einfluss rheologischer eigenschaften auf das schäumverhalten von
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Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten
von Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur
Der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
zur Erlangung des Grades
DOKTOR-INGENIEUR
vorgelegt von
Jens Stange
Erlangen - 2006
Als Dissertation genehmigt von
der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
Tag der Einreichung: 23.01.2006
Tag der Promotion: 31.03.2006
Dekan: Prof. Dr.-Ing. A. Leipertz (Universität Erlangen-Nürnberg)
Berichterstatter: Prof. Dr. rer. nat. H. Münstedt (Universität Erlangen-Nürnberg)
Prof. Dr.-Ing. V. Altstädt (Universität Bayreuth)
i
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Zielsetzung 1 2 Polymerschäume und Schaumextrusion 4 2.1 Einteilung der Polymerschäume 4 2.2 Herstellung von Polymerschäumen 5
2.2.1 Der Schaumextrusionsprozess 6
2.2.2 Einflussfaktoren auf die Schaumbildung im Extrusions-
Prozess 7
2.3 Die Theorie der Schaumbildung 8 2.3.1 Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung 9
5.2.1.1 Löslichkeit von Gasen in Polymeren 11
5.2.1.2 Diffusion von Gasen in Polymeren 12
2.3.2 Zellnukleierung 13
5.2.1.1 Homogene Nukleierung 13
5.2.1.2 Heterogene Nukleierung 15
2.3.3 Zellwachstum 16
2.3.4 Schaumstabilisierung 21
2.4 Schäumverhalten von Polypropylenen 23
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung 30 3.1 Untersuchte Polypropylene 30
3.1.1 Herstellung von Blends aus linearem und langkettenverzweigtem
Polypropylen 31
3.1.2 Herstellung langkettenverzweigter Polypropylene über
Elektronenbestrahlung 31
3.2 Analyse des molekularen Aufbaus 32 3.2.1 Gelpermeationschromatographie mit angeschlossener
Vielwinkellichtstreuung 33
3.2.2 Molmassenverteilung 35
3.2.3 Langkettenverzweigungen 41
3.2.4 Zusammenfassung 48
3.3 Analyse des Schmelz- und Kristallisationsverhaltens 49 3.3.1 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der Blends 49
3.3.2 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der anderen untersuchten
Polypropylene 52
ii
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene 53 4.1 Rheologische Charakterisierungsmethoden 54
4.1.1 Rheologische Charakterisierung unter Scherbeanspruchung 54
4.1.2 Rheologische Charakterisierung unter Dehnbeanspruchung 58
4.2 Rheologische Eigenschaften in Scherströmung 60 4.2.1 Untersuchungen zur thermischen Stabilität 60
4.2.2 Dynamische Viskositätsfunktionen 64
4.2.3 Fließaktivierungsenergien 67
4.2.4 Nullviskositäten 69
4.2.5 Zusammenfassung 74
4.3 Rheologische Eigenschaften in uniaxialer Dehnströmung 76 4.3.1 Dehnrheometer und Probenvorbereitung 76
4.3.2 Spannversuche in uniaxialer Dehnung 80
4.3.3 Homogenität der Verformung 91
4.3.4 Zusammenfassung 94
4.4 Rheologische Eigenschaften in biaxialer Dehnströmung 96 4.4.1 Beschreibung des Rheometers und Probenvorbereitung 96
4.4.2 Spannversuche in biaxialer Dehnung 97
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene 99 5.1 Schäumapparatur und Verfahrensablauf 99
5.1.1 Aufbau und Funktionsweise der Schäumapparatur 99
5.1.2 Verfahrensablauf beim Schäumen mit chemischem Treibmittel 100
5.1.3 Verfahrensablauf beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel 102
5.1.4 Methoden der Schaumanalyse 103
5.2 Schäumversuche mit chemischem Treibmittel 105 5.2.1 Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 106
5.2.1.1 Untersuchungen bei einer Aufschmelztemperatur
von 200 °C 106
5.2.1.2 Untersuchungen bei einer Aufschmelztemperatur
von 180 ° 117
5.2.2 Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 121
5.2.3 Lineare Polypropylene mit unterschiedlicher gewichtsmittlerer
Molmasse 125
5.2.4 Elektronenbestrahlte Polypropylene 129
5.2.5 Hochschmelzefeste Polypropylene mit einer hochmolekularen
Komponente 133
iii
5.2.6 Korrelationen zwischen rheologischen Eigenschaften und dem
Verarbeitungsverhalten beim Schäumen mit chemischem Treibmittel 136
5.2.7 Zusammenfassung 145
5.3 Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel 148 5.3.1 Voruntersuchungen zum Einfluss der Prozessparameter 148
5.3.2 Schäumversuche an den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 154
5.3.3 Zusammenfassung 158
5.4 Schäumversuche an einer Technikumsanlage 159 5.4.1 Aufbau der Technikumsanlage und Vorgehensweise 159
5.4.2 Schäumversuche und Analyse der Schaumstruktur 160
5.4.3 Zusammenfassung 166
6 Zusammenfassung und Ausblick 167
7 Summary 171
Anhang A Verwendete Symbole und Abkürzungen 175 B Zeitabhängige Dehnkurven der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 180 C Abhängigkeit der Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen vom Druck und von der Temperatur 181 D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten von Azodicarbonamid 183 E Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel 185 F Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel 188 G Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche an der Technikumsanlage 190
Literaturverzeichnis 191
iv
1 Einleitung und Zielsetzung
1
1 Einleitung und Zielsetzung
Polymerschäume finden eine breite Anwendung in vielen Industriezweigen. Die wichtigsten
Einsatzbereiche von geschäumten Polymeren liegen im Bausektor, in der
Verpackungsindustrie, im Automobilbau sowie im Haushaltswaren- und Möbelbereich [De
Walque 1997]. Der Verbrauch an geschäumten Polymeren ist in den letzten Jahren
kontinuierlich gestiegen, mit jährlichen Wachstumsraten im Bereich von 3 - 5 % [Freedonia
Group 2001, VDI 2000]. Im Jahr 1999 lag der Anteil der Polymerschäume an der
Gesamtmenge der in Westeuropa hergestellten Polymeren bei 9 Gew.-%, was aufgrund der
wesentlich niedrigeren Dichte der Schaumstoffe einem geschätzten Volumenanteil von etwa
50 % entspricht [Altstädt 2000]. Die Gründe für die gute Marktposition der Polymerschäume
und die hohen Zuwachsraten liegen neben der Gewichtsreduzierung und Kosteneinsparung
insbesondere in den speziellen Eigenschaften der Schaumstoffe, die aufgrund der
zweiphasigen Struktur aus polymerer Matrix und eingebrachtem Gas entstehen und von
Kompaktmaterialien nicht erreicht werden. Hierzu zählen die geringe Wärmeleitfähigkeit, die
hohe Schalldämpfung, die niedrige elektrische Permittivität und die hohe mechanische
Dämpfung.
Den Großteil der hergestellten Polymerschäume stellen dabei die klassischen Schaumstoffe
aus Polystyrol (PS) und Polyurethan (PUR). In den letzten Jahren zeigte sich jedoch auch
ein wachsendes Interesse an Schäumen aus anderen Polymeren. Eine zunehmend wichtige
Rolle spielen hierbei die Polypropylenschäume, die ein hohes Anwendungspotential
insbesondere im Automobilbau besitzen [VDI 2000]. Polypropylen (PP) weist im Vergleich zu
Polystyrol und Polyethylen (PE), welche die Hauptkonkurrenzprodukte für den Einsatz von
geschäumtem PP sind, vorteilhafte Eigenschaften auf. PP besitzt eine geringere Dichte und
eine höhere Temperaturbeständigkeit als beide Konkurrenzprodukte, eine größere Festigkeit
als PE und gegenüber PS eine bessere Chemikalienbeständigkeit und eine höhere
Schlagzähigkeit [Park und Cheung 1997].
Die Endeigenschaften des Polymerschaums werden außer von den Eigenschaften der
Matrix sehr stark durch die Schaumstruktur (offenzellig, geschlossenzellig) und -morphologie
(Zellgröße und Zellgrößenverteilung) beeinflusst. So weisen Schäume mit einer größtenteils
geschlossenzelligen Struktur u.a. eine niedrige Wärmeleitfähigkeit und eine hohe
mechanische Dämpfung auf, während sich offenzellige Schäume u.a. durch eine gute
Schalldämpfung und eine hohe Permeabilität für Gase und Dämpfe auszeichnen. Kleinere
Zelldurchmesser führen u.a. zu einer höheren Zugfestigkeit, einer größeren Bruchdehnung
und einer höheren mechanischen Dämpfung.
Da die Schaumstruktur während des Herstellungsprozesses des Schaums ausgebildet wird,
hat dieser einen entscheidenden Einfluss auf die Endeigenschaften des Schaums. Ein
weitverbreitetes Verarbeitungsverfahren zur kontinuierlichen Herstellung von
1 Einleitung und Zielsetzung
2
Polymerschäumen ist die Schaumextrusion. Die Schaumbildung bei der Schaumextrusion
erfolgt durch das Lösen eines direkt zugegebenen oder von einem Treibmittel freigesetzten
Gases in der Polymerschmelze unter hohem Druck, die Nukleierung von Gasblasen (Zellen)
durch die Freisetzung des gelösten Gases aufgrund des schnellen Druckabfalls bei der
Extrusion durch die Düse des Extruders, das Anwachsen der Zellen durch Diffusion des
nach und nach freigesetzten Gases in die gebildeten Zellen und die Fixierung der
Schaumstruktur durch Abkühlung des Extrudates unter die Kristallisationstemperatur bzw.
die Glastemperatur des Polymers. Beim Aufschäumen des Extrudates nach dem Verlassen
der Düse dehnen sich die Schaumzellen sehr stark aus, wobei auf die Polymerschmelze in
den Zellwänden eine hohe biaxiale Dehnbeanspruchung wirkt. Deshalb ist der
Schaumbildungsprozess ähnlich wie das Folienblasen, das Tiefziehen oder der
Thermoformprozess sehr stark von dem Fließverhalten der Polymerschmelze unter
Dehnbelastung beeinflusst. Während für die anderen genannten Verarbeitungsprozesse
bereits intensive Untersuchung zur Korrelation des dehnrheologischen Verhaltens mit dem
Verarbeitungsverhalten durchgeführt wurden, gibt es bisher nur sehr wenige
Untersuchungen zur Abhängigkeit des Schaumbildungsprozess von dem Fließverhalten
unter Dehnbelastung.
Der starke Einfluss des Dehnverhaltens der Polymerschmelze auf das
Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung wird insbesondere bei
Polypropylenschäumen deutlich. Aus verschiedenen Untersuchungen ist bekannt, dass beim
Verschäumen von konventionellem linearem PP bereits bei geringen Aufschäumgraden ein
Aufreißen der Zellwände erfolgt, wodurch es zu Zellvereinigungen und
Zellzusammenbrüchen kommt. Diese wirken sich negativ auf die Endeigenschaften aus und
verhindern eine weitere Expansion des Schaums, da ein Großteil des Gases in die
Umgebung entweichen kann. Der Grund für das Aufreißen der Zellwände während des
Zellwachstumsprozesses ist die geringe Schmelzefestigkeit1 des linearen Polypropylens. In
der Literatur sind verschiedene Methoden beschrieben, um die Schmelzefestigkeit von
Polypropylen durch Veränderung der molekularen Struktur zu erhöhen. Hochschmelzefeste
Polypropylene (engl. high melt strength polypropylenes – kurz HMS-PP) können z. B. über
die Einbringung von Langkettenverzweigungen oder den Einbau einer hochmolekularen
Komponente erzeugt werden. In ersten Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass
das bei linearem PP auftretende Aufreißen der Zellwände während der Schaumexpansion
durch die höhere Schmelzefestigkeit der HMS-PP verhindert wird. Somit entsteht eine
homogenere Zellstruktur, und größere Dichtereduzierungen werden möglich [z.B. Phillips et
al. 1992]. Die genauen Zusammenhänge zwischen dem molekularen Aufbau bzw. der 1 Als Schmelzefestigkeit wird die maximale Kraft bzw. Spannung bezeichnet, welche auf eine extrudierte Polymerschmelze während einer Dehnbeanspruchung aufgebracht werden kann [Muke et al. 2001].
1 Einleitung und Zielsetzung
3
molekularen Struktur der Polymermoleküle, den rheologischen Eigenschaften der
Polymerschmelze und dem Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung sowie den
Endprodukteigenschaften sind bisher noch weitgehend unbekannt. Die Kenntnis dieser
Zusammenhänge würde die gezielte Anpassung der molekularen Struktur an die
Anforderungen der Produktion und an die gewünschten Eigenschaften des Schaums
ermöglichen.
In der vorliegenden Arbeit sollen deshalb rheologische Eigenschaften und das
Schäumverhalten von Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur untersucht
werden. Für die Untersuchungen werden verschiedene lineare Polypropylene und
kommerzielle hochschmelzefeste Polypropylene eingesetzt. Zur weiteren Variation der
molekularen Struktur werden Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen
hergestellt. Schließlich werden zwei langkettenverzweigte Laborprodukte einbezogen, die
über die gezielte Elektronenbestrahlung eines kommerziellen linearen Polypropylens erzeugt
wurden. Die genaue Analyse des molekularen Aufbaus und der molekularen Struktur erfolgt
mittels Gelpermeationschromatographie mit gekoppelter Vielwinkellichtstreuung. Einen
Schwerpunkt der Arbeit stellen die rheologischen Untersuchungen der
Polypropylenschmelzen in Scher- und Dehnströmungen dar. Da im Schaumbildungsprozess
eine ausgeprägte Dehnbeanspruchung der Polymerschmelze erfolgt, soll insbesondere
untersucht werden, wie die dehnrheologischen Eigenschaften durch Variation der
molekularen Struktur verändert werden können und welche Auswirkungen diese Änderungen
auf das Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung haben.
Zur Herstellung von Polymerschäumen im Labormaßstab wird ein Kapillarrheometer in eine
Schäumapparatur umgebaut, mit der sowohl das Schäumen mit chemischen als auch mit
physikalischen Treibmitteln möglich ist. Die Verfahrensweise der Schaumherstellung ähnelt
der Schaumextrusion, wobei die Zumischung von Treibmittel und anderen Zuschlagstoffen
aufgrund der fehlenden Schneckeneinheit in einem vorherigen Mischprozess erfolgt. Anhand
von Schäumversuchen an den Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur soll
der Einfluss der Materialparameter und insbesondere des Fließverhaltens der Polypropylen-
schmelzen auf das Aufschäumverhalten und die Schaumstruktur analysiert werden.
Abschließend wird überprüft, ob die an der Schäumapparatur gefundenen Erkenntnisse auf
eine Technikumsanlage zur Schaumfolienextrusion übertragen werden können.
Wenn es auf diese Weise gelingt, den molekularen Aufbau der Polypropylene und deren
rheologische Eigenschaften mit dem Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung zu
korrelieren, ergeben sich erhebliche Erleichterungen in der gezielten Entwicklung und
Optimierung von Polypropylenen für die Anwendung in geschäumter Form.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
4
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
Polymerschäume sind zweiphasige Systeme aus einer thermoplastischen, elastomeren oder
duroplastischen Polymerphase und einer Gasphase [Frisch und Sounders 1972]. Da sich die
Eigenschaften der Gasphase drastisch von den Eigenschaften der Polymerphase
unterscheiden, weisen die Polymerschäume einzigartige Eigenschaften auf, die weder von
kompakten Polymeren noch von anderen mehrphasigen Systemen auf Polymerbasis wie
Polymerblends oder Polymerverbunden erreicht werden. Am deutlichsten wird dieser Effekt
bei der Betrachtung des Gewichtes bzw. der Dichte. Durch die Einbringung der Gasphase in
die Polymermatrix kann die Dichte im Vergleich zum Kompaktmaterial um bis zu Faktor 100
reduziert werden. Dies führt neben der Gewichtseinsparung auch zu einer signifikanten
Materialeinsparung und somit zu einer Kostenreduktion. Ähnlich vorteilhafte Eigenschaften
der Gase, die sich positiv auf das Verhalten der Polymerschäume auswirken, sind die sehr
niedrige Wärmeleitfähigkeit, der große elektrische Widerstand und die hohe
Komprimierbarkeit. Nachteilig ist insbesondere, dass sich durch die Gasphase die
mechanischen Eigenschaften der Polymerschäume wie z. B. E-Modul oder Zugfestigkeit im
Vergleich zum ungeschäumten Polymer stark verringern.
2.1 Einteilung der Polymerschäume
Ähnlich wie die kompakten polymeren Werkstoffe werden die Polymerschäume anhand des
Matrixmaterials in thermoplastische, elastomere und duroplastische Schäume unterschieden.
Duroplastische Schaumstoffe sind durch einen hohen Verformungswiderstand, eine geringe
Elastizität und eine hohe Steifigkeit gekennzeichnet. Sie zählen zu den harten
Schaumstoffen, die auch als Hartschaum bezeichnet werden. Besteht die Matrix des
Polymerschaums aus einem Elastomer, entstehen weiche Schaumstoffe (Weichschaum), die
einen geringen Verformungswiderstand, eine niedrige Steifigkeit und eine sehr gute
Verformbarkeit aufweisen. Bei den amorphen Thermoplasten hängen die mechanischen
Eigenschaften des Schaums davon ab, ob sie im Einsatztemperaturbereich oberhalb oder
unterhalb der Glasübergangstemperatur vorliegen. Oberhalb der Glasübergangstemperatur
verhalten sich die amorphen Thermoplastschäume wie weiche und unterhalb wie harte
Schaumstoffe. Schäume aus teilkristallinen Thermoplasten zählen in der Regel zu den
Hartschaumstoffen, wobei die Härte vom Kristallisationsgrad bestimmt wird.
Ein weiteres Einteilungskriterium für Polymerschäume stellt die Zellstruktur dar. Je nachdem,
ob die Poren miteinander verbunden oder voneinander durch eine geschlossene
Polymerwand getrennt sind, werden die Schaumstoffe als offenzellig oder geschlossenzellig
bezeichnet. Die Porenstruktur hat neben den Eigenschaften der Polymermatrix einen
entscheidenden Einfluss auf die Endeigenschaften der Polymerschäume [siehe z.B. Menges
1990, Salamone 2000]. Offenzellige Schäume besitzen eine hohe Durchlässigkeit für
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
5
Flüssigkeiten und Gase, haben eine hohe Absorptionsfähigkeit für Feuchtigkeit und Wasser
und weisen eine hervorragende Fähigkeit zur Schalldämpfung auf. Demgegenüber zeichnen
sich geschlossenzellige Schäume durch eine sehr gute Isolationswirkung gegen Wärme und
elektrischen Strom aus. Aufgrund der verbundenen Kanäle zwischen den einzelnen Zellen
sind offenzellige Schäume im allgemeinen sehr weich und flexibel. Geschlossenzellige
Schäume hingegen sind durch die geschlossene Polymerwand um die einzelnen Zellen
meist hart und steif. Aufgrund der abgeschlossenen Gaszellen weisen sie eine hohe
mechanische Dämpfung und eine gute Druckfestigkeit auf. Zwischen komplett
geschlossenzelligen und komplett offenzelligen Polymerschäumen gibt es fließende
Übergänge, bei denen sowohl offene als auch geschlossene Zellen im Schaum vorliegen.
Während in den meisten Schaumstoffen die Zellen gleichmäßig über den Querschnitt verteilt
sind und sich somit eine gleichmäßige Dichteverteilung ergibt, weisen die sogenannten
Integralschäume eine graduierte Zellverteilung auf. Die Zellenanzahl nimmt von der Mitte des
Querschnittes zum Rand hin kontinuierlich ab. In der äußersten Schicht sind praktisch keine
Zellen mehr vorhanden, sie besteht aus kompaktem Kunststoff. Durch diese Schaumstruktur
weisen Integralschäume trotz signifikanter Dichtereduktion noch eine hohe Steifigkeit,
insbesondere gegen Biegebeanspruchungen auf.
Nach der Dichte werden Schaumstoffe in Schäume hoher und niedriger Dichte unterteilt.
Schäume hoher Dichte von ca. 0,4 bis 0,6 g/cm3 kommen insbesondere in den Fällen zum
Einsatz, bei denen eine Gewichtseinsparung ohne große Abnahme der mechanischen
Eigenschaften erwünscht ist. Demgegenüber liegen die Anwendungsgebiete der Schäume
niedriger Dichte (Dichten < 0,1 g/cm3) eher in den Bereichen, in denen es verstärkt auf die
Eigenschaften des verteilten Gases ankommt, wie z. B. in der Wärmeisolation.
Zusätzlich können Polymerschäume anhand der Zellgröße in grobzellige (> 100 µm),
feinzellige (100 µm bis 10 µm) und mikrozelluläre (< 10 µm) Schäume unterschieden
werden. Die Zellgröße wirkt sich stark auf die mechanischen Eigenschaften aus. Mit
abnehmendem Zelldurchmesser steigen die Zugfestigkeit, die Bruchdehnung und die
mechanische Dämpfung an. Dies ist ein Grund für die vielseitige Anwendung der
mikrozellulären Schäume innerhalb der letzten Jahre.
2.2 Herstellung von Polymerschäumen
Die Herstellung von Polymerschäumen erfolgt durch die Erzeugung oder Einbringung einer
gasförmigen Phase in die Polymermatrix. Ziel ist es dabei, das Gas möglichst gleichmäßig in
der Polymermatrix zu verteilen, um eine gleichmäßige und homogene Schaumstruktur zu
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
6
erreichen2. Die Einbringung des Gases bzw. die Erzeugung der Gasphase kann auf
verschiedene Weise erfolgen. Die Ausbildung einer Gasphase kann z. B. direkt während der
Synthese der Polymere entstehen, wenn es zu einer Abspaltung gasförmiger Bestandteile
kommt, so wie bei Polyurethanschäumen. Meist erfolgt die Erzeugung der Gasphase jedoch
durch die Zugabe eines Treibmittels. Als Treibmittel werden Substanzen bezeichnet, die
durch chemische Reaktionen (chemische Treibmittel) oder durch Phasenübergang
(physikalische Treibmittel) Gase freisetzen. Das Treibmittel kann während der
Polymersynthese zugegeben werden, wie es z. B. bei der Partikelschaumherstellung von
Polystyrol der Fall ist, in das feste Polymer unter hohen Drücken imprägniert werden, wie es
z. B. bei der diskontinuierlichen Herstellung von mikrozellulären Schäumen im Batchprozess
durchgeführt wird, oder dem geschmolzenen Polymer unter Druck zugemischt werden, wie
z. B. bei der Schaumextrusion oder dem Schaumspritzguss. In den letzten Jahren wurden
auch Methoden entwickelt, mit denen das Gas direkt in die Polymerschmelze eingespritzt
werden kann. Dieser Vorgang wird als Direktbegasung bezeichnet und findet bei der
Schaumextrusion und dem Schaumspritzguss von thermoplastischen Polymeren Einsatz.
Darüber hinaus gibt es jedoch noch verschiedene andere Möglichkeiten zur
Schaumherstellung, wie z.B. die Extraktion einer löslichen dispergierten Phase, die
Erzeugung von Hohlräumen durch Rissbildung an Füllstoffen oder das Sintern von
Polymerpartikeln, was insbesondere bei nichtschmelzenden Polymeren eingesetzt wird.
2.2.1 Der Schaumextrusionsprozess
Ein weitverbreitetes Verfahren zur Herstellung thermoplastischer Polymerschäume ist die
Schaumextrusion. Verfahrensweise und Anlagentechnik sind stark abhängig von dem
verwendeten Treibmittel. Der Schaumextrusionsprozess mit chemischen Treibmitteln
unterscheidet sich nur geringfügig von der Extrusion kompakter Polymere, während beim
Schäumen mit physikalischen Treibmitteln eine deutlich komplexere Maschinentechnik
erforderlich ist. Beim Schäumen mit chemischem Treibmittel wird das Treibmittel vor dem
Extrudieren in Pulverform oder als Masterbatch mit dem Rohstoff vermischt. Das
zugemischte Treibmittel zersetzt sich aufgrund der hohen Temperaturen im Extruder und
spaltet gasförmige Produkte ab. Das freigesetzte Gas führt am Werkzeugaustritt zum
direkten Aufschäumen des Extrudates. Verarbeitungstemperatur im Extruder und
ausgewähltes chemisches Treibmittel müssen optimal aneinander angepasst sein. Wenn die
Verarbeitungstemperatur zu niedrig gewählt wird, kann es zu einer unvollständigen
Zersetzung des chemischen Treibmittels und damit zu schwankenden Schaumqualitäten
führen. Wenn die Zersetzungstemperatur des chemischen Treibmittels deutlich unterhalb der
Verarbeitungstemperatur liegt, kann zum einen ein Grossteil des freiwerdenden Gases durch
2 Eine Ausnahme bilden die bereits erwähnten Integralschäume, bei denen gezielt eine graduierte Verteilung des Gases in dem Polymer erzeugt wird.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
7
den Einfülltrichter entweichen und es zum anderen zur Bildung großer Hohlräume im
extrudierten Schaum kommen. Nachteilig bei der Verwendung von chemischen Treibmitteln
sind die entstehenden nichtflüchtigen Zersetzungsprodukte und die geringe Gasausbeute
von nur ca. 40 % der zugegebenen Menge an Treibmittel.
Bei der Schaumextrusion mit physikalischem Treibmittel wird das flüssige oder gasförmige
Treibmittel nach dem Aufschmelzen und Homogenisieren des Polymers direkt in den
Zylinder des Extruders gespritzt. Hierfür ist eine entsprechend aufwendige
Einspritzvorrichtung erforderlich, da das Treibmittel unter hohen Drücken zudosiert wird. Vor
dem Aufschäumen am Düsenausgang des Extruders muss das Polymer-Treibmittel-
Gemisch abgekühlt werden, um eine höhere Löslichkeit des Treibgases in der
Polymerschmelze zu erreichen und um die Viskosität der Polymerschmelze und somit die
Schmelzefestigkeit zu erhöhen. Hierfür wird häufig ein Tandemextruder eingesetzt. Dabei
erfolgt in dem ersten Extruder das Aufschmelzen des Polymers und die Zugabe des
Treibmittels. Im zweiten Extruder wird das Gas gleichmäßig in der Polymerschmelze verteilt,
und das Gemisch wird auf die Extrusionstemperatur heruntergekühlt. In manchen Fällen wird
der zweite Extruder auch durch eine Schmelzepumpe ersetzt. Vergleichende
Untersuchungen zwischen der Schaumextrusion mit chemischen und physikalischen
Treibmitteln haben gezeigt, dass der Extrusionsprozess bei Verwendung physikalischer
Treibmittel stabiler läuft, niedrigere Produktdichten erreichbar sind und die Homogenität der
Zellstruktur der erzeugten Schäume besser ist [Heinonen und Vedenpää 1993]. Nachteilig ist
jedoch die für das Schäumen mit physikalischen Treibmitteln erforderliche deutlich
aufwendigere Anlagenausrüstung.
2.2.2 Einflussfaktoren auf die Schaumbildung im Extrusionsprozess
Die Schaumbildung im Schaumextrusionsprozess wird von einer Vielzahl verschiedener
Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind in Bild 2.1 schematisch
zusammengetragen. Neben den Eigenschaften des Polymers sowie Art und Anteil des
verwendeten Treibmittels spielen insbesondere die Prozessbedingungen eine entscheidende
Rolle. So ist die Löslichkeit des Treibgases in der Polymerschmelze von der
Verarbeitungstemperatur und dem Verarbeitungsdruck abhängig. Die Temperatur hat auch
einen entscheidenden Einfluss auf die Viskosität der Polymerschmelze während des
Schaumbildungsprozesses. Hohe Verarbeitungstemperaturen setzen die Viskosität der
Schmelze herab, was aufgrund der ebenfalls verringerten Schmelzefestigkeit ein Kollabieren
der Schaumstruktur zur Folge haben kann. In verschiedenen Untersuchungen konnte
nachgewiesen werden, dass ein höherer Verarbeitungsdruck bei der Schaumextrusion zu
einer Verkleinerung der Zelldurchmesser und einer Erhöhung der Anzahl der Zellen pro
Volumen führt [z.B. Park et al. 1995, Behravesh et al. 1996, 1998].
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
8
Zusätzlich zum Treibmittel werden häufig noch weitere Additive zugegeben. Von
entscheidender Bedeutung für die entstehende Schaumstruktur sind dabei die
Nukleierungsmittel. Die Nukleierungsmittel dienen zur Erhöhung der Nukleierungsdichte und
der Nukleierungsrate der Gasblasen. Es wird zwischen aktiven und passiven
Nukleierungsmitteln unterschieden. Aktive Nukleierungsmittel zersetzen sich während des
Verarbeitungsprozesses und spalten gasförmige Produkte ab. Prinzipiell wirken alle
chemischen Treibmittel auch als aktive Nukleierungsmittel, weshalb beim Schäumen mit
chemischen Treibmitteln auf eine Zugabe von Nukleierungsmitteln in der Regel verzichtet
werden kann. Passive Nukleierungsmittel sind anorganische Partikel z.B. aus Talkum,
Titandioxid oder Siliziumoxid. Die fein verteilten Partikel setzen die für die Zellbildung
notwendige Aktivierungsenergie herab. Die nukleierende Wirkung der passiven
Nukleierungsmittel hängt von der Größe der Partikel, deren Verteilung in der Polymermatrix
und ihrer Oberflächenrauhigkeit ab. In vielen Fällen schließt sich an die Schaumextrusion
eine Nachbehandlung an, die zu einer mehr oder weniger starken Veränderung der
gebildeten Schaumstruktur und der sich ergebenden Schaumeigenschaften führen kann. Die
Vielzahl der in Bild 2.1 dargestellten Einflussfaktoren veranschaulicht die Komplexität des
Schaumextrusionsprozesses und der dabei stattfindenden Schaumbildung.
ProzessführungDruckTemperaturScherungDurchmischung
PolymerrohstoffGlas-/SchmelzpunktViskositätDehnfähigkeit derSchmelze
TreibmittelTreibmittelanteilLöslichkeit im PolymerDiffusionsneigungVerdampfungsenthalpie
SchaumbildungDichteStruktur
AdditiveNukleierungsmittelPigmente, FüllstoffeStabilisatorenVernetzer
NachbehandlungNachschäumenKaschierenTiefziehen
ProzessführungDruckTemperaturScherungDurchmischung
PolymerrohstoffGlas-/SchmelzpunktViskositätDehnfähigkeit derSchmelze
TreibmittelTreibmittelanteilLöslichkeit im PolymerDiffusionsneigungVerdampfungsenthalpie
SchaumbildungDichteStruktur
SchaumbildungDichteStruktur
AdditiveNukleierungsmittelPigmente, FüllstoffeStabilisatorenVernetzer
NachbehandlungNachschäumenKaschierenTiefziehen
Bild 2.1: Einflussfaktoren auf die Schaumbildung [nach Kropp 1999]
2.3 Die Theorie der Schaumbildung Um beurteilen zu können, wie sich verschiedene Material- und Prozessparameter auf die
entstehende Schaumstruktur auswirken, ist ein Verständnis der bei der Schaumbildung
stattfindenden Vorgänge von entscheidender Bedeutung. Deshalb soll im Folgenden
erläutert werden wie die Bildung der Schaumstruktur im Einzelnen vonstatten geht.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
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Der Schaumbildungsprozess setzt sich aus den folgenden vier Schritten zusammen:
(1) Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung
(2) Zellnukleierung
(3) Zellwachstum
(4) Schaumstabilisierung.
In Bild 2.2 sind die vier Schritte der Schaumbildung während der Schaumextrusion
schematisch dargestellt. Die Bildung einer homogenen Polymer-Gas-Lösung erfolgt im
Zylinder des Extruders. Das frei werdende oder direkt zugegebene Treibgas wird unter
hohem Druck in der vorher plastifizierten Polymerschmelze gelöst und durch die
Scherwirkung der Extruderschnecke gleichmäßig verteilt. Durch den starken Druckabfall an
der Düse des Extruders wird die Löslichkeit des Gases in der Polymerschmelze schlagartig
herabgesetzt und die Bildung von Zellkeimen eingeleitet. Dieser Prozess wird als
Zellnukleierung bezeichnet. Als nächstes schließt sich das Zellwachstum an, in dem die
gebildeten Zellen, aufgrund der Diffusion des Gases aus der Polymer-Gas-Lösung in die
Gasblasen, anwachsen. Der Schaumbildungsprozess wird durch die sogenannte
Schaumstabilisierung abgeschlossen. Dies erfolgt durch Absenkung der Temperatur des
Schaums unter die Einfriertemperatur, welche im Fall der amorphen Thermoplasten der
Glasübergangstemperatur Tg und im Fall der teilkristallinen Thermoplasten der
Kristallisationstemperatur Tm entspricht. Im Folgendem sollen die während der jeweiligen
Schritte der Schaumbildung stattfindenden Vorgänge näher erläutert werden.
Bildung einer Polymer -Gas - Lösung zugegebenes bzw. frei - werdendes Gas wird unter hohem Druck im Polymer gelöst
Freisetzung des gelösten Gases durch Druckabfall in der Düse führt zur Bildung von Zellkeimen
Zellen wachsen durch Diffusion des Gases aus der Polymer -Gas-Lösung in die Gasblasen
Schaum - stabilisierung die Schaumstruktur wird eingefroren bzw. fixiert durch Abkühlung unterhalb T g oder T m
Bildung einer Polymer -Gas - zugegebenes bzw. frei - werdendes Gas wird
Polymer gelöst
Zellnukleierung:Freisetzung des gelösten Gases durch Druckabfall in der Düse führt zur Bildung von Zellkeimen
Zellwachstum
Zellen wachsen durch Diffusion des Gases aus der Polymer -Gas-Lösung in die Gasblasen
-
die Schaumstruktur wird eingefroren bzw. fixiert durch Abkühlung unterhalb T g oder T m
Bild 2.2: Schaumbildungsprozess während der Schaumextrusion
2.3.1 Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung
Das Lösen des Treibgases in der Polymerschmelze ist Grundvoraussetzung für die
Erzeugung einer homogenen Zellstruktur des hergestellten Schaums. Die Löslichkeit des
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
10
Gases in der Polymerschmelze hängt einerseits von der Wechselwirkung zwischen Polymer
und eingesetztem Treibmittel und andererseits von der Temperatur und dem Druck ab. Die
bei den jeweiligen Bedingungen maximal lösliche Gasmenge im Polymer wird als
Sättigungskonzentration bezeichnet. Da je nach Temperatur und Druck nur eine bestimmte
Gaskonzentration im Polymer gelöst werden kann, ist es erforderlich, die zugegebene
Gasmenge und die Prozessparameter so aufeinander abzustimmen, dass alles Gas in
Lösung gehen kann. Überschüssiges oder nicht gelöstes Gas führt zur Bildung von großen
Hohlräumen im Extrudat. Bei der Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung kommt
neben der Löslichkeit auch der Diffusion der Gase in der Polymerschmelze eine wichtige
Bedeutung zu. Lokale Konzentrationen von Gasmolekülen können zu einer Überschreitung
der Löslichkeit führen, wodurch sich eine getrennte Gasphase bilden würde. Um dies zu
vermeiden, muss das Gas gleichmäßig in der Polymerschmelze verteilt werden. Dies erfolgt
über Diffusion. Durch intensives Mischen, wie es im Extruder auftritt, können die
Diffusionswege des Gases verkürzt werden.
Das in der Polymerschmelze gelöste Gas führt zu einer Veränderung der rheologischen
Eigenschaften der Polymerschmelze. Die Zugabe des Treibgases wirkt ähnlich wie ein
Weichmacher und ruft eine Herabsenkung der Glasübergangstemperatur und damit eine
Verringerung der Schmelzeviskosität hervor [Kropp 1999, Gendron und Daigneault 2000].
Die Höhe der Glastemperaturverschiebung bzw. der Viskositätserniedrigung hängt von der
Polymer-Treibmittel-Kombination ab. Je kleiner das Molekulargewicht des Treibgases ist,
umso größer ist die Absenkung der Viskosität. Bei amorphen Polymeren wirkt sich die
Glastemperaturerniedrigung stärker auf die Schmelzeviskosität aus, als bei den
teilkristallinen Polymeren.
Die experimentelle Bestimmung der Viskosität einer gasbeladenen Schmelze erweist sich als
nicht unerhebliches Problem, da Standardrheometer die dafür nötigen Anforderungen,
insbesondere hinsichtlich der Vermeidung einer Freisetzung des gelösten Gases während
der Messung, nicht erfüllen. Deshalb erfolgt die Viskositätsmessung gasbeladener
Schmelzen in der Regel mit Online-Extrusionsrheometern. Bei diesen Rheometern wird eine
Messapparatur ähnlich einem Hochdruckkapillarrheometer direkt an einen Extruder
angeschlossen. In Untersuchungen an zahlreichen Polymer-Treibmittel-Kombinationen
konnte gezeigt werden, dass sich die Kurvenform der Viskositätskurve durch die
Triebmittelzugabe nicht verändert [z.B. Gendron et al. 1996, Kropp 1999, Gendron und
Daigneault 2000]. Die Viskositätsabsenkung durch das gelöste Gas in der Polymerschmelze
kann grundsätzlich mit einer Verringerung der Viskosität der Schmelze durch Erhöhung der
Temperatur verglichen werden [Gendron und Daigneault 2000].
Für die Bestimmung der Glastemperaturerniedrigung wurden verschiedene mathematische
und empirische Modelle entwickelt [z.B. Ferry 1970, van Krevelen 1990, Chow 1980]. Für
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
11
eine Vielzahl von Polymer-Treibmittel-Kombinationen wurde eine lineare Abnahme der
Glasübergangstemperatur mit zunehmendem Treibmittelanteil gefunden [Chow 1980, Chiou
et al. 1985]. In zahlreichen Untersuchungen mit Online-Extrusionsrheometern wurde jedoch
festgestellt, dass die Absenkung der Viskosität nicht allein auf die Verringerung der
Glasübergangstemperatur zurückgeführt werden kann [z.B. Gendron und Daigneault 1997,
Hernandez 1997, Kropp 1999]. Es wird daher von einem zusätzlichen „Verdünnungseffekt“
des Gases ausgegangen, der auf einer Vergrößerung des freien Volumens durch die
gelösten Gasmoleküle beruht [Greassley 1974, Daigneault und Gendron 2000].
2.3.1.1 Löslichkeit von Gasen in Polymeren
Die Kenntnis der Löslichkeit des Treibgases in Abhängigkeit von Temperatur und Druck ist
für die optimale Prozessführung während der Schaumherstellung von entscheidender
Bedeutung. Zur Bestimmung der Sättigungskonzentration gibt es zahlreiche Modelle, die auf
unterschiedlichen Annahmen beruhen und zum Großteil sehr komplex sind [Kolossow 1986,
Chapmann et al. 1990, Vieth 1991, Lee et al. 1996]. Ein einfaches Modell, welches zur
Beschreibung vieler Lösungsvorgänge ausreicht, ist das Henrysche Gesetz (Gl. 2.1). Es
beschreibt eine lineare Abhängigkeit der Sättigungskonzentration C, d.h. des Verhältnisses
der Masse des Gases mgas zur Masse des Polymers mpolymer im Sättigungszustand, vom
hydrostatischen Druck p. Der Proportionalitätsfaktor ist der Löslichkeitskoeffizient S, der dem
Kehrwert der Henrykonstanten H entspricht.
pSmm
Cpolyner
gas ⋅== (2.1)
Mit Hilfe des Henryschen Gesetzes lässt sich die Druckabhängigkeit der Löslichkeit von
Gasen in Polymeren in guter Näherung beschreiben [Kropp 1999]. Wie bereits erwähnt ist
die Löslichkeit jedoch ebenfalls von der Temperatur abhängig. Dies liegt daran, dass sich der
Löslichkeitskoeffizient mit der Temperatur ändert. Die Temperaturabhängigkeit des
Löslichkeitskoeffizienten wird durch einen Arrhenius-Ansatz berücksichtigt:
TRHL
eSS ⋅∆
−⋅= 0 (2.2)
Hierin entsprechen S0 dem auf eine unendliche Temperatur extrapolierten
Löslichkeitskoeffizienten, ∆HL der Lösungsenthalpie, R der universellen Gaskonstante und T
der Temperatur. Experimentelle Werte für die Konstante S0 und die Lösungsenthalpie
wurden für eine Vielzahl von Polymer-Gas-Kombinationen in einem weiten
Temperaturbereich, z.B. über Messungen mit der Magnetschwebewaage, bestimmt [z.B.
Durril und Griskey 1966, 1969, Kropp 1999, Sato et al. 1999]. Da die Lösungsenthalpie bei
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
12
den meisten Polymer-Gas-Kombinationen negativ ist, nimmt die Löslichkeit mit steigender
Temperatur ab.
2.3.1.2 Diffusion von Gasen in Polymeren
Nachdem das Gas in der Polymerschmelze gelöst ist, muss es sich durch Diffusion in der
Schmelze gleichmäßig ausbreiten, um die Bildung einer homogenen Polymer-Gas-Lösung
zu ermöglichen. Die treibende Kraft für die Gasdiffusion innerhalb der Polymerschmelze sind
Konzentrationsunterschiede. Aufgrund der Wärmebewegung der Polymermoleküle in der
Schmelze können sich die Gasmoleküle mit dem Konzentrationsgefälle durch
intermolekulare Zwischenräume fortbewegen. Die Geschwindigkeit von Diffusionsvorgängen
lässt sich mit dem 1. Fickschen Gesetz beschreiben. Demnach ist der Massenstrom dm/dt in
der Richtung des Konzentrationsgefälles (x-Koordinate) proportional dem
Konzentrationsgefälle dc/dx, der Dichte ρ und dem Querschnitt A:
dxdcAD
dtdm
diff ⋅⋅⋅= ρ (2.3)
Ddiff ist der Diffusionskoeffizient und weist ähnlich wie der Löslichkeitskoeffizient eine
Temperaturabhängigkeit auf, welche sich ebenfalls durch einen Arrhenius-Ansatz
beschreiben lässt.
TRE
diffdiff
D
eDD ⋅−
⋅= 0, (2.4)
Der Vorfaktor Ddiff,0 entspricht dem auf eine unendliche Temperatur extrapolierten
Diffusionskoeffizienten und ED stellt die Aktivierungsenergie der Diffusion dar. Beide Größen
wurden für eine Vielzahl von Polymer-Gas-Kombinationen experimentell bestimmt und
können der Literatur entnommen werden [z.B. Durril und Griskey 1969, Brandrup und
Immergut 1989, Shackelford 1995].
Nach Gl. 2.4 nehmen der Diffusionskoeffizient und somit die Diffusion mit wachsender
Temperatur exponentiell zu, was auf einen Anstieg der Beweglichkeit der Moleküle durch die
Temperaturerhöhung zurückgeführt werden kann. Demzufolge kann durch eine höhere
Schmelzetemperatur die Gasdiffusion beschleunigt und die Zeit für die Bildung einer
homogenen Polymer-Gas-Lösung verkürzt werden. Dabei muss jedoch beachtet werden,
dass für die meisten Polymer-Gas-Kombinationen die Löslichkeit des Gases in der
Polymerschmelze mit steigender Temperatur geringer wird.
Eine weitere Möglichkeit zur Verkürzung der Diffusionszeit kann über das Mischen der
beiden Stoffkomponenten in einem Scherfeld erreicht werden. Durch die auftretende
Scherdeformation werden die Gasblasen zerteilt und in der Polymerschmelze verteilt.
Dadurch verringert sich zum einen der Diffusionsweg, und zum anderen wird die Diffusion
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
13
durch die größere Kontaktfläche zwischen Polymerschmelze und Gas beschleunigt. Der
Diffusionsweg wird durch die Scherwirkung schätzungsweise bis auf 100 µm reduziert [Park
1993]. Bei üblichen Verarbeitungstemperaturen von ca. 200 °C liegen die
Diffusionskoeffizienten von CO2 und N2 in Polystyrol, Polyethylen und Polypropylen im
Bereich von 10-4 bis 10-5 cm2/s [Park und Suh 1996 a,b]. Die Zeit, die das Gas dann für die
Diffusion durch die Polymerschmelze braucht, beträgt weniger als 10 s.
2.3.2 Zellnukleierung
Die Zellnukleierung beschreibt den Vorgang der Bildung stabiler, wachstumsfähiger
Zellkeime in der Polymer-Gas-Lösung. Initiiert wird die Keimbildung durch eine schnelle
Änderung des thermodynamischen Gleichgewichts der Polymer-Gas-Lösung. Dies kann
sowohl durch Temperaturerhöhung als auch durch Druckerniedrigung erfolgen. In beiden
Fällen wird die Löslichkeit des Gases in der Polymerschmelze verringert und das Gas geht
aus der Lösung und bildet eine zweite Phase. Da eine ausreichend schnelle
Temperaturerhöhung für eine möglichst homogene Nukleierung über den gesamten
Strömungsquerschnitt bei Polymeren aufgrund der niedrigen Wärmeleitfähigkeit nicht
möglich ist, erfolgt die Initiierung der Keimbildung im allgemeinen durch einen Druckabfall.
Die Keimbildung kann dabei grundsätzlich nach zwei verschiedenen Mechanismen erfolgen.
Bei der homogenen Nukleierung findet die Keimbildung in einer völlig homogenen
Polymerschmelze ohne jegliche Verunreinigungen oder Additive statt. Wenn dagegen eine
zweite Phase in der Polymer-Gas-Lösung in Form von Verunreinigungen, Additiven oder
Nukleierungsmitteln vorliegt, erfolgt die Keimbildung an der Phasengrenze zwischen
Schmelze und Partikel. Dieser Mechanismus wird als heterogene Nukleierung bezeichnet.
Bei der Verwendung chemischer Treibmittel tritt immer eine heterogene Nukleierung auf, da
die festen Zersetzungsrückstände des Treibmittels als Nukleierungsstellen wirken. Der
Vorteil der heterogenen Nukleierung ist die durch die Ausnutzung der Grenzflächeneffekte
verringerte Nukleierungsenergie für die Bildung stabiler wachstumsfähiger Keime.
2.3.2.1 Homogene Nukleierung
Zur Bestimmung der für die Keimbildung erforderlichen Nukleierungsenergie wird die
Änderung der freien Energie betrachtet. Nach der Nukleierungstheorie ist die Voraussetzung
für die Bildung stabiler Keime eine Verringerung der freien Energie. Bei der homogenen
Nukleierung kann die freie Energie ∆Ghom mit folgender Gleichung beschrieben werden:
SOApVG γ∆∆ ⋅+⋅−=hom (2.5)
wobei V dem Volumen der gebildeten Gasblase, ∆p der Druckdifferenz zwischen dem
Inneren der Blase und der Polymer-Gas-Lösung, AO der Oberfläche der Gasblase und γS der
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
14
Grenzflächenspannung der Grenzfläche zwischen Gasblase und Lösung entsprechen. Da
bei der Keimbildung aufgrund der geringsten Oberflächenspannung kugelförmige Gasblasen
gebildet werden, kann Gl. 2.5 folgendermaßen umformuliert werden:
SrprG γπ∆π∆ ⋅⋅⋅+⋅⋅⋅−= 23 434
hom (2.6)
Hierin entspricht r dem Radius der Gasblase. Trägt man die freie Energie über dem
Blasenradius auf, so durchläuft sie ein Maximum (siehe Bild 2.3). Bei kleinen Blasenradien
dominiert die Oberflächenspannung und die Änderung der freien Energie steigt mit dem
Radius zunächst an. In diesem Bereich ist ein Schrumpfen der Blasen energetisch günstiger
als ein Wachstum, weshalb die Blasen mit kleinen Radien wieder in sich zusammenfallen.
Erst wenn der kritische Radius r* überschritten ist, können die Blasen stabil wachsen, da mit
zunehmendem Radius die freie Energie kleiner wird. Der kritische Radius ist definiert als der
Radius, bei dem die Ableitung der freien Energie als Funktion des Radius null ist. Somit
ergibt sich für den kritischen Radius folgende Beziehung:
pr S
∆=
γ2* (2.7)
r
∆ G
∆ G hom*
r*
∆ G hom
∆ G het
∆ G het
r
∆ G
∆ G hom
r*
∆ G hom
∆ G het
∆ G het*
Bild 2.3: Die freie Energie (∆G) der homogenen (∆Ghom) und heterogenen (∆Ghet) Keimbildung [nach
Colton und Suh 1987]
Die für die homogene Keimbildung erforderliche Nukleierungsenergie *homG∆ entspricht der
freien Energie für die Bildung einer Gasblase mit dem kritischen Radius r*.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
15
2
3*
316
pG S
∆γπ
∆⋅
⋅⋅=hom (2.8)
Mit Hilfe der Nukleierungsenergie kann die Nukleierungsrate Nhom mit einem Arrheniusansatz
ermittelt werden [Colton 1989]:
TRG
g eNfN ⋅−
⋅⋅=*hom
0
∆
hom (2.9)
Hierbei entspricht f0 einem Faktor, der die Frequenz, mit der sich Gasmoleküle an die Keime
anlagern, beschreibt. Ng gibt die Gesamtzahl der Gasmoleküle in der Lösung an. Die
Nukleierungsrate ist ein Maß für die Anzahl der pro Zeit- und Volumeneinheit gebildeten
wachstumsfähigen Keime. Die Gesamtzahl der nukleierten Keime pro Volumeneinheit wird
als Nukleierungsdichte bezeichnet.
Anhand der Gleichungen 2.8 und 2.9 wird deutlich, dass eine niedrige Oberflächenspannung
der Schmelze und ein hoher Druckunterschied zwischen der Lösung und der Umgebung zu
einer Verringerung der Nukleierungsenergie und somit zu einer höheren Nukleierungsrate
führen. Die Nukleierungsrate kann außerdem durch eine Erhöhung der Temperatur der
Schmelze und durch einen größeren Gasanteil in der Lösung vergrößert werden.
2.3.2.2 Heterogene Nukleierung
Die heterogene Nukleierung unterscheidet sich von der homogenen durch das
Vorhandensein von feinverteilten festen Partikeln in der Polymer-Gas-Lösung. Der Einfluss
der Grenzfläche zwischen Polymer-Gas-Lösung und Nukleierungsmittel auf die Keimbildung
wird bei der Berechnung der Nukleierungsenergie für die heterogene Keimbildung *hetG∆ durch eine zusätzliche Funktion g(θ) berücksichtigt:
( )θ∆γπ
∆ gp
G Shet ⋅
⋅
⋅⋅= 2
3*
316 (2.10)
Die Funktion g(θ) ist abhängig von dem Kontaktwinkel des Gases an der Oberfläche der
festen Phase θ und berechnet sich aus:
( ) ( )2cos1cos241)( θθθ −⋅+⋅=g (2.11)
Da die Funktion g(θ) nur Werte zwischen 0 und 1 annimmt, ist die Nukleierungsenergie für
die heterogene Keimbildung immer niedriger als die Nukleierungsenergie für die homogene
Keimbildung oder maximal genauso groß (siehe Bild 2.3). Dabei wird die Keimbildung für
kleinere Kontaktwinkel, d.h. für eine schlechtere Benetzung der
Nukleierungsmitteloberfläche, begünstigt.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
16
Die Nukleierungsrate für die heterogene Keimbildung lässt sich dann wie folgt bestimmen
[Colton 1989]:
TRG
hethet
het
efcN ⋅−
⋅⋅=*
1
∆
(2.12)
Darin entspricht chet der Konzentration der Nukleierungsmittel in der Polymerschmelze und f1
ist ähnlich wie f0 ein Faktor, der die Frequenz, mit der sich Gasmoleküle an die Keime
anlagern, beschreibt. Bei der heterogenen Keimbildung wird die Nukleierungsrate neben den
bei der homogenen Nukleierung bereits genannten Einflussfaktoren insbesondere von der
Nukleierungsmittelkonzentration und der Größe der Nukleierungsmittelpartikel beeinflusst.
Die Nukleierungswirkung wird um so besser, je mehr Nukleierungsmittel zugeführt wird und
je kleiner die Partikelgröße ist. Damit die Zellnukleierung gleichmäßig über den
Strömungsquerschnitt erfolgt, ist eine homogene Verteilung der Nukleierungsmittel in der
Polymerschmelze erforderlich.
2.3.3 Zellwachstum
Der Zellwachstumsprozess beschreibt das Anwachsen der stabilen Zellkeime, d. h. der
Blasen, welche die kritische Größe für ein stabiles Wachstum erreicht haben. Zu Beginn ist
der Wachstumsprozess der Gasblasen durch die wirkenden hydrodynamischen Kräfte
dominiert. Es wird davon ausgegangen, dass die Blasen zunächst unabhängig voneinander
wachsen und somit als isolierte Blasen in einem unendlichen viskoelastischen Medium
beschrieben werden können. Treibende Kraft für das Anwachsen der Blase ist die
Druckdifferenz zwischen dem Inneren der Blase und dem sie umgebendem Medium. Die
Wachstumsgeschwindigkeit wird in diesem Stadium des Zellwachstums von der
Oberflächenspannung und den viskoelastischen Eigenschaften der Polymerschmelze
gesteuert und nicht von der Gasdiffusion in die wachsende Blase [Throne 1996].
Im Anfangsstadium des Zellwachstums kann der zeitabhängige Radius R(t) einer
kugelförmigen Gasblase in einem unendlichen viskoelastischen Medium mit folgender
Differentialgleichung beschrieben werden [Barlow und Langlois 1962, Koopmanns et al.
2000]:
( ) ( ) ( ) ( )( )
( ) ( )tRppdttdR
tRt
dttRdtR
dttdR
SE /2
423
212
22
γη
ρ −−=
+
+
(2.13)
Hierin entspricht ρ der Dichte und ηE der Dehnviskosität des viskoelastischen Mediums, p1
dem Gasdruck in der Blase, p2 dem Druck im Medium und γS der Oberflächenspannung. Der
dritte Term auf der linken Seite von Gl. 2.13 beschreibt den Einfluss der viskoelastischen
Eigenschaften des Mediums auf das Wachstum des Blasenradius. Als Kenngröße für die
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
17
viskoelastischen Eigenschaften wird die Dehnviskosität verwendet. Dies ist damit begründet,
dass während des Zellwachstums eine ausgeprägte Dehnbeanspruchung auf das die
Gasblase umgebende Medium ausgeübt wird.
Eventuelle Schereinflüsse von außen auf die wachsende Gasblase werden in Gl. 2.13 nicht
berücksichtigt. Dies ist sinnvoll, da das Zellwachstum im Schaumextrusionsprozess
außerhalb der Düse des Extruders stattfindet und somit keine Scherwirkung auftritt.
Ursprünglich wurde Gl. 2.13 für Newtonsche Flüssigkeiten entwickelt, die ein rein viskoses
Verhalten aufweisen. Die Berücksichtigung des komplexen viskoelastischen Verhaltens von
Polymerschmelzen erfolgt einzig über die Dehnviskosität. Es wurden verschiedene Modelle
zur Beschreibung der Dehnviskosität, welche eine Funktion der Dehnrate, der Zeit, der
Temperatur und der thermisch-mechanischen Vorgeschichte ist, entwickelt [z.B. Lodge und
Meissner 1973, Inkson et al. 1999, Nishioka et al. 2000, Wagner et al. 2001]. Aufgrund der
hohen Komplexität dieser Modelle sei an dieser Stelle auf die entsprechende Literatur
verwiesen.
Bei der Auswahl und Anwendung der Modelle muss jedoch berücksichtigt werden, dass die
Polymerschmelze während des Zellwachstums einer biaxialen Dehnbeanspruchung
unterzogen wird. Dies wird aus Bild 2.4 deutlich, in dem die Belastung in einer Zelle während
des Wachstums schematisch dargestellt ist. Die Zugkräfte in der Zellwand wirken aufgrund
der Dreidimensionalität der Zelle in alle Richtungen in der Ebene, wodurch eine biaxiale
Dehnbeanspruchung entsteht. Des weiteren hängt die Dehnviskosität der Polymerschmelze
von dem in der Schmelze noch vorhandenen Gasanteil ab. Obwohl das Entweichen des
Gases aus der Polymerschmelze ein zeitabhängiger Prozess ist, wird in guter Näherung
angenommen, dass die Gaskonzentration in der Polymerschmelze unmittelbar nach dem
Verlassen der Düse sehr schnell zurückgeht, so dass für die Beschreibung des
Zellwachstums die Dehnviskosität der reinen Polymerschmelze von Relevanz ist [Gendron
und Daigneault 2000].
Bild 2.4: Schematische Darstellung des Zellwachstums einer Zelle
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
18
Die Beschreibung des Zellwachstumsbeginns mit Hilfe der Gl. 2.13 ist jedoch kritisch zu
betrachten, da dieser Ansatz den Gastransfer in die wachsende Blase per Diffusion und
nicht-isotherme Effekte z.B. durch freiwerdende Wärme bei der Desorption des Gases aus
der Polymer-Gas-Lösung nicht berücksichtigt [Throne 1996]. Trotzdem ist Gl. 2.13 sehr gut
geeignet um die Einflussfaktoren auf den Beginn des Blasenwachstums zu beurteilen. So
kann direkt abgelesen werden, dass eine hohe Dehnviskosität die
Wachstumsgeschwindigkeit der Blasen vermindert, während eine niedrigere
Oberflächenspannung, die z.B. durch Zugabe von Tensiden erreicht werden kann, die
Wachstumsgeschwindigkeit erhöht.
Wenn die wachsende Blase eine gewisse Größe erreicht hat, kann das Wachstum nicht
mehr nur allein durch den Druckunterschied aufrechterhalten werden [Throne 1996]. Dies ist
dann der Fall, wenn die Geschwindigkeit der Gaszufuhr in die Blase geringer ist, als es die
aufgrund des Druckunterschiedes und der hydrodynamischen Kräfte mögliche
Zellwachstumsgeschwindigkeit erfordert. Der Zeitpunkt ist erreicht, wenn das Gas aus der
direkten Begrenzungsschicht der Gasblase komplett in die Blase entwichen ist. Das für den
weiteren Wachstumsprozess erforderliche Gas muss dann aus weiter entfernten Regionen in
die Gasblase diffundieren. In diesem Stadium ist das Zellwachstum diffusionsgesteuert.
Die einzelnen Gasblasen können zwar immer noch als isoliert betrachtet werden, allerdings
wird ein deutlich größerer Bereich des die Blase umgebendenden Mediums durch die
wachsende Blase beeinflusst. Dies ist anschaulich in Bild 2.5 dargestellt. Der innere Kreis
stellt die wachsende Blase dar. Sie wird von einer sphärischen Hülle an beeinflusstem
Volumen umgeben, welche den Bereich des umgebenden Mediums beschreibt, aus dem
Gas per Diffusion in die wachsende Gasblase wandert. Aufgrund des in die Gasblase
diffundierten Gases ist die Gaskonzentration in der Polymerschmelze in der direkten
Umgebung der Gasblase herabgesetzt. Anhand des ebenfalls in Bild 2.5 dargestellten
schematischen Verlaufs der Gaskonzentration in der Hülle der wachsenden Gasblase ist
erkennbar, dass die Gaskonzentration in der Polymerschmelze direkt an der Oberfläche der
Blase am geringsten ist und mit weiterem Abstand von der Blase größer wird, bis am Ende
des durch Diffusion beeinflussten Bereiches die Sättigungskonzentration erreicht ist. Ähnlich
wie die Blase wächst auch das beeinflusste Volumen mit der Zeit an.
Zur Beschreibung des diffusionsgesteuerten Zellwachstums reicht nicht mehr nur eine
Differentialgleichung aus, sondern es ist ein Differentialgleichungssystem erforderlich, indem
der Massentransfer in die Gasblase berücksichtigt wird. Zur Aufstellung des
Differentialgleichungssystems werden der Massenerhaltungssatz, der Impulserhaltungssatz
und der Energieerhaltungssatz für das Zellwachstum jeder Zelle betrachtet und miteinander
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
19
verknüpft. In der Literatur ist eine Vielzahl von Modellen zur Beschreibung des
diffusionsgesteuerten Zellwachstums ausführlich beschrieben, weshalb an dieser Stelle nicht
näher darauf eingegangen werden soll [z.B. Amon und Denson 1984, Joshi et al. 1988,
Arefmanesh et al. 1990, Ramesh et al. 1991, Mahapatro et al. 1998]. Die
Modellvorstellungen sind neben der mathematischen Beschreibung des
Zellwachstumsprozesses jedoch auch für ein besseres Verständnis der dabei stattfindenden
Vorgänge sehr hilfreich. So ist anhand von Bild 2.5 sehr anschaulich vorstellbar, dass lange
bevor direkte Wechselwirkungen zwischen zwei wachsenden Blasen auftreten, die von der
jeweiligen Blase beeinflussten Volumina aufeinander treffen.
S(t)
Polymerschmelze + gelöstes Gas
R(t)
Gas
r
c(r,t)
c(R,t)
c = C
R(t) S(t)
Bild 2.5: Schematische Darstellung einer wachsenden Gasblase mit dem Radius R(t), die von einer
ebenfalls wachsenden Hülle an beeinflusster Polymerschmelze mit dem Radius S(t) umgeben ist. In
dem Diagramm ist der Verlauf der Gaskonzentration c(r,t) in der Hülle schematisch dargestellt, wobei
C der Sättigungskonzentration des Gases in der Polymerschmelze entspricht. [nach Arefmanesh et al.
1990]
Wenn die aufeinander treffenden Gasblasen und somit auch die sie umgebenden Hüllen aus
beeinflusstem Volumen gleich groß sind, stoppt die Ausbreitung der Hülle, und die Zellen
können so lange weiter wachsen, bis das in der jeweiligen Hülle vorhandene Gas in die Zelle
diffundiert ist. Demzufolge werden die Blasen am Ende gleich groß. Dies ist in guter
Näherung immer dann der Fall, wenn die Zellen gleichzeitig nukleiert wurden und der mittlere
Abstand zwischen den Nukleierungsstellen gleich groß ist. Anhand dieser Vorstellung wird
deutlich, weshalb eine hohe Nukleierungsrate und eine möglichst gleichmäßige Verteilung
der Nukleierungsstellen in der Polymerschmelze für eine homogene Zellstruktur erforderlich
sind.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
20
Treffen jedoch Blasen unterschiedlicher Größe aufeinander, ist aus energetischen Gründen
die Diffusion von Gas in die größere Zelle begünstigt. Während des Zellwachstums stellt sich
ein Gleichgewicht zwischen der für die Vergrößerung der Blasenoberfläche AO
aufzubringenden Oberflächenenergie γS und der durch den Gasdruck in der Blase p1
erzeugten Volumenarbeit in der Blase des Volumens V ein, welches für den
Gleichgewichtszustand wie folgt beschrieben werden kann:
dVpdAOS ⋅=⋅ 1γ (2.14)
Für die als Kugel betrachtete Blase mit dem Blasenradius r kann Gl 2.14 wie folgt
umformuliert werden:
drrpdrrS ⋅⋅⋅⋅=⋅⋅⋅⋅ 21 48 ππγ (2.15)
Somit ergibt sich für den Gasdruck in der Blase:
rp Sγ⋅=
21 (2.16)
Demzufolge ist bei gleicher Oberflächenspannung der Gasdruck in einer kleineren Blase
größer und somit der Druckunterschied zwischen dem Druck in der Polymer-Gas-Lösung
und in der Gasblase geringer. Diese Tatsache bewirkt, dass beim Aufeinandertreffen zweier
Blasen mit unterschiedlichem Volumen das Diffundieren des Gases in die größere Blase
bevorzugt wird. Aus demselben Grund ist die Koaleszenz, d.h. die Vereinigung kleinerer
Zellen zu großen Zellen und die damit verbundene Verringerung der Zelloberfläche, im
Vergleich zum Gesamtvolumen der Zelle energetisch begünstigt.
Zur Zellkoaleszenz kann es jedoch auch aufgrund des Reißens von Zellwänden kommen. Im
Zuge des Zellwachstums wachsen die zunächst kugelförmigen Blasen immer weiter
aufeinander zu. Der Abstand zwischen den einzelnen Zellen wird stetig geringer, wodurch
die Dicke der Polymerschmelze, welche die Zellen umgibt und voneinander trennt, immer
kleiner wird. Die Zellen flachen an den Stellen, an denen sie aufeinander treffen, ab und
gehen von der Kugelform in eine Polyederform über, wie sie in Bild 2.4 dargestellt ist. Die
einzelnen Zellen sind dann nur noch durch sehr dünne Schmelzefilme voneinander getrennt,
die als Zellwände bezeichnet werden.
Wie bereits erwähnt, wird die Polymerschmelze in den Zellwänden einer biaxialen
Dehnbeanspruchung unterzogen. Wenn die Schmelzefestigkeit der Polymerschmelze zu
gering ist, kann es zu einem Aufreißen der Zellwände und somit zur Vereinigung von
benachbarten Zellen kommen. Neben der Koaleszenz, d.h. der kompletten Vereinigung
zweier Zellen zu einer neuen, führt das Aufreißen der Zellwände zur Bildung von offenen
Zellen. Dabei behalten die beiden Zellen nach dem Reißen der Zellwand ihre ursprüngliche
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
21
Form annähernd bei, allerdings sind die Zellen dann nicht mehr komplett von einem
Polymerfilm umschlossen, so wie es bei geschlossenen Zellen der Fall ist, sondern
miteinander verbunden. Während solche Effekte bei der Bildung offenzelliger Schäume
erwünscht sind, sind sie bei der Herstellung von geschlossenzelligen Schäumen
unerwünscht. Denn je höher die Anzahl an offenen Zellen in einem größtenteils
geschlossenzelligen Schaum ist, desto schlechter ist die mechanische Festigkeit und desto
geringer ist die Wärmeisolierung. Schließlich kann das Reißen der Zellwände auch zu einem
Kollabieren der Zellen führen. Wenn es aufgrund des Aufreißens der Zellwände zu einem
kompletten Gasverlust aus der Zelle in benachbarte Zellen kommt, fällt die Zelle wieder in
sich zusammen. Dieser Vorgang wird als Zellkollaps bezeichnet.
Ein weiterer Effekt, der beim Zellwachstum berücksichtigt werden muss, ist der Gasverlust
an die Umgebung. Im Vergleich zu den Drücken in den gebildeten Schaumzellen ist der
Druck in der Umgebung des Schaums geringer, weshalb die Diffusion des Gases in die
Umgebung begünstigt ist. Der Gasverlust ist um so höher, je größer die Temperatur der
Schmelze ist und je langsamer die Abkühlung des Schaums erfolgt. Denn wie im Kapitel
2.3.1.2 gezeigt, nimmt die Diffusionsgeschwindigkeit mit sinkender Temperatur ab. Je
schneller also die Temperatur der Außenhaut des Schaums verringert wird, desto geringer
ist der Gasverlust an die Umgebung. Des weiteren wird der Gasverlust an die Umgebung
durch das Aufreißen der Zellwände und der dadurch erzeugten Verbindungen zwischen den
Zellen erhöht. Dies verringert den Diffusionsweg des Gases durch die Polymermatrix vom
Inneren des Schaums an die Schaumoberfläche, und in derselben Zeit kann mehr Gas in die
Umgebung diffundieren. Wenn die Gasverluste an die Umgebung zu groß sind, kann es
sogar zu einem teilweisen oder kompletten Zusammenbruch der Zellstruktur kommen.
2.3.4 Schaumstabilisierung
Unter Schaumstabilisierung versteht man die Fixierung der Schaumstruktur. Dabei wird die
Viskosität der Polymerschmelze so stark erhöht, dass der Druck in der Zelle für eine weitere
Ausdehnung nicht mehr ausreicht und die Zellwände so stabil sind, dass die weiterhin
stattfindenden Diffusionsvorgänge die Schaumstruktur nicht mehr verändern. Die Erhöhung
der Viskosität erfolgt durch Abkühlen des Schaums. Hierbei ist neben der externen Kühlung
durch die Umgebung des extrudierten Stranges eine zusätzliche Kühlwirkung durch die
isentrope Expansion des Treibgases zu berücksichtigen [Naguib et al. 2004]. Bei amorphen
Polymeren wird die Schaumstruktur beim Erreichen der Glasübergangstemperatur fixiert. Bei
der Glasübergangstemperatur wird die Polymerschmelze eingefroren, wodurch die Viskosität
stark erhöht wird. Im Fall von teilkristallinen Polymeren führt die einsetzende Kristallisation
zu einer gravierenden Erhöhung der Viskosität und somit zur Stabilisierung der
Schaumstruktur.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
22
Einen entscheidenden Einfluss auf die Schaumstruktur hat die Zeit, die zwischen dem
Beginn des Zellwachstums und dem Einfrieren der Zellstruktur vergeht. Wenn die
Schaumstabilisierung sehr schnell erfolgt, was zum Beispiel durch Abschrecken des
Schaums erreicht werden kann, können die nukleierten Zellen nur sehr kurze Zeit wachsen,
und die gebildeten Schaumzellen sind sehr klein. Durch die kurze Zellwachstumsphase kann
nur ein Teil des Gases in die Zellen diffundieren, wodurch nur ein geringer Aufschäumgrad
erzielt wird. Wie bereits erwähnt, ist aufgrund des geringen Umgebungsdruckes eine
Diffusion des Gases aus dem Schaum in die Umgebung begünstigt. Wenn die Zeit bis zur
Stabilisierung der Schaumstruktur zu lange dauert, kann ein Großteil des Gases aus dem
Inneren des Schaums in die Umgebung entweichen und die gebildeten Schaumzellen fallen
wieder in sich zusammen.
In verschiedenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass Schaumadditive wie Treibmittel
oder Nukleierungsmittel das Kristallisationsverhalten von thermoplastischen Polymeren
beeinflussen [z.B. Mitsuishi et al. 1991, Velasco et al. 1996, Handa et al. 1997, Zhang und
Handa 1998, Naguib et al. 2005]. In der Polymerschmelze gelöste Gase wie CO2 oder N2
senken die Kristallisationstemperatur ab. Der Effekt ist bei CO2 aufgrund der größeren
Löslichkeit im Vergleich zu N2 stärker ausgeprägt. Die Verringerung der
Kristallisationstemperatur durch die gelösten Gase kann auf eine höhere Beweglichkeit der
Polymermoleküle aufgrund des vergrößerten freien Volumens zurückgeführt werden. Die
Absenkung der Kristallisationstemperatur ist demzufolge um so größer je höher der gelöste
Gasanteil in der Polymerschmelze ist. Es muss jedoch beachtet werden, dass durch die
Abnahme der Gaskonzentration in der Polymerschmelze während des
Zellwachstumsprozesses die reduzierende Wirkung des gelösten Gases auf die
Kristallisationstemperatur geringer wird.
Bei der Verwendung von chemischen Treibmitteln kann trotz der freiwerdenden Gase ein
Anstieg der Kristallisationstemperatur auftreten. Dieser Anstieg ist darauf zurückzuführen,
dass die bei der Zersetzung des chemischen Treibmittels entstehenden festen
Reaktionsprodukte als Nukleierungsmittel für die Kristallisation wirken. Einen ähnlichen
Effekt haben auch die Nukleierungsmittel, die für eine bessere Keimbildung der
Schaumzellen zugegeben werden, da diese nicht nur die Nukleierung der Gasblasen,
sondern auch die Nukleierung der Kristallite fördern [Mitsuishi et al. 1991, Velasco et al.
1996, Naguib et al. 2005]. Ähnlich wie bei der Zellnukleierung unterscheidet man auch bei
der Nukleierung der Kristallite eine homogene und heterogene Nukleierung. Durch die
Zugabe von Nukleierungsmitteln wird die Keimbildungsenergie reduziert, wodurch sich die
Zahl der nukleierten Kristallisationskeime erhöht und so das Wachstum der Kristallite
beschleunigt wird. Die Zugabe von Nukleierungsmitteln führt im allgemeinen zu einem
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
23
Anstieg der Kristallisationstemperatur. Letzteres ist insbesondere für die
Schaumstabilisierung von entscheidender Bedeutung, da durch das Einsetzen der
Kristallisation bei einer höheren Temperatur die Zeit zwischen dem Beginn des
Zellwachstums und der Schaumstabilisierung verringert wird, was, wie bereits erwähnt, zu
geringen Aufschäumgraden führen kann.
Bei der Schaumextrusion kann es je nach Material und Prozessbedingungen außerdem zu
einer scher- bzw. dehninduzierten Kristallisation kommen. Beim Durchströmen der Düse im
Extruder werden die Polymerketten oder -segmente durch die auftretende Scher- und
Dehnbeanspruchung in Fließrichtung orientiert und gestreckt, wodurch sich die
Nukleierungsenergie für die Bildung von Kristalliten verringert [z.B. Hobbs et al. 2001, Hu et
al. 2002, van Meervelt et al. 2004]. Das Auftreten einer fließinduzierten Kristallisation hängt
neben Materialparametern, wie z.B. der Molmassenverteilung, von der Höhe der Scher- bzw.
Dehnbeanspruchung der Schmelze in der Düse und insbesondere von der
Schmelzetemperatur ab. Je geringer die Differenz zwischen der Schmelzetemperatur und
der Kristallisationstemperatur ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer
fließinduzierten Kristallisation. Durch die in der Düse einsetzende Kristallisation kann es zu
einem Verstopfen der Düse kommen, so dass keine Schaumextrusion mehr möglich ist.
2.4 Schäumverhalten von Polypropylenen
Polypropylene haben aufgrund verschiedener exzellenter Eigenschaften, wie z.B. hoher
Steifigkeit, guter Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit, hoher Abriebfestigkeit und
geringer Materialkosten, einen weitverbreiteten Einsatz in unterschiedlichsten Anwendungen
und Produkten gefunden. Das beachtliche Anwendungspotential von geschäumten
Polypropylenen wurde sehr früh erkannt und führte bereits in den 60er Jahren des letzten
Jahrhunderts zur industriellen Einführung von Polypropylenschäumen [Frisch und Saunders
1972]. Nichtsdestotrotz beschränkte sich der Einsatz von Polypropylen bis vor kurzem auf
eine Anzahl von Nischenanwendungen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass konventionelle
lineare Polypropylene eine geringe Schmelzefestigkeit aufweisen, wodurch es schon bei
geringen Aufschäumgraden zu einem Aufreißen der Zellwände kommen kann, da die
Schmelze in den Zellwänden den während des Aufschäumvorganges wirkenden
Dehnbeanspruchungen nicht standhält. Demzufolge besitzen Schäume aus linearem PP
häufig eine sehr inhomogene Zellstruktur und einen hohen Anteil an offenen Zellen und sind
somit für eine Vielzahl von Anwendungen ungeeignet. Um das Aufschäumverhalten von
konventionellem Polypropylen zu verbessern, wurden in den letzten 10 bis 20 Jahren
verschiedene Methoden zur Erhöhung der Schmelzefestigkeit entwickelt.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
24
Erste Erfolge konnten bereits in den 80er Jahren durch die Vernetzung von PP erreicht
werden [z.B. Nojiri et al. 1984, Lee und Wang 1986, Kitagawa et al. 1987]. Die Vernetzung
von Polypropylen kann mittels Elektronen- oder Gammastrahlung, mit Hilfe von Peroxiden
oder durch Aufpfropfen von Organosilanen bzw. Maleinsäureanhydrid und anschließender
Vernetzung der aufgepfropften Moleküle erfolgen [Fritz et al. 1998]. Durch die partielle
Vernetzung des Polypropylens bildet sich ein Gelanteil in der Schmelze, der zu einer
Erhöhung der Schmelzefestigkeit führt. Die hergestellten Schäume aus teilvernetztem PP
weisen eine homogenere Zellstruktur und höhere Aufschäumgrade im Vergleich zu
Schäumen aus konventionellem Polypropylen auf. Wie Bölz (2002) in einer umfangreichen
Untersuchung zum Einfluss des Vernetzungsgrades auf das Schaumverhalten von partiell
vernetzten Polypropylenen feststellte, nimmt mit Zunahme des Vernetzungsgrades die
mittlere Porengröße des Schaums signifikant ab, und gleichzeitig steigt die erreichbare
Dichtereduktion an. Der Nachteil der teilvernetzten Polypropylene ist der erhöhte
Verarbeitungsaufwand und die damit verbundene Steigerung der Kosten. Zunächst wird ein
unvernetztes und unverschäumtes Halbzeug erzeugt, welches in einem zweiten
Verarbeitungsschritt vernetzt und anschließend aufgeschäumt wird.
Der Durchbruch gelang mit der Entwicklung der sogenannten hochschmelzefesten
Polypropylene (engl.: high melt strength PP – kurz HMS-PP) zu Beginn der 90er Jahre. Die
hohe Schmelzefestigkeit wird bei diesen Produkten in den meisten Fällen durch die
Einbringung von Langkettenverzweigungen erzeugt. Es gibt aber auch hochschmelzefeste
PP, die keine Langkettenverzweigungen, sondern eine hochmolekulare Komponente
aufweisen [z.B. Sugimoto et al. 2001a,b]. Allerdings sind diese deutlich weniger verbreitet als
die langkettenverzeigten PP. Die Herstellung von langkettenverzweigtem PP kann über
verschiedene Post-Reaktor Verfahren oder über in-situ Polymerisation erfolgen. Dabei
werden die Post-Reaktor Verfahren, zu denen Elektronenbestrahlung [z.B. Scheve et al.
1990, Yoshii et al. 1996, Sugimoto et al. 1999, Auhl et al. 2004], Gammabestrahlung [z.B.
Valenza et al. 1999, Lugao et al. 2003] und die reaktive Extrusion mittels Peroxiden [z.B.
Langendijk et al. 2001, Gotsis et al. 2004a] gehören, weit häufiger angewandt als die in-situ
Polymerisation.
In zahlreichen Untersuchungen wurde der Einfluss der Langkettenverzweigungen auf die
Schmelzefestigkeit und auf das dehnrheologische Verhalten von Polypropylenen untersucht
[z.B. Hingmann und Marczinke 1994, Kurzbeck et al. 1999, Sugimoto et al. 2001a,b,
Langendijk et al. 2001, Gabriel und Münstedt 2003, Gotsis et al. 2004a, Auhl et al. 2004].
Dabei konnte gezeigt werden, dass die signifikante Erhöhung der Schmelzefestigkeit durch
die Langkettenverzweigungen mit einer ausgeprägten Dehnverfestigung im
dehnrheologischen Verhalten einhergeht [Langendijk et al. 2001, Gotsis et al. 2004b]. Als
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
25
Dehnverfestigung wird ein Anstieg der Dehnviskosität über die linear-viskoelastische
Anlaufkurve in Dehnung bezeichnet. Die Dehnverfestigung bewirkt bei fortschreitender
Dehnbeanspruchung eine Erhöhung des Deformationswiderstandes, was neben einer
Erhöhung der Schmelzefestigkeit auch zu einer sehr homogenen Probendeformation führt
[Kurzbeck 1999].
Erste Untersuchungen zum Schäumverhalten von hochschmelzefestem Polypropylen gehen
auf Bradley und Phillips zurück [Bradley und Phillips 1991, Phillips et al. 1992]. Sie führten
vergleichende Schaumextrusionsversuche mit CFC 114 als Treibmittel an einem
herkömmlichen Polypropylen und einem HMS-PP durch. Während bei dem herkömmlichen
PP nur geringe Aufschäumgrade und ein Zusammenbruch der Schaumstruktur gefunden
wurden, konnten für das hochschmelzefeste PP eine hohe Dichtereduktion von bis zu 95 %
und eine gleichmäßige, geschlossene Zellstruktur erzielt werden. In den ebenfalls
durchgeführten uniaxialen Dehnexperimenten zeigte die langkettenverzweigte
Polypropylenschmelze ein ausgeprägtes Dehnverfestigungsverhalten, welches bei dem
linearen PP nicht gefunden wurde. Deshalb führen die Autoren das verbesserte
Schäumverhalten des langkettenverzweigten Polypropylens darauf zurück, dass durch die
ausgeprägte Dehnverfestigung und die daraus resultierende höhere Schmelzefestigkeit ein
Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstumsprozesses verhindert wurde.
Park und Cheung (1997) untersuchten das Schäumverhalten eines linearen und eines
langkettenverzweigten Polypropylens in der Schaumextrusion mit CO2 und Isopentan als
Treibmittel. Die hergestellten Schäume aus dem linearen PP wiesen eine hohe Anzahl an
offenen, miteinander verbundenen Zellen auf. Dies war bei Verwendung des
langkettenverzweigten PP nicht der Fall. Die Schaumstruktur des langkettenverzweigten PP
bestand aus größtenteils geschlossenen Zellen. Anhand des Vergleiches von in Wasser
abgeschreckten und an der Luft gekühlten Schaumsträngen stellten sie für das lineare PP
signifikante Unterschiede in der Schaumstruktur fest. Die schneller abgekühlten Stränge
wiesen eine deutlich höhere Zelldichte als die langsam abgekühlten auf. Die Abnahme der
Zelldichte durch das langsamere Abkühlen führen die Autoren auf Zellzusammenschlüsse
während des Zellwachstums durch Aufreißen von Zellwänden aufgrund der geringen
Schmelzefestigkeit des linearen PP zurück. Für das langkettenverzweigte PP wurden keine
signifikanten Unterschiede zwischen den langsam und schnell abgekühlten Proben
festgestellt, woraus geschlossen wurde, dass die höhere Schmelzefestigkeit ein Aufreißen
der Zellwände und somit den Zusammenschluss von Zellen verhindert.
Andreassen et al. (1999) führten ähnlich wie Park und Cheung Schaumextrusionsversuche
an einem linearen und einem langkettenverzweigten PP mit CO2 und Isopentan durch. Bei
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
26
Verwendung von CO2 stellten sie ein besseres Schäumverhalten des langkettenverzweigten
Polypropylens hinsichtlich der Zellstruktur, der Dichtereduktion und des
Verarbeitungsfensters fest. In den Schäumversuchen mit Isopentan als Treibmittel konnten
sie jedoch auch mit dem linearen PP Schäume mit einer hohen Zelldichte, einer hohen
Dichtereduktion und einer größtenteils geschlossenzelligen Zellstruktur herstellen, die sich
von den Schäumen des langkettenverzweigten PP nicht oder nur geringfügig unterschieden.
Eine Ursache für den unterschiedlichen Einfluss des Treibmittels auf das Schäumverhalten
des linearen Polypropylens wird jedoch nicht angeführt.
Heinz (2002) stellte in seiner Doktorarbeit ebenfalls fest, dass bei der Schaumextrusion mit
CO2 als Treibmittel bei Verwendung eines kommerziellen langkettenverzeigten PP im
Vergleich zu einem linearen PP eine homogenere Zellstruktur und eine engere
Zellgrößenverteilung auftritt. Obwohl die Schmelzefestigkeit bzw. das dehnrheologische
Verhalten in dieser Arbeit nicht untersucht wurde, führt er die Unterschiede in der
Schaumstruktur der beiden Polypropylene auf die Verringerung von Zellzusammenschlüssen
bei dem langkettenverzweigten PP durch die höhere Schmelzefestigkeit zurück.
Naguib et al. (2002, 2004) beschäftigten sich intensiv mit möglichen Strategien für die
Herstellung von Polypropylenschäumen mit einer starken Dichtereduktion und versuchten,
die grundlegenden Mechanismen bei der Schaumextrusion von Polypropylen zu erforschen.
Sie fanden ebenfalls heraus, dass eine der wichtigsten Strategien für das Erreichen einer
hohen Dichtereduktion bei der Schaumextrusion von Polypropylen die Verwendung von
hochschmelzefestem Polypropylen ist. Der Aufschäumgrad, den sie mit linearen PP
erreichen konnten, war deutlich geringer als mit langkettenverzweigtem PP, was sie
wiederum auf die geringe Schmelzefestigkeit des linearen PP und dem daraus
resultierenden Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstumsprozesses
zurückführten. Durch das Aufreißen der Zellen kommt es zu Zellvereinigungen und zu einem
hohen Anteil an miteinander verbundenen Zellen, wodurch ein größerer Teil des Treibgases
an die Umgebung verloren geht.
Eine weitere Strategie zur Verringerung der Dichte bei der Schaumextrusion von PP ist die
Verwendung eines langkettigen Treibgases. Im Vergleich zu den Inertgasen weisen Alkane,
wie z. B. Butan oder Pentan, aufgrund der höheren Molmasse eine niedrigere Flüchtigkeit
und demzufolge eine geringere Diffusionsfähigkeit auf. Durch die niedrigere
Diffusionsfähigkeit werden die Zellwachstumsgeschwindigkeit und der Gasverlust in die
Umgebung verringert. Schließlich konnten die Autoren zeigen, dass die
Verschäumtemperatur einen entscheidenden Einfluss auf die erreichbare Dichtereduktion
hat. Der Aufschäumgrad durchläuft in Abhängigkeit von der Temperatur ein Maximum. Bei
hohen Temperaturen wird der erreichbare Aufschäumgrad durch den Gasverlust an die
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
27
Umgebung bestimmt. Durch Verringerung der Verschäumtemperatur kann der Gasverlust
gesenkt werden, da die Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Polymerschmelze mit
der Temperatur abnimmt. Wenn die Temperatur allerdings zu gering wird, setzt die
Kristallisation zu früh ein, und der Zellwachstumsprozess wird vorzeitig gestoppt. Deshalb ist
die richtige Wahl der Verschäumtemperatur für das Erreichen einer maximalen
Dichtereduktion bei der Schaumextrusion von Polypropylen von großer Bedeutung.
Den Doelder et al. (2002) führten Untersuchungen zur Modellierung des
Aufschäumverhaltens eines linearen und eines kommerziellen hochschmelzefesten
Polypropylens durch. Hierfür analysierten sie insbesondere das dehnhreologische Verhalten
und das Kristallisationsverhalten auch unter Scherbeanspruchung der beiden Polypropylene.
Sie fanden ein ausgeprägtes Dehnverfestigungsverhalten bei dem hochschmelzefesten PP,
während das lineare PP keine Dehnverfestigung aufwies. Die Kristallisationstemperatur des
linearen PP ist signifikant geringer als die des langkettenverzweigten PP. Der Einfluss der
Scherung auf das Kristallisationsverhalten ist bei beiden Polypropylenen gleich. Unter
Berücksichtigung der Unterschiede im Kristallisationsverhalten und in der Dehnrheologie
bestimmten sie das Verarbeitungsfenster, in dem eine stabile Schaumstruktur erzeugt
werden kann. Für das langkettenverzweigte PP ergab die Modellierung ein
Verarbeitungsfenster von ca. 7 °C, in dem stabile Blasen gebildet werden können, während
für das lineare PP kein Verarbeitungsfenster ermittelt werden konnte, in dem ein stabiler
Schaum erzeugt werden kann. Sie erwähnen, dass dies mit Ergebnissen experimenteller
Untersuchungen zum Verschäumverhalten übereinstimmt, ohne jedoch die Ergebnisse
genauer darzustellen und Informationen zu den Versuchsbedingungen zu geben.
Die zitierten Untersuchungen belegen, dass durch die Verwendung hochschmelzefester
Polypropylene die bei linearen Polypropylenen auftretenden Probleme bei der
Schaumherstellung behoben werden können. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das
verbesserte Aufschäumverhalten der hochschmelzefesten Polypropylene wahrscheinlich auf
die hohe Schmelzefestigkeit und die ausgeprägte Dehnverfestigung zurückzuführen ist. Eine
systematische Untersuchung der Zusammenhänge zwischen dem rheologischen Verhalten
insbesondere unter Dehnbeanspruchung und dem Verarbeitungsverhalten im
Schäumprozess wurde dagegen noch nicht beschrieben. Erste Untersuchungen an Blends
aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen bzw. an Polypropylenen mit
unterschiedlichen Anteilen an Langkettenverzweigungen im Hinblick auf eine gezielte
Variation des dehnrheologischen Verhaltens und dessen Korrelation mit dem
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion wurden jedoch in den letzten Jahren parallel
zu der hier vorliegenden Arbeit durchgeführt.
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
28
Naguib et al. (2001) und Reichelt et al. (2003) führten Untersuchungen an Blends aus einem
linearen und einem langkettenverzweigten Polypropylen durch. Zunächst wurde der Einfluss
des Anteils an langkettenverzweigtem PP auf die Schmelzefestigkeit mittels Rheotens
untersucht. Mit steigendem Anteil an langkettenverzeigtem PP nahmen sowohl die
Schmelzefestigkeit als auch die Dehnbarkeit der Schmelze, d.h. die maximal erreichte
Dehnung, zu. In der Schaumextrusion mit Butan als Treibmittel wurde ein Anstieg der
Zelldichte und des Aufschäumgrades mit zunehmendem Anteil an langkettenverzweigtem
Polypropylen gefunden.
Spitael und Macosko (2004) untersuchten ebenfalls das Schäumverhalten von Blends aus
linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen. Für ihre Untersuchungen stellten sie
Blends aus einem linearen und zwei langkettenverzweigten PP her. Mit Hilfe uniaxialer
Dehnexperimente wurde der Einfluss des Anteils an langkettenverzweigtem Polypropylen auf
die Dehnverfestigung untersucht. Für beide untersuchten langkettenverzweigten
Polypropylene wurde ein Anstieg der Dehnverfestigung mit zunehmendem Anteil an
verzweigten PP gefunden. In den anschließenden Schäumuntersuchungen mit CO2 als
Treibmittel konnte keine direkte Korrelation zwischen der Dehnverfestigung und der
Zelldichte festgestellt werden. Es wurde ein Maximum in der Zelldichte bei einem Anteil von
25 Gew.% langkettenverzweigtem PP gefunden. Das Maximum wird durch den kombinierten
Einfluss einer höheren Anzahl an Nukleierungsstellen des linearen PP und einer
verminderten Zellkoaleszenz des langkettenverzweigten PP aufgrund der Dehnverfestigung
erklärt.
Gotsis et al. (2004b) untersuchten das dehnrheologische Verhalten und das
Schäumverhalten in Extrusion für langkettenverzweigte Polypropylene, die über reaktive
Extrusion mit Peroxiden erzeugt wurden. Dabei wurde, ausgehend von einem linearen
Ausgangsmaterial, durch die Zugabe unterschiedlicher Anteile an Peroxiden der Anteil an
Langkettenverzweigungen in den modifizierten Polypropylenen erhöht. Mit steigender Anzahl
an Langkettenverzweigungen wurde sowohl ein Anstieg der Dehnverfestigung als auch der
Schmelzefestigkeit gefunden. In der Schaumextrusion mit N2 als Treibmittel ergab sich eine
signifikante Zunahme der Dichtereduktion sowie eine Verringerung der Zelldurchmesser und
eine enge Zellgrößenverteilung bereits bei geringen Anteilen an Langkettenverzweigungen.
Bei hohen Anteilen an Langkettenverzweigungen zeigte sich jedoch wieder eine
Verschlechterung des Schäumverhaltens, die nach Ansicht der Autoren vermutlich auf eine
Verringerung der Reißdehnung der Polymerschmelze zurückgeführt werden kann.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es bisher nur sehr wenige Untersuchungen
bezüglich eines direkten Vergleiches zwischen dem Verarbeitungsverhalten von
2 Polymerschäume und Schaumextrusion
29
Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur in der Schaumextrusion und den
rheologischen Eigenschaften gibt. Insbesondere sind fast gar keine Literaturstellen zu finden,
in denen der Einfluss der molekularen Struktur und der rheologischen Eigenschaften von
Polypropylenen auf das Aufschäumverhalten beim Schäumen mit chemischen Treibmitteln
analysiert wurde. Es gibt zwar einige Arbeiten, die sich mit der Charakterisierung von
chemischen Treibmitteln für die Schaumextrusion von Polypropylenen und deren
Auswirkungen auf die Schaumeigenschaften beschäftigen [z.B. Dixon et al. 2000 und 2001],
gezielte Untersuchungen, ob sich ähnlich wie beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel
durch den Einsatz von hochschmelzefesten Polypropylenen eine Optimierung des
Schäumverhaltens bei der Schaumextrusion und der Endeigenschaften der Schäume
erreichen lässt, wurden in der Literatur jedoch nicht gefunden.
Deshalb ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, anhand der systematischen Untersuchung des
molekularen Aufbaus, rheologischer Eigenschaften und des Aufschäumverhaltens einiger
ausgewählter Polypropylene unterschiedlicher molekularer Struktur einen Beitrag zum
besseren Verständnis der Zusammenhänge zwischen den molekularen Parametern, dem
Fließverhalten in Scher- und Dehnströmungen und dem Schäumverhalten zu leisten. Dabei
soll ebenfalls beurteilt werden, ob sich diese Zusammenhänge bei der Schaumherstellung
mit chemischem und physikalischem Treibmittel unterscheiden.
Einen Schwerpunkt der Arbeit ist die Analyse des dehnverfestigenden Verhaltens der
untersuchten Polypropylene, wobei herausgearbeitet werden soll, wie sich Unterschiede in
der Höhe der Dehnverfestigung und in der Abhängigkeit der Dehnverfestigung von der
Dehngeschwindigkeit qualitativ auf das Schäumverhalten auswirken, da diesbezüglich noch
keine intensiven Untersuchungen in der Literatur gefunden wurden. Es ist jedoch bekannt,
dass das Dehnverfestigungsverhalten sehr stark vom molekularen Aufbau, insbesondere von
Art und Anteil an Langkettenverzweigungen, abhängig ist. Deshalb soll im Rahmen dieser
Arbeit überprüft werden, ob durch eine gezielte Anpassung des Dehnverfestigungsverhaltens
über die Variation der molekularen Struktur von Polypropylenen, z.B. über die Herstellung
von Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen oder über die
Elektronenbestrahlung von linearem PP, eine Optimierung des Schäumverhaltens und der
erreichbaren Schaumstruktur erzielt werden kann3.
3 Die folgenden im Rahmen der Bearbeitung der Fragestellungen entstandenen Veröffentlichungen von Teilergebnissen der vorliegenden Arbeit in wissenschaftlichen Zeitschriften und Tagungsbänden sind dem Dekanat der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg ordnungsgemäß angezeigt worden: Auhl et al. (2004), Stange et al. (2004), Münstedt und Stange (2005), Stange et al. (2005a, b), Stange und Münstedt (2005a,b).
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
30
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung 3.1 Untersuchte Polypropylene
Für die Untersuchungen wurden isotaktische Polypropylene unterschiedlicher molekularer
Struktur verwendet. Zunächst wurden ein konventionelles lineares Polypropylen (L-PP1) und
ein hochschmelzefestes langkettenverzweigtes Polypropylen (LCB-PP1) ausgewählt. Das
langkettenverzweigte Polypropylen ist ein kommerzielles Produkt der Firma Basell
Polyolefine GmbH mit der Typenbezeichnung Profax PF814, das speziell für die Herstellung
von geschäumten Produkten geeignet ist. Vom Hersteller wurden keine Angaben über die
Erzeugung der Langkettenverzweigungen gemacht. Allerdings kann anhand der
Patentliteratur vermutet werden, dass die Langkettenverzweigungen durch
Elektronenbestrahlung erzeugt wurden [Scheve et al. 1990, DeNicola 1991]. Das mit L-PP1
bezeichnete lineare Polypropylen Moplen HP520H ist ebenfalls ein Handelsprodukt der
Firma Basell Polyolefine GmbH, dessen Scherviskosität sich im Bereich hoher
Schergeschwindigkeiten nur geringfügig von der Viskosität des LCB-PP1 unterscheidet.
Zur gezielten Variation des Anteils an Langkettenverzweigungen wurden Blends aus dem
linearen L-PP1 und dem langkettenverzweigten LCB-PP1 hergestellt. Da nicht bekannt ist,
ob das rheologische Verhalten und das Verarbeitungsverhalten im Schäumprozess der
Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen von dem Viskositätsniveau
der Blendpartner abhängen, wurde eine zweite Blendserie mit einem höherviskosen linearen
Polypropylen (L-PP2) als Blendpartner für das gleiche langkettenverzweigte LCB-PP1
untersucht. Das L-PP2 ist ein kommerzielles lineares PP der Basell Polyolefine GmbH mit
der Bezeichnung Hostalen PPH2150.
Des weiteren wurden zwei kommerzielle hochschmelzefeste Polypropylene der Chisso
Petrochemical Corporation verwendet, bei denen die hohe Schmelzefestigkeit laut
Herstellerangabe nicht durch Langkettenverzweigungen, sondern durch einen geringen
Anteil an ultrahochmolekularem Polyethylen hervorgerufen wird. Die beiden Produkte
unterscheiden sich in ihrem molekularen Aufbau, insbesondere in der gewichtsmittleren
Molmasse. Das hochschmelzefeste Polypropylen HMS-PP1 mit der Bezeichnung
Newfoamer FH3400 weist eine deutlich niedrigere Molmasse als das hochschmelzefeste
Polypropylen HMS-PP2 mit der Bezeichnung Newfoamer FH6000 auf.
Im Rahmen eines Projektes zwischen dem Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der Universität
Erlangen-Nürnberg und dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden wurden durch
Elektronenbestrahlung von linearen Polypropylenen langkettenverzweigte Polypropylene im
Labormaßstab erzeugt. Aus diesem Projekt wurden in der vorliegenden Arbeit das lineare
Ausgangsprodukt Novolen PPH2150 der Basell Polyolefin GmbH (bezeichnet als L-PP3) und
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
31
zwei mit unterschiedlichen Dosen bestrahlte Polypropylene untersucht. Das Polypropylen
LCB-PP2 wurde mit einer Dosis von 5 kGy und das LCB-PP3 mit einer Dosis von 60 kGy
bestrahlt.
Schließlich wurde noch ein weiteres lineares Polypropylen der Firma Basell Polyolefine
GmbH mit der Typenbezeichnung Moplen HP501L (bezeichnet als L-PP4) in die
Untersuchungen einbezogen, welches eine geringere gewichtsmittlere Molmasse als die drei
anderen linearen Polypropylene aufweist. Das L-PP4 wurde als lineares Vergleichsprodukt
zu dem LCB-PP3 und dem HMS-PP1 ausgewählt, die beide eine ähnlich niedrige
gewichtsmittlere Molmasse wie das L-PP4 besitzen.
3.1.1 Herstellung von Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen
Die Herstellung der Blends erfolgte in einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder. Zu
den linearen Polypropylenen L-PP1 und L-PP2 wurden jeweils 2, 5, 10, 25, 50 und 75 Gew.-
% des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-PP1 zugemischt4. Zunächst wurden die
Granulate der Ausgangsprodukte in der entsprechenden Zusammensetzung für ca. 30 min in
einem Taumelmischer vorgemischt. Den Mischungen wurde jeweils 0,1 Gew.-% des
Stabilisators Irganox HP2215 zugegeben5. Die anschließende Compoundierung erfolgte an
einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder der Firma Leistritz (Typ: LSM 34 GL). Es
wurden Schnecken mit einem Längen/Durchmesser-Verhältnis von 32 verwendet. Als
Werkzeug wurde eine Rundlochdüse mit einem Durchmesser von 3 mm eingesetzt. Für alle
hergestellten Blends wurden die gleichen Extrusionsbedingungen verwendet. Der Extruder
verfügt über 10 Heizzonen, deren Temperaturen so eingestellt wurden, dass sich eine
Massetemperatur von ca. 220°C ergab. Die Schneckendrehzahl des Extruders betrug
30 min-1. Die Befüllung des Extruders erfolgte über eine kontinuierliche Dosieranlage, wobei
eine Drehzahl der Dosierschnecke von 10 min-1 eingestellt wurde. Der extrudierte Strang
wurde in einem Wasserbad abgekühlt und anschließend mit Hilfe eines Granulators (Typ:
Magme GA 1-3 GR) zerkleinert.
3.1.2 Herstellung langkettenverzweigter Polypropylene über Elektronenbestrahlung
In verschiedenen Arbeiten in der Literatur wurde beschrieben, dass die
Elektronenbestrahlung eine geeignete Methode zur Erzeugung von
Langkettenverzweigungen in Polypropylen ist [z.B. Scheve et al. 1990, Yoshii et al. 1996,
Sugimoto et al. 1999, Auhl et al. 2004]. Durch die Wechselwirkung der Elektronenstrahlen
4 Die jeweiligen Ausgangsprodukte der Blends wurden ebenfalls unter den gleichen Bedingungen extrudiert, um einen Einfluss der Extrusion auf die Eigenschaften der Produkte beurteilen zu können. 5 Der Stabilisator Irganox HP2215 ist eine Mischung aus einem Langzeitstabilisator und einem Antioxidationsmittel.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
32
mit dem Polypropylen kommt es zur Bildung freier Radikale. Diese können sowohl zur
Kettenspaltung als auch zur Bildung von Verzweigungen führen. In der Regel laufen beide
Prozesse gleichzeitig ab. Die molekulare Struktur der bestrahlten Polypropylene hängt dabei
sehr stark von der Bestrahlungsdosis und den Bestrahlungsparametern ab [Auhl 2006,
Krause 2005].
Die Durchführung der Elektronenbestrahlung der in dieser Arbeit verwendeten Polypropylene
LCB-PP2 und LCB-PP3 erfolgte am Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. Für die
Bestrahlung wurde ein Elektronenbeschleuniger ELV-2 (Budker Institute of Nuclear Physics,
Russland) verwendet. Die Energie der beschleunigten Elektronen betrug 1,5 MeV. Das
lineare Polypropylen L-PP3 wurde in Granulatform in eine spezielle Bestrahlungskammer
gefüllt (siehe Bild 3.1). Die Bestrahlung erfolgte bei Raumtemperatur, Umgebungsdruck und
in Stickstoffatmosphäre. LCB-PP2 wurde in einem Schritt mit einer Dosis von 5 kGy
bestrahlt. Im Fall des LCB-PP3 wurde die Gesamtdosis von 60 kGy in 6 Schritten zu jeweils
10 kGy aufgebracht, um den Temperaturanstieg in der Probe aufgrund der
Elektronenstrahlung zu minimieren. Nach der Bestrahlung wurde das Polypropylen für
30 min bei einer Temperatur von 80 °C unter Stickstoffatmosphäre getempert, um die
entstandenen Radikale miteinander reagieren zu lassen. Anschließend erfolgte eine zweite
Temperung von 60 min bei einer Temperatur von 130 °C, damit die übrigen Radikale
abreagieren können und so deaktiviert werden6.
Elektronenstrahl
Probe
Pumpe
Gas
Elektronenstrahl
Probe
Pumpe
Gas
Bild 3.1: Schematische Darstellung der Probenkammer zur Elektronenbestrahlung [IPF Dresden]
3.2 Analyse des molekularen Aufbaus Die Kenntnis des molekularen Aufbaus der untersuchten Polypropylene ist von
entscheidender Bedeutung, um Zusammenhänge zwischen rheologischen Eigenschaften
und molekularer Struktur ableiten zu können. Nur durch die Kombination von molekularer
6 Genauere Details der Elektronenbestrahlung können Krause (2005) entnommen werden.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
33
Analyse, Bestimmung rheologischer Eigenschaften und Untersuchung des
Verschäumungsverhaltens können gezielte Rückschlüsse hinsichtlich des Einflusses
molekularer Parameter auf das Verarbeitungsverhalten im Schäumprozess erhalten werden.
Wie im Folgenden gezeigt wird, ermöglicht die am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe
vorhandene Gelpermeationschromatographie mit angeschlossener Vielwinkellichtstreuung
die Bestimmung absoluter Molmassenwerte für lineare und langkettenverzweigte
Polypropylene sowie die Detektion und Analyse von Langkettenverzweigungen.
3.2.1 Gelpermeationschromatographie mit angeschlossener Vielwinkellichtstreuung
Mit Hilfe der Gelpermeationschromatographie (GPC) werden die Molmasse und die
Molmassenverteilung von Polymeren bestimmt. Das physikalische Prinzip der GPC beruht
auf der Fraktionierung von gelösten Makromolekülen nach ihrem hydrodynamischen
Volumen. Die Fraktionierung erfolgt dabei mit Hilfe von Säulen, die mit porösen Partikeln auf
Basis vernetzter Polystyrole gefüllt sind. Moleküle mit geringem hydrodynamischem Volumen
haben eine längere Aufenthaltswahrscheinlichkeit in den Säulen als Moleküle mit großem
hydrodynamischem Volumen. Auf diese Weise werden die Moleküle nach ihrer Molekülgröße
getrennt. Nach dem Verlassen der Säulen wird die Konzentration der eluierten Moleküle
bestimmt. Durch Auftragung der Konzentration als Funktion des Elutionsvolumens ergibt sich
die sogenannte Elutionskurve. Im Fall von linearen Molekülen kann die Elutionskurve direkt
in die Molmassenverteilungskurve umgerechnet werden. Hierfür ist jedoch die Kalibrierung
der GPC mit linearen monodispersen Eichstandards erforderlich.
Für langkettenverzweigte Polymere liefert die Bestimmung der Molmassenverteilung mit Hilfe
von Eichstandards fehlerhafte Ergebnisse, da die Langkettenverzweigungen zu einer
Verringerung des hydrodynamischen Volumens der Moleküle im Vergleich zu linearen
Molekülen gleicher Molmasse führen. Eine Methode zur Messung der Molmassenverteilung
langkettenverzweigter Polymere ist die Kombination einer GPC mit einem
Vielwinkellichtstreudetektor (engl. multi-angle laser-light scattering detector – kurz: MALLS).
Die Kopplung von GPC und Lichtstreuung (GPC-MALLS) erlaubt die Bestimmung absoluter
Molmassenwerte für jede Fraktion des Elutionsvolumens7.
Ein quantitativer Vergleich der Molmassenverteilung von Polymeren kann über Mittelwerte
erfolgen. Die wichtigsten Mittelwerte der Molmassenverteilung sind die gewichtsmittlere
Molmasse Mw und die zahlenmittlere Molmasse Mn, die wie folgt definiert sind:
7 Es muss beachtet werden, dass ein Lichtstreudetektor nur in Verbindung mit einem Konzentrationsdetektor eingesetzt werden kann, da die Signalintensität der Lichtstreuung proportional zum Produkt aus Konzentration und Molmasse ist.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
34
∑∑
⋅
⋅=
ii
iiw Mn
MnM
2
(3.1)
∑∑ ⋅
=i
iin n
MnM (3.2)
wobei ni der Anzahl an Molekülen der Molmasse Mi entspricht.
Als ein quantitatives Maß für die Breite der Molmassenverteilung wird häufig die sogenannte
Polydispersität verwendet, die dem Quotienten Mw/Mn entspricht.
Die Kopplung von GPC und Vielwinkellichtstreuung ermöglicht neben der Bestimmung
absoluter Molmassenwerte auch die Analyse von Langkettenverzweigungen. Wie bereits
erwähnt, führen die Langkettenverzweigung zu einer geringeren Molekülgröße im Vergleich
zu linearen Molekülen gleicher Molmasse. Mit Hilfe der Lichtstreuung kann diese
Molekülkontraktion direkt gemessen werden. Der Kontraktionsfaktor g, der dem Quotienten
der Erwartungswerte der Quadrate der Trägheitsradien von langkettenverzweigten
Molekülen <s2>br und linearen Molekülen <s2>lin entspricht, ist demzufolge ein qualitatives
Maß für die Detektion von Langkettenverzweigungen.
lin
br
s
sg
2
2
= (3.3)
Unter Annahmen bezüglich der Verzweigungsstruktur lassen sich aus dem
Kontraktionsfaktor jedoch auch quantitative Informationen über den
Langkettenverzweigungsanteil gewinnen. Für statistisch verzweigte Polymere mit einer
sternförmigen Verzweigungsstruktur kann die mittlere Anzahl an Verzweigungspunkten pro
Molekül m berechnet werden. Unter der Annahme einer Funktionalität der
Verzweigungspunkte von 3 gilt für monodisperse Fraktionen zwischen dem
Kontraktionsfaktor g3 und der Anzahl m an Verzweigungspunkten je Molekül folgender
Zusammenhang [Zimm und Stockmayer 1949] 8:
5.05.0
3 94
71
−
+
+=
πmmg (3.4)
Mit Hilfe von m kann die Anzahl der Verzweigungen pro 1000 Monomereinheiten λ wie folgt
berechnet werden:
8 Obwohl der in Gl. 3.4 beschriebene Zusammenhang laut Zimm und Stockmayer (1949) nur für langkettenverzweigte Modellpolymere gleicher Verzweigungsstruktur gültig ist, hat er sich auch zur Abschätzung des Anteils an Langkettenverzweigungen für Polymere, die sich aus linearen und langkettenverzweigten Molekülen zusammensetzen, bewährt [z.B. Sugimoto et al. 1999, Gabriel 2001, Auhl et al. 2004, Gotsis et al. 2004a].
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
35
MMMm
⋅⋅= 1000λ (3.5)
wobei MM der Molmasse der Monomereinheit und M der Molmasse des
langkettenverzweigten Moleküls entspricht.
Für die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten GPC-MALLS-Untersuchungen wurden
eine Hochtemperatur-GPC der Firma Waters (Typ Waters 150-C) und ein Vielwinkel-
Lichtstreudetektor der Firma Wyatt (Typ Dawn EOS) verwendet. Da Polypropylen nur bei
erhöhten Temperaturen löslich ist, war eine Temperierung der Probenaufgabeeinheit, der
Trennsäulen und der Detektoren auf 140 °C erforderlich. Als Lösungsmittel wurde 1,2,4-
Trichlorbenzol verwendet. Die Konzentration des Polymers in der Lösung betrug 2 g/l und
das Injektionsvolumen 300 µl. Es wurde ein Säulensatz aus 4 Shodex-Säulen (1 x UT-807, 3
x AT-806 MS) und einer Vorsäule verwendet. Als Konzentrationsdetektoren dienten zum
einen ein Differentialrefraktometer und zum anderen ein IR-Spektrometer.
3.2.2 Molmassenverteilung
Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Die Molmassenverteilungen des linearen L-PP1 und des langkettenverzweigten LCB-PP1
sind in Bild 3.2 dargestellt. Das L-PP1 weist eine deutlich engere Molmassenverteilung als
das LCB-PP1 auf. Während der Peak des linearen PP annähernd symmetrisch ist, zeigt das
langkettenverzweigte PP einen deutlichen Ausläufer zu hohen Molmassen, der durch eine
zusätzliche Schulter gekennzeichnet ist. Aufgrund dieser starken hochmolekularen Flanke
hat das LCB-PP1 eine mehr als doppelt so hohe gewichtsmittlere Molmasse und eine
signifikant größere Polydispersität (siehe Tabelle 3.1).
104 105 106 107 1080,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
d
W /d
logM
g/mol
M
L-PP1 L-PP1 extr. LCB-PP1 LCB-PP1extr.
Bild 3.2: Molmassenverteilungen der beiden Polypropylene L-PP1 und LCB-PP1 im
Ausgangszustand und nach der Extrusion im Doppelschneckenextruder
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
36
In Bild 3.2 sind zusätzlich die Kurven für die extrudierten Proben der beiden Polypropylene
mit eingezeichnet. Wie man dem Diagramm entnehmen kann, führt die Extrusion zu keiner
signifikanten Änderung der Molmassenverteilung der Blendpartner. Während die
gewichtsmittlere Molmasse des linearen PP durch die Extrusion nahezu unverändert bleibt9,
zeigt sich bei dem langkettenverzweigten PP eine geringfügige Abnahme von Mw um ca. 7
%. Dies deutet auf eine Degradation des Polypropylenes aufgrund von Kettenspaltungen
während der thermisch-mechanischen Beanspruchung im Extruder hin. Unter
Berücksichtigung der Messgenauigkeit der GPC von etwa 5 %, sind diese Veränderungen
jedoch vernachlässigbar klein.
In Bild 3.3 sind die Molmassenverteilungen der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1
in L-PP1 zusammen mit den Kurven der beiden Blendpartner dargestellt. Die
Verteilungskurven der Blends mit geringeren Anteilen an LCB-PP sind nicht dargestellt, da
diese sich nicht signifikant von der Kurve des linearen PP unterscheiden. Es ist zu erkennen,
dass sich die Zugabe des langkettenverzweigten PP zu dem linearen PP insbesondere im
Bereich hoher Molmassen auswirkt. Je stärker der Anteil an langkettenverzweigtem PP ist,
desto ausgeprägter ist der hochmolekulare Ausläufer. Eine signifikante Schulter im
hochmolekularen Bereich wie bei dem reinen LCB-PP1 ist erst ab einem Anteil an 50 Gew.-
% LCB-PP ausgebildet.
104 105 106 107 1080,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
d
W /d
logM
g/mol
M
L-PP1/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100
Bild 3.3: Molmassenverteilungen der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 im
Vergleich zu den beiden Blendpartnern
Die Mittelwerte der Molmassenverteilung Mw und Mn sowie die Polydispersität Mw/Mn sind für
die Blends in Tabelle 3.1 dargestellt. Bis zu einem Anteil an LCB-PP1 von 10 Gew.-% ändert
sich die Polydispersität im Vergleich zum linearen PP nur geringfügig. Erst bei den Blends
mit mehr als 10 Gew.-% LCB-PP1 nimmt die Polydispersität aufgrund des deutlich stärker
ausgeprägten hochmolekularen Ausläufers signifikant zu. 9 Gleiches wurde auch für das lineare L-PP2 gefunden.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
37
Mw [kg/mol] Mn [kg/mol] Mw/ Mn
L-PP1 458 114 4,0
L-PP1/LCB-PP1 98/2 470 117 4,0 L-PP1/LCB-PP1 95/5 483 117 4,1 L-PP1/LCB-PP1 90/10 503 115 4,3 L-PP1/LCB-PP1 75/25 612 127 4,8 L-PP1/LCB-PP1 50/50 777 127 6,1 L-PP1/LCB-PP1 25/75 975 127 7,7
LCB-PP1 1157 133 8,7
Tabelle 3.1: Molmassenmittelwerte und Polydispersitäten der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1,
ermittelt mit GPC-MALLS
Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Die Molmassenverteilungen des L-PP2, der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1
sowie des reinen LCB-PP1 sind in Bild 3.4 abgebildet. Das lineare L-PP2 weist im Vergleich
zum linearen L-PP1 eine höhere gewichtsmittlere Molmasse bei einer ähnlichen Breite der
Molmassenverteilung auf (siehe auch Tabelle 3.2). Aufgrund der höheren Molmasse des L-
PP2 ist der Unterschied zu dem langkettenverzweigten PP im hochmolekularen Bereich nicht
so stark ausgeprägt. Die gewichtsmittlere Molmasse ist jedoch immer noch signifikant kleiner
als die des langkettenverzweigten PP.
104 105 106 107 1080,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
d
W /d
logM
g/mol
M
L-PP2/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100
Bild 3.4: Molmassenverteilungen der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP2 im
Vergleich zu den beiden Blendpartnern
Durch die Zugabe des LCB-PP1 zum L-PP2 ändert sich nicht nur der hochmolekulare
Ausläufer, sondern es findet auch eine Verschiebung der Molmassenverteilung zu
geringeren Molmassen statt. Die Verschiebung ist jedoch erst ab einem Anteil von 50 Gew.-
% als signifikant zu bezeichnen. Während bei den Blends aus L-PP1 mit dem
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
38
langkettenverzweigten PP bereits bei einem Anteil von 25 Gew.-% eine signifikante
Verbreiterung der Molmassenverteilung festgestellt wurde, ist aufgrund der geringeren
Unterschiede in den gewichtsmittleren Molmassen zwischen L-PP2 und LCB-PP1 erst bei
einem Anteil von 50 Gew.-% eine deutliche Zunahme der Breite der Molmassenverteilung zu
erkennen. Dies drückt sich auch in den in Tabelle 3.2 aufgeführten Polydispersitäten aus.
Mw [kg/mol] Mn [kg/mol] Mw/ Mn
L-PP2 860 218 3,9
L-PP2/LCB-PP1 98/2 865 209 4,1 L-PP2/LCB-PP1 95/5 865 211 4,1 L-PP2/LCB-PP1 90/10 878 209 4,2 L-PP2/LCB-PP1 75/25 907 218 4,5 L-PP2/LCB-PP1 50/50 980 144 6,8 L-PP2/LCB-PP1 25/75 1072 134 8,0
LCB-PP1 1157 133 8,7
Tabelle 3.2: Molmassenmittelwerte und Polydispersitäten der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1,
ermittelt mit GPC-MALLS
In Bild 3.5 sind die gewichtsmittleren Molmassen der L-PP2/LCB-PP1 - Blends und der L-
PP1/LCB-PP1 - Blends als Funktion des Gewichtsanteiles φLCB-PP1 an langkettenverzweigtem
PP aufgetragen. Die Molmassen der Blends folgen in guter Näherung der linearen
Mischungsregel zwischen den beiden Blendkomponenten, was ein Indiz für eine gute
Compoundierung der Blendpartner ist.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0400
600
800
1000
1200
lineare Mischungsregel
MW
φLCB-PP1
L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends
kg/mol
Bild 3.5: Abhängigkeit der gewichtsmittleren Molmasse vom Gewichtsanteil an LCB-PP1 für die
Blends aus L-PP1 bzw. L-PP2 und LCB-PP1
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
39
HMS-PP
Im Vergleich zu dem hochschmelzefesten LCB-PP1 weisen die beiden HMS-PP1 und HMS-
PP2 laut Herstellerangaben keine Langkettenverzweigungen, sondern eine hochmolekulare
Komponente auf. Im Bild 3.6 sind die Molmassenverteilungen dieser drei Produkte
miteinander verglichen. Im Gegensatz zu dem LCB-PP zeigen die HMS-PP keine
ausgeprägte hochmolekulare Schulter. Das HMS-PP1 besitzt eine signifikant niedrigere
mittlere Molmasse als das HMS-PP2. Ein zweiter Peak durch eine eventuell vorhandene
hochmolekulare Komponente ist bei keinem der beiden HMS-PP zu erkennen. Das HMS-
PP1 weist jedoch einen ausgeprägten Ausläufer im Bereich hoher Molmassen auf. Ein
solcher deutet sich auch bei dem HMS-PP2 an, ist aber aufgrund der größeren mittleren
Molmasse deutlich geringer ausgeprägt.
Die Verteilungsbreite der beiden HMS-PP liegt jedoch sogar unter den für die linearen PP
gefundenen Werten (siehe Tabelle 3.3). Ein hoher Anteil an einer hochmolekularen
Komponente sollte sich sowohl in der Verteilungskurve in Form einer signifikanten
hochmolekularen Schulter bzw. eines zweiten Peaks im Bereich hoher Molmassen als auch
in einer deutlichen Erhöhung der Polydispersität zeigen. Anhand der Ergebnisse der GPC-
Analyse kann dies für die beiden untersuchten HMS-PP ausgeschlossen werden.
Insbesondere die Verteilungskurve des HMS-PP1 deutet jedoch darauf hin, dass zumindest
ein geringer Anteil an einer hochmolekularen Spezies in dem Polypropylen vorhanden ist.
Die Konzentration scheint jedoch sehr gering zu sein.
104 105 106 107 1080,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
d
W /d
logM
g/mol
M
HMS-PP1 HMS-PP2 LCB-PP1
Bild 3.6: Molmassenverteilungen der Polypropylene HMS-PP1 und HMS-PP2 im Vergleich zu LCB-
PP1
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
40
Elektronenbestrahlte PP Die Molmassenverteilungen der elektronenbestrahlten Polypropylene sind zusammen mit der
Kurve des linearen Ausgangsmaterials in Bild 3.7 gezeigt10. Durch die Elektronenbestrahlung
wird die Molmassenverteilung zu niedrigeren Molmassen hin verschoben, wobei die Breite
der Verteilung nahezu unverändert bleibt (vgl. auch Tabelle 3.3). Die Abnahme der
Molmasse durch die Elektronenbestrahlung ist auf die Kettenspaltung durch die erzeugten
freien Radikale zurückzuführen. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 weist bereits signifikante
Abweichungen von der Verteilungskurve des linearen Ausgangsproduktes auf. Dies zeigt,
dass schon geringe Dosen zu einer Veränderung der molekularen Struktur des linearen
Ausgangsproduktes führen. Die Abnahme der Molmasse ist bei dem LCB-PP3 aufgrund der
größeren Bestrahlungsdosis von 60 kGy erwartungsgemäß deutlich stärker ausgeprägt.
104 105 106 1070,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
d
W /d
logM
g/mol
M
L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3
Bild 3.7: Molmassenverteilungen der elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 (Dosis 5 kGy) und
LCB-PP3 (Dosis 60 kGy) sowie des linearen Ausgangsproduktes L-PP3 [Auhl 2006]
In Tabelle 3.3 sind die Molmassenmittelwerte und die Polydispersitäten der
Molmassenverteilungen aller untersuchten Polypropylene mit Ausnahme der Blends
zusammenfassend dargestellt. In der Tabelle ist zusätzlich ein viertes lineares Polypropylen
(L-PP4) eingetragen, welches ausgewählt wurde, um den Bereich der Molmassen der
linearen Polypropylene zu niedrigeren Molmassen zu erweitern.
10 Die Untersuchungen an den Polypropylenen LCB-PP2, LCB-PP3 und L-PP3 wurden im Rahmen der Doktorarbeit von D. Auhl am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe durchgeführt [Auhl 2006].
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
41
Mw [kg/mol] Mn [kg/mol] Mw/ Mn
L-PP1 458 114 4,0
L-PP2 860 117 3,9
L-PP3 669 160 4,2
L-PP4 250 62 4,0
LCB-PP1 1157 133 8,7
LCB-PP2 473 126 3,8
LCB-PP3 285 74 3,4
HMS-PP1 278 80 3,5
HMS-PP2 623 167 3,7
Tabelle 3.3: Zusammenfassende Darstellung der mit GPC-MALLS ermittelten Molmassenmittelwerte
und Polydispersitäten aller untersuchten Polypropylene mit Ausnahme der Blends
3.2.3 Langkettenverzweigungen
Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Zur qualitativen Verzweigungsanalyse ist in Bild 3.8 der mittels GPC-MALLS gemessene
Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 und die
beiden Blendpartner abgebildet. Die durchgezogene Linie entspricht dem für lineare
Polypropylen gefundenen Zusammenhang, wie er anhand von Untersuchungen an einer
Vielzahl linearer Polypropylene unterschiedlicher Molmasse bestimmt wurde. Der
Trägheitsradius des linearen L-PP1 folgt erwartungsgemäß diesem Zusammenhang.
2x105 106 10730
50
100
150
200
250300
g/mol
nm
lineare PP
L-PP1/LCB-PP1 100/0 98/2 95/5 90/10 75/25 50/50 25/75 0/100
T = 140 °C
<s2 >1/
2
MLS
Bild 3.8: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Für das Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 wurde keine Abweichung von der Beziehung für
lineare PP gefunden. Demzufolge konnten für dieses Polypropylen mit der GPC-MALLS
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
42
keine Langkettenverzweigungen nachgewiesen werden. Das Blend mit 5 Gew.-% LCB-PP1
weist insbesondere im Bereich hoher Molmassen eine geringfügige Abweichung des
Trägheitsradius von der Linie für lineare PP zu niedrigeren Werten auf. Dies deutet auf das
Vorhandensein geringer Anteile an langkettenverzweigten Molekülen hin. Die Abnahme des
Trägheitsradius im Vergleich zu linearem Polypropylen und somit der Anteil an
Langkettenverzweigungen steigt mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 an.
Es kann weiterhin festgestellt werden, dass die Abnahme des Trägheitsradius mit
wachsender Molmasse stärker wird. Dieses Verhalten ist typisch für LDPE und wurde
ebenfalls für elektronenbestrahlte Polypropylene gefunden [Sugimoto et al. 1999, Auhl et al.
2004]. Die stärkere Abnahme des Trägheitsradius bei hohen Molmassen deutet darauf hin,
dass bei dem langkettenverzweigten LCB-PP1 die Moleküle mit großen Molmassen stärker
verzweigt sind als die Moleküle mit niedrigen Molmassen.
Unter der Annahme, dass das untersuchte langkettenverzweigte LCB-PP1 sowie alle Blends
eine trifunktionale Verzweigungsstruktur aufweisen, wie es für elektronenbestrahlte
Polypropylene angenommen werden kann [Sugimoto et al. 1999, Auhl et. al 2004], kann aus
den in Bild 3.8 dargestellten Ergebnissen unter Verwendung der Gleichungen (3.3), (3.4) und
(3.5) die Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten λ errechnet
werden. Die ermittelten Werte für λ sind in Bild 3.9 als Funktion der Molmasse aufgetragen.
3x105 106 5x1060,00
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
0,40
λav = 0,02λav = 0,03
λav = 0,07
λav = 0,14
λav = 0,22
φLCB-PP1
0,05 0,10 0,25 0,50 0,75 1,00
g/mol
T = 140 °C
λ
MLS
λav = 0,30
Bild 3.9: Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten als Funktion der
Molmasse für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1. Die Angaben an den gestrichelten Linien geben
die mittlere Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten in dem Plateaubereich
an.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
43
Für das Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 konnten wie bereits erwähnt keine
Langkettenverzweigungen detektiert werden. Für die anderen Blends und das LCB-PP1 tritt
im Bereich der Molmassen von 6*105 bis 3*106 g/mol ein Plateau mit nahezu konstanten
Werten für λ auf. Der Mittelwert der Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000
Monomereinheiten in diesem Plateaubereich, der als λav bezeichnet wird, steigt
erwartungsgemäß mit zunehmendem Anteil an LCB-PP an. Für das reine LCB-PP kann
somit angenommen werden, dass im Mittel etwa eine Langkettenverzweigung pro 3000
Monomereinheiten auftritt. Unter Berücksichtigung der gewichtsmittleren Molmasse des
LCB-PP1 von 1157 kg/mol weist ein Molekül des LCB-PP1 im Schnitt etwa 9
Langkettenverzweigungen auf. Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 ist die Molmassenabhängigkeit des Trägheitsradius
in Bild 3.10 dargestellt. Wie erwartet folgt L-PP2 dem Zusammenhang für lineare PP. Eine
signifikante Abweichung von der Beziehung für lineare PP wird erst ab dem Blend mit einem
Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 gefunden. Die Trägheitsradien der Blends mit 2 und 5 Gew.-
% LCB-PP liegen im gesamten Molmassenbereich auf der Geraden für lineare PP, während
bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP im Bereich von ca. 1*106 bis 5*106 g/mol bereits eine
leichte Abnahme der Trägheitsradien im Vergleich zu linearen PP gleicher Molmasse
festgestellt werden kann. Für die Blends mit 50 und 75 Gew.-%-LCB-PP1 wird eine ähnlich
starke Abweichung von dem Verhalten für lineare PP gefunden wie bei den Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 mit gleicher Konzentration an langkettenverzweigtem PP.
Im direkten Vergleich der beiden Blendserien fällt jedoch auf, dass bei den Blends aus LCB-
PP1 mit dem linearen L-PP2 eine Detektion von Langkettenverzweigungen anhand der
Abnahme des Trägheitsradius im Vergleich zu linearem PP erst bei einem höheren Anteil an
LCB-PP erzielt wurde als bei den Blends mit dem L-PP1. Da der Anteil des LCB-PP1 in den
beiden linearen PP jeweils gleich gewählt wurde, ist somit auch der Anteil an
Langkettenverzweigungen in den Blends gleicher prozentualen Zusammensetzung gleich
groß. Demzufolge sollte auch die mittels GPC-MALLS bestimmte Abnahme des
Trägheitsradius ähnlich ausgeprägt sein11. Dies ist augenscheinlich nicht der Fall. Der Grund
liegt darin, dass bei der Bestimmung des Trägheitsradius der Mittelwert der Trägheitsradien
aller eluierten Moleküle der gleichen Molmasse gebildet wird. Je höher der Anteil an linearen
Molekülen bei gleicher Anzahl an langkettenverzweigten Molekülen in der eluierten Fraktion
11 Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass die beiden Blendpartner homogen durchmischt sind und keine Domänenbildung oder Phasenseparation auftreten. Dies ist für beide untersuchte Blendserien erfüllt, da keine Anzeichen einer Phasenseparation bzw. Entmischung der Blendpartner gefunden wurden (siehe Kapitel 3.3) und aufgrund der guten Übereinstimmung der gewichtsmittleren Molmassen mit der linearen Mischungsregel von einer gleichmäßigen Durchmischung der Blendpartner ausgegangen werden kann.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
44
ist, desto geringer ist die Abweichung des Mittelwertes der Trägheitsradien von der
Beziehung für lineare PP. Da die Molmassenverteilungskurve des L-PP2 im Vergleich zum
L-PP1 zu höheren Molmassenwerten verschoben ist, ist die Anzahl an linearen Molekülen im
Bereich hoher Molmasse, in denen der größte Teil der Langkettenverzweigungen des LCB-
PP zu finden ist, größer und somit die Abnahme des Trägheitsradius geringer ausgeprägt.
Dies ist vermutlich auch die Ursache, dafür dass sich die Trägheitsradien der Blends aus L-
PP2 und LCB-PP2 im Gegensatz zu den Blends der anderen Blendserie insbesondere bei
geringen und mittleren Anteilen an LCB-PP im Bereich hoher Molmassen wieder stärker der
linearen Beziehung annähern.
2x105 106 10730
50
100
150
200
250300
g/mol
nm
lineare PP
L-PP2/LCB-PP1 100/0 98/2 95/5 90/10 75/25 50/50 25/75 0/100
T = 140 °C
<s2 >1/
2
MLS
Bild 3.10: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Die qualitativen Unterschiede in den detektierten Langkettenverzweigungen der Blends aus
L-PP2 und LCB-PP1 im Vergleich zu der Blendserie aus L-PP1 und LCB-PP1 drücken sich
auch in dem quantitativen Anteil an Langkettenverzweigungen aus. In Bild 3.11 ist die
anhand der Ergebnisse aus Bild 3.10 ermittelte Anzahl an Langkettenverzweigungen pro
1000 Monomereinheiten für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 als Funktion der Molmasse
abgebildet. Für die Blends mit 2 und 5 Gew.-% LCB-PP konnten keine
Langkettenverzweigungen detektiert werden. Bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP konnte
hingegen im mittleren Molmassenbereich eine geringe Anzahl von Langkettenverzweigungen
nachgewiesen werden, wie es sich bereits bei der Abnahme des Trägheitsradius angedeutet
hat. Im Vergleich zu dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP aus der Serie L-PP1/LCB-PP1 (Bild
3.8) sind bei dem Blend des L-PP2 mit 10 Gew.-% des LCB-PP1 aus den genannten
Gründen sowohl die ermittelte Anzahl an Langkettenverzweigungen als auch der
Molmassenbereich in dem Langkettenverzweigungen detektiert wurden geringer. Für die
Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 tritt im Bereich mittlerer Molmassen ebenfalls ein Plateau
auf, anhand dessen die mittlere Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
45
Monomereinheiten bestimmt wurde. Die so ermittelten Werte sind gemeinsam mit den
Ergebnissen der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 in Bild 3.12 als Funktion des Anteils an
LCB-PP1 dargestellt.
3x105 106 7x1060,00
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
0,40 φLCB-PP1
0,10 0,25 0,50 0,75 1,00
λav = 0,01
λav = 0,05
λav = 0,12
λav = 0,22
g/mol
T = 140 °C
λ
MLS
λav = 0,30
Bild 3.11: Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten als Funktion der Molmasse
für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1. Die Angaben an den gestrichelten Linien geben die mittlere
Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten in dem Plateaubereich an.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00,00
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
0,40 L-PP1/LCB-PP1-Blends L-PP2/LCB-PP1-Blends
lineare Mischungsregel
λ av
φLCB-PP1 Bild 3.12: Vergleich der mittleren Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten
als Funktion des Anteils an LCB-PP1 für die beiden untersuchten Blendserien. Die Datenpunkte der L-
PP2/LCB-PP1-Blends sind zur besseren Vergleichbarkeit auf der X-Achse etwas verschoben.
Wie aus Bild 3.12 deutlich wird, nimmt die mittlere Anzahl an Langkettenverzweigungen pro
1000 Monomereinheiten für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 nahezu linear mit
steigendem Anteil an LCB-PP1 zu. Die Werte der Blends des L-PP2 liegen insbesondere im
Bereich geringer Anteile an LCB-PP1 deutlich unterhalb der Werte der Blends des L-PP1,
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
46
was durch die größere Anzahl linearer Moleküle mit hohen Molmassen der Blends des
höhermolekularen L-PP2 erklärt werden kann. Zwischen den Werten der Blends mit
75 Gew.-% LCB-PP1 ist kein Unterschied mehr erkennbar. Dies kann darauf zurückgeführt
werden, dass sich der Unterschied in den Molmassenverteilungen der beiden linearen
Polypropylene aufgrund des hohen Anteils an LCB-PP1 nicht mehr so stark auswirkt, da der
Mittelwert der gemessenen Trägheitsradien der jeweiligen Fraktionen von dem Anteil an
langkettenverzweigten Molekülen dominiert wird.
HMS-PP
Die Verläufe der Trägheitsradien der beiden HMS-PP als Funktion der Molmasse sind in
Bild 3.13 dargestellt. Die durchgezogene Linie stellt den für lineare PP gefundenen
Zusammenhang dar. Im Bereich kleiner und mittlere Molmassen bis ca. 5*106 g/mol folgen
die Trägheitsradien beider HMS-PP diesem Zusammenhang, woraus geschlossen werden
kann, dass beide Produkte in diesem Molmassenbereich keine Langkettenverzweigungen
aufweisen. Im Bereich hoher Molmassen ist für beide HMS-PP ein Anstieg der Trägheits-
radien über die Linie für lineare PP erkennbar. Eine mögliche Ursache für diesen Anstieg
könnte das Vorhandensein einer hochmolekularen Komponente aus Polyethylen sein.
2x105 106 10730
100
g/mol
nm
lineare PP lineare PE
HMS-PP1 HMS-PP2
T = 140 °C
<s2 >1/
2
MLS
600
Bild 3.13: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für HMS-PP1 und HMS-PP2
In Bild 3.13 ist eine gestrichelte Linie eingetragen, die den für unterschiedliche lineare
Polyethylene in einem breiten Molmassenbereich ermittelten Zusammenhang zwischen
Trägheitsradius und Molmasse beschreibt. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die
Trägheitsradien der beiden HMS-PP dieser Beziehung für lineare PE annähern und im Fall
des HMS-PP2 auf die Gerade einlaufen. Dies deutet darauf hin, dass die Produkte, wie vom
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
47
Hersteller angegeben, einen geringen Anteil an hochmolekularem Polyethylen aufweisen12.
Es kann jedoch keine Aussage getroffen werden, ob das als hochmolekulare Komponente
verwendete Polyethylen Langkettenverzweigungen enthält oder nicht.
Elektronenbestrahlte PP In Bild 3.14 sind die von Auhl (2006) ermittelten Verläufe der Trägheitsradien als Funktion
der Molmasse der beiden elektronenbestrahlten Polypropylene und des linearen
Ausgangsproduktes dargestellt. Anhand der bereits deutlich erkennbaren Abnahme der
Trägheitsradien des mit 5 kGy bestrahlten LCB-PP2 im Vergleich zu dem linearen
Ausgangsprodukt insbesondere bei hohen Molmassen wird ersichtlich, dass trotz der
vergleichsweise niedrigen Dosis schon ein signifikanter Anteil an Langkettenverzweigungen
erzeugt wurde. Bei dem Polypropylen LCB-PP3 ist die Abnahme des Trägheitsradius und
somit der Anteil an Langkettenverzweigungen aufgrund der deutlich höheren
Bestrahlungsdosis von 60 kGy wesentlich größer. Die mittlere Anzahl an
Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten wurde von Auhl (2006) ebenfalls
ermittelt. Dabei ergab sich für das LCB-PP2 ein Wert von 0,05 und für das LCB-PP3 ein
Wert von 0,3 Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten.
2x105 106 10730
50
100
150
200
250300
g/mol
nm
lineare PP
L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3
T = 140 °C
<s2 >1/
2
MLS
Bild 3.14: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die elektronenbestrahlten Polypropylene
LCB-PP2 (Bestrahlungsdosis 5 kGy) und LCB-PP3 (Bestrahlungsdosis 60 kGy) sowie das lineare
Ausgangsprodukt L-PP3 [Auhl 2006]
12 Es wurden zusätzlich Untersuchungen zum Nachweis eines PE-Anteils in den beiden HMS-PP mittels Fourier Transformation Infrarot Spektroskopie (FTIR) durchgeführt. In den Spektren beider HMS-PP wurde eine ausgeprägte Bande bei 720 cm-1 detektiert, die auf vorhandene PE-Anteile zurückgeführt werden kann. Die Höhe der Extinktion der Bande bei 720 cm-1 war jedoch zu gering, um eine zuverlässige quantitative Aussage zum Anteil an PE in den Polypropylenen treffen zu können.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
48
3.2.4 Zusammenfassung
Es konnte gezeigt werden, dass durch Blenden von linearem und langkettenverzweigtem
Polypropylen der Anteil an Langkettenverzweigungen im Polypropylen gezielt variiert werden
kann. Es wurde ein annähernd linearer Anstieg der Anzahl an Langkettenverzweigungen pro
1000 Monomereinheiten mit zunehmendem Anteil an langkettenverzweigtem Polypropylen
festgestellt. Die gemessenen gewichtsmittleren Molmassen folgen in guter Näherung der
linearen Mischungsregel zwischen den beiden Blendpartnern, woraus auf eine gute
Compoundierung geschlossen werden kann.
Die beiden HMS-PP weisen einen geringen Anteil an einer hochmolekularen Komponente
aus Polyethylen auf. Dieser ist jedoch so gering, dass keine bimodale Molmassenverteilung,
sondern nur ein hochmolekularer Ausläufer gefunden wurde. Anhand der Analyse des
Verlaufs des Trägheitsradius als Funktion der Molmasse konnten keine
Langkettenverzweigungen der Polypropylene im Bereich niedriger und mittlere Molmassen
nachgewiesen werden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die
hochmolekulare PE-Komponente Langkettenverzweigungen enthält.
Durch die Elektronenbestrahlung von linearem Polypropylen wird die Molmasse verringert
und die Bildung von Langkettenverzweigungen initiiert. Die Verteilungsbreite der Molmasse
bleibt durch die Bestrahlung jedoch weitestgehend unverändert. Schon eine geringe
Bestrahlungsdosis von 5 kGy führt zu einer signifikanten Abnahme der gewichtsmittleren
Molmasse und der Erzeugung geringer Anteile an Langkettenverzweigungen. Durch die
Erhöhung der Bestrahlungsdosis auf 60 kGy wurde sowohl eine stärkere Abnahme der
Molmasse als auch eine wesentliche Erhöhung des Gehaltes an Langkettenverzweigungen
erzielt.
Für die Untersuchungen stehen somit vier lineare Polypropylene, die den Molmassenbereich
von 250 bis 850 kg/mol abdecken, eine Reihe langkettenverzweigter Polypropylene mit einer
breiten Variation der Molmasse und des Anteils an Langkettenverzweigungen sowie zwei
weitere hochschmelzefeste Polypropylene mit einem geringen Anteil an hochmolekularen
Polyethylen zur Verfügung. Mit dieser Produktauswahl ist die Grundlage für eine detaillierte
Untersuchung des Einflusses der molekularen Struktur auf die rheologischen Eigenschaften
und insbesondere auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion von Polypropylen
gegeben.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
49
3.3 Analyse des Schmelz- und Kristallisationsverhaltens
Für die Wahl der Verarbeitungstemperaturen im Schaumextrusionsprozess ist die Kenntnis
der Schmelz- und Kristallisationstemperaturen von entscheidender Bedeutung, da
Polypropylen zunächst oberhalb der Schmelztemperatur aufgeschmolzen werden muss, der
eigentliche Schäumprozess jedoch häufig bei Temperaturen unterhalb der
Schmelztemperatur, aber oberhalb der Kristallisationstemperatur erfolgt.
Zur Bestimmung des Schmelz- und Kristallisationsverhaltens wurde ein Differenzkalorimeter
der Fa. TA Instruments (Differential Scanning Calorimeter DSC 2920) verwendet13. Um eine
identische thermische Vorgeschichte der Proben zu erreichen, wurden die zu
untersuchenden Proben zunächst mit einer Heizrate von 10 K/min bis auf eine
Maximaltemperatur von 240 °C aufgeheizt und anschließend mit einer Kühlrate von ebenfalls
10 K/min bis auf 20 °C abgekühlt. Das Schmelz- und Kristallisationsverhalten wurde dann in
einem 2. Lauf mit denselben Parametern untersucht.
3.3.1 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der Blends
Die Schmelztemperaturen der beiden Blendserien sind in Bild 3.15 als Funktion des
Gewichtsanteils an LCB-PP1 dargestellt. Die beiden linearen Polypropylene weisen jeweils
eine deutlich höhere Schmelztemperatur als das langkettenverzweigte Polypropylen auf. Die
genaue Angabe der Schmelztemperaturen der Blendpartner finden sich in Tabelle 3.4 am
Ende des folgenden Kapitels14. Das lineare L-PP1 besitzt, vermutlich aufgrund der größeren
Molmasse, im Vergleich zu dem linearen L-PP2 eine geringfügig höhere Schmelztemperatur.
Die deutlich geringere Schmelztemperatur des langkettenverzweigten LCB-PP1 im Vergleich
zu den beiden linearen Blendpartnern kann verschiedene Ursachen haben. Aus der Literatur
ist bekannt, dass Langkettenverzweigungen zu Fehlstellen in den Kristallgittern führen,
wodurch eine geringere Energie zum Aufschmelzen ausreicht und somit eine niedrigere
Schmelztemperatur entsteht [z.B. Kostoski und Stojanovic 1995, Krupa und Luyt 2001]. Die
Schmelztemperatur hängt jedoch auch sehr stark von der Isotaktizität des Polypropylens ab,
wobei die Schmelztemperatur von Polypropylenen mit geringerer Isotaktizität niedriger ist
[Gahleitner et al. 1999, Gahleitner et al. 2001, Rettenberger 2002]. Da die Isotaktizität des
LCB-PP1 von 90 %15 im Vergleich zu den beiden linearen PP, die Isotaktizitäten im Bereich
von 95 % aufweisen, deutlich herabgesetzt ist, könnte die niedrigere Schmelztemperatur des
LCB-PP auch auf die geringere Isotaktizität zurückzuführen sein.
13 Die Enthalpie und die Temperatur wurde anhand der Schmelzenthalpie und -temperatur von Indium kalibriert. 14 Als Schmelz- bzw. Kristallisationstemperatur wird jeweils die Peaktemperatur angegeben. 15 Die Isotaktizität der Polypropylenen wurde mittels Infrarotspektroskopie bestimmt. Genaueres zu der Bestimmung der Isotaktizität von Polypropylenen mittels Infrarotspektroskopie kann z.B. in Rettenberger (2002) gefunden werden.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
50
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0160
161
162
163
164
165
166
lineare Mischungsregel
T m
φLCB-PP1
L-PP1/LCB-PP1-Blends L-PP2/LCB-PP1-Blends
°C
Bild 3.15: Abhängigkeit der mittels DSC (2. Heizlauf, 10 K/min) ermittelten Schmelztemperaturen vom
Anteil an LCB-PP1
Für beide Blendserien fällt die Schmelztemperatur nahezu linear mit steigendem Gehalt an
LCB-PP ab (siehe Bild 3.15), was als Indiz für eine homogene Mischung der Blendpartner in
der Schmelze zu werten ist [Haghighat und Birley 1990, Wignal et al. 1995, Crist und Hill
1997].
Die Kristallisationstemperatur des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-PP1 ist um
etwa 16 °C größer als die der beiden linearen Blendpartner (siehe Tabelle 3.4). Die
nukleierende Wirkung von langkettenverzweigtem Polypropylen wurde in verschiedenen
Literaturstellen beschrieben [Wang et al. 1996, Spitael und Macosko 2004, Naguib et al.
2005]. In Untersuchungen des Kristallisationsverhaltens von elektronenbestrahlten
Polypropylenen konnte Auhl (2006) zeigen, dass die Veränderung der
Kristallisationstemperatur des linearen Ausgangsproduktes durch die Elektronenbestrahlung
stark von den Bestrahlungsparametern abhängt. Je nach gewählten
Bestrahlungsparametern weisen die elektronenbestrahlten Polypropylene sowohl höhere als
auch niedrigere Kristallisationstemperaturen als das lineare Ausgangsprodukt auf. Die
erreichten Änderungen der Kristallisationstemperatur durch die Elektronenbestrahlung sind
jedoch deutlich geringer als der gefundene Unterschied in den Kristallisationstemperaturen
zwischen den linearen Polypropylenen L-PP1 bzw. L-PP2 und dem langkettenverzweigten
LCB-PP1. Dies deutet darauf hin, dass die erhöhte Kristallisationstemperatur des LCB-PP1
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
51
nicht alleine auf die Langkettenverzweigungen, sondern auf ein enthaltenes
Nukleierungsmittel zurückzuführen sein dürfte16.
Wie in Bild 3.16 zu erkennen ist, ergibt bereits die Zugabe geringer Anteile an LCB-PP1 zu
den beiden linearen Blendpartnern einen deutlichen Anstieg der Kristallisationstemperatur.
Bereits 2 Gew.-% des langkettenverzweigten Polypropylens führen zu einer im Vergleich zu
dem linearen Blendpartner um mehr als 10 °C erhöhten Kristallisationstemperatur. Dies ist
ebenfalls ein Hinweis auf ein Nukleierungsmittel in dem LCB-PP1, da bekannt ist, dass
bereits geringe Anteile eines Nukleierungsmittels zu einer signifikanten Erhöhung der
Kristallisationstemperatur von Polypropylen führen [Rettenberger 2002] Für die Blends mit
25 Gew.-% LCB-PP1 oder mehr ändert sich die Kristallisationstemperatur nur noch
geringfügig.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0100
105
110
115
120
125
130
T c
φLCB-PP1
L-PP1/LCB-PP1-Blends L-PP2/LCB-PP1-Blends
°C
Bild 3.16: Abhängigkeit der mittels DSC (2. Kühllauf, 10 K/min) ermittelten
Kristallisationstemperaturen vom Anteil an LCB-PP1
Die deutlich höheren Kristallsationstemperaturen der Blends im Vergleich zu den linearen
Polypropylenen muss bei der Auswahl der Verarbeitungsparameter im Schäumprozess und
bei der Interpretation des Verschäumverhalten beachtet werden, wobei jedoch zu
berücksichtigen ist, dass das Kristallisationsverhalten der Polypropylene durch die Zugabe
von Additiven bei der Schaumextrusion wie z.B. Treib- und Nukleierungsmittel beeinflusst
wird. Auf den Einfluss dieser Additive auf das Kristallisationsverhalten wird in Kapitel 5 näher
eingegangen.
16 Da das untersuchte LCB-PP1 ein Handelsprodukt ist, kann die Zugabe eines Nukleierungsmittels nicht ausgeschlossen werden. Leider konnten vom Hersteller diesbezüglich keine näheren Informationen erhalten werden.
3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung
52
3.3.2 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der anderen untersuchten PP
Im Vergleich zu den untersuchten linearen Polypropylenen (siehe Tabelle 3.4) weisen die
beiden HMS-PP eine vergleichsweise hohe Schmelztemperatur und eine deutlich höhere
Kristallisationstemperatur auf. Dies könnte sowohl auf eine nukleierende Wirkung der
hochmolekularen Anteile an PE als auch auf eventuell vorhandene Nukleierungsmittel in den
Handelsprodukten zurückgeführt werden. Ein signifikanter zweiter Schmelzpeak im Bereich
der Schmelztemperaturen von Polyethylenen konnte nicht gefunden werden, was vermutlich
daran liegt, dass der Polyethylenanteil zu gering ist, um mit dieser Methode detektiert zu
werden17.
Die Schmelz- und Kristallisationstemperaturen der elektronenbestrahlten LCB-PP2 und LCB-
PP3 sowie des linearen Ausgangsprodukts L-PP3 wurden von Hufnagel (2003) bestimmt.
Die Ergebnisse sind ebenfalls in Tabelle 3.4 angegeben. Sowohl die Schmelztemperatur als
auch die Kristallisationstemperatur nehmen durch die Elektronenbestrahlung ab. Diese
Abnahme wird auf den Einfluss der Langkettenverzweigungen zurückgeführt, die eine
Behinderung der Nukleierung der Kristallite und Fehlstellen in den gebildeten Kristalliten
hervorrufen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die im Vergleich zu linearen Polypropylenen
erhöhte Kristallisationstemperatur des LCB-PP1 vermutlich nicht allein durch die Präsenz
von Langkettenverzweigungen erklärt werden kann, zumal die Anzahl der Verzweigungen
pro 1000 Monomere für LCB-PP1 und LCB-PP3 sehr ähnlich ist (siehe Kapitel 3.2.3).
Tm [°C] TC [°C]
L-PP1 165 110
L-PP2 164 110
L-PP3 a) 164b) 115
L-PP4 167 112
LCB-PP1 161 126
LCB-PP2 a) 163 b) 115
LCB-PP3 a) 160 b) 113
HMS-PP1 167 118
HMS-PP2 167 122
Tabelle 3.4: Schmelz- und Kristallisationstemperaturen der untersuchten PP mit Ausnahme der
Blends (Heiz- bzw. Kühlrate 10 K/min) a) Quelle: Hufnagel (2003) b) Heizrate 5 K/min 17 Sugimoto et al. (2001a) fanden für Polypropylene mit einem geringen Anteil an hochmolekularen PE nach Fraktionierung der Produkte mittels TREF-Analyse (Temperature Rising Elution Fractionation) in DSC-Untersuchungen der erhaltenen Fraktionen einen bimodalen Kurvenverlauf, während für die unfraktionierten Proben ebenfalls nur ein unimodaler Schmelzpeak auftrat.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
53
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
Mit Hilfe rheologischer Charakterisierungsmethoden wird das Fließverhalten von
Polymerschmelzen untersucht. Die Kenntnis des Fließverhaltens im geschmolzenen Zustand
unter verschiedenen Beanspruchungen wie Scherung, Dehnung, Druck, Biegung oder
Torsion ist Grundlage für die Beurteilung und Vorhersage des Verarbeitungsverhaltens der
Polymerwerkstoffe. Da in der Schaumextrusion hauptsächlich Scher- und
Dehnbeanspruchungen der Polymerschmelze auftreten, erfolgt die Charakterisierung des
Fließverhaltens bzw. der rheologischen Eigenschaften der im Rahmen dieser Arbeit
untersuchten Polypropylene unter Realisierung dieser beiden Beanspruchungsformen. Das
Fließverhalten von Polymeren wird sehr stark von dem molekularen Aufbau (Molmasse,
Molmassenverteilung, Verzweigungsgrad) beeinflusst, weshalb rheologische Messungen
eine geeignete Methode darstellen, um Rückschlüsse auf die molekulare Struktur der
Polymere zu gewinnen. Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass einige
rheologische Eigenschaften sehr sensitiv auf die Präsenz von Langkettenverzweigungen
reagieren. Deshalb stellt die Untersuchung der scher- und dehnrheologischen Eigenschaften
der Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen einen Schwerpunkt
dieser Arbeit dar mit dem Ziel, neue Erkenntnisse über die Wirkung von
Langkettenverzweigungen auf das Fließverhalten von Polypropylenschmelzen zu erarbeiten.
Des Weiteren dienen die durchgeführten rheologischen Untersuchungen als Bindeglied zur
Ableitung von Korrelationen zwischen dem molekularen Aufbau der Polypropylene und dem
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion, was auf direktem Wege nicht bzw. nur
bedingt möglich ist.
Während die rheologischen Eigenschaften von Blends aus linearen und
langkettenverzweigten Polyethylenen in zahlreichen Untersuchungen ausführlich analysiert
wurden [z. B. Ghijsels et al. 1992, Ho et al. 2002, Liu et al. 2002, Lohse et al. 2002, Steffl
2004, Wagner et al. 2004], sind in der Literatur bisher nur sehr wenige systematische
Untersuchungen des Fließverhaltens von Blends aus linearen und langkettenverzweigten
Polypropylenen beschrieben. Spitael et al. (2002) untersuchten das Verhalten von Blends
eines linearen Polypropylens mit zwei unterschiedlichen langkettenverzweigten
Polypropylenen in uniaxialer Dehnung. Dafür stellten sie Blends mit 25 und 50 Gew.-% an
langkettenverzweigtem PP in einem Laborkneter her. Bereits die Blends mit 25 Gew.-%
LCB-PP wiesen eine ausgeprägte Dehnverfestigung im gesamten untersuchten
Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 1 s-1 auf. Es sind jedoch keine Informationen zur
molekularen Struktur und zu den scherrheologischen Eigenschaften der Polypropylene
angegeben. Suzuki et al. (2004) untersuchten das rheologische Verhalten von Blends eines
linearen und eines langkettenverzweigten Polypropylens in Scher- und uniaxialer
Dehnströmung. Der Anteil an LCB-PP der drei untersuchten Blends betrug 10, 30 und
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
54
70 Gew.-%. Sie konnten bereits bei dem Blend mit 10 Gew-% LCB-PP eine
Dehnverfestigung feststellen, die jedoch nur bei kleinen Dehnraten im Bereich von 0,01 bis
0,05 s-1 auftrat. Während keine Korrelation des Dehnverfestigungsverhaltens mit der
Blendzusammensetzung gefunden wurde, nahm der Speichermodul in oszillatorischer
Scherung linear mit dem Anteil an LCB-PP ab. Gotsis et al. (2004a) untersuchten das scher-
und dehnrheologische Verhalten von langkettenverzweigten Polypropylenen, die über
reaktive Modifikation mit Peroxiden erzeugt wurden, und von Blends aus einem linearen und
einem langkettenverzweigten Polypropylen. Alle untersuchten langkettenverzweigten
Polypropylene einschließlich der Blends zeigten ein ausgeprägtes
Dehnverfestigungsverhalten bei der verwendeten Dehnrate von 0,1 s-1, wobei der kleinste
Anteil an LCB-PP der Blends bei 12,5 Gew.-% lag. Der Einfluss unterschiedlicher Dehnraten
auf das Dehnverfestigungsverhalten wurde nicht untersucht. In scherrheologischen
Experimenten wurde ein Anstieg der Nullviskosität und der Schmelzeelastizität mit
wachsender Anzahl an Langkettenverzweigungen pro Molekül sowohl für die modifizierten
Polypropylene als auch für die Blends festgestellt.
Aus dieser kurzen Literaturübersicht kann schlussgefolgert werden, dass die Untersuchung
des rheologischen Verhaltens von Blends aus linearen und langkettenverzweigten
Polypropylenen von großem wissenschaftlichem Interesse ist, jedoch trotz der bereits
durchgeführten Untersuchungen noch zahlreiche Fragen unbeantwortet sind. Dies betrifft
z. B. den Einfluss sehr geringer Anteile an LCB-PP (< 10 Gew.-%) auf rheologische
Eigenschaften oder die Abhängigkeit der Dehnverfestigung bei unterschiedlichen
Dehngeschwindigkeiten vom Anteil an langkettenverzweigtem Polypropylen. Des Weiteren
stellen Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylen eine interessante
Möglichkeit zur Analyse des Einflusses unterschiedlicher Anteile an
Langkettenverzweigungen gleicher molekularer Topographie auf rheologische Eigenschaften
von Polypropylen dar. Das ist z. B. über die Herstellung langkettenverzweigter Polypropylene
durch Elektronenbestrahlung oder Peroxidmodifikation nicht uneingeschränkt möglich, weil
nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich durch die Elektronenbestrahlung oder
Peroxidmodifikation die Langkettenverzweigungstopographie ändert.
4.1 Rheologische Charakterisierungsmethoden 4.1.1 Rheologische Charakterisierung unter Scherbeanspruchung
Bei einer Scherbeanspruchung wirkt eine Kraft parallel zur Oberfläche der Schmelze. Dies ist
für den Fall der einfachen Scherung in Bild 4.1 schematisch dargestellt. Der Quotient aus der
Kraft F und der Fläche A wird als Schubspannung τ bezeichnet. Die durch die Kraft
hervorgerufene Scherung γ ergibt sich aus dem Quotienten der Deformation in x- und y-
Richtung:
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
55
ϕγ tan==dydx
(4.1)
Die zeitliche Ableitung der Scherung wird als Schergeschwindigkeit g bezeichnet und
entspricht dem Gradienten der Strömungsgeschwindigkeit vx:
dydv
dtd x==γγ& (4.2)
Im Fall der einfachen Scherung nimmt die Strömungsgeschwindigkeit linear in y-Richtung zu,
so dass sich für die Schergeschwindigkeit folgender einfacher Zusammenhang ergibt:
hv0=γ& (4.3)
v0
F
x
y
h
A v0
F
x
y
h ϕ
A
Bild 4.1: Schematische Darstellung der Deformation in einfacher Scherung
Das Verhältnis von Schubspannung und Schergeschwindigkeit ist die Scherviskosität η.
γτη&
= (4.4)
Die Viskosität ist ein Maß für den Fließwiderstand der Schmelze, der durch die innere
Reibung hervorgerufen wird. Während die Scherviskosität für Newtonsche Flüssigkeiten eine
Materialkonstante darstellt, hängt sie für Polymerschmelzen von der Schergeschwindigkeit
und der Zeit ab. Für eine weitergehende Darstellung der theoretischen Grundlagen der
Scherdeformation von Polymerschmelzen sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen
[z.B. Schwarzl 1990, Macosko 1994].
Für die experimentelle Bestimmung der Scherviskosität wurden verschiedene Methoden und
Rheometer entwickelt. Für Untersuchungen im Bereich kleiner und mittlerer
Schergeschwindigkeiten werden Rotationsrheometer eingesetzt, die ebenfalls für die
Charakterisierung des dynamisch-mechanischen Verhaltens von Polymerschmelzen
verwendet werden. Die Erzeugung von hohen Schergeschwindigkeiten, wie sie in
Verarbeitungsverfahren wie dem Spritzgießen auftreten, wird mit Kapillarrheometern
realisiert. Genauere Beschreibungen des Aufbaus, der Funktionsweise und der für die
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
56
Auswertung nötigen Berechnungsgleichungen können der gängigen Literatur entnommen
werden [z.B. Schwarzl 1990, Metzger 2000].
Im Folgendem sollen die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungsmethoden
kurz beschrieben werden. Für weiterführende Informationen sei auch hier auf die
entsprechende Fachliteratur verwiesen [z.B. Schwarzl 1990, Macosko 1994].
Dynamisch-mechanische Untersuchungen
Zur Untersuchung des dynamisch-mechanischen Verhaltens von Polymerschmelzen wird die
Deformation in Form einer sinusförmigen Schwingung mit der Kreisfrequenz ω und der
Scheramplitude γA vorgegeben:
)sin()( tt A ωγγ ⋅= (4.5)
Für die Spannung erhält man im eingeschwungenen Zustand eine im Vergleich zur
aufgebrachten Deformation um den Phasenwinkel δ verschobene Sinusschwingung:
)sin()( δωττ +⋅= tt A (4.6)
Das Verhältnis aus der Spannungsamplitude τA und der Deformationsamplitude γA entspricht
dem Absolutwert des komplexen dynamischen Moduls |G*(ω)|:
[ ] [ ]22* )('')(')( ωωγτ
ω GGGA
A +== (4.7)
Die Parameter G’(ω) und G’’(ω) werden als Speicher- und Verlustmodul bezeichnet. Der
Quotient aus Verlust- und Speichermodul beschreibt den Verlustfaktor tan δ, welcher ein
Maß für die Dämpfung bzw. den Energieverlust des Materials pro Schwingungsperiode
darstellt.
)(')(''tan
ωωδ
GG
= (4.8)
Die komplexe Viskosität η* errechnet sich aus dem Verhältnis zwischen momentaner
Spannung τ(t) und momentaner Schergeschwindigkeit g(t) (Gl. 4.9), und ihr Betrag lässt sich
aus dem Absolutwert des dynamischen Moduls nach Gl. 4.10 ermitteln.
)()(*
tt
γτη&
= (4.9)
ω
ωωη
)()(
**
G= (4.10)
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
57
Unter Annahme der Gültigkeit der Cox-Merz-Relation18 [Cox und Merz 1958] stimmt der
Betrag der komplexen Viskosität |h*(ω)| im linearen Bereich19 mit der stationären
Scherviskosität η(g) überein, wenn die Kreisfrequenz gleich der Schergeschwindigkeit
gesetzt wird:
( ) γωγηωη && == für )(* (4.11)
Kriechversuch
Beim Kriechversuch wird die Polymerschmelze mit einer konstanten Schubspannung τ0
belastet und die resultierende Deformation γ als Funktion der Kriechzeit t gemessen. Aus der
Schubspannung und der Deformation kann die zeitabhängige Kriechnachgiebigkeit J(t) wie
folgt ermittelt werden:
0
)()(τ
γ ttJ = (4.12)
Nach der Theorie des linear-viskoelastischen Verhaltens kann die Kriechnachgiebigkeit in
drei Komponenten unterteilt werden [Schwarzl 1990]:
00 )()(
ηψ ttJtJ ++= (4.13)
Hierin entsprechen J0 dem rein elastischen Momentanwert der Nachgiebigkeit, ψ(t) der
sogenannten Kriechfunktion, die das viskoelastische Verhalten der Polymerschmelzen
widerspiegelt, und η0 der Nullviskosität, welche ein Maß für die rein viskosen Eigenschaften
darstellt. Im stationären Zustand vereinfacht sich Gl. 4.13 wie folgt:
0)(
ηtJtJ e += (4.14)
wobei Je dem stationären elastischen Anteil der Kriechnachgiebigkeit entspricht. Unter der
Voraussetzung, dass der Kriechversuch im linearen Bereich durchgeführt wird, d.h., dass die
Deformation unabhängig von der aufgebrachten Spannung ist, und die Kriechzeit so lang
gewählt wird, dass erstens der stationäre Zustand erreicht ist und zweitens Je sehr viel
kleiner als t/η0 ist, kann die Nullviskosität anhand folgender Formel ermittelt werden:
00
)(0
ητ
=→
∞→ tJt
tlim (4.15)
18 Die Gültigkeit der Cox-Merz-Relation wurde für einen Großteil reiner Polymerschmelzen und -lösungen nachgewiesen [Pahl et al. 1995]. 19 Dynamisch-mechanische Untersuchungen an Polymerschmelzen werden üblicherweise im linearen Bereich durchgeführt, d.h. die Absolutwerte des komplexen Moduls und der komplexen Viskosität sind bei konstanter Kreisfrequenz unabhängig von der aufgebrachten Deformations- oder Spannungsamplitude.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
58
4.1.2 Rheologische Charakterisierung unter Dehnbeanspruchung
Bei einer Dehnbeanspruchung greift die Kraft im Gegensatz zur Scherbeanspruchung nicht
parallel, sondern senkrecht zur Oberfläche der Schmelze an. Für den Fall der uniaxialen
Dehnung eines Zylinders ist die durch die Kraft hervorgerufene Dehndeformation in Bild 4.2
schematisch dargestellt. Der Zylinder wird von der Ausgangslänge l0 auf die Länge l
verstreckt.
Bild 4.2: Schematische Darstellung der Deformation eines Zylinders unter einer uniaxialen
Dehnbeanspruchung
Das Verhältnis aus verstreckter Länge und Ausgangslänge wird als Verstreckungsgrad
bezeichnet. In der Rheologie wird jedoch als Maß für die Dehnung der Probe nicht der
Verstreckungsgrad, sondern die Hencky-Dehnung εH angegeben, welche dem natürlichen
Logarithmus des Verstreckungsgrades entspricht:
=
0
lnll
Hε (4.16)
Die Dehngeschwindigkeit f ergibt sich aus der zeitlichen Ableitung der Hencky-Dehnung und
entspricht der auf den Momentanwert bezogenen zeitlichen Änderung der Probenlänge:
==dtdl
ldtd H 1ε
ε& (4.17)
Aus dem Quotienten der aufgebrachten Zugspannung σ = FZ/AZ und der
Dehngeschwindigkeit f kann die Dehnviskosität ηE ermittelt werden:
εση&
=E (4.18)
In der Praxis treten häufig keine uniaxialen, sondern mehrachsige Dehnbeanspruchungen
auf. Der Deformationsgeschwindigkeitstensor D für eine beliebige Dehnströmung in einem
orthogonalen Koordinatensystem mit den Achsen x1, x2 und x3 ist wie folgt definiert:
=
33
22
11
000000
εε
ε
&
&
&
D (4.19)
l0
l
FZ FZ AZ
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
59
Da für Polymerschmelzen von einer Volumenkonstanz ausgegangen werden kann, muss die
Summe der drei Dehngeschwindigkeiten Null ergeben:
0332211 =++ εεε &&& (4.20)
Für den Fall einer konstanten Dehngeschwindigkeit, d.h. f11 = f0, ergibt sich nach Einführung
des sogenannten Dehnmodenparameters mE (Gl. 4.22) für den Dehngeschwindigkeitstensor
demzufolge:
+−=
)1(0000001
0
E
E
mmD ε& (4.21)
mit
11
22
εε&
&=Em (4.22)
Für den Fall der uniaxialen Dehnung ergibt sich für mE = -0,5, d.h. die Probe wird in
Belastungsrichtung mit f0 verstreckt und in die beiden anderen Richtungen jeweils mit der
Geschwindigkeit f0/2 gestaucht. Als weitere Grenzfälle ergeben sich mE = 1 für eine
äquibiaxiale und mE = 0 für eine planare Dehnbeanspruchung.
Für die experimentelle Untersuchung des Fließverhaltens von Polymerschmelzen unter
uniaxialer, biaxialer und planarer Dehnbeanspruchung wurden eine Reihe von
verschiedenen Dehnrheometern entwickelt [z.B. Meissner 1972, Münstedt 1979, Chatrei et
al. 1981, Takahashi et al. 1993, Meissner und Hochstettler 1994, Hachmann 1996], auf die
an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.
Ähnlich wie unter Scherbeanspruchung können auch unter Dehnbeanspruchung
unterschiedliche Charakterisierungsmethoden verwendet werden. Der im Rahmen dieser
Arbeit durchgeführte Spannversuch in Dehnung soll im Folgendem beschrieben werden. Für
weiterführende Informationen sei auch hier auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen
[z.B. Schwarzl 1990, Pahl et al. 1995].
Spannversuch in Dehnung
Bei einem Spannversuch in Dehnung wird die Probe mit einer konstanten
Dehngeschwindigkeit f0 beansprucht. Bei dem Spannversuch einer zylindrischen Probe in
uniaxialer Dehnung ergibt sich aufgrund der Definition der Dehngeschwindigkeit als
Ableitung der Hencky-Dehnung (siehe Gl. 4.17) eine exponentielle Zunahme der
Deformationsgeschwindigkeit mit der Zeit:
teldtdl ⋅⋅⋅= 0
00εε && (4.23)
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
60
Als Messsignal wird die Kraft als Funktion der Zeit aufgezeichnet. Die zeitabhängige
Spannung σ(t) ergibt sich aus dem Verhältnis der zeitabhängigen Kraft FZ(t) zur
Querschnittsfläche der Probe AZ, die ebenfalls zeitabhängig ist:
)()()(tAtFt
Z
Z=σ (4.24)
Aufgrund der Volumenkonstanz von Polymerschmelzen kann die zeitabhängige Fläche
jedoch aus dem Ausgangsquerschnitt AZ,0 und der Dehngeschwindigkeit errechnet werden:
t
Z
Z
Z
Z eAtF
tAtF
t ⋅⋅== 0
0,
)()()()( εσ & (4.25)
Als Materialfunktion erhält man die zeitabhängige Dehnviskosität ηE+(t,f0) aus dem
Quotienten der zeitabhängigen Spannung und der Dehngeschwindigkeit:
0
00
),(),(
εεσ
εη&
&&
ttE =+ (4.26)
4.2 Rheologische Eigenschaften in Scherströmung 4.2.1 Untersuchungen zur thermischen Stabilität
Für die Charakterisierung des rheologischen Verhaltens von Polymerschmelzen ist eine
thermische Stabilität während der gesamten Messzeit eine Grundvoraussetzung, um
verlässliche Messergebnisse zu erhalten. Dynamisch-mechanische Messungen bei niedrigen
Frequenzen haben sich als geeignete Methode zur Überprüfung der thermischen Stabilität
erwiesen. Dabei wird der zeitliche Verlauf einer bezüglich der Molmasse sensitiven
rheologischen Größe, wie z.B. des Speichermoduls, analysiert. Für die Untersuchungen zur
thermischen Stabilität der Polypropylene wurde ein deformationsgesteuertes
Rotationsrheometer der Firma Rheometrics Scientific (Typ ARES, Advanced Rheometric
Expansion System) mit einer Platte-Platte Geometrie (D = 25 mm) verwendet. Um einen
möglichen oxidativen Abbau der Polypropylene während der Versuche zu vermindern,
wurden die Messungen zur thermischen Stabilität genauso wie alle weiteren
scherrheologischen Messungen unter Stickstoffatmosphäre durchgeführt. Als
Stabilitätskriterium wurde eine maximale Abweichung des Speichermoduls bei einer
konstanten Kreisfrequenz von 5 % bezogen auf den Startwert des Moduls, verwendet. Die
Deformationsamplitude wurde so gewählt, dass die Messungen im linearen Bereich
erfolgten.
Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
In Bild 4.3 sind die Ergebnisse der Stabilitätsuntersuchung für das L-PP1, das LCB-PP1, die
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
61
Blends des L-PP1 mit 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 sowie das extrudierte LCB-PP1 bei einer
Temperatur von 180 °C dargestellt. Die Speichermodulwerte wurden zwecks besserer
Vergleichbarkeit der Proben auf den Ausgangswert G’(t=0) normiert. Für das L-PP1 ist eine
geringfügige Abnahme des Speichermoduls mit der Zeit erkennbar, wobei das
Stabilitätskriterium jedoch während der gesamten untersuchten Messzeit von 10 000 s erfüllt
ist. Ein ähnliches Verhalten wurde für das extrudierte L-PP1 gefunden, weshalb es in Bild 4.3
nicht mitaufgeführt ist.
102 103 1040,9
1,0
1,1
1,2
1,3
-5%
s
L-PP1 50 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 LCB-PP1 LCB-PP1 extr.
T = 180 °Cω = 0,1 s-1
G'(t
)/G'(t
=0)
t
+5%
Bild 4.3: Normierter Speichermodul G’(t)/G’(t=0) bei einer Temperatur von 180 °C als Funktion der
Zeit für das L-PP1, das LCB-PP1, die Blends des L-PP1 mit 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 sowie das
extrudierte LCB-PP1
Während das LCB-PP1 keine signifikante Änderung des Speichermoduls mit der Zeit zeigt,
weist das extrudierte LCB-PP1 einen starken Anstieg von G’(t) auf. Grund für diesen starken
Anstieg des Speichermoduls ist vermutlich die langsame Rückbildung von Verschlaufungen
zwischen den langkettenverzweigten Molekülen, die während der Extrusion entschlauft
wurden. Die Entschlaufung von temporären Verknüpfungen zwischen
Langkettenverzweigungen durch eine thermisch-mechanische Beanspruchung, z. B. durch
eine Extrusion, wurde zunächst für LDPE beschrieben [z.B. Rokudai (1979), Münstedt
(1981), Ram and Izrailov (1986)] und wurde später auch für langkettenverzweigte
Polypropylene beobachtet [Gahleitner (2001), Park et al. (2002)]. Eine genauere Diskussion
des Extrusionseinflusses auf die rheologischen Eigenschaften des LCB-PP1 kann bei Berger
(2005) nachgelesen werden.
Da die Rückbildungsgeschwindigkeit der Verschlaufungen sehr gering ist, steigt der
Speichermodul nur langsam mit der Zeit an (vgl. Bild 4.3), weshalb der Zustand des
extrudierten LCB-PP1 für ca. 1h als thermisch stabil betrachtet werden kann. Diese Zeit ist
zumindest für den Großteil der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten rheologischen
Untersuchungen ausreichend. Für das Blend mit 75 Gew.-% LCB-PP1 ist ebenfalls ein
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
62
signifikanter Anstieg des Speichermoduls mit der Zeit erkennbar. Dies deutet darauf hin,
dass auch für dieses Blend eine Änderung des Verschlaufungsnetzwerkes durch die
Extrusion in ähnlicher Weise wie für das reine LCB-PP1 erfolgt ist. Aufgrund des geringeren
Anteils an Langkettenverzweigungen im Vergleich zu dem LCB-PP1 ist der Effekt bei dem
Blend jedoch geringer ausgeprägt. Das Blend des L-PP1 mit 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie alle
anderen Blends des L-PP1 mit geringeren Anteilen an LCB-PP1 zeigen innerhalb der
Messzeit von 10 000 s keine signifikante Abweichung des Speichermoduls von dem Wert zu
Beginn der Messung. Somit wurde für diese Blends im Rahmen der Messgenauigkeit des
durchgeführten Experimentes kein Anstieg des Speichermoduls aufgrund einer Rückbildung
von Verschlaufungen gefunden, was ein Hinweis darauf ist, dass das lineare Polypropylen in
den Blends einen Einfluss auf den bei dem langkettenverzweigten PP gefundenen
Extrusionseffekt ausübt.
Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Dass die lineare Blendkomponente der L-PP/LCB-PP - Blends einen Einfluss auf die
Änderung des Verschlaufungsnetzwerks der langkettenverzweigten Moleküle besitzt, deutet
sich ebenfalls aus dem in Bild 4.4 dargestellten zeitabhängigen Speichermodul des Blends
des L-PP2 mit 75 Gew.-% an LCB-PP1 an. Während bei Zugabe von 25 Gew.-% des L-PP1
zu dem LCB-PP1 ein signifikanter Anstieg des Speichermoduls mit der Zeit festgestellt
wurde (siehe Bild 4.3), der auf die Rückbildung von im Extrusionsprozess zerstörten
Verschlaufungen zurückgeführt wird, scheint die Zugabe von 25 Gew.-% des
höhermolekularen L-PP2 zu dem LCB-PP1 zu einer geringeren Veränderung des
Verschlaufungsnetzwerkes durch die thermisch-mechanische Beanspruchung bei der
Extrusion geführt zu haben, da für dieses Blend im Rahmen der Messgenauigkeit kein
Anstieg des Speichermoduls mit der Zeit festgestellt wurde (siehe Bild 4.4).
Wie aus den in Bild 4.4 beispielhaft dargestellten Kurven für das L-PP2 und das Blend des L-
PP2 mit 75 Gew.-% LCB-PP1 geschlossen werden kann, weisen die Blends des LCB-PP1
mit dem L-PP2 eine ausreichende Stabilität für den Großteil der im Rahmen dieser Arbeit
durchgeführten rheologischen Untersuchungen auf.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
63
102 103 1040.9
1.0
1.1
1.2
1.3
-5%
s
L-PP2 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP2
T = 180 °Cω = 0,1 s-1
G'(t
)/G'(t
=0)
t
+5%
Bild 4.4: Normierter Speichermodul G’(t)/G’(t=0) bei einer Temperatur von 180 °C als Funktion der
Zeit für das L-PP2 und das Blend des L-PP2 mit 75 Gew.-% LCB-PP1
HMS-PP
Die Ergebnisse der Stabilitätsuntersuchungen an den beiden HMS-PP sind in Bild 4.5
dargestellt. Die Stabilität ist deutlich schlechter als bei den anderen untersuchten
Polypropylenen. Für beide HMS-PP tritt bereits nach einer Zeit von ca. 3 000 s eine
Abweichung des Speichermoduls um mehr als 5 % des Ausgangswertes auf. Selbst diese
geringe Stabilitätszeit ist jedoch ausreichend für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten
scher- und dehnrheologischen Untersuchungen mit Ausnahme von Kriechversuchen, bei
denen eine deutlich längere Stabilitätszeit erforderlich wäre. Kriechversuche wurden deshalb
an diesen beiden Materialien nicht durchgeführt.
102 103 1040,8
0,9
1,0
1,1
1,2
-5%
s
HMS-PP1 HMS-PP2
T = 180 °Cω = 0,1 s-1
G'(t
)/G'(t
=0)
t
+5%
Bild 4.5: Normierter Speichermodul G’(t)/G’(t=0) bei einer Temperatur von 180 °C als Funktion der
Zeit für HMS-PP1 und HMS-PP2
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
64
Elektronenbestrahlte Polypropylene
Das lineare Ausgangsprodukt (L-PP3) und die beiden über Elektronenbestrahlung des L-PP3
mit 5 kGy (LCB-PP2) und 60 kGy (LCB-PP3) erzeugten langkettenverzweigten
Polypropylene wurden von Auhl (2006) rheologisch charakterisiert. Da die Ergebnisse der
rheologischen Untersuchungen an diesen Polypropylenen für die Analyse des
Schäumverhaltens von entscheidender Bedeutung sind, wurden sie zum Teil für diese Arbeit
übernommen. Für alle drei Polypropylene L-PP3, LCB-PP2 und LCB-PP3 wurde von Auhl
(2006) eine ausreichende Stabilität nachgewiesen.
4.2.2 Dynamische Viskositätsfunktionen
Die dynamische Viskositätsfunktion beschreibt die Änderung der dynamischen Viskosität als
Funktion der Frequenz. Bei Gültigkeit der Cox-Merz-Relation (siehe Gl. 4.11) ist die
Frequenzabhängigkeit der dynamischen Viskosität mit der Schergeschwindigkeits-
abhängigkeit der Scherviskosität gleichzusetzen, und aus den dynamischen
Viskositätsverläufen können Aussagen über die Strukturviskosität der untersuchten
Polypropylene abgeleitet werden20. Zur Bestimmung der dynamischen Viskositätsfunktionen
wurden an dem deformationsgesteuerten Rotationstheometer ARES der Fa. Rheometrics
Scientific dynamisch-mechanische Untersuchungen in einem Frequenzbereich von 0,01 bis
100 s-1 durchgeführt. Die Messungen erfolgten bei einer Temperatur von 180 °C mit einer
Platte-Platte-Geometrie (Durchmesser 25 mm) unter Stickstoffatmosphäre.
Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
In Bild 4.6 ist die Frequenzabhängigkeit des Betrages der komplexen dynamischen
Viskosität für Blends des L-PP1 mit dem LCB-PP1 dargestellt. Die Viskosität des L-PP1 ist in
dem untersuchten Frequenzbereich signifikant größer als die Viskosität des LCB-PP1. Der
Unterschied zwischen den Viskositäten der beiden Blendkomponenten wird mit steigender
Frequenz größer, was ein Indiz für die stärker ausgeprägte Strukturviskosität des LCB-PP
ist. Diese kann sowohl auf den Einfluss der Langkettenverzweigungen als auch auf die
wesentlich breitere Molmassenverteilung des LCB-PP1 zurückgeführt werden.
Die Kurven der Blends mit 2, 5 und 10 Gew.-% LCB-PP1 sind der Übersicht halber nicht
dargestellt, da sie sich nur geringfügig von der Kurve des linearen Blendpartners
unterscheiden. Erst für die Blends mit höheren Anteilen an LCB-PP als 10 Gew.-% tritt eine
stärkere Strukturviskosität als bei dem linearen Blendpartner auf. Dieser Befund ist
verständlich, da die Blends bis 10 Gew.-% LCB-PP1 nur geringe Anteile an
20 Die Gültigkeit der Cox-Merz-Relation für lineare und langkettenverzweigte Polypropylene wurde im Rahmen der Diplomarbeit von Wendel (2004) am Beispiel des L-PP1 und des LCB-PP1 gezeigt.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
65
Langkettenverzweigungen aufweisen und sich auch in der Polydispersität der
Molmassenverteilung nur geringfügig von dem L-PP1 unterscheiden.
10-2 10-1 100 101 102102
103
104
105
s-1
Pas
L-PP1/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100
T = 180 °C
|η*(
ω)|
ω Bild 4.6: Frequenzabhängigkeit des Betrages der dynamischen Viskosität für das L-PP1, das LCB-
PP1, die Blends des L-PP1 mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 sowie das extrudierte LCB-PP1
Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Die dynamischen Viskositätsfunktionen der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 sind in Bild 4.7
dargestellt. Aufgrund der deutlich größeren Molmasse des L-PP2 im Vergleich zu dem L-PP1
ist die Viskositätsfunktion des L-PP2 gegenüber der des L-PP1 zu deutlich größeren
Viskositäten verschoben (vgl. mit Bild 4.6) und die Differenz zu der Viskositätsfunktion des
LCB-PP1 ist deutlich stärker ausgeprägt als bei dem L-PP1.
10-2 10-1 100 101 102102
103
104
105
s-1
Pas
L-PP2/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100
T = 180 °C
|η*(
ω)|
ω Bild 4.7: Frequenzabhängigkeit des Betrages der dynamischen Viskosität für das L-PP2, das LCB-
PP1 sowie die Blends des L-PP2 mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1
Ähnlich wie bei den Blends des L-PP1 unterscheiden sich die Kurven der Blends des L-PP2
bis zu einem Anteil an LCB-PP1 von 10 Gew.-% nur geringfügig von der Kurve der linearen
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
66
Blendkomponente, weshalb sie in Bild 4.7 nicht mitaufgeführt sind. Erst für das Blend mit
25 Gew.-% LCB-PP1 liegt die Viskositätskurve in dem untersuchten Frequenzfenster
deutlich unterhalb der Kurve des linearen Blendpartners. Somit lässt sich feststellen, dass für
beide Blendsysteme signifikant niedrigere Scherviskositäten in dem untersuchten
Frequenzbereich im Vergleich zu dem jeweiligen linearen Blendpartner erst ab einem Anteil
an LCB-PP1 von 25 Gew.-% auftreten.
HMS-PP
Die dynamischen Viskositätsfunktionen der beiden HMS-PP sind in Bild 4.8 dargestellt. Das
HMS-PP2 weist aufgrund der höheren gewichtsmittleren Molmasse im gesamten
untersuchten Frequenzbereich deutlich größere Viskositäten auf, wobei die Differenz
zwischen den Viskositäten der beiden PP bei höheren Frequenzen geringer wird. Für HMS-
PP1 fällt bei niedrigen Frequenzen ein ausgeprägter Anstieg der Viskosität auf. Dieser
könnte auf eine Phasenseparation der PE-Anteile innerhalb der Polypropylenmatrix
zurückzuführen sein, da Polypropylen und Polyethylen erfahrungsgemäß unmischbar sind.
Es ist anzunehmen, dass die Viskositätsfunktion bei hohen Frequenzen von dem linearen
Polypropylen dominiert wird und sich die hochmolekularen Polyethylenmoleküle erst bei
niedrigen Frequenzen bemerkbar machen, insbesondere deshalb weil die Moleküle aufgrund
der höheren Molmasse deutlich längere Relaxationszeiten aufweisen. Eine Klärung der
genauen Ursache für den Viskositätsanstieg des HMS-PP1 im Bereich niedriger Frequenzen
lag jedoch nicht im Rahmen dieser Arbeit21.
10-2 10-1 100 101 102
103
104
105
s-1
Pas HMS-PP1 HMS-PP2
T = 180 °C
|η*(
ω)|
ω Bild 4.8: Frequenzabhängigkeit der dynamischen Viskosität für HMS-PP1 und HMS-PP2
21 Sugimoto et al. (2001a und 2001b) untersuchten das rheologische Verhalten von HMS-Polypropylenen, die ähnlich wie die in dieser Arbeit untersuchten HMS-PP aus linearen Polypropylenen mit einem geringen Anteil an einer hochmolekularen Polyethylenkomponente bestehen. Sie fanden ebenfalls einen ausgeprägten Anstieg der komplexen Viskosität bei niedrigen Frequenzen und gehen näher auf mögliche Ursachen für diesen Viskositätsanstieg ein.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
67
Elektronenbestrahlte Polypropylene
Die von Auhl (2006) gemessenen dynamischen Viskositätsfunktionen der beiden
elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 sowie des linearen
Ausgangsproduktes L-PP3 sind in Bild 4.9 dargestellt. Die Elektronenbestrahlung des L-PP3
führt zu einer Verringerung der dynamischen Viskosität in dem untersuchten
Frequenzbereich, die zum einen auf die Molmassenabnahme und zum anderen auf den
Einfluss der erzeugten Langkettenverzweigungen auf die Strukturviskosität zurückgeführt
werden kann. In dem für die Verarbeitung der Polypropylene relevanten Bereich bei hohen
Frequenzen bzw. Schergeschwindigkeiten weisen das L-PP3 und das LCB-PP2 eine ähnlich
hohe Viskosität auf, während die Viskosität des LCB-PP3 signifikant niedriger ist, was
hauptsächlich mit der wesentlich geringeren Molmasse des LCB-PP3 zusammenhängt
(siehe Tabelle 3.3). Für eine genauere Diskussion des Einflusses der Elektronenbestrahlung
von linearen Polypropylenen auf die dynamische Viskositätsfunktion und die
Strukturviskosität sei auf Auhl (2006) verwiesen.
10-2 10-1 100 101 102
103
104
105
s-1
Pas
L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3
T = 180 °C
|η*(
ω)|
ω Bild 4.9: Frequenzabhängigkeit des Betrages der dynamischen Viskosität für die
elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 (Dosis 5 kGy) und LCB-PP3 (Dosis 60 kGy) sowie das
lineare Ausgangsprodukt L-PP3 [Auhl 2006]
4.2.3 Fließaktivierungsenergie
Mit der Fließaktivierungsenergie lässt sich die Temperaturabhängigkeit des rheologischen
Verhaltens von Polypropylenschmelzen beschreiben [Kurzbeck 1999, Uhl 2002]. Somit kann
bei Kenntnis der Aktivierungsenergie der Polypropylene die Änderung der
Schmelzeviskosität bei einer Temperaturzu- oder -abnahme berechnet werden.
Die Fließaktivierungsenergien der untersuchten Polypropylene wurden aus Frequenzsweeps
im Bereich von 0,1 bis 100 s-1 bei verschiedenen Temperaturen im Bereich von 150 °C bis
210 °C ermittelt. Durch Kurvenverschiebung wurde eine Masterkurve bei 180 °C erstellt und
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
68
anhand der so genannten Arrheniusauftragung der Verschiebungsfaktoren die
Fließaktivierungsenergie ermittelt22.
Die ermittelten Fließaktivierungsenergien EA der beiden Blendreihen aus L-PP1 und LCB-
PP1 bzw. L-PP2 und LCB-PP1 sind in Bild 4.10 als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-
PP1 dargestellt. Die Fließaktivierungsenergie des LCB-PP1 ist mit 43 kJ/mol deutlich größer
als die Fließaktivierungsenergien der beiden linearen Blendpartner, die bei 35 bzw. 36
kJ/mol liegen. Ursache für die höhere Aktivierungsenergie des LCB-PP1 sind die
vorhandenen Langkettenverzweigungen.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,034
36
38
40
42
44
E A
φLCB-PP1
lineare MischungsregelkJ/mol
a)
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,032
34
36
38
40
42
44
E A
φLCB-PP1
lineare MischungsregelkJ/mol
b)
Bild 4.10: Fließaktivierungsenergie EA als Funktion des Anteils an LCB-PP1 a) für die L-PP1/LCB-
PP1 – Blends und b) für die L-PP2/LCB-PP1 – Blends
Dass Langkettenverzweigungen zu einer Erhöhung der Fließaktivierungsenergie führen, ist
aus verschiedenen Untersuchungen an linearen und langkettenverzweigten Polyethylenen
bekannt [z.B. Gabriel 2001, Wood-Adams und Costeux 2001] und konnte auch bereits für
langkettenverzweigtes PP im Vergleich zu linearem PP gezeigt werden [z.B. Kurzbeck 1999,
Gahleitner 2001, Stadler 2001]. Die für langkettenverzweigte Polypropylene gefundene
Erhöhung der Fließaktivierungsenergie im Vergleich zu linearem Polypropylen liegt in der
Größenordnung wie sie auch in dieser Arbeit gefunden wurde und fällt somit deutlich
geringer aus als bei langkettenverzweigtem Polyethylen. Die Ursache für die
22 Eine stark ausgeprägte thermorheologische Komplexität, wie sie z. B. für LDPE gefunden wurde [z.B. Gabriel 2001], tritt bei den untersuchten langkettenverzweigten Polypropylenen nicht auf. Für alle untersuchten Polypropylene ließen sich die Kurven der einzelnen Temperaturen T durch die Zeit-Temperatur-Verschiebung gut zur Deckung bringen. Die ermittelten Verschiebungsfaktoren aT der Polypropylene konnten in der Arrheniusauftragung log aT als Funktion von 1/T jeweils mit einer linearen Beziehung beschrieben werden, aus deren Anstieg die Fließaktivierungsenergie bestimmt wurde.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
69
unterschiedliche Wirkung von Langkettenverzweigungen auf die Fließaktivierungsenergie
von Polypropylen und Polyethylen liegt vermutlich an dem starken Einfluss der chemischen
Struktur auf die Temperaturabhängigkeit des Fließverhaltens von Polymerschmelzen. Eine
ausführlicher Diskussion des Einflusses der chemischen Struktur und von Verzweigungen
auf das thermorheologische Verhalten von Polymeren findet sich z.B. bei Gabriel (2001).
Für beide Blendreihen aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen wurde in
erster Näherung eine lineare Zunahme der Fließaktivierungsenergie mit steigendem Anteil
an LCB-PP1 gefunden (Bild 4.10), die mit dem ebenfalls näherungsweise linear mit dem
Anteil an LCB-PP ansteigenden Langkettenverzweigungsgrad in Zusammenhang gebracht
werden kann.
Eine zumindest qualitative Korrelation zwischen dem Anteil an Langkettenverzweigungen
und der Fließaktivierungsenergie wurde auch von Stadler (2001) an elektronenbestrahlten
Polypropylenen gefunden, bei denen mit zunehmender Bestrahlungsdosis sowohl der Anteil
an Langkettenverzweigungen als auch die Fließaktivierungsenergie ansteigen. In diesem
Zusammenhang wurden von Stadler (2001) auch die Aktivierungsenergien des L-PP3 und
des mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 bestimmt. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 wurde
von Stadler jedoch nicht untersucht. Die Aktivierungsenergie des L-PP3 beträgt 35 kJ/mol
und liegt somit im Bereich der in dieser Arbeit für lineare PP ermittelten Werte für die
Aktivierungsenergie. Das LCB-PP3 weist mit 46 kJ/mol eine Aktivierungsenergie auf, die in
einem vergleichbaren Bereich wie die des LCB-PP1 (43 kJ/mol) liegt.
Während die Fließaktivierungsenergien der untersuchten linearen Polypropylene im Bereich
von 35 bis 36 kJ/mol liegen, weisen die beiden HMS-PP mit ca. 38 kJ/mol geringfügig
größere Werte auf. Der Unterschied zwischen den HMS-PP und den linearen PP ist jedoch
so gering, dass daraus keine weiterführenden Aussagen zum Einfluss der hochmolekularen
PE-Komponente abgeleitet werden können.
4.2.4 Nullviskositäten
Die Nullviskosität ist ein Maß für die viskosen Eigenschaften von Polymerschmelzen und
weist eine sehr hohe Sensitivität bezüglich der Änderung der molekularen Struktur auf. So
können anhand der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität bereits geringe Anteile an
Langkettenverzweigungen nachgewiesen und Aussagen über die Verzeigungsstruktur
langkettenverzweigter Polymerer getroffen werden. Darüber hinaus ist die Nullviskosität eine
geeignete Normierungsgröße um den Einfluss der unterschiedlichen gewichtsmittleren
Molmassen der Polypropylene auf die rheologischen Eigenschaften zu nivellieren.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
70
Zur Bestimmung der Nullviskositäten wurden bei der Temperatur von 180 °C Kriechversuche
an einem schubspannungsgesteuerten Rotationsrheometer der Firma Bohlin (Typ Gemini)
mit einer Platte-Platte Geometrie (D = 25 mm) unter Stickstoffatmosphäre durchgeführt. Die
Schubspannungen τ0 wurden so gewählt, dass Messungen im linearen Bereich erfolgen.
Eine detaillierte Beschreibung der Bestimmung der Nullvisositäten der Blends aus L-PP1
bzw. L-PP2 und LCB-PP1 anhand der durchgeführten Kriechversuche kann bei Stange et al.
(2005b) und Knör (2005) nachgelesen werden. Dort wird auch auf die Anwendbarkeit von
Mischungsregeln für die ermittelten Nullviskositäten der beiden Blendreihen eingegangen.
Die Nullviskositäten der beiden HMS-PP konnten aufgrund der begrenzten thermischen
Stabilität (siehe Kapitel 4.2.1) nicht bestimmt werden.
Für das L-PP3 und die beiden elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3
ist die Bestimmung der Nullviskositäten, die ebenfalls über Kriechversuche erfolgte, bei Auhl
et al. (2004) ausführlich beschrieben.
Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität
Für lineare Polymere besteht oberhalb der kritischen Molmasse Mc23 ein Zusammenhang
zwischen der gewichtsmittleren Molmasse Mw und der Nullviskosität η0 in Form einer
Potenzfunktion:
cww MMMK >⋅= für α
η0 (4.27)
Der Proportionalitätsfaktor K hängt im Allgemeinen von der chemischen Struktur und der
daraus resultierenden Kettensteifigkeit des Polymeren sowie der Temperatur ab. Bei vielen
linearen Polymeren ist er jedoch weitgehend unabhängig von deren chemischem Aufbau.
Für die verschiedensten linearen Polymere wurden für den Exponenten α Werte im Bereich
von 3,4 bis 3,6 gefunden. Auhl et al. (2004) zeigten anhand der Untersuchung einer Vielzahl
kommerzieller isotaktischer Polypropylene, dass die Beziehung (4.27) für lineare
Polypropylene gültig ist und fanden einen Exponenten von 3,5. Dies ist in guter
Übereinstimung mit Ergebnissen, die von anderen Autoren an linearen Polypropylenen
gefunden wurden [z.B. Eckstein et al. 1998].
Ein entscheidender Vorteil der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität zur Analyse von
langkettenverzweigten Polymeren gegenüber anderen rheologischen Eigenschaften liegt
darin begründet, dass der in Gl. 4.27 dargestellte Zusammenhang unabhängig von der
Polydispersität der Molmassenverteilung ist, wie in mehreren Untersuchungen nachgewiesen
werden konnte [z.B. Masuda et al. 1970, Münstedt 1986, Hepperle 2002, Stadler et al. 2005].
23 Die kritische Molmasse Mc ist eine polymerspezifische Größe, die mit der Bildung von Verschlaufungen zwischen den Molekülen zusammenhängt und etwa dem Zwei- bis Dreifachen der Molmasse zwischen zwei Verschlaufungspunkten, der sogenannten Entanglement Molmasse Me, entspricht.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
71
Demgegenüber ist aus der Literatur wohlbekannt, dass der exponentielle Zusammenhang
(4.27) für langkettenverzweigte Polymere nicht gültig ist.
In Bild 4.11 sind die Nullviskositäten der beiden Blendreihen aus den linearen
Polypropylenen L-PP1 und L-PP2 mit dem langkettenverzweigten LCB-PP1
doppeltlogarithmisch gegenüber der gewichtsmittleren Molmasse dargestellt. Der Wert für
das Blends des L-PP1 mit 75 Gew.-% LCB-PP1 ist nicht aufgeführt, da das rheologische
Verhalten dieses Blends von der thermisch-mechanischen Vorgeschichte während der
Blendherstellung beeinflusst ist und somit keine Nullviskosität bestimmt werden konnte
[Stange et al. 2005b]. Die eingetragene Gerade gibt den von Auhl et al. (2004) für lineare
Polypropylene gefundenen Zusammenhang zwischen Nullviskosität und Molmasse wieder.
Wie man der Abbildung entnehmen kann, liegen die Nullviskositäten der beiden linearen
Blendpartner L-PP1 und L-PP2 auf dieser Geraden. Demgegenüber liegt die Nullviskosität
des langkettenverzweigten LCB-PP1 deutlich unterhalb des Wertes, der sich für ein lineares
Polypropylen gleicher Molmasse ergeben würde.
104
105
106
102 ; 5
0 25
75
50
Pas
g/mol
100502510
52
106105
T = 180 °C
η0 = K Mw
3.5 mit lgK = -15,4 [Auhl et al. 2004] L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends
η 0
Mw, LS
0
Bild 4.11: Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität für die Blends der linearen Polypropylene L-PP1
und L-PP2 mit dem langkettenverzweigten LCB-PP1. Die unter den jeweiligen Symbolen
angegebenen Zahlen geben den Gewichtsanteil des LCB-PP1 an. Der Wert für das Blends des L-PP1
mit 75 Gew.-% LCB-PP1 ist nicht aufgeführt, da die Nullviskosität dieses Blends von der thermisch-
mechanischen Vorgeschichte während der Blendherstellung beeinflusst ist.
Da die Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität unabhängig von der Polydispersität der
Molmassenverteilung ist, kann diese signifikante Abweichung auf den Einfluss der
Langkettenverzweigungen zurückgeführt werden. Für beide Blendreihen nimmt der Abstand
der Nullviskosität von dem für lineare PP gefundenen Zusammenhang tendenziell mit
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
72
steigendem Anteil an LCB-PP und somit mit wachsendem Anteil an
Langkettenverzweigungen zu. Dies stimmt mit Ergebnissen an LDPE überein, bei denen
ebenfalls eine Abnahme der Nullviskosität der LDPE im Vergleich zu linearen Polyethylenen
gleicher Molmasse mit steigendem Anteil an Langkettenverzweigungen gefunden wurde
[Laun 1987, Gabriel 2001].
Neben der Detektion von Langkettenverzweigungen können aus der
Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität auch Rückschlüsse über die Topographie der
Langkettenverzweigungen gewonnen werden. So weisen gering langkettenverzweigte
metallocenkatalysierte Polyethylene mit einer stern- oder kammförmigen
Verzweigungstopographie im Vergleich zu linearen Polyethylenen gleicher Molmasse
erhöhte Nullviskositäten auf [z.B. Wood-Adams et al. 2000, Malmberg et al. 2002, Gabriel
und Münstedt 2003]. Demgegenüber führt ein hoher Anteil an Langkettenverzweigungen mit
einer baumartigen Verzweigungsstruktur wie z.B. in LDPE zu einer Abnahme der
Nullviskosität zu Werten unterhalb der für lineare Polymere gefundenen Beziehung [z.B.
Laun und Münstedt 1983, Gabriel und Münstedt 2003]. Unter Berücksichtigung dieser
Zusammenhänge kann aufgrund der in Bild 4.11 dargestellten Ergebnisse für das LCB-PP
eine baumartige Verzweigungsstruktur ähnlich wie bei LDPE angenommen werden. Da
davon ausgegangen werden kann, dass sich die Verzweigungsstruktur des
langkettenverzweigten Polypropylens durch das Zumischen von linearem Polypropylen wie
im Fall der hergestellten Blends nicht ändert, weisen die langkettenverzweigten Moleküle in
den Blends die gleiche baumartige Verzweigungstopographie wie in dem reinen LCB-PP1
auf. Demzufolge sollten die Blends ebenfalls eine im Vergleich zu linearen Polypropylenen
gleicher Molmasse geringere Nullviskosität aufweisen. Wie Bild 4.11 entnommen werden
kann, ist dies für alle untersuchten Blends der Fall. Somit kann aus den Ergebnissen
geschlussfolgert werden, dass bereits geringe Anteile an Langkettenverzweigungen mit einer
baumartigen Verzweigungstopographie zu einer Verringerung der Nullviskosität gegenüber
linearen Polymeren gleicher Molmasse führen.
Demgegenüber fanden Auhl et al. (2004) für gering langkettenverzweigte Polypropylene, die
durch Elektronenbestrahlung mit geringen Dosen erzeugt wurden, eine signifikante
Erhöhung der Nullviskosität gegenüber linearen Polypropylenen gleicher gewichtsmittlerer
Molmasse. So weist das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 eine Nullviskosität von mindestens
260 000 Pas auf24, was einer Nullviskositätsüberhöhung im Vergleich zu einem linearen PP
gleicher Molmasse etwa um Faktor 5 entspricht. Diese starke Viskositätserhöhung wird auf
einen geringen Anteil an stern- oder kammförmigen Langkettenverzweigungen 24 Da für dieses Polypropylen kein stationärer Zustand im Kriechversuch erreicht werden konnte wird angenommen, dass der tatsächliche Wert der Nullviskosität bei noch höheren Werten liegt [Auhl 2006].
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
73
zurückgeführt, ähnlich wie sie in metallocenkatalysierten Polyethylenen vorhanden sind.
Demzufolge kann aus der Analyse der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität
geschlossen werden, dass die Blends mit geringen Anteilen an dem langkettenverzweigten
Polypropylen LCB-PP1 eine andere Langkettenverzweigungsstruktur als das mit einer Dosis
von 5 kGy bestrahlte langkettenverzweigte LCB-PP2 aufweisen. Vergleicht man jedoch die
Verläufe der Gyrationsradien als Funktion der Molmasse zwischen den Blends mit geringen
Anteilen an LCB-PP1 in Bild 3.8 und dem LCB-PP2 in Bild 3.14, so sind im Rahmen der
Messgenauigkeit keine signifikanten Unterschiede feststellbar. Dies macht sehr deutlich,
dass mit Hilfe der Analyse der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität gegenüber der
klassischen molekularen Analyse weiterführende Aussagen zur Struktur der
Langkettenverzweigungen abgeleitet werden können.
Wie aus den Untersuchungen von Auhl et al. (2004) weiterhin hervorgeht, durchläuft die
Nullviskositätsüberhöhung der elektronenbestrahlten Polypropylene gegenüber linearen
Polypropylenen gleicher Molmasse mit steigender Bestrahlungsdosis ein Maximum im
Bereich von 10 kGy. Bei höheren Bestrahlungsdosen wird die Nullviskositätsüberhöhung
wieder geringer und bei den sehr stark bestrahlten Polypropylenen (100 und 150 kGy) sind
die Nullviskositäten sogar kleiner als die der linearen Polypropylene gleicher Molmasse. Dies
wird damit erklärt, dass sich mit steigender Bestrahlungsdosis die Verzweigungstopographie
der erzeugten Langkettenverzweigungen von einer stern- oder kammförmigen Struktur bei
geringen Dosen zu einer baumartigen Struktur bei hohen Dosen ändert25. Das LCB-PP3,
welches mit einer Dosis von 60 kGy bestrahlt wurde, besitzt mit 16 000 Pas eine im
Vergleich zu einem linearen PP gleicher Molmasse um den Faktor 2 erhöhte Nullviskosität.
Somit weist es trotz der vergleichsweise hohen Bestrahlungsdosis vermutlich noch eine
stern- oder kammförmige Verzweigungsstruktur auf, die sich im Vergleich zu dem LCB-PP2
durch die Anzahl und die Länge der Verzweigungen unterscheidet.
25 Janzen und Colby (1999) sagen anhand von Modellüberlegungen für Polyethylene ebenfalls einen Maximumdurchlauf der Nullviskosität mit steigendem Verzweigungsgrad voraus, den sie auf die Änderung der Verzweigungstopographie zurückführen. Geringe Anteile an Langkettenverzweigungen und demzufolge hohe Molmasse zwischen zwei Verzweigungspunkten lassen eine Nullviskositätserhöhung im Vergleich zu linearen Polyethylenen erwarten. Mit steigendem Verzweigungsgrad nimmt bei einer vergleichbaren mittleren Molmasse die Nullviskosität ab, was mit einer Verringerung des Abstands zweier Verzweigungspunkte erklärt wird. Wenn die Molmasse zwischen zwei Verzweigungspunkten schließlich so klein wird, dass sie nur noch wenig größer als die Entanglementmolmasse ist, ergibt sich eine im Vergleich zu linearen Polyethylenen verringerte Nullviskosität.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
74
4.2.5 Zusammenfassung
Aus den Untersuchungen des rheologischen Verhaltens der Polypropylene in Scherströmung
ergeben sich zusammenfassend folgende Ergebnisse:
Dynamische Viskositätsfunktion und Strukturviskosität
- Aus dem Vergleich der dynamischen Viskositätsfunktionen des L-PP1 und des LCB-PP1
wird deutlich, dass die Strukturviskosität des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-
PP1 deutlich ausgeprägter ist als die des linearen L-PP1.
- Die Viskosität des LCB-PP1 ist in dem untersuchten Frequenzbereich niedriger als die
Viskositäten der linearen Blendpartner L-PP1 und L-PP2, wobei der Unterschied in den
Viskositätswerten zwischen L-PP2 und LCB-PP1 deutlich größer ist als zwischen L-PP1
und LCB-PP1.
- Die Viskositäten der Blends aus L-PP1 bzw. L-PP2 und LCB-PP1 liegen in dem
untersuchten Frequenzbereich zwischen denen der Blendpartner. Eine signifikante
Abnahme der Scherviskosität der Blends im Vergleich zu dem jeweiligen linearen
Blendpartner tritt jedoch erst ab einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 auf.
- Das HMS-PP1 weist aufgrund der niedrigeren gewichtsmittleren Molmasse gegenüber
dem HMS-PP2 in dem gesamten untersuchten Frequenzbereich niedrigere Viskositäten
auf. Bei dem HMS-PP1 tritt ein signifikanter Anstieg der Viskosität bei kleinen Frequenzen
auf, der vermutlich auf den Einfluss der hochmolekularen PE-Komponente zurückgeführt
werden kann.
- In den von Auhl (2006) übernommenen Ergebnissen der elektronenbestrahlten
Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 wurde mit steigender Bestrahlungsdosis eine
Abnahme der dynamischen Viskosität im Vergleich zu dem linearen Ausgangsprodukt L-
PP3 festgestellt, die zum einen durch die Molmassenabnahme und zum anderen durch
die höhere Strukturviskosität aufgrund der Langkettenverzweigungen erklärbar ist.
Temperaturabhängigkeit
- Die Fließaktivierungsenergie der untersuchten langkettenverzweigten Polypropylene ist
gegenüber den linearen Polypropylenen signifikant erhöht.
- Für beide Blendreihen wurde ein nahezu linearer Anstieg der Fließaktivierungsenergie mit
steigendem Anteil an LCB-PP1 gefunden.
- Die beiden HMS-PP besitzen eine gegenüber den linearen PP geringfügig erhöhte
Aktivierungsenergie, wobei der Unterschied jedoch so gering ist, dass keine weiteren
Rückschlüsse zum Einfluss der hochmolekularen Komponente getroffen werden können.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
75
Nullviskosität
- In der doppeltlogarithmischen Auftragung der Nullviskosität über der gewichtsmittleren
Molmasse weisen alle untersuchten Blends eine im Vergleich zu linearen Polypropylenen
gleicher Molmasse verringerte Nullviskosität auf. Diese Nullviskositätserniedrigung kann
durch die baumartige Langkettenverzweigungsstruktur des LCB-PP1 erklärt werden. Aus
den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass bereits geringe Anteile an
Langkettenverzweigungen einer baumartigen Verzweigungsstruktur in linearen
Polypropylen zu einer Nullviskositätserniedrigung im Vergleich zu einem linearen PP
gleicher Molmasse führen.
- Demgegenüber stellt Auhl (2006) für die elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2
und LCB-PP3 eine im Vergleich zu linearem Polypropylen gleicher Molmasse signifikant
größere Nullviskositätserhöhung fest, die auf eine kamm- oder sternförmige Topographie
der erzeugten Langkettenverzweigungen hindeutet.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
76
4.3 Rheologische Eigenschaften in uniaxialer Dehnströmung
Zur Charakterisierung der Dehneigenschaften der Polypropylenschmelzen wurden
Spannversuche in uniaxialer Dehnströmung bei unterschiedlichen Dehngeschwindigkeiten
durchgeführt. Für die Untersuchungen wurden zwei verschiedene uniaxiale Dehnrheometer
verwendet, die sich hauptsächlich in der Messmethodik und in dem messbaren
Dehngeschwindigkeitsbereich unterscheiden (siehe Kapitel 4.3.1). Anhand der
durchgeführten Spannversuche kann das Verhalten der Polypropylenschmelzen unter einer
uniaxialen Dehnbeanspruchung wesentlich genauer charakterisiert werden als dies mit dem
ebenfalls häufig verwendeten Rheotensversuch [z.B. Naguib et al. 2002, Reichelt et al. 2003]
der Fall ist. Die Bestimmung der Dehnviskositätsverläufe als Funktion der Zeit, die aufgrund
der konstanten Dehngeschwindigkeit ein Maß für die aufgebrachte Dehnung darstellt,
ermöglicht, über die reine Quantifizierung der Schmelzefestigkeit hinaus, eine Analyse des
dehnverfestigenden Verhaltens der Polypropylenschmelzen.
Ein Schwerpunkt wurde auf die Untersuchung der Homogenität der Probendeformation
gelegt, da aus dieser Rückschlüsse auf die Deformierbarkeit der Polypropylene während
einer Verarbeitung unter Dehnbeanspruchung gezogen werden können.
4.3.1 Dehnrheometer und Probenvorbereitung
Die Bestimmung der rheologischen Eigenschaften der Polypropylene in uniaxialer
Dehnströmung erfolgte sowohl an einem nicht kommerziell erhältlichen Ölbaddehnrheometer
als auch an einem kürzlich von der Firma TA Instruments entwickelten Dehnrheometer mit
der Bezeichnung EVF (extensional viscosity fixture) für das Rotationsrheometer ARES. Im
Folgenden werden die beiden Dehnrheometer, die sich hinsichtlich des Aufbaus, des
Messprinzips und der erforderlichen Probenvorbereitung signifikant voneinander
unterscheiden, genauer vorgestellt.
Ölbaddehnrheometer
Das verwendete Ölbadrheometer wurde ursprünglich von Münstedt (1979) entworfen und
wurde später von Kurzbeck (1999) und Heindl (2005) weiterentwickelt. Das Prinzip des
Dehnrheometers entspricht dem einer Zugprüfmaschine, wobei eine aufgeschmolzene
zylindrische Probe in vertikaler Richtung deformiert wird. Der schematische Aufbau des
Dehnrheometers ist in Bild 4.12 dargestellt.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
77
photoelektrischesWegmesssystem
KraftaufnehmerTemperier-medium
Zahnriemen
Zugstange
Motor
Probe
Glasgefäß
Messmedium (Silikonöl)
obeÖl TT Pr)()( ρρ ≈
Führungsschlitten
Bild 4.12: Schematischer Aufbau des Ölbaddehnrheometers
Die Probe befindet sich in einem Ölbad und ist auf der einen Seite mit der Kraftmessdose
und auf der anderen mit der Abzugstange verbunden. Das Ölbad dient zum einen der
Temperierung der Probe und zum anderen zur Stabilisierung der Probe während der
Messung durch Kompensation der Gravitations- und Auftriebskräfte. Hierfür wird die Dichte
des Öls an die Dichte der Probe bei der Messtemperatur angepasst. Für die im Rahmen
dieser Arbeit untersuchten Polypropylene hat sich das Siliconöl Baysilone M10 der Firma GE
Bayer Silicones als am geeignetsten erwiesen.
Die maximale Verstreckungslänge der Proben beträgt etwa 500 mm, womit je nach
Ausgangslänge der Dehnproben Hencky-Dehnungen bis zu 3,9 erzielt werden können. Der
messbare Dehngeschwindigkeitsbereich erstreckt sich von 10-4 s-1 bis zu 2 s-1. Zur
genaueren Beschreibung des Rheometers und der Durchführung der Messung sei auf die
entsprechende Literatur verwiesen [Kurzbeck 1999, Heindl 2005].
Zur Herstellung der Dehnproben wurden zunächst zylindrische Stränge an einem
Schmelzindexprüfgerät bei einer Temperatur von 180 °C extrudiert. Belastungsgewicht und
Kapillarendurchmesser wurden jeweils so gewählt, dass die fertigen Dehnproben einen
Durchmesser von ca. 5 mm aufweisen. Um eine Verjüngung der extrudierten Stränge
aufgrund des Eigengewichtes zu vermeiden, wurden die Stränge in eine Flüssigkeit
extrudiert, deren Dichte an die Dichte des Polypropylens angepasst wurde. Für die
untersuchten Polypropylene hat sich ein Wasser/Ethanol-Gemisch mit einem
Mischungsverhältnis von 50/50 Vol.-% bewährt. Anschließend wurden die Stränge bis zum
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
78
Erreichen eines Gleichgewichtszustandes in einem Ölbad bei 180 °C retardiert26. Aus den
retardierten Strängen wurden zylindrische Proben mit einer Probenlänge von ca. 10 mm
hergestellt. An beiden Stirnseiten der Proben wurden T-förmig gefalzte Aluminiumplättchen
aufgeklebt, die an der Abzugstange bzw. an der Kraftmessdose des Ölbaddehnrheometers
über entsprechende Vorrichtungen befestigt werden können. Genauere Einzelheiten zu der
Probenpräparation der Polypropylene können bei Uhl (2002) und Knör (2004) nachgelesen
werden.
Mit dem Ölbaddehnrheometer wurden an den Polypropylenen Spannversuche bei
verschiedenen Dehngeschwindigkeiten von 0,01 bis 1 s-1 durchgeführt. Aufgrund der
Ausgangslänge der Proben von etwa 10 mm und der maximalen Verstreckungslänge von
etwa 500 mm, ergibt sich eine maximale Hencky-Dehnung von εH = 3,927. Vor dem Beginn
der Messung wurde eine Aufschmelzzeit von 5 min abgewartet, um ein
Temperaturgleichgewicht in der Probe zu gewährleisten. Da sich die Probengeometrie
während des Aufschmelzens aufgrund der thermischen Ausdehnung ändert, wurden die
tatsächlichen Dimensionen der Probe bei der Messtemperatur mit Hilfe des
Längenausdehnungskoeffizienten28 berechnet.
ARES-EVF-Dehnrheometer
Da in der Schaumextrusion maximale Dehngeschwindigkeiten von bis zu 10 s-1 auftreten
können [Gendron und Daigneault 2000, Kropp 1999], wurden zusätzliche Untersuchungen
an dem ARES-EVF-Dehnrheometer bei Dehngeschwindigkeiten von 3 und 10 s-1
durchgeführt. Das Dehnrheometer besteht aus zwei senkrechten Walzen, die parallel zu
einander angeordnet sind. Die eine Walze wird über ein Getriebe von dem Motor des
26 Bei der Retardation der Proben im Ölbad und während der Messung im Ölbaddehnrheometer nehmen die Proben Siliconöl auf. Bei den untersuchten Polypropylenen kann die Ölaufnahme bei einer maximalen Gesamtzeit aus Retardations- und Messzeit von etwa 40 min bis zu 5 Gew.-% betragen. Wie anhand von ortsauflösender EDX-Spektroskopie (EDX = energy disperse x-ray) nachgewiesen werden konnte, reichert sich das Öl hauptsächlich in den oberflächennahen Regionen an. Die maximale Eindringtiefe beträgt ca. 600 µm, was etwa 25 % des Probendurchmessers entspricht [Uhl 2002]. Ein Vergleich von 20 min retardierten Proben mit 60 min retardierten Proben ergab für L-PP1 und LCB-PP1 eine geringe Viskositätsabnahme der länger retardierten Proben durch die höhere Ölaufnahme, die jedoch im Bereich der Messgenauigkeit des Dehnrheometers liegt [Uhl 2002]. 27 Aufgrund von Schwankungen in den Ausgangsprobenlängen konnte nicht für alle Proben, die bis zu der maximalen Verstreckungslänge gedehnt werden konnten, eine Hencky-Dehnung von 3,9 erreicht werden, sondern die maximalen Dehnungen schwankten im Bereich von 3,7 bis 3,9. Aus diesem Grunde wurde für alle in dieser Arbeit dargestellten Dehnviskositätskurven die maximale Hencky-Dehnung auf 3,7 begrenzt. 28Der Längenausdehnungskoeffizient bei der Messtemperatur wurde unter der Annahme eines isotropen Ausdehnungsverhaltens aus dem spezifischen Volumen bestimmt [Kurzbeck 1999]. Die dafür notwendige Bestimmung des spezifischen Volumens bei der Messtemperatur erfolgte durch Berechnung mit einer von Zoller (1979) für Polypropylen vorgeschlagenen Näherungsformel. Überprüfungsmessungen mit einer pvT-Apparatur durch Derfuß (2003) ergaben eine gute Übereinstimmung zwischen den gemessenen Werten des spezifischen Volumens von Polypropylenschmelzen und den anhand der Näherungsformel errechneten Werten.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
79
Rotationsrheometer angetrieben und rotiert um die Achse der zweiten Walze, welche starr
mit dem Drehmomentaufnehmer des Rheometers verbunden ist. Quaderförmige Proben mit
den Abmaßen 20 mm x 10 mm x 0,8 mm werden über Metallklemmen an den beiden Walzen
befestigt. Durch die Rotationsbewegung der einen Walze um die andere werden die Proben
uniaxial gedehnt. Die Herstellung der Proben erfolgte durch Pressen bei einer
Presstemperatur von 230 °C für maximal 5 min. Die hohe Presstemperatur war erforderlich,
um Eigenspannungen in den Proben zu vermeiden.
Die mit dem ARES-EVF-Dehnrheometer erreichbare maximale Hencky-Dehnung von 4 liegt
im selben Bereich wie die des Ölbaddehnrheometers. Das ARES-EVF weist gegenüber dem
Ölbadrheometer eine schlechtere Temperierung der Probe während der Messung auf. Ein
Nachteil des ARES-EVF beseht darin, dass keine Möglichkeit zur Beobachtung der
Deformation der Probe während der Messung besteht, um auf diese Weise Messartefakte,
z.B. aufgrund von Einschnürrungen der Probe, ausschließen zu können.
Wie in Bild 4.13 am Beispiel des LCB-PP1 zu erkennen ist, stimmen die
Dehnviskositätsverläufe des ARES-EVF in dem Überlappungsbereich der
Dehngeschwindigkeit von 0,1 bis 1 s-1 mit den in dem Ölbaddehnrheometer gemessenen
Viskositätsverläufen im Rahmen der Messgenauigkeit gut überein. Auch die Dehnkurven bei
den Dehnraten von 3 und 10 s-1 fallen bis zum Beginn der Dehnverfestigung im Bereich der
Hencky-Dehnung von etwa 1 mit der linear-viskoelastischen Anlaufkurve in Dehnung
zusammen, was ein Hinweis darauf ist, dass das Ares-EVF auch bei den hohen Dehnraten
zuverlässige Ergebnisse liefert.
10-1 100 101 102103
104
105
106
s
103
10.3 0,1 0,03
.ε0 [s-1]
t
0,01
Ölbadrheometer ARES-EVF-Dehnrheometer
η E+ (t,
ε 0) .
PasT = 180 °C
Bild 4.13: Vergleich der mit dem ARES-EVF-Dehnrheometer gemessenen transienten Dehnviskosität
mit den Ergebnissen des Ölbadrheometers am Beispiel des LCB-PP1
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
80
4.3.2 Spannversuche in uniaxialer Dehnung
Im Folgenden werden die Ergebnisse der an den untersuchten Polypropylenen
durchgeführten Spannversuche in uniaxialer Dehnung dargestellt, wobei insbesondere auf
das Dehnverfestigungsverhalten und auf die Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung
eingegangen werden soll. Hieraus lassen sich zum einen Rückschlüsse auf den Einfluss der
unterschiedlichen molekularen Struktur der Polypropylene auf das dehnrheologische
Verhalten ziehen und zum anderen dienen die Ergebnisse dieser Untersuchungen als
Grundlage für die Analyse möglicher Zusammenhänge zwischen dem
Dehnverfestigungsverhalten und dem Schäumverhalten.
Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Die transienten Dehnviskositäten ηE+(t,f0) der Blends des L-PP1 mit dem LCB-PP1 bei einer
Temperatur von 180 °C sind in Bild 4.14 dargestellt. Für das L-PP1 fallen die bei
verschiedenen Dehnraten f0 gemessen Kurven alle auf der linear-viskoelastischen
Dehnanlaufkurve zusammen, die sehr gut mit dem Dreifachen der Scheranlaufkurve η0+(t)
übereinstimmt (Bild 4.14a)29. Das Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 weist bei Dehnraten größer
als 0,1 s-1 ein ähnliches Verhalten wie das reine L-PP1 auf. Bei niedrigeren Dehnraten ist
jedoch ein geringer Anstieg der Dehnviskosität über die linear-viskoelastische Anlaufkurve
hinaus erkennbar, was ein Indiz für eine minimal ausgeprägte Dehnverfestigung ist. Das
Blend mit 5 Gew.-% LCB-PP zeigt bereits ein signifikantes Dehnverfestigungsverhalten bei
niedrigen Dehnraten. Ab einer Zugabe von 10 Gew.-% LCB-PP1 zu dem L-PP1 tritt bei allen
untersuchten Dehnraten eine ausgeprägte Dehnverfestigung auf. Die Ergebnisse der Blends
des L-PP1 mit geringen Anteilen an LCB-PP1 zeigen die hohe Sensibilität der Dehnrheologie
hinsichtlich der Anwesenheit geringer Anteile an Langkettenverzweigungen30.
Weiterhin wird aus Bild 4.14a deutlich, dass bereits durch die Zugabe geringer Anteile eines
langkettenverzweigten Polypropylens zu einem linearen Polypropylen ein ausgeprägtes
Dehnverfestigungsverhalten hervorgerufen wird. Ähnliche Ergebnisse wurden in der Literatur
an Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polyethylenen beschrieben [z.B. Lohse et
al. 2002, Steffl 2004, Wagner et al. 2004]. Lohse et al. (2002) untersuchten das
dehnrheologische Verhalten von Blends aus linearen PE und Modellpolyethylenen mit stern-
und kammförmiger Verzweigungsstruktur. Während sie für die Blends mit sternförmig
29Die Scheranlaufkurven wurden mit dem ARES bei einer Temperatur von 180 °C und einer Schergeschwindigkeit von 0,01 s-1 gemessen. 30 Da bereits bei dem Blend des L-PP1 mit 5 Gew.-% LCB-PP1 ein deutlicher Anteil an Langkettenverzweigungen nachgewiesen werden konnte, während in der Polydispersität der Molmassenverteilung keine Unterschiede zu dem linearen PP festgestellt wurden (siehe Kapitel 3.2), kann das dehnverfestigende Verhalten der Blends auf die vorhandenen Langkettenverzweigungen zurückgeführt werden.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
81
verzweigtem Polyethylen keine Dehnverfestigung fanden, zeigten die Blends mit
kammförmig verzweigtem PE bereits bei einem Anteil von 3 Gew.-% eine ausgeprägte
Dehnverfestigung.
100 101 102 103103
104
105
106
107
108
109
1010
s
Pas
.
T = 180 °C
10% LCB-PP1
5% LCB-PP1
2% LCB-PP1
L-PP1
.
x10000
x5000
x250
ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1
η E+ (t
,ε0)
t
3η0+(t)
a)
100 101 102 103103
104
105
106
107
108
109
1010
1011
s
Pas
75% LCB-PP1x20
3η0+(t)
T = 180 °C
LCB-PP1
50% LCB-PP1
25% LCB-PP1
.
x15000
x800
ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1
η E+ (t,
ε 0)
t
.
b)
Bild 4.14: Transiente uniaxiale Dehnviskosität der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Steffl (2004) sowie Wagner et al. (2004) führten uniaxiale Dehnexperimente an Blends aus
LLDPE und LDPE durch. In beiden Untersuchungen wurde ab einem Anteil von 5 Gew.-%
LDPE eine ausgeprägte Dehnverfestigung nachgewiesen. Suzuki et al. (2004) fanden für
Blends eines linearen Polypropylens mit 10 Gew.-% eines langkettenverzweigten
Polypropylens eine signifikante Dehnverfestigung. Es wurden jedoch keine Blends mit
geringerem Anteil an langkettenverzweigtem PP untersucht.
Während bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 eine deutliche Zunahme der
Dehnverfestigung auftritt, sind für die Blends mit höherem Anteil an LCB-PP nur noch
vergleichsweise geringe Änderungen im Dehnverfestigungsverhalten feststellbar (Bild
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
82
4.14b). Dies zeigt das große Potential, welches in einer Reduzierung des Anteils an
langkettenverzweigtem Polypropylen durch Mischen mit linearem Polypropylen liegt, ohne
dadurch die dehnverfestigenden Eigenschaften des LCB-PP signifikant zu verringern.
Um korrekte Dehnviskositäten zu ermitteln, ist es von besonderer Bedeutung, dass die
Deformation der Probe während der gesamten Messung möglichst homogen verläuft, da für
die Berechnung der Viskositäten ein konstanter Wert des Durchmessers über die gesamte
aktuelle Probenlänge zugrunde gelegt wird. Für die meisten der in Bild 4.14 dargestellten
Proben war eine homogene Probendeformation bis zu der maximalen Hencky-Dehnung von
εH = 3,7 gewährleistet. Das L-PP konnte im gesamten Dehngeschwindigkeitsbereich nur bis
zu einer Dehnung von etwa 2,3 homogen gedehnt werden. Bei den Blends mit 2 und 5 Gew.-
% LCB-PP traten im Bereich hoher Dehngeschwindigkeiten (> 0,1 s-1) ebenfalls starke
Inhomogenitäten auf, so dass zuverlässige Dehnviskositäten nur bis etwa εH = 2,7
gemessen werden konnten. Eine ausführlichere Diskussion der Probenhomogenität während
der Dehnexperimente erfolgt in Kapitel 4.3.3.
Die Genauigkeit der dehnrheologischen Experimente wird durch die Gültigkeit der Trouton-
Beziehung ηE+(t) = 3η0
+(t) für alle untersuchten Blends im gesamten
Dehngeschwindigkeitsbereich bekräftigt. Die Abweichung der Dehnviskositäten bei Hencky-
Dehnungen größer 1 sind auf das nichtlineare Dehnverfestigungsverhalten der Blends
zurückzuführen.
Zur Quantifizierung der Dehnverfestigung wird die zeitabhängige Dehnviskosität ηE+(t,f0) auf
den dreifachen Wert der linear-viskoelastischen Scheranlaufkurve η0+(t) bei der gleichen Zeit
bezogen:
)(3),(
0
0
tt
X EE +
+
⋅=
ηεη &
(4.28)
XE wird als Dehnverfestigungsfaktor bezeichnet und ist von der Dehngeschwindigkeit, der
Zeit bzw. der Dehnung und der Messtemperatur abhängig. In Bild 4.15 sind die für die
Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ermittelten Dehnverfestigungsfaktoren bei einer Hencky-
Dehnung von εH = 2,7 als Funktion der aufgebrachten Dehngeschwindigkeit dargestellt. Für
das L-PP1 sind keine Dehnverfestigungsfaktoren angegeben, da es zum einen keine
Dehnverfestigung zeigt und zum anderen die Proben bereits bei Dehnungen von ca. 2,3
durch lokale Einschnürungen, die schließlich zum Bruch führten, versagten. Das LCB-PP1
weist erwartungsgemäß im gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich die größte
Dehnverfestigung auf. Die ermittelten Dehnverfestigungsfaktoren steigen für das LCB-PP1
mit zunehmender Dehngeschwindigkeit an. Eine solche Dehnratenabhängigkeit der
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
83
Dehnverfestigung wurde ebenfalls für LDPE gefunden und wird typischer Weise mit einer
baumartigen Topographie der Langkettenverzweigungen in Verbindung gebracht [Gabriel
und Münstedt 2003, Malmberg et al. 2002]. Somit bestätigen die dehnrheologischen
Ergebnisse des LCB-PP1, die anhand der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität
getroffene Annahme, dass das LCB-PP1 ähnlich wie LDPE eine baumartige
Langkettenverzweigungsstruktur besitzt.
0,01 0,1 1
1
2
3
4
5
6
7
.
XE (ε
H=
2,7)
T = 180 °CεH = 2,7 2% LCB-PP1
5% LCB-PP1 10% LCB-PP1 25% LCB-PP1 50% LCB-PP1 75% LCB-PP1 LCB-PP1 LCB-PP1 extr.
ε0
s-1
Bild 4.15: Dehnverfestigungsfaktor XE bei einer Dehnung von 2,7 als Funktion des Anteils an LCB-
PP1 in L-PP1
In Bild 4.15 sind ebenfalls die Dehnverfestigungsfaktoren für das extrudierte LCB-PP1
dargestellt. Durch die Extrusion verringert sich die Höhe der Dehnverfestigung signifikant,
wobei die Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung zumindest tendenziell gleich bleibt.
Dies kann vermutlich durch eine Abnahme der Anzahl der Verschlaufungen zwischen den
Langkettenverzweigungen durch die thermisch-mechanische Beanspruchung im Extruder
erklärt werden, wodurch die Dehnverfestigung weniger stark ausgeprägt ist. Die
Dehnratenabhängigkeit bleibt jedoch nahezu gleich, da die an den restlichen
Verschlaufungen beteiligten Langkettenverzweigungen die gleiche Topographie wie vor der
Extrusion aufweisen.
Die Ergebnisse in Bild 4.15 zeigen, dass geringe Anteile des LCB-PP1 in dem linearen L-
PP1 einen stärkeren Einfluss auf die Dehnviskosität und insbesondere auf das
Dehnverfestigungsverhalten bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten besitzen. So liegen die
Dehnverfestigungsfaktoren für das Blend des L-PP1 mit 2 Gew.-% LCB-PP im Bereich der
Dehngeschwindigkeit von 0,1 bis 1 s-1 im Bereich von 1, d.h. es tritt keine Dehnverfestigung
auf, während bei Dehngeschwindigkeiten kleiner 0,1 s-1 Werte für XE ermittelt wurden, die
deutlich größer als 1 sind und auf eine geringe, aber signifikante Dehnverfestigung
hinweisen. Bis zu einem Anteil von 50 Gew.-% LCB-PP1 führt die Zugabe des
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
84
langkettenverzweigten Polypropylens zu dem linearen Polypropylen zu einer stärkeren
Dehnverfestigung bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten, wie aus der Zunahme des
Dehnverfestigungsfaktors mit sinkender Dehnrate sichtbar wird. Demzufolge weisen die
Blends mit geringen Anteilen an LCB-PP1 eine andere Dehnratenabhängigkeit als das reine
LCB-PP1 auf. Für Blends aus LDPE und LLDPE wurde eine solche Änderung der
Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung des langkettenverzweigten Polymers durch
Zumischen eines linearen Polymers gleichen chemischen Aufbaus nicht gefunden. Selbst bei
geringen Anteilen an LDPE in LLDPE zeigten die Blends einen Anstieg der Dehnverfestigung
mit zunehmender Dehnrate wie sie auch bei reinem LDPE auftritt [z.B. Steffl 2004, Wagner
et al. 2004]. Wagner et al. (2004) führen die starke Dominierung des
Dehnverfestigungsverhaltens der LLDPE/LDPE-Blends durch das LDPE selbst bei geringen
LDPE-Anteilen auf eine Phasenseparierung in den Blends zurück. Für Blends aus linearen
und langkettenverzweigten Polypropylenen wurden bisher keine Anzeichen für eine solche
Phasenseparation gefunden.
Eine Zunahme der Dehnverfestigung mit sinkender Dehngeschwindigkeit, wie sie bei den
Blends des L-PP1 mit geringen Anteilen an LCB-PP1 auftritt, wird normalerweise für
Polymere mit einem geringen Anteil an Langkettenverzweigungen einer stern- oder
kammförmigen Topographie gefunden, wie z.B. für metallocenkatalysierte
langkettenverzweigte Polyethylene [Gabriel und Münstedt 2003, Malmberg et al. 2002]. Über
ein solches Verhalten wurde ebenfalls für Polypropylene mit geringen Anteilen an
Langkettenverzweigungen, die einerseits auf chemischem Wege oder anderseits über
Elektronenbestrahlung mit geringen Bestrahlungsdosen erzeugt wurden, berichtet
[Hingmann und Marczinke 1994, Auhl et al. 2004]. Auch für diese gering
langkettenverzweigten Polypropylene wird im Mittel von einer stern- oder kammförmigen
Verzweigungstopographie ausgegangen, die durch wenige Verzweigungen pro Molekül mit
einer hohen Molmasse der Verzweigungsarme gekennzeichnet ist.
Eine solche Verzweigungsarchitektur kann für die untersuchten Polypropylenblends
ausgeschlossen werden, da die Topographie der Langkettenverzweigungen in den Blends
von derjenigen des langkettenverzweigten Blendpartners bestimmt wird, die wie bereits
erwähnt als baumartig angenommen werden kann. Die Blends mit geringen Anteilen an
LCB-PP1 und die Polymere mit einer stern- oder kammförmigen Verzweigungstopographie
haben jedoch gemeinsam, dass der Anteil an Langkettenverzweigungen klein ist. Dies
könnte ein Hinweis darauf sein, dass geringe Anteile an Langkettenverzweigungen,
unabhängig von der Verzweigungsstruktur, zu einer stärker ausgeprägten Dehnverfestigung
bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten führen.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
85
Eine mögliche Ursache für die Änderung der Dehnratenabhängigkeit der Blends im Vergleich
zu dem reinen LCB-PP1 könnte in einer unterschiedlichen Auswirkung geringer und hoher
Anteile an Langkettenverzweigungen auf das Relaxationszeitspektrum liegen. Wie Wagner
et al. (2006) zeigen, wirken sich geringe Anteile des LCB-PP1 in dem linearen L-PP1 nur auf
die langen Relaxationszeiten aus, weshalb sich ein Einfluss der Langkettenverzweigungen in
Form einer ausgeprägten Dehnverfestigung nur bei niedrigen Dehnraten bemerkbar macht.
Mit wachsendem Anteil an LCB-PP1 vergrößern sich der durch die
Langkettenverzweigungen beeinflusste Bereich des Relaxationszeitspektrums und somit
auch der Dehngeschwindigkeitsbereich, in dem eine ausgeprägte Dehnverfestigung auftritt,
zu kürzeren Zeiten bzw. höheren Geschwindigkeiten hin.
Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Anhand des Vergleiches des dehnrheologischen Verhaltens der L-PP1/LCB-PP1 - Blends
und der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 können Aussagen zum Einfluss der Viskosität des
linearen Blendpartners auf das Dehnverfestigungsverhalten von Blends aus linearen und
langkettenverzweigten Polypropylenen abgeleitet werden. Die zeitabhängigen
Dehnviskositäten der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 sind im Anhang B aufgeführt. In
Bild 4.16 sind die Dehnverfestigungsfaktoren der beiden Blendreihen bei einer Hencky-
Dehnung von 2,7 als Funktion der mit der Nullviskosität normierten Dehnrate dargestellt.
103 104 105 106
1
2
3
4
5
6
7
. .
XE (ε
H=
2,7)
T = 180 °CεH = 2,7
2% LCB-PP1 5% LCB-PP1 10% LCB-PP1 25% LCB-PP1 50% LCB-PP1
η0 ε0
Pa
L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends
Bild 4.16: Vergleich der Dehnverfestigungsfaktoren XE bei einer Dehnung von 2,7 als Funktion der mit
der Nullviskosität normierten Dehngeschwindigkeit für die L-PP1/LCB-PP1 - und L-PP2/LCB-PP1 -
Blends
Um zu berücksichtigen, dass aufgrund der höheren Molmasse bzw. der höheren
Nullviskosität des L-PP2 das gesamte rheologische Zeitverhalten der Blends des L-PP2 mit
dem LCB-PP1 im Vergleich zu den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 zu längeren Zeiten und
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
86
somit zu niedrigeren Beanspruchungsgeschwindigkeiten verschoben ist, wurden die
Dehngeschwindigkeiten mit den Nullviskositäten der Polypropylene multipliziert. Die Kurven
für die Blends mit 75 Gew.-% LCB-PP1 sind nicht mit aufgeführt, da für das Blend des L-PP1
mit 75 Gew.-% LCB-PP1 aufgrund des Einflusses der thermisch-mechanischen
Beanspruchung während der Extrusion keine Nullviskosität bestimmt werden konnte (siehe
Kapitel 4.3.2).
Aus dem Vergleich der Dehnverfestigungsfaktoren in Bild 4.16 wird deutlich, dass die
Dehnverfestigungen der Blends bis zu einem Anteil an LCB-PP1 von 10 Gew.-% durch die
Normierung der Dehngeschwindigkeit mit der Nullviskosität im Rahmen der Messgenauigkeit
übereinstimmen. Für mittlere Anteile an LCB-PP1 von 25 und 50 Gew.-% liegen die
Dehnverfestigungsfaktoren der Blends des L-PP2 bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten
deutlich oberhalb der Werte der Blends des L-PP1. Eine mögliche Ursache für die höhere
Dehnverfestigung der Blends des L-PP2 mit mittleren Anteilen an LCB-PP1 im Vergleich zu
den Blends des L-PP1 könnte sein, dass sich zwischen hochmolekularen linearen Molekülen
und den Langkettenverzweigungen des LCB-PP1 mehr oder stärkere Verschlaufungen
bilden als dies mit niedermolekularen Molekülen möglich ist. Diese ausgeprägtere
Verschlaufungsstruktur der höhermolekularen Moleküle könnte zu einer stärkeren
Dehnverfestigung führen. Da der Anteil an hochmolekularen linearen Ketten bei dem L-PP2
aufgrund der höheren gewichtsmittleren Molmasse größer ist als bei dem L-PP1, wäre bei
Gültigkeit dieser Vermutung eine stärker ausgeprägte Dehnverfestigung der Blends des L-
PP2 vorstellbar.
Abhängigkeit der Dehnverfestigung der Blends vom Anteil an LCB-PP1
Um genauer analysieren zu können, wie sich die Höhe der Dehnverfestigung der Blends aus
linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen als Funktion des Anteils an
langkettenverzweigtem PP ändert, sind in Bild 4.17 die Dehnverfestigungsfaktoren der
beiden Blendreihen über dem Gewichtsanteil an LCB-PP1 dargestellt. Diese Form der
Auftragung erlaubt es direkt abzulesen, wie hoch die durch die Zugabe eines bestimmten
Anteils an LCB-PP1 zu dem jeweiligen linearen Blendpartner erreichbare Dehnverfestigung
ist. Da der Verlauf der Dehnverfestigungsfaktoren mit steigendem Anteil an LCB-PP1 von
der Dehngeschwindigkeit abhängig ist, sind die Kurvenverläufe für alle untersuchten
Dehnraten von 0,01 bis 10 s-1 aufgeführt.
Die Änderung des Verlaufes der Dehnverfestigungsfaktoren als Funktion des Anteils an
LCB-PP1 in Abhängigkeit der Dehnrate ist tendenziell bei beiden Blendreihen gleich.
Ursache für dieses Verhalten ist vermutlich, wie bereits in Kapitel 4.3.2 angedeutet, dass
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
87
sich geringe Anteile an Langkettenverzweigungen bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten
stärker bemerkbar machen als bei hohen Dehnraten.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
1
2
3
4
5
6
7a)
ε0 [s-1]
0,01 0,03 0,1 0,3 1 3 10
XE (ε
H=
2,7)
φLCB-PP1
T = 180 °CεH = 2,7
.
L-PP1/LCB-PP1 - Blends
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
1
2
3
4
5
6
7
XE (ε
H=
2,7)
L-PP2/LCB-PP1 - BlendsT = 180 °CεH = 2,7
b)
ε0 [s-1]
0,01 0,03 0,1 0,3 1 3 10
φLCB-PP1
.
Bild 4.17: Verlauf der Dehnverfestigungsfaktoren als Funktion des Anteils an LCB-PP1 in
Abhängigkeit der Dehngeschwindigkeit für a) die L-PP1/LCB-PP1 - Blends und b) die L-PP2/LCB-PP1
- Blends
Wie man den Ergebnissen entnehmen kann, tritt zwar für alle untersuchten Dehnraten
tendenziell eine Zunahme der Dehnverfestigung mit steigendem Anteil an LCB-PP1 auf, aber
der Verlauf der Dehnverfestigung als Funktion des Anteils an langkettenverzweigten
Polypropylen ändert sich in Abhängigkeit der Dehngeschwindigkeit deutlich. Während bei der
kleinsten untersuchten Dehnrate schon geringe Anteile an LCB-PP1 in den linearen
Polypropylenen ausreichen, um eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung zu erzielen, tritt
bei der höchsten Dehnrate erst ab einem deutlich höheren Anteil an LCB-PP1 eine
ausgeprägte Dehnverfestigung auftritt. Vergleicht man z. B. die Unterschiede zwischen den
Dehnverfestigungsfaktoren der Blends mit 50 Gew.-% LCB-PP1 mit denen des reinen LCB-
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
88
PP1 so wird deutlich, dass der Unterschied bei niedrigen Dehnraten wesentlich geringer
ausgeprägt ist als bei hohen. Für die Praxisrelevanz bedeuten diese Ergebnisse, dass bei
hohen Dehngeschwindigkeiten ein wesentlich größerer Anteil an LCB-PP1 zu den linearen
Polypropylenen zugegeben werden muss als bei niedrigen, um eine gleichgroße
Dehnverfestigung zu erhalten. Um z.B. im Fall des L-PP2 bei einer Hencky-Dehnung von 2,7
eine ausgeprägte Dehnverfestigung mit einem Dehnverfestigungsfaktor von 4 zu erzielen,
reicht bei der kleinsten Dehngeschwindigkeit von 0,01 s-1 bereits die Zugabe von 25 Gew.-%
LCB-PP1 aus, während bei der größten Dehngeschwindigkeit von 10 s-1 eine Zugabe von
75 Gew.-% erforderlich ist.
Elektronenbestrahlte PP
Die von Auhl (2006) gemessenen Dehnviskositäten des L-PP3 und der beiden
elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 sind in Bild 4.18 dargestellt.
Wie erwartet, weist auch das lineare L-PP3 keine Dehnverfestigung auf. Die durch die
Bestrahlung mit 5 kGy erzeugten geringen Anteile an Langkettenverzweigungen in LCB-PP2
führen bereits zu einer ausgeprägten Dehnverfestigung, die mit abnehmender
Dehngeschwindigkeit stärker wird. Durch die Erhöhung der Bestrahlungsdosis auf 60 kGy
(LCB-PP3) wird die Dehnverfestigung signifikant größer, wobei sie jedoch nahezu
unabhängig von der Dehngeschwindigkeit ist.
100 101 102103
104
105
106
x 0.5
x 0.7
0,01s-1
L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3
.
.ε0
T = 180 °C
= 1 s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1
Pas
s
η E+ (t,
ε0)
t
3η0
+(t)
Bild 4.18: Transiente Dehnviskositäten des L-PP3, des LCB-PP2 und des LCB-PP3. Die Daten
wurden der Dissertation Auhl (2006) entnommen.
Die Änderung der Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung mit der Bestrahlungsdosis
wird in Bild 4.19 deutlich, in dem die von Auhl (2006) ermittelten Dehnverfestigungsfaktoren
der in Bild 4.18 dargestellten Polypropylene bei einer Dehnung von 2,7 als Funktion der mit
der Nullviskosität normierten Dehnrate aufgetragen sind. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
89
weist eine ähnliche Dehnratenabhängigkeit wie das Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% des
LCB-PP1 auf (siehe Bild 4.19).
1000 10000 1000001
2
3
4
5
6
7
..
XE (
ε H=
2,7)
T = 180 °CεH = 2,7
5% LCB-PP1 LCB-PP1 LCB-PP2 LCB-PP3
η0 ε0
Pa
Bild 4.19: Dehnverfestigungsfaktoren bei einer Hencky-Dehnung von 2,7 als Funktion der mit der
Nullviskosität normierten Dehngeschwindigkeit für LCB-PP1, LCB-PP2 und LCB-PP3 sowie für das
Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% LCB-PP1. Die Dehnverfestigungsfaktoren des LCB-PP2 und des LCB-
PP3 wurden der Dissertation Auhl (2006) entnommen.
Auhl (2006) führt die stärker ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen Dehnraten auf eine
stern- bzw. kammförmige Verzweigungstruktur des LCB-PP2 zurück. Eine baumartige
Verzweigungsstruktur wie im Fall des Blends kann aufgrund der signifikanten
Nullviskositätsüberhöhung im Vergleich zu linearen Polypropylen gleicher Molmasse
ausgeschlossen werden (siehe auch Kapitel 4.2.3). Aus dem Vergleich der beiden
Polypropylene wird deutlich, dass die Dehngeschwindigkeitsabhängigkeit der
Dehnverfestigung nicht ausschließlich durch die Topographie der Langkettenverzweigung
bestimmt wird, sondern dass auch die Anzahl der vorhandenen Langkettenverzweigungen
eine entscheidende Rolle spielt.
Für das mit 60 kGy bestrahlte LCB-PP3 tritt keine Dehnratenabhängigkeit der
Dehnverfestigung in dem untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich auf. Die Änderung der
Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung mit steigender Bestrahlungsdosis erklärt Auhl
(2006) mit einer Änderung der Topographie der Langkettenverzweigungen. Während bei
geringen Bestrahlungsdosen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass nur wenige recht lange
Verzweigungen mit einer stern- oder kammförmigen Topographie erzeugt werden, entstehen
bei hohen Bestrahlungsdosen eine Vielzahl von Verzweigungen mit einer baumartigen
Verzweigungsstruktur ähnlich wie bei dem LCB-PP1, welches vermutlich ebenfalls über
Elektronenbestrahlung erzeugt wurde. Bei dem mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 liegen
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
90
vermutlich sowohl Langkettenverzweigung mit kammförmiger als auch mit baumartiger
Verzweigungsarchitektur vor.
Während das dehnrheologische Verhalten des LCB-PP2 durchaus mit der anhand der
Ergebnisse der Blends aufgestellten Hypothese, dass eine geringe Anzahl an
Langkettenverzweigungen unabhängig von der Topographie zu einer stärker ausgeprägten
Dehnverfestigung bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten führt, erklärbar ist, scheint dies bei
dem LCB-PP3 nicht der Fall zu sein. Die im Vergleich zu dem LCB-PP2 veränderte
Dehnratenabhängigkeit des LCB-PP3 kann zumindest qualitativ auf den deutlich höheren
Anteil an Langkettenverzweigungen zurückgeführt werden. Zunächst überraschend ist
jedoch die deutlich niedriger ausgeprägte Dehnverfestigung im Vergleich zu dem LCB-PP1.
Vergleicht man die ermittelte Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000
Monomereinheiten des LCB-PP1 von 0,3 (siehe Bild 3.9) mit dem von Auhl (2006) für das
LCB-PP3 angegebenen Wert von 0,3 so weisen beide Polypropylene einen vergleichbaren
Anteil an Langkettenverzweigungen auf.
Eine mögliche Ursache für die geringer ausgeprägte Dehnverfestigung des LCB-PP3 könnte
die wesentlich kleinere gewichtsmittlere Molmasse des LCB-PP3 im Vergleich zum LCB-PP1
sein (siehe Tabelle 3.3). Wie bereits bei dem Vergleich der Blends des LCB-PP1 mit den
linearen Polypropylenen unterschiedlicher mittlerer Molmasse angedeutet, könnte die
niedrige Molmasse des LCB-PP3 aufgrund der kurzen Molekülketten zu einem weniger stark
ausgeprägten Verschlaufungsnetzwerk führen. Dadurch wird die Behinderung von
Entschlaufungsvorgängen verringert, und es resultiert eine niedrigere Dehnverfestigung. Da
jedoch auch der Einfluss der deutlich breiteren Molmassenverteilung des LCB-PP1
gegenüber dem LCB-PP3 ein Grund für die signifikant höhere Dehnverfestigung des LCB-
PP1 trotz des vergleichbaren Anteils an Langkettenverzweigungen sein kann, ist es nicht
möglich, weiterführende Aussagen aus dem Vergleich der beiden LCB-PP abzuleiten.
HMS-PP
Abschließend sind in Bild 4.20 die Dehnviskositätsverläufe der beiden HMS-PP dargestellt.
Für beide Polypropylene ist eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung erkennbar, die mit
abnehmender Dehngeschwindigkeit zunimmt. Bei dem HMS-PP2 konnte erst ab einer
Dehnrate von 0,3 s-1 eine geringfügige Dehnverfestigung nachgewiesen werden, während
bei dem HMS-PP1 bereits bei der höchsten untersuchten Dehnrate eine ausgeprägte
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
91
Dehnverfestigung auftrat31. Die Zunahme der Dehnverfestigung mit abnehmender Dehnrate
ist jedoch bei dem HMS-PP1 weniger stark ausgeprägt als bei dem HMS-PP2.
100 101 102103
104
105
106
107
s
Pas
t
0,01s-1
.ε0
T = 180 °C
= 1 s-1
0,3s-10,1s-1
0,03s-1 HMS-PP1 HMS-PP2
.η E
+ (t, ε
0)
3η0
+(t)
Bild 4.20: Transiente Dehnviskositäten des HMS-PP1 und des HMS-PP2
Eine Ursache für die Unterschiede in dem Dehnverfestigungsverhalten der beiden HMS-PP
könnte in der deutlich höheren Molmasse des HMS-PP2 im Vergleich zum HMS-PP1 liegen.
Um genauere Aussagen treffen zu können, wären jedoch detailliertere Informationen über
die Menge und die molekulare Struktur des hochmolekularen Anteils in den beiden HMS-PP
erforderlich. Verantwortlich für die Dehnverfestigung der HMS-PP ist mit ziemlicher
Sicherheit die hochmolekulare Komponente aus Polyethylen. Es kann jedoch nicht geklärt
werden, ob die Dehnverfestigung allein auf den Einfluss geringer Anteile an linearen
Molekülen mit einer im Vergleich zur Hauptkomponente deutlich höheren Molmasse
zurückgeführt werden kann oder ob nicht auch Langkettenverzweigungen in der
hochmolekularen Komponente eine Rolle spielen.
4.3.3 Homogenität der Verformung
Zur Überprüfung der Homogenität der Verformung während des Dehnexperimentes, welche
Voraussetzung für die Anwendung der in Kapitel 4.1.2 dargestellten Auswerteformeln ist,
wurden die Durchmesser der Proben nach der Dehndeformation entlang ihrer Länge
31Das HMS-PP2 konnte bei den beiden höchsten Dehngeschwindigkeiten nicht bis zu der maximalen Dehnung von 3,7 verstreckt werden, da bereits bei kleineren Dehnungen ein Reißen der Proben auftrat. Deshalb kann insbesondere bei der Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 keine definitive Aussage hinsichtlich einer vorhandenen Dehnverfestigung getroffen werden. Die starke Abnahme der Dehnverfestigung des HMS-PP2 durch Erhöhung der Dehngeschwindigkeit von 0,01 s-1 auf 0,1 s-1 und die nur sehr gering ausgeprägte Dehnverfestigung bei 0,3 s-1 deuten jedoch daraufhin, dass bei der höchsten Dehngeschwindigkeit mit großer Wahrscheinlichkeit keine Dehnverfestigung auftritt.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
92
vermessen32. In Bild 4.21 ist beispielhaft der ermittelte Strangdurchmesser für Stränge der
Blends des L-PP1 mit 2 Gew.-% des LCB-PP1 (Bild 4.21a) und mit 50 Gew.-% des LCB-PP1
(Bild 4.21b) als Funktion der Probenlänge dargestellt, die bei unterschiedlichen
Dehngeschwindigkeiten bis zu einer Hencky-Dehnung von 3,7 verstreckt wurden. Die
eingetragenen Waagerechten geben den anhand des Ausgangsdurchmessers der Proben
unter Voraussetzung der Volumenkonstanz ermittelten Solldurchmesser dsoll bei einer
Dehnung von 3,7 an.
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 500,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
cm
mm
ε0 [s-1]
.T = 180 °CεH = 3,7
d
l
0,01 0,03 0,1
dsoll
98%L-PP1/2%LCB-PP1 - Blend
a)
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 500,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
cm
mm
ε0 [s-1]
.T = 180 °CεH = 3,7
d
l
0,01 0,03 0,1
dsoll
50%L-PP1/50%LCB-PP1 - Blend
b)
Bild 4.21: Ermittelter Strangdurchmesser der mit unterschiedlichen Dehnraten bis zu einer Dehnung
von 3,7 gedehnten Proben a) des Blends des L-PP1 mit 2 Gew.-% LCB-PP1 und b) des Blends des L-
PP1 mit 50 Gew.-% LCB-PP1 über der Länge der gedehnten Proben
32Die Bestimmung der Durchmesser der gedehnten Proben erfolgte für die hier dargestellten Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 durch Ausmessen der nach dem Dehnexperiment ausgebauten Stränge mit einer Schieblehre. Hierzu wird das Ölbad unmittelbar nach Beendigung des Dehnexperimentes heruntergefahren und die Schmelze eingefroren. Da sich durch den Ausbau der Proben eine zusätzliche Verformung der Proben ergibt, sind die tatsächlichen Abweichungen geringer als die an den eingefrorenen Strängen gemessenen Werte. Im Rahmen der Doktorarbeit von Heindl (2005) wurde eine Methode zur Bestimmung der Probendurchmesser mittels Digitalphotographie unmittelbar nach Beendigung der Messung direkt im Dehnrheometer entwickelt, welche jedoch erst für die Überprüfung der Homogentität der Verformung für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 und die HMS-PP zum Einsatz kam. Da für diese Produkte jedoch ähnliche Ergebnisse wie für die hier diskutierten Blends des L-PP1 mit dem LCB-PP1 gefunden wurden, sind diese Ergebnisse hier nicht dargestellt, können jedoch teilweise bei Knör (2004) nachgelesen werden.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
93
Bei dem Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 ist eine deutliche Verjüngung des
Strangdurchmessers zur Mitte der Probe hin erkennbar. Die sehr starken Anstiege des
Probendurchmessers an den beiden Enden der Probe rühren jedoch von Randeffekten an
den Klebungen her, da die Klebungen eine Deformation der Probe behindern. Ein ähnlicher
Verlauf des Durchmessers entlang der Probenlänge wie bei dem Blend mit 2 Gew.-% LCB-
PP1 wurde von Kurzbeck (1999) für lineares Polypropylen gefunden.
Für das Blend mit 50 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 4.21b) ändert sich der Durchmesser entlang
der Probenlänge nur geringfügig und verläuft recht gleichmäßig, was auf eine gute
Homogenität der Deformation hindeutet. Ein signifikanter Einfluss der Dehngeschwindigkeit
ist in dem untersuchten Bereich für beide Blends nicht zu erkennen.
Zur Quantifizierung der Abweichungen der Durchmesser von dem theoretisch zu
erwartenden Wert wurde von Kurzbeck (1999) eine mittlere Abweichung as von dem Sollwert
ds ähnlich der statistischen Größe der Standardabweichung eingeführt:
( )∑=
−=n
iollsis dd
na
1
21 (4.29)
Um unterschiedliche Ausgangsdurchmesser zu berücksichtigen, bestimmte Kurzbeck die
relative mittlere Standardabweichung rs indem er as auf den zu erwartenden Sollwert bezog:
soll
ss d
ar = (4.30)
In Bild 4.22 ist die so ermittelte relative mittlere Abweichung bei einer Hencky-Dehnung von
3,7 als Funktion der Dehngeschwindigkeit für das LCB-PP1 sowie für Blends des LCB-PP1
mit unterschiedlichen Anteilen an L-PP1 dargestellt. Das reine lineare L-PP ist nicht mit
aufgeführt, da es nicht bis zu einer Dehnung von 3,7 gedehnt werden konnte. Bei der
maximal erreichbaren Dehnung für das L-PP1 von 2,3 betrug die mittlere relative
Abweichung etwa 25 %, was in dem von Kurzbeck (1999) für lineares PP gefunden Bereich
liegt.
Die mittlere relative Abweichung wird mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 geringer und die
Homogenität der Deformation demzufolge besser. Diese Verbesserung der Homogenität der
Probendeformation wird durch die Dehnverfestigung hervorgerufen, die bei den Blends mit
höheren Anteilen an LCB-PP1 stärker ausgeprägt ist (siehe Bild 4.15). Die positive Wirkung
der Dehnverfestigung auf die Homogenität der Deformation beruht darauf, dass bei einer
lokalen Einschnürung der Probe ein Art Selbstheilungseffekt auftritt [Kurzbeck 1999]. Der
durch die Dehnverfestigung hervorgerufene starke Viskositätsanstieg mit zunehmender
Dehnung führt im Falle einer lokalen Einschnürung aufgrund der höheren Dehnung in
diesem Bereich zu einer Vergrößerung des Widerstandes gegen eine weitere Deformation
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
94
an dieser Stelle, wodurch die Inhomogenität ausheilt und eine gleichmäßige Verformung der
Probe resultiert. Die leichte Abnahme der mittleren Abweichung vom Sollwert des
Durchmessers mit sinkender Dehngeschwindigkeit bei den Blends mit geringen Anteilen an
LCB-PP1 kann somit durch die für diese Blends gefundene Zunahme der Dehnverfestigung
mit kleiner werdender Dehnrate erklärt werden.
0,01 0,10
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
.s-1
%
T = 180 °CεH = 3,7
2% LCB-PP1 50% LCB-PP1 10% LCB-PP1 LCB-PP1 25% LCB-PP1
r S
ε0 Bild 4.22: Relative mittlere Abweichung des Strangdurchmessers von dem Sollwert als Funktion der
Dehngeschwindigkeit für Blends des L-PP1 mit unterschiedlichen Anteilen an LCB-PP1 und das reine
LCB-PP1
4.3.4 Zusammenfassung
Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen des rheologischen Verhaltens der
Polypropylene in uniaxialer Dehnströmung können wie folgt zusammengefasst werden:
- Für die untersuchten linearen Polypropylene wurde keine Dehnverfestigung festgestellt.
- Das kommerzielle langkettenverzweigte LCB-PP1 weist demgegenüber im gesamten
untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung auf,
die mit steigender Dehnrate größer wird.
- Bereits die Zugabe von geringen Anteilen eines langkettenverzweigten PP zu einem
linearen PP in der Größenordnung von 5 Gew.-% führt zu einer signifikanten
Dehnverfestigung, die jedoch im Gegensatz zu dem langkettenverzweigten Blendpartner
mit abnehmender Dehnrate stärker ausgeprägt ist. Diese unterschiedliche
Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung kann vermutlich dadurch erklärt werden,
dass sich die geringen Anteile an Langkettenverzweigungen der Blends mit niedrigen
Anteilen an LCB-PP1 nur auf die langen Relaxationszeiten auswirken, welche
insbesondere das Dehnverfestigungsverhalten bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten
beeinflussen.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
95
- Die Dehnverfestigung der Blends nimmt mit steigendem Anteil an langkettenverzweigtem
PP zu, wobei der Verlauf der Dehnverfestigung als Funktion des Anteils an LCB-PP stark
von der Dehngeschwindigkeit abhängig ist.
- Eine größere Molmasse bzw. Viskosität des linearen Blendpartners verschieben den
Beginn der Dehnverfestigung zu niedrigeren Dehngeschwindigkeiten, führen jedoch zu
einem mit abnehmender Dehnrate stärkeren Anstieg der Dehnverfestigung.
- Mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 und demzufolge mit steigender Dehnverfestigung
verbessert sich die Homogenität der Verformung der Probe in dem Dehnexperiment
signifikant.
- In den von Auhl (2006) übernommenen Ergebnissen der elektronenbestrahlten
Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 wurde mit steigender Bestrahlungsdosis eine
Zunahme der Dehnverfestigung gefunden.
- Das LCB-PP2 zeigt eine mit abnehmender Dehnrate ansteigende Dehnverfestigung, die
Auhl auf die stern- bzw. kammförmige Topographie der Langkettenverzweigungen des
LCB-PP2 zurückführt. Da jedoch das Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% LCB-PP1 trotz einer
baumartigen Topographie der langkettenverzweigten Moleküle ein gleiches
Dehnverfestigungsverhalten wie das LCB-PP2 aufweist, kann geschlossen werden, dass
die Dehngeschwindigkeitsabhängigkeit der Dehnverfestigung nicht alleine durch die
Verzweigungstopographie bestimmt wird. Vielmehr scheint die geringe Anzahl der
Langkettenverzweigungen der beiden Polypropylene unabhängig von der
Verzweigungstopographie für die stärker ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen
Dehngeschwindigkeiten verantwortlich zu sein.
- Das LCB-PP3 besitzt trotz eines ähnlich hohen Anteils an Langkettenverzweigungen wie
das LCB-PP1 eine deutlich niedrigere Dehnverfestigung. Dies könnte sowohl auf die
deutlich größere gewichtsmittlere Molmasse als auch auf die signifikant breitere
Molmassenverteilung des LCB-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP3 zurückzuführen sein.
- Die beiden HMS-PP weisen eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen
Dehngeschwindigkeiten im Bereich 0,01 bis 1 s-1 auf, die mit abnehmender Dehnrate
größer wird.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
96
4.4 Rheologische Eigenschaften in biaxialer Dehnströmung
Da die in der Schaumextrusion während des Zellwachstums auftretenden
Dehnbeanspruchungen zu einer weitestgehend biaxialen Dehndeformation der
Polymerschmelze in den Zellwänden führen (siehe Kapitel 2.3.3), muss geklärt werden,
inwiefern die aus den durchgeführten uniaxialen Dehnexperimenten getroffenen Aussagen
auf eine biaxiale Dehndeformation übertragbar sind. In der Literatur sind nur wenige
Untersuchungen unter biaxialer Dehnbeanspruchung beschrieben, was vor allen Dingen
daran liegt, dass es nur wenige zuverlässige Methoden zur Messung der biaxialen
Dehnviskosität gibt. Hachmann und Meißner (2003) fanden einen qualitativen
Zusammenhang zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten in uniaxialer und biaxialer
Dehnung für HDPE, LDPE und PS. Um zu überprüfen, ob eine solche Korrelation zwischen
dem uniaxialen und biaxialen Dehnverhalten auch für Polypropylen gilt, wurden an dem L-
PP1 und dem LCB-PP1 Untersuchungen in biaxialer Dehnung an einem sogenannten
„lubricated squeezing“ Dehnrheometer durchgeführt.
4.4.1 Beschreibung des Rheometers und Probenvorbereitung
Das Prinzip des verwendeten „lubricated squeezing“ Dehnrheometers (Hersteller: Iwamoto
Setsakusyo Co., Ltd., Japan) beruht darauf, dass eine zylindrische Probe zwischen zwei
parallele Platten gelegt und die obere Platte mit einer exponentiell abnehmenden
Geschwindigkeit nach unten bewegt wird, so dass eine konstante Dehngeschwindigkeit
entsteht (siehe Bild 4.23). Durch das Zusammenfahren der Platten wird die
Polymerschmelze gleichmäßig aus dem Zwischenraum der beiden Platten herausgedrückt.
Dabei erfolgt in Bewegungsrichtung der oberen Platte eine Stauchung der Probe, während
das Material quer zu den Platten gedehnt wird. Wenn die Dehnung gleichmäßig über den
Kreisquerschnitt der Probe erfolgt, tritt eine äquibiaxiale Dehndeformation auf. Damit die
Ergebnisse nicht durch Reibung bzw. Scherung der Probe an den beiden Plattenoberflächen
beeinflusst werden, muss an den Oberflächen der beiden Platten ein dünner Film eines
Gleitmittels aufgetragen werden. Hierfür wurden Silikonöle unterschiedlicher Viskosität
getestet. In Vorversuchen hat sich ein Silikonöl mit einer Viskosität von 50 Pas (bei 25 °C)
als geeignet herausgestellt, da es eine homogene Probendeformation ermöglicht und keine
zusätzlichen Einflüsse auf die gemessenen Dehnviskositäten hervorruft33. Zur Fixierung der
33 Die Überprüfung der Homogenität der Dehndeformation erfolgte, indem vor der Messung ein Kreis auf die Oberfläche der zylindrischen Probe gezeichnet wurde und nach der Messung überprüft wurde, wie sich der aufgezeichnete Kreis verformt hat. Bei einer idealen äquibiaxialen Dehnung ändert sich während der Deformation nur der Durchmesser des aufgezeichneten Kreises, die Kreisform bleibt jedoch erhalten. Es wurden nur solche Proben ausgewertet, bei denen dies in guter Näherung der Fall war. Die Auswahl des geeigneten Silikonöls erfolgte zum einen durch optische Analyse, ob die gesamte Probenoberfläche auch nach der Messung von einem geschlossenen Ölfilm bedeckt war, und zum anderen durch Analyse der gemessenen Spannung. Bei einer zu großen Viskosität des Silikonöls erfolgt ein zusätzlicher Anstieg der Spannung, aufgrund der Scherung des Silikonöles.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
97
Probe zwischen den Platten befindet sich im Zentrum der unteren Platte ein Stift, der durch
ein Loch in die Probe führt. Für die Messungen wurden zylindrische Proben mit einem
Durchmesser von 20 mm und einer Höhe von 10 mm in einer Presse bei einer Temperatur
von 230 °C hergestellt. Genauere Informationen zu dem verwendeten Dehnrheometer, der
Versuchsdurchführung und -auswertung können den folgenden Literaturstellen entnommen
werden [Takahashi et al. 1993, Sugimoto et al. 2001b].
Silikonöl
Probe
Bild 4.23: Schematische Darstellung des Aufbaus des „lubricated squeezing“ Dehnrheometers für
biaxiale Dehnexperimente [Sugimoto 2001b]
4.4.2 Spannversuche in biaxialer Dehnung
Für das lineare L-PP1 und das langkettenverzweigten LCB-PP1 wurden an dem in Kapitel
4.4.1 beschriebenen Dehnrheometer Spannversuche in äquibiaxialer Dehnung bei 180 °C
und biaxialen Dehngeschwindigkeiten im Bereich von 0,01 s-1 bis 0,5 s1 durchgeführt. In Bild
4.24b sind die transienten biaxialen Dehngeschwindigkeiten und in Bild 4.24a zum Vergleich
die transienten uniaxialen Dehnviskositäten für die beiden Polypropylene dargestellt.
Wie Bild 4.24b entnommen werden kann, weist das lineare L-PP1 auch in biaxialer Dehnung
keine Dehnverfestigung auf. Der geringe Anstieg der Dehnviskosität über die linear-
viskoelastische Anlaufkurve bei den geringen Dehngeschwindigkeiten ist vermutlich auf
Messungenauigkeiten zurückzuführen und wurde bereits für andere lineare Polymere
beschrieben [Sugimoto et al. 2001b]. Das langkettenverzweigte LCB-PP1 zeigt auch in
biaxialer Dehnung eine ausgeprägte Dehnverfestigung, welche jedoch im Vergleich zu der
Dehnverfestigung in uniaxialer Dehnung (Bild 4.24a) geringer ausgeprägt ist. Eine geringer
ausgeprägte Dehnverfestigung in biaxialer Dehnung im Vergleich zu uniaxialer Dehnung
wurde auch von Hachmann und Meißner (2003) für LDPE gefunden.
4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene
98
10-1 100 101 102 103
102
103
104
105
106
107
108
3η0+(t)
x10
Pas
s
.
LCB-PP1
L-PP1
ε0 [s-1]
0,01 0,03 0,1 0,3 1
η E,u
niax
ial(t,
ε 0)
t
.
T = 180 °C
3η0+(t)
10-1 100 101 102 103103
104
105
106
107
LCB-PP1
L-PP1
. 6η0+(t)
ε0 [s-1]
0,01 0,03 0,05 0,15 0,3 0,5
η E, b
iaxi
al(t,
ε 0)
t
Pas
s
T = 180 °C
.
6η0+(t)
x10
Bild 4.24: Transiente uniaxiale Dehnviskosität (a) und transiente biaxiale Dehnviskosität (b) für L-PP1
und LCB-PP1
Die Ergebnisse in Bild 4.24 zeigen, dass zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten von
Polypropylenen in uniaxialer und biaxialer Dehnung zumindest ein qualitativer
Zusammenhang besteht. Somit können anhand des Verhaltens der Polypropylene in
uniaxialer Dehnung qualitative Aussagen zum Verhalten in biaxialer Dehnung getroffen
werden, was für die Ableitung von Korrelationen zwischen den uniaxialen Dehnexperimenten
und dem Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion von entscheidender Bedeutung ist.
a)
b)
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
99
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
Die Untersuchung des Schäumverhaltens erfolgte mit einer eigens angefertigten
Schäumapparatur, die auf einem Kapillarrheometer basiert. Im Folgenden soll zunächst die
Schäumapparatur vorgestellt und der Verarbeitungsablauf beim Schäumen mit chemischen
und physikalischen Treibmitteln erläutert werden, der sich von der Schaumextrusion im
eigentlichen Sinne signifikant unterscheidet.
5.1 Schäumapparatur und Verfahrensablauf 5.1.1 Aufbau und Funktionsweise der Schäumapparatur
Grundlage der für die Herstellung der Schäume verwendeten Schäumapparatur ist ein
Hochdruckkapillarrheometer „Rheograph 2000“ der Firma Göttfert. Um mit diesem
Kapillarrheometer Schäume herstellen zu können, waren eine Reihe von
Umbaumaßnahmen erforderlich. Der prinzipielle Aufbau der Schäumapparatur ist in Bild 5.1
dargestellt. Die wesentlichen Bestandteile sind der Zylinder des Kapillarrheometers, der
vertikal bewegliche Stempel, die Kapillare, welche über den sogenannten
Kapillarenaufnahmekörper mit dem Zylinder verbunden ist, und die Verschlusseinheit.
Bild 5.1: Prinzipieller Aufbau der verwendeten Schäumapparatur
Der verwendete Zylinder hat einen Durchmesser von 9,55 mm. Die Temperierung des
Zylinders erfolgt über zwei Heizbänder, eines für die obere und eines für die untere Hälfte
des Zylinders. Der Stempel der Schäumeinrichtung unterscheidet sich von einem normalen
Stempel für Hochdruckkapillarrheometer dadurch, dass am unteren Ende des Stempels ein
zusätzlicher Dichtring aus Teflon angebracht wurde, um eine Abdichtung des
Zylinderinnenraumes nach oben hin zu gewährleisten. Antrieb und Steuerung des Stempels
erfolgen über die Hydraulikeinheit und die Steuermodule des Kapillarrheometers. Der
Stempel kann sowohl manuell verfahren als auch mit einer konstanten
pneumatischer Zy l inder
Verschlusseinheit
Stempel
Zylinder
Kapillarenaufnahmekörper mit Kapillare Kapillarenaufnahmekörper mit Kapillare
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
100
Vorschubgeschwindigkeit nach unten bewegt werden. Die Vorschubgeschwindigkeiten
können schrittweise im Bereich von 0,01 bis 40 mm/s variiert werden.
Kapillare und Kapillarenaufnahmekörper wurden für die Schäumapparatur neu angefertigt.
An den jeweiligen Verbindungsstellen zwischen Kapillare und Kapillarenaufnahmekörper
bzw. zwischen Kapillarenaufnahmekörper und Zylinder wurden zusätzlich Kupferdichtungen
eingebracht. Ähnlich wie bei dem ursprünglichen Kapillarrheometer befindet sich im
Kapillarenaufnahmekörper direkt oberhalb der Kapillare der Druckaufnehmer zur
Bestimmung des Extrusionsdruckes bzw. des Druckabfalls an der Kapillare. Als Kapillare
wurde für die durchgeführten Untersuchungen eine Runddüse mit einer Länge von 15 mm
und einem Durchmesser von 1 mm verwendet. Die Beheizung der Kapillare und des
Kapillarenaufnahmekörpers erfolgt über ein Heizband, welches ebenso wie die Heizbänder
des Zylinders über die Steuereinheit des Kapillarrheometers geregelt wird. Der hierfür
notwendige Temperaturfühler befindet sich in dem Kapillarenaufnahmekörper in
unmittelbarer Nähe des Fließkanals.
Unterhalb der Kapillare wurde eine Verschlusseinheit angebracht, mit der die Kapillare von
unten verschlossen werden kann. Die Verschlusseinheit besteht aus einem zylindrischen
Bolzen, welcher an der der Kapillare zugewandten Seite eine konische Spitze besitzt. Das
Öffnen und Schließen der Kapillare erfolgt über einen pneumatischen Zylinder, der über ein
Gelenk mit dem Verschlussbolzen verbunden ist (siehe Bild 5.1).
Der wesentliche Unterschied zwischen der Schäumapparatur und einem Schäumextruder
besteht in der fehlenden Schneckeneinheit. Deshalb muss im Fall der Herstellung von
Schäumen mit der Schäumapparatur die Zumischung von Treibmittel und anderen
Zuschlagstoffen in einem vorherigen Mischprozess erfolgen. Ein Vorteil der
Schäumapparatur gegenüber Schäumextrudern liegt jedoch darin, dass mit derselben
apparativen Einrichtung sowohl Schäume mit chemischem als auch mit physikalischem
Treibmittel hergestellt werden können. Da die Verfahrensabläufe beim Schäumen mit
chemischem und physikalischem Treibmittel unterschiedlich sind, sollen diese in den
folgenden beiden Unterkapiteln getrennt voneinander vorgestellt werden.
5.1.2 Verfahrensablauf beim Schäumen mit chemischem Treibmittel
Als chemisches Treibmittel wurde im Rahmen dieser Arbeit Azodicarbonamid (LUVOPOR
ABF/70 P-FF der Firma Lehmann & Voss & Co.) verwendet. Azodicarbonamid ist ein
gängiges Treibmittel zur Herstellung von Schäumen aus Polyolefinen wie Polyethylen und
Polypropylen. Es zersetzt sich im Bereich von 200 °C. Dabei wird in erster Linie Stickstoff,
aber auch zu geringen Teilen Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Ammoniak frei [Jaafar und
Sims 1993]. Das Zumischen des chemischen Treibmittels zu den Polypropylenen erfolgte mit
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
101
Hilfe des Schneckenkneters „Polydrive“ der Firma Haake. Treibmittel und Polymergranulat
wurden vorher für 30 min in einem Taumelmischer vorgemischt. Die Kammer des
Schneckenkneters wurde auf 170°C temperiert. Die Temperatur wurde so gewählt, dass sie
hoch genug ist, um ein Aufschmelzen der Polypropylene zu gewährleisten, aber niedrig
genug, um ein vorzeitiges Aufschäumen durch die Zersetzung des Treibmittels zu
verhindern. Die Schneckendrehzahl betrug 15 min-1 und die Knetzeit ca. 6 min. Für die im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Schäumversuche an den unterschiedlichen
Polypropylenen wurde der Treibmittelanteil mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid konstant
gehalten. Mittels Lichtmikroskopie an Dünnschnitten der treibmittelgefüllten Polypropylene
wurde nachgewiesen, dass eine gleichmäßige Verteilung des chemischen Treibmittels in der
Polypropylenmatrix vorliegt.
Für die Herstellung der Schäume wurde die Mischung aus Polypropylen und Treibmittel in
den auf die gewünschte Aufschmelztemperatur vorgeheizten Zylinder der Schäumapparatur
eingefüllt. Nach dem Einfüllen wurde das Material im Zylinder durch manuelles
Herunterfahren des Stempels verdichtet und kontinuierlich der erforderliche Druck für das
Lösen des freiwerdenden Gases in der Polypropylenschmelze aufgebracht. Wie in Kapitel
2.3.1.1 erläutert, hängt die Löslichkeit von Gasen in Polymerschmelzen und somit die
maximal lösliche Gasmenge vom hydrostatischen Druck und von der Temperatur ab. Für
Stickstoff, welches den Hauptteil der bei der Zersetzung von Azodicarbonamid
freiwerdenden Gase ausmacht, ist die Abhängigkeit der Sättigungskonzentration in
Polypropylen vom hydrostatischen Druck für verschiedene Temperaturen im Anhang C
dargestellt. Für die in dieser Arbeit verwendete Treibmittelkonzentration von 2 Gew.-% wurde
ein Druck von 150 bar im Zylinder erzeugt, bei dem die Löslichkeit der gesamten Gasmenge
in der Polymerschmelze für alle untersuchten Temperaturen gewährleistet ist34.
Nachdem der erforderliche Druck erreicht war, wurde die Aufschmelzzeit, welche im
Allgemeinen 5 min betrug, abgewartet. Im Fall gleicher Aufschmelz- und
Extrusionstemperaturen erfolgte unmittelbar im Anschluss an die Aufschmelzzeit die
Schaumextrusion. Zur Realisierung niedrigerer Extrusionstemperaturen wurde das
Schmelze-Treibmittel-Gemisch im Zylinder unter Druck auf die gewünschte Temperatur
abgekühlt. Da die Schäumapparatur über keine extra Kühleinrichtung verfügt, erfolgte das
Abkühlen durch Abschalten der Heizelemente. Die Kühlrate lag bei ca. 2 K/min. 34 Bei der Bestimmung des erforderlichen Druckes zum Lösen des bei der Zersetzung des Azodicarbonamides freiwerdenden Gases muss berücksichtigt werden, dass der Masseanteil des Gases deutlich geringer ist als die zugegebene Menge an Azodicarbonamid. Für das verwendete Azodicarbonamid beträgt die bei der Zersetzung freiwerdende Gasmenge laut Herstellerangabe 220 cm3/g. Somit entsteht bei einem Gewichtsanteil von 2 Gew.-% Azodicarbonamid unter Berücksichtigung der Dichte von PP mit 0,9 g/cm3 ein Volumenanteil an Gas von 80 %. Unter der Annahme das alles freigesetzte Gas Stickstoff ist, ergibt sich, bei einer Dichte von Stickstoff bei Raumtemperatur von 0,00125 g/cm3, ein Masseanteil an Stickstoff von lediglich 0,56 Gew.-%.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
102
Zur Schaumextrusion wurde der Verschlussbolzen geöffnet und der Stempel mit einer
konstanten Vorschubgeschwindigkeit nach unten bewegt. Der extrudierte Strang wurde mit
der Hand geführt, um ein Einwirken des durch die Schwerkraft bedingten Eigengewichtes auf
den noch nicht erstarrten Teil des Stranges direkt unterhalb der Düse zu vermindern.
Während der Schaumextrusion wurde der Druck als Funktion der Zeit aufgezeichnet. Sobald
sich ein konstanter Druck eingestellt hatte, konnte mit der Probenentnahme für die
Schaumanalyse (siehe Kapitel 5.1.4) begonnen werden. Bei der Schaumherstellung mit der
Schäumapparatur handelt es sich um ein diskontinuierliches Verfahren. Nach Abschluss
eines Versuches wurde die Schäumapparatur wieder auf die Ausgangstemperatur erhitzt,
gereinigt und für einen neuen Versuch vorbereitet.
5.1.3 Verfahrensablauf beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel
Als physikalisches Treibmittel wurde Kohlendioxid (CO2) verwendet, welches in Form von
Trockeneis direkt in den Zylinder der Schäumapparatur eingefüllt wurde35. Trockeneis hat die
Eigenschaft, dass es nicht schmilzt, sondern direkt zu CO2 sublimiert. Vor der Zugabe in die
Schäumapparatur wurden die Trockeneisblöcke zerkleinert und abgewogen. Die Ermittlung
der genauen Menge des zugegebenen Treibmittels ist jedoch nur bedingt möglich, da nicht
genau bestimmt werden kann, wie viel Trockeneis während des Einfüllvorganges in den
Zylinder bereits sublimiert. Um dennoch eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen der
gewünschten Treibmittelkonzentration und der zugegebenen Menge an Trockeneis zu
erzielen, wurde der Masseverlust des Trockeneises durch die vom Abwiegen des
Trockeneises bis zum Einbringen in den Zylinder und dessen Verschließen des Zylinders mit
dem Stempel in etwa verloren gegangene Menge an CO2 bestimmt. Der so ermittelte
Masseverlust an Trockeneis wurde zu der sich anhand der gewünschten
Treibmittelkonzentration ergebenden Masse an Trockeneis hinzuaddiert.
Die Befüllung der Schäumapparatur erfolgte in ähnlicher Weise wie beim Schäumen mit
chemischem Treibmittel. Der Zylinder wurde auf die gewünschte Aufschmelztemperatur
vorgeheizt. Im Fall des Schäumens mit CO2 betrug diese immer 180 °C. In den vorgeheizten
Zylinder wurde zunächst ein Teil des Polypropylens in Granulatform eingefüllt. Anschließend
wurde das Trockeneis zugegeben und unmittelbar nach dem Trockeneis die restliche Menge
des Polypropylens eingefüllt. Für die Schäumversuche mit Trockeneis wurde jeweils eine
konstante Gesamtmenge an Polypropylen von 4 g eingesetzt und die entsprechend der
gewünschten Treibmittelkonzentration erforderliche Menge an Trockeneis hinzugegeben.
Nach dem Einfüllen wurde der Stempel heruntergefahren und der für das Lösen des CO2
35 Trockeneis wird aus flüssiger Kohlensäure hergestellt, die sich durch schnelles Entspannen in Kohlensäureschnee umwandelt, der als Trockeneis bezeichnet wird. Das Trockeneis wurde von der Firma Linde in Form von Blöcken angeliefert und besitzt im gefrorenen Zustand eine Temperatur von -78,3 °C.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
103
erforderliche Druck aufgebracht. Die Abhängigkeit der Sättigungskonzentration des CO2 in
Polypropylen vom Druck und von der Temperatur ist in Anhang C dargestellt. Die weitere
Vorgehensweise ist identisch mit der beim Schäumen mit chemischem Treibmittel (siehe
Kapitel 5.1.2).
Für das Schäumen mit CO2 war die Zugabe eines Nukleierungsmittels erforderlich. Hierfür
wurde Talkum ausgewählt, welches ein gängiges Nukleierungsmittel für die
Schaumextrusion von Polypropylen darstellt. Das verwendete Talkum HB-15B von der Firma
Solvadis Deutschland GmbH ist ein sehr reines Magnesiumsilikathydrat mit einer mittleren
Partikelgröße von ca. 3 µm. In Voruntersuchungen wurde die Talkumverteilung im
Anlieferungszustand untersucht [Wendel 2004]. Es wurde festgestellt, dass neben einzelnen
Partikeln auch zahlreiche Aggregate vorliegen und die Teilchengröße im Bereich von 2 bis
20 µm variiert. Die Zumischung des Nukleierungsmittels zu den Polypropylenen erfolgte in
dem Schneckenkneter „Polydrive“ bei einer Temperatur von 180 °C und einer Drehzahl von
15 min-1. Anhand von rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen an Schnittflächen der
talkumgefüllten Polypropylene konnte am Beispiel des L-PP1 und des LCB-PP1
nachgewiesen werden, dass die zugegebenen Mengen an Talkum gleichmäßig in der
Polypropylenmatrix verteilt wurden [Wendel 2004].
5.1.4 Methoden der Schaumanalyse
Für die Schaumanalyse wurden aus den extrudierten Strängen zylindrische Proben mit einer
Länge von ca. 15 bis 20 mm entnommen. Dabei wurde darauf geachtet, dass die
entnommenen Proben repräsentativ für den gesamten Strang sind. Pro Strang wurde von
mindestens 4 Proben die Dichte mit einer Dichtewaage (Typ: „Precisa 120A“ der Firma
Altenrath) bestimmt36. Alle durchgeführten Schäumversuche wurden zur Überprüfung der
Reproduzierbarkeit mindestens einmal, in der Regel jedoch zweimal wiederholt. Damit liegen
der Mittelwertbildung 8 bis 12 Proben zu Grunde. Mit Hilfe der Dichte der geschäumten
Stränge wurde der sogenannte Aufschäumgrad berechnet, der sich aus dem Quotienten der
Dichte des ungeschäumten Polypropylens und der Dichte des Schaums ergibt37.
36 Die Bestimmung der Dichte mittels Dichtewaage hat sich für die geschäumten Polypropylenstränge als zuverlässige Methode erwiesen. Ein Vergleich der mittels Dichtewaage ermittelten Dichten mit dem Quotient aus Probenmasse und -volumen ergab eine sehr gute Übereinstimmung [Wendel 2004]. Weiterhin konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass ein Einfluss durch ein Eindiffundieren der Eichflüssigkeit in die zylindrischen Proben ausgeschlossen werden kann. Hierzu wurden die Poren der Probe vor der Messung in der Dichtewaage versiegelt. Es wurden keine Unterschiede in den Dichtewerten der unversiegelten und der versiegelten Proben festgestellt. 37 Für die Dichte der Polypropylene bei Raumtemperatur wurde für alle untersuchten Polypropylene ein Wert von 0,9 g/cm3 eingesetzt. Die gemessenen Dichten der einzelnen Polypropylene liegen im Bereich von 0,895 g/cm3 bis 0,900 g/cm3. Da die Schwankungsbreite von 5 Einzelmessungen eines PP etwa 0,005 g/cm3 entspricht, erscheint die Verwendung eines Dichtewertes für alle Polypropylene für die Berechnung des Aufschäumgrades gerechtfertigt.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
104
Zur Analyse der Schaumstruktur wurden Aufnahmen von Bruchflächen der Schaumstränge
mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) durchgeführt38. Um eine Beeinträchtigung der
Schaumstruktur durch die Propenpräparation weitestgehend zu vermeiden, wurden
Kryobrüche durchgeführt. Hierzu wurden die Proben für ca. 3 min in flüssigem Stickstoff
gekühlt und anschließend spröde gebrochen. Die Bruchflächen wurden vor der
Untersuchung im REM mit einer leitfähigen Goldschicht bedampft. Hierzu stand eine
Sputteranlage der Firma Edwards (Typ: Sputter Coater S150B) zur Verfügung. Zusätzlich
wurde mit einem Leitsilber ein Kontakt zwischen Probenteller und Goldschicht hergestellt,
um ein Abfließen der Elektronen von der Probenoberfläche zu ermöglichen. Bei dem
verwendeten Rasterelektronenmikroskop handelt es sich um ein Gerät der Firma Leica (Typ:
LEO 435VP). Nach Einbau der Proben wurde die Kammer auf 10-5 - 10-6 bar evakuiert. Die
Aufnahmen wurden mit einer Beschleunigungsspannung von 10 kV, einer Kollektorspannung
von 150 V und einem Sondenstrom von 200 pA durchgeführt.
Mit Hilfe einer Bildauswertungssoftware der Firma Leica (Typ: QWIN Standard V2.4) erfolgte
eine quantitative Analyse der Zellstruktur. Zur Bestimmung des mittleren Zelldurchmessers
wurde die äußere Kontur der Zellen manuell markiert und der Flächeninhalt innerhalb der
äußeren Kontur der Zelle mit Hilfe der Software ermittelt39. Anhand der Flächeninhalte der
Zellen wurden die Zelldurchmesser unter der Annahme einer kreisförmigen
Querschnittsfläche berechnet40. Der mittlere Zelldurchmesser wurde durch Mittelung der
Durchmesser von mindestens 50 Zellen aus drei verschiedenen Proben bestimmt.
Die gleichen Aufnahmen wurden zur Ermittlung der Zelldichte verwendet. Für jede Aufnahme
wurde aus der gesamten Bruchfläche ein repräsentativer Bereich für die Bestimmung der
Zellenanzahl ausgewählt. Der Flächeninhalt A dieses Bereiches wurde mit Hilfe der
Auswertesoftware ermittelt und die Anzahl der Zellen n in dem Bereich gezählt. Aus dem
Quotienten der Zellenanzahl und der Messfläche ergibt sich die Anzahl der Zellen pro cm2
des geschäumten Polymers. Um aus dieser Flächendichte die Volumendichte zu berechnen,
wird zunächst die Liniendichte bestimmt, die der Wurzel aus der Flächendichte entspricht.
38 Die Untersuchung von Bruchflächen hat gegenüber Schnittflächen zum einen den Vorteil, dass keine Verschmierung der Zellstruktur während der Propenpräparation erfolgt und zum anderen, dass der Bruch in den meisten Fällen in der Mitte bzw. entlang des größten Querschnittes der Zellen erfolgt, wodurch eine möglichst genaue Übereinstimmung der in der 2D-Aufnahme bestimmten Zellgröße mit der tatsächlichen Zellgröße erzielt wird. 39 Eine automatische Auswertung der Zellgröße mit Hilfe der Bildverarbeitungssoftware anhand der Grauwertverteilung war aufgrund des geringen Unterschiedes in den Grauwerten der Zellen und der Zellwände nicht möglich. Der durch das manuelle Markieren der Zellen eingebrachte Fehler ist vernachlässigbar klein. Die mehrmalige Auswertung der Zellstruktur einer REM-Aufnahme ergab eine Abweichung der mittleren Zelldurchmesser von etwa 5 %. 40 Die Verwendung des Durchmessers eines Kreises mit dem gleichen Flächeninhalt wie dem der Projektionsfläche eines Teilchens oder Partikels ist eine weit verbreitete Methode in der Partikelanalyse, um die Partikelgröße von Partikeln zu vergleichen, die keine definierte Form wie z.B. die einer Kugel aufweisen [z.B. Stieß 1995].
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
105
Aus der 3. Potenz der Liniendichte kann die Volumendichte bestimmt werden. Somit ergibt
sich für die Zellenanzahl pro cm3 Schaum Nf:
23
=AnN f (5.1)
In der Literatur wird jedoch als Zelldichte meist nicht die Zellenanzahl pro cm3 Schaum
angegeben, sondern die Anzahl der Zellen pro cm3 ungeschäumten Polymers [z.B. Kumar
und Suh 1990, Huang 2000, Naguib et al. 2002, Spitael und Macosko 2004]. Dies dient der
Berücksichtigung der Gegebenheit, dass die Zellanzahl pro cm3 Schaum außer von der
Anzahl an nukleierten Zellen auch vom Aufschäumgrad bzw. vom Gasanteil abhängig ist.
Der Volumenanteil des Gases in dem hergestellten Schaum Vf lässt sich aus den Dichten
des Schaums ρf und des ungeschäumten Polymers ρ0 wie folgt berechnet:
−=
0
1ρρ f
fV (5.2)
Die in dem geschäumten Polymer enthaltenen Zellen wurden demzufolge in (1-Vf)
ungeschäumtem Polymer nukleiert. Zur Bestimmung der Anzahl an nukleierten Zellen pro
cm3 des ungeschäumten Polymers N0 muss die Zellenanzahl pro cm3 Schaum auf den
Volumenanteil des ungeschäumten Polymers bezogen werden:
ff
f
f NVN
Nρρ0
0 1⋅=
−= (5.3)
Alle in dieser Arbeit angegebenen Zelldichten wurden mit Hilfe der Gl. (5.3) ermittelt.
5.2 Schäumversuche mit chemischem Treibmittel
Zunächst sollte anhand der Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen
untersucht werden, wie hoch der erforderliche Anteil an LCB-PP und demzufolge wie stark
ausgeprägt die Dehnverfestigung sein muss, um einen optimalen Schaum hinsichtlich einer
homogenen Schaumstruktur und eines hohen Aufschäumgrades zu erhalten. Durch
Schäumversuche an den elektronenbestrahlten Polypropylenen LCB-PP2 und LCB-PP3
sollte analysiert werden, ob das Schäumverhalten von linearem Polypropylen durch
Elektronenbestrahlung gezielt verbessert werden kann. Die Untersuchung des
Schäumverhaltens der beiden HMS-PP sollte einen Eindruck darüber verschaffen, welchen
Einfluss eine hochmolekulare Polyethylenkomponente in linearem Polypropylen auf das
Schäumverhalten und die Schaumstruktur hat. Interessant ist dabei zu vergleichen, inwieweit
sich das Schäumverhalten der beiden kommerziellen HMS-PP von dem ebenfalls
kommerziellen LCB-PP1 unterscheidet, da alle drei Produkte vom jeweiligen Hersteller als
speziell für das Schäumen geeignete Polypropylene bezeichnet werden.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
106
5.2.1 Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Das Schäumverhalten der Blends wurde bei zwei verschiedenen Aufschmelztemperaturen
untersucht. In einer ersten Versuchsreihe wurde eine Aufschmelztemperatur von 200 °C
verwendet, bei der, wie aus Voruntersuchungen hervorgeht (siehe Anhang D), sich das
zugegebene Azodicarbonamid während der Aufschmelz- und der Abkühlphase in der
Schäumapparatur komplett zersetzt. Zusätzlich wurden Untersuchungen bei einer
niedrigeren Aufschmelztemperatur von 180 °C durchgeführt. Diese wurde gewählt, um die in
der Literatur beschriebene aktive Nukleierungswirkung des chemischen Treibmittels
auszunutzen [z.B. Lee 2000]. Hierfür ist es erforderlich, dass sich ein Teil des Treibmittels
direkt während der Extrusion durch die Düse der Schäumapparatur zersetzt. Das auf diese
Weise freiwerdende Gas kann direkt an dem Treibmittelpartikel nukleieren, wodurch eine
hohe Nukleierungsdichte entsteht. Wie im Anhang D gezeigt wird, ist bei den
Untersuchungen mit einer Aufschmelztemperatur von 180 °C in den extrudierten
Schaumsträngen noch unzersetztes Treibmittel vorhanden, weshalb bei diesen
Versuchsbedingungen von einer aktiven Nukleierungswirkung des Azodicarbonamides
ausgegangen werden kann.
5.2.1.1 Untersuchungen bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Schäumversuche der Blends aus L-PP1 und LCB-
PP1 bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C und drei verschiedenen
Extrusionstemperatur von 180, 170 und 160 °C analysiert41. Die Extrusionsgeschwindigkeit
betrug 0,5 mm/s, um einen ausreichend hohen Extrusionsdruck im Bereich von 100 bar zu
erreichen, damit das Treibmittel nicht vorzeitig aus der Lösung geht. Eine genaue Angabe
der Extrusionsdrücke kann Anhang E entnommen werden, in dem die Prozessparameter und
die Ergebnisse der Schaumanalyse für alle mit chemischem Treibmittel durchgeführten
Schäumversuche aufgeführt sind. Zur besseren Vergleichbarkeit mit den rheologischen
Untersuchungen wird im Folgenden nicht die Extrusionsgeschwindigkeit, sondern die
scheinbare Schergeschwindigkeit D angegeben. Diese kann aus der
Extrusionsgeschwindigkeit vex, dem Zylinderdurchmesser dZ und dem Radius der Kapillare rK
wie folgt ermittelt werden:
3
2
K
Zex
rdv
D⋅
= (5.4)
41 Eine weitere Verringerung der Extrusionstemperatur war nicht möglich, da es bei 155 °C zu einer Verstopfung der Düse kam, vermutlich aufgrund der einsetzenden Kristallisation der Schmelze in der Düse.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
107
Analyse des Aufschäumgrades
Der Aufschäumgrad für die bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C und
Extrusionstemperaturen von 180, 170 und 160 °C hergestellten Schaumstränge der Blends
aus L-PP1 und LCB-PP1 ist in Bild 5.2 als Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,01
2
3
4
5
6T0= 200 °C
D = 365 s-1
T = 180 °C T = 170 °C T = 160 °C
Auf
schä
umgr
ad
φLCB-PP1
Bild 5.2: Aufschäumgrad als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der bei
Extrusionstemperaturen von 180 °C, 170 °C und 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit
von 365 s-1 extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 – Blends (Aufschmelztemperatur T0 =
200 °C)
Die Kurvenverläufe sind bei allen drei Extrusionstemperaturen sehr ähnlich. Das L-PP1 weist
einen deutlich niedrigeren Aufschäumgrad als das LCB-PP1 auf. Während der
Aufschäumgrad bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 nahezu linear ansteigt, wird
die Zunahme des Aufschäumgrades im Bereich von 25 bis 75 Gew.-% LCB-PP mit
wachsendem Anteil an LCB-PP1 kontinuierlich geringer. Für Anteile von mehr als 75 Gew.-%
LCB-PP tritt nur noch eine minimale Änderung des Aufschäumgrades mit dem LCB-PP
Anteil auf, wobei sich insbesondere bei 170 und 160 °C eine geringfügige Abnahme des
Aufschäumgrades andeutet, welche jedoch im Rahmen der Messgenauigkeit liegt.
Aus den Ergebnissen in Bild 5.2 kann geschlossen werden, dass der Aufschäumgrad des L-
PP1 unter den angegebenen Prozessbedingungen bereits durch die Zugabe von geringen
Anteilen LCB-PP1 signifikant erhöht werden kann und dass schon bei einem Anteil von 50
Gew.-% LCB-PP1 ein ähnlich hoher Aufschäumgrad wie bei dem langkettenverzweigten PP
erreichbar ist.
Der deutlich niedrigere Aufschäumgrad des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 deutet auf
einen größeren Gasverlust an die Umgebung hin. Wie in Kapitel 2.3.3 angedeutet wurde,
könnte der höhere Gasverlust bei dem L-PP1 durch einen größeren Diffusionskoeffizienten,
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
108
eine langsamere Abkühlung oder durch aufgerissene Zellwände und die dadurch erzeugten
Verbindungen zwischen den Zellen hervorgerufen worden sein. Ein unterschiedlicher
Diffusionskoeffizient des Treibgases in den beiden PP kann als Ursache für die höheren
Gasverluste des L-PP ausgeschlossen werden, da anhand von Untersuchungen mit einer
Magnetschwebewaage nachgewiesen werden konnte, dass die Diffusionskoeffizienten in
dem L-PP1 und dem LCB-PP1 nahezu identisch sind42.
Bei gleicher Extrusionstemperatur und identischen Abkühlbedingungen ist die Zeit bis zum
Einfrieren der Zellstruktur und somit die Zeit, die für Diffusionsvorgänge zur Verfügung steht,
um so größer, je niedriger die Kristallisationstemperatur ist. Wie aus Kapitel 3.3 hervorgeht,
weist das L-PP1 eine um ca. 15 °C niedrigere Kristallisationstemperatur als das LCB-PP1
auf. Anhand von DSC-Messungen der treibmittelgefüllten Polypropylene konnte jedoch
gezeigt werden, dass das Azodicarbonamid eine nukleierende Wirkung auf die Kristallisation
des linearen Polypropylens besitzt, wodurch sich die Differenz zwischen den
Kristallisationstemperaturen des L-PP1 und des LCB-PP1 auf etwa 5 °C vermindert43. Dieser
geringe Unterschied in der Kristallisationstemperatur kann jedoch die deutlich höheren
Gasverluste des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 nicht erklären. Demzufolge liegt die
Hauptursache für den geringeren Aufschäumgrad des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1
vermutlich in einem höheren Anteil an aufgerissenen Zellwänden und miteinander
verbundenen Zellen begründet. Genauere Aufschlüsse hierüber sollte die Analyse der
Schaumstruktur geben. Zuvor soll jedoch auf den Einfluss der Extrusionstemperatur auf den
Aufschäumgrad eingegangen werden.
Wie Bild 5.2 entnommen werden kann, steigt der Aufschäumgrad für alle untersuchten
Blends mit abnehmender Temperatur an. Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Die Absenkung
der Extrusionstemperatur führt, wie in Kapitel 2.3.1.2 erläutert, zu einer Abnahme des
Diffusionskoeffizienten des Treibgases in der Polymerschmelze. Durch den niedrigeren
Diffusionskoeffizienten und die kürzere Zeit bis zum Einfrieren der Schaumstruktur, aufgrund
der geringeren Differenz zwischen Extrusions- und Kristallisationstemperatur, ist die
Diffusion von Gas aus dem Inneren des extrudierten Stranges an die Umgebung gegenüber
höheren Extrusionstemperaturen deutlich vermindert.
Darüber hinaus resultiert aus der höheren Viskosität der Schmelze bei den niedrigeren
Extrusionstemperaturen ein Anstieg des Druckabfalls, wodurch nach der Nukleierungstheorie
(siehe Kapitel 2.3.2) eine höhere Anzahl an Nukleierungsstellen und eine höhere
42 Die Messungen wurden am Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik der Universität Bayreuth durchgeführt. Es wurde der Diffusionskoeffizient von CO2 in den beiden Polypropylenen L-PP1 und LCB-PP1 bei einer Temperatur von 200 °C bestimmt. Für das LCB-PP ergab sich ein Diffusionskoeffizient von 1 x 10-9 m2/s und für das L-PP ein Wert von 1,1 x 10-9 m2/s. 43 Die DSC-Messungen wurden unter Stickstoffatmosphäre bei einem Druck von 30 bar und mit einer Aufheiz- bzw. Abkühlgeschwindigkeit von 10 K/min durchgeführt.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
109
Nukleierungsrate hervorgerufen wird. Beides bewirkt eine stärkere Diffusion des Gases in die
nukleierten Zellen und somit eine Verminderung der Diffusion des Gases in die Umgebung.
Der nahezu gleich bleibende Kurvenverlauf bei den drei verschiedenen
Extrusionstemperaturen in Bild 5.2 deutet darauf hin, dass die Änderung des
Aufschäumgrades mit der Temperatur bei allen Blends ähnlich verläuft. Der Hauptgrund liegt
in der ähnlichen Viskositätszunahme der Blends mit abnehmender Temperatur begründet.
Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität der Polypropylene folgt in dem relevanten
Temperaturbereich einer Arrheniusabhängigkeit (siehe Kapitel 4.2.2 ) und kann demzufolge
über die Fließaktivierungsenergie beschrieben werden. Wie aus Bild 4.10 hervorgeht, steigt
die Aktivierungsenergie der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 mit dem Anteil an LCB-PP1
linear von 36 kJ/mol des L-PP1 auf 43 kJ/mol des LCB-PP1 an. Die Änderung der Viskosität
durch die Temperaturerniedrigung von 180 °C auf 160 °C kann anhand der mit Hilfe der
Aktivierungsenergien berechneten Verschiebungsfaktoren beurteilt werden. Für das LCB-
PP1 ergibt sich aufgrund der höheren Aktivierungsenergie mit 1,7 ein etwas größerer
Verschiebungsfaktor als für das L-PP mit 1,6. Der Unterschied in den Verschiebungsfaktoren
der beiden Blendpartner ist jedoch so klein, dass er sich nicht signifikant auf die bei der
Schaumextrusion auftretenden Druckverluste auswirkt. Bei der Extrusionstemperatur von
180 °C weist das L-PP1 (73 bar) einen um 10 bar höheren Druck als das LCB-PP1 (63 bar)
auf. Durch die Temperaturerniedrigung auf 160 °C erhöht sich der Extrusionsdruck für beide
PP signifikant, die Differenz in den Extrusionsdrücken zwischen dem L-PP1 (105 bar) und
dem LCB-PP1 (89 bar) bleibt mit 16 bar jedoch annähernd gleich groß.
Aufnahmen der Schaumstruktur
Um mögliche Ursachen für die Unterschiede in den Aufschäumgraden der Blends (Bild 5.2)
erklären zu können, wurde die Schaumstruktur der bei der niedrigsten Extrusionstemperatur
von 160 °C extrudierten Schaumsträngen analysiert. Die elektronenmikroskopischen
Aufnahmen der Zellstruktur einiger ausgewählter Blends sind in Bild 5.3 dargestellt. Das L-
PP1 (Bild 5.3a) weist eine sehr inhomogene Zellstruktur auf. Die Zelldurchmesser variieren
sehr stark und im Zentrum des Schaumstranges ist ein großer Anteil an ungeschäumter
Matrix vorhanden. Insbesondere im Randbereich sind miteinander verbundene Zellen
erkennbar, d.h. die einzelnen Zellen sind nicht komplett von einer geschlossenen Zellwand
umgeben. Das Blend mit 5 Gew.-% LCB-PP (Bild 5.3b) weist gegenüber dem reinen L-PP
eine etwas gleichmäßigere Zellstruktur auf. Ein hoher Anteil an ungeschäumter Matrix sowie
miteinander verbundene Zellen sind jedoch noch vorhanden.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
110
Bild 5.3: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer
scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1 extrudierten Schaumstränge a) des L-PP1, der Blends
des L-PP1 mit b) 5 Gew.-%, c) 10 Gew.-%, d) 25 Gew.-% und e) 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie f) des
LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C)
Bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP (Bild 5.3c) ist der Anteil an ungeschäumter Matrix
etwas geringer als bei dem Blend mit 5 Gew.-%, aber die Zellstruktur ist immer noch sehr
inhomogen. Die Zellstruktur des Blends mit 25 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.3d) ist der des
reinen LCB-PP1 (Bild 5.3f) schon recht ähnlich, allerdings sind die Zellen im Zentrum des
Stranges deutlich größer als am Rand. Zwischen den Bruchflächen des Blends mit 50 Gew.-
% LCB-PP1 (Bild 5.3e) und dem LCB-PP1 sind fast keine Unterschiede mehr feststellbar.
Beide Schäume weisen eine sehr homogene Zellstruktur und Zellgrößenverteilung auf. Es
deutet sich jedoch an, dass die Zelldurchmesser bei dem LCB-PP1 größer sind als bei dem
Blend.
a b
200µm200µm
c d
200µm
200µm
f
200µm
e
200µm
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
111
Die hohen Anteile an unaufgeschäumter Matrix in der Schaumstruktur des linearen
Blendpartners korrelieren mit dem niedrigen Aufschäumgrad des L-PP1. Beides deutet
darauf hin, dass ein Großteil des für das Aufschäumen zur Verfügung stehenden Gases an
die Umgebung verloren gegangen ist. Wie bereits erwähnt, könnte eine Ursache für die
hohen Gasverluste des L-PP1 das Aufreißen von Zellwänden während des Zellwachstums
sein. Dass bei dem L-PP1 aufgerissene Zellwände vorhanden sind, ist zum Teil bereits aus
der Aufnahme der Zellstruktur des L-PP1 in Bild 5.3a ersichtlich und zeigt sich noch
deutlicher in Bild 5.4, in dem eine REM-Aufnahme der Zellstruktur des L-PP1 bei einer
höheren Vergrößerung abgebildet ist. Demzufolge kann aus den Aufnahmen der Zellstruktur
des L-PP1 geschlossen werden, dass es bei dem linearen Polypropylen aufgrund der im
Zellwachstumsprozess auftretenden Dehnbeanspruchung zu einem Reißen von Zellwänden
kommt, da die Polymerschmelze in den Zellwänden den Belastungen nicht standhalten kann.
Bild 5.4: REM-Aufnahme der Zellstruktur des bei T0 = 200 °C und T = 160 °C extrudierten L-PP1 bei
einer höheren Vergrößerung (200fach) als in Bild 5.3a (50fach)44
Wie in Kapitel 2.3.3 erläutert wurde, kann das Aufreißen der Zellwände nicht nur die Bildung
von offenen, d.h., miteinander verbundenen Zellen, wie in der REM-Aufnahme der
Zellstruktur des L-PP1 in Bild 5.4 erkennbar ist, sondern auch die Vereinigung benachbarter
Zellen zu einer gemeinsamen größeren Zelle und sogar den Zusammenbruch von
nukleierten Zellen hervorrufen. Somit können die hohen Anteile an unaufgeschäumter Matrix
in den Schäumen des L-PP1 dadurch erklärt werden, dass ein Großteil der nukleierten
Zellen aufgrund des Gasverlustes an benachbarte Zellen bzw. an die Umgebung wieder in
sich zusammengefallen ist.
Wie in der Literaturübersicht in Kapitel 2.4 beschrieben wurde, gibt es bereits zahlreiche
Untersuchungen zum Schäumverhalten von linearem Polypropylen, in denen ebenfalls 44 Die REM-Aufnahme in Bild 5.4 stellt keine Vergrößerung eines Ausschnitts der REM-Aufnahme in Bild 5.3a dar, sondern zeigt eine vergrößerte Aufnahme der Zellstruktur einer anderen Probe, die unter den gleichen Bedingungen extrudiert wurde.
100µm
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
112
festgestellt wurde, dass es bei linearen Polypropylenen aufgrund des Aufreißens von
Zellwänden zu hohen Gasverlusten sowie einer inhomogenen Zellstruktur kommt und sogar
ein kompletter Zusammenbruch der Schaumstruktur auftreten kann [z.B. Bradley und Phillips
1991, Park und Cheung 1997, Naguib et al. 2002 und 2004]. Obwohl eine Vergleichbarkeit
der Versuche an der Schäumapparatur mit den in der Literatur beschriebenen
Untersuchungen aufgrund signifikanter Unterschiede hinsichtlich der für die
Schaumherstellung verwendeten apparativen Ausrüstung und Prozessparameter sowie des
eingesetzten Treibmittels nur bedingt gewährleistet ist, bekräftigen die Literaturangaben die
Vermutung, dass die Hauptursache für den hohen Gasverlust und die inhomogene
Zellstruktur des L-PP1 das Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstums ist.
Die homogene Zellstruktur des LCB-PP1 (Bild 5.3f) und der hohe Aufschäumgrad der
extrudierten Stränge des LCB-PP1 lassen darauf schließen, dass die stark ausgeprägte
Dehnverfestigung (siehe Kapitel 4.3.2) ein Aufreißen der Zellwände während des
Zellwachstums vermindert und zu einem gleichmäßigeren Wachstum der Zellen führt. Der
vorteilhafte Einfluss der ausgeprägten Dehnverfestigung bzw. der hohen Schmelzefestigkeit
langkettenverzweigter Polypropylene auf das Aufschäumverhalten hinsichtlich der
Verminderung des Aufreißens von Zellwänden und der daraus resultierenden Gasverluste
sowie hinsichtlich der Erzielung einer homogen Zellstruktur wurde ebenfalls bereits von
verschiedenen Autoren beschrieben [z.B. Bradley und Phillips 1991, Park und Cheung 1997,
Naguib et al. 2002, Spitael und Macosko 2004]. Somit können der Anstieg des
Aufschäumgrades und die Verbesserung der Homogenität der Zellstruktur der Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 bis zu 50 Gew.-% durch die mit
dem Anteil an langkettenverzweigten Polypropylen anwachsende Dehnverfestigung erklärt
werden. Die stärker ausgeprägte Dehnverfestigung erschwert ein Aufreißen der Zellwände,
wodurch die Anzahl an Zellvereinigungen und offenen Zellen vermindert wird. Die ähnliche
Zellstruktur und die gleichen Aufschäumgrade im Bereich hoher Anteile an LCB-PP1 deuten
darauf hin, dass unter den hier untersuchten Prozessbedingungen ein gewisses Maß an
Dehnverfestigung ausreichend ist, um eine optimale Schaumstruktur und einen hohen
Aufschäumgrad zu erreichen. Eine genauere Diskussion zum Zusammenhang zwischen den
rheologischen Eigenschaften und dem Schäumverhalten erfolgt in Kapitel 5.2.6.
Quantitative Analyse der Zellstruktur
Zur quantitativen Analyse der Schaumstruktur wurden mittels Bildauswertung (siehe Kapitel
5.1.4) der mittlere Zelldurchmesser und die Anzahl an Zellen pro cm3 ungeschäumten
Polymers bestimmt. Die Ergebnisse sind in Bild 5.5 als Funktion des Gewichtsanteils an
LCB-PP1 dargestellt. Das lineare L-PP1 weist im Vergleich zu dem langkettenverzweigten
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
113
LCB-PP1 einen deutlich niedrigeren mittleren Zelldurchmesser auf. Mit steigendem Anteil an
langkettenverzweigtem Polypropylen nimmt der Durchmesser kontinuierlich zu.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
100
200
300
400
500
600
700
800
0,0
5,0x104
1,0x105
1,5x105
2,0x105µm
Zelld
urch
mes
ser
()
φLCB-PP1
Zelle
nanz
ahl p
ro c
m3 (
)
T0 = 200 °CT = 160 °CD = 365 s-1
Bild 5.5: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der
bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1
extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 - Blends (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C)
Die Zelldichte ist für die beiden Blendpartner annähernd gleich groß und durchläuft als
Funktion des Anteils an LCB-PP1 ein Maximum, welches in etwa bei 50 Gew.-% LCB-PP1
liegt. Obwohl die Zelldichten der Schäume des L-PP1 und des LCB-PP1 nahezu gleich groß
sind, deuten die REM-Aufnahmen der Schaumstruktur darauf hin, dass bei dem linearen PP
von einer deutlich höheren Dichte an nukleierten Zellen ausgegangen werden muss, da sich
die Anzahl der Zellen bei dem L-PP1 während des Zellwachstumsprozesses aufgrund von
Zellvereinigungen und Zellkollapsen deutlich verringert hat45. Hierbei ist zu beachten, dass
die anhand der extrudierten Schäume bestimmte Zelldichte zum einen von der Anzahl der
ursprünglich nukleierten Zellen und zum anderen von der Anzahl an Zellen, die während des
Zellwachstums durch Zellvereinigung oder Zellkollaps verloren gehen, bestimmt wird.
Demzufolge stimmt die anhand der fertig aufgeschäumten Zellstruktur bestimmte Zelldichte
nur dann mit der Nukleierungsdichte überein, wenn während des Zellwachstums keine
Vorgänge wie Zellkoaleszenz oder Zellkollaps stattfinden, die zu einer Verringerung der
Zellenanzahl führen.
45 Eine Verringerung der während des Aufschäumens resultierenden Änderung der Zelldichte im Vergleich zur Nukleierungsdichte durch ein Abschrecken der extrudierten Stränge des L-PP1 in einem Wasserbad konnte nicht erreicht werden. Ein Unterschied in der Zellstruktur der in Wasser abgeschreckten Proben und der an Luft gekühlten Proben wurde nicht festgestellt. Die Ursache liegt vermutlich darin, dass der Großteil des Zellwachstums in unmittelbarer Nähe der Düse erfolgt und ein Effekt durch das kühlende Wasser erst in einem gewissen Abstand von der Düse einsetzt. Weiterhin kommt hinzu, dass die niedrige Wärmeleitfähigkeit der Polymere auch trotz der schnelleren Abkühlung der Strangoberfläche in dem Wasserbad zu einer deutlich langsameren Abkühlung im Inneren des Stranges führt.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
114
Eine Ursache für die höhere Zelldichte der Blends im Vergleich zu den Blendpartnern sind
vermutlich signifikante Unterschiede in dem Nukleierungsverhalten der beiden Blendpartner.
Unter der sicherlich berechtigten Annahme, dass die Nukleierungsdichte bei dem L-PP1
deutlich größer ist als die anhand der geschäumten Stränge ermittelte Zelldichte, ist es
durchaus vorstellbar, dass die Anzahl der nukleierten Zellen bei dem L-PP1 am größten ist
und mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 kleiner wird. Dies deutet sich auch anhand der
ermittelten Zelldurchmesser an. Die Abnahme der Zellanzahl während des Zellwachstums
durch Zellzusammenschlüsse oder Zellzusammenbrüche ist bei dem linearen Polypropylen
am größten und wird mit steigendem Anteil an LCB-PP aufgrund der zunehmenden
Dehnverfestigung geringer. Der Anstieg der Zelldichte bis zum Maximum bei etwa 50 Gew.-
% LCB-PP kann demzufolge darauf zurückgeführt werden, dass die Verminderung der
während des Zellwachstums auftretenden Zellzusammenschlüsse und Zellzusammenbrüche
einen größeren Einfluss auf die Zelldichte hat als die Abnahme der Nukleierungsdichte. Wie
bereits anhand der Ergebnisse des Aufschäumgrades angedeutet, scheint die
Dehnverfestigung bereits ab einem Anteil von 50 Gew.-% LCB-PP groß genug zu sein, um
das Auftreten von Zellkoaleszenz und Zellkollaps weitestgehend zu verhindern, weshalb die
Zelldichte bei höheren Anteilen an LCB-PP hauptsächlich von der Nukleierungsdichte
bestimmt wird und somit mit steigendem Anteil an LCB-PP1 abfällt.
Eine größere Zelldichte von Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen
im Vergleich zu den beiden Blendpartnern wurde auch von Spitael und Macosko (2004)
beschrieben. Sie fanden anhand von Schäumuntersuchungen mit CO2 als Treibmittel ein
Maximum der Zelldichte im Bereich von 25 Gew.-% LCB-PP und führten dies ebenfalls auf
den kombinierten Einfluss einer höheren Nukleierungsrate des linearen PP und der
ausgeprägten Dehnverfestigung des langkettenverzweigten PP zurück. Hierbei muss jedoch
berücksichtigt werden, dass die Ergebnisse aufgrund der Unterschiede in dem verwendeten
Treibmittel und in den Prozessbedingungen nur bedingt vergleichbar sind.
Es bleibt zu klären, was die Ursache für die im Vergleich zum L-PP1 deutlich geringere
Nukleierungsdichte des LCB-PP1 ist. Hierauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.
Diskussion des unterschiedlichen Nukleierungsverhaltens von L-PP1 und LCB-PP1
Aufgrund der nukleierenden Wirkung der Zersetzungsrückstände des Treibmittels tritt eine
heterogene Zellnukleierung auf. Nach der Theorie der heterogenen Nukleierung (siehe
Kapitel 2.3.2) ist die Nukleierungsrate von der Anzahl und Verteilung eventueller
Nukleierungsmittel, dem Druckabfall während der Schaumextrusion und der
Oberflächenspannung der Polypropylene beeinflusst.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
115
Ein Einfluss einer unterschiedlichen Verteilung des Treibmittels und demzufolge der als
Nukleierungsmittel wirkenden Zersetzungsrückstände kann ausgeschlossen werden, da für
beide Polypropylene anhand lichtmikroskopischer Aufnahmen eine gleichmäßige Verteilung
des chemischen Treibmittels in der Polypropylenmatrix nachgewiesen werden konnte. Da
beide Polypropylene Handelsprodukte sind, besteht die Möglichkeit, dass den Produkten
verschiedene Additive wie z.B. Stabilisatoren zugegeben wurden, die eventuell als
Nukleierungsmittel für die Zellbildung wirken könnten. Eine chemische Analyse der beiden
Polypropylene mittels Infrarotspektroskopie konnte jedoch keinen Aufschluss über eventuell
vorhandene Additive bringen, da die Anteile für einen Nachweis vermutlich zu gering sind.
Der Druckabfall an der Kapillare der Schäumapparatur unterscheidet sich aufgrund der
ähnlichen Scherviskositäten der beiden Polypropylene nur geringfügig46. Bei dem L-PP1 ist
der Druckabfall um 10 bis 15 bar höher als bei dem LCB-PP1. Obwohl der größere
Druckabfall des L-PP zu einer höheren Nukleierungsrate führt, kann der geringe Unterschied
in den Drücken die signifikant größeren Zelldurchmesser des LCB-PP1 nicht allein
erklären47.
Die Oberflächenspannung von Polymerschmelzen wird in erster Linie vom chemischen
Aufbau der Polymere bestimmt. Darüber hinaus hängt die Oberflächenspannung von der
Molmasse ab. Mit geringer werdender Molmasse nimmt die Oberflächenspannung leicht ab
[Wu 1982, Heindl 2005]. Von der Molmassenverteilung und der Verzweigungsstruktur wird
die Oberflächenspannung jedoch nur schwach beeinflusst [z.B. Wu 1982, Demarquette et al.
2002, Heindl 2005]. Da das LCB-PP1 eine deutlich höhere Molmasse als das L-PP1
aufweist, sollte untersucht werden, wie stark sich dieser Unterschied auf die
Oberflächenspannung auswirkt. Die Bestimmung der Oberflächenspannung erfolgte mit Hilfe
der Tropfenkonturanalyse. Hierfür wurde ein Kontaktwinkelmessgerät der Fa. DataPhysics
Instrument GmbH (Typ: OCA 30) verwendet. Eine ausführliche Beschreibung des
Messgerätes und der Bestimmung der Oberflächenspannung von Polymerschmelzen mit der
Tropfenkonturanalyse kann bei Heindl (2005) nachgelesen werden.
46 Bei der Betrachtung der Viskosität muss berücksichtigt werden, dass sich durch das in der Polymerschmelze gelöste Gas eine Verminderung der Scherviskosität ergibt. Die Messung des Druckabfalls während der Schaumextrusion ermöglicht eine Abschätzung der Viskositätserniedrigung durch den Gasanteil. Dies wurde bei L-PP1 und LCB-PP1 bei einer Temperatur von 180 °C und unterschiedlichen Scherraten durchgeführt. Die Verringerung der Viskosität ist bei beiden PP annähernd gleich groß und liegt für einen Anteil von 2 Gew.-% Azodicarbonamid im Bereich von 10 bis 15 %. 47 Wie anhand von Schäumversuchen des LCB-PP1 mit einer höheren Extrusionsgeschwindigkeit von 1460 s-1 festgestellt wurde, führt der dadurch erzielte höhere Druckverlust von etwa 130 bar nur zu einer geringfügigen Veränderung der Zellstruktur der hergestellten Schaumstränge. Der mittlere Zelldurchmesser verringert sich zwar von 443 mm auf 372 mm, liegt jedoch immer noch deutlich über dem mittleren Zelldurchmesser des L-PP1 mit 250 mm.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
116
Die Messung an den beiden PP erfolgte bei einer konstanten Temperatur von 200 °C48. Für
das L-PP1 ergab sich eine Oberflächenspannung von 22,3 ± 0,8 mN/m und für das LCB-PP1
ein Wert von 23,4 ± 0,6 mN/m. Die Werte der Oberflächenspannungen der beiden PP liegen
in dem in der Literatur für Polypropylene bei einer Temperatur von 200 °C angegebenen
Bereich, der sich von 20 bis 23 mN/m erstreckt [Kwok et al. 1998, Demarquette et al. 2002,
Pötschke et al. 2002]. Der Unterschied in den Oberflächenspannungen der beiden
Polypropylene ist zwar gering, da jedoch die Oberflächenspannung mit der 3. Potenz in die
Nukleierungsenergie (vgl. Gl. 2.10) und diese wiederum exponentiell in die Nukleierungsrate
(vgl. Gl. 2.12) eingeht, kann sich die geringe Differenz durchaus signifikant auf das
Nukleierungsverhalten bei der Schaumextrusion auswirken. Die höhere
Oberflächenspannung des LCB-PP1 im Vergleich zum L-PP1 ist somit ebenfalls ein
Einflussfaktor, der zu der schlechteren Nukleierungswirkung des LCB-PP1 beitragen kann.
Eine höhere Nukleierungsrate von langkettenverzweigten Polypropylenen im Vergleich zu
linearen Polypropylenen wurde bereits von anderen Autoren in der Literatur beschrieben
[z.B. Park und Cheung 1997, Spitael und Macosko 2004]. Park und Cheung (1997)
untersuchten das Nukleierungsverhalten von linearen und langkettenverzweigten
Polypropylenen und stellten fest, dass lineares Polypropylen eine höhere Anzahl an
nukleierten Zellkeimen aufweist. Eine genaue Erklärung für die höhere Nukleierungsdichte
des linearen PP wrd von den Autoren nicht gegeben. Sie führen jedoch Verschmutzungen
oder Additive als mögliche Ursachen für das unterschiedliche Nukleierungsverhalten der
linearen Polypropylene im Vergleich zu langkettenverzweigten Polypropylenen auf.
Eine höhere Nukleierungsrate für lineares PP im Vergleich zu langkettenverzweigtem PP
wurde ebenfalls von Spitael und Macosko 2004 gefunden. Die Autoren führen die höhere
Nukleierungsrate des linearen PP auf Unterschiede im Kristallisationsverhalten des linearen
und langkettenverzweigten Polypropylens zurück. Das langkettenverzweigte PP wies eine
um 10 °C höhere Kristallisationstemperatur als das lineare PP auf. Nach Ansicht der Autoren
bewirkt die höhere Kristallisationstemperatur einen Beginn der Kristallisation vor dem
Abschluss der Nukleierung der Zellkeime. Da die gebildeten kristallinen Bereiche weniger
Gas als die Schmelze aufnehmen können, wird das Gas aus den kristallinen Bereichen
herausgetrieben und diffundiert in bereits nukleierte Zellen. Eine Nukleierung von Zellen in
den Bereichen, die bereits kristallisiert sind, ist dann nicht mehr möglich, und die gesamte
Zelldichte wird kleiner.
Obwohl eine Beeinflussung der Nukleierung durch die einsetzende Kristallisation im Fall des
untersuchten LCB-PP1 nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, ist sie jedoch als 48 Die Bestimmung der Oberflächenspannungen der beiden Polypropylene erwies sich aufgrund der hohen Viskositäten als schwierig. Deshalb konnten keine Oberflächenspannungen bei Temperaturen kleiner als 200 °C ermittelt werden.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
117
gering einzustufen. Dies liegt zum einen daran, dass der Unterschied in den
Kristallisationstemperaturen des LCB-PP1 und des L-PP1 aufgrund der nukleierenden
Wirkung des Treibmittels nur etwa 5 °C beträgt und zum anderen an der langsamen
Abkühlung der Stränge an der Luft. Da die Nukleierung in unmittelbarer Nähe der Kapillare
stattfindet, kann davon ausgegangen werden, dass der Beginn der Kristallisation aufgrund
der langsamen Abkühlung erst nach Beendigung der Nukleierung stattfindet.
Aufgrund der Komplexität der Zellnukleierung bei der Schaumextrusion kann die genaue
Ursache für die höhere Anzahl an Nukleierungsstellen des L-PP1 im Vergleich zum LCB-
PP1 nicht genau geklärt werden. Vermutlich ist ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren, wie
z.B. des höheren Druckverlustes des L-PP1 und der größeren Oberflächenspannung des
LCB-PP1, für das unterschiedliche Nukleierungsverhalten der beiden PP verantwortlich.
Darüber hinaus kann ein Einfluss von unterschiedlichen Additiven nicht ausgeschlossen
werden, da beide PP Handelsprodukte sind.
5.2.1.2 Untersuchungen bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C
Im Folgenden werden die Ergebnisse bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C diskutiert.
Die Extrusion erfolgte bei einer Temperatur von 160 °C mit einer Extrusionsgeschwindigkeit
von 0,5 mm/s. In Bild 5.6 ist der Aufschäumgrad der extrudierten Schaumstränge als
Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt. Bis zu einem Anteil von 10 Gew.-% LCB-PP
steigt der Aufschäumgrad nahezu linear mit dem Anteil an langkettenverzweigtem PP an.
Zwischen 10 und 75 Gew.-% wird der Anstieg des Aufschäumgrades kontinuierlich geringer
und geht für Anteile von mehr als 75 Gew.-% schließlich gegen Null.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,01,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
Aufs
chäu
mgr
ad
φLCB-PP1
T0 = 180 °CT = 160 °CD = 365 s-1
Bild 5.6: Aufschäumgrad als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der bei einer
Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1
extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 – Blends (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
118
Die Unterschiede in den Aufschäumgraden der Blends mit mehr als 50 Gew.-% sind sehr
gering, weshalb ähnlich wie bei T0 = 200 °C (siehe Bild 5.2) geschlussfolgert werden kann,
dass bereits die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1 zu einer vergleichbaren Dichtereduktion
wie bei dem reinen LCB-PP1 führt. Die Differenz zwischen dem Aufschäumgrad des L-PP1
und dem des LCB-PP1 ist jedoch bei T0 = 180 °C aufgrund der unvollständigen Zersetzung
des Azodicarbonamides und der daraus resultierenden kleineren für das Schäumen zur
Verfügung stehenden Gasmenge deutlich geringer als bei T0 = 200 °C.
In Bild 5.7 ist für ausgewählte Blends die Schaumstruktur dargestellt. Der Schaum des L-
PP1 (Bild 5.7a) weist eine sehr inhomogenere Zellstruktur auf. Es sind teilweise sehr große
Zellen erkennbar, die vermutlich durch die Vereinigung von kleineren Zellen entstanden sind.
Aufgerissene Zellwände und miteinander verbundene Zellen sind ebenfalls vorhanden.
Ähnlich wie bei dem linearen Polypropylen ist auch die Schaumstruktur des Blends mit
5 Gew.-% LCB-PP sehr inhomogen und eine Vielzahl offener Zellen ist erkennbar (Bild 5.7b).
Bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP (Bild 5.7c) ist der Anteil an offenen Zellen bereits
deutlich geringer, die Zellstruktur ist jedoch noch sehr inhomogen. Das Blend mit 25 Gew.-%
LCB-PP (Bild 5.7d) weist schon eine recht gleichmäßige Zellstruktur auf, die sich nicht mehr
sehr stark von der des reinen LCB-PP (Bild 5.7f) unterscheidet. Es sind jedoch noch einige
Bereiche mit einer geringen Zellanzahl und recht dicken Zellwänden zu erkennen. Zwischen
dem Blend mit 50 Gew.-% (Bild 5.7e) und dem reinem LCB-PP können keine signifikanten
Unterschiede in der Schaumstruktur mehr festgestellt werden.
Bei einem Vergleich der Schaumstrukturen der bei T0 = 180 °C hergestellten Schäume (Bild
5.7) mit den Schaumstrukturen bei T0 = 200 °C (Bild 5.3) fällt zunächst auf, dass die Zellen
bei der niedrigeren Aufschmelztemperatur deutlich kleiner sind. Dies ist auf die
unterschiedliche nukleierende Wirkung des Azodicarbonamides in Abhängigkeit der
Aufschmelztemperatur zurückzuführen. Bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C zersetzt
sich ein Teil des Azodicarbonamides während des Extrusionsvorganges und wirkt als aktives
Nukleierungsmittel. Dadurch wird die Anzahl der Nukleierungsstellen erhöht und somit die
Zelldichte größer und die Zellgröße kleiner. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der
quantitativen Analyse der Zellstruktur wider, die für die bei einer Aufschmelztemperatur von
180 °C hergestellten Schäume in Bild 5.8 dargestellt sind. Die mittleren Zelldurchmesser der
bei T0 = 180 °C extrudierten Schäume liegen im Bereich von 50 µm und somit etwa eine
Größenordnung niedriger als bei T0 = 200 °C (siehe Bild 5.5). Die Zellenanzahl liegt bei T0 =
180 °C sogar um zwei Größenordnungen höher als bei T0 = 200 °C.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
119
a
b
100 µm100 µm100 µm100 µm
c
100 µm100 µm100 µm100 µm
d
100 µm100 µm100 µm100 µm
e
f
Bild 5.7: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer
scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1 extrudierten Schaumstränge a) des L-PP1, der Blends
des L-PP1 mit b) 5 Gew.-%, c) 10 Gew.-%, d) 25 Gew.-% und e) 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie f) des
LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)
Wie aus Bild 5.8 deutlich wird, weist das L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 einen deutlich
höheren mittleren Zelldurchmesser und eine signifikant geringere Zelldichte auf. Dies kann
auf die ausgeprägten Zellvereinigungen bei dem L-PP1 zurückgeführt werden (siehe Bild
5.7a). Mit steigendem Anteil an langkettenverzweigtem Polypropylen nimmt der
Durchmesser zunächst ab und die Zellenanzahl zu. Das Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1
besitzt einen ähnlich großen mittleren Zelldurchmesser wie das reine LCB-PP1, aber noch
eine deutlich geringere Zelldichte. Auch die Ergebnisse der quantitativen Analyse der
Schaumstruktur deuten darauf hin, dass im Rahmen der experimentellen Streuung keine
Unterschiede zwischen den Schäumen der Blends mit 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 und dem
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
120
reinen LCB-PP1 auftreten. Dieser Befund steht im Einklang mit den in Bild 5.7 abgebildeten
Schaumstrukturen.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
20
40
60
80
100
120
106
107
108
µm
Zelld
urch
mes
ser
()
φLCB-PP1
Zella
nzah
l pro
cm
3 ()
T0 = 180 °CT = 160 °CD = 365 s-1
Bild 5.8: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der
bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1
extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 – Blends (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)
Die Ergebnisse der Analyse der Schaumstruktur bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C
deuten darauf hin, dass das lineare PP trotz der im Vergleich zu T0 = 200 °C geringeren
Expansion der Zellen den während des Aufschäumprozesses auf die Schmelze in den
Zellwänden wirkenden Dehnbelastungen nicht standhalten kann, wodurch es zu einem
Aufreißen der Zellwände und zu Zellvereinigungen kommt. Der geringere Aufschäumgrad
des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 kann demzufolge durch einen kürzeren
Diffusionsweg des Gases durch die Polymermatrix vom Inneren des Schaums an die
Schaumoberfläche aufgrund des hohen Anteils an offenen Zellwänden bei dem L-PP1 und
den daraus resultierenden höheren Gasverlusten erklärt werden. Der Anstieg des
Aufschäumgrades, die Zunahme der Zelldichte und die Verringerung des Zelldurchmessers
mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 bis zu 50 Gew.-% können somit auf die Verminderung
des Aufreißens der Zellwände aufgrund der mit dem Anteil an LCB-PP anwachsenden
Dehnverfestigung zurückgeführt werden. Die ähnlich hohen Aufschäumgrade und die
vergleichbaren Ergebnisse der Analyse der Schaumstruktur des Blends mit 50 Gew.-% LCB-
PP1 und des LCB-PP1 deuten darauf hin, dass die Dehnverfestigung des Blends mit 50
Gew.-% LCB-PP1 unter den getesteten Prozessbedingungen ausreichend ist, um ein ähnlich
gutes Aufschäumverhalten wie bei dem langkettenverzweigten Blendpartner zu erreichen
(siehe Kapitel 5.2.6).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1
von 2 bis 50 Gew.-% eine signifikante Verbesserung des Aufschäumverhaltens hinsichtlich
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
121
eines höheren Aufschäumgrades, einer homogeneren Zellstruktur und eines geringeren
Anteils an offenen bzw. miteinander verbundenen Zellen im Vergleich zu dem linearen L-PP1
erzielt werden konnte. Bereits die Schaumstränge des Blends mit 50 Gew.-% besitzen bei
den untersuchten Prozessbedingungen einen ähnlich hohen Aufschäumgrad und eine
ähnlich homogene Zellstruktur wie die des reinen LCB-PP1. Das LCB-PP1 und die Blends
weisen jedoch bei der Aufschmelztemperatur von 200 °C trotz der bei dem L-PP1
auftretenden Zellzusammenschlüsse im Mittel größere Zelldurchmesser als der lineare
Blendpartner auf, was in einer deutlich niedrigeren Nukleierungsrate des LCB-PP1 im
Vergleich zu dem L-PP1 begründet liegt.
Durch die Absenkung der Aufschmelztemperatur von 200 °C auf 180 °C konnte aufgrund der
aktiven Nukleierungswirkung des Azodicarbonamides eine deutliche Verringerung der
mittleren Zelldurchmesser und eine signifikante Zunahme der Zelldichte erreicht werden.
5.2.2 Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
Die Schäumversuche der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 wurden bei einer
Aufschmelztemperatur von 200 °C und einer Extrusionstemperatur von 160 °C durchgeführt.
Die Extrusionsgeschwindigkeiten wurden so gewählt, dass der Druckabfall an der Kapillare
für alle Blends in einem Bereich von 100 bar lag und somit ähnlich groß wie bei den Blends
aus L-PP1 und LCB-PP1 war.
In Bild 5.9 ist der ermittelte Aufschäumgrad für die extrudierten Schaumstränge der Blends
aus L-PP2 und LCB-PP1 als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 dargestellt. Zum
Vergleich sind die Ergebnisse der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ebenfalls mit aufgeführt.
Der Aufschäumgrad des L-PP2 ist etwas höher als der des L-PP1, liegt aber immer noch
deutlich niedriger als der des LCB-PP1. Während die Zunahme des Aufschäumgrades mit
steigendem Anteil an LCB-PP bis zu 10 Gew.-% LCB-PP bei beiden Blendreihen ähnlich
verläuft, findet bei den Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 aufgrund des geringeren
Unterschiedes in den Aufschäumgraden der beiden Blendpartner bereits zwischen 10 und 25
Gew.-% eine deutliche Abnahme des Anstiegs des Aufschäumgrades statt. Ab einem Anteil
von 40 Gew.-% LCB-PP1 gibt es zwischen den Aufschäumgraden der beiden Blendreihen
keine Unterschiede mehr. Anhand der Ergebnisse in Bild 5.9 lässt sich feststellen, dass für
die beiden untersuchten linearen Polypropylene durch die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1
bereits ein ähnlich hoher Aufschäumgrad wie bei dem reinen langkettenverzweigten PP
erreicht werden kann.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
122
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,01
2
3
4
5
6
L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends
Aufs
chäu
mgr
ad
φLCB-PP1
T0 = 200 °CT = 160 °C
Bild 5.9: Aufschäumgrad als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 für die Blends aus L-PP2 und
LCB-PP1. Die scheinbaren Schergeschwindigkeiten betrugen 73 s-1 für L-PP2 und die Blends bis 10
Gew.-% LCB-PP1, 146 s-1 für die Blends mit 25 und 50 Gew.-% LCB-PP1 und 365 s-1 für das Blend
mit 75 Gew.-% LCB-PP1 und das LCB-PP1, um ein vergleichbaren Druckabfall im Bereich von 100
bar zu erreichen. Zum Vergleich ist die Kurve für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ebenfalls mit
dargestellt, bei denen die scheinbare Schergeschwindigkeit 365 s-1 betrug.
Die REM-Aufnahmen der Zellstruktur der Schaumstränge der Blends des L-PP2 mit
unterschiedlichen Anteilen an LCB-PP1 sind in Bild 5.10 dargestellt. Die Schäume des L-
PP2 (Bild 5.10a) und des Blends mit 5 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.10b) sind durch eine
inhomogene Schaumstruktur gekennzeichnet. Es sind Bereiche vorhanden, in denen nur
wenige Zellen auftreten und viel Matrix zu sehen ist. Insbesondere bei dem L-PP gibt es
auch Bereiche, in denen es zu Zellzusammenschlüssen gekommen ist. In dem Schaum des
Blends mit 10 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.10c) ist der Anteil an unaufgeschäumter Matrix
bereits deutlich geringer, aber die Zellstruktur ist immer noch recht inhomogen.
Demgegenüber ist die Zellverteilung bei dem Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.10d)
schon deutlich gleichmäßiger. Unaufgeschäumte Bereiche sind nicht mehr erkennbar. Durch
die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1 zu L-PP2 (Bild 5.10e) konnte eine ähnlich homogene
Zellstruktur wie bei dem reinen LCB-PP1 (Bild 5.10f) erreicht werden.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
123
Bild 5.10: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C
extrudierten Schaumstränge a) des L-PP2, der Blends des L-PP2 mit b) 5 Gew.-%, c) 10 Gew.-%, d)
25 Gew.-% und e) 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie f) des LCB-PP1
Mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 werden die Zellen tendenziell größer. Dies wird aus
den mittels Bildanalyse bestimmten mittleren Zelldurchmessern deutlich, die gemeinsam mit
der ermittelten Zelldichte in Bild 5.19 als Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt sind.
Das lineare L-PP2 weist im Vergleich zu dem LCB-PP1 einen signifikant niedrigeren
mittleren Zelldurchmesser und eine deutlich größere Zelldichte auf. Daraus kann
geschlussfolgert werden, dass auch das L-PP2 eine deutlich höhere Nukleierungsrate als
das LCB-PP1 aufweist. Ursachen für die niedrige Nukleierungsrate des
langkettenverzweigten PP wurden bereits in Kapitel 5.2.1 ausführlich diskutiert. Der Anstieg
des Zelldurchmessers mit steigendem Anteil an LCB-PP1 kann demzufolge auf eine
Verringerung der Nukleierungsrate aufgrund des zunehmenden Einflusses des LCB-PP
zurückgeführt werden. Die Zelldichte der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 durchläuft als
a b
200µm200µm
c d
200µm
200µm
f
200µm
200µm
e
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
124
Funktion des Anteils an langkettenverzweigtem PP ein Maximum im Bereich von 20 Gew.-%
LCB-PP. Der Grund für das Maximum in der Zelldichte ist der kombinierte Einfluss aus der
mit zunehmendem Anteil an LCB-PP abnehmenden Nukleierungsdichte und der aufgrund
der mit wachsendem Anteil an LCB-PP ansteigenden Dehnverfestigung kleiner werdenden
Verminderung der Zellenanzahl durch Zellkollaps und Zellkoaleszenz während des
Aufschäumens.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
100
200
300
400
500
600
700
800
0
1x105
2x105
3x105
4x105
5x105
µm
Zelld
urch
mes
ser
()
φLCB-PP1
Zelle
nanz
ahl p
ro c
m3 (
)
T0 = 200 °CT = 160 °C
Bild 5.11: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 als Funktion des Gewichtsanteils an
LCB-PP1 der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C extrudierten Schaumstränge der L-PP2/LCB-
PP1 - Blends
Das Maximum in der Zelldichte ist im Vergleich zu der Blendreihe aus L-PP1 und LCB-PP1
(siehe Bild 5.5) zu niedrigeren Anteilen an LCB-PP verschoben. Dies liegt daran, dass der
Unterschied in der Zelldichte zwischen dem L-PP2 und dem LCB-PP1 deutlich stärker
ausgeprägt ist als dies zwischen L-PP1 und LCB-PP1 der Fall ist. Hauptgrund für die
größere Zelldichte des L-PP2 im Vergleich zum L-PP1 ist vermutlich die höhere
Schmelzeviskosität des L-PP2. Diese führt einerseits zu einem um 15 bar größeren
Druckabfall (120 bar für L-PP2 im Vergleich zu 105 bar für L-PP1) und andererseits zu einer
höheren Schmelzefestigkeit des L-PP2, wodurch der Anteil an Zellzusammenschlüssen im
Vergleich zum L-PP1 vermindert wird (siehe Kapitel 5.2.3). Demzufolge ist bei den Blends
aus L-PP2 und LCB-PP1 die Abnahme der Zelldichte des L-PP2 durch eine Verringerung der
Zellenanzahl während des Zellwachstum aufgrund von Zellzusammenschlüssen und
Zellzusammenbrüchen deutlich kleiner als der Unterschied zwischen den Zelldichten der
beiden Blendpartner. Dies führt dazu, dass sich die Verringerung von Zellkoaleszenz und
Zellkollaps durch die zunehmende Dehnverfestigung der Blends nur bis zu einem Anteil von
25 Gew.-% LCB-PP1 stärker auf die Zelldichte der Blends auswirkt als die Abnahme der
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
125
Zelldichte der Blends durch die schlechtere Zellnukleierung aufgrund des zunehmenden
Anteils an LCB-PP1.
Zusammenfassend kann aus dem Vergleich des Schäumverhaltens der beiden Blendreihen
geschlussfolgert werden, dass eine Erhöhung der Molmasse des linearen Blendpartners zu
keinen signifikanten Änderungen im Einfluss des Anteils des LCB-PP1 auf das
Aufschäumverhalten führt. Auch bei dem höhermolekularen L-PP2 führt die Zugabe von
LCB-PP1 bis zu einem Anteil von 50 Gew.-% zu einer deutlichen Erhöhung des
Aufschäumgrades, einer Verbesserung der Homogenität der Zellstruktur und einem
geringeren Anteil an offenen Zellwänden. Genau wie bei den Blends aus L-PP1 und LCB-
PP1 kann bereits durch die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1 zu dem L-PP2 ein ähnlich
hoher Aufschäumgrad und eine vergleichbar homogene Zellstruktur wie bei dem reinen LCB-
PP1 erreicht werden.
5.2.3 Lineare Polypropylene mit unterschiedlicher gewichtsmittlerer Molmasse
Die im vorigen Kapitel festgestellten Unterschiede in den Ergebnissen der Schäumversuche
der linearen Blendpartner L-PP1 und L-PP2 deuten an, dass bereits durch die Variation der
Molmasse von linearem Polypropylen ein signifikant unterschiedliches Aufschäumverhalten
erzielt werden kann. Der Einfluss der gewichtsmittleren Molmasse von linearem
Polypropylen auf den Aufschäumgrad wird aus Bild 5.12a deutlich, in dem der
Aufschäumgrad als Funktion der Molmasse für die vier im Rahmen dieser Arbeit
untersuchten linearen Polypropylene aufgetragen ist. Der Aufschäumgrad steigt mit der
gewichtsmittleren Molmasse in dem durch die untersuchten Polypropylene abgedeckten
Molmassenbereich von 200 bis 900 kg/mol linear an. Verantwortlich für den Anstieg des
Aufschäumgrades ist jedoch nicht in erster Linie die zunehmende Molmasse, sondern die
daraus resultierende anwachsende Viskosität der Polypropylene.
In Bild 5.12b ist erkennbar, dass sich zwischen dem Aufschäumgrad und der logarithmierten
scheinbaren Viskosität ηscheinbar der linearen Polypropylene bei den gewählten
Extrusionsbedingungen49 in guter Näherung ein linearer Zusammenhang ergibt. Durch die
steigende Viskosität erhöht sich die Schmelzefestigkeit (siehe Kapitel 5.2.6) und die
Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Polymerschmelze wird geringer, da der
Diffusionskoeffizient von Gasen in der Polymerschmelze mit steigender Viskosität abnimmt
[z.B. Sun 2004]. Beide Effekte führen zu einer Verringerung des Gasverlustes an die
Umgebung und somit zu einem Anstieg des Aufschäumgrades.
49 Die scheinbare Viskosität ηscheinbar wurde aus der scheinbaren Schergeschwindigkeit D und dem gemessen Druckabfall ∆p nach der Formel ηscheinbar = ∆p * rK / (2*LK*D) berechnet, wobei rK dem Radius und LK der Länge der Kapillare entsprechen.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
126
200 300 400 500 600 700 800 9001,5
2,0
2,5
3,0
3,5
T0 = 200 °CT = 160 °C
Messdaten lineare Anpassung
a)
kg/mol
Auf
schä
umgr
ad
MW,LS
102 1031,5
2,0
2,5
3,0
3,5
T0 = 200 °CT = 160 °C
Messdaten lineare Anpassung
b)
Pas
Auf
schä
umgr
ad
ηscheinbar Bild 5.12: a) Aufschäumgrad als Funktion der gewichtsmittleren Molmasse und b) Aufschäumgrad als
Funktion der scheinbaren Viskosität für L-PP1 bis L-PP4. Die scheinbaren Schergeschwindigkeiten
betrugen 730 s-1 für L-PP4, 365 s-1 für L-PP1, 146 s-1 für L-PP3 sowie 73 s-1 für L-PP2, um ein
vergleichbaren Druckabfall im Bereich von 100 bar zu erreichen.
Die Ergebnisse in Bild 5.12 zeigen, dass der Aufschäumgrad durch die Steigerung der
Molmasse von linearem PP in einem gewissen Rahmen erhöht werden kann. Die
Unterschiede in den Aufschäumgraden der linearen PP sind jedoch deutlich geringer als die
Differenz zwischen L-PP1 bzw. L-PP2 und dem langkettenverzweigten LCB-PP1 (siehe Bild
5.9).
Wie den REM-Aufnahmen der Bruchflächen der Schaumstränge in Bild 5.13 entnommen
werden kann, weisen alle vier untersuchten linearen Polypropylene eine sehr inhomogene
Zellstruktur auf. Mit steigender Molmasse nimmt der Anteil an unaufgeschäumter Matrix ab,
was mit der bereits erwähnten Verminderung der Gasverluste zusammenhängt. Bei dem L-
PP4 (Bild 5.13a), welches die kleinste Molmasse der vier Polypropylene besitzt, sind sehr
wenige große Zellen vorhanden, die zumindest zum Teil durch Zellvereinigungen entstanden
sind. Mit zunehmender Molmasse wird die Anzahl der vorhanden Zellen größer und die
Zellen werden tendenziell kleiner. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der
quantitativen Analyse der Zellstruktur der linearen Polypropylene in Bild 5.14 wider, in dem
der mittlere Zelldurchmesser und die Zelldichte als Funktion der gewichtsmittleren Molmasse
dargestellt sind.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
127
Bild 5.13: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C
extrudierten Schaumstränge a) des L-PP4 (Mw = 250 kg/mol), b) des L-PP1 (Mw = 458 kg/mol), c) des
L-PP3 (Mw = 669 kg/mol) und d) des L-PP2 (Mw = 860 kg/mol)
In Bild 5.14 ist nur der mittlere Zelldurchmesser ohne Angabe über die Streuung der
Zelldurchmesser um diesen Mittelwert angegeben, da im Fall der linearen Polypropylene
eine sehr starke Variation der Zelldurchmesser in den Schaumsträngen auftrat (siehe Bild
5.13) und sich somit Streuungen im Bereich von hundert Mikrometer ergeben, wie z.B. aus
Bild 5.5 für das L-PP1 oder aus Bild 5.11 für das L-PP2 deutlich wird. Trotz dieser großen
Streuung der Zelldurchmesser kann aus Bild 5.14 geschlossen werden, dass die Zellgröße
im Mittel mit steigender Molmasse kleiner wird. Gleichzeitig steigt die Zelldichte mit
zunehmender gewichtsmittlerer Molmasse der linearen Polypropylene an. Die Änderung des
mittleren Zelldurchmessers und der Zelldichte wird mit steigender Molmasse kontinuierlich
größer.
Wie bereits bei der Diskussion der Ergebnisse der Schaumanalyse der Blends aus linearem
und langkettenverzweigtem Polypropylen in Kapitel 5.2.1 bzw. 5.2.2 erwähnt wurde, wird die
Schaumstruktur der geschäumten Polypropylenstränge zum einen durch die Anzahl der
nukleierten Zellen und zum anderen durch Zellvereinigungen und Zellzusammenbrüche
während des Zellwachstums beeinflusst. Das Nukleierungsverhalten hängt wiederum sehr
stark vom Druckabfall während der Schaumextrusion ab (siehe Kapitel 2.3.2). Obwohl
versucht wurde durch geeignete Wahl der Extrusionsgeschwindigkeiten einen ähnlich hohen
Druckabfall für alle vier untersuchten Polypropylene zu erreichen, weisen das L-PP4 einen
200µm
a b
200µm
200µm
c d
200µm
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
128
um 30 bar (90 bar) und das L-PP1 einen um 15 bar (105 bar) niedrigeren Extrusionsdruck
als die beiden höhermolekularen Polypropylene L-PP2 und L-PP3 (jeweils 120 bar) auf.
Demzufolge ist eine geringe Nukleierungsrate aufgrund des niedrigen Druckabfalls eine
mögliche Ursache für die deutlich geringere Zelldichte der linearen Polypropylene mit kleiner
gewichtsmittlerer Molmasse im Vergleich zu den höhermolekularen Polypropylenen. Da das
L-PP2 jedoch trotz eines vergleichbaren Druckabfalls eine deutlich größere Zelldichte als L-
PP3 besitzt, kann der Druckabfall nicht die Hauptursache für die Unterschiede in der
Schaumstruktur der linearen Polypropylene sein.
200 400 600 800 1000150
200
250
300
0
1x105
2x105
3x105
4x105
5x105
µm
Zelld
urch
mes
ser
()
Mw
kg/mol
Zelle
nanz
ahl p
ro c
m3 (
)
T0 = 200 °CT = 160 °C
Bild 5.14: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 der bei einer Extrusionstemperatur von
160 °C extrudierten Schaumstränge der vier untersuchten linearen Polypropylene als Funktion der
gewichtsmittleren Molmasse
Eine weitere Ursache für die unterschiedliche Schaumstruktur der linearen Polypropylene ist
der Anstieg der Schmelzefestigkeit aufgrund der mit der Molmasse zunehmende Viskosität
der Polypropylene (siehe Kapitel 5.2.6). Die Schmelzefestigkeit gibt an, wie groß die
maximale Kraft bzw. Spannung ist, die eine Polymerschmelze unter einer
Dehnbeanspruchung aufnehmen kann. Demzufolge kann die Schmelze von linearen
Polypropylenen mit einer hohen Viskosität während des Zellwachstums einer höheren
Dehnbeanspruchung in den Zellwänden standhalten, wodurch die Anzahl an aufgerissenen
Zellwänden vermindert wird. Somit treten bei diesen Polypropylenen während des
Zellwachstums weniger Zellzusammenschlüsse und -brüche auf als bei den Polypropylenen
mit einer niedrigen Viskosität. Dies verdeutlicht, dass die Zunahme der Zelldichte und die
Verringerung des mittleren Zelldurchmessers der linearen Polypropylene mit steigender
Molmasse zumindest ansatzweise durch die Verminderung von Zellvereinigungen und
Zellkollapsen durch die zunehmende Schmelzefestigkeit erklärt werden kann.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
129
Eine weitere Rolle spielt der Diffusionskoeffizient des Gases in der Polymerschmelze, der
sich ebenfalls mit der Molmasse bzw. Viskosität ändert. Da Zellnukleierung und
Zellwachstum in der Regel parallel ablaufen, ist die Diffusionsgeschwindigkeit des Gases
neben der Höhe der erforderlichen Nukleierungsenergie entscheidend dafür, ob das
freiwerdende Gas eher in bereits nukleierte Zellen diffundiert oder es zur Nukleierung neuer
Zellkeime kommt. Dabei fördert eine höhere Diffusionsgeschwindigkeit die Diffusion des
Gases in bereits nukleierte Zellen, weshalb die Anzahl an nukleierten Zellen abnimmt und
somit die Zelldichte kleiner wird. Da der Diffusionskoeffizient von Gasen in der
Polymerschmelze mit steigender Viskosität abnimmt, könnte die niedrige
Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in den Schmelze neben der hohen Schmelzefestigkeit
verantwortlich für die größere Zelldichte und die kleineren Zelldurchmesser der
Polypropylene mit einer hohen gewichtsmittleren Molmasse im Vergleich zu denen mit einer
niedrigen sein.
Die Beurteilung der Ergebnisse wird außerdem dadurch erschwert, dass alle vier
Polypropylene Handelsprodukte sind. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass
Unterschiede in den zugegebenen Additiven sowohl in Art und Anteil zwischen den
Produkten vorhanden sind, die sich auf das Nukleierungsverhalten und somit auf die
Schaumstruktur auswirken.
Wie die Ergebnisse der Schäumversuche an den vier linearen Polypropylenen zeigen, kann
durch die Erhöhung der gewichtsmittleren Molmasse von linearem Polypropylen eine
Zunahme des Aufschäumgrades, eine Vergrößerung der Zelldichte und eine Verringerung
der Zellgröße erreicht werden. Dies lässt sich in erster Linie auf eine Zunahme der
Schmelzefestigkeit und eine Abnahme des Diffusionskoeffizienten des Gases in der
Polymerschmelze mit steigender Molmasse zurückführen.
5.2.4 Elektronenbestrahlte Polypropylene
Zur Untersuchung des Schäumverhaltens des L-PP3 und der langkettenverzweigten
Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3, die durch Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit 5
bzw. 60 kGy hergestellt wurden, erfolgten Schäumversuche mit einer Aufschmelztemperatur
von 200 °C und drei verschiedenen Extrusionstemperaturen von 180, 170 und 160 °C. Die
Extrusionsgeschwindigkeiten wurden wiederum so ausgewählt, dass für alle drei PP ein
vergleichbarer Druckabfall auftrat. Die ermittelten Aufschäumgrade sind in Bild 5.15
dargestellt. Das lineare Polypropylen besitzt bei allen drei Extrusionstemperaturen den
niedrigsten Aufschäumgrad. Bereits durch die Bestrahlung mit einer Dosis von 5 kGy kann
eine signifikante Erhöhung des Aufschäumgrades im Vergleich zum linearen
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
130
Ausgangsprodukt erreicht werden. Das mit 60 kGy bestrahlte LCB-PP3 weist im Vergleich zu
dem mit 5 KGy bestrahlten PP einen nochmals signifikant höheren Aufschäumgrad auf.
Für alle drei Polypropylene steigt der Aufschäumgrad mit sinkender Extrusionstemperatur
etwa gleich stark an, was ähnlich wie bei den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 (siehe Kapitel
5.2.1.1) darauf zurückzuführen ist, dass die drei Polypropylene eine vergleichbare
Temperaturabhängigkeit der Viskosität aufweisen. Wie in Kapitel 4.2.3 angedeutet, steigt die
Fließaktivierungsenergie durch die Elektronenbestrahlung zwar an, der Unterschied
zwischen dem mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 und dem linearen Ausgangsprodukt L-PP3
von etwa 10 kJ/mol wirkt sich jedoch insbesondere bei der geringen Temperaturänderung
von 180 auf 160 °C nicht sehr stark auf die Viskositätsänderung aus. Durch die etwa gleich
große Zunahme der Viskosität der Polypropylene mit sinkender Temperatur entsteht eine
vergleichbare Änderung des Diffusionskoeffizienten und des Druckabfalls und somit ein
ähnlich ausgeprägter Anstieg des Aufschäumgrades.
L-PP3 (0 kGy) LCB-PP2 (5 kGy) LCB-PP3 (60 kGy)0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5 T0 = 200 °C
Auf
schä
umgr
ad
T = 180 °C T = 170 °C T = 160 °C
Bild 5.15: Aufschäumgrad des L-PP3 und der beiden über Elektronenbestrahlung erzeugten
langkettenverzweigten LCB-PP2 und LCB-PP3 bei drei verschiedenen Extrusionstemperaturen (T0 =
200 °C). Die scheinbaren Schergeschwindigkeiten betrugen 146 s-1 für L-PP3 und LCB-PP2 sowie
730 s-1 für LCB-PP3, um einen vergleichbaren Druckabfall zu erreichen.
Die Schaumstrukturen der drei Polypropylene bei der niedrigsten Extrusionstemperatur von
160 °C sind in Bild 5.16 dargestellt. Das lineare L-PP3 (Bild 5.16a) weist eine sehr
inhomogene Zellstruktur auf. Es sind sowohl unaufgeschäumte Bereiche als auch
Zellzusammenschlüsse erkennbar. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 (Bild 5.16b) ist im
Vergleich zu dem L-PP3 deutlich stärker aufgeschäumt. Dies deutet darauf hin, dass die
auftretende Dehnverfestigung bei dem LCB-PP2 zu einer Verminderung des Aufreißens von
Zellwänden und somit zu einem im Vergleich zu dem L-PP3 verringerten Gasverlust führt.
Die Zellstruktur ist jedoch noch recht inhomogen und insbesondere in der Mitte des Stranges
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
131
sind große Zellen zu erkennen, die vermutlich durch Zellvereinigungen entstanden sind. Bei
der Zellstruktur des LCB-PP3 (Bild 5.16c) fällt insbesondere der im Vergleich zu den anderen
beiden PP deutlich größere Durchmesser der Zellen auf. Die Zellstruktur ist hingegen
wesentlich homogener, da die stark ausgeprägte Dehnverfestigung des LCB-PP3 zu einem
gleichmäßigeren Wachstum der Zellen führt (siehe Kapitel 5.2.6).
Bild 5.16: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C
extrudierten Schaumstränge a) des L-PP3, b) des mit 5 kGy bestrahlten LCB-PP2 und c) des mit 60
kGy bestrahlten LCB-PP3
Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Schaumstruktur sind in Tabelle 5.1 dargestellt.
Das LCB-PP2 weist im Vergleich zu dem L-PP3 eine größere Zelldichte und einen größeren
mittleren Zelldurchmesser auf. Der größere mittlere Zelldurchmesser des LCB-PP2 deutet
auf eine schlechtere Nukleierungsrate des LCB-PP2 im Vergleich zum L-PP3 hin. Dem
scheint jedoch die größere Zelldichte des LCB-PP2 zu widersprechen, die auf eine höhere
Nukleierungsdichte hindeutet. Eine mögliche Erklärung für diesen Widerspruch kann, ähnlich
wie bei den Blends mit geringen Anteilen an Langkettenverzweigungen, ein kombinierter
Einfluss aus einer kleineren Nukleierungsdichte des LCB-PP2 aufgrund einer niedrigeren
Nukleierungsrate und der Dehnverfestigung des LCB-PP2 sein. Die Dehnverfestigung des
LCB-PP2 führt im Vergleich zum L-PP3 zu einer geringeren Abnahme der Zelldichte
während des Aufschäumvorganges durch Zellzusammenschlüsse und Zellzusammenbrüche.
Demzufolge ist die resultierende Zelldichte, die sich aus der Nukleierungsdichte minus der
200µm
a b
c
200µm
200µm
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
132
während des Zellwachstums verlorengegangenen Zelleanzahl ergibt, bei dem LCB-PP2
größer als bei dem L-PP3.
Das LCB-PP3 weist gegenüber dem L-PP3 und dem LCB-PP2 deutlich größere Zellen und
eine signifikant niedrigere Zelldichte auf, was auf eine wesentlich schlechtere
Nukleierungsrate des LCB-PP3 im Vergleich zu den andern beiden Polypropylenen hinweist.
Eine Ursache ist sicherlich der aufgrund der deutlich niedrigeren Viskosität des LCB-PP3
(siehe Bild 4.9) 25 bar kleinere Druckverlust (120 bar für L-PP3 im Vergleich zu 95 bar für
LCB-PP3). Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass einzig der geringe Unterschied in den
Extrusionsdrücken für die signifikant schlechtere Nukleierungsrate des LCB-PP3
verantwortlich ist.
Da bei der Elektronenbestrahlung des L-PP3 keine Zuschlagstoffe oder ähnliches
zugegeben wurden, kann ein Einfluss von unterschiedlichen Additiven ausgeschlossen
werden. Eine höhere Oberflächenspannung des LCB-PP3 im Vergleich zu dem L-PP3 kann
ebenfalls nicht die Ursache für die schlechtere Nukleierungsrate sein, da die
Oberflächenspannung nicht stark von der Verzweigungsstruktur abhängt und aufgrund der
Abnahme der Molmasse durch die Elektronenbestrahlung eine Verringerung
Oberflächenspannung resultieren sollte [Heindl 2005]. Eine höhere Kristallisationstemperatur
der elektronenbestrahlten Polypropylene, die ebenfalls zu einer Verringerung der nukleierten
Zelldichte führen kann [Spitael und Macosko 2004] kommt als Ursache auch nicht in Frage,
da sowohl das LCB-PP2 als auch das LCB-PP3 eine niedrigere Kristallisationstemperatur als
das L-PP3 aufweisen (siehe Tabelle 3.4).
L-PP3
(0 kGy)
LCB-PP2
(5kGy)
LCB-PP3
(60 kGy)
Mittlere Zelldurchmesser in µm 223 246 540
Zellenanzahl pro cm3 1,9 · 105 2,5 · 105 0,5 · 105
Tabelle 5.1: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 für L-PP3, LCB-PP2 und LCB-PP3
(T0 = 200 °C, T = 160 °C)
Eine mögliche Ursache für die deutlich niedrigere Nukleierungsrate des mit 60 kGy
bestrahlten LCB-PP3 im Vergleich zum L-PP3 könnte jedoch der deutlich höhere
Diffusionskoeffizient des Treibgases in dem LCB-PP3 aufgrund der im Vergleich zu dem L-
PP3 signifikant niedrigeren Viskosität sein (siehe Bild 4.9). Wie bereits in Kapitel 5.2.4
erwähnt, begünstigt eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Schmelze die
Diffusion des Gases in bereits nukleierte Zellen gegenüber der Bildung von neuen Keimen,
wodurch eine geringere Zelldichte entsteht. Eine eindeutige Erklärung für die deutliche
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
133
Verschlechterung der Zellnukleierung des L-PP3 durch die Elektronenbestrahlung mit 60
kGy muss aufgrund der Komplexität der Zellnukleierung jedoch offen bleiben.
Die Untersuchungen an den elektronenbestrahlten LCB-PP2 und LCB-PP3 im Vergleich zu
dem unbestrahlten Ausgangsprodukt L-PP3 haben gezeigt, dass durch die gezielte
Elektronenbestrahlung von linearem PP und der daraus resultierenden Dehnverfestigung
aufgrund der eingebrachten Langkettenverzweigungen eine signifikante Verbesserung des
Aufschäumverhaltens des linearen PP hinsichtlich eines höheren Aufschäumgrades und
einer homogeneren Zellstruktur erreicht werden kann. Die bei dem LCB-PP3 durch die hohe
Bestrahlungsdosis von 60 kGy hervorgerufene starke Abnahme der Molmasse und die damit
verbundene Verringerung der Schmelzeviskosität im Vergleich zu dem unbestrahlten
Ausgangsprodukt L-PP3 führt jedoch zu einer deutlichen Verringerung der Nukleierungsrate
und somit zu signifikant größeren Zelldurchmessern.
5.2.5 Hochschmelzefeste Polypropylene mit einer hochmolekularen Komponente
Das Schäumverhalten der beiden hochschmelzefesten Polypropylene HMS-PP1 und HMS-
PP2, die einen geringen Anteil an einer hochmolekularen Komponente aus Polyethylen
besitzen (siehe Kapitel 3.2), wurde bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C und einer
Extrusionstemperatur von 160 °C untersucht. Es wurde versucht, die
Extrusionsgeschwindigkeiten für beide Polypropylene so anzupassen, dass ein ähnlicher
Druckabfall im Bereich von 100 bar entsteht. Bei dem HMS-PP1 konnte jedoch nur ein
maximaler Druckabfall von 80 bar erzielt werden. Eine Erhöhung der
Extrusionsgeschwindigkeit über die verwendete Extrusionsgeschwindigkeit von 1 mm/s
hinaus führte zu Fließinstabilitäten in Form von wellenförmigen Verwerfungen der
Strangoberflächen.
Da die beiden HMS-PP sich hinsichtlich ihrer Molmasse signifikant unterscheiden (siehe
Tabelle 3.3) und aus den Untersuchungen an den linearen PP bekannt ist, dass die
Molmasse bzw. Viskosität einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das
Aufschäumverhalten hat (siehe Bild 5.12) wurden zwei der linearen Polypropylene als
Vergleichsprodukte ausgewählt, die in etwa die gleiche gewichtsmittlere Molmasse wie die
HMS-PP aufweisen. Somit lassen sich Rückschlüsse auf den Einfluss der hochmolekularen
Komponente ziehen. Als Vergleichsprodukt für das HMS-PP1, dessen gewichtsmittlere
Molmasse 278 kg/mol beträgt, wird das L-PP4 mit einer gewichtsmittleren Molmasse von
250 kg/mol herangezogen. Dem höhermolekularen HMS-PP2 mit einem Mw von 623 kg/mol
wird als Vergleichsprodukt das L-PP3 mit einem Mw von 669 kg/mol gegenübergestellt.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
134
Die ermittelten Aufschäumgrade der beiden HMS-PP und der dazugehörigen linearen
Vergleichsprodukte sind in Bild 5.17 dargestellt. Das HMS-PP1 weist nur einen geringfügig
größeren Aufschäumgrad als das L-PP4 auf (Bild 5.17a). Bei dem HMS-PP2 wurde
hingegen ein signifikanter Anstieg des Aufschäumgrades im Vergleich zu dem L-PP3
festgestellt (Bild 5.17b).
L-PP4 HMS-PP10,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5T0 = 200 °CT = 160 °CD = 730 s-1
Auf
schä
umgr
ad
a)
L-PP3 HMS-PP20,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5T0 = 200 °CT = 160 °CD = 146 s-1
Auf
schä
umgr
ad
b)
Bild 5.17: a) Aufschäumgrad des HMS-PP1 und des L-PP4, welches eine ähnlich große
gewichtsmittlere Molmasse wie das HMS-PP1 aufweist. b) Aufschäumgrad des HMS-PP2 im
Vergleich zum L-PP3, dessen gewichtsmittlere Molmasse in etwa der des HMS-PP2 entspricht.
Die Zellstrukturen der beiden HMS-PP und der dazugehörigen linearen Vergleichsprodukte
ähnlicher Molmasse sind in Bild 5.18 dargestellt. Bei dem Vergleich der Aufnahmen des L-
PP4 (Bild 5.18a) und des HMS-PP1 (Bild 5.18b) fällt zunächst der größere
Strangdurchmesser des HMS-PP auf, der aufgrund des nahezu gleichen Aufschäumgrades
der beiden Polypropylene nicht durch eine unterschiedlich starke Expansion der Stränge
erklärt werden kann. Die Ursache liegt vielmehr in der sehr hohen Strangaufweitung des
HMS-PP1 begründet. Wie Knör (2004) festgestellt hat, weist das HMS-PP1 eine wesentlich
größere Strangaufweitung als lineare Polypropylene auf, die vermutlich auf den Einfluss der
hochmolekularen Komponente zurückzuführen ist. Bei dem L-PP4 sind deutliche
Zellvereinigungen erkennbar, welche bei dem HMS-PP1 nicht so ausgeprägt vorhanden
sind. Die einzelnen Zellen des HMS-PP1 sind jedoch wesentlich größer als bei dem L-PP4.
Bei beiden PP ist der Anteil an unaufgeschäumter Polypropylenmatrix recht groß, was ein
Indiz für hohe Gasverluste ist.
Das HMS-PP2 (Bild 5.18d) besitzt einen deutlich kleineren Anteil an unaufgeschäumter
Polypropylenmatrix als das lineare Vergleichsprodukt L-PP3 (Bild 5.18c) und somit einen
geringeren Gasverlust wie auch bereits aus dem Vergleich der Aufschäumgrade in Bild
5.17b hervorgegangen ist. Die Zellstruktur des HMS-PP2 ist jedoch immer noch recht
inhomogen. Eine gleichmäßige homogene Zellstruktur wie bei dem LCB-PP1 (siehe Bild 5.3)
konnte von keinem der beiden HMS-PP erreicht werden. Dies liegt vermutlich an der
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
135
geringeren Dehnverfestigung der HMS-PP bei hohen Dehngeschwindigkeiten, worauf in
Kapitel 5.2.6 näher eingegangen wird.
Bild 5.18: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C
extrudierten Schaumstränge a) des L-PP4, b) des HMS-PP1, c) des L-PP3 und d) des HMS-PP2
Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Zellstrukturen der vier in Bild 5.18 abgebildeten
Polypropylene sind in Tabelle 5.2 aufgeführt. Anhand der Ergebnisse wird deutlich, dass sich
Zellgröße und Zelldichte der beiden HMS-PP im Vergleich zu den linearen
Vergleichsprodukten genau entgegengesetzt verhalten. Während das HMS-PP1 im
Vergleich zu dem L-PP4 einen größeren mittleren Zelldurchmesser und eine niedrigere
Zelldichte aufweist, besitzt das HMS-PP2 gegenüber dem L-PP3 eine geringere mittlere
Zellgröße und eine größere Zellenanzahl pro cm3 ungeschäumten Polymers. Der Vergleich
zwischen HMS-PP1 und L-PP4 deutet daraufhin, dass die Nukleierungsdichte des HMS-PP1
signifikant niedriger ist als die des L-PP4. Bei dem HMS-PP2 scheint dies im Vergleich zu
dem linearen PP ähnlicher Molmasse nicht der Fall zu sein. Die größere Zelldichte des HMS-
PP2 und der niedrigere Durchmesser im Vergleich zu dem L-PP3 lassen auf eine ähnlich
gute oder sogar bessere Nukleierungswirkung des HMS-PP schließen. Es könnte jedoch
auch sein, dass die Dehnverfestigung des HMS-PP2 gegenüber dem L-PP3 zu einer
Verringerung von Zellvereinigungen und Zellkollapsen während des Zellwachstumsprozess
geführt hat.
200µm
a b
200µm
200µm
c d
200µm
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
136
L-PP4 HMS-PP1 L-PP3 HMS-PP2
Mittlere Zelldurchmesser in µm 260 297 223 198
Zellenanzahl pro cm3 0,9 · 105 0,5 · 105 1,9 · 105 2,6 · 105
Tabelle 5.2: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 für L-PP4, HMS-PP1, L-PP3 und
HMS-PP2 (T0 = 200 °C, T = 160 °C)
Eine mögliche Ursache für die niedrigere Zelldichte des HMS-PP1 im Vergleich zum L-PP4
ist sicherlich der geringfügig niedrigere Druckabfall von 80 bar für das HMS-PP1 im
Vergleich zu 90 bar für das L-PP4. Ein ähnlich großer Unterschied in den Drücken wurde
allerdings auch für HMS-PP2 (112 bar) und L-PP3 (120 bar) gefunden. Es könnte jedoch
sein, dass sich die Unterschiede im Druckabfall zwischen dem linearen PP und dem HMS-
PP bei den beiden niedermolekularen Polypropylenen aufgrund der höheren
Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Schmelze stärker auf die Nukleierungsdichte
auswirken als bei den höhermolekularen. Weiterhin ist bisher nicht geklärt, welchen Einfluss
die deutlich höhere Strangaufweitung des HMS-PP1 im Vergleich zu dem HMS-PP2 auf die
Zellstruktur hat. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Strangaufweitung die Zellnukleierung
selbst beeinflusst, da diese weitestgehend vom Druckabfall in der Düse bestimmt wird, aber
eine Beeinflussung des Zellwachstums durch die stärkere Aufweitung des Stranges nach
dem Verlassen der Düse kann nicht ausgeschlossen werden.
Bezüglich der beiden HMS-PP lässt sich somit zusammenfassend feststellen, dass beide
Polypropylene gegenüber linearen Vergleichsprodukten ähnlicher Molmasse eine
Verbesserung des Aufschäumverhaltens hinsichtlich eines höheren Aufschäumgrades und
einer Verringerung von Zellzusammenschlüssen und -brüchen aufweisen, wobei der unter
den getesteten Bedingungen erreichte Aufschäumgrad deutlich niedriger und die Zellstruktur
deutlich inhomogener als bei dem ebenfalls kommerziellen hochschmelzefesten LCB-PP1
sind.
5.2.6 Korrelationen zwischen rheologischen Eigenschaften und dem
Verarbeitungsverhalten beim Schäumen mit chemischem Treibmittel
Im Folgenden soll versucht werden, Korrelationen zwischen dem rheologischen Verhalten
der Polypropylene insbesondere unter Dehnbeanspruchung und dem
Verarbeitungsverhalten beim Schäumen mit chemischem Treibmittel zu erarbeiten.
Grundvoraussetzung hierfür ist die Vergleichbarkeit der in den Schäumversuchen
auftretenden rheologischen Beanspruchungen der Polymerschmelze mit den Parametern der
durchgeführten rheologischen Tests. Die Scherbeanspruchung der gasbeladenen Schmelze
in der Düse der Laborschäumeinrichtung kann direkt anhand der vorgegebenen
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
137
Extrusionsgeschwindigkeit und des gemessenen Druckverlustes bestimmt werden. Der
Einfluss des Druckverlustes auf die Zellnukleierung wurde in den vorherigen Kapiteln bereits
ausführlich diskutiert, weshalb an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen werden soll.
Die Höhe der auftretenden Dehnbeanspruchung der Schmelze während der
Schaumextrusion ist hingegen unbekannt. Eine direkte Bestimmung der
Dehngeschwindigkeit und der Dehnung der Polymerschmelze in den Zellwänden z.B. durch
online-Videoanalyse der wachsenden Zellen beim Aufschäumen nach dem Verlassen der
Düse konnte nicht durchgeführt werden, da eine starke Trübung der Polypropylenschmelze
durch die Zersetzungsrückstände des chemischen Treibmittels auftrat. Aus Untersuchungen
anderer Autoren und aus Modellrechnungen ist jedoch bekannt, dass während des
Zellwachstumsprozesses eine biaxiale Dehnbeanspruchung der Polymerschmelze in den
Zellwänden auftritt, wobei sich die Dehngeschwindigkeit in Abhängigkeit der Zeit des
Zellwachstums ändert [z.B. Amon und Denson 1984, Joshi et al. 1988, Rahmesh et al. 1991,
Koopmanns et al. 2000, Park et al. 2005]. Zu Beginn des Zellwachstums steigt die
Dehngeschwindigkeit stark an, dann durchläuft sie ein Maximum, wird wieder langsamer und
erreicht schließlich zum Zeitpunkt der Zellstabilisierung den Wert Null [z.B. Rahmesh et al.
1991,]. Quantitative Angaben zur Höhe der auftretenden Dehngeschwindigkeiten und
Dehnungen während des Aufschäumvorganges sind in der Literatur kaum zu finden.
Gendron und Daigneault (2000) geben einen Bereich der bei der Schaumextrusion maximal
auftretenden Dehngeschwindigkeiten von 1 bis 5 s-1 und Hencky-Dehnungen von 3 bis 4 an.
Kropp (1999) führte eine Abschätzung der Zellwachstumsgeschwindigkeit anhand von
Photoaufnahmen der Zellstruktur als Funktion der Zeit an einer Schaumextrusionsanlage zur
Herstellung von Schaumfolien durch. Er stellte fest, dass unmittelbar am Werkzeugaustritt
die größte Dehngeschwindigkeit in der Zellwand von 9 s-1 auftrat und die
Dehngeschwindigkeit mit wachsendem Abstand von der Düse auf Werte kleiner 1 s-1
abnahm.
Zur Untersuchung des dehnrheologischen Verhaltens der Polypropylene wurden in dieser
Arbeit hauptsächlich uniaxiale Dehnexperimente durchgeführt. Wie jedoch in Kapitel 4.4.2
gezeigt werden konnte, besteht zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten in biaxialer und
uniaxialer Dehnung ein qualitativer Zusammenhang, weshalb zumindest qualitative
Korrelationen zwischen den Ergebnissen der uniaxialen Dehnexperimente und dem
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion angenommen werden können. Der
untersuchte Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s-1 und die maximale Hencky-
Dehnung von 3,7 gewährleisten eine Vergleichbarkeit mit den bei der Schaumextrusion
auftretenden Dehnbeanspruchungen. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der
Großteil der Schäumversuche bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C durchgeführt
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
138
wurde, während die Messung der dehnrheologischen Eigenschaften bei 180 °C erfolgte.
Demzufolge müssen die bei 180 °C ermittelten Dehnviskositätskurven nach dem Zeit-
Temperatur-Verschiebungsprinzip auf 160 °C verschoben werden50. Dabei verschiebt sich
jedoch nicht nur die Viskosität, sondern auch die Dehngeschwindigkeit. So entspricht z.B. für
das LCB-PP1 mit einer Aktivierungsenergie von 43 kJ/mol die Dehngeschwindigkeit von
10 s-1 bei 180 °C einer Dehngeschwindigkeit von 5,9 s-1 bei 160 °C. Dies zeigt, dass anhand
des gemessenen Dehngeschwindigkeitsbereichs bei 180 °C auch nach einer Zeit-
Temperatur-Verschiebung der Dehnkurven auf 160 °C eine gute Übereinstimmung zwischen
den Dehnbeanspruchungen in den rheologischen Experimenten und während des
Schäumprozesses vorhanden ist.
Diskussion der Ergebnisse der Blends aus linearem und langkettenverzweigtem PP
In den Schäumversuchen an den Blends aus linearem und langkettenverzweigtem PP (siehe
Kapitel 5.2.1 und 5.2.2) wurde festgestellt, dass bereits durch die Zugabe geringer Anteile
des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-PP1 im Bereich von 2 bis 25 Gew.-% zu den
linearen Polypropylenen L-PP1 und L-PP2 eine signifikante Erhöhung des
Aufschäumgrades, eine homogenere Zellstruktur sowie eine Verminderung von
Zellzusammenschlüssen bzw. -brüchen und des Anteils an offenen Zellwänden erreicht
werden kann.
Während sich das scherrheologische Verhalten der Blends bis zu einem Anteil von 25 Gew.-
% nicht sehr stark von dem der linearen Blendpartner unterscheidet (siehe Kapitel 4.2.2),
treten in den dehnrheologischen Eigenschaften schon bei geringen Anteilen an
langkettenverzweigtem PP in den Blends signifikante Unterschiede gegenüber dem linearen
Blendpartner auf (siehe Kapitel 4.3.2). Bereits für die Blends mit 5 und 10 Gew.-% LCB-PP
wurde eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten im Bereich
von 0,01 bis 1 s-1 festgestellt. Demgegenüber trat für die linearen Polypropylene im
gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich keine Dehnverfestigung auf. Mit
steigendem Anteil an LCB-PP in den Blends nimmt die Dehnverfestigung zu, und der
Dehngeschwindigkeitsbereich, in dem eine ausgeprägte Dehnverfestigung auftritt, vergrößert
sich zu höheren Dehnraten.
Die Dehnverfestigung führt zu einer Erhöhung der Schmelzefestigkeit, d.h. der maximalen
Dehnbeanspruchung, welche die Polymerschmelze unter den getesteten Bedingungen
aushalten kann, ohne zu versagen. Dies wird aus den Ergebnissen der Spannversuche in
uniaxialer Dehnung deutlich, da die gemessene Dehnviskosität aufgrund der konstanten
50 Aus der Literatur [z.B. Münstedt und Laun 1979, Hepperle 2002] ist bekannt, dass das Zeit-Temperatur-Verschiebungsprinzip sowohl für Scher- als auch für Dehnbeanspruchungen gilt, wobei die Fließaktivierungsenergie bei beiden Beanspruchungsarten gleich ist.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
139
Dehngeschwindigkeit nach der Gl. 4.18 proportional zur auftretenden Zugspannung ist,
welche wiederum ein Maß für die Höhe der Dehnbeanspruchung darstellt. Somit führt der
starke Anstieg der Dehnviskosität durch die einsetzende Dehnverfestigung zu einer
Zunahme der maximalen Dehnbeanspruchung, bei der es zu einem Versagen der Schmelze
kommt und demzufolge zu einer höheren Schmelzefestigkeit.
Darüber hinaus bewirkt die Dehnverfestigung eine Art Selbstheilungseffekt, wie anhand der
Verbesserung der Homogenität der Probendeformation in den uniaxialen Dehnexperimenten
mit zunehmender Dehnverfestigung gezeigt werden konnte (siehe Kapitel 4.3.3).
Demzufolge kann geschlussfolgert werden, dass die mit steigendem Anteil an LCB-PP1 in
den Blends zunehmende Dehnverfestigung und die Verbreiterung des
Dehnverfestigungsbereiches zu höheren Dehngeschwindigkeiten hin das Aufreißen von
Zellwänden während des Zellwachstums vermindern, da zum einen die Wahrscheinlichkeit,
dass die Festigkeit der Schmelze in den Zellwänden einer Zelle hoch genug ist, um den
maximalen Dehnbeanspruchungen während des Zellwachstums standzuhalten, ansteigt.
Zum anderen wirkt der durch die ausgeprägte Dehnverfestigung hervorgerufene
Selbstheilungseffekt einem Reißen der Zellwände aufgrund von lokalen Schwachstellen in
der Dicke der Zellwand entgegen. Durch die Verminderung des Aufreißens von Zellwänden
treten weniger Zellvereinigungen auf, und der Anteil an offenen bzw. miteinander
verbundenen Zellen wird geringer. Dies führt, wie bereits in den vorherigen Kapiteln erwähnt,
zu einer Verringerung der Gasverluste an die Umgebung und zu einer homogeneren
Zellstruktur.
Somit hängt die in den Schäumversuchen festgestellte Verbesserung des
Aufschäumverhaltens der linearen Polypropylene durch die Zugabe geringer Anteile an LCB-
PP1 mit dem veränderten dehnrheologischen Verhalten der Blends gegenüber dem linearen
Blendpartner aufgrund des Einflusses der Langkettenverzweigungen zusammen.
Ab einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP tritt, wie aus Bild 4.17 hervorgeht, auch bei der
höchsten gemessenen Dehngeschwindigkeit von 10 s-1 und somit im gesamten untersuchten
Dehngeschwindigkeitsbereich eine ausgeprägte Dehnverfestigung auf. Die Dehnverfestigung
nimmt jedoch mit steigendem Anteil an LCB-PP weiter zu. Dies führt zu einer weiteren
Verminderung des Aufreißens von Zellwänden und somit zu einer Zunahme des
Aufschäumgrades. Der Anstieg des Aufschäumgrades wird im Bereich von 25 bis 50 Gew.-
% jedoch immer geringer, was darauf hindeutet, dass bereits durch die Zugabe von 25 Gew.-
% LCB-PP die Dehnverfestigung in dem relevanten Dehngeschwindigkeitsbereich so groß
ist, dass ein Aufreißen der Zellwände größtenteils verhindert wird.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
140
Aus Bild 4.17 wird ersichtlich, dass die Dehnverfestigung mit zunehmendem Anteil an LCB-
PP auch bei mehr als 50 Gew.-% weiterhin stark ansteigt, insbesondere im Bereich hoher
Dehngeschwindigkeiten. In den Ergebnissen der Schäumversuche wurden jedoch zwischen
den Blends mit mehr als 50 Gew.-% LCB-PP1 und dem reinen LCB-PP1 nur noch
geringfügige Unterschiede festgestellt (siehe Kapitel 5.2.1 bzw. 5.2.2). Bereits die Schäume
der Blends mit 50 Gew.-% LCB-PP1 weisen einen ähnlich hohen Aufschäumgrad und eine
vergleichbar homogene Zellstruktur wie der langkettenverzweigte Blendpartner auf. Wie
bereits erwähnt, deutet dies darauf hin, dass bei einem Anteil von 50 Gew.-% LCB-PP eine
ausreichend hohe Dehnverfestigung im gesamten relevanten Dehngeschwindigkeitsbereich
erreicht wurde, um unter den getesteten Prozessbedingungen bei der Schaumherstellung ein
Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstums nahezu komplett zu unterdrücken und
ein optimales Aufschäumverhalten hinsichtlich der Höhe des Aufschäumgrades und der
Homogenität der Zellstruktur zu erzielen.
Eine genaue Quantifizierung der erforderlichen Dehnverfestigung ist aufgrund der
Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung nicht möglich. Die Ergebnisse der Blends
deuten jedoch darauf hin, dass zur Erzielung eines optimalen Aufschäumgrades eine stark
ausgeprägte Dehnverfestigung im gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich von
0,01 bis 10 s-1 erforderlich ist.
Diskussion der Ergebnisse der linearen PP unterschiedlicher Molmasse
Wie anhand der vier untersuchten linearen PP festgestellt wurde, kann eine Erhöhung des
Aufschäumgrades und eine Verbesserung der Homogenität der Schaumstruktur auch durch
die Variation der Molmasse der linearen Polypropylene erreicht werden (siehe Kapitel 5.2.3).
Ursache ist die mit zunehmender Molmasse der linearen PP ansteigende Viskosität, die
sowohl zu einem geringeren Diffusionskoeffizienten des Gases in der Schmelze als auch zu
einer höheren Schmelzefestigkeit führt. Dass die Schmelzefestigkeit der linearen
Polypropylene mit zunehmender Molmasse bzw. Viskosität ansteigt, wird aus Bild 5.19
deutlich, in dem die in den uniaxialen Dehnexperimenten bei einer konstanten
Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 ermittelte Zugspannung der vier linearen Polypropylene als
Funktion der Hencky-Dehnung aufgetragen ist. Die dargestellten Kurvenverläufe stimmen für
die Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 aufgrund der Gleichungen 4.17 und 4.18 direkt mit den
zeitabhängigen Dehnviskositätsverläufen überein. Da sich mit zunehmender
gewichtsmittlerer Molmasse der linearen Polypropylene die linear-viskoelastische
Anlaufkurve in Dehnung zu höheren Dehnviskositäten verschiebt, resultiert auch eine
analoge Verschiebung der in Bild 5.19 dargestellten Spannungs-Dehnungs-Kurven zu
höheren Spannungen. Bei allen vier untersuchten linearen PP tritt bei einer vergleichbaren
Hencky-Dehnung von etwa 2 ein starker Abfall der Spannung auf, der auf eine lokale
Einschnürung der Proben zurückzuführen ist, welche schließlich zu einem Reißen der Probe
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
141
führte. Die maximale Spannung ist somit ein Maß für die Festigkeit der Schmelze.
Demzufolge kann aus Bild 5.19 geschlussfolgert werden, dass mit steigender Molmasse der
vier untersuchten Polypropylene eine Zunahme der Schmelzefestigkeit einhergeht.
10-1 100103
104
105
L-PP4 (Mw = 250 kg/mol) L-PP1 (Mw = 458 kg/mol) L-PP3 (Mw = 669 kg/mol) L-PP2 (Mw = 860 kg/mol)
.ε0
T = 180°C= 1 s-1
Pa
σ (ε
H)
εH Bild 5.19: Verlauf der Zugspannung σ als Funktion der Hencky-Dehnung εH für die vier untersuchten
linearen Polypropylene bei einer Dehngeschwindigkeit von 1 s-1
Die mit der gewichtsmittleren Molmasse der linearen Polypropylene ansteigende
Schmelzefestigkeit vermindert das Aufreißen von Zellwänden während des Zellwachstums,
da die Schmelze in den Zellwänden höheren Dehnbeanspruchungen standhalten kann. Der
daraus resultierende geringere Anteil an offenen Zellwänden und miteinander verbundenen
Zellen führt zu einem geringeren Gasverlust und somit zu einem höheren Aufschäumgrad.
Aus Bild 5.20 geht hervor, dass die Abhängigkeit des Aufschäumgrades der extrudierten
Stränge der vier linearen PP von der maximalen Zugspannung in den uniaxialen
Dehnexperimenten bei der Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 in halblogarithmischer Darstellung
einer linearen Beziehung folgt. Demzufolge besteht zwischen dem Aufschäumgrad der
linearen Polypropylene und deren Schmelzefestigkeit ein annähernd logarithmischer
Zusammenhang, d.h., die Änderung des Aufschäumgrades wird mit zunehmender
Schmelzefestigkeit kontinuierlich geringer. Dies stimmt zumindest tendenziell mit den
Ergebnissen der Blends überein, bei denen der Anstieg des Aufschäumgrades mit
zunehmendem Anteil an LCB-PP und somit mit zunehmender Schmelzefestigkeit ebenfalls
kontinuierlich abnimmt (siehe Bild 5.9).
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
142
104 105
2
3
4
5
6
L-PP2L-PP3
L-PP1L-PP4
HMS-PP1
HMS-PP2LCB-PP2
LCB-PP1
L-PP LCB-PP HMS-PP lineare Anpassung (L-PP)
Auf
schä
umgr
ad (T
0=200
°C
; T=1
60°C
)
σmax (T=180°C, ε0=1s-1)
Pa
.
LCB-PP3
Bild 5.20: Abhängigkeit des Aufschäumgrades der bei T0 = 200 °C und T = 160 °C extrudierten
Schaumstränge der vier linearen PP, der drei LCB-PP und der beiden HMS-PP als Funktion der
anhand der uniaxialen Dehnexperimente bei einer Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 ermittelten
maximalen Zugspannung σmax in halblogarithmischer Darstellung
Aus den ebenfalls in Bild 5.20 dargestellten Ergebnissen der drei langkettenverzweigten
Polypropylene wird jedoch ersichtlich, dass der in den Schäumversuchen erreichbare
Aufschäumgrad nicht allein durch die Schmelzefestigkeit bestimmt wird51. Insbesondere das
LCB-PP3 weist einen deutlich höheren Aufschäumgrad auf, als anhand der vergleichsweise
niedrigen maximalen Zugspannung zu erwarten wäre. Darüber hinaus kann dem Vergleich
der Schaumstrukturen des LCB-PP3 mit dem L-PP3 in Bild 5.16 entnommen werden, dass
die Zellstruktur der Schaumstränge des LCB-PP3 deutlich homogener als die des L-PP3 ist,
obwohl das L-PP3 eine signifikant größere Schmelzefestigkeit besitzt. Grund für diese
Unterschiede ist der Einfluss der ausgeprägten Dehnverfestigung der langkettenverzweigten
Polypropylene auf das Schäumverhalten. Wie bereits erwähnt, führt die Dehnverfestigung
nicht nur zu einer Erhöhung der Schmelzefestigkeit, die zum Teil auch durch eine
Vergrößerung der Molmasse der linearen PP erreicht werden kann, sondern auch zu einer
homogeneren Deformation der Schmelze in den Zellwänden während des Zellwachstums.
Dies deutet an, dass die Hauptursache für das Aufreißen von Zellwänden während des
Aufschäumvorganges nicht in erster Linie eine Überschreitung der Festigkeit der Schmelze
in den Zellwänden durch eine zu starke Expansion der Zellen während des Zellwachstums
51 Für die Polypropylene, bei denen in den uniaxialen Dehnexperimenten bei der Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 bis zur maximal erreichbaren Hencky-Dehnung kein Versagen der Proben aufgetreten ist (dies war bei den LCB-PP1 bis 3 und bei dem HMS-PP1 der Fall), ist die maximale in den Dehnexperimenten aufgetretene Spannung kleiner als die tatsächliche Zugfestigkeit.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
143
ist. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Hauptursache für das
Zellwandreißen lokale Schwachstellen bzw. Inhomogenitäten in der Zellwand sind, die einen
lokalen Anstieg der Dehnbeanspruchung hervorrufen, der im Fall der linearen nicht
dehnverfestigenden Polypropylene zu einem Reißen der Schmelze führt. Demgegenüber
bewirkt die stärkere Dehnung in dem Bereich der lokalen Schwachstelle im Fall der
dehnverfestigenden Polypropylene eine Vergrößerung des Widerstandes gegen eine weitere
Deformation an dieser Stelle, wodurch die Inhomogenität ausheilt und ein Reißen der
Zellwand verhindert wird.
Diskussion der Ergebnisse der elektronenbestrahlten Polypropylene
Wie das Bild 4.19 in Kapitel 4.3.2 zeigt, weist das mit 5 kGy elektronenbestrahlte LCB-PP2
sowohl ähnlich hohe Dehnverfestigungsfaktoren als auch eine vergleichbare
Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung wie das Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% LCB-
PP1 auf, was auf den ähnlich großen Anteil an Langkettenverzweigungen der beiden
Polypropylene zurückgeführt werden kann. Wenn das Schäumverhalten der Polypropylene
und insbesondere der Aufschäumgrad weitestgehend durch die dehnrheologischen
Eigenschaften bestimmt wird, sollte für beide Produkte bei den gleichen
Schaumextrusionsbedingungen (T0 = 200 °C, T = 160 °C) ein ähnlicher Aufschäumgrad
resultieren. Dies ist mit 3,6 für das Blend und 3,3 für das LCB-PP2 auch annähernd der Fall,
insbesondere wenn die Streuung der Ergebnisse von etwa 10 % berücksichtigt wird.
Eine noch bessere Übereinstimmung wird erzielt, wenn man die Erhöhung des
Aufschäumgrades im Vergleich zu dem jeweiligen linearen Ausgangspolymer betrachtet.
Durch die Zugabe von 5 Gew.-% LCB-PP1 erhöht sich der Aufschäumgrad des L-PP2 um
den Faktor 1,15, während die Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit 5 kGy zu einer Erhöhung
des Aufschäumgrades um den Faktor 1,16 führt. Bezüglich der erreichbaren Zellstruktur
ergibt sich für beide Produkte eine im Vergleich zu dem jeweiligen linearen Polypropylen
ähnliche Tendenz hinsichtlich einer Verbesserung der Homogenität der Zellstruktur, einer
größeren Zelldichte und eines größeren Zelldurchmessers. Dies kann zum Teil auf den
Einfluss der Dehnverfestigung zurückgeführt werden, die das Auftreten von
Zellvereinigungen und -zusammenbrüchen während des Zellwachstum vermindert. Die
Schaumstruktur hängt jedoch auch sehr stark von dem Nukleierungsverhalten der
Polypropylene ab, welches sich durchaus signifikant unterscheiden kann, wie in den
vorhergehenden Kapiteln ausführlich beschrieben wurde.
Aus dem Vergleich der beiden Polypropylene kann geschlossen werden, dass sich durch die
Zugabe von 5 Gew.-% des langkettenverzweigten LCB-PP1 zu einem linearen PP eine
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
144
ähnliche Verbesserung des Aufschäumverhaltens erzielen lässt wie durch die
Elektronenbestrahlung mit 5 kGy.
Das mit 60 kGy bestrahlte LCB-PP3 weist, wie aus Bild 4.19 hervorgeht, eine nahezu
dehnratenunabhängige Dehnverfestigung, mit einem Dehnverfestigungsfaktor bei einer
Dehnung von 2,7 im Bereich von 2 bis 2,5 auf. Die Bestimmung des
Dehnverfestigungsfaktors bei einer Dehngeschwindigkeit von 10 s-1 ergab bei der Dehnung
2,7 einen Wert von 2,2, der ebenfalls in diesem Bereich liegt. Das LCB-PP3 besitzt
demzufolge in dem gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich eine signifikante,
etwa gleichgroße Dehnverfestigung, die jedoch insbesondere im Vergleich zu dem LCB-PP1
verhältnismäßig niedrig ausfällt (Bild 4.19). Aufgrund der geringen gewichtsmittleren
Molmasse des LCB-PP3, die aus der starken Abnahme der Molmasse während der
Elektronenbestrahlung resultiert, weist es trotz der ausgeprägten Dehnverfestigung eine
vergleichsweise geringe maximale Spannung in den Dehnexperimenten auf (Bild 5.20).
Wie aus Bild 5.20 entnommen werden kann, ist der Aufschäumgrad der bei T0 = 200 °C und
T = 160 °C extrudierten Schaumstränge bei dem mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 zwar
deutlich größer als bei dem linearen Ausgangsprodukt L-PP3, liegt aber signifikant unter dem
für das LCB-PP1 ermittelten Wert. Dies deutet darauf hin, dass die Dehnverfestigung und die
Schmelzefestigkeit des LCB-PP3 nicht groß genug sind, um unter den getesteten
Prozessbedingungen einen optimalen Aufschäumgrad zu erreichen. Hierbei muss jedoch die
signifikant niedrigere Molmasse des LCB-PP3 berücksichtigt werden, die zu einem höheren
Diffusionskoeffizienten des Gases in der Polymermatrix und somit zu höheren Gasverlusten
führt, was sicherlich auch einen Beitrag zu dem geringeren Aufschäumgrad des LCB-PP3 im
Vergleich zu dem LCB-PP1 liefert.
Somit kann festgestellt werden, dass durch die Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit 60 kGy
eine signifikante Erhöhung des Aufschäumgrades im Vergleich zu dem linearen
Ausgangsprodukt erreicht werden kann. Der Aufschäumgrad ist jedoch deutlich niedriger als
bei dem kommerziellen LCB-PP1, obwohl für beide Polypropylene in der molekularen
Analyse ein vergleichbarer Anteil an Langkettenverzweigungen festgestellt wurde. Mögliche
Ursachen hierfür sind die geringere gewichtsmittlere Molmasse und die deutlich niedrigeren
Dehnverfestigungsfaktoren des LCB-PP3 im Vergleich zu dem LCB-PP1.
Diskussion der Ergebnisse der HMS-PP
Die beiden untersuchten HSM-PP zeigen ebenfalls ein sehr stark ausgeprägtes
Dehnverfestigungsverhalten, allerdings nur bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten im Bereich
kleiner 1 s-1 (siehe Bild 4.20). Trotz der hohen Dehnverfestigung weisen die beiden HMS-PP,
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
145
wie im vorherigen Kapitel gezeigt, gegenüber linearem Polypropylen mit vergleichbarer
Molmasse nur eine geringe Zunahme des Aufschäumgrades auf, die im Fall des HMS-PP1
dem Faktor 1,07 und im Fall des HMS-PP2 dem Faktor 1,17 entspricht. Dies deutet darauf
hin, dass eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei Dehngeschwindigkeiten unterhalb 1 s-1
einen Einfluss auf das Aufschäumverhalten hat und zu einer gewissen Verminderung des
Aufreißens von Zellwänden im Vergleich zu linearem Polypropylen führt, was sich in einem
geringeren Gasverlust an die Umgebung und somit in einem größeren Aufschäumgrad
widerspiegelt. Die erreichbaren Aufschäumgrade sind jedoch deutlich niedriger als bei dem
LCB-PP1, welches im Gegensatz zu den beiden HMS-PP auch eine ausgeprägte
Dehnverfestigung im Bereich hoher Dehngeschwindigkeiten von 1 bis 10 s-1 aufweist. Somit
sind die niedrigen Aufschäumgrade der beiden HMS-PP unter den getesteten
Prozessbedingungen in erster Linie auf die fehlende Dehnverfestigung bei hohen
Dehngeschwindigkeiten zurückzuführen.
Eine mögliche Ursache, warum bei dem HMS-PP2 eine deutlich größere Erhöhung des
Aufschäumgrades gegenüber dem linearen Vergleichsprodukt erzielt wurde als bei dem
HMS-PP1, obwohl beide HMS-PP eine ähnlich stark ausgeprägte Dehnverfestigung und
auch eine vergleichbare Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung aufweisen (siehe
Kapitel 4.3.2), könnte zum einen an der niedrigeren maximalen Zugspannung des HMS-PP1
(siehe Bild 5.20) liegen. Zum anderen ist aufgrund der deutlich geringeren Viskosität des
HMS-PP1 im Vergleich zu dem HMS-PP2 die Diffusion des Gases aus dem Schaumstrang
an die Umgebung durch den höheren Diffusionskoeffizienten begünstigt. Die ausgeprägte
Dehnverfestigung bei niedrigen Dehnraten führt für beide HMS-PP zu einer Verminderung
des Aufreißens von Zellwänden und somit des Anteils an offenen bzw. verbundenen Zellen,
wodurch das Gas durch einen größeren Anteil an Polypropylen diffundieren muss, um in die
Umgebung entweichen zu können. Durch die höhere Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in
dem HMS-PP1 aufgrund der niedrigeren Schmelzeviskosität wirkt sich der längere
Diffusionsweg jedoch weniger stark auf die Gasverluste aus, und die erreichbare Zunahme
des Aufschäumgrades ist geringer.
5.2.7 Zusammenfassung
Aus den durchgeführten Schäumversuchen mit dem chemischen Treibmittel
Azodicarbonamid können zusammenfassend die folgenden Erkenntnisse abgeleitet werden. Blend aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen
- Bereits die Zugabe geringer Anteile des langkettenverzweigten LCB-PP1 zu linearem
Polypropylen führt zu einer signifikanten Erhöhung des Aufschäumgrades sowie zu einer
Verminderung von Zellzusammenschlüssen bzw. -brüchen und des Anteils an offenen
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
146
Zellwänden. Dies kann durch eine Verringerung des Aufreißen von Zellwänden durch die
ausgeprägte Dehnverfestigung der Blends insbesondere bei niedrigen Dehngeschwindig-
keiten erklärt werden kann.
- Ab einem Anteil an LCB-PP1 von etwa 50 Gew.-% weisen die Blends ein ähnlich gutes
Aufschäumverhalten hinsichtlich eines hohen Aufschäumgrades, einer homogenen
Zellstruktur und eines geringen Anteils an miteinander verbundenen Zellen wie das LCB-
PP1 auf, obwohl die Höhe der Dehnverfestigung mit wachsendem Anteil an LCB-PP1
weiter ansteigt. Dies lässt darauf schließen, dass zur Erzielung eines optimalen
Aufschäumverhaltens bei den untersuchten Prozessbedingungen eine bestimmte Höhe
der Dehnverfestigung ausreicht. Eine Abschätzung der erforderlichen Höhe der
Dehnverfestigung wird durch die Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung erschwert.
Aus den Ergebnissen der Blends kann jedoch geschlussfolgert werden, dass zur
Erzielung eines optimalen Aufschäumgrades eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung im
gesamten Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s-1 erforderlich ist.
- Das LCB-PP1 weist eine deutlich niedrigere Nukleierungsrate als die linearen
Blendpartner auf, was vermutlich auf ein Zusammenwirken mehrerer Einflussfaktoren wie
des geringeren Druckverlustes und der größeren Oberflächenspannung des LCB-PP
zurückzuführen ist. Die geringere Nukleierungsrate des LCB-PP1 führt bei der
Aufschmelztemperatur von 200 °C zu einer Zunahme der mittleren Zelldurchmesser mit
steigendem Anteil an LCB-PP, während die Zelldichte als Funktion des Anteils an LCB-PP
ein Maximum durchläuft. Das Maximum in der Zelldichte kann auf den kombinierten
Einfluss der aufgrund der Anteile an L-PP in den Blends gegenüber dem LCB-PP
erhöhten Nukleierungsrate und der aufgrund der ausgeprägten Dehnverfestigung der
Blends gegenüber dem L-PP verminderten Anzahl an Zellvereinigungen und -kollapsen
während des Zellwachstum zurückgeführt werden. Die Blendzusammensetzung, bei der
das Maximum auftritt, hängt aufgrund der für beide Blendreihen ähnlichen Änderung der
Dehnverfestigung mit dem Anteil an LCB-PP1 hauptsächlich von dem Unterschied in der
Nukleierungsrate der Blendpartner ab.
- Anhand der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 konnte gezeigt werden, dass durch die
Verringerung der Aufschmelztemperatur auf 180 °C eine signifikante Zunahme der
Zelldichte und eine deutliche Verringerung der Zellgröße erreicht werden kann. Dies ist
darauf zurückzuführen, dass sich das Azodicarbonamid bei der Aufschmelztemperatur
von 180 °C nicht komplett zersetzt und somit ein Teil des Azodicarbonamides als aktives
Nukleierungsmittel wirkt.
Lineare Polypropylene
- Die Schäumversuche an den vier untersuchten linearen PP haben gezeigt, dass bereits
durch die Erhöhung der gewichtsmittleren Molmasse von linearem PP ein Anstieg des
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
147
Aufschäumgrades erreicht werden kann. Ursache hierfür ist die mit zunehmender
Molmasse ansteigende Viskosität, die sowohl zu einem geringeren Diffusionskoeffizienten
des Gases in der Schmelze als auch zu einer höheren Schmelzefestigkeit führt. Wie ein
Vergleich mit den Ergebnissen der langkettenverzweigten Polypropylene veranschaulicht
hat, führt jedoch eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei vergleichbarer
Schmelzefestigkeit zu signifikant größeren Aufschäumgraden und zu einer deutlich
homogeneren Schaumstruktur. Dies kann durch die selbstheilende Wirkung der
Dehnverfestigung erklärt werden, da die durch die Dehnverfestigung hervorgerufene
starke Zunahme der Viskosität mit steigender Dehnung einem frühzeitigen Reißen der
Zellwände durch lokale Schwachstellen oder Inhomogenitäten entgegenwirkt. Ein solcher
Selbstheilungseffekt kann durch die Erhöhung der Schmelzefestigkeit von linearem PP
über die Vergrößerung der gewichtsmittleren Molmasse nicht erreicht werden, weshalb
die linearen Polypropylene trotz teilweise höherer Schmelzefestigkeit im Vergleich zu den
langkettenverzweigten Polypropylenen niedrigere Aufschäumgrade und inhomogenere
Schaumstrukturen aufweisen.
Elektronenbestrahlte Polypropylene
- Durch Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit einer Dosis von 5 kGy konnte bereits eine
signifikante Verbesserung des Schäumverhaltens des linearen Polypropylens hinsichtlich
eines höheren Aufschäumgrades und einer homogeneren Zellstruktur erreicht werden.
Ursache hierfür ist die ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen
Dehngeschwindigkeiten aufgrund der eingebrachten Langkettenverzweigungen.
- Eine Erhöhung der Bestrahlungsdosis auf 60 kGy führte zwar zu einer weiteren Zunahme
des Aufschäumgrades und einer homogeneren Zellstruktur, die bei dem kommerziellen
langkettenverzweigten LCB-PP1 erzielten Aufschäumgrade konnten jedoch trotz ähnlich
hohen Anteils an Langkettenverzweigungen nicht erreicht werden. Dies liegt zum einen an
der geringer ausgeprägten Dehnverfestigung und zum anderen an der deutlich
niedrigeren Molmasse des mit 60 kGy elektronenbestrahlten Polypropylens im Vergleich
zu dem LCB-PP1.
Hochschmelzefeste Polypropylene mit einer hochmolekularen Komponente
- Geringe Anteile einer hochmolekularen Komponente aus Polyethylen in einem linearen
Polypropylen führen ebenfalls zu einer Verbesserung des Aufschäumverhaltens linearer
Polypropylene hinsichtlich eines höheren Aufschäumgrades und einer gleichmäßigeren
Zellstruktur.
- Der Aufschäumgrad der beiden HMS-PP ist allerdings deutlich niedriger als der des LCB-
PP1, was darauf zurückzuführen ist, dass die beiden HMS-PP nur bei niedrigen
Dehngeschwindigkeiten ein ausgeprägtes Dehnverfestigungsverhalten aufweisen.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
148
5.3 Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel
Anhand der Herstellung von Polypropylenschäumen mit CO2 als physikalischem Treibmittel
wurde untersucht, inwiefern sich das Verarbeitungsverhalten der Polypropylene beim
Schäumen mit physikalischem Treibmittel von dem beim Schäumen mit chemischem
Treibmittel unterscheidet. Ziel war es insbesondere herauszuarbeiten, ob sich das
unterschiedliche dehnrheologische Verhalten der Polypropylene ähnlich stark auf das
Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung mit physikalischem Treibmittel auswirkt
wie mit chemischem Treibmittel. Für diese Untersuchungen wurden die Blends aus dem L-
PP1 und dem LCB-PP1 ausgewählt, da diese eine breite Variation im
Dehnverfestigungsverhalten zeigen. Anhand der beiden Blendpartner wurde zunächst der
Einfluss der Prozessparameter, in erster Linie der Extrusionstemperatur, auf die Herstellung
von Polypropylenschäumen mit physikalischem Treibmittel analysiert.
5.3.1 Voruntersuchungen zum Einfluss der Prozessparameter
Erste Voruntersuchungen haben gezeigt, dass es sowohl für das L-PP1 als auch für das
LCB-PP1 erforderlich ist, zur Herstellung von Schäumen mit physikalischem Treibmittel ein
Nukleierungsmittel hinzuzugeben. Die Nukleierungsrate der Polypropylene war ohne die
Zugabe eines Nukleierungsmittels so niedrig, dass nur sehr wenige Zellen gebildet wurden.
Da das ganze Gas in die wenigen nukleierten Zellen diffundiert ist, lagen die Zellgrößen der
extrudierten Schäume im Millimeterbereich. Im Fall des L-PP kam es sogar zu einem
vollständigen Zusammenbruch der Zellstruktur. Die Notwendigkeit der Zugabe von
Nukleierungsmitteln zur Herstellung von Polypropylenschäumen mit physikalischen
Treibmitteln wurde bereits von einigen Autoren in der Literatur beschrieben [z.B. Park et al.
1996, Heinz 2002, Spitael und Macosko 2004]52. Als gängiges Nukleierungsmittel für die
Schaumextrusion von Polypropylen mit physikalischem Treibmittel hat sich Talkum bewährt.
Die eingesetzten Talkumkonzentrationen liegen meist im Bereich von 0,1 bis 1 Gew.-% [z.B.
Heinz 2002, Naguib et al. 2002, Spitael und Macosko 2004]. Für die im Rahmen dieser
Arbeit durchgeführten Untersuchungen wurde eine Talkumkonzentration von 0,5 Gew.-%
verwendet53.
52An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass es auch möglich ist, Polypropylenschäume mit physikalischen Treibmitteln ohne die Zugabe von Nukleierungsmitteln herzustellen, wenn der Druckabfall an der Düse sehr groß ist (einige hundert bar) und der Druckabfall in sehr kurzer Zeit erfolgt [Park und Cheung 1997]. 53 Eine Beeinflussung der rheologischen Eigenschaften in Scherung und Dehnung durch einen Talkumanteil von 0,5 Gew.-% wurde weder für das L-PP1 noch das LCB-PP1 gefunden. Anhand der Druckabfälle während der Schaumextrusion wurde jedoch festgestellt, dass ähnlich wie beim Schäumen mit chemischem Treibmittel, die Zugabe von CO2 zu einer Viskositätserniedrigung führt. Untersuchungen von Wendel (2004) zeigten, dass die Viskositätserniedrigung durch 2 Gew.-% CO2 bei einer Extrusionstemperatur von 180 °C für die beiden Polypropylene L-PP1 und LCB-PP1 etwa gleich stark ausfällt. Sie liegt um 15 %.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
149
Aufgrund der ungenauen Dosierbarkeit der Treibmittelzugabe, die durch Abwiegen von
Trockeneis erfolgte (siehe Kapitel 5.1.3), und der nicht genau kalkulierbaren Gasverluste
beim Befüllen der Schäumapparatur ist es nicht möglich, die zugegebene Gaskonzentration
exakt zu bestimmen. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Ergebnissen der
Schäumversuche zu erhalten, wurde immer die gleiche Menge an Trockeneis zugegeben, so
dass unter der Annahme gleicher Gasverluste beim Befüllen von einer gleichen
Gaskonzentration bei den durchgeführten Versuchen von etwa 5 Gew.-% CO2 ausgegangen
werden kann54. Untersuchungen zur Reproduzierbarkeit der Schäumversuche mit CO2 als
Treibmittel haben gezeigt, dass sich die Aufschäumgrade zwischen drei unter identischen
Bedingungen durchgeführten Schäumversuchen im Rahmen der Messgenauigkeit nicht
voneinander unterscheiden [Wendel 2004] .
Zur Untersuchung des Einflusses der Extrusionstemperatur wurden Schäumversuche bei
180, 175, 170, 165 und 160 °C durchgeführt, wobei das Polypropylen zusammen mit dem
Trockeneis jeweils bei einer Temperatur von 180 °C in die Schäumapparatur eingefüllt wurde
und nach Ablauf der Aufschmelzzeit von 5 min in der Schäumapparatur auf die
entsprechende Extrusionstemperatur heruntergekühlt wurde. Die Schaumextrusion erfolgte
bei einer konstanten Extrusionsgeschwindigkeit von 1 mm/s, was einer scheinbaren
Schergeschwindigkeit von 730 s-1 entspricht. Der ermittelte Aufschäumgrad der extrudierten
Stränge der beiden Polypropylene ist in Bild 5.21 als Funktion der Extrusionstemperatur
dargestellt. Wie erwartet, bewirkt die Herabsetzung der Extrusionstemperatur aufgrund der
Zunahme der Schmelzeviskosität, der Verringerung des Diffusionskoeffizienten und der
Verkürzung der Zeit bis zum Erstarren der Schaumstruktur eine Zunahme des
Aufschäumgrades, die bei beiden PP ähnlich verläuft. Dies ist, wie bereits in Kapitel 5.2.1.1
diskutiert, auf die vergleichbare Änderung der Schmelzeviskosität mit der Temperatur
aufgrund der ähnlichen Aktivierungsenergien der beiden Polypropylene zurückzuführen. Das
LCB-PP1 besitzt im gesamten untersuchten Temperaturbereich einen größeren
Aufschäumgrad als das L-PP1, was darauf hindeutet, dass die ausgeprägte
Dehnverfestigung des LCB-PP1 auch beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel zu
einer Verringerung der Gasverluste an die Umgebung führt.
Es fällt jedoch auf, dass der Unterschied in den Aufschäumgraden der beiden Polypropylene
bei der niedrigsten Temperatur deutlich geringer ist als bei den anderen Temperaturen, wenn
54 Im Rahmen der Diplomarbeit von Wendel (2004) wurden Untersuchungen mit verschiedenen Treibmittelkonzentrationen durchgeführt. Dabei hat sich herausgestellt, dass bei 5 Gew.-% CO2 die höchsten Aufschäumgrade erzielt werden konnten. Bei Erhöhung des Treibmittelanteils auf 8 bzw. 10 Gew.-% nahm der Aufschäumgrad wieder ab, was vermutlich auf zu große Gasverluste bei der Befüllung der Schaumapparatur zurückzuführen ist.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
150
160 165 170 175 1800
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
g/cm3
°C
L-PP1 LCB-PP1
Auf
schä
umgr
ad (
)
Extrusionstemperatur
D = 730 s-1
Dic
hte
()
Bild 5.21: Aufschäumgrad und Dichte als Funktion der Extrusionstemperatur für L-PP1 und LCB-PP1
man die Streuung der Ergebnisse berücksichtigt55. Deutlicher wird dies bei einem Vergleich
der gemessenen Dichten, die ebenfalls in Bild 5.21 dargestellt sind. Während das LCB-PP
bei 180 °C eine wesentlich niedrigere Dichte als das L-PP aufweist, nähern sich die Dichte
mit abnehmender Temperatur immer weiter an, und bei der geringsten Temperatur sind sie
nahezu gleich groß. Die Änderung der Dichte mit der Temperatur ist bei dem linearen PP
deutlich ausgeprägter als bei dem LCB-PP1. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das LCB-
PP1 bereits bei der Ausgangstemperatur von 180 °C eine deutlich niedrigere Dichte als das
L-PP1 besitzt und somit die durch die Verringerung der Temperatur erreichbare
Dichtereduktion zumindest absolut geringer ausfällt.
Bei Betrachtung der Schaumstrukturen der beiden Polypropylene in Bild 5.22 bei den
Extrusionstemperaturen von 180 °C, 170 °C und 160 °C wird für das L-PP im Vergleich zum
LCB-PP eine wesentlich stärkere Abhängigkeit der Schaumstruktur von der Temperatur
erkennbar. Bei der Extrusionstemperatur von 180 °C zeigt das lineare L-PP1 (Bild 5.22a)
eine sehr inhomogene Zellstruktur, bei der insbesondere in der Strangmitte aufgrund der
großen Gasverluste fast keine Zellen vorhanden sind. Das LCB-PP1 (Bild 5.22b) hingegen
besitzt bereits bei dieser hohen Extrusionstemperatur eine gleichmäßige Zellstruktur.
55 Die Streuung im Aufschäumgrad bei den niedrigen Temperaturen ist aufgrund der geringen Dichte deutlich größer, da in diesem Dichtebereich (≤ 0,1 g/cm3) aufgrund der Berechnungsformel des Aufschäumgrades bereits geringe Schwankungen in der gemessenen Dichte zu großen Streuungen in den Aufschäumgraden führen.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
151
Bild 5.22: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei verschiedenen Extrusionstemperaturen (a,b: T =
180 °C; c,d: T= 170 °C; e,f: T = 160 °C) extrudierten Schaumstränge des L-PP1 (linke Spalte) und des
LCB-PP1 (rechte Spalte)
Die Verringerung der Extrusionstemperatur auf 170 °C führt bei dem L-PP (Bild 5.22c) zu
einem deutlich stärker aufgeschäumten Strang als bei 180 °C. Dies ist auf die verminderten
Gasverluste zurückzuführen. Die Zellstruktur ist aber immer noch sehr inhomogen, und es ist
eine Vielzahl von aufgerissenen Zellwänden und vereinigten Zellen zu erkennen. Durch eine
weitere Absenkung der Extrusionstemperatur auf 160 °C konnte jedoch bei dem linearen PP
(Bild 5.22e) eine ähnlich homogene Schaumstruktur wie bei dem langkettenverzweigten PP
(Bild 5.22f) erzielt werden.
Eine mögliche Erklärung für das ähnlich gute Aufschäumverhalten des L-PP1 im Vergleich
zu dem LCB-PP1 bei der Temperatur von 160 °C ergibt sich aus der Analyse des
a b
200µm200µm
c d
200µm
200µm
f
200µm
200µm
e
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
152
Druckabfalls56. Zwischen den Extrusionstemperaturen von 180 °C und 165 °C ändert sich
der Druckabfall für beide PP ähnlich. Für das lineare PP steigt der Druckabfall von 100 bar
bei 180 °C auf 125 bar bei 165 °C an und bei dem LCB-PP von 90 bar bei 180 °C auf 115
bar bei 165 °C. Bei Verringerung der Extrusionstemperatur von 165 °C auf 160 °C tritt bei
dem L-PP jedoch eine deutlich stärkere Zunahme des Druckabfalls von 125 auf 160 bar auf
als bei dem LCB-PP1, bei dem der Druckabfall lediglich von 115 auf 130 bar ansteigt.
Der deutlich stärkere Druckanstieg des L-PP1 im Vergleich zum LCB-PP1 bei Verringerung
der Extrusionstemperatur von 165 auf 160°C deutet auf eine starke Änderung der
Schmelzeviskosität hin, die allein durch die Temperaturabhängigkeit der Viskosität nicht zu
erklären ist. Grund für die starke Zunahme der Viskosität ist vermutlich die einsetzende
Kristallisation. Neben dem überproportionalen Druckanstieg zwischen 165 und 160 °C ist die
Verstopfung der Düse bei einer Reduktion der Temperatur auf 155 °C bei dem linearen PP
ein Indiz für die Gültigkeit dieser Vermutung. Demgegenüber war bei dem LCB-PP1 bei
155 °C noch eine Extrusion möglich. Dies ist überraschend, da das langkettenverzweigte
Polypropylen eine höhere Kristallisationstemperatur als das lineare PP aufweist57. Aufgrund
der deutlichen Differenz zwischen der Extrusionstemperatur und der
Kristallisationstemperatur der Polypropylene kann davon ausgegangen werden, dass eine
fließinduzierte Kristallisation stattfindet. Demzufolge könnte die höhere Scherbeanspruchung
des L-PP1 aufgrund der größeren Scherviskosität im Vergleich zum LCB-PP1 dafür
verantwortlich sein, dass die Kristallisation des L-PP bei einer höheren Extrusionstemperatur
als bei dem LCB-PP1 einsetzt58.
Unter der Annahme, dass bei der Schaumextrusion des L-PP1 bei 160 °C eine
Beeinflussung des Aufschäumverhaltens durch die einsetzende Kristallisation erfolgt, kann
der ähnlich hohe Aufschäumgrad des L-PP1 im Vergleich zum LCB-PP1 und die homogene
Zellstruktur des L-PP1 auf die Zunahme der Schmelzefestigkeit durch die kristallinen Anteile
56 Die Schaumextrusionsparameter der an der Laborschäumeinrichtung durchgeführten Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel können Anhang G entnommen werden. 57 Die Kristallisationstemperatur wird natürlich durch das zugegebene Nukleierungsmittel und das gelöste Treibmittel beeinflusst. Eigene Untersuchungen zum Einfluss des Nukleierungsmittel haben gezeigt, dass sich die Kristallisationstemperatur des L-PP1 von 110,2 °C (bei 10 K/min Abkühlrate) auf 121,0 °C erhöht während die des LCB-PP1 von 127,0 °C im Vergleich zum ungefüllten Material von 126,2 °C annähernd gleich bleibt. Aus Untersuchungen von Naguib et al. (2005) geht hervor, dass CO2 zu einer Verringerung der Kristallisationstemperatur von Polypropylen führt. Allerdings ist der Effekt bei linearen und langkettenverzweigten PP gleich stark ausgeprägt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Kristallisationstemperatur des talkum- und CO2-gefüllten LCB-PP1 etwa 6 °C höher als die des talkum- und CO2-gefüllten L-PP1 ist. 58 Der Grund warum beim Schäumen mit chemischem Treibmittel trotz gleicher Extrusionstemperatur von 160 °C kein Einfluss einer scherinduzierten Kristallisation auf die Schaumextrusion des L-PP1 festgestellt wurde (siehe Kapitel 5.2.1), liegt vermutlich hauptsächlich an der niedrigeren Extrusionsgeschwindigkeit von 0,5 mm/s und der demzufolge deutlich geringeren Scherbeanspruchung. Das unterschiedliche Treibmittel und die Zugabe von Talkum als Nukleierungsmittel sind weitere Einflussfaktoren, die eine Rolle spielen könnten.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
153
zurückgeführt werden. Welche Rolle eine fließinduzierte Kristallisation während der
Schaumextrusion auf das Aufschäumverhalten besitzt, ist weitgehend unbekannt. Naguib et
al. (2002) und (2004) untersuchten die Abhängigkeit des Aufschäumgrades von der
Extrusionstemperatur bei der Schaumextrusion von linearem und langkettenverzweigtem
Polypropylen mit dem physikalischen Treibmittel Butan. Sie stellten fest, dass der
Aufschäumgrad mit abnehmender Temperatur durch ein Maximum läuft. Die Autoren führen
dies darauf zurück, dass bei hohen Temperaturen die Gasverluste durch Diffusion
dominieren, wodurch der Aufschäumgrad mit abnehmender Temperatur ansteigt, während
das Aufschäumverhalten bei niedrigen Temperaturen von der einsetzenden Kristallisation
bestimmt wird, welche zu einer Verminderung der Expansionszeit und somit zu einer
Abnahme des Aufschäumgrades mit der Temperatur führt. Aus den ebenfalls dargestellten
Verläufen des Extrusionsdruckes mit der Temperatur wird deutlich, dass im Bereich niedriger
Temperaturen auch ein starker Druckanstieg auftritt, der auf eine scherinduzierte
Kristallisation hindeutet, auf die von den Autoren jedoch nicht eingegangen wird. Demzufolge
scheint das Aufschäumverhalten bei niedrigen Temperaturen nicht nur durch die kürzere
Abkühlzeit im Vergleich zu höheren Temperaturen, sondern auch durch eine scherinduzierte
Kristallisation in der Düse beeinflusst zu sein.
Bei dem Vergleich der angegebenen Druckverläufe als Funktion der Temperatur mit den
gemessenen Aufschäumgraden fällt auf, dass der starke Druckanstieg insbesondere bei
dem linearen Polypropylen zunächst zu einer signifikanten Erhöhung des Aufschäumgrades
führt, bevor der Aufschäumgrad stark abfällt. Dies lässt vermuten, dass es für lineare
Polypropylene einen engen Temperaturbereich gibt, in dem sich die einsetzende
scherinduzierte Kristallisation positiv auf das Aufschäumverhalten auswirkt. Wird dieser
Temperaturbereich unterschritten, führt die zunehmende Kristallisation jedoch zu einer
starken Abnahme des Aufschäumgrades oder wie im Fall der Untersuchungen an der
Laborschäumeinrichtung zu einer Verstopfung der Düse. Um diese Hypothese zu belegen,
wären jedoch weitere intensive Untersuchungen zum Einfluss einer scherinduzierten
Kristallisation auf das Schäumverhalten bei der Schaumextrusion erforderlich.
Aus den Untersuchungen kann zusammenfassend festgestellt werden, dass das
Schäumverhalten des linearen L-PP1 deutlich stärker von der Extrusionstemperatur
abhängig ist als dies bei dem langkettenverzweigten LCB-PP1 der Fall ist. Grund hierfür ist
die niedrige Schmelzefestigkeit des L-PP, wodurch es insbesondere bei den höheren
Temperaturen zu einem Aufreißen der Zellwände und somit zu einer sehr inhomogenen
Zellstruktur und einem hohen Gasverlust kommt. Bei der niedrigsten Extrusionstemperatur
von 160 °C weist das L-PP1 jedoch eine ähnlich homogene Zellstruktur und einen ähnlich
hohen Aufschäumgrad wie das LCB-PP1 auf. Dies ist vermutlich auf eine Erhöhung der
Schmelzefestigkeit des L-PP1 durch eine scherinduzierte Kristallisation zurückzuführen.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
154
5.3.2 Schäumversuche an den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
Aufgrund der Ergebnisse der Vorversuche in Kapitel 5.3.1 wurde für die Schäumversuche
der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ebenfalls 0,5 Gew.-% Talkum als Nukleierungsmittel
zugemischt und 5 Gew.-% Trockeneis als physikalisches Treibmittel hinzugegeben. Es
wurden Untersuchungen bei drei verschiedenen Extrusionstemperaturen von 180, 170 und
160 °C durchgeführt, wobei die Zugabe der Polypropylene in die Schäumapparatur jeweils
bei 180 °C erfolgte. Die Extrusionsgeschwindigkeit betrug 1 mm/s, was einer scheinbaren
Schergeschwindigkeit von 730 s-1 entspricht.
Im Bild 5.23 sind der Aufschäumgrad und die Dichte als Funktion des Gewichtsanteils an
LCB-PP1 für die drei untersuchten Extrusionstemperaturen dargestellt. Bei der höchsten
Extrusionstemperatur nimmt die Dichte mit steigendem Anteil an LCB-PP1 von 2 bis 50
Gew.-% stark ab. Zwischen den Blends mit 50 bzw. 75 Gew.-% und dem reinen LCB-PP1
sind nur geringe Unterschiede in der Dichte erkennbar. Dies korreliert mit den Ergebnissen,
die beim Schäumen mit chemischem Treibmittel gefunden wurden (siehe Kapitel 5.2.1). Die
zunehmende Dehnverfestigung mit steigendem Anteil an LCB-PP vermindert das Aufreißen
der Zellwände und somit den Gasverlust an die Umgebung. Bei 50 Gew.-% LCB-PP ist die
Dehnverfestigung ausreichend hoch, um einen ähnlich hohen Aufschäumgrad wie bei dem
reinen LCB-PP1 zu erzielen. Bei den beiden niedrigeren Extrusionstemperaturen tritt jedoch
ein deutlich anderer Verlauf der Dichte bzw. des Aufschäumgrad als Funktion des Anteils an
langkettenverzweigtem PP in den Blends auf. Bei beiden Extrusionstemperaturen ist ein
deutliches Maximum im Aufschäumgrad im Bereich von etwa 50 Gew.-% LCB-PP
vorhanden, welches bei der niedrigeren Temperatur noch etwas ausgeprägter ist.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
5
10
15
20
25
T = 160 °C T = 170 °C T = 180 °C
Aufs
chäu
mgr
ad
φLCB-PP1
D = 730 s-1a)
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
T = 180 °C T = 170 °C T = 160 °C
Dic
hte
φLCB-PP1
D = 730 s-1g/cm3
b)
Bild 5.23: Aufschäumgrad (a) und Dichte (b) als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der bei
drei verschiedenen Extrusionstemperaturen und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 730 s-1
extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 - Blends
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
155
Um die Ursache für das Maximum im Aufschäumgrad genauer analysieren zu können,
wurden bei der niedrigsten Extrusionstemperatur Aufnahmen der Zellstrukturen einiger
ausgewählter Blends mit dem Rasterelektronenmikroskop angefertigt und anschließend
hinsichtlich des mittleren Zelldurchmessers und der Zelldichte ausgewertet. Die REM-
Aufnahmen sind in Bild 5.24 dargestellt. Bei dem reinen L-PP1 (Bild 5.24a) ist eine deutliche
Variation der Zellgröße zwischen dem Rand des Stranges und der Mitte des Stranges
erkennbar. Ursache hierfür ist vermutlich der Temperaturgradient vom Äußeren zum Inneren
der Probe, wodurch die Zeit bis zum Einfrieren der Schaumstruktur im Zentrum des Stranges
länger dauert. Die Zellen im Zentrum des Stranges sind größer als am Rand, da es
vermutlich aufgrund der längeren Abkühlzeit zu Zellvereinigungen gekommen ist.
Bild 5.24: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C
extrudierten Schaumstränge a) des L-PP1, der Blends des L-PP1 mit b) 10 Gew.-%, c) 25 Gew.-%, d)
50 Gew.-%, e) 75 Gew.-% LCB-PP1 und f) des LCB-PP1
a b
200µm200µm
c d
200µm
200µm
f
200µm
200µm
e
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
156
Die Zellstruktur des Blends mit 10 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.24b) ist ebenfalls noch sehr
inhomogen. Demgegenüber weisen die Blends mit 25 Gew.-% und 50 Gew.-% LCB-PP1
(Bild 5.24c und d) eine gleichmäßigere Verteilung der Zellgrößen über den Querschnitt auf,
die Zelldurchmesser sind jedoch signifikant größer als bei dem reinen L-PP1. Letzteres liegt
an dem hohen Anteil an LCB-PP1, welches, wie aus (Bild 5.24f) hervorgeht, deutlich größere
Zellen als das L-PP besitzt.
Die homogenere Zellverteilung der Blends mit 25 und 50 Gew.-% LCB-PP1 im Vergleich zu
dem L-PP1 und den Blends mit geringeren Anteilen an LCB-PP1 lässt sich mit der größeren
Dehnverfestigung begründen, welche die Bildung von Zellvereinigungen verhindert. Somit
kann der Anstieg des Aufschäumgrades bis zu 50 Gew.-% LCB-PP1 vermutlich auf die
Verringerung von Zellzusammenschlüssen und eine gleichmäßigere Verteilung der Zellgröße
zurückgeführt werden.
Das Blend mit 75 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.24e) weist aufgrund des sehr großen Anteils an
langkettenverzweigtem PP erwartungsgemäß die größten Zellen der vier dargestellten
Blends auf. Die Zellgröße unterscheidet sich nur noch geringfügig von der des reinen LCB-
PP1. Außer den größeren Zelldurchmessern des Blends mit 75 Gew.-% LCB-PP1 und dem
reinen LCB-PP1 im Vergleich zum Blend mit 50 Gew.-% LCB-PP kann anhand der REM-
Aufnahmen keine weitere Ursache für die Abnahme des Aufschäumgrades von 50 bis 100
Gew.-% LCB-PP1 gefunden werden. Deshalb wird vermutet, dass der große
Zelldurchmesser im Zusammenspiel mit der hohen Dehnverfestigung zu der Verringerung
des Aufschäumgrades führt. Aufgrund der großen Zelldurchmesser ist die Dehnung der
Polymerschmelze in den Zellwänden sehr groß. Durch die starke Dehnverfestigung, die zu
einem starken Anstieg der Dehnviskosität und somit der Schmelzefestigkeit mit wachsender
Dehnung der Schmelze führt, ist die erforderliche Kraft, um ein weiteres Anwachsen der
Zelle zu ermöglichen, sehr hoch. Demzufolge reicht vermutlich der Gasdruck in den Zellen
für eine weitere Expansion nicht mehr aus. Der Grund, warum das Maximum im
Aufschäumgrad erst bei den niedrigen Extrusionstemperaturen aufgetreten ist, liegt
wahrscheinlich an den höheren Aufschäumgraden. Es ist leicht verständlich, dass sich die
Nachteile einer hohen Schmelzefestigkeit hinsichtlich der Behinderung der Expansion der
Zellen erst bei hohen Expansionsgraden bemerkbar machen.
Die schlechtere Zellnukleierung des LCB-PP1 im Vergleich zum L-PP1 wird auch in den
Ergebnissen der quantitativen Auswertung der Zellstrukturen in Bild 5.25 deutlich. Das LCB-
PP1 weist sowohl einen größeren mittleren Zelldurchmesser als auch eine niedrigere
Zelldichte als das L-PP1 auf. Der mittlere Zelldurchmesser der extrudierten Schaumstränge
nimmt mit dem Anteil an LCB-PP1 kontinuierlich zu, wobei der Anstieg immer geringer wird.
Die Zelldichte durchläuft ein Maximum im Bereich von 5 Gew.-% LCB-PP und nimmt ab
einem Anteil von 25 Gew.-% nahezu linear mit steigendem Anteil an LCB-PP1 ab. Die
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
157
höheren Zelldichten der Blends mit 2 bis 10 Gew.-% LCB-PP1 im Vergleich zu dem L-PP1
resultieren vermutlich aus der Verminderung der Abnahme der nukleierten Zellenanzahl
während des Aufschäumvorganges aufgrund von Zellzusammenschlüssen, die durch die
Dehnverfestigung der Blends hervorgerufen wird. Dadurch wird die geringere
Nukleierungsdichte der Blends aufgrund des negativen Einflusses der vorhandenen Anteile
an LCB-PP1 kompensiert. Allerdings deutet die starke Abnahme der Zelldichte zwischen
dem Maximalwert bei 5 Gew.-% bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% darauf hin, dass
zwischen den Blends mit geringen Anteilen an LCB-PP1 und den Blends mit hohen Anteilen
an LCB-PP1 ein signifikanter Unterschied in der Nukleierungsdichte vorliegen muss, der
nicht allein durch die Verschlechterung der Nukleierungsrate mit steigendem Anteil an LCB-
PP1 erklärbar ist.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
100
200
300
400
0,0
2,0x106
4,0x106
6,0x106
8,0x106
1,0x107
µm
Zelld
urch
mes
ser
()
φLCB-PP1
Zelle
nanz
ahl p
ro c
m3 (
)
T = 160 °CD = 730 s-1
Bild 5.25: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der
bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 - Blends
Die Ursache für die überproportionale Zunahme der Zelldichte bei Verringerung des Anteils
an LCB-PP1 von 25 Gew.-% auf 10 bzw. 5 Gew.-% ist vermutlich auf eine Beeinflussung des
Nukleierungsverhaltens der Blends mit Anteilen an LCB-PP1 kleiner als 25 Gew.-% LCB-
PP1 durch eine scherinduzierte Kristallisation zurückzuführen. Ein Indiz für diese Vermutung
ergibt sich anhand der Druckverluste. Während der Druckverlust von 130 bar bei dem LCB-
PP1 bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 auf 140 bar ansteigt, nimmt der
Druckabfall bei Verringerung des Anteils an LCB-PP auf 10 Gew.-% auf 150 bar zu. Diese
starke Zunahme des Druckabfalls kann alleine durch die geringfügig höhere Viskosität des
Blends mit 10 Gew.-% LCB-PP1 aufgrund des geringeren Anteils an LCB-PP1 nicht erklärt
werden, sondern deutet auf eine zusätzliche Erhöhung der Schmelzeviskosität durch
scherinduzierte Kristallisation hin. Welchen Einfluss eine scherinduzierte Kristallisation
neben der Erhöhung des Druckverlustes auf die Zellnukleierung hat ist nicht bekannt. Spitael
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
158
und Macosko (2004) zufolge führt eine frühzeitig einsetzende Kristallisation zu einer
Verringerung der Nukleierungsrate und somit zu einer geringeren Nukleierungsdichte , da die
kristallinen Bereiche weniger Gas aufnehmen können. Die Ergebnisse in Bild 5.25 deuten
jedoch eher an, dass die scherinduzierte Kristallisation zu einer höheren Nukleierungsdichte
führt. Ein möglicher Erklärungsansatz wäre, dass die während der kurzen
Scherbeanspruchung in der Düse gebildeten Kristallisationskeime so klein sind, dass sie wie
ein zusätzliches Nukleierungsmittel wirken.
5.3.3 Zusammenfassung
Die wesentlichen Ergebnisse der Schäumversuche mit CO2 als physikalischem Treibmittel
können wie folgt zusammengefasst werden:
- Das LCB-PP1 zeigt bei den Verarbeitungstemperaturen von 180 bis 165 °C aufgrund der
ausgeprägten Dehnverfestigung ein deutlich besseres Aufschäumverhalten im Vergleich
zu dem L-PP1. Dies äußert sich in einem höheren Aufschäumgrad, einer homogeneren
Zellstruktur und geringeren Anteilen an miteinander verbundenen Zellen. Das lineare
Polypropylen zeigt bei der niedrigsten Extrusionstemperatur eine ähnlich homogene
Zellstruktur und einen ähnlich hohen Aufschäumgrad wie das LCB-PP1. Grund für das
gute Aufschäumverhalten des linearen PP bei 160 °C ist vermutlich eine Erhöhung der
Schmelzefestigkeit des L-PP durch eine einsetzende scherinduzierte Kristallisation in der
Düse.
- Für die Blends wurde eine signifikante Zunahme des Aufschäumgrades mit steigendem
Anteil an LCB-PP bis zu 50 Gew.-% festgestellt, welche auf die Verminderung des
Aufreißens von Zellwänden durch die mit dem Anteil an LCB-PP zunehmende
Dehnverfestigung der Blends zurückgeführt werden kann. Während bei der
Extrusionstemperatur von 180 °C ähnlich wie in den Schäumversuchen mit chemischem
Treibmittel kein signifikanter Unterschied in den Aufschäumgraden der Blends mit mehr
als 50 Gew.-% LCB-PP und dem reinen LCB-PP festgestellt wurde, tritt bei den
Extrusionstemperaturen von 170 und 160 °C oberhalb von 50 Gew.-% LCB-PP1 eine
Abnahme des Aufschäumgrades mit steigendem Anteil an LCB-PP auf. Ursache hierfür
ist der große Widerstand der Schmelze in den Zellwänden gegen eine weitere Expansion
der Zelle aufgrund der großen Zelldurchmesser und der hohen Schmelzefestigkeit der
Blends mit hohen Anteilen an LCB-PP. Grund für die großen Zelldurchmesser ist der
starke Einfluss der niedrigen Nukleierungsrate des LCB-PP1. Aufgrund der mit dem Anteil
an LCB-PP steigenden Dehnverfestigung und der hohen Dehnung der Schmelze in den
Zellwänden der großen Zellen nimmt der Deformationswiderstand stark zu, so dass der
Gasdruck in den bereits stark aufgeschäumten Zellen nicht mehr ausreicht, um den hohen
Widerstand gegen eine weitere Expansion der Zelle zu überwinden.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
159
5.4 Schäumversuche an einer Technikumsanlage
Eine wichtige Frage für die Bewertung der an der Laborschäumeinrichtung ermittelten
Ergebnisse ist deren Übertragbarkeit auf Schaumextrusionsanlagen, wie sie in der
industriellen Praxis eingesetzt werden. Um dies zu überprüfen, wurden Schäumversuche an
einer Technikumsanlage der Firma Chisso Petrochemical Corporation in Chiba, Japan,
durchgeführt59. Im Folgenden sollen zunächst der Aufbau der Technikumsanlage und die
Vorgehensweise bei der Schaumextrusion vorgestellt werden.
5.4.1 Aufbau der Technikumsanlage und Vorgehensweise
Die verwendete Technikumsanlage besteht aus einem Tandem-Extruder mit einer Ringdüse
und einer Abzugseinheit. Sie wird für die Herstellung von geschäumten Folien bzw. Platten
eingesetzt, die häufig in einem anschließenden Thermoformprozess weiterverarbeitet
werden. Die Schaumextrusion erfolgte an einem Tandem Extruder der Fa. Giken Co. Ltd.
bestehend aus zwei Einschneckenextrudern60. In dem ersten Extruder wird das eingefüllte
Polymer aufgeschmolzen und homogenisiert. Unmittelbar vor dem Übergang der Schmelze
aus dem ersten in den zweiten Extruder erfolgt die Zugabe des Treibmittels. Als Treibmittel
wurde Butan verwendet 61, welches durch eine Einspritzeinheit direkt in den Zylinder des
Extruders eingespritzt wurde. Die Steuerung der zugegebenen Gasmenge erfolgte über eine
Gaspumpe. Der zweite Extruder dient der Vermischung des Treibmittels mit der
Polymerschmelze und der Abkühlung der Schmelze auf die gewünschte
Extrusionstemperatur. Für die Herstellung der Schaumfolien wurde eine Ringdüse
verwendet. Der innere Durchmesser der Ringdüse betrug 36 mm und als standardmäßige
Spaltbreite wurde 0,8 mm eingestellt. Unmittelbar nach Verlassen der Düse wird der
extrudierte Schlauch mit Hilfe eingeblasener Luft (61 °C) abgekühlt und gleichzeitig wird der
Innendurchmesser des Schlauches von 36 mm beim Verlassen der Düse auf den
Außendurchmesser des Kühldornes, der 110 mm beträgt, aufgeblasen. Der Kühldorn wird
mit Wasser gekühlt und dient der weiteren Senkung der Temperatur des Schaums und der
definierten Einstellung des inneren Schlauchdurchmessers. An der Unterseite des Kühldorns
befindet sich eine Schneidevorrichtung, mit welcher der Schlauch der Länge nach
aufgeschnitten wird. Anschließend wird der aufgeschnittene Schlauch flachgelegt und über
eine Abzugseinheit zum Wickler transportiert.
59 Die Untersuchungen an der Technikumsanalage der Firma Chisso Petrochemical Corporation erfolgten im Rahmen eines dreimonatigen Forschungsaufenthaltes an der Yamagata Universität in Japan. 60 Die genaueren Details des Tandem-Extruders (z.B. Schneckengeometrie, L/D-Verhältnis e.t.c.) sind Know-how der Firma Chisso Petrochemical Corporation. 61 Eine Umrüstung der Technikumsanlage für die Verwendung von CO2 als Treibmittel zur besseren Vergleichbarkeit mit den an der Laboreinrichtung durchgeführten Schäumversuchen wäre zu zeitaufwendig gewesen. Die Technikumsanalage stand nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung, da sie von der Firma für eigene Untersuchungen benötigt wurde.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
160
Für die Untersuchungen wurden das L-PP1 und das LCB-PP1 ausgewählt. Den
Polypropylenen wurden 0,5 Gew.-% Talkum als Nukleierungsmittel zugegeben. Die
Einarbeitung des Talkums erfolgte direkt während der Schaumextrusion. Zusätzlich wurden
Blends mit einem Anteil von 10 und 25 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 untersucht, wobei die
Blendkomponenten in einem Taumelmischer vorgemischt und anschließend direkt in die
Schaumextrusionsanlage eingefüllt wurden.
Für alle durchgeführten Versuche wurde die Aufschmelztemperatur mit 220 °C, der
Durchsatz mit 15 kg/h und die Gaskonzentration mit 7 Gew.-% konstant gehalten. Als
Düsenspalt wurden standardmäßig 0,8 mm eingestellt. Bei dem LCB-PP1 war jedoch eine
Verringerung des Düsenspaltes auf 0,2 mm erforderlich, um den gleichen Extrusionsdruck
wie bei dem L-PP1 und den Blends zu erreichen. Die Abzugsgeschwindigkeit wurde jeweils
so angepasst, dass eine stabile Fahrweise der Folienextrusion erreicht wurde. Aus den
extrudierten Schaumplatten wurden fünf Proben entnommen, deren Gewicht und
volumetrische Abmaße bestimmt wurden. Daraus wurden anschließend die Dichte und
schließlich der Aufschäumgrad errechnet. Die Analyse der Schaumstruktur erfolgte analog
der in Kapitel 5.1.4 beschriebenen Vorgehensweise.
5.4.2 Schäumversuche und Analyse der Schaumstruktur
Zunächst wurde durch Variation der Extrusionstemperatur ein geeignetes
Verarbeitungsfenster für die Herstellung der geschäumten Folien ermittelt. Hierfür wurde nur
das lineare L-PP1 verwendet, da dieses eine deutlich stärkere Abhängigkeit des
Schäumverhaltens von der Temperatur aufweist als das langkettenverzweigte LCB-PP1
(siehe Kapitel 5.3.1). Die Extrusionstemperatur wurde von anfänglich 182 °C zunächst auf
178 °C und schließlich auf 166 °C verringert. Sowohl bei 182 °C als auch bei 178 °C
konnten keine geschäumten Folien, sondern nur dünne Folien mit Löchern erzeugt werden.
Dies deutet darauf hin, dass die Schmelzefestigkeit des L-PP1 bei diesen Temperaturen zu
gering war, um ein Aufschäumen der Folien zu ermöglichen. Stattdessen kam es zu einem
Aufreißen der Zellwände und zur Bildung von Löchern, die durch die gesamte Folie reichen.
Durch die Verringerung der Extrusionstemperatur auf 166 °C konnte eine gleichmäßig
aufgeschäumte Folie hergestellt werden. Allerdings war die Fahrweise sehr instabil, und es
kam zu starken Druckschwankungen. Dies kann auf eine scherinduzierte Kristallisation im
Düsenbereich zurückgeführt werden, wodurch die Folienextrusion sehr instabil wird. Die
instabile Fahrweise hatte auch starke Dickenschwankungen der extrudierten Folien zur
Folge. Deshalb wurde in einem weiteren Versuch die Extrusionstemperatur auf 169 °C
erhöht. Bei dieser Temperatur traten keine Instabilitäten der Folienextrusion mehr auf, und
es konnten geschäumte Folien gleichmäßiger Dicke hergestellt werden.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
161
In Bild 5.26 sind die REM-Aufnahmen der Schaumstruktur der extrudierten Folien aus L-PP1
bei den beiden Extrusionstemperaturen von 166 °C (Bild 5.26a) und 169 °C (Bild 5.26b)
dargestellt. Bei der höheren Extrusionstemperatur sind deutlich aufgerissene Zellwände und
zusammengeschlossene Zellen erkennbar. Ein solches Aufreißen der Zellwände tritt bei der
niedrigeren Extrusionstemperatur nicht auf. Demzufolge scheint die Verringerung der
Extrusionstemperatur von 169 °C auf 166 °C zu einer deutlichen Steigerung der
Schmelzefestigkeit zu führen, wodurch das Aufreißen von Zellwänden verhindert wird. Dies
kann nicht allein durch einen Anstieg der Schmelzeviskosität aufgrund der
Temperaturerniedrigung erklärt werden, sondern ist vermutlich, ähnlich wie bei den an der
Laborschäumeinrichtung bei 160 °C mit CO2 als Treibmittel extrudierten Schäumen des L-
PP1, auf die scherinduzierte Kristallisation zurückzuführen. Die Verminderung des
Aufreißens von Zellwänden durch die höhere Schmelzefestigkeit wirkt sich
erwartungsgemäß auch auf den Aufschäumgrad aus, der sich von 2,6 bei 169 °C auf 5,1 bei
166 °C nahezu verdoppelt. Demzufolge deutet sich an, dass die scherinduzierte
Kristallisation zwar zu einer Erhöhung der Schmelzefestigkeit und somit zu einer
gleichmäßigeren Schaumstruktur und einem deutlich größeren Aufschäumgrad führt, aber
gleichzeitig starke Druckschwankungen und inhomogene Foliendicken hervorruft.
Bild 5.26: REM-Aufnahmen der Zellstruktur des L-PP1 extrudiert bei einer Extrusionstemperatur a)
von 166 °C und b) von 169 °C
Das langkettenverzweigte LCB-PP1 konnte bis zu einer Extrusionstemperatur von 162 °C zu
Schaumfolien gleichmäßiger Dicke ohne Druckschwankungen extrudiert werden.
Demzufolge reicht das Verarbeitungsfenster des LCB-PP1 bei der Schaumfolienextrusion an
der Technikumsanlage in ähnlicher Weise wie an der Laborschäumeinrichtung zu
niedrigeren Extrusionstemperaturen als das des L-PP1 (siehe Kapitel 5.3.1)62.
62 Die Verschiebung der unteren Grenze des Verarbeitungstemperaturfensters bei der Schaumfolienextrusion zu höheren Temperaturen im Vergleich zu der Extrusion an der Laborschäumeinrichtung ist vermutlich auf die stärkere Scherwirkung der Technikumsanlage zurückzuführen.
a b
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
162
Für den Vergleich des Verarbeitungsverhaltens bei der Schaumextrusion an der
Technikumsanlage zwischen dem L-PP1, dem LCB-PP1 sowie den Blends aus L-PP1 mit 10
und 25 Gew.-% LCB-PP wurde aufgrund der Ergebnisse des L-PP1 die
Extrusionstemperatur von 169 °C gewählt. Der ermittelte Aufschäumgrad der extrudierten
Schaumfolien ist in Bild 5.27 als Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt. Das LCB-PP
weist einen um mehrere Faktoren größeren Aufschäumgrad als das L-PP auf. Die
Schaumfolien der beiden Blends mit 10 und 25 Gew.-% LCB-PP1 besitzen zwar einen etwas
höheren Aufschäumgrad als das lineare PP, der Unterschied zu dem Aufschäumgrad des
langkettenverzweigten Blendpartners ist jedoch immer noch sehr groß.
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
2
4
6
8
10
12
Auf
schä
umgr
ad
φLCB-PP1
T = 169 °Cp = 41 bar
Bild 5.27: Aufschäumgrad der an der Technikumsanlage extrudierten Schaumfolien der Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1
Die Zellstrukturen der extrudierten Schaumfolien sind Bild 5.28 dargestellt. Die Zellstrukturen
der Blends mit 10 Gew.-% (Bild 5.28b) und 25 Gew.-% (Bild 5.28c) sehen sehr ähnlich aus.
Zellvereinigungen und aufgerissene Zellwände sind bei beiden Blends im Gegensatz zu dem
L-PP1 (Bild 5.28a) nicht zu erkennen. Wie erwartet ruft die höhere Schmelzefestigkeit der
Blends eine Verminderung der Zellkoaleszenz und der Bildung von miteinander verbundenen
Zellen hervor.
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
163
Bild 5.28: REM-Aufnahmen der Zellstruktur der extrudierten Schaumfolien a) des L-PP1, der Blends
des L-PP1 mit b) 10 Gew.-% und c) 25 Gew.-% LCB-PP1 und d) des LCB-PP1
Im Vergleich zu dem LCB-PP1 (Bild 5.28d) sind die Zellwände bei den beiden Blends
wesentlich dicker. Dies ist auf den geringeren Aufschäumgrad bzw. auf die größeren
Gasverluste der Blends im Vergleich zu dem LCB-PP1 zurückzuführen. Das LCB-PP1 weist
sehr große Zellen auf, die nur durch sehr dünne Zellwände voneinander getrennt sind. Trotz
der schmalen Zellwände und des hohen Expansionsgrad tritt jedoch kein Aufreißen der
Zellwände auf. Dies und die sehr gleichmäßige Dicke der Zellwände belegen einmal mehr
sehr anschaulich die vorteilhaften Auswirkungen der hohen Dehnverfestigung des LCB-PP1
auf die erzielbare Schaumstruktur.
Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Zellstruktur sind in Bild 5.29 dargestellt. Der
mittlere Zelldurchmesser der Folien unterscheidet sich für die vier untersuchten
Polypropylene nur minimal. Mit steigendem Anteil an LCB-PP1 wurde eine geringfügige
Zunahme der Zellgröße festgestellt.
a b
c d
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
164
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00,00
0,25
0,50
0,75
1,00
1,25
1,50
0,0
2,0x103
4,0x103
6,0x103
8,0x103
1,0x104
1,2x104
1,4x104
mm
Zelld
urch
mes
ser
()
φLCB-PP1
Zelle
nanz
ahl p
ro c
m3 (
)
T = 169 °Cp = 41 bar
Bild 5.29: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils von LCB-PP1 für
die an der Technikumsanlage extrudierten Schaumfolien
Wesentlich größere Unterschiede treten in der Zelldichte auf. Das LCB-PP1 weist eine mehr
als doppelt so hohe Zelldichte wie das L-PP1 auf. Die Zelldichten der beiden Blends mit 10
und 25 Gew.-% LCB-PP1 unterscheiden sich hingegen nicht sehr stark von der Zelldichte
des L-PP1. Die deutlich größere Zelldichte des LCB-PP1 trotz des vergleichbaren mittleren
Zelldurchmessers kann dadurch erklärt werden, dass aufgrund der verwendeten Definition
der Zelldichte als Anzahl der Zellen pro cm3 unaufgeschäumten Polymers der stärkere
Aufschäumgrad des LCB-PP1 mit berücksichtigt wird. Wenn man die REM-Aufnahmen in
Bild 5.28 betrachtet, wird deutlich, dass die etwa gleich großen Zellen der Polypropylene bei
dem LCB-PP von wesentlich dünneren Zellwänden und somit von deutlich weniger Material
umgeben sind. Demzufolge befindet sich in einem cm3 Schaum bei allen vier PP zwar eine
ähnlich hohe Anzahl an Schaumzellen, der Anteil an Polymermatrix ist jedoch bei dem LCB-
PP1 deutlich geringer, weshalb auch eine signifikant größere Anzahl an Zellen pro cm3
ungeschäumten Polymers resultiert. Es ist jedoch nur schwer möglich, aus den deutlichen
Unterschieden in der Zelldichte der beiden Blendpartner Aussagen zum
Nukleierungsverhalten abzuleiten, da nicht bekannt ist, wie groß der Anteil an Zellen ist, der
bei dem linearen PP während des Aufschäumens durch Zellzusammenschlüsse und
Zellkollaps verlorengegangen ist.
Ein Vergleich der Ergebnisse an der Technikumsanlage mit den Ergebnissen an der
Laborschäumanlage ist aufgrund der unterschiedlichen Treibmittel sowie der verschiedenen
Extrusionsverfahren und Prozessbedingungen nur bedingt möglich. Es zeigt sich jedoch
anhand der Untersuchungen an der Technikumsanlage, dass die Verwendung eines
langkettenverzweigten PP aufgrund der hohen Schmelzefestigkeit zu wesentlichen Vorteilen
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
165
bei der Schaumextrusion im Vergleich zu linearem PP hinsichtlich eines deutlich höheren
Aufschäumgrades, einer homogeneren Zellstruktur und weniger offenen bzw. miteinander
verbundenen Zellen führt. Widersprüchlich zu den Ergebnissen an der
Laborschäumeinrichtung sind jedoch die geringen Unterschiede im Aufschäumverhalten
zwischen dem L-PP1 und den Blends mit 10 Gew.-% bzw. 25 Gew.-% LCB-PP1 im
Vergleich zu dem sehr deutlichen Unterschied im Aufschäumverhalten der beiden
Blendpartner. Insbesondere für das Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1 war aufgrund der
Ergebnisse an der Laborschäumeinrichtung und der stark ausgeprägten Dehnverfestigung
ein deutlich besseres Aufschäumverhalten im Vergleich zu dem L-PP1 erwartet worden.
Mögliche Ursachen, warum die Zugabe von 25 Gew.-% LCB-PP1 zu dem linearen PP bei
den Schäumversuchen an der Technikumsanlage zu keiner signifikanten Verbesserung des
Aufschäumverhaltens geführt hat, könnten in einer höheren Dehngeschwindigkeit während
des Zellwachstums z.B. aufgrund der zusätzlichen Dehnbeanspruchung durch das Aufblasen
des extrudierten Schlauches liegen. Wie aus den Ergebnissen der dehnrheologischen
Untersuchungen in Kapitel 4.3 folgt, nimmt bei dem Blend mit 25 Gew.-% die
Dehnverfestigung in dem untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s1 mit
steigender Dehngeschwindigkeit ab, während dies bei dem LCB-PP1 nicht der Fall ist. Somit
würde sich eine Verschiebung des während der Schaumextrusion auftretenden
Dehngeschwindigkeitsbereich zu höheren Werten bei dem Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1
deutlich stärker auf das Aufschäumverhalten auswirken als bei dem reinen LCB-PP1.
Außerdem wurde festgestellt, dass sich die im Technikums des Lehrstuhls an dem
Doppelschneckenextruder hergestellten Blends von den an der
Schaumfolienextrusionsanlage hergestellten Blends hinsichtlich der Molmasse und der
rheologischen Eigenschaften unterscheiden. Dabei war der Unterschied bei dem Blend mit
25 Gew.-% LCB-PP1 deutlich stärker ausgeprägt als bei dem mit 10 Gew.-% LCB-PP1. Das
an der Schaumfolienextrusionsanlage hergestellte Blend mit 25 Gew.-% wies in der GPC-
Lichtstreuung eine gewichtsmittlere Molmasse auf, die deutlich unterhalb der Molmasse des
an dem Doppelschneckenextruder hergestellten Blends gleichen Anteils an LCB-PP1 lag. In
den dehnrheologischen Eigenschaften zeigte das in dem Tandemextruder gemischte Blend
mit 25 Gew.-% LCB-PP1 ebenfalls deutlich niedrigere Dehnverfestigungen als das mit dem
Doppelschneckenextruder hergestellte Vergleichsprodukt. Hierfür gibt es mehrere mögliche
Ursachen. Zum einen ist anzunehmen, dass die Mischwirkung des Tandemextruders und
somit die Verteilung der Blendkomponenten deutlich schlechter ist als an dem
Doppelschneckenextruder, da der Doppelschneckenextruder extra für die Herstellung von
Polymerblends konzipiert und mit entsprechenden Schnecken ausgerüstet ist, was bei dem
Tandemextruder nicht der Fall ist. Zum anderen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden,
5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene
166
dass ein Molmassenabbau aufgrund einer stärkeren thermisch-mechanischen
Beanspruchung des Materials in der Schaumfolienextrusionsanlage für die niedrigere
Molmasse der Blends mitverantwortlich ist. Während bei dem linearen PP keine Änderung
der Molmasse durch die Extrusion festgestellt wurde, weist das an der
Schaumfolienextrusionsanlage extrudierte LCB-PP1 eine um etwa 10 % niedrigere
gewichtsmittlere Molmasse im Vergleich zu dem Ausgangsprodukt auf.
5.4.3 Zusammenfassung
Die durchgeführten Untersuchungen an der Schaumfolienextrusionsanlage deuten an, dass
die an der Laborschäumeinrichtung ermittelten Ergebnisse zum Einfluss der molekularen
Struktur und der rheologischen Eigenschaften auf das Verarbeitungsverhalten bei der
Schaumextrusion nur grob qualitativ auf die Schaumfolienextrusionsanlage übertragbar sind.
Dies liegt an der Komplexität des Schäumprozesses und an der Vielzahl der
unterschiedlichen Einflussfaktoren. Die Untersuchungen an dem L-PP1 und dem LCB-PP1
haben jedoch gezeigt, dass die hohe Schmelzefestigkeit des LCB-PP auch an der
Technikumsanlage zu einem verbesserten Aufschäumverhalten hinsichtlich eines höheren
Aufschäumgrades, einer homogeneren Zellstruktur und eines geringeren Anteils an offenen
Zellen führt. Die Verbesserung des Aufschäumverhaltens des L-PP1 im Vergleich zu dem
LCB-PP1 bereits durch die Zugabe von geringen Anteilen an langkettenverzweigtem
Polypropylen ist jedoch nicht so stark ausgeprägt, wie anhand der Ergebnisse an der
Laborschäumeinrichtung erwartet werden konnte.
6 Zusammenfassung und Ausblick
167
6 Zusammenfassung und Ausblick
In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das
Schäumverhalten von Polypropylenen (PP) unterschiedlicher molekularer Struktur
untersucht. Es wurden vier lineare Polypropylene (L-PP) unterschiedlicher Molmasse, ein
kommerzielles langkettenverzweigtes Polypropylen (LCB-PP), zwei weitere kommerzielle
hochschmelzefeste Polypropylene (HMS-PP) mit einem geringen Anteil einer
hochmolekularen Komponente aus Polyethylen sowie zwei durch Elektronenbestrahlung
eines linearen Polypropylens mit unterschiedlicher Dosis von 5 und 60 kGy erzeugte
langkettenverzweigte Laborprodukte verwendet. Zur weiteren Variation der molekularen
Struktur wurden Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen mit einem
Doppelschneckenextruder hergestellt.
Die Analyse der molekularen Struktur der Polypropylene mittels Hochtemperatur-
Gelpermeationschromatographie mit gekoppelter Lichtstreuung ermöglichte die Bestimmung
der absoluten gewichtsmittleren Molmassen der linearen und langkettenverzweigten
Polypropylene und eine Abschätzung des Anteils an Langkettenverzweigungen.
Zur Charakterisierung der rheologischen Eigenschaften der Polypropylene wurden
umfangreiche Untersuchungen in Scher- und Dehnströmungen durchgeführt. Ein
Schwerpunkt lag dabei in der Bestimmung des Dehnverfestigungsverhalten in uniaxialen
Dehnexperimenten. Wie anhand eines Vergleiches der Ergebnisse in uniaxialer und
äquibiaxialer Dehnbeanspruchung an einem linearen und einem langkettenverzweigten
Polypropylen gezeigt werden konnte, besteht zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten in
uniaxialer und biaxialer Dehnung ein qualitativer Zusammenhang. Dies ist von
entscheidender Bedeutung, um Korrelationen zwischen den Ergebnissen der uniaxialen
Dehnexperimente und dem Verarbeitungsverhalten bei der Schaumextrusion ableiten zu
können, da während des Zellwachstums eine biaxiale Dehnbeanspruchung der
Polymerschmelze auftritt.
Zur Untersuchung des Verarbeitungsverhaltens der Polypropylene bei der Schaumextrusion
wurde ein Kapillarrheometer in eine Schäumapparatur umgebaut, mit der Schäume sowohl
mit chemischem als auch mit physikalischem Treibmittel hergestellt werden können.
Ergebnisse der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel
In Schäumversuchen mit dem chemischen Treibmittel Azodicarbonamid konnte durch
Variation der Molmasse von linearem PP eine Erhöhung des Aufschäumgrades erreicht
werden. Die Zunahme der gewichtsmittleren Molmasse der linearen Polypropylene führt zu
einem Anstieg der maximalen Spannungen, welche die Polymerschmelze in den uniaxialen
Dehnexperimenten aufnehmen kann, ohne zu versagen, und somit zu einer höheren
Schmelzefestigkeit. Diese wiederum vermindert ein Aufreißen der Zellwände während des
6 Zusammenfassung und Ausblick
168
Schäumens, woraus ein größerer Aufschäumgrad resultiert. Die erreichbare Höhe des
Aufschäumgrades durch Variation der Molmasse linearer PP ist jedoch deutlich kleiner als
die Aufschäumgrade der untersuchten langkettenverzweigten PP, obwohl letztere teilweise
niedrigere Schmelzefestigkeiten aufweisen. Dies kann auf die ausgeprägte Dehnverfestigung
der langkettenverzweigten PP zurückgeführt werden, die zu einem ausgleichenden Effekt bei
eventuell auftretenden Inhomogenitäten in der Zellwand durch die starke
Viskositätserhöhung an dieser Stelle aufgrund der lokal höheren Dehnung der Schmelze
führt. Dadurch verhindert die Dehnverfestigung ein frühzeitiges Aufreißen der Zellwände
aufgrund lokaler Schwachstellen und bewirkt eine homogenere Deformation der Zellen.
Durch die Zugabe von 5 Gew.-% des kommerziellen langkettenverzweigten PP zu einem
linearen PP und durch die Elektronenbestrahlung eines linearen PP mit 5 kGy konnten
bereits eine signifikante Erhöhung des Aufschäumgrades sowie eine homogenere
Zellstruktur erreicht werden. Dies liegt daran, dass in beiden Fällen ein etwa gleich großer
Anteil an Langkettenverzweigungen vorliegt, der sich zwar in seiner Verzweigungs-
topographie unterscheidet, aber zu einer ähnlich stark ausgeprägten Dehnverfestigung führt.
Dieses Ergebnis zeigt, dass das Aufschäumverhalten von Polypropylen nicht in erster Linie
von der molekularen Struktur, sondern von den aufgrund der molekularen Struktur
resultierenden rheologischen Eigenschaften unter Dehnbeanspruchung abhängig ist.
Gleiches bestätigt sich anhand des Vergleiches des kommerziellen LCB-PP mit dem mit 60
kGy bestrahlten PP. Für beide Polypropylene wurden in der Analyse der molekularen
Struktur keine Unterschiede im Anteil an Langkettenverzweigungen festgestellt. Die unter
vergleichbaren Bedingungen hergestellten Schaumstränge des mit 60 kGy bestrahlten LCB-
PP weisen jedoch einen deutlich niedrigeren Aufschäumgrad als die des kommerziellen
LCB-PP auf. Dies kann zum einen auf die niedrigere Viskosität aufgrund der starken
Abnahme der Molmasse durch die Elektronenbestrahlung und zum anderen auf die
geringere Dehnverfestigung des elektronenbestrahlten Polypropylens zurückgeführt werden.
Mit zunehmendem Anteil an LCB-PP in Blends aus linearem und langkettenverzweigtem PP
von 2 bis 50 Gew.-% wird der Anteil an Zellzusammenschlüssen und -brüchen sowie offenen
Zellwänden aufgrund der anwachsenden Dehnverfestigung vermindert. Dadurch steigt der
Aufschäumgrad an und die Zellstruktur wird homogener. Die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-
PP zu linearem PP bewirkt ein ähnliches Aufschäumverhalten wie bei dem reinen LCB-PP,
obwohl die Dehnverfestigung mit zunehmendem Anteil an LCB-PP weiter ansteigt. Dies
deutet darauf hin, dass die Dehnverfestigung der Blends mit 50 Gew.-% LCB-PP bereits
ausreichend ist, um unter den getesteten Prozessbedingungen einen optimalen
Aufschäumgrad zu erzielen.
6 Zusammenfassung und Ausblick
169
Die beiden HMS-PP mit einem geringen Anteil an einer hochmolekularen
Polyethylenkomponente weisen im Vergleich zu linearem Polypropylen vergleichbarer
Molmasse einen höheren Aufschäumgrad und eine homogenere Zellstruktur auf. Die
Verbesserung des Aufschäumverhaltens im Vergleich zu den linearen Polypropylenen ist
jedoch deutlich geringer ausgeprägt als bei dem kommerziellen LCB-PP. Dieser Befund
kann dadurch erklärt werden, dass die beiden HMS-PP eine signifikante Dehnverfestigung
nur im Bereich kleiner Dehngeschwindigkeiten von 0,01 bis 1 s-1 aufweisen, während das
LCB-PP auch bei hohen Dehnraten von 1 bis 10 s-1 eine starke Dehnverfestigung besitzt. Zur
Erzielung eines optimalen Aufschäumverhaltens unter den gestesteten Prozessbedingungen
ist demzufolge eine ausgeprägte Dehnverfestigung im gesamten untersuchten
Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s-1 erforderlich.
Ergebnisse der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel
Anhand von Untersuchungen an den Blends aus linearem und langkettenverzweigtem
Polypropylen wurde überprüft, ob die beim Schäumen mit chemischem Treibmittel
gefundenen Zusammenhänge zwischen den rheologischen Eigenschaften und dem
Aufschäumverhalten auch auf das Schäumen mit physikalischem Treibmittel übertragbar
sind. Hierzu wurden Versuche an der Schäumapparatur mit CO2 als Treibmittel und Talkum
als Nukleierungsmittel durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass der Unterschied im
Aufschäumverhalten des linearen und des langkettenverzweigten Blendpartners bei der
niedrigsten Extrusionstemperatur wesentlich geringer ist als bei den höheren
Extrusionstemperaturen. Ursache ist vermutlich eine Beeinflussung des
Aufschäumverhaltens des linearen PP durch eine scherinduzierte Kristallisation in der Düse.
Die ansteigende Dehnverfestigung der Blends mit zunehmendem Anteil an LCB-PP führt
jedoch, ähnlich wie beim Schäumen mit chemischem Treibmittel, zu einer signifikanten
Erhöhung des Aufschäumgrades im Vergleich zu dem linearen PP. Bei niedrigen
Extrusionstemperaturen nimmt der Aufschäumgrad oberhalb von 50 Gew.-% LCB-PP
hingegen wieder ab. Dies kann auf den Einfluss der gegenüber linearem PP niedrigeren
Nukleierungsrate des LCB-PP im Zusammenspiel mit der hohen Dehnverfestigung des LCB-
PP zurückgeführt werden. Durch die niedrige Nukleierungsrate des LCB-PP im Vergleich zu
dem L-PP werden nur wenige große Zellen gebildet. Die daraus resultierende starke
Dehnung der Schmelze in den Zellwänden führt aufgrund der ausgeprägten
Dehnverfestigung des LCB-PP zu einer starken Zunahme der Dehnviskosität und somit zu
einem hohen Deformationswiderstand. Demzufolge reicht der niedrige Gasdruck in den
Zellen aufgrund der großen Durchmesser nicht aus, um eine weitere Expansion der Zellen
zu ermöglichen.
6 Zusammenfassung und Ausblick
170
Schäumversuche an einer Technikumsanlage Schließlich wurden Untersuchungen an einer Schaumfolienextrusionsanlage im
Technikumsmaßstab mit Butan als physikalischem Treibmittel und Talkum als
Nukleierungsmittel durchgeführt. Das kommerzielle LCB-PP wies gegenüber linearem
Polypropylen einen deutlich höheren Aufschäumgrad, einen geringeren Anteil an offenen
Zellwänden und Zellvereinigungen sowie eine gleichmäßigere Zellstruktur auf. Versuche an
Blends aus dem linearen Polypropylen mit 10 und 25 Gew.-% LCB-PP zeigten zwar eine
geringfügige Erhöhung des Aufschäumgrades mit steigendem Anteil an LCB-PP, der
Unterschied zu dem langkettenverzweigten Blendpartner war jedoch deutlich größer als bei
den Untersuchungen an der Laborschäumeinrichtung. Hauptursachen neben den
unterschiedlichen Prozessbedingungen bei der Schaumextrusion sind vermutlich eine
schlechte Durchmischung der Blendpartner oder ein molekularer Abbau der
Polypropylenblends in der Technikumsanlage.
Ein Vergleich der Ergebnisse der Schäumversuche an den Blends aus linearem und
langkettenverzweigtem Polypropylen an der Laborschäumeinrichtung mit chemischem und
physikalischem Treibmittel untereinander sowie mit den Schäumversuchen an der
Technikumsanlage zeigt, dass sich die unterschiedlichen molekularen Strukturen und die
daraus resultierenden rheologischen Eigenschaften je nach den gewählten
Prozessbedingungen unterschiedlich auf das Schäumverhalten in der Schaumextrusion
auswirken können. Trotzdem kann aus den Ergebnissen geschlussfolgert werden, dass
durch gezielte Anpassung der molekularen Struktur und der rheologischen Eigenschaften,
insbesondere des dehnverfestigenden Verhaltens, eine Optimierung des
Verarbeitungsverhaltens von Polypropylenen bei der Schaumextrusion erzielt werden kann.
Ausblick Aufgrund der Komplexität der bei der Schaumextrusion stattfindenden Vorgänge ist eine
Beschreibung oder Vorhersage des Verarbeitungsverhaltens in Abhängigkeit der
verschiedenen Material- und Prozessparameter nur über komplizierte Modelle möglich. Die
Ergebnisse dieser Arbeit stellen eine interessante Basis für die Verifizierung solcher Modelle
dar, da an den untersuchten Produkten sowohl eine umfangreiche molekulare und
rheologische Charakterisierung als auch eine ausführliche Analyse des Schäumverhaltens
mit chemischem und physikalischem Treibmittel durchgeführt wurde. Vergleichbare
Untersuchungen dieses Umfangs sind für PP bisher aus der Literatur nicht bekannt.
Der Einfluss der scherinduzierten Kristallisation auf das Aufschäumverhalten sollte intensiver
untersucht werden, da sich in den Ergebnissen der Schäumversuche mit physikalischem
Treibmittel angedeutet hat, dass eine einsetzende scherinduzierte Kristallisation bei linearem
Polypropylen zu einer Verminderung des Aufreißens von Zellwänden führt.
7 Summary
171
7 Summary The influence of rheological properties on the foaming behavior of polypropylenes with
different molecular structures was investigated. Four linear polypropylenes (L-PP) with
different mass-average molar masses, a commercial long-chain branched polypropylene
(LCB-PP), two commercial high melt strength polypropylenes (HMS-PP) containing a small
amount of a high molar mass component of polyethylene as well as two long-chain branched
laboratory samples, which were obtained by electron beam irradiation of a linear
polypropylene with two different doses of 5 and 60 kGy, were used. In order to increase the
variety of molecular structures, blends of a linear and a long-chain branched polypropylene
were prepared.
The molecular structure of the polypropylenes was analyzed by high temperature size-
exclusion chromatography coupled with a light scattering detector. This setup allows the
determination of absolute mass-average molar masses of linear and long-chain branched
polypropylenes and an estimation of the amount of long-chain branching.
For characterization of rheological properties of the polypropylenes measurements in shear
and elongational flow were performed. The focus was laid on the determination of the strain-
hardening behavior in uniaxial elongation. It could be shown, that for linear and long-chain
branched polypropylenes a qualitative correlation between the strain hardening in uniaxial
and biaxial elongation exists. This allows a discussion of the foaming process with
predominantly biaxial deformation using the results of the rheological characterization in
uniaxial flow.
To analyze the foaming behavior a laboratory scale foaming apparatus based on a capillary
rheometer was constructed. With this foaming apparatus it is possible to produce foams with
chemical as well as with physical blowing agents.
Results of the foaming experiments with a chemical blowing agent
In foaming tests with azodicarbonamide as chemical blowing agent a significant increase of
the expansion ratio was achieved with growing molar mass of the linear polypropylenes. It
was found that with higher molar mass of the linear polypropylenes the melt strength, i.e. the
stress at which the elongated samples reach their maximum before they break increases.
The higher the melt strength, the larger are the stresses the cell walls can withstand before
they rupture. The rupture of cell walls during the expansion of the foam does not only cause
cell coalescence and open cells but supports the gas loss to the environment. However, the
expansion ratio achievable by increasing the molar mass of linear polypropylenes is much
lower than the expansion ratio of the long-chain branched polypropylenes investigated,
although some of the LCB-PP possess a lower melt strength. This finding can be referred to
the influence of the pronounced strain hardening of the long-chain branched polypropylenes,
7 Summary
172
which leads to a more uniform deformation of the polymer melt under elongational loads.
Nonuniform deformations which can cause a rupture of cell walls already at low stresses are
reduced by the strain-hardening effect. Therefore, the rupture of cell walls is shifted to higher
degrees of expansion.
The addition of 5 wt.% of the commercial LCB-PP to a linear PP as well as the electron beam
irradiation of a linear PP with 5 kGy lead already to a significant increase of the expansion
ratio and to a more homogeneous cellular structure. Both polypropylenes show significant
differences in their branching topography but a comparable strain-hardening behavior in
elongational flow leading to a comparable increase of the expansion ratio in comparison to
their linear equivalents. Thus, from the results of these two products it can be supposed that
the foaming behavior is decisively determined by the elongational behavior independently of
the molecular structure.
From the molecular analysis of the commercial LCB-PP and the polypropylene irradiated with
60 kGy no significant differences in their amount of long-chain branching could be detected.
However, the foamed strands of the electron beam irradiated polypropylene had a
significantly lower expansion ratio compared to the strands of the commercial LCB-PP. The
lower expansion ratio of the irradiated sample in comparison to the commercial product can
be explained by its minor melt strength and its lower amount of strain hardening.
A significant increase of the expansion ratio of linear PP was found by the addition of LCB-
PP between 5 wt.% to 50 wt.%. This is attributed to a lower amount of gas loss to the
environment, as the increasing strain-hardening behavior reduces the rupture of cell walls
during the cell growth process. For blends with 50 wt.% LCB-PP or more, a similar expansion
ratio compared to the LCB-PP was found, although the strain-hardening behavior further
increases with the LCB-PP content. This leads to the conclusion that under the conditions of
the foaming experiments in this investigation, a certain amount of strain hardening is already
sufficient for an optimized foaming behavior
The two HMS-PP containing a low amount of a high molar mass component of polyethylene
show a slight increase of the expansion ratio and a small improvement of the homogeneity of
the cellular structure in comparison to linear polypropylenes of a similar molar mass.
However, the differences in the foaming behavior of the HMS-PP and linear PP are much
smaller compared to the differences between the commercial LCB-PP and linear PP. An
explanation becomes obvious if one realizes that the strain hardening characteristics of these
two samples are different from that of the commercial LCB-PP. The latter shows a
pronounced strain hardening within the whole range of elongational rates applied while for
7 Summary
173
the two HMS-PP significant strain hardening occurs at small elongation rates, only. From
literature it is known that in foam experiments strain rates between 1 and 10 s-1 occur. Thus,
the low expansion ratios of the two HMS-PP in comparison to the commercial LCB-PP
become plausible by the lack of a distinct strain hardening in the range of elongation rates
relevant for foaming.
Results of the foaming experiments with a physical blowing agent
By means of the blends of linear and long-chain branched polypropylenes it was checked,
whether the correlations between rheological properties and the foaming behavior found in
the foaming experiments with a chemical blowing agent are valid for foaming with a physical
blowing agent, too. Therefore, foaming experiments with the physical blowing agent CO2 and
the nucleation agent talcum were performed. It was found that the differences within the
foaming behavior between the linear and the long-chain branched blend partner are much
smaller at the lowest foaming temperature than at higher foaming temperatures. The main
reason for it is presumably the influence of a shear-induced crystallization on the foaming
behavior of the linear polypropylene.
The increase of the strain-hardening behavior of the blends with rising amount of long-chain
branched polypropylene provoked a significant increase of the expansion ratio compared to
the linear blend partner similar to foaming with a chemical blowing agent. However, at low
foaming temperatures a decrease of the expansion ratio at LCB-PP contents above 50 wt.%
was found. This can be referred to the influence of the low nucleation rate of the LCB-PP in
combination with its pronounced strain hardening. Because of the low nucleation rate of the
LCB-PP only few comparable large cells are formed. The strong elongation of the melt in the
cell walls of these large cells leads, due to the pronounced strain hardening of the LCB-PP,
to a high resistance against further elongation. That is why, the low gas pressure within the
large cells is not high enough to allow a further expansion of the cells and the expansion ratio
is reduced.
Foaming tests at technical scale on a foam extrusion line Finally, foam experiments on a foam extrusion line at a technical scale with the physical
blowing agent butane and the nucleation agent talcum were performed. The commercial
LCB-PP showed a significantly higher expansion ratio, a smaller amount of open or
connected cells and a more homogeneous cellular structure in comparison to linear
polypropylene. In experiments on blends of a linear polypropylene with 10 and 25 wt.% LCB-
PP a slight increase of the expansion ratio with increasing amount of LCB-PP was found.
The differences between the foaming behavior of the blends and the long-chain branched
blend partner were much more pronounced than in the experiments on the laboratory scale
7 Summary
174
foaming apparatus, however. The main reasons besides the differences in the process
conditions are probably a poor mixing of the blend partners or a molecular degradation of the
polypropylenes in the foam extrusion line.
A comparison of the results of the foaming experiments on the blends of linear and long-
chain branched polypropylenes using the foaming apparatus either with chemical or physical
blowing agents with the results of the tests by means of the foam extrusion line reveals that
the different molecular structures of the polypropylenes and the resulting rheological
properties can have different effects on the foaming behavior depending on the process
equipment and conditions. Nevertheless, it can be concluded from the results presented that
due to an aimed adjustment of the molecular structure and rheological properties especially
of the strain-hardening behavior an optimization of the foaming behavior of polypropylenes
can be achieved.
A Verwendete Symbole und Abkürzungen
175
A Verwendete Symbole und Abkürzungen ARES advanced rheometric expansion system
CO2 Kohlendioxid
DSC differential scanning calorimetry (Differenzkalorimetrie)
EDX energy disperse x-ray
EVF extensional viscosity fixture
Gew.-% Gewichtsprozent
GPC Gelpermeationschromatographie
HMS-PP high melt strength polypropylene (hochschmelzefestes Polypropylen)
L-PP lineares Polypropylen
LCB-PP langkettenverzweigtes Polypropylen
MALLS multi-angle laser-light scattering (Vielwinkellichtstreuung)
N2 Stickstoff
PE Polyethylen
PP Polypropylen
PS Polystyrol
PUR Polyurethan
TGA thermogravimetrische Analyse
TREF temperature rising elution fractionation Vol.-% Volumenprozent
A Querschnittsfläche, Flächeninhalt [m2]
AO Oberfläche [m2]
AZ Querschnittsfläche einer Zugprobe [m2]
AZ,0 Ausgangsquerschnittsfläche einer Zugprobe [m2]
aS mittlere Abweichung vom Solldurchmesser dsoll [-]
aT Verschiebungsfaktor [-]
C Sättigungskonzentration [-]
c Konzentration [-]
chet Konzentration des Nukleierungsmittels [-]
D scheinbare Schergeschwindigkeit [s-1]
Ddiff Diffusionskoeffizient [m2/s]
Ddiff,0 auf eine unendliche Temperatur extrapolierter
Diffusionskoeffizient [m2/s]
D Deformationsgeschwindigkeitstensor [-]
d Durchmesser [m]
dc/dx Konzentrationsgefälle [s-1]
A Verwendete Symbole und Abkürzungen
176
dm/dt Massenstrom [kg/s]
dsoll Solldurchmesser [m]
dZ Zylinderdurchmesser [mm]
ED Aktivierungsenergie der Diffusion [J/mol]
EA Fließaktivierungsenergie [J/mol]
F Kraft [N]
FZ Zugkraft [N]
f0 Frequenz mit der sich Gasmoleküle an Keime anlagern [s-1]
f1 Frequenz mit der sich Gasmoleküle an Keime anlagern [s-1]
G’(ω) Speichermodul [Pa]
G’’(ω) Verlustmodul [Pa]
G* komplexer Modul [Pa]
|G*(ω)| Betrag des komplexen Moduls [Pa]
g Kontraktionsfaktor [-]
g3 Kontraktionsfaktor für sternförmig verzweigte Moleküle [-]
g(θ) Funktion des Kontaktwinkels [-]
H Henrykonstante [(gpolymer · bar)/ggas]
h Höhe [m]
J Kriechnachgiebigkeit [Pa-1]
J0 elastischer Momentanwert der Nachgiebigkeit [Pa-1]
Je stationärer elastischer Anteil der Nachgiebigkeit [Pa-1]
K Proportionalitätsfaktor zwischen Nullviskosität
und Molmasse [-]
l Länge [m]
l0 Ausgangslänge [m]
LK Länge der Kapillare [mm]
M Molmasse [g/mol]
Mc kritische Molmasse [g/mol]
Me Molmasse zwischen zwei Verschlaufungspunkten [g/mol]
Mn zahlenmittlere Molmasse [g/mol]
MM Molmasse der Monomereinheit [g/mol]
Mw gewichtsmittlere Molmasse [g/mol]
m Anzahl der Verzweigungspunkte pro Molekül [-]
mgas Masse des Gases [g]
mpolymer Masse des Polymers [g]
mE Dehnmodenparameter [-]
Nhom Nukleierungsrate der homogenen Nukleierung [cm-3 s-1]
Nhet Nukleierungsrate der heterogenen Nukleierung [cm-3 s-1]
A Verwendete Symbole und Abkürzungen
177
Ng Gesamtzahl der Gasmoleküle in der Lösung [-]
Nf Anzahl der Zellen pro cm3 Schaum [-]
N0 Zelldichte, Anzahl der Zellen pro cm3 ungeschäumten
Polymer [-]
n gemessene Anzahl der Zellen [-]
ni Anzahl der Moleküle der Molmasse Mi [-]
p Druck [Pa]
p1 Gasdruck in der Blase [Pa]
p2 Gasdruck in dem die Blase umgebenden Medium [Pa]
r Radius [m]
rk Radius der Kapillare [mm]
rS relative mittlere Abweichung vom Solldurchmesser dsoll [-]
r* kritischer Radius [m]
R universelle Gaskonstante [J/K⋅mol]
R(t) zeitabhängiger Radius [m]
S Löslichkeitskoeffizient [ggas/(gpolymer · bar)]
S(t) zeitabhängiger Radius der Hülle an beeinflusster
Polymerschmelze um eine Gasblase [m]
S0 auf eine unendliche Temperatur extrapolierter
Löslichkeitskoeffizient [ggas/(gpolymer · bar)]
<s2> Trägheitsradius [nm]
<s2>lcb Trägheitsradius langkettenverzweigter Moleküle [nm]
<s2>lin Trägheitsradius linearer Moleküle [nm]
T Temperatur [°C]
T0 Aufschmelztemperatur [°C]
Tg Glasübergangstemperatur [°C]
Tm Schmelztemperatur [°C]
t Zeit [s]
tan δ Verlustfaktor [-]
V Volumen [m3]
Vf Volumenanteil des Gases in dem hergestellten Schaum [-]
v0 maximale Strömungsgeschwindigkeit [m/s]
vhaul-off Abzugsgeschwindigkeit [m/min]
vex Extrusionsgeschwindigkeit [mm/s]
vx Strömungsgeschwindigkeit in x-Richtung [m/s]
XE Dehnverfestigungsfaktor [-]
A Verwendete Symbole und Abkürzungen
178
α Exponent in η0-Mw-Beziehung [-]
∆G freie Energie [J/mol]
∆Ghet freie Energie der heterogenen Nukleierung [J/mol] *hetG∆ Nukleierungsenergie der heterogenen Nukleierung [J/mol]
∆Ghom freie Energie der homogenen Nukleierung [J/mol] *homG∆ Nukleierungsenergie der homogenen Nukleierung [J/mol]
∆HL Lösungsenthalpie [J/mol]
∆p Druckdifferenz, Druckabfall [bar]
δ Phasenwinkel [°]
f Dehngeschwindigkeit [s-1]
f0 konstante Dehngeschwindigkeit [s-1]
f11;f22;f33 Komponenten des Dehngeschwindigkeitstensors [s-1]
εH Hencky-Dehnung [-]
φLCB-PP1 Gewichtsanteil an LCB-PP1 [-]
γ Scherung [-]
γA Scheramplitude [-]
g Scherrate [s-1]
γS Grenzflächenspannung, Oberflächenenergie [N/m]
η Scherviskosität [Pas]
η0 Nullviskosität [Pas]
η0+(t) zeitabhängige Scherviskosität [Pas]
η∗ komplexe Viskosität [Pas]
|η∗(ω)| Betrag der komplexen Viskosität [Pas]
ηE Dehnviskosität [Pas]
ηE+(t) zeitabhängige Dehnviskosität [Pas]
ηscheinbar scheinbare Viskosität [Pas]
ϕ Scherwinkel [°]
λ Anzahl der Verzweigungen pro 1000 Monomereinheiten [-]
λav Mittelwert der Anzahl der Verzweigungen pro 1000
Monomereinheiten [-]
θ Kontaktwinkel [°]
ρ Dichte [g/cm3]
ρ0 Dichte des Polymers [g/cm3]
ρf Dichte des Schaums [g/cm3]
σ Zugspannung [Pa]
σmax maximale Zugspannung [Pa]
A Verwendete Symbole und Abkürzungen
179
τ Schubspannung [Pa]
τA Schubspannungsamplitude [Pa]
τ0 konstante Schubspannung [Pa]
ω Kreisfrequenz [s-1]
ψ(t) Kriechfunktion [Pa-1]
B Zeitabhängige Dehnkurven der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
180
B Zeitabhängige Dehnkurven der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 In Bild B1 sind die zeitabhängigen Dehnviskositäten der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
dargestellt. Wie aus Bild B1a hervorgeht zeigt das Blend mit 2 Gew.-% bei der niedrigsten
gemessenen Dehngeschwindigkeit von 0,01 s-1 bereits eine Andeutung einer
Dehnverfestigung. Dies deutet wiederum auf die hohe Sensitivität der Dehnviskosität
hinsichtlich der Präsenz von Langkettenverzweigungen hin. Bis zu einem Anteil von 10
Gew.-% LCB-PP tritt die Dehnverfestigung nur für Dehnraten kleiner als 0,3 s-1 auf. Erst ab
einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP2 wurde bei allen untersuchten
Dehngeschwindigkeiten eine ausgeprägte Dehnverfestigung gefunden (Bild B1b). Für alle
Blends außer dem Blend mit 75 Gew.-% LCB-PP1 nimmt die Dehnverfestigung mit
abnehmender Dehnrate zu. Die Trouton-Beziehung ηE+(t) = 3η0+(t) ist für alle dargestellten
Polypropylene erfüllt.
100 101 102 103104
105
106
107
108
109
1010
s
Pas
.
T = 180 °C
10% LCB-PP1
5% LCB-PP1
2% LCB-PP1
L-PP2
.
x2000
x200
x20
ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1
η E+ (t
,ε0)
t
3η0+(t)
a)
100 101 102 103103
104
105
106
107
108
109
1010
1011
1012
s
Pas
75% LCB-PP1
x20
3η0+(t)
T = 180 °C
LCB-PP1
50% LCB-PP1
25% LCB-PP1
.
x15000
x500
ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1
η E+ (t,
ε 0)
t
.
Bild B1: Transiente uniaxiale Dehnviskosität der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1
C Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen
181
C Abhängigkeit der Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen vom Druck und von der Temperatur
Wie in Kapitel 2.3.1.1 erläutert, lässt sich die Druckabhängigkeit der Löslichkeit von Gasen in
Polymeren in guter Näherung mit dem Henryschen Gesetz (Gl. 2.1) beschreiben, wonach
zwischen der Sättigungskonzentration von gelösten Gasen in Polymerschmelzen und dem
hydrostatischen Druck ein proportionaler Zusammenhang besteht. Der Proportionalitätsfaktor
ist der Löslichkeitskoeffizient bzw. der Kehrwert der Henry-Konstanten. Wie aus der Gl. (2.2)
hervorgeht, weist der Löslichkeitskoeffizient eine Temperaturabhängigkeit auf, die über einen
Arrhenius-Ansatz beschrieben werden kann. Zur Beschreibung der Druck- und
Temperaturabhängigkeit der Sättigungskonzentration ist demzufolge, die Kenntnis des
Löslichkeitskoeffizienten bei einer Temperatur und der Lösungsenthalpie ∆HL erforderlich.
Die Löslichkeitskoeffizienten von N2 und CO2 in Polypropylen wurden z.B. von Durril und
Griskey (1966) bestimmt. Bei einer Temperatur von 188 °C geben sie für N2 in PP einen
Wert von 1,66 · 10-4 ggas/(gpolymer · bar) und für CO2 in PP einen Wert von 4,51· 10-4
ggas/(gpolymer · bar) an. Diese Werte sind in guter Übereinstimmung mit den Angaben anderer
Autoren [z.B. Sato et al. (1999)]. Die Lösungsenthalpie von CO2 in PP wird von Durril und
Griskey (1969) mit -3350 J/mol angegeben. Eine Angabe der Lösungsenthalpie von N2 in PP
konnte in der Literatur nicht gefunden werden. Für andere Polymere ist jedoch bekannt, dass
die Lösungsenthalpie von N2 in Polymerschmelzen im Gegensatz zu CO2 positiv ist. Um eine
Abschätzung der Sättigungskonzentrationen in dem für die in dieser Arbeit durchgeführten
Untersuchungen relevanten Temperaturbereich zu erhalten, wurde für Bestimmung der
Änderung der Löslichkeitskoeffizienten mit der Temperatur die Lösungsenthalpie von N2 in
PE verwendet, welche von Durril und Griskey (1969) mit 3977 J/mol angegeben wird. Aus
der Literatur ist bekannt, dass die Löslichkeitskoeffizienten von Gasen in Polyethylen und
Polypropylen sehr ähnlich sind und dass sich die Lösungsenthalpie eines Gases in
verschiedenen Polymerschmelzen nur geringfügig unterscheidet [Durril und Griskey 1969,
Albalak 1996, Sato et al. 1999].
In Bild C1 und Bild C2 sind die errechneten Sättigungskonzentrationen von N2 und CO2 in
Polypropylen als Funktion des Druckes für verschiedene Temperaturen dargestellt. Aus dem
Vergleich der beiden Bilder wird zum einen die wesentlich geringere Löslichkeit von N2 in
Polypropylen im Vergleich zu CO2 deutlich und zum anderen ist erkennbar, dass sich die
Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit für die beiden Gase unterscheidet. Während die
Löslichkeit von CO2 in Polypropylen mit abnehmender Temperatur ansteigt, wird die
Löslichkeit von N2 in Polypropylen mit kleiner werdender Temperatur geringer.
C Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen
182
0 50 100 150 200 250 3000
1
2
3
4
5
Gew.-%
bar
220 °C 200 °C 188 °C 180 °C 160 °C
Sät
tigun
gsko
nzen
tratio
n
Druck Bild C1: Sättigungskonzentration von N2 in Polypropylen als Funktion des Drucks bei verschiedenen
Temperaturen. Die Werte bei 188 °C (ausgefüllten Quadrate) wurden mit dem von Durril und Griskey
(1966) angegebenen Löslichkeitskoeffizienten für N2 in PP von 1,66 · 10-4 ggas/(gpolymer · bar) ermittelt.
Die Löslichkeitskoeffizienten für die anderen Temperaturen wurden mit der von Durril und Griskey
(1969) angegebenen Lösungsenthalpie für N2 in PE von 3977 J/mol berechnet, da keine
Literaturangaben zur Lösungsenthalpie für N2 in PP gefunden wurden.
0 50 100 150 200 2500
2
4
6
8
10
Gew.-%
bar
188 °C 180 °C 170 °C 160 °C
Sät
tigun
gsko
nzen
tratio
n
Druck
Bild C2: Sättigungskonzentration von CO2 in Polypropylen als Funktion des Drucks bei verschiedenen
Temperaturen. Die Werte bei 188 °C (ausgefüllten Quadrate) wurden mit dem von Durril und Griskey
(1966) angegebenen Löslichkeitskoeffizienten für CO2 in PP von 4,45 · 10-4 ggas/(gpolymer · bar) ermittelt.
Die Löslichkeitskoeffizienten für die anderen Temperaturen wurden mit der von Durril und Griskey
(1969) angegebenen Lösungsenthalpie für CO2 in PP von -3350 J/mol berechnet.
D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten des Azodicarbonamides
183
D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten des Azodicarbonamides
Da beim Schäumen mit chemischen Treibmitteln eine Anpassung der Prozessparameter an
das Zersetzungsverhalten des eingesetzten Treibmittels erforderlich ist (siehe Kapitel 2.2.1),
wurden Voruntersuchungen zur Bestimmung geeigneter Aufschmelztemperaturen für die
durchzuführenden Schäumversuche mit Azodicarbonamid durchgeführt. Die Zersetzung des
Azodicarbonamides erfolgt laut Herstellerangabe im Bereich von 200 °C. Deshalb wurden
Aufschmelztemperaturen T0 von 180, 200 und 220 °C getestet. In Bild D1 ist der
Aufschäumgrad in Abhängigkeit der drei untersuchten Aufschmelztemperaturen für
Schaumstränge des LCB-PP1, die bei einer Temperatur von 160 °C und einer scheinbaren
Schergeschwindigkeit von 365 s-1 extrudiert wurden, dargestellt. Die Aufschmelztemperatur
von 180 °C führt zu einem im Vergleich zu den beiden höheren Aufschmelztemperaturen
signifikant niedrigeren Aufschäumgrad. Dies deutet daraufhin, dass bei T0 = 180 °C während
der Aufschmelzzeit und der Abkühlung auf 160 °C das Treibmittel nicht komplett zersetzt
wurde. Zwischen den Aufschmelztemperaturen von 200 und 220 °C tritt im Rahmen der
Messgenauigkeit kein Unterschied in den erreichten Aufschäumgraden auf. Daraus lässt sich
schließen, dass bereits bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C die Zersetzungsreaktion
bis zum Beginn der Extrusion komplett abgeschlossen ist, und demzufolge eine Erhöhung
der Aufschmelztemperatur auf 220 °C zu keiner weiteren Zunahme des freiwerdenden
Gases führt.
180 190 200 210 2203
4
5
6
°C
Auf
schä
umgr
ad
Aufschmelztemperatur
T = 160 °CD = 365 s-1
Bild D1: Abhängigkeit des Aufschäumgrads von der Aufschmelztemperatur der bei einer
Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1
extrudierten Schaumstränge des LCB-PP1
Anhand der thermischen Analyse der bei einer Einfülltemperatur T0 von 180 °C und
unterschiedlichen Extrusionstemperaturen hergestellten Schäume im Vergleich zu
treibmittelgefüllten ungeschäumten Proben sollte überprüft werden, wie viel des
D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten des Azodicarbonamides
184
zugegebenen Treibmittels während der Schaumextrusion zersetzt wurde. Hierfür wurde die
Änderung des Wärmestroms der Proben während des Aufheizens auf 240 °C mit Hilfe der
DSC untersucht. Da bei der Zersetzung des Azodicarbonamides Wärme frei wird, tritt im
Temperaturbereich der Zersetzungsreaktion des Azodicarbonamides im Wärmestromsignal
ein exothermer Peak auf. Aus der Peakfläche können Rückschlüsse auf die Menge des
zersetzten Azodicarbonamides geschlossen werden. In Bild D2 ist der Verlauf des
normierten Wärmestroms als Funktion der Temperatur für geschäumte Proben des LCB-
PP1, die bei einer Aufschmelztemperatur von 180 °C und drei unterschiedlichen
Extrusionstemperaturen von 180, 170 und 160 °C mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid hergestellt
wurden, dargestellt. Als Referenz ist die Kurve einer mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid
gefüllten LCB-PP1-Probe im ungeschäumten Ausgangszustand angegeben. Die Peakfläche
des bei einer Extrusionstemperatur von 180 °C geschäumten Polypropylens ist bereits
deutlich geringer als die des ungeschäumten LCB-PP1. Es zeigt sich jedoch auch, dass in
dem bei diesen Bedingungen extrudierten Schaum ein Großteil des Azodicarbonamides
noch unzersetzt vorliegt. Mit abnehmender Extrusionstemperatur wird aufgrund der längeren
Aufenthaltzeit der treibmittelgefüllten Schmelze in der Schäumapparatur der Anteil an
unzersetztem Azodicarbonamid in den extrudierten Schaumsträngen geringer. Auch bei der
niedrigsten Extrusionstemperatur von 160 °C liegt jedoch ein Teil des Azodicarbonamides
nach der Extrusion noch unzersetzt vor. Bei allen geschäumten Proben, bei denen die
Einfülltemperatur 200 °C betrug, wurde hingegen unabhängig von der Extrusionstemperatur
kein Peak in der Wärmestromkurve aufgrund von unzersetztem Azodicarbonamid gefunden.
180 190 200 210 220 230 2400,0
0,1
0,2
0,3
0,4
exo.
°C
J/g
norm
ierte
r Wär
mes
trom
Temperatur
ungeschäumt T0 = 180 °C; T = 180 °C T0 = 180 °C; T = 170 °C T0 = 180 °C; T = 160 °C
LCB-PP1
10 K/min
Bild D2: Verlauf des mittels DSC bestimmten normierten Wärmestroms als Funktion der Temperatur
für Proben des LCB-PP1 gefüllt mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid
E Ergebnistabellen der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel
185
E Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel
In den folgenden Tabellen sind die Prozessparameter und die Ergebnisse der
Schaumanalyse der mit chemischem Treibmittel extrudierten Schaumstränge dargestellt.
Wenn nicht anders angegeben wurde als chemisches Treibmittel Azodicarbonamid mit
einem Gewichtsanteil von 2 % eingesetzt.
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
Gew.-% mm/s s-1 bar -
0 0,5 365 73 1,6
2 0,5 365 72 1,9
5 0,5 365 71 2,0
10 0,5 365 70 2,1
25 0,5 365 68 3,4
50 0,5 365 66 4,0
75 0,5 365 65 4,2
100 0,5 365 63 4,2
Tabelle E1: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p, und
ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
(Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 180 °C)
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
Gew.-% mm/s s-1 bar -
0 0,5 365 83 2,15
2 0,5 365 82 2,4
5 0,5 365 81 2,5
10 0,5 365 80 2,6
25 0,5 365 80 4,0
50 0,5 365 77 4,7
75 0,5 365 75 4,8
100 0,5 365 73 4,7
Tabelle E2: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p, und
ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
(Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 170 °C)
E Ergebnistabellen der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel
186
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
mittl.
Zelldurchmesser Zelldichte
Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3
0 0,5 365 105 2,5 250 12,7·104
2 0,5 365 105 2,7 267 12,6·104
5 0,5 365 103 2,9 272 13,1·104
10 0,5 365 100 3,1 283 14,1·104
25 0,5 365 95 4,6 337 17,4·104
50 0,5 365 93 5,3 374 18,5·104
75 0,5 365 92 5,4 383 18,3·104
100 0,5 365 89 5,2 443 13,4·104
Tabelle E3: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,
Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der
Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
mittl.
Zelldurchmesser Zelldichte
Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3
0 0,5 365 112 2,1 67 2,3·106
2 0,5 365 111 2,2 65 3,0·106
5 0,5 365 110 2,3 59 3,8·106
10 0,5 365 108 2,6 47 6,7·106
25 0,5 365 106 3,0 43 1,6·107
50 0,5 365 103 3,4 44 2,5·107
75 0,5 365 100 3,4 47 2,8·107
100 0,5 365 97 3,4 47 2,8·107
Tabelle E4: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,
Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der
Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)
E Ergebnistabellen der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel
187
Anteil LCB-
PP1 in L-PP2 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
mittl.
Zelldurchmesser Zelldichte
Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3
0 0,1 73 120 3,1 161 33,3·104
2 0,1 73 118 3,3 165 34,1·104
5 0,1 73 117 3,6 172 35,9·104
10 0,1 73 115 4,0 193 36,8·104
25 0,2 146 110 4,8 221 37,9·104
50 0,2 146 104 5,2 245 33,0·104
75 0,5 365 96 5,3 297 25,2·104
100 0,5 365 89 5,2 443 13,4·104
Tabelle E5: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,
Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der
Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-
PP2 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)
vex D ∆p Aufschäum-
grad
mittl.
Zelldurchmesser Zelldichte
Materialien
mm/s s-1 bar - µm cm-3
L-PP1 0,5 365 105 2,5 250 12,7·104
L-PP2 0,1 73 120 3,1 161 33,3·104
L-PP3 0,2 146 120 2,9 223 19,0·104
L-PP4 1 730 90 2,2 240 9,0·104
LCB-PP1 0,5 365 89 5,2 443 13,4·104
LCB-PP2 0,2 146 115 3,3 246 25,0·104
LCB-PP3 1 730 95 4,1 540 5,1·104
HMS-PP1 1 730 90 2,3 297 4,9·104
HMS-PP2 0,2 146 112 3,3 198 26,2·104
Tabelle E6: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,
Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Schaumextrusionsversuche an den
unterschiedlichen linearen, langkettenverzweigten und hochschmelzefesten Polypropylenen
(Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)
F Ergebnistabellen der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel
188
F Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel
In den folgenden Tabellen sind die Prozessparameter und die Ergebnisse der
Schaumanalyse der mit physikalischem Treibmittel extrudierten Schaumstränge dargestellt.
Als physikalisches Treibmittel wurde CO2 mit einem Gewichtsanteil von 5 % eingesetzt.
T vex D ∆p AufschäumgradMaterial
°C mm/s s-1 bar -
L-PP1 180 1 730 100 2,0
175 1 730 106 2,8
170 1 730 117 4,9
165 1 730 126 7,8
160 1 730 155 14,6
LCB-PP1 180 1 730 91 4,7
175 1 730 96 6,0
170 1 730 105 8,5
165 1 730 115 11,1
160 1 730 132 15,9
Tabelle F1: Extrusionstemperatur T, Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit
D, Druckabfall ∆p und ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der
Extrusionstemperatur auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für das L-PP1 und das
LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
Gew.-% mm/s s-1 bar -
0 1 730 100 2,0
2 1 730 100 2,1
5 1 730 98 2,3
10 1 730 98 2,4
25 1 730 97 3,0
50 1 730 95 4,2
75 1 730 93 4,4
100 1 730 90 4,7
Tabelle F2: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p und
ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
(Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 180 °C)
F Ergebnistabellen der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel
189
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
Gew.-% mm/s s-1 bar -
0 1 730 117 5,0
2 1 730 115 5,3
5 1 730 115 6,1
10 1 730 115 7,0
25 1 730 112 9,0
50 1 730 110 11,4
75 1 730 107 10,0
100 1 730 105 8,5
Tabelle F3: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p und
ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das
Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1
(Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 170 °C)
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 vex D ∆p
Aufschäum-
grad
mittl.
Zelldurchmesser Zelldichte
Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3
0 1 730 160 14,6 143 6,4·106
2 1 730 160 15,0 159 7,0·106
5 1 730 155 15,38 162 8,0·106
10 1 730 150 16,9 174 7,0·106
25 1 730 140 21,0 209 5,3·106
50 1 730 138 22,3 215 4,6·106
75 1 730 135 18,9 247 3,7·106
100 1 730 130 15,9 249 3,0·106
Tabelle F4: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,
Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der
Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)
G Ergebnistabelle der Schäumversuche an der Technikumsanlage
190
G Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche an der Technikumsanlage
In der folgenden Tabelle sind die Prozessparameter und die Ergebnisse der Schaumanalyse
der an der Technikumsanlage hergestellten Schaumfolien dargestellt. Als Treibmittel wurden
7 Gew.-% Butan zu den Polypropylenen hinzugegeben. Die Aufschmelztemperatur betrug für
alle Versuche 220 °C und der Durchsatz wurde mit 15 kg/h konstant gehalten.
Anteil LCB-
PP1 in L-PP1 ∆p vhaul-off
Aufschäum-
grad
mittl.
Zelldurchmesser Zelldichte
Gew.-% bar m/min - µm cm-3
0 41 2 2,6 740 3,8·103
10 41 3,2 3,2 760 4,1·103
25 42 3,2 3,7 780 4,1·103
100 42 10 10,5 890 10,0·103
Tabelle G1: Druckabfall ∆p, Abzugsgeschwindigkeit vhaul-off, Aufschäumgrad, mittlerer
Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen an der Technikumsanlage zum Einfluss der
Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-
PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 220 °C, Extrusionstemperatur T = 169 °C)
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Danksagung
Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der Universität Erlangen-Nürnberg in der Zeit von Juni 2001
bis Januar 2006.
Meinem Betreuer und Doktorvater, Herrn Prof. Dr. rer. nat. Helmut Münstedt, möchte ich
sehr herzlich für die Möglichkeit der Bearbeitung des interessanten Themas und für die
Betreuung der Arbeit danken. Mein besonderer Dank gilt ihm für die sehr interessanten und
hilfreichen Diskussionen, die fachlichen Anregungen, das entgegengebrachte Vertrauen und
die moralische Unterstützung in schwierigen Situationen. Außerdem möchte ich mich für die
Möglichkeit bedanken, dass ich an zahlreichen nationalen und internationalen Tagungen und
Kongressen teilnehmen konnte, um dort meine Ergebnisse präsentieren, neue Eindrücke zu
sammeln und interessante Diskussionen führen zu können.
Herrn Prof. Dr.-Ing Volker Altstädt danke ich für die Übernahme des Mitberichts dieser
Arbeit.
Meinen Diplomanden Claudia Uhl, Bettina Wendel, Nicole Knör und Steffen Berger sowie
meinen Studienarbeitern Samir Cenanovic und Philipp Hötzl gilt mein besonderer Dank. Sie
trugen durch ihren Einsatz und ihre Unterstützung maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit
bei.
Danken möchte ich Herrn Ralf Kürschner und meiner Studienarbeiterin Larissa Zirkel für
deren intensive Mitarbeit in dem Nebenprojekt „Zuverlässige Verbunde aus faserverstärkten
Kunststoffen und Metallen“.
Herrn Dietmar Auhl, Herrn Dr.-Ing. Joachim Kaschta und Frau Inge Herzer danke ich für die
Durchführung und Aufbereitung der Messungen mittels GPC-MALLS. Frau Magdalena Papp
möchte ich für die zahlreichen REM-Aufnahmen danken. Herrn Alfred Frey, Herrn Harald
Rost und Herrn Marco Heyder gilt mein Dank für die Unterstützung bei dem Aufbau der
Schäumapparatur und die sonstige Hilfe. Frau Marika Sturm danke ich für die Durchführung
der FT-IR-Messungen und für die Hilfestellung bei der Propenpräparation für die
Lichtmikroskopie.
Für die interessanten und hilfreichen wissenschaftlichen Diskussionen möchte ich mich bei
Herrn Dietmar Auhl, Herrn Daniel Möller, Herrn Dr.-Ing. Joachim Kaschta, Herrn Florian
Stadler, Herrn Dr.-Ing. Marcus Heindl und Herrn Nikolaos Katsikis bedanken.
Allen nicht namentlich erwähnten Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern des Lehrstuhls
danke ich für die sehr angenehme Arbeitsatmosphäre und die freundliche Zusammenarbeit.
Herrn Prof. Koyama, Herrn Prof. Takahashi, Herrn Prof. Taniguchi, Herrn Prof. Nishioka,
Herrn Prof. Sugimoto, Frau Takeda und Herrn Dr. Kurose vom Department of Polymer
Science and Engineering der Yamagata University in Japan danke ich für die freundliche
Aufnahme und die gewährte Unterstützung während meines Forschungsaufenthaltes. Herrn
Maehara, Herrn Kawano, Herrn Takayama und Herrn Kugimiya von der Chisso
Petrochemical Corporation danke ich für die Ermöglichung der Technikumsversuche. Dem
DAAD gebührt mein Dank für das Forschungsstipendium. Frau Evelyn Davies möchte ich
recht herzlich für ihren Rat und Beistand während meines Aufenthaltes in Japan danken.
Den Firmen Basell Polyolefins GmbH, Chisso Petrochemical Corporation, Sun Allomer Ltd.,
Solvadis Deutschland GmbH, Ciba Spezialchemie AG sowie Lehman & Voss & Co. danke
ich für die kostenlose Bereitstellung von Versuchsmaterial.
Für die gute Zusammenarbeit in den verschiedenen Projekten, an denen ich während meiner
Tätigkeit am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe beteiligt war, möchte ich mich bei den
Projektpartnern Frau Späth, Herrn Räder, Herrn Fuchs, Frau Fuchs und Herrn Boss von der
Crosslink Faserbund GmbH, Herrn Rothbauer und Herrn Seybold von der OPTIMA filling and
packaging machines GmbH, Herrn Dr. Kaspar, Herrn Dr. Hintzer, Herrn Dr. Löhr und Herrn
Neumann von der Dyneon GmbH & Co. KG, Frau Dr. Krause, Herrn Dr. Lappan, Herrn Prof.
Dr. Lunkwitz und Herrn Dr. Voigt vom Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden, Herrn
Prof. Dr. Wagner und Herrn Dr. Kheirandish von der Technischen Universität Berlin sowie
Herrn Dr. Piel, Herrn Rulhoff und Herrn Prof. Dr. Kaminsky von der Universität Hamburg
bedanken.
Zum erfolgreichen Arbeiten gehört auch ein entsprechender Ausgleich. Deshalb möchte ich
mich sehr herzlich bei meinen Zimmerkollegen Dietmar Auhl, Daniel Möller und Stefan
Rettenberger sowie Christian Seidel, Marcus Heindl, Nicole Knör, Daniela Hertel, Stefanie
Fuhrmann, Nikolaos Katsikis, Jörn Friedrich, Ricardo Willemann, Dirk Pohle, Christian
Bumiller, Carsten Weis, Jochen Bauer, Vitor Barroso, Claudia Arnold, Kristin Sommer,
Stefan Berger, Ralf Kürschner, Martin Burkhardt und all denen, die ich jetzt vergessen habe,
für die vielen schönen gemeinsamen Stunden bei den verschiedensten
„Abendveranstaltungen“ bedanken.
Meinen Freunden in der Heimat, Hendrik Leuther, Andreas Worms, Diana Leuther, Matthias
Buschnakowski, Andrea Buschnakowski, Peter Schmiech, Matthias Dörge, Susanne
Brinkmann, Thilo Steinacker, Martina Brinkmann und Reik Frenzel danke ich dafür, dass sie
trotz der wenigen Zeit, die ich während meiner Promotion mit ihnen verbringen konnte,
immer da waren, wenn ich sie gebraucht habe.
Nicht zuletzt gilt mein ganz besonderer Dank meinen Eltern für die liebevolle Anteilnahme
und die aufopferungsvolle Unterstützung während meines Studiums und der gesamten
Promotionsphase.
Lebenslauf
Persönliche Daten:
Name: Jens Stange
Geburtsdatum: 02.04.1975
Geburtsort: Halle/Saale
Familienstand: ledig
Anschrift: Buddestr. 92
47809 Krefeld
Nationalität: deutsch
Schulbildung:
09/1981 – 06/1991 allgemeinbildende Oberschule, G-F-Herzberg Schule, Halle
09/1991 – 06/1994 Fachgymnasium Technik, BbS 1 “Max Eyth”, Halle
Abschluss: allgemeine Hochschulreife
Wehrdienst:
07/1994 – 06/1995 3./ABC-Abwehrbataillon 7, Höxter
Studium:
10/1995 – 06/2001 Studium der Werkstoffwissenschaften an der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
10/1997 Abschluss des Vordiploms
10/1997 – 06/2001 Hauptstudium in der Studienrichtung Kunststofftechnik
10/2000 – 05/2001 Diplomarbeit
06/2001 Abschluss des Studiums als Diplom-Ingenieur
Berufliche Laufbahn:
10/1998 – 01/1999 Ingenieurpraktikum bei der BSL Olefinverbund GmbH, Schkopau
04/2000 – 09/2000 Auslandspraktikum bei Dow Benelux NV, Terneuzen, Niederlande
06/2001 – 03/2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
05/2003 – 07/2003 Forschungsaufenthalt am Department of Polymer Science and
Engineering der Yamagata University in Yonezawa (Japan) mit
einem Forschungsstipendium des DAAD
seit April 2006 Leiter Prüfung, Thermoplastics Testing Center,
Bayer MaterialScience, Krefeld