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Heesch_a Juli | 2014 CO.med Erkrankungen, die sich in Ruhe verschlechtern Die Sympathikustherapie | Dr. med. Dieter Heesch und Dr. med. Heiner Steinrücken Vorgestellt wird ein System, das sich ähn- lich wie die TCM, Kinesiologie oder Homöo- pathie hervorragend als Basistherapie für eine naturheilkundliche Praxis eignet. Der Vorteil gegenüber den bekannten anderen Therapieformen ist die Sicherheit der Zu- ordnung von Erkrankung und Ursache. Das Ergebnis des therapeutischen Bemühens ist sofort überprüfbar, da der Ort von Dia- gnostik und Therapie identisch sind. Aus- reichend für die Anwendung der Sympathi- kustherapie (ST) sind Basiskenntnisse der Dornmethode. Zusätzlich wenden wir in unseren Praxen weitere sehr effektive Me- thoden wie die Mikropressur und Applika- tion von Dauernadeln an. Die Methode ist so einfach, weil nicht wie üblich direkt die Erkrankung, sondern die Ursache für deren Chronifizierung behan- delt wird. Wir haben herausgefunden, dass diese durch eine Dysfunktion der vegetati- ven Steuerung in Form eines erhöhten loka- len Sympathikotonus erzeugt wird. Dieser entsteht im Rahmen einer Wirbelblockie- rung durch eine mechanische Bedrängung des Sympathikus im Grenzstrang durch ei- nen nach ventral verschobenen Rippenkopf (oder das ISG oder das Kopfgelenk). Da der Sympathikus die Funktionen des ge- samten Körpers steuert, kann eine Störung sehr viele unterschiedliche und komplexe Fol- gen haben. Somit kann eine Irritation des Sympathikus eine Unzahl von Krankheiten auslösen. Die Beseitigung dieser durch eine mechanische Bedrängung erzeugten Irritation führt dann innerhalb sehr kurzer Zeit zu einer Linde- rung oder gar Heilung der Erkrankung. Wir sind mit der Sympathikustherapie in der La- ge, über 80 % der in unseren alternativmedi- zinisch ausgerichteten Praxen vorkommen- den Krankheiten aus dem gesamten Spek- trum der Medizin sanft, rasch und völlig ungefährlich erfolgreich zu behandeln. Die Schulmedizin konzentriert sich mittler- weile diagnostisch überwiegend auf die Messung entgleister biochemischer Vorgän- ge im Körper oder die bildliche Darstellung pathologischer Strukturen. Diese werden dann mit Pharmaka und / oder Operationen behandelt. Wirbelfunktionsstörungen sind nur zu tasten und weder labormedizinisch noch mit bildgebenden Verfahren erkenn- bar. Die Schulmedizin kann regionale Stö- rungen der vegetativen Regelungsvorgänge also nicht messen und ist somit blind für diesbezügliche Erkrankungen. Gerade Pati- enten mit vegetativ ausgelösten Syndromen erscheinen daher in großer Zahl in unseren alternativmedizinischen Praxen, die wir mit unserem Wissen um den Sympathikus rasch von ihren Beschwerden befreien können. Wesentlich für die Durchdringung dieser The- rapie ist die Akzeptanz der Verschlechterung in Ruhe als entscheidendes Krankheitskriteri- um. Für zahlreiche Erkrankungen hat dieses bis- her unbekannte Kriterium für die Diagnostik und die daraus folgende Therapie dieselbe Relevanz wie zum Beispiel Fieber oder Schmerz. Auffällig ist, dass die Ursache die- ser Erkrankungen (CTS, Wadenkrämpfe, Re- fluxösophagitis als Beispiele) bisher unge- klärt blieb und sowohl von Schul- als auch Komplementärmedizin nur schlecht behan- delbar war. Nach unseren Erfahrungen ist die Methode mit wesentlich größeren Aussichten erfolg- reich anwendbar, wenn man das zugrunde liegende System verstanden hat. Dieses wird nachfolgend beschrieben. Modell der vertebro-vegetativen Koppelung (MvvK) Da das MvvK die Behandlungsmaxime für die ST darstellt, soll es zum besseren Verständ- nis ausführlicher und am Beispiel des Mor- bus Sudeck erklärt werden: Die Erkrankung ist eine dystrophe Störung, die nach einer Verletzung entstehen kann. Die effektivste Therapie ist die Sympathi- kusblockade am Grenzstrang. Hierdurch wird offensichtlich, dass der Sym- pathikus ein sehr wesentliches Regulations- organ für die Trophik des Körpers darstellt und dass er über den Grenzstrang beeinfluss- bar ist. Eine symbiotisch-antagonistische Steue- rung durch den Parasympathikus erfolgt bis auf wenige Ausnahmen (Auge, Genitale) nur im Intestinum. Das Mesoderm (Muskulatur, Skelett, Adern) wird allein durch den Sym- pathikus gesteuert. Eine Regeneration des mesodermalen Gewe- bes findet nur statt, wenn der Sympathikus nicht aktiv ist. Eine Blockade mittels eines Lokalanästheti- kums kann nur einen aktiven Nerv ausschal- ten, nicht eine passiven. Daraus folgt zwangsläufig, dass die therapeutische Grenzstrangblockade beim M. Sudeck (und Zoster) nur dann sinnvoll ist, wenn man da- von ausgeht, dass der Sympathikus dauer- haft aktiv ist und sich deswegen in dem von ihm versorgten Gebiet dystroph auswirkt und Dauerschmerzen generiert. Was passiert mit dem Grenzstrang, wenn ein Brustwirbelkörper (BWK) isoliert ro- tiert? 1 Schon bei einer minimalen Rotation des Dornfortsatzes nach rechts wird die zugehö- rige rechte Rippe nach oben und vorne ge- schoben, so dass am Ansatz der Rippe am Wirbelkörper der Rippenkopf tendenziell aus dem Gelenk luxiert. Genau vor dem Rip- penkopf sitzt jedoch immer ein Ganglion des Grenzstrangs. Eine dem Bandscheibenvor- fall analoge Bedrängung des Grenzstrangs ist damit fast unumgänglich. Auch hier kann der Nerv der Raumforderung, analog zur Situation des somatischen Nervs beim Bandscheibenvorfall, wegen seiner Fi- xierung auf der Wirbelsäule durch eine feste Membran nicht ausweichen. Er wird sich so verhalten wie jeder irritierte Nerv und das ausführen, was er in der Ontogenese „ge- lernt“ hat: Ist er afferent, wird er vermit- teln, es gäbe die definierten Sensationen in der Peripherie, die er auch sonst anzeigt. Ist er efferent, wird er ohne Bedarf und kyber- 1 Dieser Vorgang ist auf youtube.com anschaulich in zwei Videos dargestellt: “Sympathikus-Therapie, Rip- penbewegung von hinten“ und “Sympathikus-Thera- pie, Rippenbewegung seitlich

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Heesch_a Juli | 2014 CO.med

Erkrankungen, die sich in Ruhe verschlechternDie Sympathikustherapie | Dr. med. Dieter Heesch und Dr. med. Heiner Steinrücken

Vorgestellt wird ein System, das sich ähn-lich wie die TCM, Kinesiologie oder Homöo-pathie hervorragend als Basistherapie füreine naturheilkundliche Praxis eignet. DerVorteil gegenüber den bekannten anderenTherapieformen ist die Sicherheit der Zu-ordnung von Erkrankung und Ursache. DasErgebnis des therapeutischen Bemühensist sofort überprüfbar, da der Ort von Dia-gnostik und Therapie identisch sind. Aus-reichend für die Anwendung der Sympathi-kustherapie (ST) sind Basiskenntnisse derDornmethode. Zusätzlich wenden wir inunseren Praxen weitere sehr effektive Me-thoden wie die Mikropressur und Applika-tion von Dauernadeln an.

Die Methode ist so einfach, weil nicht wieüblich direkt die Erkrankung, sondern dieUrsache für deren Chronifizierung behan-delt wird. Wir haben herausgefunden, dassdiese durch eine Dysfunktion der vegetati-ven Steuerung in Form eines erhöhten loka-len Sympathikotonus erzeugt wird. Dieserentsteht im Rahmen einer Wirbelblockie-rung durch eine mechanische Bedrängungdes Sympathikus im Grenzstrang durch ei-nen nach ventral verschobenen Rippenkopf(oder das ISG oder das Kopfgelenk).

Da der Sympathikus die Funktionen des ge-samten Körpers steuert, kann eine Störungsehr viele unterschiedliche und komplexe Fol-gen haben.

Somit kann eine Irritation des Sympathikuseine Unzahl von Krankheiten auslösen. DieBeseitigung dieser durch eine mechanischeBedrängung erzeugten Irritation führt danninnerhalb sehr kurzer Zeit zu einer Linde-rung oder gar Heilung der Erkrankung. Wirsind mit der Sympathikustherapie in der La-ge, über 80 % der in unseren alternativmedi-zinisch ausgerichteten Praxen vorkommen-den Krankheiten aus dem gesamten Spek-trum der Medizin sanft, rasch und völligungefährlich erfolgreich zu behandeln.

Die Schulmedizin konzentriert sich mittler-weile diagnostisch überwiegend auf dieMessung entgleister biochemischer Vorgän-ge im Körper oder die bildliche Darstellungpathologischer Strukturen. Diese werdendann mit Pharmaka und / oder Operationen

behandelt. Wirbelfunktionsstörungen sindnur zu tasten und weder labormedizinischnoch mit bildgebenden Verfahren erkenn-bar. Die Schulmedizin kann regionale Stö-rungen der vegetativen Regelungsvorgängealso nicht messen und ist somit blind fürdiesbezügliche Erkrankungen. Gerade Pati-enten mit vegetativ ausgelösten Syndromenerscheinen daher in großer Zahl in unserenalternativmedizinischen Praxen, die wir mitunserem Wissen um den Sympathikus raschvon ihren Beschwerden befreien können.

Wesentlich für die Durchdringung dieser The-rapie ist die Akzeptanz der Verschlechterungin Ruhe als entscheidendes Krankheitskriteri-um.

Für zahlreiche Erkrankungen hat dieses bis-her unbekannte Kriterium für die Diagnostikund die daraus folgende Therapie dieselbeRelevanz wie zum Beispiel Fieber oderSchmerz. Auffällig ist, dass die Ursache die-ser Erkrankungen (CTS, Wadenkrämpfe, Re-fluxösophagitis als Beispiele) bisher unge-klärt blieb und sowohl von Schul- als auchKomplementärmedizin nur schlecht behan-delbar war.

Nach unseren Erfahrungen ist die Methodemit wesentlich größeren Aussichten erfolg-reich anwendbar, wenn man das zugrundeliegende System verstanden hat. Dieseswird nachfolgend beschrieben.

Modell der vertebro-vegetativenKoppelung (MvvK)

Da das MvvK die Behandlungsmaxime für dieST darstellt, soll es zum besseren Verständ-nis ausführlicher und am Beispiel des Mor-bus Sudeck erklärt werden:

Die Erkrankung ist eine dystrophe Störung,die nach einer Verletzung entstehen kann.Die effektivste Therapie ist die Sympathi-kusblockade am Grenzstrang.

Hierdurch wird offensichtlich, dass der Sym-pathikus ein sehr wesentliches Regulations-organ für die Trophik des Körpers darstelltund dass er über den Grenzstrang beeinfluss-bar ist.

Eine symbiotisch-antagonistische Steue-rung durch den Parasympathikus erfolgt bisauf wenige Ausnahmen (Auge, Genitale) nurim Intestinum. Das Mesoderm (Muskulatur,Skelett, Adern) wird allein durch den Sym-pathikus gesteuert.

Eine Regeneration des mesodermalen Gewe-bes findet nur statt, wenn der Sympathikusnicht aktiv ist.

Eine Blockade mittels eines Lokalanästheti-kums kann nur einen aktiven Nerv ausschal-ten, nicht eine passiven. Daraus folgtzwangsläufig, dass die therapeutischeGrenzstrangblockade beim M. Sudeck (undZoster) nur dann sinnvoll ist, wenn man da-von ausgeht, dass der Sympathikus dauer-haft aktiv ist und sich deswegen in dem vonihm versorgten Gebiet dystroph auswirktund Dauerschmerzen generiert.

Was passiert mit dem Grenzstrang, wennein Brustwirbelkörper (BWK) isoliert ro-tiert? 1

Schon bei einer minimalen Rotation desDornfortsatzes nach rechts wird die zugehö-rige rechte Rippe nach oben und vorne ge-schoben, so dass am Ansatz der Rippe amWirbelkörper der Rippenkopf tendenziellaus dem Gelenk luxiert. Genau vor dem Rip-penkopf sitzt jedoch immer ein Ganglion desGrenzstrangs. Eine dem Bandscheibenvor-fall analoge Bedrängung des Grenzstrangsist damit fast unumgänglich.

Auch hier kann der Nerv der Raumforderung,analog zur Situation des somatischen Nervsbeim Bandscheibenvorfall, wegen seiner Fi-xierung auf der Wirbelsäule durch eine festeMembran nicht ausweichen. Er wird sich soverhalten wie jeder irritierte Nerv und dasausführen, was er in der Ontogenese „ge-lernt“ hat: Ist er afferent, wird er vermit-teln, es gäbe die definierten Sensationen inder Peripherie, die er auch sonst anzeigt. Ister efferent, wird er ohne Bedarf und kyber-

1 Dieser Vorgang ist auf youtube.com anschaulich inzwei Videos dargestellt: “Sympathikus-Therapie, Rip-penbewegung von hinten“ und “Sympathikus-Thera-pie, Rippenbewegung seitlich

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netische Rückkopplung regulativ oder ge-nauer dys-regulativ eingreifen.

Pathognomonisch:Verschlechterung in Ruhe

Warum entwickeln gerade ältere Frauennach einer Radiusfraktur einen M. Sudeck,der sie vor Schmerzen nicht schlafen lässt?Warum ist der Sympathikus im Fall von M.Sudeck und auch beispielsweise bei der Gür-telrose besonders in Ruhe und vor allem inder nächtlichen Ruhe aktiver als am Tag?

Bei einer dauerhaften Rotation eines ein-zelnen BWK im Sinne einer Blockierung wirddie Bedrängung des Grenzstrangs so langeandauern, wie die Blockierung besteht. Istsie ausreichend, Nervenanteile des sympa-thischen Grenzstrangs mechanisch zu irri-tieren, wird dieser – afferent oder efferent –sich durch eine dauerhafte Aktivität äu-ßern.

In bewegungsaktiven Phasen kommt es zuSituationen, in denen der Grenzstrang malmehr und mal weniger bedrängt wird. Wäh-rend der Ausatmung zum Beispiel kommt eszu einer Absenkung und relativem Rückzugder Rippe vom Grenzstrang. Diese minimalePhase scheint ausreichend für eine kurzfris-tige Erholung des Nervs zu sein.

In Ruhe, zum Beispiel in der Nacht, wenn dieBauchatmung überwiegt, kommt es zu nursehr geringen Rippenexkursionen. Dannwird der Grenzstrang vom blockierten Rip-penkopf dauerhaft bedrängt und der Sympa-thikus ständig lokal aktiviert, statt die indieser Zeit übliche Tonusabsenkung zu er-fahren. Die übliche nächtliche Regenerationder von ihm versorgten Region kann deswe-gen nicht erfolgen. Je nach Intensität derIrritation kommt es dann zur Dystrophie, dieim Extremfall sogar zu einem M. Sudeck füh-ren kann. So entstehen Heilungsstörungen,die eine Verletzung nicht regenerieren unddamit chronisch werden lassen (als Beispielsei hier die Chronifizierung einer Schulter-zerrung erwähnt).

Der vom MvvK beschriebene Mechanismusvermag die Zusammenhänge hinreichend zuerklären. Die durch eine von der Rippe deszweiten BWK ausgelöste irreguläre Sympa-thikusaktivität verursacht eine Dystrophieim Bereich des Handgelenks. Diese verhin-dert die Ausheilung der Fraktur. Der bei älte-ren Frauen häufig bestehende „Witwenbu-ckel“ ist dabei die anatomische Gegeben-

heit, die zur Bedrängung des Grenzstrangsdurch den Rippenkopf führt.

Grenzstrang-Bedrängung alspathogener Co-Faktor

Die von der dauerhaften Sympathikusirrita-tion ausgelöste Dystrophie kann bei einemkomplexen Krankheitsgeschehen auch einzusätzlicher Faktor sein, der wie das „Züng-lein an der Waage“ zur Überschreitung einerKrankheitsschwelle und damit zum Aus-bruch der Erkrankung führt. Wird ein Faktorbeseitigt, bleibt die Erkrankung eventuellunterschwellig (= latent). Bei eigentlich ge-neralisierten Erkrankungen wie einer Aller-gie führt die lokale Sympathikusirritationdann zur Festlegung der Region, in der dannzum Beispiel ein chronisches Ekzem auf demlatent dystrophen Hautareal ausbricht.

Pathognomonisch:regionale Begrenztheit

Die regionale Begrenztheit eines Syndromsist ebenfalls ein wichtiger pathognomoni-scher Hinweis auf die Möglichkeit einerSympathikusirritation im Grenzstrang.

Bei der Migräne beispielsweise scheint ne-ben vielen anderen Faktoren die Sympathi-kusirritation ein sehr dominanter Faktor zusein, da diese in über 90 % der Fälle mor-gens, also nach längerer Ruhephase aus-bricht. Das Kriterium Verschlechterung imLiegen oder Ruhe ist, wie oben ausgeführt,ebenfalls pathognomonisch für eine Sympa-thikusirritation. Wird die Frage nach derVerschlechterung durch Ruhephasen be-jaht, ist die Sympathikusirritation und da-mit die Möglichkeit eines Behandlungser-folges durch Manualtherapie sehr sicher unddeswegen die Migräne manualtherapeutischsehr erfolgreich zu behandeln.

Herpes zoster und afferenterSympathikus

Durch den Grenzstrang verläuft über den Ra-mus communicans albus eine afferente Ab-zweigung aus dem Rückenmark (von man-chen als afferenter Sympathikus bezeich-net). Diese kann ebenfalls durch eineRippenblockierung irritiert werden. Auchhier greifen, mechanisch bedingt, die pa-thognomonischen Kriterien regionale Be-grenztheit und Verschlechterung in Ruhe.

Parästhesien oder Schmerzen in den Extre-mitäten, die nicht den Dermatomen des so-matischen Nervensystems entsprechen (unddas ist wesentlich häufiger als umgekehrtder Fall), sind deswegen mit der Sympathi-kustherapie erfolgreich zu lindern.

Besonders Herpes zoster und Post-Zoster-Neuralgien, deren Symptome sich nicht nurin Ruhe verschlechtern, sondern sich auchdurch eine strenge regionale Begrenzungauszeichnen (Kopf, Thorax / Arme und Be-cken / Beine), sind sehr erfolgreich behan-delbar.2

Da HWS und LWS keine Strukturen aufweisen,die wie die Rippenköpfe den Grenzstrang be-drängen können, sind sympathogene Effektevon der LWS und HWS auch nicht auslösbar.

Das entspricht auch durchgehend unserenErfahrungen. Über die Behandlung der Kopf-gelenke oder des ISG konnten jedoch fastausnahmslos sympathogene Syndrome (sie-he obige pathognomonischen Kriterien) desKopfes oder des Beckens und der Beine ge-lindert werden. Die Kongruenz mit den re-gionalen Präferenzen des H. zosters ist da-bei auffällig.

ISG und Kopfgelenke

Die anatomische Situation an Kopfgelenkund ISG vermag die Bedrängung des Grenz-strangs nicht so offensichtlich zu erklären,wie es bei den Rippengelenken der Fall ist.Deshalb betrachten wir das MvvK, wie in derEinleitung schon erwähnt, vorerst als proto-typisch. Die therapeutischen Erfahrungenmit Kopfgelenken und ISG auch bei der Be-handlung des Zosters sowie dessen Ausbrei-tungspräferenzen legen jedoch den begrün-deten Analogieschluss nahe, dass das Os oc-ciput und das Os ileum als Rippenanalogonzu interpretieren sind, die ebenfalls denGrenzstrang mechanisch zu bedrängen ver-mögen.

Dauerschmerzen

Der Dauerschmerz – allgemein als autono-me „Schmerzkrankheit“ bezeichnet – ist je-doch nicht einer Irritation des afferenten,

2 Vgl. hierzu den Artikel „Die manualtherapeutischeBehandlung von Zoster und Postzosterneuralgie“ in„Manuelle Medizin“ 50:485–492

Heesch_c Juli | 2014 CO.med

sondern des efferenten Sympathikus zuzu-ordnen. Neben der dystrophen Funktion sti-muliert eine dauerhafte Produktion vonNoradrenalin an den sympathischen Ner-venendigungen Alpha-Rezeptoren des so-matischen Nervensystems. Der M. Sudeckwird auch Algodystrophie oder komplexesregionales Schmerzsyndrom (Complex re-gional pain syndrome, CRPS) genannt. Dasich die Symptomatik auch hier in Ruhe ver-schlechtert, erfüllt das CRPS genau die Kri-terien für die Anwendung des MvvK: regio-nal und Verschlechterung in Ruhe. DieSchmerzkrankheit wäre damit eine Minor-form des M. Sudeck. Wird die Sympathiku-sirritation behoben, ist nach unseren fast

30-jährigen Erfahrungen auch die Schmerz-krankheit sofort verschwunden. Diese hatalso immer ein anatomisches Substrat undist niemals autonom.

Therapeutische Anwendung

Eine die Erkrankung beeinflussende psychi-sche Komponente kann bei den sympatho-gen generierten Erkrankungen vernachläs-sigt werden, da die Beschwerden überwie-gend in Ruhe auftreten. Der Patientbekommt zum Beispiel während des Fernse-hens, also einer eher entspannten Situati-on, Herzrhythmusstörungen oder Schmer-

zen in der Schulter. Hier ist schwerlich einsekundärer Krankheitsgewinn zu erzielen,sondern eher das Gegenteil.

Das Erfragen psychischer Faktoren ist des-wegen bei eindeutig dem oben beschriebe-nen Wirkmodell zuzuordnenden Erkrankun-gen primär vernachlässigbar. Erst wenn dieBehandlung eine nur unzureichende Verbes-serung des Leidens bringt, ist die Erfor-schung weiterer und nicht nur psychischerFaktoren sinnvoll.

Dadurch ist die Sympathikustherapie über-aus zeitökonomisch und kann auch in einekassenärztliche Praxis integriert werden.

Liegen die Voraussetzungen für die An-wendung der ST (Verschlechterung imLiegen oder Ruhe) vor, dann reduziertsich die Anamnese auf zwei Fragen:

1. Wo sind die Beschwerden?

2. Liegt eine Kontraindikation gegen dieManualtherapie (z. B. Osteoporose, Kno-chenmetastasen) vor?

Die körperliche Untersuchung ist einfach undvorgegeben, da nur das den Grenzstrang be-drängende Gelenk und nicht die Erkrankungbehandelt wird. Orientierung bietet die anlei-tende Kartografie (Abb. 1).

Thesen

Nach fast 30 Jahren Erfahrungen mit die-sem System (Heesch, Allgemeinmedizin)und einer über fünfjährigen Überprüfungdieser Erfahrungen (Steinrücken, Ortho-pädie) wagen wir folgende Thesen aufzu-stellen:

1. Das Modell der vertebro-vegetativenKoppelung ist mit sehr hoher Wahr-scheinlichkeit die Erklärung für die Ent-stehung insbesondere vieler Erkrankun-gen, von denen die Schulmedizin nichtweiß, warum sie entstehen. Wo also dieFrage nach dem „Warum“ offen bleibt.

2. Ohne Erklärungsmöglichkeit der Ursa-che kann eine Therapie nur symptoma-tisch bleiben (z. B. mit Diclofenac oderCortison).

3. Gerade diese Patienten kommen in unse-re alternativen Praxen und wir könnensie mit der Sympathikustherapie jetztkausal behandeln.

Abb. 1: ???

nadja.schmidt
Hervorheben

CO.med Juli | 2014 Heesch_d

Literaturhinweis

4. Denn Wirbelblockierungen, die eine me-chanische Bedrängung des Grenzstrangszur Folge haben, können diese Krankhei-ten über eine Sympathikusirritationselbst oder als Co-Faktor verursachen.Das gilt besonders, wenn die Krankhei-ten regional begrenzt sind, und immer,wenn sie sich in Ruhe verschlechtert.

5. Die durch die regionale Sympathikusirri-tation in der Peripherie entstehendeMangelsituation erklärt, warum aus ei-ner akuten Verletzung eine chronischeErkrankung werden kann. Wird die Wir-belblockierung als Ursache für die Chro-nifizierung aufgehoben, kann die Er-krankung ausheilen.

6. Damit bedarf es in diesem Fall keineraufwändigen lokalen Therapie am Ortder Erkrankung, sondern nur einer Been-digung der Sympathikusirritation. Dasgeschieht durch die Lösung der denGrenzstrang bedrängenden Blockierung.Die immer gleiche Zuordnung von Blo-ckierung und Region der Sympathikusir-ritation ist in einer Kartografie darge-stellt. Eine aufwändige Suche und The-rapie von Schmerzpunkten ist damitüberflüssig.

7. Auch bisher generell einem Bandschei-benvorfall zugesprochene Parästhesienund Schmerzen zum Beispiel in den Ar-men werden überwiegend jedoch von Ir-ritationen sensibler Nerven ausgelöst,die den Grenzstrang passieren. Sind dieSyndrome nicht entlang der bekanntenDermatome zu finden, sind sie im Be-reich des Armes immer durch eine Ma-nualtherapie der BWS erfolgreich zu be-handeln

8. Von Blockierungen der BWS gehen diemeisten internistischen Erkrankungenaus, die mit der Sympathikustherapiebehandelbar sind. Die Dorntherapie hatsich für uns zumindest im Bereich derBWS als erfolgreichste manualtherapeu-tische Methode herausgestellt. Da diesefür Laien konzipierte Methode schnell zuerlernen und ungefährlich ist, sollten al-le alternativmedizinisch arbeitendeTherapeuten in der Lage sein, die Sym-pathikustherapie ohne viel Aufwand zubeherrschen.

9. Auch die zusätzlichen Methoden wieMikropressur und Akuperm (Therapiemit Dauernadeln am Reflexpunkt) sindsanft, ungefährlich, sehr effektiv und

besonders nachhaltig. Diese Methodenbedürfen bei Therapeuten, die es ge-wohnt sind, über Mikrosysteme zu be-handeln, keiner besonderen Ausbildung.

10. Unseren aufrechten Gang und die zivili-satorisch bedingte tendenzielle Befrei-ung von körperlichen Belastungen müs-sen wir teuer bezahlen, da die Spontan-lösungen von Wirbelblockierungen, dieaufgrund komplexer Bewegungsmusterbei Vierbeinern noch auftreten, zuneh-mend fehlen. Weiterhin geht durch Re-duzierung der körperlichen Belastung(Bürotätigkeit statt Tragen) der wesent-liche Stimulus zur Aufrichtung und Sta-bilisierung der Wirbelsäule verloren. Dieder Sympathikustherapie hervorragendzugänglichen Erkrankungen sind deswe-gen als Zivilisationserkrankungen zu be-zeichnen und werden immer häufiger.(Auch das heute relativ zu früher mas-senhafte Auftreten der Refluxösophagi-tis interpretieren wir so.)

11 In der Sympathikustherapie wird die ma-nuelle Therapie mit vielen anderen Fach-gebieten wie Innere Medizin, Dermato-logie, Neurologie, Augenheilkunde, HNOund Orthopädie zu einem Ganzen ver-bunden.

Schlussbetrachtungen

Das Wesentliche ist immer einfach, sagtman. Warum sind oben beschriebene Er-kenntnisse trotz ihrer Einfachheit nicht inder Medizin bekannt?

Jede Zeit hat ihre Krankheiten. Ganz beson-ders durch die ausgezeichneten modernenMöglichkeiten von Diagnostik und Therapiewerden neue Krankheiten kreiert („DiseaseMongering“) oder sie bekommen einen ir-realen Stellenwert wie z. B. die COPD. Oderin der Behandlung des Diabetes, der trotzfast völliger Insuffizienz der therapeuti-schen Bemühungen die Praxen mit Krankenfüllt.

Zu Anfang unseres Studiums wurden chroni-sche Kreuzschmerzen nur in 1 % der Fällemit einem Bandscheibenvorfall in Verbin-dung gebracht. In Zeiten der kernspin-be-dingten „Imagomanie“ ist diese Korrelationauf 10 % gestiegen. In diesem Tohuwabohukann sich nur derjenige sicher zurechtfin-den, der genau zuhört, sich auf seine Sinneverlässt und hier besonders auf den mittler-weile völlig vergessenen Tastsinn. (Über-

dies: Fast alle Bandscheibenvorfälle ma-chen durchschnittlich nur ca. drei MonateBeschwerden und werden dann vom Körper„vergessen“, auch wenn sie in der Bildge-bung noch sichtbar sind. Das lässt sichdurch klinische Tests klar zeigen.)

Wie kann man davon ausgehen, eine richtigeDiagnose gestellt zu haben, wenn ein Sinnvöllig außer Acht gelassen wird?

Da der Körper bei fast jeder Krankheit in sei-nen Somatotopien oder sonstigen Reflex-punkten zu 100 % eine Aussage über eineregionale pathologische Veränderung zu-lässt (Gleditsch), erlaubt er auch auf ganzdirektem Wege eine akkurate Diagnostik.Weiterhin ist bei der Körpertherapie der Ortvon Diagnostik und Therapie identisch, so-dass wir keine fehlerbehafteten „Surrogat-parameter“ (= Ersatzwerte, die nur analogeund keine direkten Schlüsse zulassen) ausanderen Informationssystemen wie Puls-qualität, Liquorpulsationen oder Muskel-schwächung beachten müssen. Und wir kön-nen am Ort von Therapie und Diagnostikauch sofort den Erfolg der Therapie überprü-fen. Ein besseres System gibt es u. E. in dergesamten Medizin nicht.

Wer sich von den Vorgaben der Sympathi-kustherapie und seinem Tastsinn leitenlässt, wird erfolgreich sein wie nie zuvor undjeden Tag wieder beglückt sein, vielen Pati-enten sehr nachhaltig geholfen zu haben.So jedenfalls ergeht es uns beiden durchge-hend in unseren Praxen und wir sind davonderart begeistert, dass wir die Sympathikus-therapie allen alternativmedizinisch arbei-tenden Therapeuten gerne vermittelnmöchten. Denn dank der herrschenden Ver-irrung der Schulmedizin gibt es überreich-lich zu tun.

Heesch, Dieter; Steinrücken, Heiner: Sympathikustherapie– Die Wirbelsäule im Zentrum der Medizin. Heestein Ver-lag, Heidelberg, 2013

Heesch_e Juli | 2014 CO.med

Seit 28 Jahren als Arzt für Allgemein-medizin, Naturheilverfahren, Sportme-dizin, Chirotherapie und Akupunkturniedergelassen in Dassendorf bei Ham-burg. Regelmäßige Referententätigkeitauf Naturheilkongressen und Semina-ren für Heilpraktiker seit 12 Jahren mitden Themen Mikropressur und Sympa-thikustherapie.

Kontakt:www.sympathikus-therapie.dewww.sympathofit.de

Dr. med. Dieter Heesch

1999 Niederlassung als Arzt für Physi-kalische und Rehabilitative Medizin(Kassenpraxis) und als Orthopäde (Pri-vatpraxis). Ausbildung in Akupunktur,Chirotherapie, Osteopathie, Orthopädi-sche Magnetresonanztomografie, Re-habilitationswesen. Seit ca. 1985 Ärzt-licher Leiter an verschiedenen Institu-tionen in der Ausbildung zur ManuellenMedizin in der Physiotherapie, Kursezur Beurteilung von Röntgenbildern.Seit 2009 gemeinsame Entwicklung derSympathikustherapie mit Dr. DieterHeesch. Seit 2011 Lehrer in der Ausbil-dung zum Sektoralen Heilpraktiker inder Physiotherapie, Lehrgangsleiter inSympathikustherapie.

Kontakt:www.sympathikustherapie.de

Dr. med. Heiner Steinrücken