etwas über den zug der vögel in nord-ost-afrika

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73 vollends eine solehe Reihe von Gyps Rftppellii, wie ieh, gesehen hat, mtisste gar keinen Bliek ftir Artuntersehiede haben, wenn er fiber diese Geierart aueh nur einen Angenbliek in Ungewissheit sein wollte. Sie unterseheidet sieh volt Gyps Kolbii auf den ersten Bliek. Die- ser letztere hat als Hauptfarbe ein einfaehes Asehgrau: wfihrend Gyps Ri~ppellii ganz gesehiiekt aussieht. Im Berliner Museum steht ein iiehter Gyps Kolbii im ausgefiirbten Kleide, wenn ieh mieh reeht erin- nere, yore Vorgebirge der guten Hoffnung; und ieh glaube, mieh nieht zu irren, wenn ieh behaupte, dass Gyps Kolbii iiberhaupt nut der slid- lichen Hfilfte yon -Afrika angehiirt, und kein europiiiseher Vogel ist. Unter den vielen Geiern, welche mein Sohn mitgebraeht hat, (seine Sammhng dieser Vifgel war grifsser, als irgend eine, welehe bis jetzt naeh Europa gekommen ist,) befindet sieh nieht ein einziger Gyps Kol- bii. Itieraus sehliesse ieh: dass dieser Geier gar nieht in Nord-Ost- Afrika lebt, sondern dass unser Gyps R~tppellii bier seine Stelle ver- tritt. Desswegen gebiihrt aueh diesem, nieht abet jenem, das europiiisehe Biirgerrecht. I)enn, da er nnter dem 16 o n. Br. sehon heimiseh ist: so ist es gewiss~ dass err und nieht der sfidafrikanisehe Gyps Kolbii, sieh zuweilen naeh Europa verirrt. Was sind 150 Meilen fur einen Vogel, der so znm Fliegen gesehaffen ist und einen Weg yon dieser Liinge ganz bequem in 2 Tagen zuriieklegen kann! Renthendorf, am 15. October 1853. Etwas fiber den Zug der VSgel in Nord-Ost-Afrika. Von Alfred Edmund Brehm. (Schluss; s. Jahrg. I, S. 451--457.) Die Laubs~inger (PhyUopseustae Mey.) finden sich den ganzen Winter hindureh in Aegypten und 5[ubien vor, wo sm sieh in dem nie- deren Mimosengestriippe aufhalten. Den Accentor modularis dagegen erhielt ieh bloss Einmal. Ich land ihn nfimlieh am Bitterwasserbrunnen Mareha, in der Nfihe des Birket el Taranhn im petrfiischen Arabien; schon todt und mit einem Schleime iiberzogen, der reich glauben maehte~ dass eine Schlange ihn gefasst, getfdtet und halb versehlungen, dann aber wieder yon sieh gegeben habe. Blaukehlchen, (Cyanecula,) und zwar C. orientalis Brehm, suecica und leucocyana, aber nieht C. Wolfii, besuchen Aegypten; suecica fand ich am :20. Januar 185! sogar hoch oben am blauen Flusse, ungeffihr unter dem 13 o n. Br. 6ewiihnlieh iiberwintern sie in Aegypten und mausern dort; sie si•d an den Seen, in Klee- und Wieken- feldern oft ziemlieh hfiufig. Alle Steinsehmiitzer (Saxicola) und selbst die Wiesen- sehmiitzer (Pratincola) kommen vor. Erstere sind in dem unge-

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Page 1: Etwas über den Zug der Vögel in Nord-Ost-Afrika

73 vollends eine solehe Reihe von Gyps Rftppellii, wie ieh, gesehen hat, mtisste gar keinen Bliek ftir Artuntersehiede haben, wenn er fiber diese Geierart aueh nur einen Angenbliek in Ungewissheit sein wollte.

Sie unterseheidet sieh volt Gyps Kolbii auf den ersten Bliek. Die- ser letztere hat als Hauptfarbe ein einfaehes Asehgrau: wfihrend Gyps Ri~ppellii ganz gesehiiekt aussieht. Im Berliner Museum steht ein iiehter Gyps Kolbii im ausgefiirbten Kleide, wenn ieh mieh reeht erin- nere, yore Vorgebirge der guten Hoffnung; und ieh glaube, mieh nieht zu irren, wenn ieh behaupte, dass Gyps Kolbii iiberhaupt nut der slid- lichen Hfilfte yon -Afrika angehiirt, und kein europiiiseher Vogel ist. Unter den vielen Geiern, welche mein Sohn mitgebraeht hat, (seine Sammhng dieser Vifgel war grifsser, als irgend eine, welehe bis jetzt naeh Europa gekommen ist,) befindet sieh nieht ein einziger Gyps Kol- bii. Itieraus sehliesse ieh: dass dieser Geier gar nieht in Nord-Ost- Afrika lebt, sondern dass unser Gyps R~tppellii bier seine Stelle ver- tritt. Desswegen gebiihrt aueh diesem, nieht abet jenem, das europiiisehe Biirgerrecht. I)enn, da er nnter dem 16 o n. Br. sehon heimiseh ist: so ist es gewiss~ dass err und nieht der sfidafrikanisehe Gyps Kolbii, sieh zuweilen naeh Europa verirrt. Was sind 150 Meilen fur einen Vogel, der so znm Fliegen gesehaffen ist und einen Weg yon dieser Liinge ganz bequem in 2 Tagen zuriieklegen kann!

Renthendorf, am 15. October 1853.

Etwas fiber den Zug der VSgel in Nord-Ost-Afrika. Von

Alfred Edmund Brehm.

(Schluss; s. Jahrg. I , S. 451--457.)

Die L a u b s ~ i n g e r (PhyUopseustae Mey.) finden sich den ganzen Winter hindureh in Aegypten und 5[ubien vor, wo sm sieh in dem nie- deren Mimosengestriippe aufhalten.

Den Accentor modularis dagegen erhielt ieh bloss Einmal. Ich land ihn nfimlieh am Bitterwasserbrunnen Mareha, in der Nfihe des Birket el Taranhn im petrfiischen Arabien; schon todt und mit einem Schleime iiberzogen, der reich glauben maehte~ dass eine Schlange ihn gefasst, getfdtet und halb versehlungen, dann aber wieder yon sieh gegeben habe.

B l a u k e h l c h e n , (Cyanecula,) und zwar C. orientalis Brehm, suecica und leucocyana, aber nieht C. Wolfii, besuchen Aegypten; suecica fand ich am :20. Januar 185! sogar hoch oben am blauen Flusse, ungeffihr unter dem 13 o n. Br. 6ewiihnlieh iiberwintern sie in Aegypten und mausern dort; sie si•d an den Seen, in Klee- und Wieken- feldern oft ziemlieh hfiufig.

Alle S t e i n s e h m i i t z e r (Saxicola) und selbst die W i e s e n - s e h m i i t z e r (Pratincola) kommen vor. Erstere sind in dem unge-

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heueren Reiche der Steine~ in der Wiiste, iiberall anzutreffen. S. sta- pazi~ta and S. oenanthe gehen bis nach Charthum.

Von B a c h s t e I z e n (Motacilla) ist M. alba in ganz Nordost- Afrika verbreitet. M. capensis (s. Lichtensteinii Cab.) findet sich iiberall, wo tier 51il felsig ist, daher vorzugsweise an den Katarakten. M. sul- phurea und M. lugubris babe ich nicht bemerkt.

Die S c h a fs t e 1 z e n (Budytes) sind wiihrend des Winters in ganz Nordost-Afrika hiiufig. ~') Obschon an den Seen Aegyptens viele Schaf- stelzen tiberwintern: so ziehen andere doch aueh in grosset Anzahl nach dem Sudahn, halten sich dort in grossen Gesellschaften auf, und verlassen alas-Land erst nach volleudeter Mauser. B. melanocephalus war 1851 in tier Mitte des Miirz noch hiiufig in Charthum zu finden, abet zu Anfang Aprils fast giinzlich verschwunden. B. Igavus, cinereo- capillus and atrieapillus (Brehm) folgten Mitte Aprils; zu Anfange des Mai sah man fast keine Schafstelzen mehr. Beinahe zu derselben Zeit verlassen sie auch siimmtlich Aegypten; ich bin lest tiberzeugt, class keine dort briitet.

Yon D r o s s e 1 n beobachtete ich nur Tnrdus musicus im Winter in Aegypten. Er hiilt sich dann in 01ivenhainen und 6tirten auf, ist jedoch aussergew0hnlich s cheu , sehr vertheilt , and verlasst das Land schon Anfang Miirz.

S t e i n d r o s s e l n (Petrocossyphns) finden sich da fast eben so hiiufig, wie die vorhergehende. P. cyanus ist in Aegypten das gauze Jahr hindurch anzutreffen, und wohl in ganz Nord-Ost-Afrika heimisch, wenn auch im Ganzen ziemlich selten. Sein Lieblingsaufenthalt sind die steilen Gebirge zu beiden Seiten des Nil, oder die verschiedenen Tem- pelruinen, auf d e n e n e r sich ganz nach Art der Rothschwiinze herum- t re ib t P. sazatilis iiberwintert nicht in Aegypten, sondern durcheilt ganz Nubien, ohne selbst in den Liiudern Ost-Sudahns, welche ich be - re is te , Rast and Ruhe zu finden. Ich erlegte diesen Vogel , den wit nicht unter die stiitigen Bewohner Nord-Ost-Afrika 's rechnen diirfen, 1849 im April bei Damiaht auf einer Fellah-Hiit te; 1850 am 17. Oc- tober bei Abu-Harahs am blauen Flusse; 1851 im Miirz bei Charthum, and 1852 Mitre Miirz in Oberiigypteu.

Der S t a a r (Sturnus vulgaris) bleibt in Unteriigypten, wo man ihn hiiufig in Fltigen zu ftinfzig bis hundert Stiiek antrifft. Einzelne Miinnchen sassen am 14. Februar 1850 bei Fajam auf den Rticken der, an den Vorrichtungen zum Wassersch0pfen arbeitenden Btiffel und sangen. St. unicolor Matin. babe ich hie angetroffen.

Unser" lieber P i r o 1 (Oriolus galbula) durchwandert ganz Nord- Ost-Afrika. Ueberall fltichtig~ iiberall scheu, ist er meist in den t ro -

~) Ich habe fast zweihundert Exemplare dieser sch(inen and h~ichst in- teressanten Vtigel mitgebracht, um die Mittel zu geben, mehr, und zwar sehr wfinschenswerthes Licht in diese Gesellschaft zu bringen. Unter ihnen befindet sieh eine neue Art, die yon meinem seeligen Bruder entdeckt and B. pygmaeus genannt wurde. Sie ist fiber ein Viertheil kleiner, als alle die iibrigen. Ausser- dem land ich beiCharthum unter B. melanocephalus einen hiichst merkwfirdigen Vogel, der wobl den Budytes in h(ichster Ausbildung zeigt: B. superciliaris nobis~ mit weissen Streifen fiber den Augen.

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pisehen Wiildern des Sudahn eben so sehwer zu erlegen~ wie in den Palmenhainen Nubiens, oder im diehtesten Wipfel derSykomoren Aegyp- tens. Ieh beobachtete ihn 1848 am 12. September im oberen Nubien, unterhalb Berber, (17I/~ ° d. n. Br.;) 1849 am 3. und 8. Mai am Mezaleh-See ; 1850 den 6. September bei Charthum~ den 12. und 18. Sept. am blauen Flusse; 1851 am 17. Sept. in der Provinz Dongola, und noeh am |0. October in Oberfigypten.

S t a n d v 0 g e 1 dagegen sind fo]gende : Cercotvichas erythroptera, in Nubien und dem Sudahn; Pycno-

hOrUS Levaillantii in ganz Nord-Ost-Afrika; P. Arsino~ im petrriisehen Arabien; Crateropus leucocephalus im Sudaha; Sphenura Acaciae in Nubien; Dicrourus lugubris und Muscipeta melanogastra im Sudahn. Auch Lanius personatus diirfen wir nieht unter die eigentliehen Zug- viJgel reehnen.

Er verIfisst zwar im Winter in grosset Anzahl 0berfigypten, um siidlieher zu ,gehen; aber viele Exemplare b|eiben auch dort zurtick: so dass man ihrer das ganze Jahr hindurch in Oberfigypten, Nubien und im Sudahn antreffen kann. Sein Lieblingsaufenthalt sind Palmenwritder.

Lanius collurio geht his in die Wfi|der am blauen und weissen Flnsse, um dort zu mausern; L. rufus zerstreut sieh dureb ganz 5~ord- Ost-Afrika. #) L. minor, L. excubitor und unsere neuen Arten L. assimilis und leuconotus sind ira September gleichfal]s in jenen Wril- dern anzutreffen.' 0b L. ruficaudus nob. wandert, oder nieht, kann ich nicht behaupten; derselbe ist so selten, dass es mir nicht mOglich war e genaue Beobachtungen fiber ihn zu machen.

L. (Nilaus !) Brubru, Lan. (Prionops) cristatus, L. (Dryoscopus) cubla, L. (Laniarius) erythrogaster Riipp. und L. erythropterus sind wieder Standv0gel. Die ersteren sind auf den Sudahn bescbrfinkt; der letztere geht nach meinen Beobachtungen ziemlich welt niirdlich, fast bis Wadi-Halfa herab. Den, ihm ausserordentlich nahe stehenden L. cucullatus land ich nicht.

Von K r r i h e n und R a b e n finden wit einige Arten in den L/in- dern ~Iord-Ost-Afrikas als stritige Bewohner. So lebt Corvus (Corvul- turO crassirostris, in Abyssinien. C. umbrinus Hedenb., ein richter Rabe, (mit langen spitzigen Fliigeln, zugerundetem Schwanze und festem, glatt anliegendem Gefieder,) wohnt in Aegypten, ~Nubien, den Wiisten und dem petr~iischen Arabien; C. brachyurus nobis in Aegypten. ~***) C. cornix (aegyptiacus) findet sich nur in Aegypten; ferner C. sca- pulatus im Sudabn.

Aus Europa kommt auf dem Zuge nur Corvus frugilegus nadt

~*) Mi, t letzterem kann man leicht eine neue Art verwechseln, die wir L. pa. radoxus genannt haben. Sie unterscheidet sich yon ihm hauptsiichlich dadurch, dass das hintere Viertheil des Sehwanzes ganz weiss ist: wiihrend bekanntlich die beiden mittleren Schwanzfedern bei L. milts durchaus schwarz sind, und die niichsten bloss eine Spur yon Weiss haben.

~ ) Diese neue Art, leider nur in einem einzigen Exemplare erlegt, obwohl hfiufig in der Freiheit beobachtet, ist schon yon Weitem dutch ihr Gesl:hrei, ihren Flug und ihre Gestalt, vorztiglieh aber dtrrch den auffallend kurzen~ brei- ten Schwanz, unterschieden.

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Aegypten; ich fend ihn daselbst regelm~issig w~hrend des Winters, ein- zeln oder in kleinen Gesellschaften. Im petrfiischen Arabien traf ich am 1. Dezember 1851 in den Gfirten bei den Mosisquellen, (Ain MussaO der Gegend yon Sues gegeniiber, ganze Fliige der Saatkrfihe, meist junge Exemp]are. Viele derselben lagen auch todt umher, ohne ge- waltsam getiidtet worden zu sein, und waren sehr abgemagert. Die Zeit der Ankunft der Saatkriihe in Aegypten, so wie die ihres Weg- gehens yon de, kenn ich nicllt genauer angeben. Elstern, Dohlen, Muss- hfiher und Nussknacker babe ich nie in Nord-Ost-Afrika getroffen.

Die G l a n z d r o s s e l n (Lamprotornis) sind S t a n d v t i g e l . Textor Alecto wandert oder streicht. Er kommt mit der Regen-

zeit bei Charthum an~ maeht grossen Lfirm in den W/ildern, bent enorm grosse, dornige Nester, denen unserer Elster ~ihnlich, und kehrt naeh seiner Brutzeit in die Wiilder zurtick. Ntirdlich yon Charthum beobach- tete ich ihn nicht mehr. Die iibrigen W e b e r v ii g e 1 ~ (Ploceus und Euplectes,) ,Wittwen ~ (d. h. W h i d a f i n k e n , ViduaO und sonstige afrikanisehen Formen der Finken-Gruppe (Estrilda, Amadina, Serinus, Fringillaria, Coccothraustes und Pyrgita) wandern nicht.

Von den unserigen erlegte ich im Winter in Unter~igypten~ bei Alexandrien oder am Menzaleh-See: Fringilla coelebs, Ft. cannabina und sogar Ft. carduelis.

Von Atom e rn ist nur Emberi~a miliaria ein hfiuflger Wintergast AegTptens, bis zur Grlinze Nubiens. Er hiilt sich de gem in den Klee- feldern auf, ist scheu und sehwer zu erlegen.

E. melanocephala flndet sich n i c h t in Afrika; hfiufig dagegen E. caesia. Sie ist wohl iiberhanpt mehr Afrikanerin, als Europ~ierin. Ich beobachtete sie, wie folgt: 1848 am 11. und 1~2. September bei Abu-Hamed in Nubien, ziemlich hiiufig; 1850 Anfang Octobers bei Charthum, nicht selten; am 24. 7 25., 26. und 30. november am btauen Flusse~ einzeln; am 5. Dezember bei Woled-Medineh, am 14. bei Sen- nahr~ nnd am 31. am oberen blauen Flusse sehr hfiufig. E. striolata ist eine Wiistenbewohnerin im wahren Sinne des Wortes. Sie wohnt nur an felsigen, sandigen Wiistenstellen, und gewOhnlich tier in der Wiiste selbst. Man. sollte kaum glauben~ dass sie an Stellen, wo sie gerade am h~iufigsten ist, (z. B. mitten in der Wiistensteppe Bailiuda,) hinreichende Nahrung" finden kiinnte; so unfruchtbar ist die Gegend. ~) Ein schiiner 5[achbar des gestreiften Ammers, die E. flavigastra (!) Riipp.~ liebt, ganz im Geffensatze zu jenem~ nut saamen- und sonst futterreiche Orte. Sie lebt yore 15. Grade an siidlich, wie E. caesia, in den tropischen Wfildern. Atle Ammern sind in Afrika scheu.

Die Familie der L e r c h e n zfihlt in Nord-Ost-Afrika viele Artem Mehrere in Europa nicht vorkommende bewohnen immer die weiten, sandigen F[iichen jener Lfinder. Aber auch mehrere europfiische, sogar deutsche Arten kommen da vor. Es waren im Ganzen folgende: Alauda (Certhilauda!Y) desertorum sire A. bifasciata Licht., C. meridio-

*) Dort verstummt daher auch das frOhliche Leben der VOgel fast gfinzlich; nut der eint(ini~e, rauhe Rnf des Raben, oder der schwermiithige Pfiff der Me. lancorypha isaoeltina, unterbrechen zuweilen die Lraurige Stille der Ein(ide.

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nalis Brhm., ~) Alauda (Melancorypha) calandra , brachydactyla, macroptera nob., ~'~') A. isabellina, A. deserti Licht., ~ a ) A. rufes- cens nob. , ' [ ' ) Alauda (Pyrrhulauda ! !) leucotis and crucigera ; A. {Galerita) cristata, G. [lava nob., tJc) A. arvensis und A. arborea.

Von ihnen wandern bloss A. arvensis, A. arborea, Melancorypha calandra und brachydactyla. Die beiden ersteren kommen wfihrend des Winters sehr einzeln in Unterfigypten vor. Mel. calandra durch- suchte im November and December 1851, in kleinen Gesellschaften, den Mist der Kameele auf der Poststrasse zwischen Kairo und Sues, war abet so scheu, dass keine erlegt werden konnte. Nur Einmal g e - fang es meinem Begleiter, dem leider auf dem Felde der Wissensehaft als Opfer gebliebenen Dr. Richard V i e r t h a l e r , s i c zu erlegen. Sie erschien am 5. December 1850 bei Abu-Harahs am blauen Flusse, in einem grossen Fluge yon mehreren Hundert Exemplareni war ausser- ordentlich scheu, und flog, aufgeseheneht, ganze Viertelstunden weir, ehe sic sieh wieder niedertiess. Der Flug ut/d Lockton macht sis zu einer sogleich auffallenden Erscheinung. - Weir hflufiger erscheint als regelmflssiger Gast Melancorypha brachydactyla, and ihre Verwandte, M. macroptera, in ganz N o r d - O s t - A f r i k a . Schon auf meiner ersten Reise nach dem Innern erlegte ich die erstere mehrere Male; ausser- dem beobachtete ich sie noeh: 1850 am 17. Mfirz bei Esneh in Ober- fig?pten; ebenso am 18 , | 9 . und 20. Mfirz zwischenEsneh und Assuan, auf iilrem Riickzuge nach Europa; dann am 13. November, als aus Eu- ropa kommend, in Chartham. Am 24. und 25. November und am 3. December war sic unterhalb Woled-Medineh in Fliigen yon mehreren Tausenden; 1851 am 3. and 4. lff~irz bei Kamlihn am blauen F lu s se (150 n. Br.) in unzfihlbaren Schaaren, niirdlich gehend; am 27. und 28. September bei Wadi-Halfa , am 20. November am Sinai im petrfiisehen Arabien einzeln; 1852 am 9. Januar bei Fajum am Miiris-See; am 23. Februar in Mittellig?pten, mit Mel. calandra; endlich noch am 2. , 3., 4. und 6. l)iiirz bei den Ruinen yon Theben.

Pyrrhula githaginea ist ein stfitiger Bewohner Oberfigyptens and sines grossen Theiles yon Nuhien.

Die K l e t t e r v O g e l (Zygodactyli) ziehen griisstentheils nicht. S p e c h t e finden sich erst im siidlichsten Nubien und im ganzen Sudahn.

'~) Der vorigen fihnlich, aber kleiner und rSther, auch welt stidlicher woh- head. Cerlh. deserlorum (.4l. bifaa'ciata) lebt in den Wiisten Aegyptens, und geht sfidlich hSchstens his Wadi-l[alfa; C. zneridionalis kommt nur in der Pro- vinz Dongola in Nubien vor.

~ ) Kaum griisser, als brachydacty[a, mit auffallend langen Fliigeln. A. Br. Diirfte mit A. longipennis Eversm.~ (I. Jahrg. d. Journ., S. 283,) und woht

noch mehr mit der, yon mir wieder zu Ehren gebrachten ..4. Kollyi (Mus. Hei- neanum I, S. 123) zu vergleichen sein. D. Herausg.

~ ) Kleiner und bl~isser~ als ~!. isabellina, mit fast unscheinharea Fleeken an der Kehle; (sfidlicher.)

t ) Eine prfiehtige Lerehe aus Kordofahn. Sic bewohnt die eisenhaltigen Streekea jener L~nder, and hat ganz die Farbe der hell-rS~hliehen Erde, auf welcher sic lebt. 5~iichstens mehr fiber sie.

"["]-) Wenn aueh derFarbe nach nieht gerade ,.flava~, ist sic doeh wenigstens pltea, die Haubenlerehe des 0st-Sudaba. Sic wohnt siidtieh des 16. Grades nSrdl. Br. und ist schon im Jugeadkleide leicht als selbstiindige Art zu erkenaen.

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So namentlich die drei kleinen Arten Picu~ (DendromusO aethiopicus, poliocephalus, und Hemprichii Ehrenb. Dass keine grosse Speehte, z. B. Picus Martius oder P. viridis, in Nord-Ost-Afrika leben~ miiehte seinen Grnnd weAl in der grossen Hiirte des Mimosenholzes finden, welches yon ihnen nicht gehOrig bearbeitet werden kann. *)

Coccystes glandarius ist ebensowohl S tand- , wie auch Wander- vogel; Cuculus canorus durchzieht ganz Nord-Ost-Afrika. Ich fund ihn z. B. 1848 am 11. Sept. auf der Insel Kohmgalli im siidlichsten 5[ubien. Im J. 1849 ersehien er schon am |4. Juli bei Alexandrien, wahrseheinlich aber nur ausnahmsweise, und hielt sich da, gleich C. glandarius, in Dattelhainen auf; 1850 beobachtete ich ihn noch am 17. Mai oberhalb Neu-Dongola. ¢*~) Auf dem Zuge nach Siiden zeigte er sich zuerst am 5. September bei Charthum; am 18. und 19. Sep- tember am blauen Flfisse; 1851 am 27. August unterhalb el Mucheire.f~ und am 6. September beim Diebel Barkal.

lynx torquilla wandert gleichfalls his in die tropischen Wiilder Ost-Sudahns, we mehrere yon mir erlegt wurden.

Die T a u b e n (Columba) und H t i h n e r , letztere mit Ausnahme yon Coturnix dactylisonans, nnd die T r a p p e n (Otis) wandern nieht.

Die W a c h t e 1, Cot. duct. s. communis erscheint schon Ende Augusts und wahrend des ganzen Septembers in Aegypten: obgleich mein Vater sie in Deutschland noch ani 1. September briitend fan& Sie kommt in solchen Fliigen und so ermattet in Afrika an, dass man bei ihrer Jagd buchst~blich das Gewehr nicht schnell genug laden kann: da fast bei jedem Schritte dann eine Waehtel auffliegt. Obgleich ihrer viele in Aegypten iiberwintern, so gehen doch andere noch weiter siidlich. Ich land sie noch in Kordofahn und im Sudahn eben so hfiufig, wie in Nu- bien nnd Aegypten. Im Marz und April geht sie nach Europa zurtiek.

Unter den R e n n v O g e l n ziehen oder streichen einige Arten; so z.~ B. Cursorius (!) isabellinus, Oedicnemus crepitans etc. Pluvianus (!) aegyptiacus ist ein bestlindiger Bewohner der 5Iilufer; Vauellus cri- status liberwintert hfinfig in Aeg?pten. IT. leucurus (Licht.,) ein Vogel der in Europa gewiss auch vorkommt~ findet sich zu gleicher Zeit in Aegypten und im Sudahn. Hier erlegte ich ihu z.B. am 24. Dezember an einem Regenteiehe, ,Fuhla ~ der Eingeborenen , an welchem sieh eine fast unglaubliche Menge yon hiiehst verschiedeaen Viigeln aufhielten, a-~-~) Auch war er in Aeg?pten w~hrend des Winters yon I851 auf 1852 am Mitrissee nicht selten.

*) F i i r t 9. Martins weAl aueh sehon in dem ~Iangel voa Nadelholz. Was abet die ungewtihnliehe Hiirte. und Z-/ihigkeit des Holzes betrifft, welche bei den, grossentheils zu wahrhaft ungeheuerer Gr(isse heranwachsenden B~iumen A u s t r a- l iens die allgemeine Regel bilden: so hat G loge r hierin schon vor l~ngerer Zeit den, in der That h~iehst wahrseheintichen Grund davon zu finden geglaubt, warum es deft n i rgends Specht-Arten giebt. D. Herausg.

a~') Beide Falle mfichten offenbar weal vielmehr daf/ir sprechen, dass einzelne hin und wieder auch den Sommer da zubringen. Sie leben dann aber wahr- seheinlich nur in kfihleren, hochgelegenen und mithin gewiihnlich mehr abge- legenen Gegenden. D. Herausg.

~*) Das, yon Hrn. Br. hier heigef'tigte Ve rz e i e hn i s s derselben soil n~ch- stens unter den vermischten ,,Mittheilungen" folgen. D. Herausg.

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tloplopterus spinosus wandert nieht. Man finder ihnjahraus, j ah r - ein in ganz Nord-Ost-Afrika, vorziiglich hiiulig in Aegypten. Hier b e - wohnt er die Felder , und wh.d dem Jiiger durch sein ewiges Geschrei sehr liistig und hinderlich: da er hiermit oft die beste Jagdbeute ve r - scheucht

Von R e g e n p f e i f e r n ist Charadrius (Aegialites) minor in Aegypten besonders hfiufig~ A. cantianus auch nicht selten; dagegen abet Charadrius pluvialis eine sehr selten auf dem Zuge vorkommende Erscheinung. Unsere neue Squatarola longirostris findet slob, jedoch sehr einzeln~ am See Menzaleh.

Strepsilas interpres s. collaris kommt jeden Winter hfiufig als Gast nach Aegypten, geht nach meinen Beobachtungen nicht sfidlicher, als his zum Miirissee, und b]eibt im Frtihlinge so lange in Aegypten, dass ich wohl mit Recht annehmen kann: einige Paare m~chten das gauze Jahr fiber da verweilen nnd dort briiten. Sie mausern auch daselbst.

Die Kranich% Grus cinerea und Grus virgo, gehen bis nach dem Ost-Sudahn. Wenn letztere Mitre Oktobers ankommen, haben sie b e - reits alle kleinen Federn vermausert. Ende Februars sind auch die langen Schulter-, die Schwanz- und die Flfigel-Federn frisch hervorge- wachsen. Diese letzteren werden jedoch in einem Jahre nieht sfimmt- lich erneuert. Die grauen Kraniche kommen spfiter an und verlassen das Land friiher, als die Jungfernkraniche. Meinen Beobaehtungen zu- folge diirfen wir als das vorziigtichste Winterquatier der Kraniche d i e - jenigen Landstrecken des FIussgebietes des weissen und blauen Nils annehmen,, welche zwischen dem 15. nnd 12. Grade n. Br. liegen. Die Kraniehe erscheinen dort in ungehenren Schaaren, fressen nut Getreide, hauptsiichlich Durrahkiirner, und werden wahre Feinde der Landwirth- schaft. ~)

Grus einerea wurde yon mir am 6. November 1847 bei W a d i - ttfilfa, 1850 am 10. und |2 . Mfirz bei Khenneh, am 24. Mfirz h~iufiff bei Assnan in Oberiigypten beobachtet. Beide Arten yon Kranichen, welche ich spiiter an ihrem Geschrei unterscheiden lernte , ersehienen

~) ~Nehmen wir, in runder Summe, die Anzahl der im Sudahn iiberwintern- den Kraniche zu dreimalhunderttausend an, (eine durchaus nicht zu hohe Schiitzung,) und rechnen wit den Aufenthalt da zu hundert und fiinfzig Tagen, yore 14. Oc- tober bis 22. Miirz, ihre t~igtiche Nahrung aber nnr zu eiuer halben Kanne Ge- treides, (128 I(annen ~ I Dresdener Scheffel:) so ergiebt sich die Summe yon 22,500,000 Kannen Getreides, welches die Kraniche jiihrlich im Sudahn aufzehren. Allein ich erlegte manche, welche das doppelte Quantum des angegebenen Durchschnittsmaasses im Kropfe und in der Speiser~hre hatten. Letztere war his zum Schhmde hinauf mit K~irnern angeffillt.

Wer die Schaaren der sich im Sudahn auihaltenden Kraniche und die mei- lenweiten Durrahfelder des Landes gesehen hat, wird meine Augaben sicherlich nicht iibertrieben finden: obgleich ich selbst vor dem Ergebnisse in Betreff der Getreidemenge erstaune. Wo in Nord-Ost-Afrika gewisse Vogelarten einmal er- scheinen~ da sind sie auch oft in so ungeheurer Zahl vorhanden, dass wir uns kaum einen Beg'rift davon machen kcinnen. Ich will hier nur der Tausende yon Pelikanen, Scharben, Flamingo's, Enten, Reihern, Sichlern, Ibissen und anderen Sump[- und Wasservtigeln gedenken, welche der einzige Menzalehsee beher- bergt und ern~ihrt.

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1850 im Sudahn zuerst im October. Die ersten Fliige~ welche ieh am 14. October bemerkte, bestanden nur aus G~us vir#o, die spfiteren aus grauen Kraniehen. ~[oeh in der Mitte des Novembers kamen neue Sehaaren aus Europa an. Am 18. M~rz 1851 sah ieh Grus vir#o, am 21. M~irz G~ts cinerea zum ersten Male auf dem Riickzuge; Ge- sehafte hinderten mieh, den ganzen Zug genau zu beobaehten. Im Herbste h~rte ieh, auf meiner Riiekreise naeh Aegypten~ di~ Kraniehe zuerst am 7. September bei Korti in Nubien; sp~iter erst wieder am 16. Octo- ber unterhalb Khenneh, und noeh am 25. October bei Kairo. Sie kehr- ten im folgenden Frfihjahre am 23. M~rz zuriiek, an welehem Tage der Herr Graf yon Seh~sberg, mit welehem ieh eine Jagdreise dureh Aeg~'p- ten maehte, zwei Exemplare yon Grus vir#o erlegte. G. cinerea zog sehon am 14. M~rz.

Grus leucogeranus wurde yon mir nieht in Nord-Ost-Afrika be- obaehtet.

Die europfiisehen R e i h e r kommen ohne Ausnahme in N.-O.-Afrika vor. Am Menzalehsee ist Ardea pu~Turea nieht setten, A. cinerea gemein. Nycticorax europaeus hfilt sieh in ganz Aegypten in Geselt- sehaften yon vierzig his seehzig Stiiek auf,, und geht bis nach dem Sudahn. Botaurus stellaris bezieht wfihrend des Winters einzeln die Rohrwfilder der unterfig'yptisehen Seen. A. (Botaurus) minuta kommt einzeln selbst in Chartbum vor. Herodias egretta lebt das ganze Jahr hindureh mit 11. garz~etta und H. Lindermayeri Brehm, (kleiner, mit sehmiilerem und" diianerem Sehnabel~ als der vorhergeheade,) in Aegyp- ten; 1t. Latiefii, kleiner als H. egretta, im Sudahn. H. brachyrhynchus nob. wurde yon mir zwei Mal am blauen Flusse erlegt. Sie unterschei- det sieh dureh ihre plastisehen Verhfiltnisse v o n H , egretta nnd tL La- tiefii, ist aber sehr selten. ~) Ardeola coromandelica sire bubulcus ist fiber ganz N.-O.-Afrika verbreitet und dort einheimisch. Ardeola comata sire rallo:ides geht his nach dem Sudahn. Ardea Goliath Rtipp., und Ardea atricollis Wagl. , sind stfitige Bewohner dieses Landes, und kommen niirdlich yore 14. Gr. n. Br. nieht vor. Ieh glaube~ dass mit Ansnahme yon A. stellaris, minuta, nycticorax und comata, alle Reiherarten in N.-O.-Afrika briiten.

Platalea leucerodius findet sieh im Winter am Menzaleh-, Brurlos- und M0rissee~ in Sehaaren yon mehreren tlunderten, ja selbst Tausen- den ein, kommt aach am Mareotissee bei Alexandrien einzeln vor, und geht bis Derr in 5l'ubien. Im Sudahn wird der europiiisehe LiJffler durch Platalea tenuirostrisTemm, vertreten. Letztere ist jedoch bei Weitem nieht so h$iufig, als Pl. leucerodius.

Ciconia alba dnrehwandert Aegypten und Nubien~ und bleibt im Winter in einzelnen~ nicht besonders zahlreichen Gesellsehaften im Su-

*) Ihre Maasse sind z. B. folgende: Liinge: 2 Par.' 10" 7*", Breite 4' 1" 6"'~ E[6he tier Tibia 5" 6"', Sehabel lfings derFirste 3" 9"', im Spalte 4" 10'", unten bis zum l£ieferwinket t" 9", Mi~telzehe 3" 3'"~ hintere t" 6'", ~iussere 2" ll"'~ inhere 2" 6*"; naekte Stelle fiber der Ferse 3" 6'"; Sehwanzlfinge 5"; yore Buge des Fltigels bis zur Spitze der zweiten Sehwungfeder 13" 6". Ge- wieht: 1 Wiener Pfund) 9 Loth. Farbe sehneeweiss.

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dahn. Sie geht also noeh tiefer in das lnaere Afrikas. Nacb meinen Beobachtungen stellt sich die Zeit ihres Zuges dureh Aegypten, Nubien und den Sudahn fest, wie folgt: 1848 Mitte Miirz bei C h a s e h a h b a in Kordofahn, einzeln in den Durrafeldern, spater in grossen Fliigeu niJrdlich ziehend; am 1. und 2. Sept. bei Sche,ldi im sadlichsten Nu- bien, auf dem Zuge naeh dem Stiden; 1850 in Oberfigypten am 12. M~irz bei Khenneh, am 14.2 18, 20.2 21., 22. und 25. Miirz zwischen Khen- neh und Assuan; am 2. und 4. April unterhalb Wadi-Halfa in Nubien, und noch am 14. April in Wadi-Halfa auf dem Rackzuge nach Europa; am 11. und 27. September am blauen Flusse; eiazelne Male noch wiihrend des Winters ebenda; 1851 am 5. M~irz am blauen Flusse, am 14., 18, I9.2 21. und 30. Miirz, und noch ira Anfange des April bei Charthum, in Ziigen van Tausenden. Am 29. August traf ich noch bei Abu-Hamed ein Paar St~rche~ van denen das Weibchen dutch einen Schuss am Beine verwundet und verhindert warden war, zu ziehen, wesshalb auch das Miinnchen mit zurackblieb; Schinz erziihlt etwas Aehnliches. Am 15. September in der Provinz Dongola; vain 22. September his 9. October fast tiiglieh zwisehen Wadi-Halth und Kohra-Ombos in Oberiigypten; 1852 sehon am 19. Februar oberhalb Esneh, am '21., '23. uad '24. Fe- bruar bei Assuan, am 28. bei Edfu, am 5. Miirz bei Theben.

Ciconia nigra geht bis uach dem Sudahn, ist jedoeh iiberall nur einzeln anzutreffen, und stets sehen. Die Zeit ihres Znges kann ich nieht angeben.

CiconiaAbdimii wandert fast zu derselben Zeit wie C. alba. Sie versammelt sich Mitre Octobers in ungeheuren Schaaren und verlfisst die mir bekannten Liinder des weissen und blauen Ftusses, nm s~dlich zu gehen; kommt Ende Aprils zuriick, und bezieht ihre alten Woh- nungen: entweder mitten in Diirfern stehende Mimosen, oder die Dolhul (Strohh~iuser) der Eingebornen selbst. 1)Ian finder oft anf einera ein- zigen Baume dreissig his vierzig Nester dieses niedlichen, in dem gan- zen Sudahn hiiufigen Starches.

Ciconia leucocephala and Mycteria ephippiovhyncha Rapp. keune ich zu wenig, urn Etwas tiber ihren Zug zu sagea Leptoptilus Argala ist im Sudahn Standvogel. Anastomus lamelligerus streicht, ohne eigentlich zu wandern. Tantalus Ibis, Ibis rel#liosa und Ibis (llar- piprion) ttagedasch streichen, kommen vor der Regenzeit (Juni, Juli) bei Charthum an, und verschwinden beira Beginae der Darre (Februar, Miirz.) Harpiprioa tlagedasch und Anastomus lamelligerus kommen selten bis Charthum herab.

Ibis falcineUus sire Falcinellus igneus ist in jedem Winter an den Seeea Unteriigyptens in Gesellschaften van zwanzig bis dreissig StUck anzutreffen. Wahrscheinlich bratet er auch in Aegypteu. Er kommt zuweilen tier im Inuern Afrikas vat; ieh land ihn am 21. Januar 18.51 am blauen Fhsse unter dera 12. Grade n. Br., bei einem Regen- teiche. Wir erlegten drei Exemplare im vollkommenen Winterkleide.

Numenius arquatus gei~t bis Dongola stidtieh, und ist in Aegypteu den ganzen Winter hindureh anzutreffen. In Charthum" fanden wir eine andere Art, welehe entweder neu~ oder Numenius hudsonius ist; wit

Jolzrt~. f, Ornith.~ II. Jahrg,, t854. 6

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erhielten yon ihr eln gepaartes Paar. Yon den Wasserliiufern (Totamts) kommen fast alle Arten selbst noch im Sudahn vor. In Aegypten fiber- wintern sie in sehr grosser Anzahl. Ebenso verhiilt es sich mit den Strandl~iufern, (Tringa Lin.) Vorztiglictl hiiulig ist Machetes pugnax; doch finder man yon dem Kampfbahae selten alte M~innchen, sonderu sieht fast nut Weibchen und junge V6gel. Pelidna subarquata erleg- ten wit dagegen im sch0nsten lileide. Die Pelidnae und Machetes gehen nicht so welt sttdtich wie die Totani. Limosen trifft man am Men- zalehsee wiihrend des Winters hiiufig an. I)och gehen sie auch bis tief in's Inhere Afrikas. Eine neue Art, unsere Limosagrisea, kommt dort im Winter- und Hochzeitkleide vor.

tlimantopus rufipes und longipes Brehm, (Lehrbuch aller euro- piiischen VOgel, S. 506,) sind fiber ganz N.-O.-Afrika verbreitet. Im December 18 t8 traf ich ersteren am Menzalehsee sehr hiiufig; Ende Ja- nuars 1849 war er im I)elta fast in jedem I)orfe heimisch, und zwa'r so wenig scheu, dass er die iigyptischen Bauern in einer Entfernung yon zebn bis fiinfzehn Sehritteu an sich voriibergehen liess, ohne auf- zufliegen. Im Mai 1849-erhielt ich am )Ienzaleh Eier yon ibm; ein Beweis~ class er das ganze Jahr in N.-O.-Afrika wohnt. Es ist daher auch unn0thig, hier file Daten aufzufahren, unter denen er im Tagebuche als ,,bemerkt:' oder ,erlegt ~ aufgefiihrt wurde; ich finde ihn mandlmal monatelang tiigtich eingeschrieben. Sein Flug sieht wegen der langen Beine h0chst spassbaft aus, ist abet leicht und sehr sch0n; seine Er- scheinuaff ist zwar eine auffallende, aber freundliche und gerne ge- sehene.

Von den Schn ep fen beobachtete ich nut die Becassinen: Tel- matins (Boje) gallinago, und T. gallinula. Scolopax mtsticula und Telmatias major beme,-kte ich in Aegypten nicht, und glaube mit Sicher- heir annehmen zu dtirfen, dass sie nicht vorkommen: obgleich Rtippell es vermuthet. Telmatias gallinago geht stidlich bis zum 13. 0 n. Br.; T. gallimda kommt nut in Aegypten vor. I)iess harmouirt aucll ganz mit demVorkommen und Brfiten in Aegypten. Beide Arten sind am Men- zalehsee wiihrend des Winters sehr gemein; T. gallinago finder sich auch wiihrend des SoMmers einzeln.

Die Goldschnepfe, Rhynchaea variegata, (Beccaccina d'orata der Italiener,) briitet am Menzalehsee, wo ich auch ihre Eier erhielt. Sie fiberwintert einzeln in Aegypten, tinder sich zu gleicher Zeit im Sudahn, und ist gewiss auch schon in Europa vorgekommen. Jedenfalls ist es vom Menzalehsee nach R o s s e e r e s am blaueu Flusse weiter~ als yon Alexandrien nach Candia; und wenn auch die Gordschnepfe keinen so schnellen Flug hat, wie die Sumpfschnepfe: so fliegt sie immerhin gut genug, um das schmale Ytittelmeer bequem passiren zu kiinnen. In Betragen, Flug und Gestalt fihnelt sit: den Ralten.

Rallus aquaticus ist eine gar seltene Erscheinung in Aegypten. Am 18. November 1S49 traf ich am Mareotissee bei Alexandrien drei Stack dieser VOgel an, nachdem ein daselbst vernommenes Geschrei reich in die Rohrwiilder gelockt hatte. Es klang mir gerade als ob junge Wildschweine grunzten; ich folgte den T0nen~ und land Wasser-

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fallen. M0gtich ist, dass ich reich get~uscht habe; doch glanbe ich diess nicht, well ich keine Spureu yon Sauen fund.

Auch der Wiesenknarrer, Crex pratensis, besucht Aegypten auf seinem Zuge. Was miisseu wir denken, wenn wir sehen, dass dieser faule Flieger, der in Deutschland kanm zu einigen Fifigelschlfigen za bewegen ist, tustig in den tropischen W~lderu hernml~iuft: nachdem er beinahe vierzig Breitengrade, den neunten Theil des Erdamfanges, durch- wandert hat, nm endtich uater der Tropensonne Central-Afrikas einige Monate zu rasten? Ich land ibn IS50 am 15. und 19. September am blauen Flusse. H0chst wahrscheinlich I/iuft er bei seinea Wauderangen mehr, als er fliegt.

Gallimtla pov~ana kommt regelm~ssig im Winter uach Aegypten, and geht bis tier in's Innere Afrikas. Ich land sie in Aegypten im October in den Reisfelder, , am blauen Flusse Anfang Novembers an Sampfen. Obgleich sie nicht oft yon mir ertegt oder bemerkt wurde, so glaube ich doch, dass sie h~iufig vorkommt. Alle sich so verber- genden Thiere werden wenig bemerkt: and zwar um so weniger noch, wean sie, wie die meisten VOgel in ihren Winterquartieren, fast gar

'nicht schreien. ~') Es ist mtiglich, dass auch noch andere Teichhiihner vorkommen; ich habe jedoch welter keines yon ihnea beobaci~tet.

Ddslo h~ufiger sieht man Fulica atra, das Wasserhuhu, yon den Arabern ,el Rhun'e" genannt. #~) Es bezteht im Winter in nicht zu schatzenden Schaaren den Menzaleh- nnd andere SeeeuAegyptens, geht aber auch bishoch an den blauen Fluss hinauf, wo ich es am 30. No- vember 1860 erlegte. Die abyssinische F. eristata fand ich im Su- dahn nicht.

Porph~drio eltloronotus nob., das ~g?ptische Pm3ourhuhn, erschien am Menzalehsee Ende Aprils und Anfang Mais, wohnte in den Reis- feldern, nnd zog sich spiller in die Rohrdickichte znriick, um zu braten. Mein Frennd Heugliu versichert, es erst ira August am Brurlossee bra- tend gefunden zu haben. Vou woher das Huhn nach Aegypten kommt, wohin es geht, and warm es Aegypten verl~sst, ist mir unbekannt ge - blieben. ~qach Versicherung der, fiir reich thfitigen arabischen Jfiger, welcl;e durchgehends attsgezeichnete Vogelkenner sind, iiberwintert es nicht am Menzalehsee. Diess bestatigte sieh auch durch meiueu langen Aufenthalt daselbst, w~hreud dessert ich dem Purpurhuhne best~indig nach- stellte. Die ersten Exemplare desselben wurden am 2b. April (1849) erlegt. Es ist bei Damiaht nicht selten; auf dem Zuge traf ich es hie.

Phoenicopterus antiquovum geh0rt zu denjenigen V0geln, welche im Winter in manchen Gegenden Aegyptens sehr h~iufig sind, ohne dass alle yon anderen L~nderu eingewandert w~iren Sehr viele Flamingos bleiben auch den Sommer iiber am Menzaleh-, Brurles-MOris- uud

~) Ein yon mir mitgebrachtes nnd von meinem rater genau verglichenes Exemplar ist sehr klein u,d gewiss eine besondere Art, welche mit aus Moskau erhaltenem genau iibereinstimmt.

~*) In Norddeutschland heisst dieser Vogel Hnrbel . Wer sieht nicht, dass beide l'~amen yon dem Ger~insche, mit welchem dersetbe aui~Iie~t, hergenom- men sind, and desswegen Aehnlichkeit mit einander haben.

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selbst am Mareotissee~ um dasetbst im Mat zu briiten. Ihre Nistcolo- nieen babe ich leider nicht gesehen. Ich land den Flamingo in A e g y p - t e n nie sfidlich yore 26. Grade n. Br. Am rothen Meere erlegte ich am 1. Dezember 1851 ein junges Mfinncben, welches sich yon Ph. an- tiquorum durch seine auffallend geringe Gr0sse wohl speciefiseh unter- scheiden und vielleicht Ph. minor sein dfirfle. ~')

Auch der S~ibelschn~ibler, dieser langbeinige Genosse des Flamingos, ist in Aegypten vertreten. Die t~ecurvirostra Aegyptens ist nicht die Europa's, (welche vielleicht auch dort vorkommen mag 0 sondern eine neae Art~ der wit ihrea arabischen Namen getassen, indem wir sic Recurvirostra Helebi genannt hahen. Bedeutendere Gr0sse, viel hiihere Fusswurzeln and tiefer ausgeschnittene Schwimmhiiute unterscheiden sie hinliinglich.

Jeden Winter erseheinen in Aegypten auch S c h w fin e , jedoch nie in grosset Anzahl. Es ist Cygnus musicus, (auch in Grieehenland die einzig vorkommende Art,) welcher auf dem Menzalehsee bleibt. Nur eta- real wurde er yon mir sfidlicher beobaehtet: am 4. Januar 1852 auf ether Sandbank am 51"ile sitzend.

¥on den enrop~iischen G i i n se r t wandert nur Anser albifrons his Aegypten. Sic geht nicht sfidlicher. Man finder diese Gans in sehr star- ken FIfigen auf fen Sandbiinken am 5tile sitzend, welehe sic- gegen Mittag aufsucht, nachdem sie sieh auf den Feldern ges/ittigt hat. Sic kommt vom October his zum December an, and kehrt yon Ende Fe - bruar's an naeh Europa zurfick.

Die 5[ilgans, Chenalopex aegyptiaca, ist in ganz 5L- O . - Ah'iea, Plectropterus gambensis u. Sarcidiornis melanonota stud im Sudahn heimisch, a¢*)

Yon E n t e n finden wit unglaublich viele Arten in N.-O.-Africa. Die meisten iiberwintern in Aeg2rpten. A. (Casarca) rutila kommt ein- zeln im Sudahn vor. A. (Dafila) acuta erlegten wit unter dem 130 n. Br., wo sie noch in grossen Fliigen sfidlich ging.

Die E n t e n erscheinen in Aegypten in fabelhaft grosset Anzahl~ and bedeckeu auf dem Menzalehsee~ im wahrsten Sinne des Wortes~ oft Flfiehen yon ether Viertelstunde im Durchmesser. Ich beobaehtete fol- gende europiiische Arten: Anas rutila, tadorna, (unsere Schachramahn, eine der sogenannten climatischen Varietfiten,) boschas, strepera, acuta, Penelope, clypeata, (geht ebenfalls his nach dem Sudahn~) querquedula, crecca, clangula, ~lfina, marila, ~sca, ferina, fuligula and leuco- phthalma.

Die S e e s c hw a I b e n sind zahh'eich vertreten. Einige Arten fiiegen fiber den Grasebenen and Regenteichen der Iropischen W~ilder ebenso unermtidlich herum~ wie fiber den aegyptischen Seeen. Sterna caspia, meridionalis Brehm., leucopareia, nitotica nnd leucoptera gehen his

~) Seine Lfinge betrligt nur 3', seine Breite nur 5' 4" 6"': w~ihrend Ph, an- tiquorum C~ juv. zwar ebenso breit, aber nur 4' 6"' lang ist.

~'~} Die im Sudahn lebenden INilgiinse sind yon den in Aegypten vorkom- meaden speeitiseh versehieden~ was schon H e d o n b o r g bemerkte~ iadem er vier Subspecies? annimmt, welche er mit a, fl, ~ u. 7 bezeich,et.

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nach dem Sudahn; St. hirundo, nigra, eine der cantiaca iihnliche Art, und minuta kommen in Aeg:fpten vor. Die Arten sind, mit Ausnahme yon St. hirundo und cantiaca, sehr zahlreich.

Der S c h e e r e n s c h n a b e 1, Rhynchops flavirostris, komrat erst bei Dongola in Nubien in Gesellschaften vor, und brtitet dort im Nile auf Sandb~nken. Er waudert nieht, durchstreicht aber grosse Strecken, und kommt sehr welt siidlich vor.

Von MOven schoss ieh am Menzalehsee und in Aegypten 10 bis 12 Arten. Ich kann, well mir zur Zeit fast atle Mittel zur sicheren Bestimmnng fehlten, nur folgende namhaft machen: Larus glaucus, fuscus, leucophthalmus, gelastes sire tenuirostris, ridibundus, capi- stratus, cachinnans und minutus.

Ich habe nun noch der S e h a r b e n und des S c h l a n g e n h a l s - v o g e l s , d e r P e l i k a n e und S t e i s s f t i s s e , Erwlihnung zu thun. Von ersteren sind Phalacrocorax carbo und pygmaeus in Aegypten an den Seeen hfiufig. Am MOrissee land ich eine andere Art, welche wir Ph. brachyrhynchus genannt haben. Ira Sudahn koraraen Ph. carbo und africanus vor; den Riippellschen Ph. lugubris land ich nicht. Die Schar- ben erscheinen ira October und November in grosser Anzahl in Aegyp- ten, und verlassen das Land ira Februar und Mfirz. Schlangenhfilse und Pelikane sind heimisch in ~.-O.-Africa. Den Schlangenhals finder man oberhalb des 18. Grades; yon Pelikanen kommen P. crispus, onocro- talus und minor in Aegypten vor. Wfihrend des Winters erscheinen aueh nile Pelikane, welche in Europa gebrtitet haben, in Aegypten zura Besuehe. P. minor gem his nach dem Sudahn, und finder dort zuweiIen seinen riesenhaften Gattungsverwandten P. rufescens Lath., t Lfinge 69, Breite ~114 Pariser Zotl i 6ewieht 181/_0 Wiener Pfund!!), weleher den oberen Theil des blauen Flusses besucbt.

Von S t e i s s f t i s s e n fand ich Podiceps crislatus, auritus und minor am Miiris- nnd Menzalebsee, ira mittelliindischen and im rothen Meere. Sie komraen sehr einzeln und bloss im Winter vor.

Ornithologische Notizcn. Voll

6raf Casimir Wodzicki. Dass die VOgel sich mit ihrem N e s t b a u e n a c h den L o c a -

lit~it en einrichten und hfiufig gezwungen werden, ihr Nest an Stel- len anzulegen, an welchen gewiss Niemand nach demselben gesucht hfitte, m~ge nachstehendes Factum beweisen:

Auf den grossen Siimpfen bei Ploek in Russiseh-Polen waehsen unermessliche Rohrwiilder, in welche sieh noch hie ein menschlieher Fuss gewagt hat; denn bei h~iherem Wasserstande erlaubt das Rohr dem Kahne nieht vorzudringen; in der troekenen dahreszeit aber ist der Morast zu tief~ auch ftir Jeden zu gef~ihrlich. Diese Siimpfe vet- bergen Schiitze fiir den Ornithologen, haben aber der Wissensehaft bis jetzt noeh Nichts geliefert.