ethik im management österreichischer unternehmen -verknüpfung von theorie und praxis

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Ethik im Management Katharina Srnka/Udo Wagner Ethik im Management 6sterreichischer Unternehmen. VerkniJpfung von Theorie und Praxis Abstract Immer wieder kommen Manager in Bezug auf ethische Fragen unter BeschuS. Auch Osterreich ist da keine Insel der Seligen. Wie moralisch sind 6ster- reichische Manager, k6nnen die Ergebnisse interna- tionaler Studien auf 5sterreichische Verh~ltnlsse Obero tragen werden, und sind die vielen theoretischen Mode,e. mit denen versucht wird, Management- verhalten zu erkl~en, fSr den Forscher in (~sterreich brauchbar? Die Verfassergehen diesen Fragen nach und versuchen, sie anhand einer kLirzlich in 0ster- reich durchgefShrten Studie zu beantworten. Zen- traler Punkt ist dabei die in der Studie aufgezeigte enge Verzahnung yon Theorie und Praxis, auf die auch im vorliegenden Beitrag eingegangen wird. Key Words: Ethik, SozialeVerantwortung, Marketing, Management 1. Einf~hrung Ethik und soziale Verantwortung in der Untemeh- mensfOhrung sind seit den Anf~ngen der Konsu- menten- und Umweltschutzbewegung in den fr0hen 70er Jahren ein hei8 diskutiertes Theme von unge- brochener Aktualit~it. Gerade in jQngster Zeit aber scheinen die Manager zunehmend ins Kreuzfeuer der Kdtik zu geraten: Sel es aufgrund exorbitant hoher Geh~ilter und Abfertigungsanspn3che trotz offensichtlichen Fehlmanagements (z.B. des Kon- Meg. Kathanna Srnk~, Sponslon an der UniversitY! Wien 1996. Seit dern Wintersemester 1996/97 Lektodn am Lehrstuhl fOr Marketing, e-mail: [email protected],at. o. Univ,-Prof. Ol Dr. Udo Wagner, Gradu=erung und Promobon an der Technischen Unlversit~t Wlen. Habilitation an der Wirtschafts- universit~t Wien, Gastprofessor an den Universit&ten Kadsruhe, Paris (ESSEC) und Aix-en-Provence. Professor an tier Purdue Universit~t (USA}, A. o. Univ.-Prof. an der Wirlsctmft:suniversit~t Wien und soit 1.10.1991 Ordinadus an de~- Universit~it Wien, Betrlebswitlscl~aftszentrum der Un[versltnt Wien, Lehrstuhl fOr Marketing, BrOnner Sb'al~e 72, A-1210 Wien, e-mail: wagner@ marketing.bwl.univie.ac.at. sumdebakel), wegen des vieldiskutierten "Ausver- kaufs" 6sterreichischer Untemehmen an alas Aus- land (etwa Semperit-Continental oder der Billa-Ver- kauf an ReWe), wegen Korruption (man den ke an die Baubranche) oder Profitgier und verantwortungslo- sem Expansionseifer, die zum Vedust unz~hlig~F Arbeitspl&tze fShren kSnnen (Stichwort Maculan). J Umfragen zufolge werden Manager von weiten Teilen der Bev61kerung als unmorallsch und in h6ch- stem MaBe egoistisch angesehen (vgl. Laczniak und Murphy, 1991, S. 261). Die Frage, ob das Verhalten der Manager tats~tchlich dem Bild in der Offentlich- kelt entspricht, besch~iftigt Praktiker wie auch Wissenschafter in zunehmendem MaBe und hat im Laufe der vergangenen beiden Jahrzehnte insbe- sondere im anglo-amerikanischen Raum zu einer Flut von theoretlschen und empirischen Arbeiten zu diesem Thema gef0hrt. Hier soil die Situation in Osterreich betrachtet werden. In einem ersten Schritt wird dabei der Frage nachgegangen: (1) Wie mora- lisch denken und handeln 6sterreichische Manager? Da es in 0sterreich erst seit wenigen Jahren ver- mehrt eine wissenschafUiche Auseinandersetzung mit der Bedeutung moralischer Aspekte im Unter- nehmensmanagement glbt (z. B. Karmasin, 1990, Karmasin, 1996), erscheint es sinnvoll, fOr Untersu- chungen zu diesem Thema auf bereits vorliegende Publikationen aus anderen L~ndem zurOckzugrei- fen. Da aber die meisten dieser Arbeiten aus dem anglo-amerikanischen Raum stammen, der von weitgehend homogenen Wertvorstellungen gepr~gt ist, mu8 ihre 0bertragbarkeit auf a~dere Kulturkreise (z.B. 0sterreich) gepr0ft werden. `~ Erst wenn diese 1) 2) Die hier angefohrten Beispiele spiegetn nJcht die pers6nliche Meinung der Verfasser wider, sondern fassen Aussagen yon Personen, die zum Theme "Ethik lm Marketing" belragt wurden (vgl. Stoke, 1995), sowie den Grundtenor zahlreicher Medienberichte der vergangenen Monate zusammen. Dies gilt fQr theoretische Konzepte ebenso wte for empln- sche Daten, da theoretische Modelle in der Regel aus vodte- genden empins~ Befunden entwickelt werden. de? Tn,3~']G, 1996/4 35. Jahrgang, Nr. 139. Selte 199-207 199

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Page 1: Ethik im Management österreichischer Unternehmen -Verknüpfung von Theorie und Praxis

Ethik im Management

Katharina Srnka/Udo Wagner

Ethik im M a n a g e m e n t 6s ter re ich ischer U n t e r n e h m e n .

VerkniJpfung von Theor ie und Praxis

Abst rac t

Immer wieder kommen Manager in Bezug auf ethische Fragen unter BeschuS. Auch Osterreich ist da keine Insel der Seligen. Wie moralisch sind 6ster- reichische Manager, k6nnen die Ergebnisse interna- tionaler Studien auf 5sterreichische Verh~ltnlsse Obero tragen werden, und sind die vielen theoretischen Mode,e. mit denen versucht wird, Management- verhalten zu erkl~en, fSr den Forscher in (~sterreich brauchbar? Die Verfassergehen diesen Fragen nach und versuchen, sie anhand einer kLirzlich in 0ster- reich durchgefShrten Studie zu beantworten. Zen- traler Punkt ist dabei die in der Studie aufgezeigte enge Verzahnung yon Theorie und Praxis, auf die auch im vorliegenden Beitrag eingegangen wird.

Key Words: Ethik, Soziale Verantwortung, Marketing, Management

1. E i n f ~ h r u n g

Ethik und soziale Verantwortung in der Untemeh- mensfOhrung sind seit den Anf~ngen der Konsu- menten- und Umweltschutzbewegung in den fr0hen 70er Jahren ein hei8 diskutiertes Theme von unge- brochener Aktualit~it. Gerade in jQngster Zeit aber scheinen die Manager zunehmend ins Kreuzfeuer der Kdtik zu geraten: Sel es aufgrund exorbitant hoher Geh~ilter und Abfertigungsanspn3che trotz offensichtlichen Fehlmanagements (z.B. des Kon-

Meg. Kathanna Srnk~, Sponslon an der UniversitY! Wien 1996. Seit dern Wintersemester 1996/97 Lektodn am Lehrstuhl fOr Marketing, e-mail: [email protected],at.

o. Univ,-Prof. Ol Dr. Udo Wagner, Gradu=erung und Promobon an der Technischen Unlversit~t Wlen. Habilitation an der Wirtschafts- universit~t Wien, Gastprofessor an den Universit&ten Kadsruhe, Paris (ESSEC) und Aix-en-Provence. Professor an tier Purdue Universit~t (USA}, A. o. Univ.-Prof. an der Wirlsctmft:suniversit~t Wien und soit 1.10.1991 Ordinadus an de~- Universit~it Wien, Betrlebswitlscl~aftszentrum der Un[versltnt Wien, Lehrstuhl fOr Marketing, BrOnner Sb'al~e 72, A-1210 Wien, e-mail: wagner@ marketing.bwl.univie.ac.at.

sumdebakel), wegen des vieldiskutierten "Ausver- kaufs" 6sterreichischer Untemehmen an alas Aus- land (etwa Semperit-Continental oder der Billa-Ver- kauf an ReWe), wegen Korruption (man den ke an die Baubranche) oder Profitgier und verantwortungslo- sem Expansionseifer, die zum Vedust unz~hlig~F Arbeitspl&tze fShren kSnnen (Stichwort Maculan). J

Umfragen zufolge werden Manager von weiten Teilen der Bev61kerung als unmorallsch und in h6ch- stem MaBe egoistisch angesehen (vgl. Laczniak und Murphy, 1991, S. 261). Die Frage, ob das Verhalten der Manager tats~tchlich dem Bild in der Offentlich- kelt entspricht, besch~iftigt Praktiker wie auch Wissenschafter in zunehmendem MaBe und hat im Laufe der vergangenen beiden Jahrzehnte insbe- sondere im anglo-amerikanischen Raum zu einer Flut von theoretlschen und empirischen Arbeiten zu diesem Thema gef0hrt. Hier soil die Situation in Osterreich betrachtet werden. In einem ersten Schritt wird dabei der Frage nachgegangen: (1) Wie mora- lisch denken und handeln 6sterreichische Manager?

Da es in 0sterreich erst seit wenigen Jahren ver- mehrt eine wissenschafUiche Auseinandersetzung mit der Bedeutung moralischer Aspekte im Unter- nehmensmanagement glbt (z. B. Karmasin, 1990, Karmasin, 1996), erscheint es sinnvoll, fOr Untersu- chungen zu diesem Thema auf bereits vorliegende Publikationen aus anderen L~ndem zurOckzugrei- fen. Da aber die meisten dieser Arbeiten aus dem anglo-amerikanischen Raum stammen, der von weitgehend homogenen Wertvorstellungen gepr~gt ist, mu8 ihre 0bertragbarkeit auf a~dere Kulturkreise (z.B. 0sterreich) gepr0ft werden. ̀~ Erst wenn diese

1)

2)

Die hier angefohrten Beispiele spiegetn nJcht die pers6nliche Meinung der Verfasser wider, sondern fassen Aussagen yon Personen, die zum Theme "Ethik lm Marketing" belragt wurden (vgl. Stoke, 1995), sowie den Grundtenor zahlreicher Medienberichte der vergangenen Monate zusammen. Dies gilt fQr theoretische Konzepte ebenso wte for empln- sche Daten, da theoretische Modelle in der Regel aus vodte- genden e m p i n s ~ Befunden entwickelt werden.

de? Tn,3~']G, 1996/4 35. Jahrgang, Nr. 139. Selte 199-207 199

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Katharina Smka/Udo Wagner

gegeben ist, kSnnen die Ergebnisse als Grundlage f~r weiterfC~hrende Studien herangezogen werden. Daher wird in einern zweiten Schritt versucht, folgen- de Fragestellungen zu beantworten: (2) Sind die theoretischen Konzepte der relevanten Uteratur auf Osterreichische Manager anwendbar? und (3) Sind die Ergebnisse intemationaler Studien auf Oster- reich 0bertragbar?

Die Verfasser stOtzen sich dabei in erster Linie auf die Arbeit von Smka (1995), In der die Bedeutung der Ethik for Manager zun&chst anhand theoretischer Konzepte diskutiert und anschlieRend empirisch untersucht wurde. H ier sollen die wichtigsten Ergeb- nisse dieser umfassenden Arbeit in stark gekL~r-zter Form pr&sentiert und anhand dieser die o.a. Fragen beantwortet werden.

2. T h e o r e t i s c h e G r u n d l a g e n

Zun~chst sollen die for die vorliegende Themen- stellung relevanten theoretischen Konzepte, auf die in der Folge zur~ckgegriffen wird, kurz dargestellt und erl~utert werden.

2.1 . Ans~i tze und G r e n z e n der E t h i k

Die Ethik geht davon aus, dab der Mensch grund- s~tzlich sitUich handeit und versucht zu ergrOnden, welchen Prinzipien er dabei folgt: Ist es purer Eigen- nutz, ist es die Erkenntnis, dab in sozialer Koopera- tion alle Beteiligten ihre Interessen effizienter reali- sieren k<Snnen, oder ist es das BewuStsein einer hOheren Verantwortung sich und anderen gegen- 0ber, die den Menschen veranlassen, "gut" zu han- deln?

Die vielz~hligen Theorien, die sich das Ziel setzen, menschliches Handeln zu erkl&ren, kSnnen letztend- lich alle auf eine der beiden fundamentalen Positio- nen zur0ckgefOhrt werden: Sie sind entweder als teleologisch (konsequenzialistisch) oder als deonto- Iogisch (nicht-konsequenzialistisch) zu klassifizie- ren. Die teleologischen Ans~tze beurteilen mensch- liches Tun nach dessen Auswirkungen. Ihnen zufol- ge ist - stark vereinfacht dargestellt -' eine Handlung "gut", wenn sie gute Folgen und "bSse", wenn sie schlechte Folgen nach sich zieht. Demgegenibber basieren die deontologischen Theorien auf der An- nahme, dab der Mensch bestimmte h6here Pflichten hat (G0te, Gerechtigkeit, Treue, etc.), und beurteilen sein Verhalten danach, ob es diese erfollt, d.h., ob es "in sich gut" ist oder nicht (vgl. Anzenbacher, 1992, Pieper, 1994, Hunt und Vitell, 1993).

Da die Ethik in ihren Ans~itzen vom sittlichen Han- deln des Menschen ausgeht, fst sie im Hinblick auf die Fragestellung dieses Beitrags nur von beschr~u3k- tern Nutzen. Hier solljazun~chst untersucht werden, ob das Handeln der Manager 0berhaupt den An- sprechen der Gesellschaft an ein von ihr gew0nsch- tes und respektiertes Verhalten gerecht wird, und erst in zweiter Unie, welchen Prinzipien dieses gege- benenfalls folgt. Aus diesem Grund wird, wie in diesem Zusammenhang sehr h~ufig in der Literatur, auf ein anderes Konzept zurOckgegriffen, n~mlich das der sozialen Verantwortung. Die soziale Verant- wortung wlrd im Rahmen der Vertragstheorie einge- bend diskutiert und bringt - kur-z zusammengefa6t - die gesellschaffiichen Erwartungen an das Unter- nehmen und seine Manager zum Ausdruck. Sie stellt somit einen unmittelbaren MaBstab fOr die Beurtei- tung des Managementverhaltens dar (vgL Steiner, 1972, S. 18 zJtiert nach: Robin und Reidenbach, 1987, S. 45).

2.2 . S o z i a l e V e r a n t w o r t u n g u n d U n t e m e h m e n s f t ~ h r u n g

Die Ansichten verschiedener Autoren dar0ber, wie die soziale Verantwortung der Unternehmen zu de- finieren ist, divergieren erheblich. Das ethics continuum von Smith (siehe Abbildung 1) zeigt eine Spanne verschiedener praxisnaher Definitionen, die jeweils unterschiedliche Ansichten Liber die Ver- pflichtung des Unternehmens gegenLiber den Kon- sumenten widerspiegeln.

(Quelle: Sm/th, 1993, S. 21)

Abb. 1: Ethics continuum 3)

3) Die einge~gten Lettern A, B und C sind In diesem Zusam- menhang belanglos, auf ihre Bedeutung wird an sp~terer Stele eingegangen.

200 d ~ ma~kt, 1996,4

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Ethik im Management

Die caveat emptor-Schule ("der Kaufer m0ge sich vorsehen") liegt an jenem Ende des Kontinuums, bei dem die Ziele des Unternehmens als vorrangig ge- genfiber den Interessen der Konsumenten angese- hen werden. Die moralische Verpflichtung des Un- ternehmens gegeneber der Gesellschaft liegt dieser Position zufolge darin, bei der Verfolgung seiner Z.iele die gesetzlichen Normen einzuhalten.

Die caveat venditor-Schule ("der Verk~iufer mbge sich vorsehen"), eine oft von Konsumentenschr, tzem vertretene Position, befindet sich am entgegenge- setzten Ende des Kontinuums. Sle sieht die Befriedi- gung der Konsumentenbed0rfnisse als vorrangiges Untemehmensziel an und fordert, dab sich s~mtli- che untemehmedschen Aktivitfiten an diesem orien- tieren.

Zwischen diesen beiden Polen befinden sich drei weitere hervor-zuhebende Posltionen, bei denen da- von ausgegangen wird, dab Untemehmen grund- s~tzlich ihre eigenen Ziele (Sicherung des Unter- nehmensbestandes, Gewinn, Wachstum) zu verfol- gen haben. Dabei sollten sie sich aber - je nach Position - an branchen0bliche Praktjken beziehungs- weise an intern festgelegte, verbindliche Normen halten oder aber Urteilsf~igkeit, Informationsstand und Auswahlm0glichkeit ) der Konsumenten - die Kriterien der Konsumentensouvertinit&t- zur Grund- lage ihres Handelns machen. Die Konsumenten- souve~ntit&t ist die in der I iteratur am h~lufigsten geforderte Definition der sozialen Verantwortung (vgl. Smith, 1993).

2.3. Ans&tze zur Erk l i rung sozial verantwort l ichen Management - verha l tens

Wurde im vorangehenden Abschnitt ed~utert, wie sozial verantwortliches Managementverhalten deft- nitodsch gesehen werden kann, so wird an dieser Stelle der Frage nachgegangen, weshalb Manager in ihren Entscheidungen (Jberhaupt soziale Normen berDcksichtigen sollten.

Goodpaster (1989) n~hert sich dieser Frage mit Hilfe von vier Ans&tzen (siehe Abbildung 2). Er ffihrt an, dab sich Manager oft aus Eigeninteresse an soztale Standards halten, in der Uberzeugung, dab

4 ) In der englischsprachlgen IJteratur: capability, information and choice.

dies in der Regel der beste Weg sei, die Untemeh- mensziele zu erreichen. Soziale Normen k0nnen aber auch als systematische Bedingungen for die Unternehmensffihrung angesehen werden, die ent- weder dutch den Markt oder durch den Gesetzgeber vorgegeben sind. In beiden F~illen kann das Unter- nehmen seinen Bestand vorerst nur dutch die Ein- haltung dieser Norman sichern. Goodpaster selbst fordert, dab Manager aus einem Gef0hl des Re- spekts gegen0ber anderen handeln. Dieses respekt- ethische Verhalten schlieSt seiner Ansicht nach Ei- geninteresse, Markt- und Gesetzeszw~nge nicht aus, sondern umfaBt und erweitert diese um eine deontologische Komponente.

Wie schon oben erl&utert wurde, stellen Markt- wie auch Gesetzes-Ethik von auSen vorgegebene Nor- men bzw. Zw&nge dar, die als Surrogat for die pers~nliche Moralit&t fungieren. Demgegen0ber sind Eigeninteresse und Respekt vor anderen nur vom Individuum selbst bestlmmt und repr~sentieren so- mit interne Normen. Wfihrend (kufL~ristig orientier- tes) Eigeninteresse und (langfristige) Marktzw~nge einander entgegenstehen, wirken Gesetzes-Ethik und Respekt-Ethik Insoweit zusammen, als die Ein- haltung von Gesetzen dem Minimum an Respekt vor den Rechten und Bed0rfnissen anderer gleichzuset- zen ist (vgl. Goodpaster, 1989, S. 218).

Quelle: Srnka, 1995, S. 55

Abb. 2: Vier Ansfitze nach Goodpaster zur Erkl&rung sozlal verantwortlichen Management-Verhal- tens

2.4. Die E n t w i c k l u n g des Mora l . verha l tens von M a n a g e r n

FOr gew~hnlich wird, ohne welter darQber nachzu- denken, davon ausgegangen, dab das Moralverhalten von Managem konstant bleibt, und hSchstens zwi-

der mazk-t, 1996/4 201

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Katharina Srnka/Udo Wagner

schen Ist- und Sollzustand unterschieden. Goolsby und Hunt (1992) halten dieser Sicht den von Kohl- berg entwi6kelten Cognitive Moral Development- Ansatz entgegen, der das menschliche Moral- verhaiten als Ergebnis eines persOnlichen Reifungs- prozesses beschreibt. Dieser Reifungsvorgang voll- zieht sich - mit zunehmendem Alter und wachsender Lebenserfahrung - in bis zu sechs Stufen yon einem stark zweckorientierten (und somit teleologisch aus- gedchteten) zu einem yon hSheren Pflichten be- stimmten (d.h. deontologisch gepr&gten) Moral- verst~ndnis (vgl. Goolsby und Hunt, 1992).

Goodpaster und Matthews Jr. (1989) sind der Ansicht, dat3 die Entwicklung der moralischen Kom- petenz des Unternehmensmanagernents ein s ches Muster wie beim Menschen aufweist und daher davon ausgegangen werden kann, dab das Modell auf Untemehmen Obertragbar ist.

. Empirischen Studie Gber Einstel. lung und Moralverhalten 6ster- reichischer Manager

In der Folge werden die Ergebnisse der empid- schen Untersuchung yon Smka (1995) aufgegriffen, um Antworten auf die in der EinfiJhrung er~rterten Fragestellungen zu erarbeiten. Zun~ichst soil aber kurz auf die Methodik der Studie eingegangen wet- den, um die Grundlage fi3r ein tiefgehendes Ver- st~ndnis der Ergebnisse zu schaffen.

3.1. Konzeption und Durchh3hrung der Studie

Ein wesentlicher Punkt bei der Konzeption der Studie war die Gew~hdeistung der Vergleichbarkett mit bisher durchgefOhrten Arbeiten, die vorwiegend aus dem anglo-amedkanischen Raum stammen. Aus diesem Grund wurde vor Erhebungsbeginn eine grol~e Z.ahl solcher Publikationen analysiert und die daraus folgenden Ergebntsse als Orientierungspunkt f~Jr die Studie verwendet. So wurde etwa auf der Grundlage der zuvor studierten Untersuchungen als Erhebungsform eine schriftliche Befragung mittels Fragebogen, tier den Befragten zugesandt wurde, gew&hlt. Parallel dazu wurden eintge persbnliche Interviews durchgefohrt, um ein tieferes Verst~indnis for den Untersuchungsgegenstand zu erarbeiten und eine bessere Interpretation der schdftlichen Antworten zu errnOglichen.

Sowohl bei der schriftlichen ais auch bet tier per- sSnlichen Befragung wurde ein selbstkonzipierter Fragebogen verwendet, der gr613tenteils aus ge- schlossenen Fragen bestand. Um den Befragten die MOgllchkeit zu geben, ihre Meinung zur untersuch- ten Thematik frei zu ~uSem, wurde ausreichend Platz fOr Anmerkungen und Ed#,uterungen vorgese- hen. Weiters enthielt eln Punkt des Fragebogens kurze Fallbeispiele (diese wurden gr#i3tenteils aus US-arnerikanischen Studien 0bemommen und dem aktuellen 0sterreichischen Tagesgeschehen ange- pal]t), die yon den Probanden (1) aus eigener Sicht, (2) aus Sicht anderer Manager und (3) aus Sicht der Vorgesetzten hinsichtlich ihrer Moraltt~t beurteilt werden sotlten. Zweck dieter projektJven Befragungs- methode war es, Aufschlu8 darOber zu erhalten, wie groB die Tendenz zu sozial erw0nschten Antworten 53 war.

Da es sich um eine explorative Studle handelte, wurden for die Auswertung qualitative Methoden herangezogen. Es sollte insbesondere anhand der frei formulierten Stellungnahmen und Anmerkungen der Befragten ein Gesamteindruck von Einstellung und Moralverhalten ~sterreichischer Manager erar- beitet werden. Die Antworten auf die geschlossenen Fragen sollten vomehmlich der Vergleichbarkeit mit den anglo-amedkanischen Untersuchungen dienen. In Anbetracht der geplanten qualitativen Auswer- tung wurde eine verh~tnism&Sig kleine Stichprobe gezogen. Es wurden Manager von 64 am 5sterreichi- schen Markt t~tigen Untemehmen (jeweiis zu einem Drittel Klein-, Mittel- und - international t~itige - GroBbetriebe s~) willk0rlicll ausgew&hlt. Die Antwort- quote von 46,9% lag deutlich 0her dem Weft ver- gleichbarer Studien. Es $oll nunmehr auf die in der Einfi3hrung gestellten Fragen schrlttweise eingegan- gen werden.

3.2. Frage 1: Wie moral isch denken und handeln 6sterre ichische Manager?

Wurde in der Einleitung festgestellt, dal3 Marke-

5} In zahlretchen Studien wird darauf hingewi~-t, ~r;i Anga- ben dot Belragten s clas MoraJverhalten des "durch- schaittlichen" Managers eineved&61ichere Informationsquelle frJr das Verhalten des Befragten sind, als seine Aussagen ('Jber sein eigenes Verhalten (vgL Zey-Ferrell, Weaver und Fen'ell, 1979, S. 91 zitierl nach: Ferre{t und Gresham, 1985),

6) Dtese Aufteilung wurde unter Ben3ckslchtigung des Anteils an der Gesamtheit der Untemehmen und der wirtschaftll- che~l Bedeutung Ihrer Aktiv~ten getroffen.

202 de[' ma.y-k:t, 1996/4

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Ethik im Management

tingmanager oft als hOchst unmoralisch eingesch~.tzt werden, so zeigt die empirische Untersuchung von Smka Obereinstimmend mit den Ergebnissen einer groBen Zahl vergleichbarer internationaler Studien (vgl. u.a. Brenner und Molander, 1989, Carroll, 1975, Izraeli, 1988, Ferrell und Weaver, 1978). ein weitaus positiveres Bild. Wie aus der o.a. Untersuchung hervorgeht, haben ~sterreichtsche Marketingmana- ger eine durchwegs positive Einstellung zu sozialer Verantwortung. Ihr Verhalten ist zwar nicht ganz so idealistisch wie ihre Einstellung, kann aber im Regel- fall als sozial verantwortlich beurteilt werden. 7)

Motiviert ist dieses sozial verantwortliche Verhal- ten von einem langfristigen Erfolgsstreben: Die Si- cherung des Untemehmensbestandes und Gewinn- maximierung gelten bei 8sterreichischen Managern als vorrangige Unternehmensziele, kOnnen jedoch ihrer Meinung nach langfrlstig nur durch ein Verhal- ten erreicht werden, das sozial anerkannten Norrnen entspdcht. Nach Ansicht der meisten 0sterreichi- schen Manager wird eine eindeutige moralische Positionierung des Untemehmens angesichts des steigenden Wettbewerbsdrucks immer notwendi- ger. Das bedeutet nlcht, dab moralischen Fragen bisher keine Bedeutung beigemessen wurde, sie waren lediglich, wie einer der Befragten wohl tref- fend formulierte, "kein eigener Punkt auf der Tages- ordnung".

AIIgemein zeigen sich Osterreichische Manager in Hinsicht auf moralische Fragen und Konflikte in ihrem T~itigkeitsbereich informiert, tnteresstert und ausgesprochen kritisch. Wie aus der Untersuchung von Smka hervorgeht ist das Interesse der Marke- tingmanager an den moralischen Aspekten ihrer T~tigkeit stark im Zunehmen begriffen. Die wach- sende Bedeutung der moralischen Dimension des Unternehmensmanagements kann bezugnehmend auf Learned, Dooley und Katz (1989) auf folgende drei Punkte zur0ckgef0hrt werden:

(1) Die Manager sehen sich gezwungen, dem Druck der 0ffentlichkeit nachzugeben, der unter dem wachsenden Einflu8 von Umwelt- und Konsu- mentensch0tzem immer starker wird. Immer mehr Verbraucher erkennen ihre Machtposition gegen0ber den Untemehmen und nutzen diese

7) An dleser Stelle muB angemerkt werden, dab wele der Befragten sich selbst nicht nut in tier Roile der handelndon Manager, sondem auch als von EnLscheidunge~ und Verhal- tenswelsen anderer Manager Betroffene sahen. Als solche stuften sic das Managernentverhalten als weniger mocalisch ein, als sie es in Hinsicht auf ihr eigenes Handeln taten.

bewuBt (ein Beispiel daf0r sind Kaufboykotts wie der gegen Shell im F~hjahr 1996).

(2) Die Manager setzen allgemeinn0tzliche Aktivit~,- ten als Wettbewerbsinstrument ein, um sich einen Vorteil gegen0ber der Konkurrenz zu ver- schaffen (z. B. die Etablierung und/oder Pflege eines "sozialen Image" durch Beteiligung an Hilfsaktionen wie Nachbar in Not, Llcht ins Dunkel, etc.).

(3) Die Untemehmen gOnnen sich den "Luxus eines Gewissens". Manche Autoren argumentieren, dab sich Unternehmen, die ihre "Basisbe- d0rfnisse" (Sicherung des Untemehmensbe- standes, Erreichung der Gewinn- und/oder Wachstumsziele) gedeckt haben, in Anlehnung an die Maslowsche Bed0rfntshierarchie, "hOhe- ren Zielen" zuwenden. Diese 0berlegungen war- den yon den Ergebnissen von Srnka, auf die an sp&terer Stelle eingegangen wird, erh~rtet.

Die Ergebnisse der Arbeit von Srnka mOgen sich zwar fOr die 0sterreichische Wirtschaft und ihre Manager sehr erfreulich darstellen, widersprechen jedoch gegenteiligen Erfahrungen vieler Konsumen- ten ebenso wie zahlreichen Medienbedchten 0ber hSchst unmoralisches Managementverhalten. Es stellt sich daher die Frage, worauf das Ph~inomen zur0ckzufOhren ist, dab - wie die Untersuchung belegt - grundstitzlich nicht unmoralische Manager dennoch sozial unverantwortliche Handlungen set- zen. Dies soil im folgenden Punkt untersucht wer- den.

3.2 .1 . E inf luBfaktoren auf das Ver . ha l ten von M a n a g e r n

Zahlreiche empidsche Untersuchungen (vgl. Hunt und Chonco, 1984, S. 36) weisen darauf hin, dab es bestimmte Faktoren gibt, die zu unmoralischem Managementverhalten fohren k0nnen. In der Litera- tur werden diese oft in persSnltche, untemehmens- seitige und situative EinfluBgr0Ben eingeteilt. Die Untersuchung von Smka zeigt, dab diese Faktoren auch in Osterreich festgestellt werden konnten und dab unter ihnen den situativen Einfl0ssen die grOBte Bedeutung zukommt.

So ist etwa die MSglichkeit, ungestraft eine unmo- ralische Tat zu setzen, die einen Vorteil for den Manager selbst oder das Untemehmen verspdcht, verbunden mit geringen negativen Auswirkungen for

de'Z' m~'t,]~t, 1996/4 203

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Katharina Smka/Udo Wagner

81 die davon Betroffenen (z.B. Konsumenten) , der am h&ufigsten angef0hrte AuslSser for unmoralisches Managerverhalten (entsprechend dem Leitsatz: "Es tut keinem weh, und nur weil es mir Vorteile bringt, ist es nicht unmoralisch."). Wie hoch wiederum die Bereitschaft eines Managers ist, eine sich bietende MSglichkeit auszunutzen, h~ngt vorwiegend von unternehmensseitigen Determtnanten ab. Hier sind es insbesondere Untemehmensgr~Be und Wettbe- werbsintensit~it der Branche, die das Management- verhalten wesentlich bestimmen.

Der Einflu8 der UnternehmensgrSBe wird darauf zuriJckgef~hrt, dab kleinere Unternehmen aufgrund ihrer im Regelfall beschr~nkten Ressourcen zumeist sehr stark an kur-zfristigen Zielen orientiert sind. Manager gr68erer Untemehmen sind eher bereit, etwaige kurzfristig erwachsende Kosten sozial ver- antwortlichen Verhaltens in Kauf zu nehmen, um langfristig den Untemehmenserfolg zu sichem. Die- se Tendenz wird vermutlich dadurch verst~.rkt, dab es sich bei Managern kleinerer Betriebe um owner- manager, also deren Eigent(3mer, handelt, die sich gezwungen sehen, den Untemehmensbestand- und damit letztlich auch ihre eigene Existenz - mit allen Mitteln zu sichem. Moralische Aspekte treten dabei gelegentlich in den Hintergrund. Die agent-manager grSi3erer Unternehmen sind zwar gleichfalls mit Er- folgsvorgaben ihrer Vorgesetzten konfrontiert, de- ren (kur-zfristiges) Nicht-Erreichen wird aber nicht unmittelbar mit dem Wegfall der Existenzgrundlage gleichgesetzt. Zudem geht aus der yon Smka durch- gef~hrten Befragung hervor, dab sich Manager in zunehmendem Mal3e nach anderen als rein quanti- tativen Kriteden beurteilt sehen.

3.2.2. Verhal tensbezogene Typolo. gie 5sterreichischer Manager

Smka identifiziert in ihrer Arbeit im wesentlichen zwei kontr~ire Manager-Typen:

(I) Manager, die in kleinen Untemehmen in wettbe- werbsintensiven Branchen zu finden sind. Sie werden als Manager vom Typ A bezeichnet und sind vorwiegend &lter, verf(3gen 0ber eine fach- spezifische Ausbildung und haben selten fun- dierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Sie zeigen relativ gedngen moralischen Idealismus sowie eine tendenziell hShere Bereitschaft zu unmoralischem Verhalten.

(2) Manager, die in groBen Untemehrnen in wettbe- werbsschwachen Branchen zu finden sind. Sie werden dem Manager-Typ B zugerechnet. Ste sind im Regelfall j~nger, verf0gen oft 0ber etnen Hochschulabschlul3 und eine fundierte betdebs- wirtschaftliche Ausbildung. Kennzeichnend fgr sie Ist ein relativ hoher moralischer IdeaJismus und vorwiegend moralisches Verhalten.

Da der Grol3teil der Manager erwartungsgemQB keinem dieser beiden Extreme eindeutig zuge- wiesen werden kann, definiert Smka noch einen dritten Managertyp:

(3) Manager, die zwischen den Polen A und B (meist verst&rkt in eine der beiden Richtungen tendie- rend) einzuordnen sind, werden als Typ C be- zeichnet.

Die Studie belegt weiters, dal3 die angefDhrten untemehmensseitigen Faktoren mit den persSnli- chen Charakteristika nicht nur zusammenwirken, sondem diese auch verst&rken. Es konnte festge- stellt werden, dab die verschiedenen EinfluSgrSI3en h&ufig in bestimmten Kombinationen auftreten, die jeweils zu speztfischen Verhaltensmustem f~hren. Die Ergebnisse der unter 5sterreichischen Mana- gem durchgefi3hrten Befragung zeigen verschiede- ne Gruppen yon Manager-Typen, die durch solche Kombinationen von Verhaltensdeterminanten ge- kennzeichnet sind. Auf diese soil im folgenden Punkt eingegangen werden.

8} Gemeint sind die veto Manager antizipierten Auswirkunc_jen seines Handelns auf Odtte.

3.3. Frage 2: Sind die theoret ischen Konzepte der re levanten Lite- ratur auf 6sterre ichische Ma. nager anwendbar?

An dieser Stelle wird auf die zuvor pr~Lsentierten Konzepte zu~ckgegdffen und anhand der von Smka beobachteten Manager-Typen geprOft, ob ale zur Erkl.~rung des Verhaltens (Ssterreichischer Manager geeignet sind.

Betrachtet man das ethics continuum (siehe Abbil- dung 1), so orientieren sich Manager vom Typ A in ihrem Verhalten zumeist an branchen~bltchen Prak- tiken0 w&hrend Manager vom Typ B in ihren Ent- scheidungen die Kriterien tier Konsumentensouve- r&nit&t ber~cksichtigen. Manager vom Typ C richten

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Ethik im Management

ihr Verhalten demgegenSber nach den vom Topma- nagement (oft im Rahmen der Firrnentradition, zu- nehrnend abet auch in Form von Untemehmens- leitlinien o.~.)vorgegebenen moralischen Grunds~it- zen. Am Kontinuum stehen sie somit zwischen den Extremen A und B (siehe Abbildung 1).

Bezugnehmend auf Goodpasters Ansiitze zur Er- kl~rung yon Managementverhalten, zeigt Abbildung 3, dab das Verhallen yon Typ A-Managem yore Ziel, (kurzfristig) mSglichst viele Geschiiffe abzuschlie- Sen (Eigeninteresse) geleitet ist, wobei die gesetzli- chen Vorgaben als einzige Schranke f~r das Handeln angesehen werden. Manager vom Typ B handetn unter Ben3cksichtigung langfristiger Kundenzu- friedenheit (Marktzw~lnge) und zeigen in ihrem Ver- halten Respekt vor den Interessen und Bedfirfnissen anderer Marktteilnehmer. Manager, die dem Typ C angehSren, sind auch in diesem Zusammenhang zwischen A und B einzuordnen. Ihr Verhalten ist dabei in der Regel mehr am langfristigen Untemeh- menserfolg (Marktzw&nge) als an kurzfristigen Ge- winnen (Eigeninteresse) orientiert. In Hlnsicht auf Respekt- und Gesetzes-Ethik kbnnen sie nicht ein- deutig einem Pol zugeordnet werden. W~hrencl sie sich in Entscheidungssituationen, for die sie (etwa im Zuge zunehmender 5ffentlicher Diskussion) sensibi- lisiert wurden (Konsumentensicherheit, Umwelt- schutz, etc.) 0berwiegend respekt-ethisch verbal- ten, reduzieren sie Entscheidungen, die weniger im Blickpunkt gesellschafflichen Interesses stehen, in vielen F&llen auf die Einhaltung gesetzlicher Vorga- ben.

Betrachtet man Abbildung 3 und ruff sich dabei in Erinnerung, dab Manager vom Typ A in den kleinsten und jene yore Typ B in den gr5lBten Untemehmen t#itig sind, so kann angenommen werden, dab ein Untemehmen, wenn es w&chst, einen moralischen Wandel yon einer teleologischen in Richtung einer deontologischen ~) Perspektive vollzieht. Diese Ent- wicklung wurde in der Abbildung mittels tier beiden Pfeile veranschauticht. Sie entspdcht im wesentli- chen dem Cognitive Moral Development-Ansatz yon Kohlberg (vgl. Goolsby und Hunt, 1992), was die Annahme best~itlgen dLJrfte, dab dieser auf Unter- nehmen Cibertragbar ist.

Somit ist eine Anwendung der theoretischen Kon- zepte auf die Situation in 0sterreich ohne weitere Einschr~nkungen zul~ssig. Anhand der vorliegen-

9) Zu teleologischem und deontologischem Ansatz der Ethlk vgl. Pkt. 2.1.

den Daten ist nicht nur die Verkn0pfung von Theorie und Empide sondem auch die Verzahnung der ein- zelnen theoretischen Konzepte m6gUch (hierzu ge- nauer siehe Smka, 1995, S. 114 - 121).

Quelle: Srnka, 1995, S. 118 u. 120

Abb.: 3: Erkl~rung des Verhaltens 5sterreichischer Manager

3.4. Frage 3: Sind die Ergebnisse internat ionaler Studien auf Osterreich Qbertragbar?

Wie schon welter oben angef0hrt wurde, decken sich die Ergebnisse von Smka in Bezug auf Einstel- lung und Moralverhalten der Manager mit einer gro- Ben Zahl internatlonaler Studien. Hinsichtlich der EinfluBfaktoren auf das Managementverhalten erge- ben sich lediglich for die pers5nlichen Determinan- ten wesentliche Abweichungen. Mit einigen Ein- schr&nkungen kann daher yon einer Obertragbarkeit der Befunde internationaler Studien auf Osterreich ausgegangen werden.

4. Diskussion der Ergebnisse

Die Gegen~3berstellu ng der aus der Befrag ung 6ster- reichischer Manager gewonnenen Erkenntnisse und der in der Einf0hrung zitierten Umfragen belegt, dab zwischen dem tats~chlichen - durchwegs nicht un- moralischen - Managementverhalten und seiner Wahmehmung durch die Gesellschaft eine gror~e Diskrepanz besteht. FL)r dieses h&ufig beobachtete Ph~nomen werden in der Literatur verschiedene Erkl&rungen angef0hrt.

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Katharina Srnka/Ud0 Wagner

(1)

(2)

(3)

Die lautstarke bffentliche Diskussion (ausgelbst und immer wieder angeheizt durch die zuneh- mend an Bedeutung gewinnenden Umwelt- und Konsumentenschutzorganisationen) hat zu ei- ner starken Sensibilisierung der Bevblkerung gef0hrt und in der Folge die Erwartungen an das MoraJverhalten von Managem in nahezu unero reichbare Hbhen geschraubt. Die Manager ha- ben im Zuge diese Entwicklungen ihre Stan- dards zwar erhOht und ihr Verhalten den ge~n- derten Moratvorstellungen angepaBt, den 0ber- m~Sig gestiegenen Erwartungen der ()ffentllch- keit kbnnen sie dabei aber nicht gerecht werden.

Es ist denkbar, dab der Ruf der Manager yon heute noch unter dem Fehlverhalten Ihrer Vor- g;'inger leidet, d.h. dab das heutige Image der Manager noch von den Erfahrungen mit frOheren Unternehmergenerationen gepr&gt ist, die mehr an ku,,.lristigen Gewinnen als an einem langfri- stigen Gesch~ftserfolg durch ehrliches und integeres Verhalten orientiert waren (hierzu vgl. Norris und Gifford, 1988, S. 519, Brenner und Molander, 199, S. 143).

Ruft man sich die in der Einfi3hrung angef[Jhrten Beispiele unmoralischen Managementverhaltens in Erinnerung, so kann man aber letztlich zum Schlul~ kommen, dal3 Einzelf&lle, die von den Medien aufgebauscht, ausgeschlachtet und generalisiert werden, das Bild des Durchschnttts- b0rgers vom "typischen Manager' pr&gen.

5. Z u s a m m e n f a s s u n g

Das Verhalten ~)sterrelchischer Manager kann im Regelfall als sozial verantwortlich bezeichnet wer- den. Die Manager sehen zwar die bkonomischen Unternehmensziele als vorrangige Managementauf- gabe an, sind aber der Ansicht, dab diese langfdstig nur durch die Schaffung und Erhaltung eines positi- ven moralischen Image des Unternehmens erreicht werden kCJnnen.

Das moralische Bewul]tsein ist dabei nicht bei allen Managern gleichermaSen ausgepr&gt: Der In Osterreich dominante Typ des owner-managers klei- nerer Familien- oder Einzelunternehmen zeigt sich durchwegs weniger moralisch als der agent-manager von Mittel- und GroSbetrieben. Dies ist auf den Einflu8 yon situativen Faktoren (M6glichkeit zu und Konsequenzen von unmoraJischem Verhalten), unter- nehmensseitigen Deterrninanten (GrbSe des Unter-

nehmens und Wettbewerbsintensit~t der Branche) und pers(~nlichen Charakteristika (Alter und (Aus-) Bildung) zureckzuf0hren. Das Moralverhalten der Unternehmensf0hrung ist welters keine unver~inder- liche Gr(58e, sondern entwickelt sich im Laufe der Zeit weiter, wobei in der Regel eine zunehmende Bedeutung h~herer moralischer Prinzipien zu beob- achten ist.

Allgemein kann festgehalten werden, dab bsterrei- chische Manager moralischer slnd, als sie vom GroS- teil der BevSIkerung vermutlich eingesch~tzt wer- den. Dies d[Jrfte auf tendenzibse Mediendarstetlungen sowie selektive Wahrnehmung und Obertriebene moralische AnsprOche der (~ffentlichkeit zurOckz.u- f[Jhren sein.

Die verschiedenen theoretischen Modelle tier rele- vanten Literatursind auf die Gegebenheiten in Oster- reich ebenso 0bertragbar, wie die Ergebnisse zahl- reicher empirischer Studien aus dern anglo-amed- kanischen Raum. 0berdies zeigt die VerknL~pfung der 5sterreichischen Daten mit den theoretischen Konzepten eine weitgehende Erg/znzung der ver- schiedenen Ans~tze. Somit kann bei weiterf~Jhren- den (insbesondere deskriptiven und kausalen) Ana- lysen auf die Ergebnisse der zahlreich vorllegenden internationalen Untersuchungen LZber die Bedeu- tung von Ethik und sozialer Verantwortung in der Unternehmensf[Jhrung zurfickgegriffen werden.

6. L i teratur

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