etwas über gregor mendels leben und wirken

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Etwas fiber Gregor Mendels Leben und Wirken. Von C. Correns, Berlin-Dahlem. [. Dis drei Hauptepochen der Bastardforsch'ung. Wir kbnnen in der Gesehiehte der wissen- sehaftliehen Bastardforsehang auf ~botanisehem Gebiet -- ihr g'ege~nii~ber lritt, die auf zoologf- sehem, mit A.usnslhme &er .sllerjiingsten: Zeit, sehr zurtiek --.drei tIauptepoehen nnterseheiden, die freitieh iibereins,nder greifen. Fiir jede ist dla.s Problem eharakteristiseh, das in ihr i~m Yorder- grund des Interesses steht oder d~eh in erster Li.nie den Anstol3 zu den Un,ter~s,~chu~gen gi.bt. D.ie erste iEpeche Ioekinnt 1760 .mit Koel- 'reuters Tabakbsstarden. Ibm 'ha'n,d'e~t.e es sieh dalbei zun~eh.st darn,m, experimen~eIl: zu beweisen, dsl~ auch die zwi~tri,gen Btiitenpi]angen sich ge~ sehleehtlieh fortpflanzen. ~Sehon der Ti~oel seiner ersten Sehrift a.us ,dem Jahre 1761 ,,Vorliiufige Nschricht yon eiMgen d'as Gese'h].eeht der Pflan- zen be~rdfenden Yersuehen und Beobaehtungen" ]eh~t ~as. l)adu.reh, d.sg .der ~Bastard Merkmale beider Elternpflanzen in sieh ~ereinte oder zwisehen ihn.en vermitteIte, war bewiesen, dab weder die Pflanze, die den Fruchtknoten mit den Samenan]agen ]ie~erte -- die Eize]le wurde erst 80 Jahre ~spiiter entdeekt --, ,n~el~ jene, die d~en B15tensta~b hergibt, alleln den Embryo bil- det, sondern .dal~ d.azu !beide zu.sammenwirken miissen. KoeIreuter hat dsnn noch viele andere Bsstarde hergeste]lt un, dl besebrieben. i~{erkwiirdigerwei,se geniigte dieser Beweis doeh noeh nieht; dem zweiten und dritten Jshr- zehnt des 19. Jahrhunderts sehien .d.ie Frage noeh offen. Und .so hat .such .der n~iehste .bedeutende Experi~ment:ator in Deutsebland~, C. Ft. Ggrtner, seine Arbeit begonnen, nm eine einsehl~gige Preisfr,a,ge der nied:erliindisehen Akademie zu 16sen. Aus den ersten ~¥ers,uehen wuehs in fiinf- undzwanzigj~hri,ger At%eft sein ,umfsngreiehes, ~iberans griindliehes, a~ber 1Mder ebenso uniiber- slehtliches un, d sehwerfii]liges Buch ,,iiber die ~Bastsrdzeugung" hervor. Als es 1845 ersehien war sehon die .zweite Epoehe angebroeheo, in der man slch in erster Linie um die Bedeutun,g der Bsstarde fiir ~d'asArt- problem kiimmerte. Sehon Th. Knight hatte be- hauptet, daft Bastarde zwisehen verschie~denen ,,Spez;es" im.mer steril, und solehe zwischen ,,Varletiiten" fertil sei:en, .zum Teil im Wider- sprueh .mit Herbert, der damsls in England a~lf diesem Gebiete die meisten Erfshrungen ~ha%te. Damit :seMen sin Xriterium gefnnden, nm ,,Species" un.d ,,V, arieliiten" auseinan.derzuhalten. 3fit dieser Fragestel!u,r~g ar'beiteten .d.a~na ver- sehied.ene :be.d,entende Forseher, daru.nter beson- ders fr.anzbsisehe (Jordan, Godron, Naudin), a~ber z. B. aueh E. Regel, bis man zur Einsiel/t kam, .dts~ ,aueh so .die -- eben in der Nstur nieht vof handene -- Gren,ze nieht zu finden sei. Die ,dritte Periode, ~in tier wD noeh stelxen, mbehte ieh dsdureh kennzeietinen, dal3 in iltn" die fJbertragungswebse der Eigensehaften yon Gene- ration zu Generatian~ im ¥or,d'ergrund de5 Inter- esses steht. Die experimente]le A~beit mit theo- retisehem ttintergr,u,nd beginnt erst in den 90er Jshren des verfl'ossenen Jahrhunderts wieder leb- ,halter zu werden, sis sldh das Bediirfn~s immer dringender gestaltete, ,die Ergebnisse der theore- tisehen Unter.suehungen D~rwins, Niigelis, Weis- manns, O. Hertw~gs, de Vries" n:nd anderer a~a tier Hand neuer 2Experimente zu pr~fen. Dabei stel]te .sich dsnn um d% Jahrhundertwen, d:e her- aus, .dal3 sehom 35 Jahre frii'her eiu.e Arbelt ge- leistet worden war, auf die ein vblli,g neuer Auf- ban der Yererbungslehre aufgeriehtet werden ~muflte. Sic stammte yon einein Mann, dessen I\?amen zwsr nieht ganz ver~gessen war, dessen Bed'eutung aber zu seinen Leb.zeiten yon den Besten seiner Zei~geno,ssen nieht erkm~n,t, und dessen Verbffentliehung vergessen oder, soweit das nicht zutraf, unxerstanden ge'b]ieben war: Gregor Mendel. Er gibt selbst als Ausgsngspunkg seiner Yersuehe g~rtnerisehe Zwecke und die auf- fsllende Regehn~Biigkeitsn, mit weleher dieselben Hybri, d:formen framer wlederkehrten, so oft die Befruchtu~ag zwl.schen gleiehen Arten geseha~h, a]so das Pro'Mem der i~bertrsgung ,der elterliehen Eigensehsften. II. Das Lebe~ Gregor Mendels. Wir diirfetl hoffen, dal3 zu dem ]aunder~j~hri- gen Gegurbstag Mendels eine B:iographie yon Professor H. Iit~s in Briinn erseheinen wird., ,die Frucht langj~hriger St:udien an der Wirknngs- .sbelle des Gefeierten. tiler mbgen fiber seinen Lebens~ang eini,ge An.ga.ben folgen, die in der Hsapts.aeh=e einer Gedenkrede (~n,ieht im Bueh- haladel) seines Neffen, .des Dr. me& Alois Schlnd- let, entn.ommen sind. 'Ftir die Jugendzeit konnte er sieh dabei auf die Erinnerungen seiner ~utter sttitz.en, einer der beiden Sehwestern Mendels. Johann Mendel -- den Namen Gregor hat er er,st bei seinem Eintritt ins Kloster erhslten~, bei d.em stets d~er ¥osr~amle ve~gndert wird -- wurde am 22. Juli 1822 ~) als So.hn eine:s Landwirts in a) Im l~ir.che:n~bueh v~n Petersdorf, wo ttei,n.zen- doff e~ngepf.~r.rt w~r, a~eht .der 20. JuH; Men.del se!bst o~b abet framer d/era 22. Juli (MagdMenentag) an.

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Page 1: Etwas über Gregor Mendels Leben und Wirken

Etwas fiber Gregor Mendels Leben und Wirken. Von C. Correns, Berlin-Dahlem.

[. Dis drei Hauptepochen der Bastardforsch'ung. Wir kbnnen in der Gesehiehte der wissen-

sehaftliehen Bastardforsehang auf ~botanisehem Gebiet -- ihr g'ege~nii~ber lritt, die auf zoologf- sehem, mit A.usnslhme &er .sllerjiingsten: Zeit, sehr zurtiek - - . d r e i t Iauptepoehen nnterseheiden, die freitieh iibereins,nder greifen. Fiir jede ist dla.s Problem eharakteristiseh, das in ihr i~m Yorder- grund des Interesses steht oder d~eh in erster Li.nie den Anstol3 zu den Un,ter~s,~chu~gen gi.bt.

D.ie erste iEpeche Ioekinnt 1760 .mit Koel- 'reuters Tabakbsstarden. I bm 'ha'n,d'e~t.e es sieh dalbei zun~eh.st darn,m, experimen~eIl: zu beweisen, dsl~ auch die zwi~tri,gen Btiitenpi]angen sich ge~ sehleehtlieh fortpflanzen. ~Sehon der Ti~oel seiner ersten Sehrift a.us ,dem Jahre 1761 ,,Vorliiufige Nschr icht yon eiMgen d'as Gese'h].eeht der Pflan- zen be~rdfenden Yersuehen und Beobaehtungen" ]eh~t ~as. l)adu.reh, d.sg .der ~Bastard Merkmale beider Elternpflanzen in sieh ~ereinte oder zwisehen ihn.en vermitteIte, war bewiesen, dab weder die Pflanze, die den Fruchtknoten mit den Samenan]agen ]ie~erte - - die Eize]le wurde erst 80 Jahre ~spiiter entdeekt - - , ,n~el~ jene, die d~en B15tensta~b hergibt, alleln den Embryo bil- det, sondern .dal~ d.azu !beide zu.sammenwirken miissen. KoeIreuter hat dsnn noch viele andere Bsstarde hergeste]lt un, dl besebrieben.

i~{erkwiirdigerwei,se geniigte dieser Beweis doeh noeh nieht ; dem zweiten und dri t ten J shr - zehnt des 19. Jahrhunder ts sehien .d.ie Frage noeh offen. Und .so hat .such .der n~iehste .bedeutende Experi~ment:ator in Deutsebland~, C. Ft. Ggrtner, seine Arbeit begonnen, n m eine einsehl~gige Preisfr,a,ge der nied:erliindisehen Akademie zu 16sen. Aus den ersten ~¥ers,uehen wuehs in fiinf- undzwanzigj~hri,ger At%eft sein ,umfsngreiehes, ~iberans griindliehes, a~ber 1Mder ebenso uniiber- slehtliches un, d sehwerfii]liges Buch ,,iiber die ~Bastsrdzeugung" hervor.

Als es 1845 ersehien war sehon die .zweite Epoehe angebroeheo, in der man slch in erster Linie um die Bedeutun,g der Bss tarde fiir ~d'as Art- problem kiimmerte. Sehon Th. Knight hatte be- hauptet, daft Bastarde zwisehen verschie~denen ,,Spez;es" im.mer steril, und solehe zwischen ,,Varletiiten" fertil sei:en, .zum Teil im Wider- sprueh .mit Herbert, der damsls in England a~lf diesem Gebiete die meisten Er f sh rungen ~ha%te. Damit :seMen sin Xri ter ium gefnnden, nm ,,Species" un.d ,,V, arieliiten" auseinan.derzuhalten. 3fit dieser Fragestel!u,r~g ar'beiteten .d.a~na ver- sehied.ene :be.d,entende Forseher, daru.nter beson-

ders fr.anzbsisehe (Jordan, Godron, Naudin), a~ber z. B. aueh E. Regel, bis man zur Einsiel/t kam, .dts~ ,aueh so .die - - eben in der Ns tu r nieht v o f handene - - Gren,ze nieht zu finden sei.

Die ,dritte Periode, ~ in tier wD noeh stelxen, mbehte ieh dsdureh kennzeietinen, dal3 in iltn" die fJbertragungswebse der Eigensehaften yon Gene- ration zu Generatian~ im ¥or,d'ergrund de5 Inter- esses steht. Die experimente]le A~beit mit theo- retisehem ttintergr,u,nd beginnt erst in den 90er J shren des verfl'ossenen Jahrhunder t s wieder leb- ,halter zu werden, sis sldh das Bediirfn~s immer dringender gestaltete, ,die Ergebnisse der theore- tisehen Unter.suehungen D~rwins, Niigelis, Weis- manns, O. Hertw~gs, de Vries" n:nd anderer a~a tier Hand neuer 2Experimente zu pr~fen. Dabei stel]te .sich dsnn um d% Jahrhundertwen, d:e her- aus, .dal3 sehom 35 Jahre frii'her eiu.e Arbelt ge- leistet worden war, auf die ein vblli,g neuer Auf- ban der Yererbungslehre aufgeriehtet werden ~muflte. Sic stammte yon einein Mann, dessen I\?amen zwsr nieht ganz ver~gessen war, dessen Bed'eutung aber zu seinen Leb.zeiten yon den Besten seiner Zei~geno,ssen nieht erkm~n,t, und dessen Verbffent l iehung vergessen oder, soweit das nicht zutraf, unxerstanden ge'b]ieben war: Gregor Mendel. Er gibt selbst als Ausgsngspunkg seiner Yersuehe g~rtnerisehe Zwecke und die auf- fsllende Regehn~Biigkeitsn, mit weleher dieselben Hybri, d:formen framer wlederkehrten, so oft die Befruchtu~ag zwl.schen gleiehen Arten geseha~h, a]so das Pro'Mem der i~bertrsgung ,der elterliehen Eigensehsften.

II. Das Lebe~ Gregor Mendels. Wir diirfetl hoffen, dal3 zu dem ]aunder~j~hri-

gen Gegurbstag Mendels eine B:iographie yon Professor H. Iit~s in Briinn erseheinen wird., ,die Frucht langj~hriger St:udien an der Wirknngs- .sbelle des Gefeierten. t i ler mbgen fiber seinen Lebens~ang eini,ge An.ga.ben folgen, die in der Hsapts.aeh=e einer Gedenkrede (~n,ieht im Bueh- haladel) seines Neffen, .des Dr. me& Alois Schlnd- let, entn.ommen sind. 'Ftir die Jugendzei t konnte er sieh dabei auf die Erinnerungen seiner ~ u t t e r sttitz.en, einer der beiden Sehwestern Mendels.

Johann Mendel - - den Namen Gregor hat er er, st bei seinem Ein t r i t t ins Kloster erhslten~, bei d.em stets d~er ¥osr~amle ve~gndert wird - - wurde am 22. Jul i 1822 ~) als So.hn eine:s Landwirts in

a) Im l~ir.che:n~bueh v~n Petersdorf, wo ttei,n.zen- doff e~ngepf.~r.rt w~r, a~eht .der 20. JuH; Men.del se!bst o~b abet framer d/era 22. Juli (MagdMenentag) an.

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624 Correns: Etwas fiber Grader Mendels Leben nnd Wirken. [ Die l~atur- [wissensehaften

Heinzendorf im ,,Kutflan,4e", ,einem deutscben Tell des 5sterreiehiseh.en .Sehtesiens, in der Ge- gend van Odrau; geboren.. Die Femilie ]~igt sieh dart z, wei Jahrhunderte, 8 Generationen, zurilek- verfolgen, und Mendel war fast mit .der ganzen Gemei~nde verwandt. Bis 1692 wur, d'e .der Name ir~ den, Xi.rehenlbiiehern a,ber 3gand.eI gesehrieben; seine Ableitung ist ~msicher (yon Nandel = 15 Sti~ek, eher yon ,,1dandle" --- Mgnnehen?). Der Yater war ein stiller, arbeitsamer 3£ann, tier slob ftir Obst~aumzueht interes.sierte nnd den. ein- zigm~ ,S(¢hn frfi'h znm O,kulieren ~dnd Pfr.opfen in .den Garden mitna'hm. Der Hang zum Studieren sta~mmte 'w~bl van der :~{utter; ihr Bruder war der ers.te] ~i.cht amtlieh ~ngestelRe Lehrer i,n, I-[einzendorf un.d ~atte sieh sei:ne Xenntnisse dutch Sel.bststudinm angeeignet..

Nur ,mater gro~3en finanz.idlea Sehwierig- keiten ging" Johann Mender, dessen Begs,bung frah erkannt warden war, dlure~ das Gymnasium in Tro,pl~a;u: Un4 f~r die le~zt~n, ,,philosophischen" Jahrgiinge d,ureh gas ~in Olmatz, nm sieh ~ .dem Wunsch seiner Nutter und wahl aueh eigener Neigung folgend - - d a m geistliehen Stande zu w.M',men. E? t r a t 1843 als Novi'ze in das Aug'usti- nerkloster St. T}xomas in Briinn ein. Dies ,,Xb- ai,gskloster", wie es ,g, ewbhntieh gena.nnt wird, l%gt mitten in Alt-Briinn als eln weRverz.weig~es, einstbckiges Gebgude, inmiiten van grogen Gar- ten.an]agen mit Gewiichsh~usern n~nd ObsSbaum- seh~n,len, ~a sogar .mit el.nero Wgldehen. Um- sehlossen vm~ ~den holmn KIostermauern war es mR seiner friedlichen Stille eine idea]e Stgtte fftr das Studiam. Hier wurde der i.n Gregor ~mge- ta~fte Johasn ausgebfldet und 1847 zum Priester gmveih{. Er war dann .zungehst in der See]serge tg~ig. Das Kloster halle aber damals, auch die Verpflichtung, eine gewlsse Anza,hl :gitte]seh~u]- prof6ssoren zu .ste]len, ~md so konnte der J:Ierzens- wunseh Mendels, den Lehrerberuf auszua,ben~ ,i'a, Erfiillu,ng gehen: yon 1851 bls 1853 dnrfte er, yarn Klest.er naeh W%n gesehiekt, dart Natur- wiss'enseh,aften stu dieren.

Zurfiekgeke~rt, erhie]t er zun~iehs~ eine Sup- plenVur in. Igl'a~ u:n.d 1854 eine Lehrstelle-ftir P,hysik nnd Natnrwissensehaften an der deutsehen Staatso~ber~ealsehule in Brtinn, ,die er veto I{loster a'u.s ver.se~en konnte. 14 Jahre land hat er sie mit ~.es~em Erfolg inne geha!bt. Seine ausge- zeicb'nete Le~r.me±.hode, seine Gewissenhaftigkeit unld GereehtigkeR, gaps art mit Gate und Nilde, maehten i~hn bei .den Sehalern sehr be]iebL ,,Er *bra,uehte fast niemanden dm'ehfallen zu la,ssen", erzii,hlt ~e r r Dr. A. Schindler. In diesen 14 ff~hren ~at Mendel die Versuehe .angestellt, bei, denen er .dle n-un nach ihm bm~annten Gesetz- mb.gJgkeRe~n~ entdedkte.

Dieser stillen, ~oeseheidenen nM besehauliehen Lehr-~u~,d Forsci/ertgtigkelt maehte der 30. Mgrz 1868 eln En.de, d'er Tag, an .dam i:hn das Vertrauen des Xapd~c.els aI.s Abt, ,,,ats Iebensliingli&en ¥ o > stand" sehreNt er selbst ~n C. Ng~geli, an die

Spitz,e seines Stiftes stellte. Zwar sprieht er in diesem Briefe ,die moffnung aus, den i~hm so ]ieb gewordenen Bastardierun,gsversueh6n sogar noah mehr Zeit un,~ Aufmerksamkeit a~s .bisher zu- wende~ zu kbnnen, so,bald er ~ieh nur erst in seine neue Ste]luLng eingearbeitet ha'be. E~s sollte a:ber anders kommen. Wit wissen a~s den folg.en- den Briefen, ,dab m" noeh 1871 .mit Yflanzen ex- perimentiert hat; Jm Herbst 1873 klagt er abet sehon, .dal3 er seine Pflanzen und. Bienen ,so g~nz- lieh vernach]~ss~igen miisse. Er ~hatte die Ge~ sch~ftMast, die ihm sein Amt auferleg~e, u,nter- soh~it,zt, dazu kamen weitere X~nier. So wurde er so,g~ar yam Lan~dtage .an ,di,e.Spitze der [~I~hrischen ttypoth&en~ank gestdlt. ¥or at}era :abet w~rde er w:a dam ~bald .einsetze~den- X'ulturkampf sehwer .getroffen. Nieht daft er sich an ihm seNst ir.g'e~d:wie beteiligt hiitte; es war eine selner F.olgeerseheinungen, die Mendels sp~tere J-ahre immer mehr zerstgrte.

Gregor Mender halle sleh der deu.~seh-tibe~ ra}en ¥erfassnngspartei .an,gesehlossen und als Vertreter des KIo.sters mit ihr gestimmt. Aber gerade diese P, artei setzte im Jahre 1872 im 5ster- refchisehen ~eiehsrat ein Gesetz dureh, das die Xlb'ster za ether empfindtiehen, b.esonderen I~e]i- gionssteuer heranzog, die far das X5nigskloster im ~ahr 5000 ft. ausn~ae:~t%. Mendel, der dies Gesetz far .ungeredht hieli, wehrte sieh dagegen. 'u~d~ zahRe die ,Steuer ~nieht. Im A,nffa'ng unter- stiitzten ihn vie]e, andere Xlgster; naeh ~nc~ naeh !brbeke]te abet eines naeh dem anderen ab nnd schl%t~]iek stand Mendel ganz .allein da und fu,hr fort, die.Regleru.ng mit P.rotesten zu fiberhiiufen. A]leu Versprechu.n,gen ~un, c~ Drobungen gegendi5er bIiCb er unzugiing]ic~, ur~d Gewalt we]Re die Re- giern,ng .schliel3l'ieh gegen ~einen .so verdienteu ]Ka'nn doeh rd.eht anwenden; sde half sieb .dutch Sequestration eines dem Kloster geh~rigen Gules. So verbraehte Mendel die let:~ten 12 Lebensjal~re

er starb am 6. Ja'.nuar 1884, also erst 62 Jahre alt, .an mar,bus ]3rightii ~ in steigender Verein- samung un,d Yergitteru.ng, die den friiher so rail- den, ruhigen. 3~fann der Aul3enwelt, niebt selnen Vertrau'ten gegeniiber, ganz verwandelten.

Naela selnem Tede lenkte das Xloster sofort ein, .aber nur wenige Jahre spiiter ist das Reli- gions,gesetz, freilieh van einer anderen ¥olksver- tre~u.ng nnd u~n4er einem anderen Ninis~erlum, aufgehoben warden.

IIt . Die Arbeilen Gregor Mendels. Van all den..'vie]an Untersuchungen, die

Mendel au:sgefiibrt ,hat, ist nut ganz weni,g ~un.d an seh~er zu.giing'Hch.er Ste]Ie - - i n den Verhand- lungen des Nalurforse~nenden Vereins in Briinn - - verb£fen±lieht warden,. Wir ha~ben van i~m zwel Nitteilungen fiber B~stsrde. Die kla.ss~sehen ,,Versuehe" aber ,,Pt~anzenhybriden" vora ffaltre 1866 und ,,fi:ber einige a~us kfinstlieher [Befru~eh- tung gewo:n.nene ]:t-ieracium-.Bas~arde" vom Jahre 1870, endlich ,,.die Win,dhose vom 13. Oktober

Page 3: Etwas über Gregor Mendels Leben und Wirken

ttef~ 29.] Correns: Etwas fiber Gregor 21, 7. I922J

1870" aus d e n gahr 1871. Seine meteorolo- gisehen Aufzeiehnungen sind yon anderen be- nutzt worden; die Notizen ii.ber die Bast.ardie- rungsversuche gingen verloren~),

Erst dureh .die yon mir verhffent}iehten Briefe Mendels a'n C. NiigeN") ha~ sleh tier ,g-anze Um- fang" dieses ~[ateriales deutlieh gezeigt, und sind aneh noeh eini,ge Tat.saehen n,n,~ Gedankea be- kan~ntgew.orden. S'o die ,d:ureh Versuehe mi~ Mela~drium angeregte F.rage, ab das Verhgltnis I d :3 9 ,,ein blotter Zufall sei. oder diese}be Bedeutung" th:sube wie in der ersgen Gene- ration der Ba.starde mlt ver~inderli.ehen Naeh- kommen". Die Briefe selbst si.nd in ihrem sorgf~ltigen, priizisen Stil mad ihrer pefnlieh sau- ,ber.en .und glel,ehmgl~ig schhnen Sehrift, el, n, gutes Aib,bild i~hres Verfassers. Besonders za begauern is~ tier Vertns~ .der Noti~en fiber die Bastar,die-. ran,~sversnehe n i t Bienes, deren teehnische Sehwierigkelten Mendel .nit sehr grol]er ~fiihe z~t iiher~vinden euchre. Ob ihm ,dabei sehon die hohe t'heoretisehe Bedeut~ung der Drohnen als ,,perso- nifizierte tt, aplon~en", als Kelmzellen, die sieh otme ,Befrueht~an,g wei~er entwieketn, deutlich w ~ r , e n ?

Mendel verdankt den Erfolg seiner Arbeit, .die .naeh ibm genannten Vererbung:sgesetze, net~en seiner Ver.anla.gung, sieher za einem grogen Teil der auf~erordentlleh ,glfiekliehen Wahl des ersten Objektes fiir sei~ne umfangreiehere~ Versuehe, der Erbse. Diese WaM, die nieht .der ZufaI1, ,son,d~ern .die s.orgfiiltigste ~herlegun.g getroffen 'hstte, war aber a, uch du tch s.eine Veranlagung be- di,ng't. Infolge ,der ~ast .ansnahmslos eintretenden Sd,b.stbestgubun~g slnd' die versehiedenen Er~sen- sippen sehon yon vornherein se.hr kon stan~, ,sie lassen si6h leieht, .such in Thpfen, ziehen, die B]iiten si'nd ver.h~Itnism~il]i'.g grol?, vertragen das I~astri.eren ,gut, .sin,dl lefeht zu sehfi~zen und die Bastarde zwischen .den versehiedenen Garten- sippen sin,& vSllig fruehVbar.

Ieh sollt.e .n'un eigentlieh ,den Inha l t der klas- si,sehen , ,¥ersuehe tiber PfI.anzenhybriden" bier referieren, g}au'be aber dara:uf ~erziehien zu d;hr- fen, da er heutzutage als 3£end'elsehe ,,Regeln" oder ,,Gesetze" in allen blologisehen Lehr%fichern dargestetlt wird, so d.al~ ieh ihre Xenni.n.is wohl vm, anssetzen dart. Diese Siitze sind fi'brigens nie~ht won Mendel seNst formuliert, sondern erst b.ei d:er Wiederen~deekung aus den. T.atsaehen ab- gel.eitet worden.

E s genfigt vietleleht, wenn ieh an t diese Ka~upterg@bnisse knr~z hi~weise. ])as Alterwlehtlgste

~) Die Abhan&lungen ti~her B~st~rde si,n,~ yon E. Tschermals dn Ostwalds K~assitcern herausgegebea w,or,gen, die erste ~tmh/ yon Ghbel i~ d,er Flors b Er- ~g'~nztrngsq0,a.n~cl 1901; s~.le ,dr,el, h~t tier Natuefo,rsche~de Verein in Brg~n 1911 .i.n, ,Band, ~9 .d,er Verh~n.&lange.n (,Festsehr,i,f~ ~e~egen~slieh ,d;er E.nthtitln~g des ]~[en,d:el- ~e~n~s~l~s .f~ B,rtl.rm ,~m 2. Okt)~ber 1910) wi,e.dsr ver- 5 f fen~t~li,eh.~.

~) Nbh~a.nd.1. d. K. S%'ehs. Gesell.seh. d. Wi,ssenseh., m~ktX.-p~hys. K[. XXLX, I I I 1904.

Mendels Leben und Wirken. 625

ist zweife]los die Vorstel]ung, dal? die einzelnen ~ierkmale, dureh die sich die belden Eltern eines Bastards .unterseheiden, voneinander vhllig un- a~bhiin,g'ig sind. (Votlkommene oder t,eilweise Kop- pelnngen yon ~erkm.ale~ kamen - - zum Glfiek, dart man w o n sagen - - ,bei, ,den yon Me~del studierten 3~erkmalen, d:er Erbse nieht vor.) Im Bastard ohne zn versehmelzen vereinigt, t rennen sie sich bei ,der Keimzellhil4ung voneinander n'nd l<.omlbfnieren .sieh in jeder ,beliebi.gen, veto Zufalt 5estirgmten Weise neu. Die ~'[.erkmale zweier Eltern ]a,ssen sfeh, wie die GlassplFcter nnd Perlen in einem Xaleldoskop, ,d:ureheinanderwilrfeln, wo- bei ne~oen neuen Bildern, aneh .die Bilder der El tern wieder her.auskommen mils.sen. Das wider- spraeh Yon Grund aus den. ¥orstetJungen, die man d, amals Und Sl)iiter hatte, naeh denen das Bi]d einer Sippeetw.as eif&eitlich Veranlagtes war.

Die vers6hiedenen Xehnzellen werden in gleiehen Z'aMen gebildet. I t a t - - im einfaehsten Fall, wenn sich .die Elter,n, nur in einem Pnnkte unterseheiden - - d!a:s eine E'lter das 3gerkmat A, d:as andere ,d,as Narkmal a z u m Bastard beige- st.euerL so fibertrggt die ttg}fte tier mi~nnlichen und weNliehen XeimzeI]en des Merk.ma~l A, die J{~il,f~e das 3/[erkmal a. D,a rans ergibt si.d~, wenn der Zufall .die X,eimzellen zu.sam:men'bringt, a!les Weitere.

:W.as das Aussehen der Bastarde anbetrifft , so hebt Mendel hervor, dab in jedem ~on den sieb.en s~udierten Vnterseheidttngspunkterf der Bastard: ,den einen tier ,beidc~n~ Elternmerkmale: den, alas er dominierend nan:nte, entweder so vollkommen gleieht, dal~ das .andere, rezesslve, versehwin.get oder doeh ibm so ~hnlieh wird, dab eine ,siehere Unterseheidung nieht mhglich ist. Darau.s ,hat man zungch.st .eine Domina,nz- oder .besser Priivalenzregel a,bgeleitet .nnd spgter ein Unlformitiitsgeset z. Mendel seNst 'bra,ue~nt ~n den Briefen. sehon alas Weft ,,Un~formitgt'q 1%an hat dieses Gesetz neuerdings vein den. l~fendelschen Gesetzen abtrennen wolten, well .es sleh ant ein entwieklnn.gsmechanisehes. Proqolem ~beziehe, ic,h sehe aL.er keinen rech±en Grundl .dafiir ein. D~e Nnt:wi.eklungsmecha~nik ist doch ~ein Tell der Ver- er.bungsletlre. Und dab es nle~t fiberflfissig ist, well] jeder,, tier die Laien~orstellungen iiber das Verhalten tier etterliehen )gerkmale ken~nt. Immer wieder 55rt man . z . B . die i~ri.ge An- sieht, .d, aB der B'astard .zwisehen einer weiB- und. elner rot, btiihend.en Pfl'anze rot .und well3 ges~reift bttihen miiss.e.

Die zweite, sehr kurze 3£ittei}ung ,beriehtet tiber Ba,stard:e zwlschen Arfen ~u,s tier Gat tung Hier<~cium (Hab,ieht;skra~ut), '4ie Me~dd, im vo]~- kommenen Gegensa~z zn den Bastar, den zwischen den Erbsenslppe~, in tier ersten Genera%ion, (F1) vie]fhrm~,g, in ,den .fotg.enden Generationen ken- stand fan&

Ant die meteorolog;,sehe 5fitteitnng ii,ber .die Win.&hose vom 13. Okto~er 1870 so i l bier nleh4 ei~gegan.gen wer, d:en; ieh k.an~ ,nieht. beurteilen.

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626 Correns: Etwas fiber Gregor Mendels Leben und Wirken. [ Die Natur- [wissenschaften

o'b sis mehr .als eine sorgfgltige Darste]lung griindlieher Be.obadnbungen ist.

IV. Die Vorlgufer Mendels~

Es interessier~ natfirlieh, wie welt die Er- gebni~se Mendels neit w aren, und Wieweit er Vor- giinger ,gehabt hat.

Er.bsen bastar,dlert hagen vor Mendel ver- sehiedene Forseher, vor .al]em Knight, J. Gofi und U. Ft. Ggrtner, nnd dabsi natfirlieh sehon einen Teil d'er T.atsaehen, die wit ibei Mendel finden, gesehen. Insbesondere J. Gofl ~) hat Cbei der t{reuzu~ng ei:ner 'gel'bs~migen ( ,#vhi te" )mi t einer grfin.samigen (,,blue") Eribse das Bomin~eren yon G el~b, alas Auft re ten gel~ber: und grfiner Samen in de.rsel,bea Hfilse u~nd ~ die Konsganz d e r .aus. den grfinen Samen gezogenen Pflanzen gefun,~en, w~hrend ,die aus den gel~ben Samen gezoge~en tells kon,stan~ waren, tells wieder ge]l)e und' griine Samen g:a~ben.

Das Wesen'cliche an Mendels Ent.deckung sind abet nicht die einzelnen Tatsachen: sondern ihre erkliiren.d'e Verknfipfnng nnd theore~ische Aus. wertu~g. In diesem, mir a]lel.n rlehtig e~sellei- nenden Sin.he .ist a].s Vorlgufer - - sehon 5elnahe 3/I[tiiiufer ~ vor a.]Iem Charles Naudln zu nen:nen mi~ seinen ,,Nouvelles 1%eeherches sur i 'hFbriditC ~, ,die er im Dezem:ber 1861 der Pariser Akademie fiberreich~e, a]~s. Beantw,or~ung einer im Januar 1860 gestellten Preisfrage. :ErscMenen sind sie erst 1863"~), also zu einer Zeit, wo Mender sehon .j.a~hrel.ang an der Al~bei~ und ~ wohl auch sehon mi'~ sel.nen Sehliissen ferti,g war. Mendel v~uBte auch often,bar zur Zeit, seiner Yer- 5ffenfliehu,ng nieht,s yon Naudi% spgtsr kannt, e er die ,,Nonvelles Reeherehes", wie aus dem Brie{- weehset mi t Niigeli hervorgeht. Er wollte an.oh Linaria purpure~ + vulgqxis, eines der H.aupt- beispie]e Naudins ftir einen Bastard mit viel- formiger Naehkommenschaft, Untersuehen, er- hiel~ aber start der L. purpurea die L. striata.

Ftir Naudin stand ,die Frage, o,b ,sieh Art- bast, arde ( ,hybrides") und Yarle~iitenbastarde (,,m6tis") .an i_hrem Verhalten unterseheiden liel~en und so ein~ Kriteri~um in d'er Speziesfr.age bilden kbnnten, im Vorder,grund. Seine Preis- sehr.i~t 'ist denn au.c:h eine der wiehtigsten Ar- ~bei~en tier z.weiten der elngangs unterschiedene.n gpoehen d'er Bastal, dforschnng. Naudgn theere- tisiert aber aueh frber di'e Rfickkehr der Naeh- kommensehaft de) Bastards zn :ihren Eltern, die er ,u.nter anderm ~bei Steehapfel- nnd Petunien- bastar,den und ~bei dem Artbastard' zwischen der violett Niih,en,den Linar~a purpUrea u'nd' ,der gellb- blfihenden Lir~ar~a vuIgaris ~beo'baehte~ und ge-

~) ,,On %h,e Variation ~ the Colo~r of Peas, oseaMo- n~d~ by Cross Im,pr~gnation." In ~ Letter to Che Se- eret~ry. By Joh~ Goss. l~rti'e~itatr.a} .S.~ei,e%y's. Tr~ns- mc~{ons, 1822, iS. 234. Wied/erab@edrnckt i.n A. D. Darbishire, Brev~di~ng ~n,c~ ~k'e Me~deliaa D'i.sc~very, 19tl, ,S. 1 9 9 .

~) Ia den Ko~vell,es Archives 4u Museum, {orae I.

n.auer gntersucht .hatte. Solche Tatsachen waren den vorangehenden Forschsrn, z. B. C. Ft. Giirt- ner, nicht 'unbekarmt geb]ieben; neu ist bei Naudin ihre theoretisehe Au,swer~ung. Naudin su&t da.s Ver,hatten ,d'urch .die Trennung der beiden sp~if isehen Stoffe (di.sjonetion des deux essences spgeifiques) der E~lfern in der~ Pollen- kSrnern nnd den Samenanl'agen (ovules) des B.astai~des. zu erklgrem Im B.astard~ s'ind zwei verschiedene Stoffe verelnigt (deux essences dif- {6rentes, .ayant ehacune teur mode de v6ggtation e~ leur fin:alit6 partieuli~re)., die sieh weehset- s.eifig 5ek~impfen und ~ieh fortw~ihrend~ vonein- ander zu ~renne~ suehen, Im Era%rye und in den erste~ ~Entwiekl~ungsstad'ien mbgen ~)elde aueh in d'en Meinsbn Teilehen .des Ba:stardes (pareelle si pet ib, s[ divis6e, qu'on la suppose) ent~a]ten~ sein. In~ a.~lsgewaeJhse~e~ Znstand ~ s~ellg tier Bastard aber ein 3/[osa:ik yon Teilchen dar, yon denen jedes einhei'flie~h entweder der .einen oder ,d'er an- ,graven Eltern-A.rt 'a:ngetibrt, ,,unlspgeifique" ist, and ewar sind beide Sorten .gl'ei.eh oder ungleich 'hitufi,g. Zunfiiichs~ ffir alas Auge ununterscheidba r, gr.upp,ieren sle ,sieh. hack i~r.en A{fin'itg~ten, in dem Gtei&es :mi%. G-leiehem sieh vereint, zu grS- l~eren ~assen, die anch .dem Auge sich.tbar werden k5nnen, .So dag ein g,ar~z .gro~es ~osa ik entstehen kann. Als Beispiel wir.d u,n¢er an,derem d er Uytisus Adami undl die Bizzarien der Ora~n.gen 'and Zitroge~ :angefiihrt, deren wahre Natur damals und ,his znr jfingsten Zeit ja nnbekannt war.

E:in anderes, ,in die Li teratur iibergeg.angenes Belspiel ber~ht auf einem I r r t u m ; die wei13- nnd rotgestrelft bliihende Mirabilis galapa, ,die Naudin fiir e,inen Bastard der weiB,blii.henden M. long.i- flvra nnd einer rot%lfihenden M. Ja la~ gehalten :hat, ist, wie die A%~bildnng zeige, reine M. Jalap<~ albarubrostriata gew.esen;

Die Ten.denz z~ur Trennung nimmt nach N, audin, wie ,wir sahen, mit ,dem Alter zu, um schliel3lich qoei Pollenkbrnern nnd Samenanlagen den ~hbehsten Grad 'zu err.M&en. Ei.n Tell der Pollenkbrner .des Bas.tardes enbpr ich t d.an~ ganz denen der V.aterpflanze, Mn Teil dbnen der Mu±terpflanze, ~bei wieder anderen ist die Tren- nung ii'ber.ha:upt nieht eingetreten oder noeh un- vollstRn.dig. Bei den Samenanlagen, ist ganz des Gleiehe d e r Fall. Man versteht nun, wie ,dureh Zusammenkommen der riehtigen Pollenkbrner

und: Samenanl,~gen eine durchaus ,,]egitime" Be- f ruehtung z.nstande kommen, und eine Pflanzs entstehen kann, die durehaus zu dem einen oder and~eren Elter zuraekgekehrt ist. Ebenso leieht i,st es zu, verste,hen, dab wieder eine wahre ,,f6eon-

da ' t ion cr.ois{s" eintreten kann. So wird der in der Nfitte stehende Basta.rd, ,,une forme inter- m6d:iai.re", ~aufs neu.s enis~ehen nn.d, es kbnnsn sich weitere Zwisehenstufen Ibil,d'en, z. tl. e~ne ,,.hybride qu,arteron" aus der Vereinigung einer ,,nieht ,getrennten" Samenanlage mi~ einem ,,ge- tren,n~en" Pollenkorn. Xurz ,,der Zufatl ent-

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t~ett 29. I 2b 7. 1922J

seheidet all ein die Formenmen~e, die wit yon der zweiten Generation des Bastardes ab be] den hybri'den, Linarien und Petunien entstehen sehen,"

leh haibe ~.ber N~ud~ns Ansiehten so ausf~ihr- lie,h referiert, damit man. sein N%rhiiltnis zu Mendel ,besser beurteilen kann. Wir sehen N~u- dins ,,h6r6dit6 en mosaique" bezieht sieh aui diesel,ben Tatsaehen, die Me.ndel wenige Jahre sp~ter vhllig aufgekl~irg .hat. Die ,,vegetative Spaltung" der :Bastarde lieferte ihm das Bild, sieh eine gen er.ativ 9 :bei der Keimzell'bildung vorzu- stellen, welch' 'letztere freil~eh mit der ersteren vielleieht gar niehts zu turn, hat. Er War au.f dem besten Wege, zu ,demselhen Ziel zu gel.angen wie Mendel. Dal~ er ni'eht soweit kam, lieg'c an der ¥orstellung elan,or einheitliehen ,,essence sp6ei- fique", ,die, wie wit heute .sagen wi~rde~, als et.was Einheitliehes d:en ganzen Genotypus des Elters re~riisen~iert. D,ie Nhgliehkeit, ~o~ i'hr abeu- k,ommen, hatten sehon Un~ersuehungen yon Sageret~), einem Landsmanne lgaudins, gegeben. Dehn dieser hatte, spezie],l bei den ~elonen, ge- fun,den, dal~ &ie 24~nliehkeit des Ba,stardes mit seinen b eiden ,E]tern nicht auf einer engen Ver- sc£melzung ,dler verschiedenen Eigenset~aiten he- ruht, sondern mehr auI einer Verteilung der gan- zen ~[erkmal.e, die bei Individuen, 'die dieselben Eltern hagen, sehr .ungleieh au,sf,allen kann. Der eine Bastard kann in ~P.unkt 1 wie das Elter A, in. P n n ~ 2 wie das Elter B ~aussehen, w~ihrend .alas andere Exemplar ,desse],ben Bastards umge- kehrt ~in P,unkt 1 das Elter B, in Punkt 2 alas Elter A ,sein kann. Sageret arheitete mit Eltern, die :sel, b.st ,sehon inkonstmute Bastarde w,aren., mit Heterozygoten, .und kam so z u d:er Vorstellung einer versehiedenea Kombinat,ion der 3£erkm, ale und semit zu .der ihrer I~om%inierbarkeit f~ber- .haupt. Ins oweit khnnen wir aueh Sageret als einen VorI~ufer MendeZs ansehen.

Solehe Neukmr/binat.ionen; z. B. eine konstante Sippe AA BB, entstanden au.s den Eltern AA bb ,un,d; aa BB, konnte Naudin vor .allem mit ,seiner Theorie nieht erkI~ren, gn.& dann fehlt aueh die saubere Spa]tung, die Mendel aus den Za'hlenverhiiltnissen ableiten konnte, auf die Naudi~ nieht einging. Def, Pr.eisfrage en±- spreehend 5esehiiftigie sieh Naudin besond~ers mit Bastarden zwisehen guten Arten und verfolgte gerade .die einf~aehsten. 'nieht einge.hend genug. Dahin geh'_6rt z. B. der zwisehen den zwei Steeh- apfelsippen, Datura Tatula und D. Stramo~'ium,, .d:ie sich nur durch das Vor'handensein (Tatula) oder ,Fehlen- (Stramonium) des Violett.en Farb- stoffes (Anthoeyan) in ]~liiten und Stengeln .urt~erseheiden, abet als ,,Arfer~ ~ galten, wei~ L~nnd sic 'einmat so angesehen hatte. Naudin, der ihr gegenseitiges Yerhalten richtig erkannte, sah Tatula im Bastard d.omi~ieren, Und in .der zweiten Gener.ation wieder .die Eltern .auftreten, und zJzar

~) A n n . d. Se lenees nM~ureI1;es, t . VIII, 1826.

Correns: Etwas fiber Gregor Mendels Leben und Wirken. 627

sehr v.iel mehr Tatula als ~t,ramonium, ohne damit rnehr anzufangen.

V. ])as Schicl~sal der Hauptarbei~ Menders. Immer wieder wird die Fr.~ge au.fgeworfen

werden,, warum Mendels grundlegende Abhand- lung 'bei :ihrem Erseheinen so gut wie unbeaehtet hlieb und es weitere 3.5 ,lahre 'blei'ben konnte.

Gewil3 ist der Oft der Verhffend[ellnng mit daran sehuld. Wenn aueh, wie Iltis an,gibt, die Verh.an, dlungen dew Naturforsehenden Vereins in Brtinn auf dem T ausehwege in die Bi,bli.otheken von 120 anderen ~Vereinen mit ~hnliehen~ Ten- denken gek,ommen ,sind - - eine. Arbeit, die nicht sofort geniigende Beaehtu, ng finder, und deren In'halt nieht gleieh in .die Litera{ur aufge~om- men w:ird, ist natiirlie.h an einem solehen Pu~bli- kation:sort vergr,aben, viet mehr, ats we~n~ sic in einerFaehzeitsehrift oder selbst~ndig ersehienenwiire.

Aueh an der Form ,tier Verhffentliehu.ng mat es etwaS gelegen haben. Gewil3 ist ,sic ia ihrer Klarheit and Pr~ignanz m~ster,gtiltig. Aber Niigeli ,hat ,doeh wohl mit einer gewi,ssen Bereeh- tigung .an Mendel gesohrieben, die iihersandte At.heir sei wohI nur tier ¥orl~ufer einer ausf~ihr- }icl~eren mit alien Details der Vers.uch.e. Denn es i.st n, ieht zu vergessen, wie vhllig ,neu ,besm~ders seine A~sc~auung iiber das. Z~standekommen des Gesamt.bildes eines tnchvi.d.uums aus Iauter ae~.b stgnd~g vererbten .Einzetziigen war. In einem solchen F'alle, wenn die Ergeb~nisse deraa% im Gegensatz z~ den Vor:stellung'en der Zeit standen, w~ire .eine w,iederholte, ,ausfiihrliehe D~arstelhng .gewi]3 nieht fi,berfliissig gewesen, beso'nders wen,n Mendel aueh lmeh b est~tigendes ~aterial yon an- deren Pflanzen vorgelegt h~tte. Imsta.n, de dazu wgre er gewesen. Wenn wit aueh, v o r allem dutch die Bri.efe an Niigeli, wissen, dab er seh~' aahlr~iehe Artbastar.d:e (zwisehen Arten yon Aquilegia, Cirsium, Geum, Linar~ usw.) gezog.en hat, die fiir die .BesthGgung der ~bei den Erbsen gefundenen einfachen Ergebnisse sieher im al~- gemeine n u.ngiinstig waren, so. hiitte sieh z. ]3. ein Tell der Yersuehe re,it Lev~ojen, mit ~ais und Mirabilis d'aza geeignet. Sehrieb doeh Mendel 1870, ,dal] sieh diese Bastarde gen,au ,so wie je~e zwisehen Erbsensippen verhielten. ¢Sio5er wissen wir aber nur :ans tier Hauptarbeit einen Pun'kt, in dem er ii,b.er alas, was wir jetzt ,,M:e.ndeln" nennen, hinan,sgekommen ist, in dem er die Bliitenfar'be *beider Feuerbohne au.s zwei odor mehreren g.anz se}bs.t~ndigen Far,ben zusammen- gesetzt sein liigt, d:ie sieh ein,zeln ganz ebenso ver- halten, wie jedes andere konstante lV[erkmal an der Pflanze.

Wazum hat woht Mendel nieht mehr ver- 5ffent'licht ?

Wahrscheinlidq haben die Erg.ebnisse der Bastardierungsversuehe mit Hieraciumarten, die den gei der~ /Er,bsen erhaltenen .d:iametra] ent- gegengesetzt a~sgefallen waren --,Vie}fhrmigkeit in tier ersten, Konstanz in den folgen,den Gene-

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628 Correns: Etwas fiber Gre$or Mendels Leben und Wirken. [ Die Nafur- kwissenschaften

ra~i~t~en. - - , Me~del selbst devon a~hgehalten, dem bei den' ~Erbsen gefund enen Yerhalten jene allge- meine Giiltigkeit zuzu.sehreiben, die wit jetzt an- nehmen, un.d mit altem Na.ehd~ru~ek dafiir einzu- tregen. Nit dem Ausfall der Hierac'ium-Bastar- dierungen s~immten ja aaeh .die Literatura~g~ben, .so die yon Wichura iiir Weiden, iiberein. Zudem maehten ihm aueh die kompt}zierteren ~Spa~tungs- erseheinungen Sehwierigkeiten. ]~[it .dee Farben der Levkojer~ ist er offenbar hie ganz ins Rei~ne gekommen; die in Aussleht, gestellte bri.efliehe Darstellung der Er,gebn'isse ftir N@eli ist unter- bile:ben.

]3ei seinen Bast, ardstt~dien hat Mendel Vie]- leieh~ da,s ,gle.iehe Schieksal ,gehabt, wie fast h~ndert Jahre vet i~hm Koelreuter, tier naeh den m~sten, theoretis~h v0ll ausgewerteten Ver.suehen hnmer spar,samer mig .allgemeinen Ergebnissen wird trod .sieh sehlieB1;ieh an~ el.he reine Besehrei- bung der erzie}ten Bastarde, ohne jede ~heore- tisehe Yerar~beitung ,besehriinkt. Damit ~hgtt.e sieh Mendel nieht zufrieden g.eg~ben; er woll~e ,die Er- gebnisse, z. B. ~tir &ie Lm, t~ojen, so sieher h.aben und so Mar und seharf formulieren, ~vie as ibm ~ei .den Erbsenbastarden gel~ngen war. Dies ~ng'leie'h viel sehwierigere Ziel - - a s hat vierzi,g Jahre spii~er bN viel welter forNesehrittenen physio]~o,gisehen Kenntnissen woht noeh gen,u~ Arbei~ gekostet - - laa ter ~ ,k.eiaer i h n b efrie- di,genden Weise errreieh,~, u nd ~se unterblleben we~tere P t~bli!zationen.

Wir hbren, dab Mendel sieh 5is zuletzt inten- sly mit meteorolagisehen Beobaehtungen beseh~f- ~igt :hat, ~dere.n Beginn Ibis in die erfo]greichen Jahre ,seiner Bastar,dierungen zuriiekreieht. Die letzten ei-gen'hiindigen Eintra~gungen in sein Jour- nM gehen ~bis zum 31. D.ezember 1883, ,also bis seeh.s ']?age vor sein,em Tode. Er hat, .angeregt durch Petten]cofers Untersaehungen, im Konvents- bruanen des St, iftes 16 Jal/re ta~ng ~den Stand des Gru~ndwasser~s gemessen. Auch astronomisehe Beobachtnngen am eigenen Fernro'hr besehiift~g- ten ihn ' in .d%r~ sp~teren Zel t DaB er seine 3/[nBezeit :a~uf diese Dinge tcn, d' Gebiete verwandte, .auf denen er doc~ wohl 'nur als Dilet~ant arbeiten konnte, ze.igt, dab er nieht allein a~s Zeitmangel niehts mehr t~ber seine Yererbun@'sversuche ver- 5ffentHeh~e. An diesem Sich-Abwenden war naeh Me~dels ganzer Ve~anla,gung nicht ~die man- gelnde g~uBere Anerken,nung sehuld, sondern eher eine Ermiidu~g ;ira P&nge~ mit den immer kom- plizierter werdenden Pro~blemen, wo~bei die Auf- regungen seines Kampfes mit tier Regierung mit- wirkten, die :ihn immer weniger zur in,neren !~u.he un& Sammlun~g kmn'men lieBen.

Doeh kehren wir ~on .der Frage, warum Mendel nieht mehr verbf~entlieht ha't, z u der anderen zuriick, warum alas Verbffentliehte so wenig gewirkt ~h~at.

Wir wissen, dal~ mellrere Gelehrte yon tier grund~legenden Abhandlung, Kenntnis: ~ba%ten. So A. vo~ Kerner (n.aeh einer Bemerk~ng Kron-

felds) ,und C. Niigeli, ohne sie in ihrer Bedeutung za erkennen und auszunutzen. Kerner, der seh~e Aufmerks.amkeit w)r allem a.uf die Frage der Art- bildu~ng a~s ~astarden .geriehtet hatte, sehienen vielleie.ht .die Ergebnisse nieht tragi£hig, weil sie an Gartenr~sen ge~'onne~ worden waren. C. Nggeli w~re, sei~ner ganzen Veranlag~ng n.aeh, wie kein zweiter Zeitgenosse Mendels daze be- rufen gewesen, die neuen Tatsaehen gu wiird~.gen und atff ,ihnen welter za bauen. K~urz vor d:em ~E'rsc'heine~ der ersten Ar~beit Mendels hatte er sieh die 3,[iihe genommen, zum ersten ~[al aus den vorliege~den Be0baeht'ungen, vet ;allem denen KoeIreuters ua,d Ogrtner% al~gemeine Sehliisse zu ziehen,, und hatte der Aka, d:em~ie in ~[finehen drei .~blm'nd:hmgen dariiber vorgelegt (15. Dez. 1865: D~ie B~stardbildung im Pf]an.zenreieh, 13. Jan. i866: Dber 'die ~bgeleiteten Pflanzenbastarde, un.d. am ~leiehen Tag: Die Theorie der Ba~star~d'- ~bildung; z~sammea ahgedrt~ekt i:m zweiten Bande der Bota~isehen ]Yfitteiluagen). Bis za Foe]ces ,,Pfla.nzenmisetfl:iugen" u~d dariiber hin.aus sind ~ie ,die Qu.elle fiir *die Dars~ellung der Pflanzen- ~bastarde in den, Lehrlbiichern geblieben. Das all- gemeine theoretisehe Inter.esse war also be[ i.hm v,orhaaden, and seine Geistesri~httmg, wie bei Mendel, auf ekie sehar£e, wombglieh mat:hema- tisctle FormuIiernng des Gefundenen eingestellt. Niigeli h.at ,a:uch Mendels Itieraciumversuche mit Materialund Rats ehl~gen z~u fbrdern g eaacht, wie wit au.s seinen Br.iefen wissen. Wartzm h.at er, naeh einem sehwache~ Anlau~ (er hat 1867 eine A~zaht Erlbsenproben, .die ihm Mendel gesandt hatte, " a.uss~en lessen), die Anregung ]iegen lassen, die er dureh ,d'~ie Haul~t:a~beit empfangen h-atte ~.

Offenbar zum Teil eben a ueh, well die Hiera- ciumbastarde sieh so gan~ anders verhielten als ,die .Er,bsenbas~arde, ,mad Niigelis Interesse in erster Linie auf die Art%il.dungs~rage geriehtet war. F i i r diese sehien i:hm .die Gattung Hiera- cium, diese systematiseh sehwieri@ste aller Bliitenpflanzengattungen, ~esonders w.iehtig. Er haite sieh seit ,seiner Stud'ienzeit mit ihr bes.eh~f- t'ig~ - - s e h o n 1846 war eine Untersuehung iiber ~tie Unterg,attumg Pilosella ersehienen - - , ~and um 1865 her~m war sein Interesse daran wieder be- senders stark gewerden. Kein ~runder, dab ihn die Hierac#um~)~starde Mendels mehr als die Er'bsenlba.starde fesselten.

E s war ein beson,d~eres MiBgeseh.[ek£ d.as Mendel (.und Ngtgeli) Meh so in~ensiv mit dieser Gattung :beseh~ftigen lieB. So ti~beraus g]ti ek]ich der erste Grill Mendels bei dee Erbsen war, so nnglficld,ieh war der zwei±e. Wir wissen~ ja jetzt dutch die Unters.uehungen Raunt~iaers 'undl Ostenfeld~' (,d.ie aber erst drei Jahre nach der Wiederentdeeknng Mendels ersehienen~), warum Mer~del die Naeh-

~) Ka~grer.J~a~ fz)rsjbg m ~ Hieracium og and,re Cieboriceae. ~Boi~an~sk T.~dJss,kr.ift, 25. Band, 3 Hefte, 1903, ~tm.~: Zu, r Ke~t~ai~s ~der Apo~ami~e in tier Gattamg tti.eraci.~:m. ~Ber. d. De~t%s.eh. Bot. Ges,eHs.oh. B.d'. XXII.

Page 7: Etwas über Gregor Mendels Leben und Wirken

2t~7-,1;~2j worrens: ~rwas noer t~,regor

kommensehaft ~seiner Bastarde bier :51tiff ken- stant ~,an, dl: Die Siimlinge entstanden at:f unge- .sehlect~tliekem Wege aus ,Eizellen, die die Reduk- ti.ons~eiLung .nieht durehgemaekt batten, und ver- hielte~ sieh deshalb wie A,bleger, die die ]~[utter- pfl',anze ten, an wieder hervorbrin.gen. Der ]31iiten- staub Neib~ ,dlabei t~uglieh. 3£anehe Arten si~d durchgbngig apo~am; ~bei d.iesen blieben alle Be- miihungen Mendels, ,sie .mit dem PolLen fremder Arten zu befruchten, selbstversti~ndlieh er.gebnis- los. A~dere .~ringen neben apoga,men Eizellen a~ch :befruchtnngsfgMge hervor. Hier konnte Mendel, ~reilich nur mit ~ul~erorden~lieher 3£[ihe ~an,~ ~ndem er sieh die Augen ~ast werd.arb, einige Bastarde erkalten. Wieder an dere sind ganz nor- mM, so des yon Mendel verwen.dete H~erac~um Auricuta, selae ,,beste" Yersuchspflanze. D a e s , soweit meine ~Er£ahrun.gen reichen, selbslsberil ist, h~tte Mendel bier die Blfitelaen bar nieht zu kastrieren ,gebraueht; er ~at ,~adurch wohl war die Za:hl der .gelingenden ,B.~stard~erungen herab- gesetzt. Be] den so miih.selig erzielten Bastarden trat dann, wen~n Mendel Setbsbbefruchtung and Spa]ten erwartete, .apogame Eimbryobi]dung und 8amit eine konst~nte Naehkon~mens'e~a~t aug

DaB Mender (un,d Niigell) ~ieht ran eine un- geschlechtliche .'Entstekung der S~mlinge dank- ten, kann uns ~aieht wundernehmen. ~inmal war dia~nal.s Apogamie, als ,,l~rthenogenese", wenig- stens bei ]31[i~enpfl, a~n~zen ,n~ar ,in Einzelfiillen and f{ir getrenntgesehIechtige A r ~ n angegeben, und ,~iese rii]le wurden, zmn Tell mit Recht, auf ihre Rich~igkeit gestritten. ¥or allem a~ber mul?ten bei tier Kleinheit und dem Ban tier Bliit- ehen, ~d~ie in einem Bliitenkkpfehen des ttabiehts- k~a,utes zu.sammengedr~r~gt :stehen, immer nile Vers~ehe, d.ureh Entfermmg d~er Antheren zu ka,strieren ~ win es Mendel getan hat - - , ~n- sieker erseheinen,. Ra~nkiaer and, Ostenfetd haben denn un.ch auf .die Kastr:atiort in gewbhn]icher Weise ganz verzichtet ui~d' die Kbpfehen vor dem ~ka~lfi]aen elnfaeh mit dem Rasiermesser so durehgeschnitten, dab der obere Tei] der Griffel re.it ,den Nat,ben u~d die Antkeren auf einmal allen Bliiten weggenommen. ~-urden. So behan- delte 1Kbpfehen setzten d:an.n trotz der Sckwere des Eingriffes gut an. Be] einem grggeren, ]eich- ter zu ~e~nandelnden Objekt hfit~e Mendel des ~{ifl- lingen der Versuehe gewig n ickt ]miner winder auf Kastr.afionsfehler gesehoben.

Der H~uptgrund: fiir die Wirkun.~slos,igkei~ yon Mendels Arbeit ~bei Niigeli and den ii.brigen Forsehern, die ,slch gleiehzeitig f i i r solehe Fragen interesderten, tag ~ber, mwie schon bemerkt, wohl an der vbtl,igen Neuheit der ¥orstellung, dab nieht ,das Gesamtbild des Individ'uums, so~n:dern seine Ei, nzelziig'e getrennt vere~bt wiirden. Das geht a'ns den Not izen, die sick Nageli tiber sein erstes. (Antwort-) Sehreiben ~an Mendel gemaeht hat, k]ar hervor. Und a];s er dann fa:st 20 Jahre .sp~ter (1884) sel, bst in ,cier ,,meehaniseh-physiolo- gischen Theorie .tier A~bstammungslehre", vor De

~vlen~els Leben und Wirken. 629

Vries' Pangenesis, die Ansieh~ vertrat, dag die Verer,bung n:cht dutch Repriisentanten der ein- ze]nen Zellen, wie es die Pangene Darwins waren, sondern durch Repr~sentanten der einzelnen Eigenschaften im Idlop~asma ergo]be, war i~hm der Inha]t yon Mendels Erbsenarbeit offenbar wieder vbllig aus dem Ged~chtnis versehwanden.. Er h~tte sic]l sonst d~eses ausgezei(~nnete BeweJs- material nicht entgeken lassen.

Nebenher mkgen wohl aueh d'ie gelehrt~n Herren in Mendel etwas den Di]ettan~n geseken und ihn desha:l~o nieht ernst genug genommen ha~ben. Von ihrem Standpunkt aus nleht so ga~z mit Unreeht. Es solI nieht versehwiegen werden, dal3 sick £n der sonst kl~ssi,sehen er.sten A,bha, nd- Lung ein morphol~oglscher Irrtu:m fin.4et, tier aueh entwieklnngsphysi01ogLsehe Koasequenzen ~at und aueh .d,ama~s nicht h~tte vorkommen diirfens). Uns stkrt d~as bei der Bedeutung her Arbe~t nieht mehr.

VI. Die Wiederentdeekung der Mendelschen Gesetze.

t~.ber die .experimenteile Arbeit in der Zeit n~ach Mendel, die an Theorien so fruch~bar war, kknnea wir h inweggehen. Auger :orziigl:eher praktiseher Ztiehterarbeit hat sie nur in A. Mil- larder u~d F. Hildebrand Experimentatoren grb- l~eren Stiles hervorgebracht Besonders letzterer maehte sick dutch die l=[eranziehung attch der .anatomischen ~[erkmale verd'ient, :antersuchte a~ber fast ,immer nut die er:ste ,Ba,stardgeneration.

Erst zu Anfang tier 90er Jahre zeigte sick vdeder ein Anla:uf, das, was Mendel gefunden :hatte, anfs neue Zu entdecken, diesm.al bei einem Z,oologen. 1893 ,berichtete W. Ha~cke in seinem Buehe ,,Gestaltung nnc~ Verer.bung" .aueh fiber alas [Endergebnls um{angreleher ~Bastard:ierungs - vers~ehe mit gesch.eckten japanisehen Tanz- m[asen und normalen weit3en N[gttsen, ire]link sehr stm~mar.iseh and obne Za.hlenangaben. Wit wissen jetzt, v.or allem dureh Darbish~re, dell es sick ,urn mende]nde Eigensehaften handelt. Er erkl~rt d ie T atsachen, offenbar o~hne Kenntni~s Mendels, so, dal] sich bei der KeimzeI]'biIdung, w~hren.d der Red,uktionsteil:ung, die ,bei.den ver- s ehied~enen ,,Plasmen" P und P', die bei tier Bastard~befruehtung zusammeugekommen ~a ren , wieder voneinander tren.n,en ~and ~ in versehiedene Keimzellen gehen, and ebenso, ,devon ga.nz ~anab- h~ngi,g, die beiden ,,Kernstoffe" K un, c~ K ¢. Die Fiirbung der ~fi'use ~st an die Kernstoffe gebu.n- den: K ~eseheekt, K' weit~, ,die iibri~en E.igen- ,sehafte~, darunter die des Tanzens (P) .and' des Nfehttanzens (P') :an alas Plasma. Jedes Bastard- m~n.chen and-weibehen bildet nach Haaeke viererlei tKelmzellen: PK, PK', P'K, P'K', so d.al] in .der n~eksten Gener.a~on neu.nerlei IndDid'uen~

s) Mend~e~ s~prieht~ v ~ ,,A.~bu~r~en" ,tier Erbs~n~men, .a]~ .eim~em aufierhalb ,~ea Embryos ~li,egen~en (be4, der E~]~se feMe~den) NEhr.~we~e, wo er vo~ gee Keim- bi~t~r.n ,des E~bryo sel.~bst h~tte r~den s~tten.

NW. ~922. 80

Page 8: Etwas über Gregor Mendels Leben und Wirken

630 Correns: Etwas fiber Gregor

PP, K K ; PP., KK'; PP, K'K" usw. entstehen. ,,Die Trelm,ung. ist, wie es seheint, in manehen FglIen elne ,~511ige, so dal~ die Pla,smen und di.e Kern- stoffe, abgesehen yon .den mehr oder minder weit- gehenden, ,aber niemats vollkommenen Au~sglN- ehtmgen ihrer Eigensehaften, ebenso rein ,aus der Vereinigung hervor,gehen, als sie in d'iese binein- gegangen sin&"

~[an sleht, ffir ,diesen Fall ~ hat Haac/se fast ,ganz des 3Iendetsehema fa r zwei ~erkmalspaare aufgestellt. Er ist jedenfal~s Mender am nfiehsten gekommen, noch n~her aI:s Naudin, hat sich .abet dad ureh, ,dal~ er die An]agen~ ffir die eineu ~erk- male :in den Kern, die fiir die anderen i,n das Plasma verlegte and Kern und 'PI.asma at's Ein- heiten auffat~e, die 3£bglieh!<eit einer geratI- gemeinerung abgesehnmitten. Des Yerhalten des t~ast'ardes, dessen Eltern s~ch in einem P.unkt unterschM&en, tgBt sleh natfirlieh gut erk'lgren ; die Eltern stimmen im Plasma o der i m X ernst off fi,ber- eln. Sehou drei vonei,n'ander ~nabh~hglge 3£erk- malspaare ffigen sleh a~ber nieht. Die Auffass,ung Haact~es ~iingt mi t ,seiner ,,Gemmarien'qehre zu- sammen; diese Gemmari:en, die Indi~iduen, die des .E4~plasma a~fbauen un.c~ selbst sieh w~eder aus ,;Gemmen" zusammensetzen, zeigen nach ibm ein festes Gefii.ge. E:in K ompromil~ mit den An- seha~ungen Weismanns, gegen~ di.e des ganze 'B~l~h gerlehtet ist, h~t~e Haac~e welter geffihrt.

Zg Anfang d~es Jahres 1900 erschienen endtich ktrrz hintereinander au,s den Fed.er.n dreier Bota- niker Arbeiten, die eine experimen~el]e Bestgt~- gung der ver~;essenen ]~eobaehtungenMendets, gleieh mit Hinweis auf i.hn; braehten. Znerst kam H. De Vries mit einer ]~ittei]nng :in den Be- ~iehte~ der Dentsehen. Bot.anischen Gesellse1~af~ ,,Des Spaltungsgesetz tier Ba.starde", eingegangen .am 14. ~AI~rz, un, d einer zweiten man ,die A%ademie in Paris gerichteten vom 26. ~ g r z ,,Sur la Iol de :disjenetion des ttybrides". Diese zweite er- schien etwas vor der ersten ned veranlal}te ~mich, eben'fal]s ,der Deq~sc'hen ]~otanischen CTese]]schaft fiber ~meine einsehl~gigen Versuehe zu beri:ehten: ,,Gregor 3gendels Regel fi~er des Yerhalten der N~aehkommensehaf~ der ilassenbastard~e", einge- gange~ ,am 24. April, naehdem ieh schon in mei~nem v0rlgnfi.gen Berieht fiber d~e Xenien bM Zea Ma~]s ~an der gleichen Ste]te (22. D ez. 1899) ~mitgeteilt halte, d al3 ich bei ,d~en ~Ba,starden zw~sehen ]~[aisrassen ,,sehr interessan~e, a,ber ,auch sel~r ~ompl, izlerte "¥erhgltni~sse '~ geftmden h~l~e. Fiir die ;[unl,sltzung der Deutsehen Bo~anischen Gesellschaft sandte dann al,s DNtter E. Tscher- ma~ elne :Mitteilun.g ,,'t~er kiinstliche Kreuzung be~ Pisum satlvum" ein (einge~ange~ ~. JunD.

D e s Zu,sammentreffen der drel Arbeiten in eisner kurzen Spanne Zeit ist woM nieht so merk- wfirdig, wie es a,uf den ersten Bl.i.ck~erschelnt. Wie ich sclmn eingangs gesagt Nabe, ~aren all- miiblieh neue exper:imen~elle Verertmngs- nnd Basta~d~ernngsTersueJae zu Mnem dringenden Be- diirfnls geworden; um die Er.ge~nisse der thee-

Mendels Leben und Wirken'] [wi~senschatten

retisehen krbei t so vieler her vorr~gender For- seher im letzte~ Drittet ,des Jahrhtmderts nach- zuprfifen. Xei~ Wunder, .dal3 :sie yon mehreren Seiten iher und .ganz ~anabhiingig voneinan,der in Angriff genommen ~mrden. Und~ die e~ste Ver- 5ffentliehung zog dann die andern nach sicla, jeder gabs, ~ieviel er dame,s hatte: kueh die sel.bstiin, d~ge Auffi~dung der Gesetze se~bst war darnels bei weitem nicht mehr die Leisttmg, die sie zu Mendels Zeit war; ,die theoretisehe Arbelt so 7ieler Ferscher und die zyto~ogiseheu Unter- ~uchuagen Hertwigs, Strasburgers trod: anderer batten ~sie inzwisehen auBerordentlieh erleichtert. Ieh er,i,n~ere nut an die Vorgiinge bel der Be- fruchtung, an.,d'ie gewbhnliche Xernteilu~g und ,die Reduktlonslei]~dng, atles Dinge, yon denen Mendel noch kelne Ahn:ung haben konnte.

Ich war dutch Yersu~he frber die Xenien- ~ild:uag auf des Yerhalten der Bastarde bei ~[aiS- und Erbsenrassen au~fmerksam • geworden. Die Untersuchungen kon,nten aber nut ]angsam, ge- wi.ssermaflen :als Allotri.a, dutch ~ Js~hre ne~en an- deren A~bei~en fortgef~ihrt werden, :so ,dlai3 ieh sehon in der ensten Nittei'lung ffir Pisum sativum elnen Stammba;um his zur vierten Bastardgenera- tlon e:insehIiel~lieh vorI~gen kon:nte. Ieh w~ar bald alif alas An sz~hlea .und dann aueh ,au£ die riehtige ErMiir:ung .gekommen; .erst als ieh die Literatur .d~urehsa~h, land ieh, dal3 me ine Ergeb- nisse ndcht neu Waren. Foclce sagt .bei Pisum i~ seinen ,,Pflaazenmis.eMiJngen" (1881) n~mlich, dab Mendels zahlreiche Erbsenkreuzungen Resulta~e erga%en, die dene~ Knights ganz ~hn]ich ~aren, ,,dock g}aubte Mendel konstante Zahlenverhfilt- nisse zwisdaen ,den Typen der :N[~i~eh]in,ge z~ fin- den". Und De Veivs und Tseherma& ist es nicht anders gegangen; JOe grles spezle]l hat i m "v~or- ~ra,g, den er am 11. Juti 1899 auf der ersten

n ~ g~ ,,Hybrid-Co ferenee ;in London fiber ,,Hybrl- dis!n~g of 3~[onstroslties '~ hielt (u~d; der erst im April 1900 erscbien)~), ,den Dastard zwischen dem kahlen Melandrium album g~abrum (M. Preslg Opiz) und der 1.3piseh behaarten ~Sippe des Me- landr'ium rubrum, ,der hlnslehtl~ieh der Bebaarung typiseh mende]t, noeh ganz ohne die pri~z~se 31[endetsehe Fprmutierzsng besehri.eben.

Die ~drei oben genennten Arbelten kbnnen hler nieh~ im e icazelnen ana]ysiert ,und kritl.siert wet- .den. 3geine eigehe kr.ankt daran*, dab ~eh, wle sehon i~r Tital zeigt;, die Regeln. au:f ,die Rassen- g0astarde besehr~nkte. IE~s geschah das natiirlich unter dem Ein.dr:uck der mir d:amals sehon be- kannten~ ~Ergeb~isse won Mendels Bastardier~ngs- versuchen ml t H, abiehtskra~atarten, die damals ja noeh nleht ,anfgeldfirt waren.

1900 war die Zeit ffir Mendel ,ge~ommen, mehr, :a]s er seltbst a~nen .kennte, wenn er sieh ~ueh des Wertes seiner Versuehe ~ewu.l~t war ~nd an ihre Z t~unf t glan~bte. Freilleh .erfo]~gte .die

~) Jo~,rna~ R~Ta~ Hor~ieul~su.r~ Society Vol- XXIV, S. 69.

Page 9: Etwas über Gregor Mendels Leben und Wirken

Hef$ 29. } 2l. 7, 19221

Goldsehmidt: Zwei Jahrzehnte Mendelismus. 63t

alIgemeine Anerkennung auek dann nich~ sehr rasck und nlekt, ohne l~eibung. ~gn. br.aueht sich zum Beispiet ~ar an den Kampf zu erinnern, den Bateso~ in E,nglan.d jahrelang ~iir Mendel zu fiihren hatte. E,s ist abet niekt meine A'ufgabe, das Sekiek, sal der ]Kendetaehen Gesetze iiber den Zeitpunkt d'er Wiederentdeckung za ~.er~olgem

War es-ein Ungtiiek, dan Mendels At, belt niekt sot:oft wirkte, ~md dab sie so tange vergessen bl, ieb? Ffir die Wissenschaft sieker, obwohl es sieh sckwer -vor.stell.en tiiflt, wie sieh die theore- tisehe .Sei~e obme die ~del sparer ,gemaehten Fort- sehritte auf Mstologisekem ~n& pkysiologisehem Geb.iete weiter entwiekelt k~tte. Der ¥org~nge bei der Befruehtung and der ganzen Lekre v,o'm Xern habe ick sehor~ gedackt; man denke abet aueh zum Beispiel an .die ckemisck-pkysiolo- gisehen N~orgi~nge bei ,der Far~ostof~ild'un.g. Fa r Msndels Ruhm war die Di.stanz, die er dadlureh

vet seinea Naehfolgern erhielt, nur giinstig. W~re seine Arbeit ~in ihrer grundlegenden Be- deutLmg sot.err erkannt worden, hiitte sie gleleh den An:smt3 zu einer Forschertiit, igkeit gegeben, die :aa.6h nat einen kleinen Brudhtei} ,derjenigen darstell~e, ,die naeh 1900 entsianden ist, wir wiir- den j e s t kaum yon ,,~gendelschen Gesetzen" und yon ,,mendelnde~" Bastar.den red'en. - - Wenn wir Mendel bedauern, solt~e es nieh~ wegen der jakrzeknte}angen Vern~ehlgssi~u~ng gesehehen, sondern w~gen des Streites . am die Retigions- steuer, die ,ihm seine letzten zwblf Lebensjahre immer mehr ve~b'itterte un,c~ :ihn in sel.ner wissen- sehaftliehen Arbeit kemmte. Mender hat nns in ,seineu ,,¥ersuehen fiber P~la~nzenkybriden" ein Werkzeug in d,ie t Iand gedriiekt, das wir dem Hebel des Archimedes ver.g]eiehen' kbnnen; leider hat er nieht "mit der ]eidense,ha~tslosen F orseher- ruhe .des groBen Grieehen in seinem Problem auf- gekeu kbnnen.

Zwei Jahrzehnte Mendel ismus.

Von Richard Goldschm~dt, Berli~-Dahlem.

AIs Gregor Mendel etwa zwei Jahrzehnte nach sei ner ~,mwiilzenden Entdeckung slat b, stand das vo,n ibm erbffnete Forschun~sgebiet noeh un- ver~ndert an der g]eichen Stelle. Die .al]es In- teres se konsumierende d.arwinistiscke Epoche hatte Mendel uad seine Entdecku.ng am Wege liegen lassen. Nun sind wiederum zwei Jahr- zehnte verf].ossen, seit Mendels Werk zum zwei- tenmal entdeckt und aus ,seinem Dornrbsc~aen- schlaf geweckt w.urde. U.n,~ welck ver~indertes Bild! An Stelle der wen~gen Druckseiten, die Mendels Entdeckang kundtaten, tlirmt sich eine kaum ,mehr iiber, sehbare Literatur; an Stelle ether au~ ein Objekt beschr~nkten Einzehnier- ,suehu~ng steh~, t~eute eine gewaltlge Wissenschaft, 4ie sick schon das Reeht eines selbst~ndigen Forschuagsgebietes erstritten hat; an Stetle einer zu~Echs~ ' f ~ elnen F,a,lt erkan.n~en Gesetz- miigigkeit steer, heute ein Mh.m~assendes Lehr- geb[ude, yon dem fiir alle Teile der Wissensckaft veto Leben Anregu~ag und Fbrderung ausgeht. DUtzende yon Lehrbiiehern a]ler Spraehen fiihren den Anf~nger in die Wisse~schaff des ]k{endelis- ,mus ein, besondere Zeitschrift.ea alter Kultu.r- ~sprachen verbf~entliehea die Forschungsergeb- nisse, l=[u~ndevte yon ForseheTn .~rb.eiten unermiid- tich .am Aus%au der Lehre ~nd weite Gebiete des praktisdaen Lebens bemiihen sieh, ~hrer Arbeit mit I~ilCe des N[ende]ismus die exakte Grund]age zu .geben.

Wie alas wok] :meistens bei derart]gen Ent- deekungen geht, wurde ihre Tragwe~te zun~chst verkleb~ert oder g anz geleu,gnet, un.d die For- scker, d~e zu Anfang diese.s ;[a]ar]aunderts die mendelis~ische Pion%rarbeit leiste~en, wurden

%elfaeh yon ikrea Faehgenossen ~iokt re~ht ernst genommen. Um so mehr miissen wir i.hnen da~k~ar set.n, dab Sie i hren als riehtig erkanntea Weg weitergingen and schliei31ich durch die Wacht ger T atsachen die Xrittler und ~SpStter besah~mten. Zun~ehst g alt es natiirlich zu zei- gen, dab Mendels Gesetze Mne weit.e Giilti.gkeit kaben and demen.tsprechend mbglic:kst viele F~lle im Tier- and PflanzenrMeh zu untersuchem ~[eist stellte man dana test, daI~ .die ungersuehten Erbelgenscha~ten mendelten, blsweilen semen :aber das nleht so ohne weiteres der Fall zu seth. Heute hat es nur neck historisehes interesse, zu sehen, weleke Schwierigkeiten da gefunden war- den, denn jetzt kaben alle sekeinbaren Ab- weic%ungen ihre Erkliirung .ge£unden,. Der ein- faeke 3£endelfall, wie er gliieklicker~Mse Mendel s~lbs~ vorgelegen hat, ist l~eute nur noek das ABG d~s )gendelismus; gas man kennen muB, wie die Zellenlehre oder den Pythagoras. Um d~en einfachen Fall aber hat sieh eine Fiilte yon verwickelten Essckeinungen ge]agert, die mit fm~schreitender Erkenntnis i mmer mehr das Interesse absorbierten.

BekamntKck besagt die l-M:end:e]scke Lehre, dab die erblichen Eigensckaften der Organismea dutch ~n den Geschlech~szellen entha]tene Erb- faktoren (Determlnanten, Gene) vow E]tern auf Xi~der ii,bertragen wet.den nnd ,dal~ diese Gene a~s im weseatlichen stabile Einheiten welter- gegeben werden. Dieser Sehlu~ wurde aus dem Yer~alte~ tier Gene n:aet~ Bastardi.eru~g ,abge- ]eitet, da es sich zeigte, dab bier keine Ver- misckang der verschiedenen yon den Eltern stammenden Gene stattfi~n'det; sie bleiben vieI-