eröffnungs-ansprache des i. vorsitzenden g. a. wagner, berlin zur 25. tagung der deutschen...

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Eriiffnungs-Anspraehe des I. Vorsitzenden G. A. Wagner, Berlin zur 25, Tagung der Deutsehen Gesellsehaft fiir Gyniikologie Berlin, 20.--23. Oktober 1937. Verehrte Ggste ! Meine deutsehen Fachgenossen ! Es gereieht mir zu hoher Ehre, die 25. Tagung der Deutsehen Gesell- sehaft ffir Gyn~kologie zu erSffnen, ttervorragende und fiihrende Ver- treter der Wehrmacht, des Reiehsinnenministeriums, des Reiehskultus- ministeriums und anderer hoher Beh6rden und Parteigliederungen, der Reiehs/~rztefiihrung, der Stadt Berlin, der Universit/it, des R0ten Kreuzes, wissensehaftlieher und Standesorganisationen sind in unserem, sich der Faeharbeit widmenden Kreise ersehienen und haben damit nieht nur uns eine besondere Ehre erwiesen, sondem auch zum Ausdruek gebraeht, dab sie diese unsere Arbeit fiir bedeutungsvoll und wiehtig halten. Be- sonders erfreug sind wit darum auch iiber die Anwesenheit der Reichs- frauenfiihrerin Frau Scholtz-Klink, die mit ihren engsten Mitarbeiterinnen an unserer Tagung teilnimmt, welehe Tagung -- wie es in der ersten Einladung an die Faehgenossen Meg- im wesentliehen der grztliehen Fiirsorge und Behandlung der Frau in Schwangersehaft und Geburt, der grztlichen Betreuung des Neugeborenen, der Wiedergutmaehung yon GeburtsscMden der Mutter und anderen, ffir die Fortpflanzungs- f/~higkeit und -t/~tigkeit der Frau wichtigen Fragen gewidmet ist. Im Namen der Deutsehen Gesellsehaft fiir Gyn~kologie begrfige ieh sie alle und danke ihnen. tIerzlieh begrfiBe ich die drei verehrungswiirdigen Ehrenmitglieder unserer Gesellschaft Geheimrat Menge, Geheimrat Kup/erberg und Prof. Essen-M611er-Lund, und die vielen anderen alten und neuen Mitglieder. Unser besonderer Willkommensgrug gilt den Faehgenossen aus dem Ausland, nicht nur denen deutschen Stammes, die uns als blutsverwandt so nahe stehen und welehe ieh -- selbst ein ehemaliger Auslandsdeutseher -- begreiflieherweise besonders warm begriige, sondern ebenso den Ver- tretern vieler anderer Na~ionen, die zmn gr6[~eren Teil treue Mitglieder unserer Gesellsehaft, zum Tell als G/~ste hierher gekommen sind. In ihnen begriigen wit ihre Heimatl/~nder: die Vereinigten Staaten yon Nordamerika, Argentinien, Brasilien, Belgien, China, Di~nemark, England, Es~land, Finnland, t0rankreieh, Grieehenland, Holland, Japan, Jugo- slavien, Lettland, ('Jsterreieh, Polen, l~umi~nien, Sehweden, die Schweiz, Tiirkei, Tseheehoslowakei und Ungarn. Trotz aller politiseher Wirrnisse, die nieht nur unseren altenKon~inent, sondern die ganze Welt ersehiittern und beunruhigen, sind sie gekommen, Archiv L Gyn~kologie. 166, 1

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Eriiffnungs-Anspraehe des I. Vorsitzenden G. A. Wagner, Berlin

zur 25, Tagung der Deutsehen Gesellsehaft fiir Gyniikologie Berlin, 20.--23. Oktober 1937.

Verehrte Ggste ! Meine deutsehen Fachgenossen !

Es gereieht mir zu hoher Ehre, die 25. Tagung der Deutsehen Gesell- sehaft ffir Gyn~kologie zu erSffnen, t tervorragende und fiihrende Ver- treter der Wehrmacht, des Reiehsinnenministeriums, des Reiehskultus- ministeriums und anderer hoher Beh6rden und Parteigliederungen, der Reiehs/~rztefiihrung, der Stadt Berlin, der Universit/it, des R0ten Kreuzes, wissensehaftlieher und Standesorganisationen sind in unserem, sich der Faeharbeit widmenden Kreise ersehienen und haben damit nieht nur uns eine besondere Ehre erwiesen, sondem auch zum Ausdruek gebraeht, dab sie diese unsere Arbeit fiir bedeutungsvoll und wiehtig halten. Be- sonders erfreug sind wit darum auch iiber die Anwesenheit der Reichs- frauenfiihrerin Frau Scholtz-Klink, die mit ihren engsten Mitarbeiterinnen an unserer Tagung teilnimmt, welehe Tagung - - wie es in der ersten Einladung an die Faehgenossen M e g - im wesentliehen der grztliehen Fiirsorge und Behandlung der Frau in Schwangersehaft und Geburt, der grztlichen Betreuung des Neugeborenen, der Wiedergutmaehung yon GeburtsscMden der Mutter und anderen, ffir die Fortpflanzungs- f/~higkeit und -t/~tigkeit der Frau wichtigen Fragen gewidmet ist. Im Namen der Deutsehen Gesellsehaft fiir Gyn~kologie begrfige ieh sie alle und danke ihnen.

tIerzlieh begrfiBe ich die drei verehrungswiirdigen Ehrenmitglieder unserer Gesellschaft Geheimrat Menge, Geheimrat Kup/erberg und Prof. Essen-M611er-Lund, und die vielen anderen alten und neuen Mitglieder.

Unser besonderer Willkommensgrug gilt den Faehgenossen aus dem Ausland, nicht nur denen deutschen Stammes, die uns als blutsverwandt so nahe stehen und welehe ieh - - selbst ein ehemaliger Auslandsdeutseher - - begreiflieherweise besonders warm begriige, sondern ebenso den Ver- tretern vieler anderer Na~ionen, die zmn gr6[~eren Teil treue Mitglieder unserer Gesellsehaft, zum Tell als G/~ste hierher gekommen sind. In ihnen begriigen wit ihre Heimatl/~nder: die Vereinigten Staaten yon Nordamerika, Argentinien, Brasilien, Belgien, China, Di~nemark, England, Es~land, Finnland, t0rankreieh, Grieehenland, Holland, Japan, Jugo- slavien, Lettland, ('Jsterreieh, Polen, l~umi~nien, Sehweden, die Schweiz, Tiirkei, Tseheehoslowakei und Ungarn.

Trotz aller politiseher Wirrnisse, die nieht nur unseren altenKon~inent, sondern die ganze Welt ersehiittern und beunruhigen, sind sie gekommen,

A r c h i v L Gyn~kolog ie . 166, 1

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bereit, mit uns zusammenzuarbeiten an dem Werke, zu dem unser Fach und seine repr~tsentative Vertretung im Deutschen Reich, unsere Gesell- schaft, berufen und verpflichtet sin& Die groBe Zahl der erschienenen auslgndischen Fachgenossen ist uns ein stolzer Beweis, dab nach wie vor die deutsche Wissenschaft in der ganzen Welt Geltung hat und Achtung genieSt. Sic, verehrte Freunde aus den Lgndern jenseits der Grenzen des Reiches, werden offenen Auges hier die Wirkliehkeit sehen, die Ihnen daheim so oft entstellt wird: Ein in der Sicherheit eines starken Schutzes in tiefem Frieden fleilSig und froh arbeitendes, ansti~ndiges und mit Reeht wieder stolzes Volk.

Diese Tagung ist die 25. unserer GesellschMt, und mit ihr begehen wit ein silbernes Jubilgum. Ich brauche abet nicht auf die ruhmreiche Geschichte unserer Gesellschaft einzugehen, well auf der letzten Tagung in Miinchen im Jahre 1935 ihr 50. Geburtstag in w/irdiger Weise gefeiert worden ist. Mein Amtsvorg/~nger August Mayer hat die M~nner, die unsere wissenschaftliehe Vereinigung ins Leben gerufen haben, gewiirdigt, ihre ganz jetztzeitlich anmutenden Ansehauungen und Lehren uns vor Augen gefiihrt und die Entstehung und Entwicklung unserer Gesellsehaft in gro6en Ztigen gezeichnet. Und unser geliebtes Ehrenmitglied, der Ehrenprgsident der letzten Tagung, der einer der heiden Fiihrer der deut- schen Gyngkologie unserer Zeit war, Albert D6derlein in Miinchen, hat in einer nut dem Weisen, der selbst Grol~es geleistet, m6glichen ~berschau aufgewiesen, was die in unserer Gesellsehaft vertretene deutsche wissen- sehaftliehe Geburtshilfe und Frauenkunde dem Volk und der Welt ge- sehenkt hat.

Wir haben darum heute yon eiaer besoaderea Feier Abstand ge- nommen. Der Vorstand hat sieh darauf beschrgnkt, den Teilnehmern ein etwas festlicher gehaltenes Tagungsbueh iiberreichen zu lassen, das die 25. Tagung in sp/~teren Jahren in Ihrem Gedenken wachrufen mSge, wenn ein Blick in seinen Inhalt vielleieht 1/s verwehte Erinnerungen an ehemalige Eindriieke kaum mehr zu weeken vermag.

Ir~ wenigen Wor~er~ abet l~ssen Sic reich die Leistu~gen der 24 Tagungen streifen, die in den Berichten der Gesellschaft nicht tot liegen, sondern die lebendig weiterwirken. Tausende Faehgenossen haben an ihnen teilgenommen. Nfehr als 1600 Vortragende haben das in emsiger Arbeit Erforschte diesem h6chst sachverstgndigen Forum unterbreitet und gar oft gegen besonders kampflustige und temperamentvolle H6rer verteidigen mfissen. Aber die Zahl macht es nieht aus. Alte groSen und fiir d~s Volkswohl wichtigen Fragen unserer beiden Fgcher wurden hier in frueht- bringendster Weise behandelt. War es auch friiher der bewuSte Stolz vieler Gelehrter, ohne Riicksicht auf die praktische Bedeu~tmg ihrer :~rbeit sieh in stiller Weltabgeschlossenheit theoretischen Problemen zu widmen, so zeig~ tier Inhalt der 1720 Vol~r~ge der ersten 25 Tagungen - - die soeben er6ffnetemit eingereehnet - - , daft ~ast 1000 sich mit prak-

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tisch wichtigen Problemen wissenschaftlich befassen. So manche groi]e Entdeckung und Erfindung, die die Geburtshilfe und Frauenheilkunde wesentlich gefSrdert hat, wurde erstmalig auf den Kongressen unserer Gesellsehaft bekannt gegeben.

Zum 4. Male tagt die Deutsche Gesellschaft ffir Gyn/~kologie in Berlin. Zum ersten Male war es 1899 unter Olshausen; das Wochenbettfieber und die Behandlung der Uterusmyome waren die Hauptverhandlungsgegen- st/~nde. - - Der 2. Berliner Kongre$ yon 1920 untar der vornehmen Lei- tung des unvergeBlichen Bumm leuchtete uns durch seinen, wissenschaft- lichen Erfolg wie ein verheiBender Stern aus der Nacht des Zusammen- bruches und Niederganges Deutschlands. - - D i e 3. Berliner Tagung, die 1933 in der Begeisterung des Aufbruches des erneuten Deutschlands in einer fiir rein wissensahaftliche Arbeit fast zu unruhig erscheinenden Zeit start- land, wurde dank der groBartigen Leitung durch den damaligen Pr/isidenten Stoeckel und wohl auch gerade durch den Aufschwung, der sich aller Kreise unseres Volkes damals bem/ichtigt hat, zu einem einzigartigen Erfolg.

Die Leitgedanken ftir unsere Tagung haben Sie schon geh5rt. Aus diesem allzu groBen Fragenkomplex durften nut einige wenige Teilfragen herausgegriffen warden.

Als alter Schiller meines geliebten Lehrers v. Rosthorn, der in seinem ganzen /Lrztlichen und wissenschaftlichen Wirken die unantastbar innige ZusammengehSrigkeit der Frauenkunde mit der gesamten Hail- kunde in den Vordergrund stellte, der im Anfang unseres Jahrhunderts in Wien als Erstar ein gro$es Referat fiber die Beziehungen der Geburts- hilfe und Gyn/~kologie zur Gesamtmedizin erstattet hat, w/~hlte ich den ersten ttauptgegenstand: Herz un d Kreislau/.

Aus Liebe zu einem besondaren Arbeitsgebiet der Charit6-Frauanklinik wurde der zweite Gegenstand gewKhlt. Die Ursaahe wie die Folgen der Eierstocksinsu//izienz sind vielfaah und yon grSl~ter Bedentung nicht nur ffir die einzelne Frau, sondern ffir das Volksganze. Bei der grol3en Empfindlichkeit der in der Tiefe des Beckens scheinbar so wohl gebor- genen Keimdrfisen gegen allerlei Umwelteinflfisse ist as zu verstehen, dal3 durch Krankheiten und Funktionsst5rungen des Gesamtorganismus, aus Not und Mangel, aus Unkenntnis und Unvernunft diese mit vielerlei wichtigen Funktionen bedachten Organe Sch/~den erleiden kSnnen, die sich dann wiederum nicht nur ftir das Einzelwesen, sondarn fiir die O~esamtheit in schwerster Weise auswirken mfissen.

In der Wahl des dritten Hauptgegenstandes, in welchem aus dem Fragenkomplex der Heilung der Geburtssehiiden die operative Behandlung des Genitalprolapses herausgegrfffen wurde, k6nnte mancher einen Rfick- fall in das alte Organspezialistentum sehen; er hgtte Unrecht. Denn

1. beeintr~chtigt der Genitalvorfall die Frau in ihrer wichtigen Arbeit ffir Haus und Familie oft auf das schwerste und macht sie nieht selden unfruehtbar:

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4 Er6ffnungs-Ansprache des I. Vorsigzenden G. A. Wagner, Berlin.

2. fiihren die Senkungen sehr h~ufig zu einem erst k6rperlichen, dann aber aueh seelisehen Geffihl der Unsicherheit, ja der Minderwertig- keit und so gesellt sich zu dem k6rperlichen das geistige Leiden. So unwahrscheinlich es klingen mag : dureh den rein physikMischen Vorgang einer plastischen Operation bahnt sich die Heilung nicht nut der k6rperliehen, sondern aueh der manehes Ehegl~ck bedrohenden seelischen St6rung an.

DaB wir Geburtshclier das gr6gte Interesse an den uns unmittelbar naeh der Geburt nun einmM anvertrauten Kindern in der filr Tod oder Leben und Gesundheit so besonders wichtigen Neugeburtszeit haben, sollen die Yerhandlungen des 4. Tages erweisen. Von den Kinders erhoffen wir Belehrung und Anregung. Der Streit darum, ob der Geburts- helfer oder der Kinderarzt mehr yon den Neugeborenen verstehe und wisse, ist milBig und sehs Zusammenarbeit tu t beiden not und bringt beiden und damit auch den yon ihnen Betreuten Nutzen. D~nkbar gedenke ich s01cher Zusammenarbeit, die ich - - gesehult in dem Interesse filr das Neugeborene durch meinen ehemMigen Schiller v. Jaschke - - bei groBen Kinderarzten gesucht und bei Czerny und Be88au gefunden habe. M6gen reeht viele andere das gleiche Glilck haben.

Ernste Sorgen macht uns ein anderer Streit, der tier eingreiit in die M6glichkeit der Erfilllung der uns auferlegten Pflichten und der besonders diejenigen unter uns Geburtshelfem trifft, welehe geburtshilfliehe Axlstalten zu leiten haben.

Die Frage, ob die Hausgeburt oder die Anstaltsgeburt die bessere ist, welche yon beiden mehr Vorteile und weniger Nuehteile bringt, welehe also zu bevorzugen sei - - eine iibrigens sehon an sieh falsehe FragestelIung - - ist zu einer Streit]rage geworden. Der Streit wird unter Aufbietung Mler Macht- und aueh Stimm-Mittel mitunter und in manehen Lindern schon mit einem ~bermag an Heftigkeit geftihrt. Kampf ist gut, um dem Besseren zum Siege zu verhelfen. Aber er muff mit reinen warren und mit k~hler Sachlichkeit gefilhrt werden.

Den Geburtshelfern, die vom Beginn ihrer Ausbildung an stets in AnstMten arbeiteten, welehe Mle M6gliehkeiten einer aseptischen, immer aktionsbereiten und vollkommen riumliehen, instrumentellen und perso- nellen Ausstattung Ms selbstverstindliehe Voraussetzung fiir die Sicherheit der Geburt ansehen, wird es nieht eingehen wollen, dab die hiusliehe Geburt fiir Mutter und Kind bessere Ergebnisse und weniger Gefahren h~ben solt, namentlieh was die Infektion der Geburtswunden anbelangt. Sic horchen zun/s ungl/~ubig auf, wenn Statistiken das Gegenteil zu beweisen scheinen, aus denen hervorgeht, dab die Milttersterblichkeit und besonders die Woehenbettsinfektion in St/s nnd Lindern, wo die tiberwiegende Mehrzahl der Geburten sich in Anstalten absloielt, hhher ist als doff, wo die t tausgeburt vorherrscht. Es w/~re fMseh, mit einer abwehrenden Handbewegung sieh ilber solehe Feststetlungen hinweg-

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zusetzen. Es k6nnte sonst so gehen wie vor bald 100 Jahren, Ms die groBe Entdeckung des Ignaz Philipp Semmelweis yon den maggebenden Pro- Iessoren abgelehnt wurde und damit Tausende yon Frauen dem Moloch des Woehenbettfiebers noch Jahre lang weiter geopfert wurden.

Hier heiBt es, ohne Riieksieht auf iiberlieferte Ansichten und Uber- zeugungen, ohne Riicksicht auf die Sonderinteressen der widerstreitenden Gruppen, niehts als das uns allen anvertraute Wohl der Gebarenden und ihrer Kinder vor Augen, ruhig und sachlich die Wahrheit zu ergriinden. Sic kann nur gefunden werden auf Grund saehverst~tndiger Durchfor- sehung einer yon der untersten Unterlage an einwandfreien und liicken- Iosen Erfolgs- und Mif~erfolgsstatis~ik. Mit einer solehen ist es bei uns in Deutschland wie in den meisten L~ndern noeh nieht so gut bestellt, wie wir, die wit mit wissenschaftlieher Griindlichkeit zu arbeiten gewohnt sind, fordern zu miissen glauben, ~ b e r Deutschland ist das groBe Netz einer geburtshilflichen Statistik, dutch dessen Maschen kein Migerfolg schliipfen soll, erst mit Beginn dieses Jahres gebreitet worden. Wit miJssen auf die yon berufener Seite durehgeftihrte Auswertung der Ergebnisse in t~uhe warren.

Wit miissen es abet ablehnen, dab den Hausgeburten die AnstMts- geburten schleehthin gegeniibergestellt werden. W/~ren die Gebs und Kinder in unseren AnstMten, in denen wir, gestiitzt auf miihsam erworbenes Wissen und K6nnen, zum Wohl der uns Anvertrauten Jahre und Jahrzehnte l~ng ehrlich und har t gearbeitet haben, an Leib und Leben mehr bedroht, Ms wenn sic zur Geburt daheim geblieben wgren, und hs yon ihnen auch nut einige Dutzend da[iir ihr Leben lassen miissen - - uns verantwortliehen Lei tem bliebe wahrlich nichts anderes iibrig, Ms dem Beispiel des grogen Geburtshelfers Michaeli8 in Kiel zu folgen, der im Jahre 1848 Selbstmord beging, Ms er - - his zur Sehwermut nieder- gedriiekt dureh eine unausrottbare PuerperMfieberepidemie in seiner Klinik - - yon seinem aus Wien heimgekehrten Sehwiegersohn erfuhr, dab im dortigen Gratisgeb/~rhause ein kleiner ungariseher Assistent die Ursaehe des verheerenden Wochenbettfiebers entdeckt und auf Grund dieser Entdeckung seine Ausrottung mit schlagendem Erfo]ge in Angriff genommen hatte.

Aber zum Gliick ist AnstMtsgeburt und Anstaltsgeburt nicht dasselbe. Von den mehr als 321000 ,,AnstMtsgeburten" Deutschlands im Jahre 1935 sind weniger als 248000 in Entbindungsanstalten durchgefiihrt worden.

Und auch EntbindungsanstMt und EntbindungsanstMt ist noch lange nieht dasse]be! Wir Eingeweihten kennen die ~mver~ntwor~baren Zu- st~nde, die in einzelnen solcher ,,AnstMten" geherrseht haben und wit begriiBen es, wenn dureh ein Machtwort alle solehe Anstalten und An- st/~ltchen, die den selbstverst/tndliehen Anforderungen nicht geniigen, wenn Abhilfe nieht m6glich ist, mi t einem Sehlage riicksiehtslos beseitigt

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werden. Denn durch sie wird die Statistik dessen, was wit unter Ans~altsgeburten verstehen, ungerecht belastet.

Die aber, die wiederum die Anstaltsgeburten ats das einzig Verant. wortbare, die Hebammengeburten im Hause als ein Stack Mittelalter erkl/~ren, tuen Unrecht. Denn sie kennen nicht die Leistungen der tIaus- geburtshilfe, bei der die Kunst und das Wissen hochausgebildeter~ Hebam- men und ~rzte die Unzuli~ngliehkeiten des iV[ilieus erfolgreich zu fiber- winden verm6gen. Dazu kommt, dab die Hausgeburt manchen uner- setzliehen seelisehen und ethischen Vorzug aufweist. Und da wit nun einmal Deutsche sind, so lassen wir h ier roll bewuBt das Geffihl, das so manehes von der ,,Moderne" Verschfittete in Deutschland wieder zum Leben ruff, mitspreehen. I b m darf aber nicht die Sicherheit geopfert werden, die in den yore Normalen abweichenden Geburtsf~llen die auf solehe zu jeder Stun@ eingestellte Anstalt besser zu gew~hren vermag.

Damit w/~re die Frage: ,,Anstalts- oder Hausgebur t" fiir unser Volk abgelehnt mit dem Satze: ,,Anstalts- und Hausgeburt" .

Abet die einfache Erledigung: ,,Den Anstalten die Geburtsf/~lle, die Komplika~ionen darbieten oder erwar~en lassen, die normalen Geb/irenden der Hausgebur~shilfe" w/~re auch noeh falseh. Denn eine grol]e Zahl der Anstalten alle grSl~eren sind darin enghalten - - dieng dem Un~errieht der Hebammen oder der kiinftigen _~rzte, die zum grSBeren Teil:einmal h/~usliehe Geburtshilfe betreiben sollen und dort im Hause, fern yon allen Hilfsmitteln der Klinik, eben nur dann ihrer schwierigen Aufgabe gereeht werden kSnnen, wenn sie theoretiseh und praktisch bis zur h6ehsten Voll- kommenheit ausgebildet worden sind. Und das ist natiirlich nur in den Ans~alten m6glieh, in denen sie zahlreiche normale nnd pathologische Geburtsf/~lle nicht nur sehen und miterleben, sondern bei solehen akt iv mitwirken kSnnen. Es w/~re kurzsiehtig und mtil]te zu einer Versehleeh- terung der h/~uslichen Geburtshilfe ffihren, wollte man den Unterrichts- anstal~en die Zahl der normalen Geburten sehm~lern und damit die Yer- vollkommnung der neu heraufriiekenden Frontwelle der in Ausbildung begriffenen Hebammen und Gebnrtshelfer beeintr/~ehtigen. - - Darum seheint es mir sehr bedenklich, die Anstaltsentbindung schlechthin als etwas Gef/~hrliches zu stigmatisieren und so Fureht vor ihr in das Volk zu tragen.

Und es glbt durchaus normale Geburtsf/~lle genug, die in die Anstalt geh6ren. Lehnen wir auch mit gechg aus e~hisehen und vSlkisehen Grilnden eine soziale Indikation zur Verht~tung oder Beseitigung der Schwangerschaft ab, so gibt es fiir alle Vemiinftigen eine soziale Indikation zur Klinikgeburt, n/s dann, wenn die h/s Verh/iltnisse so ungiinstig sind, dab die Gefahr der Hausentbindung ihre Vorteile bei weitem iiberwiegt.

So seheint mir der ganze Kampf unn6tig und die zu erwartende verl/~gliche Statist ik nieht dazu da, fiir die eine oder an@re Kampf-

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truppe zu entscheiden, sondem nur dazu, in jeder yon ihnen Fehler aufzuspfiren, um gemeinsam gegen diese k/~mpfen zu k6nnen zum Wohle unseres Volkes und seiner Zukunft.

Ein gl/~nzendes Beispiel daffir, wie auch die scheinbar schwersten Gegens/~tze dem z/ihen Wfllen zu einheitlieher Zusammenfassung alier nfitzlichen Kr/~fte weichen mfissen, ist die unserem Reichs/~rzteffihrer endlich gelungene Liquidierung des Streites: Hie wissenscha/tlich [undier- tes Arzttum, hie _Yaturheilkundige.

Die intuitive Krankheitssicht mit unbefangenem Auge hat jeder gute und geschulte Arzt zu allen Zeiten gehabt und gebraucht. Die Nutzung der unversiegbaren Heilsch/~tze der Natur war jedem nicht ganz eng- stirnigen Schulmediziner wohl zu allen Zeiten eine Selbstversti~ndliehkeit. Gerade die Frauen/~rzte haben die Heilwirkungen der Moor- und Schlamm- b/~der als erste nnd am grfindlichsten verwertet, wie es auch die Gyn/~ko- logen waren, die mit als die Ersten und Effolgreichsten das so unerh6rt Wirksame Natnrheilmittel des Radiums und die unheimliche Heilgewalt der l~Sntgenstrahlen dem Heilsehatze Tausender yon -~rzten und einer Welt yon Kranken geschenkt hahe~. Urn manche der nat~rlichen Heil- mittel lagert noch der Nebel des Mysteriums, das Goethe an den tteil- kr/~ften der yon ihm so oft und gem besuchten deutschen B/ider B6hmens zugleich gepriesen und zu durchdringen sich bemfiht hat. Immer wieder hat die wissensehaftliche Medizin und besonders auch die Gyniikologie das Geheimnis dieser Heilwirkung zu entschleiern versucht. Die grfind- lithe wissensehaftliehe Erforschung aller natfirlichen Iteilweisen aber und ihre Eingliederung in die I-Ieilkunde jedes Arztes ist erst je tz t in Deutschland groBzfigiger und intensiver angepackt worden.

Der Masse jener aber, die in einseitiger und fiberheblicher Weise sich ,,Naturheilkundige" genannt haben, ohne fiber das selbstverst/~ndliche Wissen in der ,,Heilkunde" zu verffigen, den Kurpfuschern, bereitet jetzt der kluge und z/s Kampf unseres Reichs/~rzteffihrers das yon uns pflieht- bewuBten _~irzten lange Zeit vergeblich ersehnte Ende.

Dem vollwertigen Arzte ist im neuen Deutschen Reiche die angesehene Stellung wiedergegeben worden, auf die er Anspruch hat, die ihm jedoch zugleieh eine ungeheuere Verantwortung auferlegt und ihn vor neue groBe Aufgaben stellt.

Wenn aueh lange sehon in der /~rztlichen Kuns~ das Vorbeugen als wertvoller erkannt war als das Heilen, so ist jene verhfitende/~rztliche T/~tigkeit uns heute zu einer betonten Aufgabe gemacht worden. Das deutsche Volk hat dutch den Reichs/~rzteffihrer allen seinen :4rzten die Betreuung tier Gesunden, die Verhiitu~g vor~ Schgide~ als vordringliehe Sonderpflicht au fe r l eg t .

Und hier hat nun gerade der Gebur~shelfer - - im weitesten Sinne des Wortes - - Gelegenheit zu reieher und segensreieher Arbeit. Denn kein Arzt hat es wohl so oft mit Gesunden zu tun, wie gerade er. Gerade in

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der Betreuung der Schwangeren, Geb/~renden und Neugeborenen hut der Arzt eine besonders schSne Aufgabe. Denn er schiitzt die Frau in einer Zeit biologischer Hochleistung, die nicht nur ihr selbst das Muttergliick bringen soll, sondern durch die sic ihrem Volk und seiner Zukunft dient. Es ist biologisch selbstversts und zugleich tragisch, dab die Schwan- gere und Geb~rende eben durch diese iibergroBe biologische Leistung stets eine Gef/~hrdete ist. Die Tragik dieser Gefahr finder vielleicht ihren erschiitterndsten Ausdruck in der Frage, die der junge Siegfried unter dem ergreifend tSnenden Schweigen der Musik ausspricht, als er der Mutter Los erfahren: ,,So starb meine Mutter an mir ?"

Und wie die Mutter kommt das kerngesiindeste Kind in Gefahr, wenn es ans der schfitzenden Berge des Mutterscho~es in die Welt geboren wird.

Hier die Gefahren zu bannen nnd zu meistern, ist die ihn besonders emporhebende Aufgabe des Geburtshilfe treibenden Arztes. Niemals freilich werden sich die Gefahren des Geburtstodes bis auf Null vermin- dern lassen. Abet ein unt/~tig zusehender Fatalismus, der darauf hinweist, dab ja die Natur bei der Erhaltung der Art mit Verlusten rechnet und darum in verschwenderischer Weise v, orbeugt, w~re t5richt. Denn gerade beim Menschen ist dutch seine Entwicklung zum Gehirntier jenes ver- schwenderische Vorbeugen schon lange dahin. Der der Fortpflanzung dienende starke Trieb ist vom Verstande ls tiberlistet worden. Dadurch ist die Zahl der Schwangerschaften auch bei uns in Deutschland, w o e s gelungen ist, den lange Zeit versch/ittet gewesenen Willen zum Kinde wieder zu erwecken, und die Zahl der Geburten in erfreuHeher Stetigkeit zunimmt, noch zu klein. Kein Volk, das nicht zugrunde gehen soll, kann sich den Luxus des Geburtenverlustes und dazu des Geburtentodes leisten, Der GrSBe der Aufgabe, die der Geburtshilfe treibende Arzt hier zu leisten hat, entspricht die GrS~e der Verantwortung.

D i e Kunst und die Aufg~be des Geburtshelfers ersehSpft sich nich~ darin, die Gefahren der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochen- bettes fernzuhalten oder sic in zielsicherem Eingreifen zu bekKmpfen. Lange, lange Jahre vorher schon mul] seine Ffirsorge alle Schs fern- halten und beseitigen, die eine Entwicklung aller jener Organe der Frau behindern kSnnen, die der heiligen Aufgabe der Fortpflanzung dienen. Sehon in der Kindheit kSnnen auch die erbgesunden Keimdrfisen dutch vermeidbare Umweltschgden in der Funktion gestSrt werden, die ihnen unterstellten Organe - - voran die Geb~rmutter und die Eileiter, aber auch das knScherne Becken - - zu einer fiir das Zustandekommen einer Schwan- gersehaft und eine gliiekhafte Geburt unerl~l]lichen Form, GrSl]e und Funktion sich entfalten zu lassen. Friihzeitigstes Erkennen dieser Funk- tionsst6rungen der Eierst6cke ist eine bisher noch nicht genug beaehtete Aufgabe des Arztes. Behandlung und Verhfitung yon oft irreparablen Sp~tsch~den sind bier eins. Und da in einzelnen Fgllen gewil~ such die Eierstockssehw/~che ererbt ist, so ist schon vor der Zeugung der kiinftigen

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Geb/irerin, schon bei der Gattenwahl der Eltern, der riehtige Rat des wissenschaftlieh wohl geriisteten Arztes eine Tat, die sich nach Jahr- zehnten erst auswirken mag.

Und so miissen wir ~6rzte, denen die Betreuung der Mutterschaft an- vertraut ist, auf Grund unseres wissensehaftlich begriindeten Wissens iiberall handelnd eingreifen, woes gilt, an den kiinftigen Miittern Sehaden zu verhiiten.

Man mug uns hSren, wenn wit auf Grund unserer Effahrungen vor i~bertriebener KSrpergymnastilc der ]ungen Miidchen warnen; denn wie wit auf der einen Seite den wohlt~tigen Einflug gesunder Lebensweise mit ausreiehender kSrperlieher Bet~ttigung in Licht und Luft kennen~ wie wir um ihre Heilwirkung bei EierstocksstSrungen mit ihren Sp~tiolgen wissen, so wissen wir auf der anderen Seite, dab iibertriebener S p o r t und lange Zeit einseitig durchgeffihrte Gymnastik in die Funktion der Keimdriisen ernste StSrungen bringen.

So sollen wir Arzte bei der kSrperlichen Erziehung der jungen M~dchen mit geh6rt werden. Abet wir sollen ~ueh eingeschaltet werden bei der seelischen Vorbereitung und Erziehung des Miidchens zur Mutterschafl. Diese Aufgabe m6gen besonders iibernehmen: der Hausarzt, der hoffent- lich bald wieder in seiner alten Herrlichkeit aufleben wird~ der Schulurzt, die Xrzte der Gliederungen, indem sie so die segensreiche T~tigkeit des Reiehsmtitterdienstes der NS-Frauenschaft unterstfitzen und erg~nzen. Wie welt tier Aktionsradius ihrer T~tigkeit sein kann, m6ger/Sie daraus ersehen, dal~ der l~eichsmiitterdienst heute schon 220 Miitterschulen geschaffen hat mit Lehrg~ngen und Wanderlehrkursen an denen 1000 hauptamtliehe und 2000 nebenamtliche geschulte Lehrkrs am Werke sind, und die bisher im deutschen Reich in fast 54000 Kursen mehr als 1100000 kiinftige Miitter erfaBt haben.

Die besondere Aufgabe des Geburtshilfe treibenden Arztes, Seh/~den sehon vor ihrer Entstehung ahnend zu erkennen und sie so zu verhtiten, bei der Geburt selbst aber die so oft ungeahnt pl6tzlich" hereinbrechende Gefahr erfolgreich bek~mpfen zu k6nnen, macht es ihm zur selbstver- stgndlichen Pflieht, sein Wissen und K6nnen auf ein ideales HSehstmag zu treiben und es auf dieser HShe zu halten. Dazu braueht er abet neben eisener Energie und entsagungsfrohem Wollen aueh "die Hiife des Staates, der ihm die M6glichkeit zu soleher Ausbildung und jener Fortbildung geben mug. Staatsrat Conti hat es in seiner Wildbader Rede, die uns Geburtshelfer so sehr bewegt hat, ausgesproehen, dag es zur vornehmsten Aufgabe positiver BevSlkerungspolitik gehSrt, hochbef/~higte Geburts- helfer heranzubilden und auf der HShe ihrer Leistung zu erhalten. Dies geht nicht ohne Opfer. Aber w o e s datum geht, daft unser Volk allen feindlichen Gew~lten zum Trotz sich erhalten soll, da miissen eben Opfer gefordert und gebracht werden, und zwar yon allen, die es angeht: von den Frauen, die kinderreiehe Miitter werden und sein sollen, yon den

10 Er6ffnungs-Ansprache des I. Vorsitzenden G. A. Wagner, Berlin.

~rzten, die sie und ihre Kinder betreuen und sehiitzen sollen, und endlich yore Staat, der alle die Muttersehaft und den Kinderreiehtum fhrdernden Nial~nahmen gro2zfigig erweitert und vertieft. Wir Frauen/~rzte, denen eine heilige und wahrhaft sch~ne Aufgabe zugewiesen ist, sollen und wollen jedes Opfer an geistiger und khrperlieher Arbeit bringen und stehen so einsatzbereit hinter jenem groBen Manne, der das Wort gepr/~gt hat : ,,In meinem Staate ist die Mutter die wichtigste Staatsbfirgerin." Ihn grfii~en wir in Dankbarkeit mit dem Ruf:

Unser Ffihrer Adol[ Hitler, Sieg Heft!

Damit der Ffihrer yon dieser Kundgebung sogleich Kenntnis bekommt, bitte ich Sie, der Absendung folgenden Telegrammes zuzustimmen:

,,Die zu ihrer 25. Tagung im Langenbeek-Virchow-Haus in Berlin versammelten deutschen Frauen~rzte und Geburtshelfer gedenken in dankbarer Gefolgschaftstreue ihres Ffihrers. Sie versprechen, sieh bei Erffitlung der groSen Aufgaben insbesondere auf dem Gebiet der Bevhl- kerungspolitik, mit allen Kr/~ften einzusetzen. Gerade die deutschen Frauen/s ffihlen sich berufen, auf diesem Gebiete Ihre treuesten Heifer zu sein." (Lebhafter Beifall.)

Damit unsere Tagung einen wirklich brauchbaren Beitrag zum Wohle yon Frau und Volk beisteuere, haben wir getrachtet, die Besten zum Worte kommen zu lassen. Ich bin glficklieh darfiber, da$ es uns dank grol~zfigiger Hflfe der Regierung gelungen ist, f fir den in dieser Hinsieht besonders wichtigen Hauptbericht fiber die die Keimdrfisen steuernden Hormone der Hypophyse die erste Autorit/~t der Welt zu gewinnen, Herrn Prof. Earl T. Engle aus New York. Er ist nieht Gyn/~kologe, sondern Anatom und ein Mann, der sich mit sozialen Problemen be- sch~tftigt, die uns als Frauen/~rzten des neuen Deutschland besonders nahe- stehen. Er ist n~tmlieh der st~ndige Sekret~r des National Comittee on Maternal Health, der groSen amerikanisehen Organisation ,,Gesundheit der Mfitter". Auf unsere Bitte ist er mitten aus seiner Arbeit heraus hierher- gekommen, um naeh ErsSattung seines Referates mit dem n~chsten Sehiff wieder zu seiner Arbeit zurfiekzukehren. Ffir dieses Opfer danken wir ihmo

Herr Prof. Engle/ Ieh freue reich, Ihnen als Lohn ffir Ihre kamerad- sehaftliehe Einsatzbereitsehaft die Mitteflung maehen zu dfirfen, da$ Ihnen.eine besondere Auszeiehnung zuteil geworden ist. Der Pr~tsident des Deutschen Roten Kreuzes hat Ihnen mit Zustimmung des Ffihrers und Reichskanzlers die Erste Klasse des Ehrenzeichens des Deutschen Roten Kreuzes, eine hohe Auszeiehnung, verliehen. Ieh daft vor dieser feat- liehenYersammlung und in Gegenwart des geseh~ftsffihrenden Pr~sidenten des Deutsehen Roten Kreuzes Herrn Dr. Grawitz die Urkunde verlesen.

Ich bin beauftragt, Ihnen die Insignien des Ordens zu fiberreichen und beglfickwiinsche Sie herzlichst! (Lauter Beifall.)

Begriil~ungsansprachen Cropp u. Grote, Berlin. 11

Als Vertre~er des Herrn Reichs- und PreuBisehen Ministers des Innern und des Ministeriums ffir Wissenschaft, Erziehung und Volks- bfldung fibermittelt Herr Ministerialrat Dr." Cropp der Deutschen Gesellschaft ffir Gyn/~kologie die besten Wfinsche fiir einen erfolgreichen Yerlauf der Tagung.

Als Vertreter des Herrn Reichs/~rzteffihrers Dr. Gerhard Wagner spricht Herr Dr. Grote:

Herr President ! Meine Herren !

Ieh habe die Ehre, Sie namens des Reichs/~rzteffihrers, Dr. Wagner, anl~lich Ihres 25. Kongre~ses zu begrfiBen und Ihnen ffir Ihre Tagung die besten Wfinsche des Reichs/trzteffihrers zu fibermittein. Ich darf denselben aueh meinerseits hinzuffigen, dab ieh Ihnen ffir den Verlauf Ihrer Tagung einen vollen Erfolg wfinsehe.

Ich rue dies im besonderen MaBe, weft ieh iiberzeugt bin, dab gerade Ihrer Fachwissensehaft im Rahmen des gesamten Neuaufbaues besondere Aufgaben zugewiesen sind.

Es dr/s sich mir dabei die Worte auf, die der President der vorigen Tagung in der Hauptstadt der Bewegung in seiner Einfiihrtmgs- rede an die Spitze seiner Ausffihrungen setzte, als er in groBen Zfigen den Weg darstellte, den die deutsche GynKkologie yon ihren Anf/~ngen an gegangen ist. Ihr damaliger Pr/~sident, A. Mayer-Tfibingen, sah diesen Weg sieh in drei groBen Etappen vollenden, n/~mlieh 1. die organ- kranke Frau, 2. die kranke Frau als PersSnliehkeit an Leib und Seele, 3. dieFrau als Glied der Gesellschaft und Tr~gerin der Zukunft .

Wenn wir von diesen Etappen den Blick auf die Gegenwart zurfick- lenken, dann kfnnen wit sagen, dab es gewil~ ein welter, aber zielbewuBter Weg gewesen ist, den die deutsche Gyn/~kologie bis heute in ihrer wissen- schaftlichen Erkenntnis zurfickgelegt hat. Dieser grebe und weite Weg 1/iBt uns yon dem, was erreieht wurde, zurfickschauen auf die Wurze] dieser bedeutsamen Entwiektung.

Wenn wir nur daran denken, wie es uns A. Mayer vor 2 Jahren ebenfalls fibermittelt hat, dab bereits Hegar 1889 in einem Vortrag ,,Zur Entstehung und Verhiitung der Frauenkrankheite~" fiber die Be: deutung yon Alkohol und anderen Giften ffir den Nachwuehs sprach, fiber die Bedeutung yon Erbfehlern und die Gefahr, die darln liegt, wenn sieh diese durch vide Generationen hindurchziehen, so wird uns diese Entwicklung in vollem MaBe in ihrer ganzen Fortschrittliehkeit klar. Von ihm stammt das Wort, dab beim Weitergehen der Degeneration bald die eine H/~lfte des Volkes pflegt un4 die andere H/~lfte gepflegt wird; schon er stellte die Forderung auf, die Fortpflanzung der Minderwertigen zu unterdrficken , alles Probleme, die ebenso auch heute Themen auf einem KongreB darstellen k6nnten. Ja, wir m6chten glauben, in die aktuellsten

12 Begrtil~ungsanspr~ehen Cropp u, Grote, Berlin.

Probleme unserer Zeit hineingestellt zu sein, wenn Hegar in seinen Gedankeng/ingen fiber die Fortpflanzung der Minderwertigen bereits zu der Erkenntnis kam, dab die Behandlung mancher Kranken wertlos sei, da man besser die Grol~eltern hat te behandeln sollen. Wenn ferner Hegar immer wieder auf die Wiehtigkeit der Gattenwahl nach dem Gesiehtspunkte der Taugliehkeit zur Fortpflanzung hingewiesen hat, dann ist es yon diesen Forderungen, die aus Ihrer Mitre vor Jahrzehnten bereits erhoben wurden, nut ein Sehritt zu der groBen Erkenntnis, die wir heute an die erste Stelle gesetzt haben, daft die Zukunft unseres Volkes nur dann eine unendliche sein wird, wenn unser ganzes Bemfihen der Sehaffung eines erbm/~Ng wertvollen Naehwuchses gilt. Nehmen wir hierzu jene gr0ften Aufgaben, die wir uns auf dem Gebiet der Sehwan- gerschaftsunterbreehung und Unfruehtbarmaehung der Erbkranken aus gesundheitlichen Griinden gestellt haben, und denken wit hierbei auch an die yon der Reichs~rztekammer hierzu herausgegebenen Ri~chtlinlen, dann stehen wir mit ten in den Problemen, die uns heute zu tiefst be- wegen. All das sind nicht nur Fragen, die uns heute besonders stark berfihren und auch nicht nur Probleme, die entsprechend dem allgemeinen Fortschrit t der Erkenntnis sti~rker in den Vordergrund getreten sind, sondern wir haben vielmehr mit ihrer Erw/~hnung jene Grundforderung herausgestellt, die der neue Staat ffir die Sicherung und Gestaltung seiner Zukunft an die erste Stelle geriickt hat. Ich brauehe heute nieht im einzelnen auf die umfassenden Forderungen einzugehen, die als positive und negative MaBnahmen die grebe Grundlage der gesamten bevSlkerungs- und rassenpolitischen Zielsetzung des Dritten Reiehes darstellen. Wir wissen heute, dab nieht allein der Arzt und Wissensehaftler diese Probleme erkannt hat, sondern daft sie welt fiber diesen Kreis hinaus in das Bewuftt- sein eines ganzen Volkes eingedrungen sind. Daft aber es gelang, ein darniederliegendes Volk zu einem neuen Denken hinzufiihren, war allein mSglieh dureh die kompromiftlose Festigkeit der Weltansehauung des Nationalsozialismus, die den Mensehen dieses Volkes ein neues Ges ieht , einen neuen Glauben und auch ein neues Ideal gegeben hat, jene Welt- ansehauung, die zugleieh die Forderungen auf rassen- und bevSlkerungs- politisehem Gebiet zu ihrer Grundlage erhoben hat.

Auf eines aber lassen Sic mieh an dieser Stelle bei der ErSffnung Ihrer Tagung besonders hinweisen : daft und in wie s tarkem Mage gerade Sic als deutsche Gyn/~kologen auf Ihrem Faehgebiet eingeschaltet sind in die groften Aufgaben, die uns allen der Neuaufbau des Reiehes stellt. Daraus erhellt sowohl die ganze Gr61te der Aufgabe wie aber auch die ganze Sehwere der Verantwortung, die Ihnen und damit Ihrer Faehwissen- schaft fiir das biologisehe t~undament unseres deutschen Volkes zu- gewiesen ist. Wit alle sind stolz und glfieklieh dariiber, welehe Aufgaben der Ffihrer und Reiehskanzler dem deutsehen Arzt bei dem Neuaufbau des deutsehen Mensehen in die Hand gelegt hat. Wit alle wissen aber

I. Mitgliedervers~mmlung. ]3

auch aus der Gr6Be und Begeisterung fiir unser Arzttum heraus, wie sehr es gerade dem Arzt beschieden ist, einzuwirken nicht nur auf den gesund- heitlichen Zustand der lV[enschen, sondern vielmehr auch auf die Menschen- fiihrung iiberhaupt. Wenn sieh die I{eichs/~rztefiihrung die Aufgabe ge- stellt hat, einen Arztstand heranzubilden, der diesen groBen Aufgaben der Gesundheitsfiihrung in bestem Sinne gereeht wird, so sind wir uns in vollem Umfange dessen bewu6t, was gerade Sie auf Ihrem Faeh- gebiet zur Unterstiitzung dieser gro6en Aufgabe tun k6nnen. Ihnen ist es in besonderem Ma6e gegeben, auI die Frau als die Tr/~gerin der Zukunft unseres Volkes einzuwirken.

Wenn seitens der l~eiehs/~rztefiihrung immer wieder herausgestellt wird, dab es unsere erste Aufgabe sein muB, den Hausarzt wieder erstehen zu lassen, der durch Generationen hindureh eine Familie betreut und gewissermaBen mit ihr das Leben gemeinsam geht, dann soll dies gewiB nicht eine Minderachtung der Fachwissenschaften bedeuten. Sie diirfen im Gegenteil versichert sein, dab ieh nieht einen Augenbliek die gro6e Bedeutung der Faehdisziplinen verkenne, mehr noeh, dab ich der Auf- fassung bin, daB gerade Ihr Faeh eine jener groBen und starken S/~ulen darstellt, die deutsehes Arzt~um zu stiitzen und zu tragen berufen sind. Einmal wird die Bedeutung der Fachdisziplin immer in der fortsehreitenden Erkenntnis der Wissenschaft liegen; dann aber wird sie eine groBe Auf- gabe in der Hilfsstellung fiir den praktischen Arz~, den Hausarzt, haben, derart, dab die Erkenntnisse der Wissensehaft dem praktischen Arzt zur Verfiigung geste!lt werden. Diese Erkenntnisse dem praktischen Arzt zu vermit~eln, wird aueh eine der groBen Aufgaben sein, die gerade den wissensehaftlichen Gesellschaften und damit aueh Ihnen in Ihrem Faeh- gebiet obliegt. Sie wollen daraus in vollem Umfange die iiberragende Be- deutung und, wie ich noeh einmal unterstreichen mSehte, die groBe Verantwortung Ihrer Faehwissensehaft fiir das Fundament unseresReiehes ersehen, jenes Reiehes, das neu zu sehaffen dem Nationalsozialismus vor- behalten blieb, jenes t~eiehes, dessen Sicherung fiir die Zukunft nur ge- geben ist, wenn wir uns gemeinsam, jeder auf seinem Platze, zusammen- finden, den grandiosen Neubau, den wir miterleben diirfen, zu vollenden.

Ich bin fiberzeugt, dab aueh Sie zu Ihrem Tefl freudig hierzu bereit sind. In diesem Sinne daft ich Ihnen noeh emmal ftir den Verlauf Ihrer

Tagung den besten Erfolg wiinschen!

I. Mitgliederversammlung. Vorsitzender: 1. Ich er5ffne die I. Mitgliederversamralung mit der Totenehrung.

Wir haben den Tod von 28 Mitgliedern zu beklagen., Unter ihnen ist das Ehrenmitglied