espresso 2014 programm

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Von Kopf bis Fuß in Korallrot feiert espressofilm ein kleines Jubiläum. Fünf Jahre Open Air Kurzfilmfestival im Volkskundemuseum. Fünf Jahre seit denen die Josefstadt zumindest zeitweise wieder ein Kino hat. In geschichtsträchtiger Kulisse findet zusammen, was zusammengehört: Kurzfilmprogramm mit Hang zum Experiment, internationale Gäste, interaktive Rollenspiele, kreative Gastronomie und ein Abschlusskonzert. Doch bis dahin liegt noch ein ganzer Sommer vor uns. Der Katalog zum prallgefüllten Programm findet sich wie immer online. Welchen Einfluss fotografische Bilder auf unsere Sicht der Gegenwart und Vergangenheit haben, ist eine Auseinandersetzung, die nicht nur rund um den heurigen Programmschwerpunkt für angeregte Gespräche sorgen wird, sondern auch in der Vorfilmreihe und im neuen Sujet zum Ausdruck kommt. Und das ist eine herzliche Einladung: Kommen Sie! Reden Sie mit! Lassen Sie den Blick zu Hause, aber nehmen Sie das Schauen mit! Lisa Neumann und das Team von espressofilm Kurzfilm ist der Espresso unter den Filmen. Die gleiche Dosis, nur weniger Wasser. Ing-Marie und Carl sind vielbeschäftigt. Das Ehepaar in Gunhild Engers lakonischer Studie „A Simpler Life“ ist bestens ausgestattet mit Gerätschaften, die das Leben erleichtern. Doch das macht alles eigentlich nur komplizierter. Höchste Zeit für einen Befreiungsschlag! Da kommt die Attacke der schwedischen Kombo Sound of Noise auf das aufgepimpte Eigenheim gerade recht. Martha Rosler, Ikone der feministischen Avantgarde, liefert ein Alphabet zur Dekonstruktion der Küchengeräte und William S. Burroughs die Entdeckung der titelgebenden Disziplin, kongenial für die Leinwand adaptiert von Filmstudent Gus Van Sant. Von der hohen Kunst des Loslassens können auch die Indie-Pop-Rocker OK Go ein Lied singen – wunderbar in seiner Ironie und Klugheit, wenn das Musikvideo dazu in eine hymnische Liebeserklärung an die Schönheit der Umwege des Lebens verkehrt wird. the discipline of do easy special Als die Filmgalerie 8½ im November 2004 in der Garnisongasse ihre Pforten öffnet, ist mit einem Schlag klar, was in Wien zuvor gefehlt hat: Ein Delikatessenladen für Film. Eine Videothek mit den Hangout-Qualitäten eines cineastischen Wohnzimmers. Ein Filmsortiment, in dem jeder Titel als Empfehlung verstanden werden darf. Dass in dieser Umgebung vier Jahre später espressofilm schlüpfen durfte, ist eine glückliche Fügung. Mit der Einladung zu einem Gastprogramm verneigen wir uns zum 10. Geburtstag. Und wo Filmgalerie 8½ draufsteht, da sind Raritäten drin: Eine handverlesene Auswahl von Kurzfilmen von 1964 bis 2014 erkundet den Mikrokosmos vom Laden um die Ecke, jenem Ort, an dem das Leben eine Auszeit zu nehmen scheint und Begegnungen so oft in skurril pointierten Alltagsszenen gipfeln. the shop around the corner – filmgalerie 8½ wird 10 special Unbehandeltes Fernweh ist schlecht für die Gesundheit. Wer sich diesen Sommer zu den In-der-Stadt-Gebliebenen zählt und trotzdem in die Ferne sehnt, dem/der sei dieses Gastprogramm des europaweit einzigen Filmfestivals, das sich speziell dem Trickfilmschaffen von Frauen widmet, wärmstens ans Herz gelegt. Denn die Tricky Women begeben sich auf Sommerfrische. Im Gepäck sind einige preisgekrönte Filme aus dem heurigen Festivalprogramm, garniert mit der nötigen Prise Eskapismus und Fantasie, die schon den kleinsten Abstecher aus dem Alltag zum Abenteuer macht. Und Tricky Women sparen nicht mit kreativen Einfällen. Denn wenn das Meer nicht zum Arbeitsplatz kommt, muss der Arbeitsplatz eben ans Meer verlegt werden. Aber ob am Ende der Reise das ersehnte Paradies wartet? tricky women animation film festival festival Do 10. Juli Fr 11. Juli Do 17. Juli Chris Marker war vieles: Filmemacher auf Reisen, Dokumentarist, Ethnograf, Poet. Er selbst nannte sich nur eines: neugierig. Und so sammelte Marker Bilder, überall auf der Welt. Mitte der 1960er Jahre waren Fotografien aus zehn Jahren und zahllosen Reisen zusammengekommen. 800 davon arrangiert Marker aus der Distanz zu einem Fotofilm, nicht ohne ihre Entstehung und Interpretation zu hinterfragen. Er denkt über sie nach, setzt sie in überraschende Verbindungen zueinander, verwirft sie wieder, ordnet sie neu. Vieles bleibt rätselhaft. Seit der Fertigstellung 1966 war „Si j`avais quatre dromadaires“ der Öffentlichkeit nur sporadisch zugänglich. In einer aufwändig restaurierten Kopie wird Markers Film nun seine österreichische Uraufführung erfahren, ergänzt durch Hu Weis vielfach preisgekrönten „La lampe au beurre de yak“, der jenes andere Ende des fotografischen Prozesses beleuchtet: die (Selbst-)Inszenierung vor der Kamera. wenn ich vier dromedare hätte special Fünf Jahre nach dem Kinowunder „Lourdes“ wurde die Premiere von Jessica Hausners neuem Spielfilm „Amour Fou“ bei den 67. Filmfestspielen von Cannes mit Spannung erwartet. Mit Cannes, wo die Filmemacherin heuer bereits zum vierten Mal zu Gast war, verbindet sie selbst eine lange Liebesgeschichte: Bereits der Abschlussfilm an der Filmakademie Wien, „Inter-view“, wird 1999 in der Nachwuchsreihe Cinéfondation ausgezeichnet. Gemeinsam mit dem Coming-of-Age-Drama „Flora“ entwirft er in dieser Personale ein Kino der Blicke, der zarten Momente und trivialen Schlager. Ein Kino, das sich Zeit nimmt, genau hinschaut und für Einsamkeit und Ausbruchsversuche immer wieder sinnfällige Bilderfolgen (er-)findet. Im Schwebezustand zwischen Dokumentarischem und Fiktion, ist es die Suche nach dem kleinen bisschen Glück, die Jessica Hausners Filmheld/innen antreibt. Jene Dimension, die filmisch nicht fassbar ist, weil sie genau zwischen den Schnittstellen liegt. jessica hausner filmemacherin „Fast in Ohnmacht gefallen vor Aufregung und Glück“ ist die Filmemacherin Lisl Ponger, als ihr auf dem Flohmarkt zwei Kisten mit dem Lebenswerk eines Ehepaares in die Hände fallen: Weltreisen 1957-87. 60 Stunden Film. Ihr Film „Déjà vu“ – Präparat aus diesen gefundenen und neu geordneten Bildern, montiert zu einer großen, postkolonialen Erzählung – steht am Ende dieses zweiten Teils des Programmschwerpunkts ge.stellt. Es sind dokumentarische Bilder, wie man sie kennt – private Aufnahmen, Wochenschaumaterial, Making-of-Fragmente, Interviews –, die sich hier der kritischen Befragung, der Neubetrachtung unterziehen müssen. Ausgehend von den losen Enden des gefundenen Materials knüpft sich ein dichtes diskursives Netz rund um den Zusammenhang von Bildern und Stereotypen. der zweite blick reisegeschichten und andere déjà vus stamm.tisch Fr 25. Juli Do 31. Juli Es ist gerade die Unaufdringlichkeit, die Bescheidenheit und Sparsamkeit im Erzählen, mit der sich die Arbeiten des österreichischen Dokumentarfilme- machers Fritz Ofner so nachhaltig ins Gedächtnis einschreiben. Mit Fokus auf den Nahen Osten zeigt die Kurzfilmpersonale einen Ausschnitt aus seinem vielseitigen Werk, das sich vor allem Transformationen von Gesellschaften und deren Wirkung auf einzelne Individuen widmet. Auch in „Beirut Blend“ – als Hommage an Jim Jarmuschs „Coffee and Cigarettes“ unübersehbar – gelingt es Fritz Ofner, das Politische mit dem Persönlichen zu verweben, die Fremde in Nähe zu verwandeln. Denn beim Shisha-Rauchen werden das Vermögen Gaddafis oder der arabische Frühling ebenso leidenschaftlich diskutiert wie die Notwendigkeit täglichen Sports. fritz ofner filmemacher Fr 18. Juli Fr 1. August Eintritt frei Eröffnung filmemacherin anca miruna lazarescu Rumänien 1986. Zwei Männer sind entschlossen, aus dem Land zu fliehen. Schwimmend durch die Donau. Als der Zeitpunkt gekommen ist, sind sie plötzlich nicht mehr zu zweit: Einer hat entgegen der Vereinbarung eine Frau mitgebracht. Sie ist hochschwanger. – „Silent River“ ist mit rund 80 Auszeichnungen seit seiner Premiere auf der Berlinale 2011 der meistprämierte deutsche Kurzfilm. Die in Deutschland lebende Filmemacherin Anca Miruna Lazarescu hat ihre Herkunft nie losgelassen. Schon der erste Kurzspielfilm „Bucuresti – Berlin“ schlägt die Brücke zwischen den beiden Heimaten der gebürtigen Rumänin. Und mittendrin im Programm ein Innehalten: Die Dokumentation der Aufführung von John Cages „Organ²/ASLSP“ in Halberstadt – ein 639 Jahre dauerndes Konzert – wird zur Meditation über Zeit. Wir alle haben Geschichten zu erzählen. In den frühen 1990er Jahren suchte eine Gruppe von Künstler/innen aus der San Francisco Bay Area nach einer zeitgemäßen Form der mündlichen Überlieferung, die es Menschen ermöglicht, ihre Geschichten mit ihrer eigenen Stimme in die Welt hinauszutragen. Digital storytelling ist kompakt und kraftvoll, ist Empowerment und Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie. Auf Einladung von digital storytelling vienna und espressofilm schöpft das legendäre Center for Digital Storytelling (Berkeley) zum 20. Geburtstag aus einem Archiv von 15.000 digital stories und zeigt einen Film vor jedem Filmprogramm. Über den Sommer spannt sich eine globale Erzählung. storycenter.org digitalstory.at programmschwerpunkt ge.stellt – den blick zu hause lassen, das schauen mitnehmen Wie und in welchem Zusammenhang am Ende der Habsburger- monarchie Bilder von ethnischen Typen entworfen wurden, das bringt die aktuelle Sonderausstellung des Volkskundemuseums aufs Tapet. Typisierende Menschendarstellungen fanden damals als Fotografien weite Verbreitung; die gesellschaftspolitischen Inhalte und damit verknüpften Problematiken reichen bis in unsere unmittelbare Gegenwart. Mit Fokus auf deren Reflexion im gegenwärtigen Filmschaffen, greift die vierteilige Filmreihe Aspekte der Ausstellung auf und verfolgt sie auf der Leinwand weiter. Wie steuern Bilder unsere Sicht auf die Gegenwart und Vergangenheit? Vor Filmbeginn heißt es: Her mit euren Identitäten! Vier launige Spieleabende führen hinter die Kulissen von Ausstellung und Museum. Wir verspielen Eigen- und Fremdzuschreibungen, erzeugen neue, hybride Wesen und durchkreuzen alte Blickmuster. Die Teilnahme ist frei. Infos und Termine auf espressofilm.at Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie Sonderausstellung im Volkskundemuseum 30. April bis 30. November 2014 Freier Eintritt an allen Spieltagen von espressofilm von 17 bis 20 Uhr the center for digital storytelling: listen deeply, tell stories, a retrospective vorfilmreihe Do 24. Juli Open Air Kurzfilmfestival Jeden Donnerstag und Freitag von 10. Juli bis 29. August 2014 Volkskundemuseum | Laudongasse 15-19 | 1080 Wien Gastronomie ab 19 Uhr Filmbeginn 21.30 Uhr Filmgespräche im Anschluss an die Projektion. Die Veranstaltungen finden bei jedem Wetter statt. Eintritt frei! espressofilm.at facebook.com/espressofilm Eintritt frei

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Espresso 2014 Programm

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Page 1: Espresso 2014 Programm

Von Kopf bis Fuß in Korallrot feiert espressofi lm ein kleines Jubiläum.

Fünf Jahre Open Air Kurzfi lmfestival im Volkskundemuseum. Fünf

Jahre seit denen die Josefstadt zumindest zeitweise wieder ein

Kino hat. In geschichtsträchtiger Kulisse fi ndet zusammen, was

zusammengehört: Kurzfi lmprogramm mit Hang zum Experiment,

internationale Gäste, interaktive Rollenspiele, kreative Gastronomie

und ein Abschlusskonzert. Doch bis dahin liegt noch ein ganzer

Sommer vor uns. Der Katalog zum prallgefüllten Programm fi ndet

sich wie immer online.

Welchen Einfl uss fotografi sche Bilder auf unsere Sicht der Gegenwart

und Vergangenheit haben, ist eine Auseinandersetzung, die nicht

nur rund um den heurigen Programmschwerpunkt für angeregte

Gespräche sorgen wird, sondern auch in der Vorfi lmreihe und im

neuen Sujet zum Ausdruck kommt.

Und das ist eine herzliche Einladung: Kommen Sie! Reden Sie mit!

Lassen Sie den Blick zu Hause, aber nehmen Sie das Schauen mit!

Lisa Neumann und das Team von espressofi lm

Kurzfi lm ist der Espresso unter den Filmen. Die gleiche Dosis, nur weniger Wasser.

Ing-Marie und Carl sind vielbeschäftigt. Das Ehepaar in Gunhild Engers lakonischer

Studie „A Simpler Life“ ist bestens ausgestattet mit Gerätschaften, die das Leben

erleichtern. Doch das macht alles eigentlich nur komplizierter. Höchste Zeit

für einen Befreiungsschlag! Da kommt die Attacke der schwedischen Kombo

Sound of Noise auf das aufgepimpte Eigenheim gerade recht. Martha Rosler,

Ikone der feministischen Avantgarde, liefert ein Alphabet zur Dekonstruktion

der Küchengeräte und William S. Burroughs die Entdeckung der titelgebenden

Disziplin, kongenial für die Leinwand adaptiert von Filmstudent Gus Van Sant.

Von der hohen Kunst des Loslassens können auch die Indie-Pop-Rocker OK Go ein

Lied singen – wunderbar in seiner Ironie und Klugheit, wenn das Musikvideo dazu

in eine hymnische Liebeserklärung an die Schönheit der Umwege des Lebens

verkehrt wird.

the discipline of do easyspecial

Als die Filmgalerie 8½ im November 2004 in der Garnisongasse ihre

Pforten öffnet, ist mit einem Schlag klar, was in Wien zuvor gefehlt hat:

Ein Delikatessenladen für Film. Eine Videothek mit den Hangout-Qualitäten

eines cineastischen Wohnzimmers. Ein Filmsortiment, in dem jeder Titel als

Empfehlung verstanden werden darf. Dass in dieser Umgebung vier Jahre

später espressofi lm schlüpfen durfte, ist eine glückliche Fügung. Mit der

Einladung zu einem Gastprogramm verneigen wir uns zum 10. Geburtstag.

Und wo Filmgalerie 8½ draufsteht, da sind Raritäten drin: Eine handverlesene

Auswahl von Kurzfi lmen von 1964 bis 2014 erkundet den Mikrokosmos vom

Laden um die Ecke, jenem Ort, an dem das Leben eine Auszeit zu nehmen

scheint und Begegnungen so oft in skurril pointierten Alltagsszenen gipfeln.

the shop around the corner – fi lmgalerie 8½ wird 10special

Unbehandeltes Fernweh ist schlecht für die Gesundheit. Wer sich diesen

Sommer zu den In-der-Stadt-Gebliebenen zählt und trotzdem in die

Ferne sehnt, dem/der sei dieses Gastprogramm des europaweit einzigen

Filmfestivals, das sich speziell dem Trickfi lmschaffen von Frauen widmet,

wärmstens ans Herz gelegt. Denn die Tricky Women begeben sich auf

Sommerfrische. Im Gepäck sind einige preisgekrönte Filme aus dem heurigen

Festivalprogramm, garniert mit der nötigen Prise Eskapismus und Fantasie,

die schon den kleinsten Abstecher aus dem Alltag zum Abenteuer macht.

Und Tricky Women sparen nicht mit kreativen Einfällen. Denn wenn das Meer

nicht zum Arbeitsplatz kommt, muss der Arbeitsplatz eben ans Meer verlegt

werden. Aber ob am Ende der Reise das ersehnte Paradies wartet?

tricky women animation fi lm festivalfestival

Do 10. Juli Fr 11. Juli Do 17. Juli

Chris Marker war vieles: Filmemacher auf Reisen, Dokumentarist, Ethnograf, Poet. Er selbst nannte sich nur eines: neugierig. Und so sammelte Marker Bilder, überall auf der Welt. Mitte der 1960er Jahre waren Fotografi en aus zehn Jahren und zahllosen Reisen zusammengekommen. 800 davon arrangiert Marker aus der Distanz zu einem Fotofi lm, nicht ohne ihre Entstehung und Interpretation zu hinterfragen. Er denkt über sie nach, setzt sie in überraschende Verbindungen zueinander, verwirft sie wieder, ordnet sie neu. Vieles bleibt rätselhaft. Seit der Fertigstellung 1966 war „Si j`avais quatre dromadaires“ der Öffentlichkeit nur sporadisch zugänglich. In einer aufwändig restaurierten Kopie wird Markers Film nun seine österreichische Uraufführung erfahren, ergänzt durch Hu Weis vielfach preisgekrönten „La lampe au beurre de yak“, der jenes andere Ende des fotografi schen Prozesses beleuchtet: die (Selbst-)Inszenierung vor der Kamera.

wenn ich vier dromedare hättespecial

Fünf Jahre nach dem Kinowunder „Lourdes“ wurde die Premiere von Jessica

Hausners neuem Spielfi lm „Amour Fou“ bei den 67. Filmfestspielen von Cannes

mit Spannung erwartet. Mit Cannes, wo die Filmemacherin heuer bereits zum

vierten Mal zu Gast war, verbindet sie selbst eine lange Liebesgeschichte:

Bereits der Abschlussfi lm an der Filmakademie Wien, „Inter-view“, wird

1999 in der Nachwuchsreihe Cinéfondation ausgezeichnet. Gemeinsam mit

dem Coming-of-Age-Drama „Flora“ entwirft er in dieser Personale ein Kino

der Blicke, der zarten Momente und trivialen Schlager. Ein Kino, das sich Zeit

nimmt, genau hinschaut und für Einsamkeit und Ausbruchsversuche immer

wieder sinnfällige Bilderfolgen (er-)fi ndet. Im Schwebezustand zwischen

Dokumentarischem und Fiktion, ist es die Suche nach dem kleinen bisschen

Glück, die Jessica Hausners Filmheld/innen antreibt. Jene Dimension, die

fi lmisch nicht fassbar ist, weil sie genau zwischen den Schnittstellen liegt.

jessica hausnerfi lmemacherin

„Fast in Ohnmacht gefallen vor Aufregung und Glück“ ist die Filmemacherin

Lisl Ponger, als ihr auf dem Flohmarkt zwei Kisten mit dem Lebenswerk eines

Ehepaares in die Hände fallen: Weltreisen 1957-87. 60 Stunden Film. Ihr Film

„Déjà vu“ – Präparat aus diesen gefundenen und neu geordneten Bildern,

montiert zu einer großen, postkolonialen Erzählung – steht am Ende dieses

zweiten Teils des Programmschwerpunkts ge.stellt. Es sind dokumentarische

Bilder, wie man sie kennt – private Aufnahmen, Wochenschaumaterial,

Making-of-Fragmente, Interviews –, die sich hier der kritischen Befragung,

der Neubetrachtung unterziehen müssen. Ausgehend von den losen Enden des

gefundenen Materials knüpft sich ein dichtes diskursives Netz rund um den

Zusammenhang von Bildern und Stereotypen.

der zweite blick reisegeschichten und andere déjà vus

stamm.tisch

Fr 25. Juli Do 31. Juli

Es ist gerade die Unaufdringlichkeit, die Bescheidenheit und Sparsamkeit im

Erzählen, mit der sich die Arbeiten des österreichischen Dokumentarfi lme-

machers Fritz Ofner so nachhaltig ins Gedächtnis einschreiben. Mit Fokus auf

den Nahen Osten zeigt die Kurzfi lmpersonale einen Ausschnitt aus seinem

vielseitigen Werk, das sich vor allem Transformationen von Gesellschaften und

deren Wirkung auf einzelne Individuen widmet. Auch in „Beirut Blend“ – als

Hommage an Jim Jarmuschs „Coffee and Cigarettes“ unübersehbar – gelingt

es Fritz Ofner, das Politische mit dem Persönlichen zu verweben, die Fremde

in Nähe zu verwandeln. Denn beim Shisha-Rauchen werden das Vermögen

Gaddafi s oder der arabische Frühling ebenso leidenschaftlich diskutiert wie die

Notwendigkeit täglichen Sports.

fritz ofnerfi lmemacher

Fr 18. Juli

Fr 1. August

Eintritt frei

Eröffnung

fi lmemacherin

anca miruna lazarescuRumänien 1986. Zwei Männer sind entschlossen, aus dem Land zu fl iehen.

Schwimmend durch die Donau. Als der Zeitpunkt gekommen ist, sind sie

plötzlich nicht mehr zu zweit: Einer hat entgegen der Vereinbarung eine

Frau mitgebracht. Sie ist hochschwanger. – „Silent River“ ist mit rund 80

Auszeichnungen seit seiner Premiere auf der Berlinale 2011 der meistprämierte

deutsche Kurzfi lm. Die in Deutschland lebende Filmemacherin Anca Miruna

Lazarescu hat ihre Herkunft nie losgelassen. Schon der erste Kurzspielfi lm

„Bucuresti – Berlin“ schlägt die Brücke zwischen den beiden Heimaten

der gebürtigen Rumänin. Und mittendrin im Programm ein Innehalten: Die

Dokumentation der Aufführung von John Cages „Organ²/ASLSP“ in Halberstadt

– ein 639 Jahre dauerndes Konzert – wird zur Meditation über Zeit.

Wir alle haben Geschichten zu erzählen. In den frühen 1990er Jahren suchte eine Gruppe von Künstler/innen aus der San Francisco Bay Area nach einer zeitgemäßen Form der mündlichen Überlieferung, die es Menschen ermöglicht, ihre Geschichten mit ihrer eigenen Stimme in die Welt hinauszutragen. Digital storytelling ist kompakt und kraftvoll, ist Empowerment und Auseinandersetzung mit der eigenen Biografi e. Auf Einladung von digital storytelling vienna und espressofi lm schöpft das legendäre Center for Digital Storytelling (Berkeley) zum 20. Geburtstag aus einem Archiv von 15.000 digital stories und zeigt einen Film vor jedem Filmprogramm. Über den Sommer spannt sich eine globale Erzählung.

storycenter.orgdigitalstory.at

programmschwerpunktge.stellt – den blick zu hause lassen, das schauen mitnehmen

Wie und in welchem Zusammenhang am Ende der Habsburger-

monarchie Bilder von ethnischen Typen entworfen wurden, das

bringt die aktuelle Sonderausstellung des Volkskundemuseums

aufs Tapet. Typisierende Menschendarstellungen fanden damals

als Fotografi en weite Verbreitung; die gesellschaftspolitischen

Inhalte und damit verknüpften Problematiken reichen bis in

unsere unmittelbare Gegenwart.

Mit Fokus auf deren Refl exion im gegenwärtigen Filmschaffen,

greift die vierteilige Filmreihe Aspekte der Ausstellung auf und

verfolgt sie auf der Leinwand weiter. Wie steuern Bilder unsere

Sicht auf die Gegenwart und Vergangenheit?

Vor Filmbeginn heißt es: Her mit euren Identitäten! Vier launige

Spieleabende führen hinter die Kulissen von Ausstellung und

Museum. Wir verspielen Eigen- und Fremdzuschreibungen,

erzeugen neue, hybride Wesen und durchkreuzen alte

Blickmuster. Die Teilnahme ist frei.

Infos und Termine auf espressofi lm.at

Gestellt. Fotografi e als Werkzeug in der HabsburgermonarchieSonderausstellung im Volkskundemuseum

30. April bis 30. November 2014

Freier Eintritt an allen Spieltagen

von espressofi lm von 17 bis 20 Uhr

the center for digital storytelling:listen deeply, tell stories, a retrospective

vorfi lmreihe

Do 24. Juli

Open Air Kurzfi lmfestival

Jeden Donnerstag und Freitag von 10. Juli bis 29. August 2014

Volkskundemuseum | Laudongasse 15-19 | 1080 Wien

Gastronomie ab 19 UhrFilmbeginn 21.30 Uhr

Filmgespräche im Anschluss an die Projektion. Die Veranstaltungen fi nden bei jedem Wetter statt.

Eintritt frei!

espressofi lm.atfacebook.com/espressofi lm

Eintritt frei

Page 2: Espresso 2014 Programm

s p o n s o r / i n n e n

h a u p t f ö r d e r g e b e r i n

f ö r d e r g e b e r / i n n e n

Vor dem Zweiten Weltkrieg erste Hauptstadt Europas, die von einer anti-

semitischen Partei regiert wurde, hat Wien heute mit dem Ruf zu kämpfen,

zur „Vergessenshauptstadt“ geworden zu sein. Gleichzeitig sind antisemitische

Mentalitäten und Ressentiments immer noch Teil der Alltagskultur. In Kooperation

mit dem Jüdischen Filmclub Wien mobilisiert der dritte Teil des Programm-

schwerpunkts ge.stellt Filme gegen die antijüdische Gleichgültigkeit. Ausgehend

von historischen Aufnahmen aus Wien, zeigen Filmemacher/innen aus Ungarn,

Frankreich und den USA, welche Geschichten erzählt, welche Erinnerungen in die

Gegenwart gehören, warum das Kino nie aufhören kann, sich mit den Folgen von

Vorurteilen zu befassen – und dass die Überwindung von Stereotypen auch eine

Utopie des Alltags sein darf.

tell your children geschichten, die erzählt werden müssen

special

„Fakten kann man alle in ein Plastiksackerl stecken und gleich entsorgen“, sagte die

Filmemacherin Mara Mattuschka einmal auf die Frage nach den Umständen ihres

Aufeinandertreffens mit dem Choreografen Chris Haring. „Zwischen uns besteht

eine himmlische Verbindung.“ Dieser Verbindung sind vier kurze und ein langer Film

entsprungen, choreografi sches Kino, konzipiert und getanzt von Harings 2005 in

Wien gegründeter Compagnie Liquid Loft. In diesem Gastspiel trifft Manga-Ästhetik

(„Running Sushi“) auf Brokattapeten und Samtvorhänge („Burning Palace“). Eine

himmlische Verbindung könnte auch diese – die erste – Kollaboration zwischen

espressofi lm und ImPulsTanz sein, wenn die Leinwand in Bewegung gerät und mit

den Performer/innen ächzt und stöhnt und brennt vor Leidenschaft.

liquid loft – chris haring and special guestsspecial

Ein Urlaubsresort im Schick vergangener Tage. Kathrin Resetarits, die

Schauspielerin, spielt Kathrin Resetarits, die Schauspielerin. Sie wartet auf

ihren Einsatz, während schon die Probeaufnahmen zunehmend aus dem Ruder

laufen. Auch in „Krochacarraldo“ – performativer Flirt mit Herzogs Klassiker

„Fitzcarraldo“ – ist der Narration bald nicht mehr zu trauen. Christoph Schwarz,

der Filmemacher, spielt Christoph Schwarz, den Filmemacher. Es riecht nach

Desaster an diesem stamm.tisch-Abend für den österreichischen Kurzfi lm,

wenn Schwarz sein Kinski-Darsteller auf der Donau und dem tragischen

Helden von Stefan Bohuns hinreißend komischem Trauerspiel „Musik“ die

sprichwörtlichen Felle davonschwimmen. Vielleicht bleibt einem am Ende dann

nichts, als in einer Karaokebar Element of Crime zu singen: „Schlauer ist man

immer wieder hinterher / Richtig schön war`s nur mit dir.“

richtig schön war`s nur mit dirstamm.tisch

Den Blick der Kamera auf sich selbst richtend, setzen sich drei israelische

Filmemacher/innen einer radikalen Selbsterfahrung aus. Im Fokus stehen

eine Begegnung in der Cruising Szene im Independence Park, die Obsession

für eine geheimnisvolle Unbekannte und die Untersuchung der Mechanismen

des Pornofi lms am eigenen Leib – zutiefst Privates wird hochpolitisch.

Existentiellen Fragen muss sich auch das Festival stellen, das diese drei

Filme – und mehr – von Tel Aviv nach Wien entsendet. 2013 drohte dem

TLVFest, einer der wichtigsten Institutionen Israels, die sich für die Rechte

und Sichtbarkeit der LGBT-Community einsetzt, durch eine Verschärfung der

staatlichen Förderkriterien das Aus. 2014, in seinem neunten Jahr, gibt es das

Festival immer noch. Der Kampf geht weiter.

who are you? new queer cinema from israelfestival

Ein verschleiertes Mädchen, eine Zeeländerin mit gestärkter Haube, ein Kongolese

mit einem Regenschirm von Jean Paul Gaultier: Weniger die Intention des Trägers

bzw. der Trägerin bei der Wahl der Garderobe als deren Interpretation durch

die Betrachter/innen ist verantwortlich für Identitäts- und Nationalitätskonstruk-

tionen. Der vierte und letzte Teil des Programmschwerpunkts ge.stellt, kuratiert

in Zusammenarbeit mit dem Royal Anthropological Institute in London, stellt

zur Diskussion, inwiefern das Tragen von Schleier oder Nationaltracht Zeichen

eines authentischen Selbstausdrucks sein kann und welche Rolle Bildmedien in

diesem Prozess spielen. Am Ende steht die Frage, ob sich Bilder genauso leicht

„auftrennen“ lassen wie die obsolet gewordenen Kleidungsstücke, die zum

Recycling nach Indien geschickt werden.

in a state of dressspecial

ZHdK? Zieht Heidi durchs Kalkgebirge? Zu Höchstleistungen dank Käsefondue?

Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich zwar durch und durch Schweize-

risches, aber mit dem Wiederkäuen von Klischees haben die Filmstudierenden

der Zürcher Hochschule der Künste so gar nichts am Hut. Wo gömmer? Wohin

gehen wir? Alle wollen irgendwohin. Aber wo man hingeht, da ist man dann.

Und wenn`s blöd läuft auch noch mit einer schlechten Frisur. Auf der Suche

nach dem Platz im Leben haben spontane Kompliz/innenschaften etwas

unendlich Tröstliches in einer Welt, in der ein ungenügender Schulabschluss, ein

unsicherer Beziehungsstatus und die Allgegenwart der Latte-Macchiato-Mamis

so albtraumhaft daherkommen können.

wo gömmer? neues von der zhdkfi lmschule

Ordinary is no place to be. Dieser Vision folgend, hat Spike Jonze mit

der manischen Energie eines Independentfi lmers und der Akribie eines

Ausnahmeregisseurs in 25 Jahren ein visionäres Filmuniversum geschaffen,

in dem Verschrobenheiten stets alltäglich sind und das Alltägliche stets

außergewöhnlich. Erstaunlich ist dabei nur, wie lange es gedauert hat, bis sich

Jonze an seine erste Liebesgeschichte wagte. Mit genüsslich-melancholischem

Unterton erzählt „I`m Here“ vom Ausbruch aus Routine und dem Verlangen

nach Lebensinhalt und Liebe. Das dezent mit Science Fiction durchsetzte

Robotermärchen wird 2010 zum stilistischen Vorläufer von „Her“ – und in

Kombination mit dem Rodeo-Dokumentarfi lm „Amarillo by Morning“ und der

fi lmischen Adaption des Arcade-Fire-Albums „The Suburbs“ zur dystopischen

Coming-of-Age-Trilogie.

spike jonzefi lmemacher

Zum Finale des Festivalsommers: Kaffee, Kuchen, Kurzfi lme! Und obendrein

ein Konzert! Wenn es nach der französischen Singer-Songwriterin Milkymee

geht („To all the Ladies in the Place, with Style & Grace“), dann ist ein

stilvoller Abgang angemessen. Drum wird nicht nur auf der Leinwand

gefeiert – in Hanna Högstedts umwerfendem Regiedebüt „A Safe Place

for the Wild“ etwa –, sondern auch nachher noch Musik gemacht. Wild

wird es in der Tat und nachdenklich zugleich, wenn Wände niedergerissen

werden, um Raum zu schaffen für das Unaussprechliche, für Lebensentwürfe

jenseits aller Konventionen, für emanzipiertes Kurzfi lmkino aus Schweden.

a safe place for the wildspecial

Do 7. August Fr 8. August Do 14. August Fr 15. August

Do 21. August Fr 22. August Do 28. August Fr 29. August

m e d i e n p a r t n e r / i n n e n

p r o g r a m m p a r t n e r / i n n e n

p a r t n e r / i n n e n

Z hdkZürcher Hochschule der KünsteDepartement Darstellende Künste und Film

Konzert

Filmgespräche im Anschluss an die Projektion

Filmbeginn: 21.30 Uhr

*

Do 10.7. special the discipline of do easy

Fr 11.7. special the shop around the corner

Do 17.7. festival tricky women

Fr 18.7. fi lmemacher fritz ofner

Do 24.7. special wenn ich vier dromedare hätte

Fr 25.7. fi lmemacherin jessica hausner

Do 31.7. stamm.tisch der zweite blick

Fr 1.8. fi lmemacherin anca miruna lazarescu

Do 7.8. special tell your children

Fr 8.8. special liquid loft

Do 14.8. stamm.tisch richtig schön war`s nur mit dir

Fr 15.8. festival who are you? tlvfest | tel aviv

Do 21.8. special in a state of dress

Fr 22.8. fi lmschule wo gömmer? zhdk | zürich

Do 28.8. fi lmemacher spike jonze

Fr 29.8. special a safe place for the wild

rollen.wechsel

Für Besucher/innen unter 18 Jahren nicht geeignet*

ge.stellt

refresh yourself!

espressokantineWeil nicht nur beim Filmschauen die Menschen zusammenkommen,

sondern auch beim Espressotrinken, eröffnet die espressokantine wieder

die charmanteste Kinobar Wiens. Wo sonst gibt’s die Lunchbox passend

zum Filmprogramm? An jedem Spieltag verführt eine neue Kreation zu

einer sinnlichen Weltreise. Die Bistrotische stehen in der Wiese, gekocht

und ausgeschenkt wird regional und biologisch. Geöffnet ab 19 Uhr.

espress yourself!

espressotalkKurze Filme, lange Wirkung. Und darum bittet espressofi lm gemeinsam

mit der BAWAG P.S.K. im Anschluss an die Filmvorführungen zum

espressotalk. Internationale Gäste geben Einblicke in ihre Herangehens-

weise an das Filmemachen und ihre Beziehung zum Kino. Und besonders

das Feedback des Publikums ist gefragt. Zur nachhaltigen Inspiration

fi nden sich die espressotalks auch zum Nachhören auf espressofi lm.at.

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der eventausstatterfrankl 24

Für Besucher/innen unter 18 Jahren nicht geeignet