Energiehaushalt des Ganzen, muß man dieLiebe für wirklicher nehmen als die Aggressionsreflexe archaischer Angst.

Was also folgt aus den (bisherigen) Ergebnissen der modernen Biopsycholo-gie und Neurologie? Beläßt man den Menschen in dem Erfahrungsraum, aus

14 Vorwort

dem diese Erkenntnisse stammen, so droht er, als Teil der Natur, zum Gegen-stand beliebiger Manipulationsversuche zu werden, in gesellschaftlicher Ver-mittlung vorangetrieben von den gleichen Mechanismen, denen die Evolutiondes Lebens selber sich verdankt. Der, biblisch gesprochen, «alte Mensch» wirddann die Gefangenschaft seiner Angst, die Rücksichtslosigkeit wechselseitigerKonkurrenz und die Unbewußtheit seiner selbst inmitten eines ausuferndenHerrschaftswissens ohne Weisheit bis dahin treiben, daß ein wirklich Neuesnicht entstehen kann. Oder es tragenNeurologie und Theologie gemeinsam zueiner wirklichen Kulturrevolution bei: Noch niemals waren uns die Angst undder Schmerz schon der Tiere so sichtbar wie in unseren Tagen; noch niemalstraten die Hilflosigkeit und die Ausgesetztheit des Menschen, seine Unfreiheitund seine Armseligkeit so eindrucksvoll ins Blickfeld, wie es derzeit geschieht.Und jetzt: nur einen Schritt weiter noch in die Zukunft – und wir könnten amSchnittpunkt der psychoanalytischen Neurosenlehre, der neurologischenTheorien von Gehirn und Geist sowie der Lehre von Fall und Erlösung desMenschen in der (christlichen) Theologie uns befinden: an einem Ort, da allesErklären sich öffnet zu einer tieferen Form des Verstehens, da unser aller krea-türliche Armut sich weitet zu einem universellen Erbarmen und da die empö-rende Aufdringlichkeit des Leids ihre Antwort findet in der Empathie einesMitgefühls ohne Grenzen.

In der Reihe «Glauben in Freiheit» stellt der vorliegende Band einen Ab-schluß dar; er entspricht thematisch denn auch am ehesten dem, was in der klas-sischen Dogmatik als «Eschatologie» bezeichnet wurde. Ausgehend von einerArt psychologischer Fundamentaltheologie in Bd. 1 (Tiefenpsychologie undDogmatik. Dogma, Angst und Symbolismus) über die «Christologie» (Bd. 2:Jesus von Nazareth – Befreiung zum Frieden) waren die nächsten drei Bändeder «Schöpfungslehre» gewidmet: Bd. 3,1 (Der sechste Tag) beschäftigte sichmit der Herkunft des Menschen, Bd. 3,2 (. . . und es geschah so) mit der Entste-hung und dem Aufstieg des Lebens und Bd. 3,3 (Im Anfang . . .) mit dem Ur-sprung der Entfaltung des Universums. Alle theologisch relevanten Gebieteder modernen Naturwissenschaften: Paläontologie, Biologie und Kosmologietreten somit vor dem Hintergrund der Erlösungssehnsucht des Menschen undder befreienden Botschaft des Mannes aus Nazareth in einen ebenso wichtigenwie spannenden Dialog ein, der in die Frage der beiden Bände von «Atem desLebens» mündet: Was dürfen wir hoffen?

Besonderer Dank sei Frau Beate Wienand gesagt für die überaus engagierteund sorgfältige Abschrift des Manuskriptes und dem Setzer für eine Leistung,die mir als Autor immer neu als bewundernswert erscheint.

Vorwort 15

CVon einigen Fehlfunktionen des Gehirns

oder:Wenn die Seele krankwird

1. Psychosomatische Erkrankungen

DieArt undWeise, wie wirmitAngst umgehen, wirft nicht nur ein Licht auf dieForm unserer Kultur und unseres Selbstverständnisses, sie definiert zugleichdie Grenze der Behandelbarkeit einer Vielzahl von Erkrankungen, deren Ursa-che wesentlich in chronifizierten Ängsten und chronischem Streß gelegen ist.Wenn es die Seele ist, die krank macht, so kommt es darauf an, sie selbst zu hei-len; und gerademit dieser Aufgabe sind – durch die Fortschritte derNeurologiein den letzten drei Jahrzehnten – überraschend neueHerausforderungen an un-ser medizinisches und philosophisch-theologisches Menschenbild verbunden.Wir müssen umdenken.

a) Vorläufiges zur Psychosomatik

Daß Krankheiten geistigen Ursprungs sind, drückte sich in den frühen Stam-meskulturen in einem handfesten, religiös-gebundenen Geisterglauben aus.Beschwörung und Magie standen wohl am Anfang aller «ärztlichen» Kunst.(Vgl. huldrych m. koelbing: Arzt und Patient in der antiken Welt, 9–26:Ärztliche Tätigkeit bei primitiven Völkern.) In der Geschichte des Abendlan-des war es die «Aufklärung» der griechischen Naturphilosophie, die den Wegfür einen «rationalen» Umgang mit dem vielfältigen Phänomen der Krankheitbereitete (vgl. huldrych m. koelbing: A. a. O., 65–77: HippokratischeWis-senschaft: Krankheit als Naturvorgang); doch ging dasWissen um die seelischebzw. geistigeHerkunft der Krankheit in der Antike niemals ganz verloren.Hö-renwir nur, wie platon seinen Lehrer sokrates (um 470 – um399) von einemthrakischen Schamanen und Priesterarzt berichten läßt: «Aber Zamolxis, unserKönig, sprach er (sc. der Priesterarzt, d.V.), der ein Gott ist, sagt, so wie mannicht unternehmen dürfe, die Augen zu heilen ohne den Kopf noch den Kopfohne den ganzen Leib, so auch nicht den Leib ohne die Seele . . . Denn alles,sagte er, entspränge aus der Seele, das Böse und das Gute dem Leibe und demganzenMenschen, und ströme ihm von dorther zu, wie aus demKopfe denAu-gen . . . Die Seele aber, . . . sagte er, werde behandelt durch gewisse Besprechun-gen, und diese Besprechungen wären die schönen Reden.» (Charmides, Kap. 5,

19

156d – 157a, Werke I 132) Diese Worte sollten wohl, bereits im 5. Jh. v. Chr.,wie eineWarnung vor einemDenken wirken, das in Krankheit und Leid nichtsweiter zu sehen gewillt ist als einen organischen Schaden oder als einen (mecha-nischen) Fehler von Organfunktionen; anscheinend wollten sie eine Art Ge-sprächstherapie anempfehlen.

Auch das Wissen um die heilende Kraft der Träume blieb den Priesterärztendes Gottes Asklepios im Heiligtum von Epidauros stets eigen. (Vgl. karl ke-rényi:Der göttliche Arzt, 17–48: DieHeilungen in Epidauros.) Eine ganzheit-liche Sicht auf denMenschen vertrat vor allem der Religionsgründer undWeisepythagoras (um 582–497/496), der zwar keine Schriften hinterließ, dochdessen Lehren sich in den Kreisen seiner Schüler über lange Zeit hin verbreite-ten. (Vgl. karl kerényi: Pythagoras und Orpheus, in: Humanistische Seelen-forschung, 15–51.) «Ins Gleichgewicht bringend und heilend», heißt es inDieGoldenen Verse, «wirst du die Psyche vor Leiden bewahren» (Vers 66, S. 22);und sein Biograph jamblichus (283–330) spricht davon, daß pythagoras«Freundschaft aller mit allen und noch dazu mit manchen vernunftlosen Lebe-wesen durch Gerechtigkeit» lehrte, «durch das Bewußtsein der natürlichenVerflochtenheit und Solidarität. Freundschaft des sterblichen Leibes in sichselbst, Befriedung und Versöhnung der einander entgegenwirkenden Kräfte,die in ihm verborgen sind, durch Gesundheit, entsprechende Lebensführungund durch Besonnenheit nach demVorbilde des Gedeihen schaffenden Zusam-menwirkens unter den kosmischen Elementen.» (Pythagoras, XXXIII; 229;S.183) Da galt die Harmonie des Menschen mit der ihn umgebenden Naturund mit sich selbst als die eigentliche Quelle von Glück und Gesundheit. (Zuden Heilverfahren der Schamanen und der göttlichen Ärzte in der Antike vgl.e. drewermann: Tiefenpsychologie und Exegese, II 74–114; 141–188; zu demKult des Heilgottes Asklepios vgl. antje krug: Heilkunst und Heilkult, 120–187.) Noch der römische Philosoph seneca (um 4v. Chr. – 65 n. Chr.) wußte,daß «bei jeder Krankheit am gewichtigsten» seien: «Furcht vor dem Tod, kör-perlicher Schmerz, Unterbrechung der Genüsse» (An Lucilius, IX 78,6, in: Phi-losophische Schriften, IV 131), und er berichtete davon, daß «zu guter Gesund-heit beigetragen meine Freunde, durch deren Zuspruch, Nachtwachen,Gespräche ich Erleichterung empfand». (A. a. O., IX 78,4, S.129)

Leider hat das Christentum über die «naturwissenschaftlichen» Forschungs-ansätze der Alten Griechen und Römer eine 1500 Jahre währende Stagnationgebreitet, so daß alle methodisch wie inhaltlich bereits gewonnenen Einsichtenin der Renaissance-Zeit buchstäblich «wiedergeboren» werden mußten. Undebenso, ja, mehr noch sorgte es dafür, daß auch die «psychotherapeutischen»

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Heilverfahren derGriechen dem «Vergessen» anheimfielen. Vom 16. Jh. an ent-wickelte sich die Medizin deshalb auf merkwürdige Weise seelenlos, indem dieLinie, welche von hippokrates (460–377) über claudius galen (129–199)vermittels der byzantinischen und arabischenHeilkunde insMittelalter geführthatte, sich nun mit der Entwicklung einer «naturwissenschaftlichen» Vor-gehensweise auf der Basis der alten Säftelehre verband. (Zur Person, zumWerkund zu den Schülern des hippokrates vgl. antje krug:Heilkunst und Heil-kult, 39–69, davon S. 64–69 zu galen; huldrych m. koelbing: Arzt undPatient in der antiken Welt, 78–95: Hippokratische Praxis; heinz goerke:Arzt und Heilkunde, 19–22: Die Medizin im Römischen Reich und die Schrif-ten des Galen.) Die « platonische» beziehungsweise «asklepische» Linie derMedizingeschichte indes fand im 16. Jh. insbesondere in paracelsus (PhilippAureolus Theophrast Bombast von Hohenheim, 1493–1541) ihren Vertreterund Verkünder, jedoch in einer Weise, die unter Verzicht auf eine methodischkohärente Argumentationsform sich bereits in ihrer Zeit schwertat, verständ-lich zu bleiben. In seinen sieben Verteidigungsreden von 1538 (posthum 1564in Köln; Septem Defensiones:Die Selbstverteidigung eines Außenseiters, Basel2003) schreibt dieser Hauptvertreter einer «alternativen» Medizin allerdingsden Ärzten aller Zeiten die nachdenkenswerten Sätze ins Stammbuch: «DerArzt . . . muss . . . aus Gott empfangen, was er vermag. So wie die Medizin nichtvom Arzt kommt, sondern von Gott . . .» (A. a. O., 49) Und er hebt hervor:«Man muss sehen, dass es zweierlei Ärzte gibt – solche, die aus der Liebe han-deln, und solche, die aus Eigennutz handeln.» (A. a. O., 79) Ja, er beklagt vornun schon fast 470 Jahren: «Es ist Brauch bei den Doktoren geworden . . ., dassein Krankenbesuch einenGulden kosten soll, auchwennman ihn gar nicht ver-dient, und dass die Harnuntersuchung und anderes mit festen Sätzen abgerech-net wird. Dass einer mit dem andern Mitleid hat und dem Gebot der Liebefolgt, wird weder Brauch noch Usus. Es soll kein Gesetz gelten ausser: Nimm!Nimm! . . . So kommen sie zu goldenen Ketten . . . (Aber, d.V.:) Wie ein Göt-zenbild geschmückt herumzulaufen ist ein Greuel vor Gott.» (A. a. O., 83) ZuRecht versteht paracelsus die ärztliche Behandlung als ein dialogisches Ge-schehen und stellt von daher die Frage nach der inneren Läuterung des Arztes;aber er tut dies im Rahmen alchimistischer Vorstellungen von Mensch undWelt, die allenfalls in symbolistischer Deutung uns Heutigen noch etwas zu sa-gen haben. Ansonsten bleibt paracelsus so etwas wie das schlechte Gewissenin der Entwicklung neuzeitlicher Medizin, nicht unähnlich dreihundert Jahrespäter samuel hahnemann (1755–1843), dessen Homöopathie bis heute umihre Anerkennung durch die «Schulmedizin» ringt.

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Es dauerte bis in die Zeit der Romantik im 19. Jh., daß das «psychosomati-sche» Wissen der hellenistischen Antike neu entdeckt und gehoben werdenkonnte. Der Name «psychosomatisch» geht wohl auf johann christianaugust heinroths (1773–1843) Lehrbuch der Anthropologie von 1822 zu-rück, dessen theologisch-romantische Auslegung in der Krankheit eine Folgeder Sünde erblickte. (Vgl. werner leibbrand: Romantische Medizin, 1937.)Diese metaphysisch-moralistische Einstellung der Krankheit gegenüber warzweifellos geeignet, dem Leid der Patienten noch das Schuldgefühl hinzuzufü-gen, und doch versuchte sie zumindest, den Menschen als Subjekt der Krank-heit zu reklamieren – gegenüber der wachsenden Neigung, den Körper desMenschen als ein bloßes Automaton zu betrachten.

Seltsame Auffassungen entstanden aus diesem Ansatz. In seiner Monogra-phie Heilung durch den Geist hat stefan zweig (1881- 1942) die eigentümli-chen Praktiken eines franz anton mesmer (1734–1815) mit seinem «anima-lischen Magnetismus» ebenso zu würdigen versucht wie die «Psychologie desWunders» in dem Heil-Imperium der mary baker-eddy (1821–1910), um soerst, als Krönung und Synthese, auf seinen Freund und Lehrmeister sigmundfreud (1856–1939) zu sprechen zu kommen. Suggestion, Glaube und Selbst-erkenntnis traten im 19 Jh. zusammen, um die Gestalten von Arzt und Priester,um Beruf und Berufung wieder aufeinander zuzuführen und so die «Entper-sönlichung und vollkommene Entseelung der Heilkunde» (stefan zweig:Heilung durch den Geist, 13) durch «ein uns noch geheimes Gesetz höhererZusammenhänge zwischen Körper und Seele» zu überwinden; «genug schondies für unsere Zeit», meinte, bescheiden geworden, dieser große Psychologeunter den Dichtern des 20. Jhs. mit Blick auf seine Gegenwart, «daß sie (sc. dieMedizin, d.V.) dieMöglichkeit der Kuren auf rein seelischemWege nicht längerleugnet». (stefan zweig: A. a. O., S.17)

sigmund freud selber, der «als Begründer einer psychoanalytischen Psy-chosomatik angesehen werden» darf (vgl. ulrich schultz-venrath: Pro-bleme der Wiederentdeckung – Zum verlorenen Erbe einer psychoanalytischenPsychosomatik, in: Bernhard Strauß – Adolf-Ernst Meyer: PsychoanalytischePsychosomatik, 19–26), begründete seine Sichtveränderung von einer rein na-turwissenschaftlichen Betrachtungsweise der Krankheit zu einer «verstehen-den» Durcharbeitung seelischer Konflikte mit einer gewissermaßen «dichteri-schen» Form der Wahrnehmung und Darstellung des Krankheitsgeschehens.Zum Abschluß seiner Studien über Hysterie von 1895, die er zusammen mitjosef breuer herausgab, notierte er: «Ich bin nicht immer Psychotherapeutgewesen, sondern bin bei Lokaldiagnosen und Elektroprognostik erzogen

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worden wie andere Neuropathologen, und es berührt mich selbst noch eigen-tümlich, daß die Krankengeschichten, die ich schreibe, wie Novellen zu lesensind, und daß sie sozusagen des ernsten Gepräges derWissenschaftlichkeit ent-behren. Ich mußmich damit trösten, daß für dieses Ergebnis die Natur des Ge-genstandes offenbar eher verantwortlich zu machen ist als meine Vorliebe; Lo-kaldiagnostik und elektrische Reaktionen kommen bei dem Studium derHysterie eben nicht zur Geltung, während eine eingehende Darstellung derseelischen Vorgänge, wie man sie vomDichter zu erhalten gewohnt ist, mir ge-stattet, bei Anwendung einiger weniger psychologischer Formeln doch eineArt von Einsicht in denHergang einer Hysterie zu gewinnen. Solche Kranken-geschichten wollen beurteilt werden wie psychiatrische, haben aber vor letzte-ren eines voraus, nämlich die innige Beziehung zwischen LeidensgeschichteundKrankheitssymptomen, nach welcher wir in den Biographien anderer Psy-chosen noch vergebens suchen.» (GesammelteWerke, I 227) ImRückblick vonjetzt mehr als 100 Jahren enthalten dieseWorte ein bis heute uneingelöstes Pro-gramm: ein Arzt, um heilend und hilfreich zu sein, müsse etwas von einemDichter an sich haben, oder anders ausgedrückt: es sei das Dichterische ein sozentraler Teil desMenschlichen, daß sich anders ein heilender Einfluß auf einenPatienten nicht ausüben lasse. (Vgl. dazu e. drewermann: Jesus vonNazareth,259–270: Von Dichtung und Therapie.) Es wird sich gleich noch zeigen, wiesehr psychosomatische Erkrankungen mit einer Unfähigkeit zu tun haben, ei-gene Erlebnisse undGefühle inWorte zu fassen beziehungsweise «dichterisch»darzustellen; die entscheidende Hilfestellung besteht von daher wohl wirklichin der Wiederentdeckung des «Dichterischen» in der eigenen Existenz. Wasaber wird dann zur Sprache kommen und welche Probleme werden dabei alskrankheitverursachend in Erscheinung treten?

Wie sonderbar die Anfänge einer «psychosomatischen» Medizin zu Beginndes 20. Jhs. noch wirken konnten und zweifellos manchmal auch waren, schil-dert (in der ihm eigenen Mischung aus interessierter Aufgeschlossenheit undironischer Distanz) ein anderer großer Dichter – thomas mann (1875–1955)in seinemArzt-RomanDer Zauberberg, in dem er die Lehre freuds durch denMund eines gewissen Dr. Krokowski zu Wort kommen läßt, der «das Wort‹Liebe› beständig in einem leise schwankenden Sinn» verwandte, «so daß manniemals recht wußte, woran man damit war und ob es Frommes oder Leiden-schaftlich-Fleischliches bedeute». (4. Kap., Analyse, S.134) Eben dieses Zwei-deutige bildet denKern der psychoanalytischen Krankheitslehre; denn, wie Dr.Krokowski erläutert, sei die Liebe unter «allen Naturtrieben . . . der schwan-kendste und gefährdetste, von Grund aus zur Verwirrung und heillosen Ver-

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kehrtheit geneigt, und das dürfe nicht wundernehmen. Denn dieser mächtigeImpuls sei nichts Einfaches, er sei seiner Natur nach vielfach zusammengesetzt,und zwar, so rechtmäßig wie er als Ganzes auch immer sei, – zusammengesetztsei er aus lauter Verkehrtheiten. Daman nun aber . . . richtigerweise ablehne, ausder Verkehrtheit der Bestandteile auf die Verkehrtheit desGanzen zu schließen,so sei man unweigerlich genötigt, einen Teil der Rechtmäßigkeit des Ganzen,wenn nicht seine ganze Rechtmäßigkeit, auch für die einzelne Verkehrtheit inAnspruch zu nehmen . . . Seelische Widerstände und Korrektive seien es, an-ständige undordnende Instinkte . . ., unter deren ausgleichender und einschrän-kender Wirkung die verkehrten Bestandteile zum regelrechten und nützlichenGanzen verschmölzen, – ein immerhin häufiger und begrüßenswerter Pro-zeß . . . In einem anderen Falle dagegen gelinge er nicht . . . In diesem Falle näm-lich eigne beiden Kräftegruppen, dem Liebesdrange sowohl wie jenen gegneri-schen Impulsen, unter denen Scham und Ekel besonders zu nennen seien, eineaußerordentliche . . . Anspannung undLeidenschaft . . . DieserWiderstreit zwi-schen denMächten der Keuschheit und der Liebe . . . endige scheinbar mit demSiege der Keuschheit. Furcht, Wohlanstand, züchtiger Abscheu, zitterndesReinheitsbedürfnis, sie unterdrückten die Liebe, hielten sie inDunkelheiten ge-fesselt, ließen ihre wirren Forderungen höchstens teilweise, aber bei weitemnicht nach ihrer ganzen Vielfalt und Kraft ins Bewußtsein und zur Betätigungzu. Allein dieser Sieg der Keuschheit sei nur ein Schein- und Pyrrhussieg, dennder Liebesbefehl lasse sich nicht knebeln, nicht vergewaltigen, die unterdrückteLiebe sei nicht tot, sie lebe, sie trachte im Dunklen und Tiefgeheimen auch fer-ner sich zu erfüllen, sie durchbreche den Keuschheitsbann und erscheine wie-der, wenn auch in verwandelter, unkenntlicher Gestalt . . .: In Gestalt derKrankheit! Das Krankheitssymptom sei verkappte Liebesbetätigung und alleKrankheit verwandelte Liebe.» (thomas mann: A. a. O., 134–136)

Ganz in diesem Sinne lehrte in jenen Tagen der Baden-Badener Arzt georggroddeck (1866–1934), der als erster die Bedeutung der freudschen Theo-rien für die organischen Erkrankungen erkannte. InDas Buch vom Es aus demJahre 1923 schrieb er: «Die Erkrankung hat einen Zweck, sie soll den Konfliktlösen, verdrängen oder das Verdrängte am Bewußtwerden verhindern; sie sollfür die Übertretung des Verbots bestrafen, und das geht so weit, daß man ausder Art und dem Ort und der Zeit der Erkrankung auf Art, Ort und Zeit derstrafbaren Sünde Rückschlüsse machen kann. Wer den Arm bricht, hat mitdem Arm gesündigt oder wollte damit sündigen, vielleicht morden, vielleichtstehlen oder onanieren; wer blind wird, will nicht mehr sehen, hat mit den Au-gen gesündigt oder will mit ihnen sündigen; wer heiser ist, der hat ein Geheim-

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nis und wagt es nicht laut zu erzählen. Die Erkrankung ist aber auch das Sym-bol, eine Darstellung eines inneren Vorgangs, ein Theaterspiel des Es, mit demes verkündet, was es mit der Zunge nicht auszusprechen vermag. Mit anderenWorten, die Erkrankung, jede Erkrankung, mag sie nervös oder organisch ge-nannt werden, und auch der Tod, sind ebenso sinnvoll wie das Klavierspieloder das Anzünden eines Streichholzes oder das Übereinanderschlagen derBeine. Sie sagen etwas vom Es aus, deutlicher, eindringlicher als die Sprache esvermag, ja als das ganze bewußte Leben es kann. Tat tvam asi (sc. sanskrit: dasbist du, d.V.).» (georg groddeck: A. a. O., 118–119)

Man hat gewiß schon damals und wird auch heute den Einwand geltend ma-chenmögen, es handle sich in diesenWorten um gleich zweiMaßlosigkeiten imBehaupten: «jede» Krankheit? Das muß falsch sein. Und: «ist . . . das Sym-bol . . . eines inneren Vorgangs»? Kopfschmerz, Lungenentzündung, Krebs –sie sollten alle gleichermaßen nichts als «ein Theaterspiel des Es» aufführen?Leuten wie groddeck (und zahlreichen hier nicht weiter genannten Psycho-analytikern; vgl. ulrich schultz-venrath: Probleme der Wiederentdek-kung – Zum verlorenen Erbe einer psychoanalytischen Psychosomatik, in: B.Strauß – A.-E. Meyer: Psychoanalytische Psychosomatik, 15–18: Die zwanzi-ger Jahre als Höhepunkt der psychoanalytischen Psychosomatik) gebührtzweifellos das Verdienst, der subjektiven Seite des Krankheitsgeschehens (dem«Sündhaften» der Seele) wieder einen angemessenen Stellenwert eingeräumt zuhaben; – Krankheiten können eine Bedeutung, eine «Botschaft» besitzen, dieeine hermeneutische (griech.: hermeneúein – auslegen, übersetzen) Behand-lungsweise erfordert; in Zeiten einer rein naturwissenschaftlich bestimmten Pa-thologie wurde für zahllose Patienten mit dieser These überhaupt erst (wieder)ein Raum geschaffen, in dem sie sich in ihren Gefühlen und Gedanken verstan-den, statt als biomechanische «Objekte» betrachtet finden konnten. Anderer-seits beging die frühe Psychoanalyse – und ihre ärztlichen Propagandisten –

den Fehler, einen begrenzt richtigen Erklärungsansatz zu überdehnen. In dem,was er alsKonversionshysterie beschrieb, hatte sigmund freud eine Reihe vonSymptomen (Schmerz, Schwindel, Erbrechen, Lähmungen usw.) auf den «Me-chanismus einer Konversion zum Zwecke der Abwehr» unliebsamer Trieb-regungen zurückgeführt (Studien über Hysterie, in: Gesammelte Werke, I 210)und in derlei Symptomen den Ausdruck einer Kompromißbildung zwischenWunsch und Widerstand erblickt, ganz wie er wenig später das Traumsymbolaus den gegensätzlichen Strebungen von Überich und Es hervorgehen sah.Was im Traum das Symbol, war in der Hysterie das Symptom, – doch eben nurin derHysterie, der klassischerweise der ganze Körper, soweit willkürlich steu-

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erbar, als Bühne für psychische Veranstaltungen aller Art zur Verfügung steht.Wie aber, wenn – zumBeispiel in der Zwangsneurose – eine solche darstellendeVerschiebung des Seelischen ins Somatische nicht möglich ist? Die psychischenKonflikte hören dann nicht einfach auf zu existieren, sie wirken sich nur andersaus, indem sie Dauererregungen schaffen, die das vegetative Nervensystem zuweitreichenden Fehlregulationen treiben können. Angst undÄrger, Gehemmt-heit und Frustration, aber auch deren Reaktionsbildungen: überhöhte Erwar-tungen an sich selbst und an die Umgebung nebst deren chronische Enttäusch-barkeiten, gehören zu den bevorzugten «Motoren» von Krankheiten, in denendie ungelösten Widersprüche des Psychischen sich im Somatischen nicht ein-fach symbolisch darstellen, wohl aber symptomatisch niederschlagen. Undeben dies ist der Fall in den «psychosomatischen» Erkrankungen. Man kannhier nicht mehr sagen, wie franz alexander (1891–1964) es noch in seinenVorlesungen über Psychoanalyse der Gesamtpersönlichkeit von 1924/25 tat:«Der eigentliche Krankheitsprozeß besteht . . . in der Wendung des Todestrie-bes gegen das eigene Selbst.» (A. a. O., 208) So richtig und wichtig es ist undbleibt, das seelische Erleben eines Patienten imHintergrund einer (auch) soma-tisch imponierenden Krankheit zu sehen und zu verstehen, so notwendig ist esgleichermaßen, das körperlicheGeschehen in seiner Eigengesetzlichkeit (in sei-nen neuronalen, hormonalen, immunologischen und funktionalen Abläufen)zu würdigen.

Insofern konnten die ersten Ansätze einer psychoanalytisch orientiertenPsychosomatik, die in den 20er Jahren des 20. Jhs. ihren Höhepunkt erreichten(vgl. ulrich schultz-venrath: Probleme der Wiederentdeckung – Zumverlorenen Erbe einer psychoanalytischen Psychosomatik, in: B. Strauß – A.-E.Meyer: Psychoanalytische Psychosomatik, 14–18), mit ihrer Gleichsetzungvon Symptom und Symbol nicht viel mehr sein als ein alternativisch formu-lierter Kontrapunkt zu dem exklusiv organischen Denken der Zeit, – als eineErinnerung daran, daß es eine «Seele» überhaupt gibt. Weiterentwickelt undzusammengeführt werden aber konnten die beiden in sich vereinseitigtenStandpunkte auf dem Boden der Wissenschaft wirklich wohl erst durch eineverbesserte Kenntnis des Hirnorgans, in dem alle seelischen und ein Großteilder somatischen Leiden ihren Ursprung haben. Soweit allerdings war man da-mals nicht; man darf nie vergessen, daß freud auf seine «Psychoanalyse» über-haupt nur verfiel, weil ihm deutlich wurde, daß er als bloßer Nervenarzt es nie-mals erleben werde, einem seiner Patienten mit den verfügbaren Methodenseiner Zeit wirklich zu helfen. (Zur «Vorgeschichte» der Psychosomatik vgl.kaspar weber: Einführung in die psychosomatische Medizin, 11–17; johan-

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nes cremerius: Zur Theorie und Praxis der Psychosomatischen Medizin,33–45: Freud als Begründer der psychosomatischenMedizin.)

Auf die äußerst spekulative symbolische (Einleitungs-)Phase psychosomati-scher Medizin folgte eine Epoche, die man als eine psychophysiologische be-zeichnen kann, indem man sich bemühte, die Psychoanalyse «irgendwie» indie internistische Medizin einzugliedern. (Vgl. thure von uexküll: Was istund was will «Integrierte Psychosomatische Medizin»?, in: Uexküll IntegriertePsychosomatischeMedizin in Praxis undKlinik, 17–34.)Dabeiwar beidenPar-teien klar: «Die Psychosomatiker haben recht, wenn sie darauf bestehen, manmüsse in Gesundheit und Krankheit nach den Sinnzusammenhängen des Le-bens fragen. Sie haben jedoch unrecht, wenn sie glauben, diesen Sinn schon inallen Fällen durch Symboldeutung aufdecken zu können, und sie haben weiterunrecht, wenn sie meinen, eine Analyse der Sinnzusammenhänge mache eineUntersuchung der Kausalzusammenhänge überflüssig. Die naturwissenschaft-lich eingestellten Ärzte haben daher recht, wenn sie auf der Notwendigkeit ex-akter experimenteller Methoden bestehen; sie haben jedoch unrecht, wenn siebehaupten, die Kausalanalyse mache die Frage nach dem Sinn überflüssig.»(thure von uexküll:Grundfragen der psychosomatischenMedizin, 26)

Tatsächlich tat man sich schwer, von beiden Uferseiten aus eine Brücke zubauen. felix deutsch (1884–1964) etwa versuchte, Das Anwendungsgebietder Psychotherapie in der inneren Medizin genauer zu bestimmen (in: WienerMedizinische Wochenschrift, 72. Jg., 19/1922, 809–816); andere, wie gustavrichard heyer (1890–1967), griffen auf die Hypnosetechnik zurück, umden Einfluß des Psychischen auf eine ganze Reihe vonKörperfunktionen nach-zuweisen:Das körperlich-seelische Zusammenwirken in den Lebensvorgängen,an Hand klinischer und experimenteller Tatsachen dargestellt hieß denn auchbereits der Titel von heyers Hauptwerk aus dem Jahre 1925; die Frage bliebfreilich bestehen, was ein Mensch unter Suggestion eigentlich erlebt – die Wir-kung bestimmter Hypnoseinhalte hängt natürlich von einer Reihe subjektiverVoraussetzungen ab –, und vor allem wußte vor 80 Jahren außerhalb der Psy-choanalyse kein Mensch zu sagen, warum eine Hypnosebehandlung körper-liche Abläufe zu verändern vermag.

Als nach der verheerenden Unterbrechung der «jüdischen» Psychoanalyseim sogenannten Dritten Reich die Arbeit in Deutschland im Grunde noch ein-mal ganz von vorn aufgenommen werden mußte (vgl. adolf-ernst meyer:Eine kurze Geschichte der Psychosomatik. Der Sonderweg der ehemaligenBundesrepublik, in: Uexküll Integrierte Psychosomatische Medizin in Praxisund Klinik, 35–42), war immerhin das Aufgabengebiet einer «psychosomati-

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schen Medizin» in etwa abgesteckt: Im Mittelpunkt des ärztlichen Bemühenssollte der Patient mit seiner je eigenen Biographie stehen, aus der sich seine Per-sönlichkeitsstruktur ergibt, seine Veranlagung, bestimmte Konflikte «mit-zubringen» oder auszulösen, sowie seine bisher verfolgten Lösungsstrategien;die persönliche Sicht des Kranken auf sich selbst, auf die Menschen zur Seite,auf die umgebende Welt sollte sich als Leitfaden zu Leben und Erleben einesPatienten erweisen und zugleich die Spezifität bestimmter Konflikte im emo-tionalen und dann auch im somatischen Bereich offenbar machen. Nachdemhelen flanders dunbar (1902–1959) im Jahre 1935 bereits in ihrem be-rühmten Buch Emotions and Bodily Changes (Gefühle und körperliche Verän-derungen) den Zusammenhang zwischen (biographisch bedingtem) Persön-lichkeitstyp und bestimmten Krankheitsformen herausgestellt hatte, erschien1951 nun auch in Deutschland franz alexanders (1891–1964) damals bahn-brechendes Werk Psychosomatic Medicine von 1950, in dem er die «Korrela-tion zwischen Persönlichkeit und Krankheit» in den Mittelpunkt der Betrach-tung rückte. (Vgl. franz alexander: Psychosomatische Medizin, 50.) Erschrieb: «Eine mysteriöse und unbestimmte Korrelation zwischen Persönlich-keit undKrankheit existiert nicht; immer handelt es sich um eine fest umrisseneKorrelation zwischen bestimmten emotionalen Konstellationen und gewissenvegetativen Innervationen.» (A. a. O., 50) Dabei ging es ihm nicht so sehr umdas stets nur ungenau zu erhebende Persönlichkeitsbild des jeweiligen Patien-ten, als vielmehr um eine genaue Erfassung der spezifischen Konfliktsituation,die in die Krankheit geführt hat; die spezifische Konfliktsituation galt ihm nichteinfach als «typisch» für eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur, sondern esmußte im Wesen einer Persönlichkeit einen besonderen «Persönlichkeitsfak-tor», einen Wesenszug geben, der die betreffende Person für gerade diesenKonflikt bereit machte. (Zur «Spezifitätshypothese» vgl. hubert speidel:Konzepte und Störungsbilder in der psychosomatisch-psychotherapeutischenMedizin, in: A.-E. Meyer u. a.: Jores Praktische Psychosomatik, 52–53.) Dennin der Tat: Was jemand als «Belastung», als «Überforderung», als «ärgerlich»,als «unerträglich» oder als «ganz furchtbar» erlebt, hängt natürlich weitgehendvon seiner eigenen Reaktions- und Verarbeitungsweise ab. thure von uex-küll sprach deshalb zu Recht von der Psychosomatik als von der «Einführungdes Subjekts in die Medizin» (Grundfragen der psychosomatischen Medizin,71–77) und, verbunden damit, als von der «Einführung tiefenpsychologischerForschungsmethoden»; «das bedeutet», schrieb er, «die Ereignisse, mit denender Patient konfrontiert ist, nicht so zu sehen, wie der Arzt sie sieht und beur-teilt, sondern wie der Patient sie sieht und erlebt.» (A. a. O., 79) Empathie, Sen-

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sibilität, einfühlendes Verstehen wurden damit die Hauptarbeitsmittel einerpsychosomatischen Heilkunde.

Im einzelnen implizierte die «Einführung des Subjekts in die Medizin» eineganze Reihe von Aussagen; hans schaefer (Das Prinzip Psychosomatik, 91)zählt u. a. auf: «Keine Krankheit ist vollständig beschreibbar, ohne daß derKrankheitsträger, der Patient, in diesem Beschreibungsversuch vorkommt. –. . . Weder die Pathogenese der Krankheit ist ohne Beachtung seelischer Wir-kungsflüsse vollständig noch ist eine Therapie ohne die seelischen Kontaktevollständig (d. h. erfolgreich) denkbar . . . – . . . Mit der von außen (genetisch,durch Umwelteinflüsse) erzwungenen Krankheit muß der Patient ‹fertig› wer-den. Er tut das mit wechselndem Erfolg, und es treten viele Rückkopplungenauf; derart, daß der Patient auf die von außen erzwungene Krankheit emotionalund damit wiederum pathogen – das heißt: Krankheitssymptome produzie-rend – reagieren kann. Durch Emotionen kann . . . somatische Krankheit ent-stehen, die dann erneut an denKranken die Anforderung stellt, mit eigener Lei-stung, die von ihm erzeugten Symptome zu begrenzen, zu ändern oder zuertragen. – . . . Der zur Analyse der psychosomatischen Phänomene . . . be-nutzte methodische Dualismus setzt keinerlei Annahme über Monismus oderDualismus im Sinne der Ontologie voraus.» Auf die philosophische Seite derLeib-Seele-Problematik werden wir im zweiten Teil dieses Buches noch aus-führlich zu sprechen kommen.

Eine Frage blieb es freilich, wie sich die Eigenart einer Persönlichkeit, die zu«Somatisierungen» neigt, genauer beschreiben lasse; infrage kam dabei vor al-lem eineUnfähigkeit, innere Konflikte nach außen zu tragen und in der Realitätaufzulösen. So entwickelte sich – erstaunlich spät – in den 70er Jahren des20. Jhs. das Alexithymie-Konzept. (Vgl. friedhelm lamprecht: AllgemeinePsychosomatik und Modellvorstellungen, in: Wielant Machleidt u. a.: Psych-iatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, 121–129, S. 124; siegfried zepf –l. tschirch:Zur empirischen Überprüfung der Alexithymie mit dem semanti-schen Differential, in: Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psycho-logie, 37/1981, 15–22.) Der Name Alexithymie besagt soviel wie «nicht in derSeele beziehungsweise in den Emotionen lesen können» (von griech.: a – nicht;die lexis – Anteil, Lesen; der thymós – Lebenskraft, Wille, Gemüt, Mut, Ge-fühl). Man fand, daß Patienten mit psychosomatischen Symptomen sich offen-bar schwertun, von ihren «wirklichen» Gefühlen zu reden. Neben einem auchgestisch und mimisch reduzierten Ausdrucksvermögen und einer insgesamtstarren Körperhaltung sah man die wesentlichen Charakteristika der Alexithy-mie vor allem in «Schwierigkeiten im Beschreiben und Identifizieren von Ge-

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fühlen, – Schwierigkeiten, zwischen Gefühlen und den körperlichen Anzeichenemotionaler Aktivierung zu unterscheiden, – einer unzureichend entwickeltenVorstellungskraft, die sich beispielsweise in einem Fehlen von Phantasietätig-keit äußert, – einem nach außen orientierten Denkstil.» (susanne altmeyer:Psychosomatische Medizin, in: Alexander Trost – Wolfgang Schwarzer: Psy-chiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie für psycho-soziale und pädagogi-sche Berufe, 292–293) In gewissem Sinne sind Alexithymie-Patienten gefühls-blind, und zwar nicht, weil sie etwa keine Gefühle hätten, sondern weil sie zeitihres Lebens erfahren mußten, daß es auf ihr «Innenleben» nicht ankam; siehatten ihre Gefühle in freudschem Sinne zu «verdrängen» zu Gunsten eineseher rationalen, technisch-praktischen Denkstils und eines funktional korrek-ten Verhaltens. Man kann sich daher gut vorstellen, daß der nicht zugelasseneverbale (bewußte) Ausdruck sich in die Ersatzsprache körperlicher Symptom-bildungen verlagert.

Unter diesen Voraussetzungen lag (und liegt) es am nächsten, eine Verbin-dung von Psychoanalyse und Schulmedizin durch eine Neuinterpretation desfreudschen Begriffs der Konversion anzustreben, «in dem», wie thure vonuexküll meinte, «sich eine Möglichkeit andeutet, die dualistische Trennung(sc. von Seele und Körper, d.V.) zu überwinden.» (Grundfragen der psycho-somatischenMedizin, 82) «Es war . . . nur . . . nötig, dieMotive, die sich Körper-liches (als Gelegenheitsapparat) dienstbarmachen, nicht nur im bewußten, son-dern auch im unbewußten Bereich zu suchen.» (A. a. O., 89) Diese Annahmeknüpfte fugenlos an freuds Grundidee an, und sie «erklärte . . . die bis dahinvöllig rätselhafte Tatsache, daß sich die körperlichen Symptome der sogenann-ten Konversionshysterie fast ausschließlich auf die Organe beschränken, dienormalerweise unserem bewußten Willen unterstehen. Das sind einmal dieMuskeln unserer Gliedmaßen, die wir willkürlich bewegen können. Sie werdenbei der Konversionshysterie von Konvulsionen, Zittern (Kriegszitterer!) odervon Lähmungen befallen. Und das sind zum anderen unsere Sinnesorgane, dieuns bei unseren Bewegungen orientieren und denen wir ja auch befehlen kön-nen, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten sollen. Hier gibt es hysterischeBlindheit, Taubheit, hysterische Störungen des Tastsinnes usw.» (A. a. O.,89–90) «Diese Grenzziehung ist . . . so ausgesprochen, daß auch Muskeln undSinnesorgane nur soweit von Störungen befallen werden, als sie dem anima-lischen, also demwillkürlichenNervensystem unterstehen. Alle anderen Funk-tionen, z. B. die Ernährung, die Regeneration, die Durchblutung dieser Orga-ne, unterstehen dem vegetativen (sc. dem autonomen, d.V.) Nervensystem undwerden nicht betroffen. Das erklärt auch, warum die befallenen Organe selbst

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nach jahrelang anhaltender Blockierung ihrer Funktion weitgehend intakt blei-ben. Sie können nach Beseitigung der seelischen Störung ihre normale Tätigkeitsofort wieder aufnehmen. Darauf beruht der verblüffende Effekt der meisten‹Wunderheilungen›, z. B. wenn nach jahrelanger Erblindung oder Taubheit derKranke plötzlich wieder sehen oder hören kann, wenn ein Gelähmter sich er-hebt und umhergeht. Bei einem Organ, dessen vegetative Funktionen gestörtsind, kommt es dagegen früher oder später zu tiefgreifenden Schädigungen.Hier braucht eine Heilung, wenn sie überhaupt noch möglich ist, immer län-gere Zeit. Diese Krankheiten eignen sich daher nicht für ‹Wunderheilungen›.»(A. a. O., 90; zum autonomenNervensystem vgl. Bd. I 249–251.)

So verstanden ist «Konversion» nicht einfach ein symbolistisch zu lesenderAusdruck eines seelischen Konfliktes; vielmehr verhindert eine unbewußteMotivation die an sich im Bewußtsein mögliche, willkürliche Steuerung vonTeilen des Sensoriums oder Motoriums: – es kommt zu einer Abwehr desTriebimpulses oder es ergreift umgekehrt ein unbewußter (weil verdrängter)Triebwunsch von dem Sensorium oder Motorium Besitz und erzwingt amBewußtsein vorbei eine Art «Ersatzbefriedigung», in der tatsächlich etwasVorgestelltes und Verstelltes symbolisch zum Ausdruck kommen kann. «DieSymptome», schreibt martin hambrecht (Psychiatrie, Psychotherapie, Psy-chosomatik, 83), «drücken den aktuell auslösenden Konflikt oft sehr präg-nant symbolisch aus: Eine . . . Mutter kann plötzlich nicht mehr sprechen,weil Mann und Kinder ohnehin nicht auf sie hören. Das Symptom entlastetdie Patientin vom eigenen inneren Druck, etwas unternehmen zu müssen(‹primärer Krankheitsgewinn›). Außerdem erhält sie Zuwendung und Ent-lastung durch Familie und Ärzte (‹sekundärer Krankheitsgewinn›). Nehmenkonversionsneurotische Störungen einen chronischen Verlauf, dann ist diesersekundäre Krankheitsgewinn in der Regel hoch (z. B. Rente und ständigeAnwesenheit des Partners aufgrund von ‹Anfällen›).» – Um sich in die Lagedieser Frau hineinzuversetzen, müßte man allerdings wohl sagen, sie schwei-ge, weil sie all die Wut und den Ärger darüber verdrängen muß, daß sie inihrer Familie «nichts zu sagen» hat; würde sie anfangen zu reden, so müßtesie Vorwürfe artikulieren, die ihre Ehe und Familie wie eine Explosion zuzerreißen drohten; – zudem entlüden ihre Äußerungen sich womöglich soanfallartig und jähzornig nach all den aufgestauten Enttäuschungen und Ver-bitterungen, daß sie zu Recht als «unangemessen» zurückgewiesen würden;die «Flucht» in das Symptom des Mutismus, des Verstummens (von lat.: mu-tus – stumm, sprachlos), ist daher vor allem ein Weg, die bestehenden Ver-hältnisse nicht zu gefährden – ein Kompromiß mit den Gegebenheiten; nicht

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um eine rein konversionshysterische Symptombildung geht es, sondern umeinen inneren Ausgleich zwischen aggressivem Protest und innerer Bindungan die Familienmitglieder um den Preis schwerer Verdrängungen und Ichein-schränkungen.

All das betrifft freilich zunächst «nur» das willkürliche Nervensystem. Dereigentliche Übergang zur Psychosomatik hingegen erfolgt erst, wenn sich zei-gen läßt, wie seelische Vorgänge das autonome (vegetative) Nervensystem aufeine Weise beeinflussen, daß es zu Funktionsstörungen und Veränderungen(Schädigungen) bestimmter Körperorgane kommt: Wo bleibt zum Beispiel indem genannten Fall die Erregungssumme der verdrängten Aggressionen? ZurBeschreibung dieses «Grenzübergangs» von seelischem Erleben zu körper-licher Erkrankung steht einerseits die immer genauere Kenntnis der Zusam-menhänge von Neurologie, Endokrinologie und Immunologie, andererseitsdas psychodynamische Konzept der Spezifität eines Konfliktes für eine be-stimmte Persönlichkeit zur Verfügung. Die Verbindung zwischen beiden Ge-dankenreihen indessen weist notwendigerweise einen eigenartigen logischenRiß auf: Es ist nicht möglich, das Episodische einer individuellen Biographiezu verallgemeinern, – also zu behaupten: Weil dieser mein Magenulcus-Patientehrgeizig, fleißig und gewissenhaft ist, ohne die in seinen Augen gerechte Aner-kennung und Wertschätzung zu erfahren, muß Magenulcus als Resultat uner-füllterGeltungssucht betrachtet werden. Selbst wenn sich in beliebig vielen Fäl-len vergleichbare Züge in der Patientenpsychologie beobachten ließen, wäredamit doch nicht ausgeschlossen, daß es noch ganz andere, möglicherweisewichtigere Komponenten der Krankheitsgenese gibt. So fand man heraus, daßein bestimmter säureresistenter Bazillus – der sogenannteHelicobacter pylori –dieMagenschleimhaut (vor)schädigt, ehe sich unter psychischem Streß einMa-gengeschwür bildet. (Vgl. d. a. drossman: Presidential address: gastrointesti-nal illness and the biopsychosocial model, in: PsychosomaticMedicine, 60/1998,258–267.) Somatische und psychische Ursachen bilden eine Ergänzungsreihe,deren gemeinsames Zusammenwirken allererst dieKrankheit herbeiführt. (Vgl.georg l. engel:The need for a newmedical model: a challenge for biomedici-ne, in: Science, 196/1977, 129–136.) «Generell gilt», schreibt siegfried zepf(Klinik der psychosomatischen Erkrankungen, in: K. P. Kisker u. a.: Psychiatrieder Gegenwart, I 67), «. . ., daß es sich bei den psychosomatischen Erkrankun-gen um ein multifaktorielles Geschehen handelt, in dem zwischen somatischen,psychischen und sozialen Prozessen eine wechselseitige Interdependenz be-steht.» Das psychische Geschehen (der spezifische Konflikt) findet in diesemFalle nicht einen (symbolischen) Ausdruck in einem somatischen Geschehen

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(der Krankheit), vielmehr beeinflußt die Seele den Körper in einerWeise, die ansich nicht schädigend sein müßte, die aber, einen körperlichen «Schwach-punkt» vorausgesetzt, denn doch als mitursächlich für die Entstehung derKrankheit geltenmuß. Die entscheidende Frage in diesem «psychosomatischenModell» lautet jetzt natürlich, wie eine solche pathogene Beeinflussung desKörpers durch die Seele möglich sein soll.

ZumGlück leben wir nicht mehr in den Tagen des rené descartes, daß wirdas Problem der «Einwirkung» von Körperlichem auf Seelisches mit den Mit-teln vonMetaphysik und Theologie zu lösen hätten. Es war viktor von weiz-säcker (1886–1957), der 1940 in seinem BuchDer Gestaltkreis ein erstes Mo-dell für die Wechselbeziehung zwischen Organismus und Umwelt entwarf, indem er am Beispiel der «Einheit von Wahrnehmen und Bewegen» ein Grund-prinzip der Psychosomatik entwickelte: das Erleben der eigenen Leiblichkeit.Es ist möglich, daß wir den Befehl zu einer Bewegung geben, ohne irgendeineAngabe der Details der Muskelbewegung zu machen, und doch führt diese Be-wegung sehr genau zumZiel.hans schaefer (Das Prinzip Psychosomatik, 58)meinte im Rückblick dazu: «Für die Lehre von der Krankheitsentstehung istdas Modell der Einheit von Wahrnehmen und Bewegen ein echtes Modell: aneinem einsehbaren Phänomen, dem der Bewegung, wird ein nicht einsehbarerProzeß (sc. die Auslösung einer Krankheit, d.V.) analogiter verständlich ge-macht . . . Dieses Modell der Analogie von Bewegung und Krankheit führt unsja nur zu einer einzigen Einsicht: daß die psychische Auslösung von Krankheitkeine grundsätzlich größeren hypothetischen Schwierigkeiten bietet als das unsanscheinend so wohl bekannte Phänomen der Bewegung.» Dann aber folgt:«Es muß . . . der Mechanismus der Krankheitsentstehung, wenn eine psycho-somatische Krankheit erklärt werden soll, ein grundsätzlich zweckmäßigerMechanismus sein, der nur aus Gründen, die jetzt gefunden werden müssen,entartet ist und das Gegenteil von dem bewirkt, was evolutiv entstandene,zweckmäßigeMechanismen sonst zu bewirken pflegen.» (A. a. O., 58–59)

Schauen wir also nach, wie die Seele den Körper krank macht, wenn wir zulange in Angst sind, Ärger haben oder uns niedergeschlagen fühlen; dabei kannsogar schon das allgemein verbreitete intuitiveWissen den rechtenWegweisen.«Unsere Kenntnisse über die Zusammengehörigkeit von seelischen Erregun-gen und bestimmten vegetativ gesteuerten Körperfunktionen, z. B. vonSchmerz und Tränenabsonderung, oder Furcht und Herzklopfen, sind sicherschon so alt, vielleicht sogar älter als die Medizin», meinte thure von uex-küll (Grundfragen der psychosomatischen Medizin, 158) und verwies auf denArzt und Philosophen carl gustav carus (1789–1869), der bereits in seiner

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