einfluss rheologischer eigenschaften auf das schäumverhalten von

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Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur Der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Grades DOKTOR-INGENIEUR vorgelegt von Jens Stange Erlangen - 2006

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Page 1: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten

von Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur

Der Technischen Fakultät der

Universität Erlangen-Nürnberg

zur Erlangung des Grades

DOKTOR-INGENIEUR

vorgelegt von

Jens Stange

Erlangen - 2006

Page 2: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

Als Dissertation genehmigt von

der Technischen Fakultät der

Universität Erlangen-Nürnberg

Tag der Einreichung: 23.01.2006

Tag der Promotion: 31.03.2006

Dekan: Prof. Dr.-Ing. A. Leipertz (Universität Erlangen-Nürnberg)

Berichterstatter: Prof. Dr. rer. nat. H. Münstedt (Universität Erlangen-Nürnberg)

Prof. Dr.-Ing. V. Altstädt (Universität Bayreuth)

Page 3: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

i

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Zielsetzung 1 2 Polymerschäume und Schaumextrusion 4 2.1 Einteilung der Polymerschäume 4 2.2 Herstellung von Polymerschäumen 5

2.2.1 Der Schaumextrusionsprozess 6

2.2.2 Einflussfaktoren auf die Schaumbildung im Extrusions-

Prozess 7

2.3 Die Theorie der Schaumbildung 8 2.3.1 Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung 9

5.2.1.1 Löslichkeit von Gasen in Polymeren 11

5.2.1.2 Diffusion von Gasen in Polymeren 12

2.3.2 Zellnukleierung 13

5.2.1.1 Homogene Nukleierung 13

5.2.1.2 Heterogene Nukleierung 15

2.3.3 Zellwachstum 16

2.3.4 Schaumstabilisierung 21

2.4 Schäumverhalten von Polypropylenen 23

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung 30 3.1 Untersuchte Polypropylene 30

3.1.1 Herstellung von Blends aus linearem und langkettenverzweigtem

Polypropylen 31

3.1.2 Herstellung langkettenverzweigter Polypropylene über

Elektronenbestrahlung 31

3.2 Analyse des molekularen Aufbaus 32 3.2.1 Gelpermeationschromatographie mit angeschlossener

Vielwinkellichtstreuung 33

3.2.2 Molmassenverteilung 35

3.2.3 Langkettenverzweigungen 41

3.2.4 Zusammenfassung 48

3.3 Analyse des Schmelz- und Kristallisationsverhaltens 49 3.3.1 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der Blends 49

3.3.2 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der anderen untersuchten

Polypropylene 52

Page 4: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

ii

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene 53 4.1 Rheologische Charakterisierungsmethoden 54

4.1.1 Rheologische Charakterisierung unter Scherbeanspruchung 54

4.1.2 Rheologische Charakterisierung unter Dehnbeanspruchung 58

4.2 Rheologische Eigenschaften in Scherströmung 60 4.2.1 Untersuchungen zur thermischen Stabilität 60

4.2.2 Dynamische Viskositätsfunktionen 64

4.2.3 Fließaktivierungsenergien 67

4.2.4 Nullviskositäten 69

4.2.5 Zusammenfassung 74

4.3 Rheologische Eigenschaften in uniaxialer Dehnströmung 76 4.3.1 Dehnrheometer und Probenvorbereitung 76

4.3.2 Spannversuche in uniaxialer Dehnung 80

4.3.3 Homogenität der Verformung 91

4.3.4 Zusammenfassung 94

4.4 Rheologische Eigenschaften in biaxialer Dehnströmung 96 4.4.1 Beschreibung des Rheometers und Probenvorbereitung 96

4.4.2 Spannversuche in biaxialer Dehnung 97

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene 99 5.1 Schäumapparatur und Verfahrensablauf 99

5.1.1 Aufbau und Funktionsweise der Schäumapparatur 99

5.1.2 Verfahrensablauf beim Schäumen mit chemischem Treibmittel 100

5.1.3 Verfahrensablauf beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel 102

5.1.4 Methoden der Schaumanalyse 103

5.2 Schäumversuche mit chemischem Treibmittel 105 5.2.1 Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 106

5.2.1.1 Untersuchungen bei einer Aufschmelztemperatur

von 200 °C 106

5.2.1.2 Untersuchungen bei einer Aufschmelztemperatur

von 180 ° 117

5.2.2 Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 121

5.2.3 Lineare Polypropylene mit unterschiedlicher gewichtsmittlerer

Molmasse 125

5.2.4 Elektronenbestrahlte Polypropylene 129

5.2.5 Hochschmelzefeste Polypropylene mit einer hochmolekularen

Komponente 133

Page 5: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

iii

5.2.6 Korrelationen zwischen rheologischen Eigenschaften und dem

Verarbeitungsverhalten beim Schäumen mit chemischem Treibmittel 136

5.2.7 Zusammenfassung 145

5.3 Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel 148 5.3.1 Voruntersuchungen zum Einfluss der Prozessparameter 148

5.3.2 Schäumversuche an den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 154

5.3.3 Zusammenfassung 158

5.4 Schäumversuche an einer Technikumsanlage 159 5.4.1 Aufbau der Technikumsanlage und Vorgehensweise 159

5.4.2 Schäumversuche und Analyse der Schaumstruktur 160

5.4.3 Zusammenfassung 166

6 Zusammenfassung und Ausblick 167

7 Summary 171

Anhang A Verwendete Symbole und Abkürzungen 175 B Zeitabhängige Dehnkurven der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 180 C Abhängigkeit der Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen vom Druck und von der Temperatur 181 D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten von Azodicarbonamid 183 E Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel 185 F Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel 188 G Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche an der Technikumsanlage 190

Literaturverzeichnis 191

Page 6: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

iv

Page 7: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

1 Einleitung und Zielsetzung

1

1 Einleitung und Zielsetzung

Polymerschäume finden eine breite Anwendung in vielen Industriezweigen. Die wichtigsten

Einsatzbereiche von geschäumten Polymeren liegen im Bausektor, in der

Verpackungsindustrie, im Automobilbau sowie im Haushaltswaren- und Möbelbereich [De

Walque 1997]. Der Verbrauch an geschäumten Polymeren ist in den letzten Jahren

kontinuierlich gestiegen, mit jährlichen Wachstumsraten im Bereich von 3 - 5 % [Freedonia

Group 2001, VDI 2000]. Im Jahr 1999 lag der Anteil der Polymerschäume an der

Gesamtmenge der in Westeuropa hergestellten Polymeren bei 9 Gew.-%, was aufgrund der

wesentlich niedrigeren Dichte der Schaumstoffe einem geschätzten Volumenanteil von etwa

50 % entspricht [Altstädt 2000]. Die Gründe für die gute Marktposition der Polymerschäume

und die hohen Zuwachsraten liegen neben der Gewichtsreduzierung und Kosteneinsparung

insbesondere in den speziellen Eigenschaften der Schaumstoffe, die aufgrund der

zweiphasigen Struktur aus polymerer Matrix und eingebrachtem Gas entstehen und von

Kompaktmaterialien nicht erreicht werden. Hierzu zählen die geringe Wärmeleitfähigkeit, die

hohe Schalldämpfung, die niedrige elektrische Permittivität und die hohe mechanische

Dämpfung.

Den Großteil der hergestellten Polymerschäume stellen dabei die klassischen Schaumstoffe

aus Polystyrol (PS) und Polyurethan (PUR). In den letzten Jahren zeigte sich jedoch auch

ein wachsendes Interesse an Schäumen aus anderen Polymeren. Eine zunehmend wichtige

Rolle spielen hierbei die Polypropylenschäume, die ein hohes Anwendungspotential

insbesondere im Automobilbau besitzen [VDI 2000]. Polypropylen (PP) weist im Vergleich zu

Polystyrol und Polyethylen (PE), welche die Hauptkonkurrenzprodukte für den Einsatz von

geschäumtem PP sind, vorteilhafte Eigenschaften auf. PP besitzt eine geringere Dichte und

eine höhere Temperaturbeständigkeit als beide Konkurrenzprodukte, eine größere Festigkeit

als PE und gegenüber PS eine bessere Chemikalienbeständigkeit und eine höhere

Schlagzähigkeit [Park und Cheung 1997].

Die Endeigenschaften des Polymerschaums werden außer von den Eigenschaften der

Matrix sehr stark durch die Schaumstruktur (offenzellig, geschlossenzellig) und -morphologie

(Zellgröße und Zellgrößenverteilung) beeinflusst. So weisen Schäume mit einer größtenteils

geschlossenzelligen Struktur u.a. eine niedrige Wärmeleitfähigkeit und eine hohe

mechanische Dämpfung auf, während sich offenzellige Schäume u.a. durch eine gute

Schalldämpfung und eine hohe Permeabilität für Gase und Dämpfe auszeichnen. Kleinere

Zelldurchmesser führen u.a. zu einer höheren Zugfestigkeit, einer größeren Bruchdehnung

und einer höheren mechanischen Dämpfung.

Da die Schaumstruktur während des Herstellungsprozesses des Schaums ausgebildet wird,

hat dieser einen entscheidenden Einfluss auf die Endeigenschaften des Schaums. Ein

weitverbreitetes Verarbeitungsverfahren zur kontinuierlichen Herstellung von

Page 8: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

1 Einleitung und Zielsetzung

2

Polymerschäumen ist die Schaumextrusion. Die Schaumbildung bei der Schaumextrusion

erfolgt durch das Lösen eines direkt zugegebenen oder von einem Treibmittel freigesetzten

Gases in der Polymerschmelze unter hohem Druck, die Nukleierung von Gasblasen (Zellen)

durch die Freisetzung des gelösten Gases aufgrund des schnellen Druckabfalls bei der

Extrusion durch die Düse des Extruders, das Anwachsen der Zellen durch Diffusion des

nach und nach freigesetzten Gases in die gebildeten Zellen und die Fixierung der

Schaumstruktur durch Abkühlung des Extrudates unter die Kristallisationstemperatur bzw.

die Glastemperatur des Polymers. Beim Aufschäumen des Extrudates nach dem Verlassen

der Düse dehnen sich die Schaumzellen sehr stark aus, wobei auf die Polymerschmelze in

den Zellwänden eine hohe biaxiale Dehnbeanspruchung wirkt. Deshalb ist der

Schaumbildungsprozess ähnlich wie das Folienblasen, das Tiefziehen oder der

Thermoformprozess sehr stark von dem Fließverhalten der Polymerschmelze unter

Dehnbelastung beeinflusst. Während für die anderen genannten Verarbeitungsprozesse

bereits intensive Untersuchung zur Korrelation des dehnrheologischen Verhaltens mit dem

Verarbeitungsverhalten durchgeführt wurden, gibt es bisher nur sehr wenige

Untersuchungen zur Abhängigkeit des Schaumbildungsprozess von dem Fließverhalten

unter Dehnbelastung.

Der starke Einfluss des Dehnverhaltens der Polymerschmelze auf das

Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung wird insbesondere bei

Polypropylenschäumen deutlich. Aus verschiedenen Untersuchungen ist bekannt, dass beim

Verschäumen von konventionellem linearem PP bereits bei geringen Aufschäumgraden ein

Aufreißen der Zellwände erfolgt, wodurch es zu Zellvereinigungen und

Zellzusammenbrüchen kommt. Diese wirken sich negativ auf die Endeigenschaften aus und

verhindern eine weitere Expansion des Schaums, da ein Großteil des Gases in die

Umgebung entweichen kann. Der Grund für das Aufreißen der Zellwände während des

Zellwachstumsprozesses ist die geringe Schmelzefestigkeit1 des linearen Polypropylens. In

der Literatur sind verschiedene Methoden beschrieben, um die Schmelzefestigkeit von

Polypropylen durch Veränderung der molekularen Struktur zu erhöhen. Hochschmelzefeste

Polypropylene (engl. high melt strength polypropylenes – kurz HMS-PP) können z. B. über

die Einbringung von Langkettenverzweigungen oder den Einbau einer hochmolekularen

Komponente erzeugt werden. In ersten Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass

das bei linearem PP auftretende Aufreißen der Zellwände während der Schaumexpansion

durch die höhere Schmelzefestigkeit der HMS-PP verhindert wird. Somit entsteht eine

homogenere Zellstruktur, und größere Dichtereduzierungen werden möglich [z.B. Phillips et

al. 1992]. Die genauen Zusammenhänge zwischen dem molekularen Aufbau bzw. der 1 Als Schmelzefestigkeit wird die maximale Kraft bzw. Spannung bezeichnet, welche auf eine extrudierte Polymerschmelze während einer Dehnbeanspruchung aufgebracht werden kann [Muke et al. 2001].

Page 9: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

1 Einleitung und Zielsetzung

3

molekularen Struktur der Polymermoleküle, den rheologischen Eigenschaften der

Polymerschmelze und dem Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung sowie den

Endprodukteigenschaften sind bisher noch weitgehend unbekannt. Die Kenntnis dieser

Zusammenhänge würde die gezielte Anpassung der molekularen Struktur an die

Anforderungen der Produktion und an die gewünschten Eigenschaften des Schaums

ermöglichen.

In der vorliegenden Arbeit sollen deshalb rheologische Eigenschaften und das

Schäumverhalten von Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur untersucht

werden. Für die Untersuchungen werden verschiedene lineare Polypropylene und

kommerzielle hochschmelzefeste Polypropylene eingesetzt. Zur weiteren Variation der

molekularen Struktur werden Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen

hergestellt. Schließlich werden zwei langkettenverzweigte Laborprodukte einbezogen, die

über die gezielte Elektronenbestrahlung eines kommerziellen linearen Polypropylens erzeugt

wurden. Die genaue Analyse des molekularen Aufbaus und der molekularen Struktur erfolgt

mittels Gelpermeationschromatographie mit gekoppelter Vielwinkellichtstreuung. Einen

Schwerpunkt der Arbeit stellen die rheologischen Untersuchungen der

Polypropylenschmelzen in Scher- und Dehnströmungen dar. Da im Schaumbildungsprozess

eine ausgeprägte Dehnbeanspruchung der Polymerschmelze erfolgt, soll insbesondere

untersucht werden, wie die dehnrheologischen Eigenschaften durch Variation der

molekularen Struktur verändert werden können und welche Auswirkungen diese Änderungen

auf das Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung haben.

Zur Herstellung von Polymerschäumen im Labormaßstab wird ein Kapillarrheometer in eine

Schäumapparatur umgebaut, mit der sowohl das Schäumen mit chemischen als auch mit

physikalischen Treibmitteln möglich ist. Die Verfahrensweise der Schaumherstellung ähnelt

der Schaumextrusion, wobei die Zumischung von Treibmittel und anderen Zuschlagstoffen

aufgrund der fehlenden Schneckeneinheit in einem vorherigen Mischprozess erfolgt. Anhand

von Schäumversuchen an den Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur soll

der Einfluss der Materialparameter und insbesondere des Fließverhaltens der Polypropylen-

schmelzen auf das Aufschäumverhalten und die Schaumstruktur analysiert werden.

Abschließend wird überprüft, ob die an der Schäumapparatur gefundenen Erkenntnisse auf

eine Technikumsanlage zur Schaumfolienextrusion übertragen werden können.

Wenn es auf diese Weise gelingt, den molekularen Aufbau der Polypropylene und deren

rheologische Eigenschaften mit dem Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung zu

korrelieren, ergeben sich erhebliche Erleichterungen in der gezielten Entwicklung und

Optimierung von Polypropylenen für die Anwendung in geschäumter Form.

Page 10: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

4

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

Polymerschäume sind zweiphasige Systeme aus einer thermoplastischen, elastomeren oder

duroplastischen Polymerphase und einer Gasphase [Frisch und Sounders 1972]. Da sich die

Eigenschaften der Gasphase drastisch von den Eigenschaften der Polymerphase

unterscheiden, weisen die Polymerschäume einzigartige Eigenschaften auf, die weder von

kompakten Polymeren noch von anderen mehrphasigen Systemen auf Polymerbasis wie

Polymerblends oder Polymerverbunden erreicht werden. Am deutlichsten wird dieser Effekt

bei der Betrachtung des Gewichtes bzw. der Dichte. Durch die Einbringung der Gasphase in

die Polymermatrix kann die Dichte im Vergleich zum Kompaktmaterial um bis zu Faktor 100

reduziert werden. Dies führt neben der Gewichtseinsparung auch zu einer signifikanten

Materialeinsparung und somit zu einer Kostenreduktion. Ähnlich vorteilhafte Eigenschaften

der Gase, die sich positiv auf das Verhalten der Polymerschäume auswirken, sind die sehr

niedrige Wärmeleitfähigkeit, der große elektrische Widerstand und die hohe

Komprimierbarkeit. Nachteilig ist insbesondere, dass sich durch die Gasphase die

mechanischen Eigenschaften der Polymerschäume wie z. B. E-Modul oder Zugfestigkeit im

Vergleich zum ungeschäumten Polymer stark verringern.

2.1 Einteilung der Polymerschäume

Ähnlich wie die kompakten polymeren Werkstoffe werden die Polymerschäume anhand des

Matrixmaterials in thermoplastische, elastomere und duroplastische Schäume unterschieden.

Duroplastische Schaumstoffe sind durch einen hohen Verformungswiderstand, eine geringe

Elastizität und eine hohe Steifigkeit gekennzeichnet. Sie zählen zu den harten

Schaumstoffen, die auch als Hartschaum bezeichnet werden. Besteht die Matrix des

Polymerschaums aus einem Elastomer, entstehen weiche Schaumstoffe (Weichschaum), die

einen geringen Verformungswiderstand, eine niedrige Steifigkeit und eine sehr gute

Verformbarkeit aufweisen. Bei den amorphen Thermoplasten hängen die mechanischen

Eigenschaften des Schaums davon ab, ob sie im Einsatztemperaturbereich oberhalb oder

unterhalb der Glasübergangstemperatur vorliegen. Oberhalb der Glasübergangstemperatur

verhalten sich die amorphen Thermoplastschäume wie weiche und unterhalb wie harte

Schaumstoffe. Schäume aus teilkristallinen Thermoplasten zählen in der Regel zu den

Hartschaumstoffen, wobei die Härte vom Kristallisationsgrad bestimmt wird.

Ein weiteres Einteilungskriterium für Polymerschäume stellt die Zellstruktur dar. Je nachdem,

ob die Poren miteinander verbunden oder voneinander durch eine geschlossene

Polymerwand getrennt sind, werden die Schaumstoffe als offenzellig oder geschlossenzellig

bezeichnet. Die Porenstruktur hat neben den Eigenschaften der Polymermatrix einen

entscheidenden Einfluss auf die Endeigenschaften der Polymerschäume [siehe z.B. Menges

1990, Salamone 2000]. Offenzellige Schäume besitzen eine hohe Durchlässigkeit für

Page 11: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

5

Flüssigkeiten und Gase, haben eine hohe Absorptionsfähigkeit für Feuchtigkeit und Wasser

und weisen eine hervorragende Fähigkeit zur Schalldämpfung auf. Demgegenüber zeichnen

sich geschlossenzellige Schäume durch eine sehr gute Isolationswirkung gegen Wärme und

elektrischen Strom aus. Aufgrund der verbundenen Kanäle zwischen den einzelnen Zellen

sind offenzellige Schäume im allgemeinen sehr weich und flexibel. Geschlossenzellige

Schäume hingegen sind durch die geschlossene Polymerwand um die einzelnen Zellen

meist hart und steif. Aufgrund der abgeschlossenen Gaszellen weisen sie eine hohe

mechanische Dämpfung und eine gute Druckfestigkeit auf. Zwischen komplett

geschlossenzelligen und komplett offenzelligen Polymerschäumen gibt es fließende

Übergänge, bei denen sowohl offene als auch geschlossene Zellen im Schaum vorliegen.

Während in den meisten Schaumstoffen die Zellen gleichmäßig über den Querschnitt verteilt

sind und sich somit eine gleichmäßige Dichteverteilung ergibt, weisen die sogenannten

Integralschäume eine graduierte Zellverteilung auf. Die Zellenanzahl nimmt von der Mitte des

Querschnittes zum Rand hin kontinuierlich ab. In der äußersten Schicht sind praktisch keine

Zellen mehr vorhanden, sie besteht aus kompaktem Kunststoff. Durch diese Schaumstruktur

weisen Integralschäume trotz signifikanter Dichtereduktion noch eine hohe Steifigkeit,

insbesondere gegen Biegebeanspruchungen auf.

Nach der Dichte werden Schaumstoffe in Schäume hoher und niedriger Dichte unterteilt.

Schäume hoher Dichte von ca. 0,4 bis 0,6 g/cm3 kommen insbesondere in den Fällen zum

Einsatz, bei denen eine Gewichtseinsparung ohne große Abnahme der mechanischen

Eigenschaften erwünscht ist. Demgegenüber liegen die Anwendungsgebiete der Schäume

niedriger Dichte (Dichten < 0,1 g/cm3) eher in den Bereichen, in denen es verstärkt auf die

Eigenschaften des verteilten Gases ankommt, wie z. B. in der Wärmeisolation.

Zusätzlich können Polymerschäume anhand der Zellgröße in grobzellige (> 100 µm),

feinzellige (100 µm bis 10 µm) und mikrozelluläre (< 10 µm) Schäume unterschieden

werden. Die Zellgröße wirkt sich stark auf die mechanischen Eigenschaften aus. Mit

abnehmendem Zelldurchmesser steigen die Zugfestigkeit, die Bruchdehnung und die

mechanische Dämpfung an. Dies ist ein Grund für die vielseitige Anwendung der

mikrozellulären Schäume innerhalb der letzten Jahre.

2.2 Herstellung von Polymerschäumen

Die Herstellung von Polymerschäumen erfolgt durch die Erzeugung oder Einbringung einer

gasförmigen Phase in die Polymermatrix. Ziel ist es dabei, das Gas möglichst gleichmäßig in

der Polymermatrix zu verteilen, um eine gleichmäßige und homogene Schaumstruktur zu

Page 12: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

6

erreichen2. Die Einbringung des Gases bzw. die Erzeugung der Gasphase kann auf

verschiedene Weise erfolgen. Die Ausbildung einer Gasphase kann z. B. direkt während der

Synthese der Polymere entstehen, wenn es zu einer Abspaltung gasförmiger Bestandteile

kommt, so wie bei Polyurethanschäumen. Meist erfolgt die Erzeugung der Gasphase jedoch

durch die Zugabe eines Treibmittels. Als Treibmittel werden Substanzen bezeichnet, die

durch chemische Reaktionen (chemische Treibmittel) oder durch Phasenübergang

(physikalische Treibmittel) Gase freisetzen. Das Treibmittel kann während der

Polymersynthese zugegeben werden, wie es z. B. bei der Partikelschaumherstellung von

Polystyrol der Fall ist, in das feste Polymer unter hohen Drücken imprägniert werden, wie es

z. B. bei der diskontinuierlichen Herstellung von mikrozellulären Schäumen im Batchprozess

durchgeführt wird, oder dem geschmolzenen Polymer unter Druck zugemischt werden, wie

z. B. bei der Schaumextrusion oder dem Schaumspritzguss. In den letzten Jahren wurden

auch Methoden entwickelt, mit denen das Gas direkt in die Polymerschmelze eingespritzt

werden kann. Dieser Vorgang wird als Direktbegasung bezeichnet und findet bei der

Schaumextrusion und dem Schaumspritzguss von thermoplastischen Polymeren Einsatz.

Darüber hinaus gibt es jedoch noch verschiedene andere Möglichkeiten zur

Schaumherstellung, wie z.B. die Extraktion einer löslichen dispergierten Phase, die

Erzeugung von Hohlräumen durch Rissbildung an Füllstoffen oder das Sintern von

Polymerpartikeln, was insbesondere bei nichtschmelzenden Polymeren eingesetzt wird.

2.2.1 Der Schaumextrusionsprozess

Ein weitverbreitetes Verfahren zur Herstellung thermoplastischer Polymerschäume ist die

Schaumextrusion. Verfahrensweise und Anlagentechnik sind stark abhängig von dem

verwendeten Treibmittel. Der Schaumextrusionsprozess mit chemischen Treibmitteln

unterscheidet sich nur geringfügig von der Extrusion kompakter Polymere, während beim

Schäumen mit physikalischen Treibmitteln eine deutlich komplexere Maschinentechnik

erforderlich ist. Beim Schäumen mit chemischem Treibmittel wird das Treibmittel vor dem

Extrudieren in Pulverform oder als Masterbatch mit dem Rohstoff vermischt. Das

zugemischte Treibmittel zersetzt sich aufgrund der hohen Temperaturen im Extruder und

spaltet gasförmige Produkte ab. Das freigesetzte Gas führt am Werkzeugaustritt zum

direkten Aufschäumen des Extrudates. Verarbeitungstemperatur im Extruder und

ausgewähltes chemisches Treibmittel müssen optimal aneinander angepasst sein. Wenn die

Verarbeitungstemperatur zu niedrig gewählt wird, kann es zu einer unvollständigen

Zersetzung des chemischen Treibmittels und damit zu schwankenden Schaumqualitäten

führen. Wenn die Zersetzungstemperatur des chemischen Treibmittels deutlich unterhalb der

Verarbeitungstemperatur liegt, kann zum einen ein Grossteil des freiwerdenden Gases durch

2 Eine Ausnahme bilden die bereits erwähnten Integralschäume, bei denen gezielt eine graduierte Verteilung des Gases in dem Polymer erzeugt wird.

Page 13: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

7

den Einfülltrichter entweichen und es zum anderen zur Bildung großer Hohlräume im

extrudierten Schaum kommen. Nachteilig bei der Verwendung von chemischen Treibmitteln

sind die entstehenden nichtflüchtigen Zersetzungsprodukte und die geringe Gasausbeute

von nur ca. 40 % der zugegebenen Menge an Treibmittel.

Bei der Schaumextrusion mit physikalischem Treibmittel wird das flüssige oder gasförmige

Treibmittel nach dem Aufschmelzen und Homogenisieren des Polymers direkt in den

Zylinder des Extruders gespritzt. Hierfür ist eine entsprechend aufwendige

Einspritzvorrichtung erforderlich, da das Treibmittel unter hohen Drücken zudosiert wird. Vor

dem Aufschäumen am Düsenausgang des Extruders muss das Polymer-Treibmittel-

Gemisch abgekühlt werden, um eine höhere Löslichkeit des Treibgases in der

Polymerschmelze zu erreichen und um die Viskosität der Polymerschmelze und somit die

Schmelzefestigkeit zu erhöhen. Hierfür wird häufig ein Tandemextruder eingesetzt. Dabei

erfolgt in dem ersten Extruder das Aufschmelzen des Polymers und die Zugabe des

Treibmittels. Im zweiten Extruder wird das Gas gleichmäßig in der Polymerschmelze verteilt,

und das Gemisch wird auf die Extrusionstemperatur heruntergekühlt. In manchen Fällen wird

der zweite Extruder auch durch eine Schmelzepumpe ersetzt. Vergleichende

Untersuchungen zwischen der Schaumextrusion mit chemischen und physikalischen

Treibmitteln haben gezeigt, dass der Extrusionsprozess bei Verwendung physikalischer

Treibmittel stabiler läuft, niedrigere Produktdichten erreichbar sind und die Homogenität der

Zellstruktur der erzeugten Schäume besser ist [Heinonen und Vedenpää 1993]. Nachteilig ist

jedoch die für das Schäumen mit physikalischen Treibmitteln erforderliche deutlich

aufwendigere Anlagenausrüstung.

2.2.2 Einflussfaktoren auf die Schaumbildung im Extrusionsprozess

Die Schaumbildung im Schaumextrusionsprozess wird von einer Vielzahl verschiedener

Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind in Bild 2.1 schematisch

zusammengetragen. Neben den Eigenschaften des Polymers sowie Art und Anteil des

verwendeten Treibmittels spielen insbesondere die Prozessbedingungen eine entscheidende

Rolle. So ist die Löslichkeit des Treibgases in der Polymerschmelze von der

Verarbeitungstemperatur und dem Verarbeitungsdruck abhängig. Die Temperatur hat auch

einen entscheidenden Einfluss auf die Viskosität der Polymerschmelze während des

Schaumbildungsprozesses. Hohe Verarbeitungstemperaturen setzen die Viskosität der

Schmelze herab, was aufgrund der ebenfalls verringerten Schmelzefestigkeit ein Kollabieren

der Schaumstruktur zur Folge haben kann. In verschiedenen Untersuchungen konnte

nachgewiesen werden, dass ein höherer Verarbeitungsdruck bei der Schaumextrusion zu

einer Verkleinerung der Zelldurchmesser und einer Erhöhung der Anzahl der Zellen pro

Volumen führt [z.B. Park et al. 1995, Behravesh et al. 1996, 1998].

Page 14: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

8

Zusätzlich zum Treibmittel werden häufig noch weitere Additive zugegeben. Von

entscheidender Bedeutung für die entstehende Schaumstruktur sind dabei die

Nukleierungsmittel. Die Nukleierungsmittel dienen zur Erhöhung der Nukleierungsdichte und

der Nukleierungsrate der Gasblasen. Es wird zwischen aktiven und passiven

Nukleierungsmitteln unterschieden. Aktive Nukleierungsmittel zersetzen sich während des

Verarbeitungsprozesses und spalten gasförmige Produkte ab. Prinzipiell wirken alle

chemischen Treibmittel auch als aktive Nukleierungsmittel, weshalb beim Schäumen mit

chemischen Treibmitteln auf eine Zugabe von Nukleierungsmitteln in der Regel verzichtet

werden kann. Passive Nukleierungsmittel sind anorganische Partikel z.B. aus Talkum,

Titandioxid oder Siliziumoxid. Die fein verteilten Partikel setzen die für die Zellbildung

notwendige Aktivierungsenergie herab. Die nukleierende Wirkung der passiven

Nukleierungsmittel hängt von der Größe der Partikel, deren Verteilung in der Polymermatrix

und ihrer Oberflächenrauhigkeit ab. In vielen Fällen schließt sich an die Schaumextrusion

eine Nachbehandlung an, die zu einer mehr oder weniger starken Veränderung der

gebildeten Schaumstruktur und der sich ergebenden Schaumeigenschaften führen kann. Die

Vielzahl der in Bild 2.1 dargestellten Einflussfaktoren veranschaulicht die Komplexität des

Schaumextrusionsprozesses und der dabei stattfindenden Schaumbildung.

ProzessführungDruckTemperaturScherungDurchmischung

PolymerrohstoffGlas-/SchmelzpunktViskositätDehnfähigkeit derSchmelze

TreibmittelTreibmittelanteilLöslichkeit im PolymerDiffusionsneigungVerdampfungsenthalpie

SchaumbildungDichteStruktur

AdditiveNukleierungsmittelPigmente, FüllstoffeStabilisatorenVernetzer

NachbehandlungNachschäumenKaschierenTiefziehen

ProzessführungDruckTemperaturScherungDurchmischung

PolymerrohstoffGlas-/SchmelzpunktViskositätDehnfähigkeit derSchmelze

TreibmittelTreibmittelanteilLöslichkeit im PolymerDiffusionsneigungVerdampfungsenthalpie

SchaumbildungDichteStruktur

SchaumbildungDichteStruktur

AdditiveNukleierungsmittelPigmente, FüllstoffeStabilisatorenVernetzer

NachbehandlungNachschäumenKaschierenTiefziehen

Bild 2.1: Einflussfaktoren auf die Schaumbildung [nach Kropp 1999]

2.3 Die Theorie der Schaumbildung Um beurteilen zu können, wie sich verschiedene Material- und Prozessparameter auf die

entstehende Schaumstruktur auswirken, ist ein Verständnis der bei der Schaumbildung

stattfindenden Vorgänge von entscheidender Bedeutung. Deshalb soll im Folgenden

erläutert werden wie die Bildung der Schaumstruktur im Einzelnen vonstatten geht.

Page 15: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

9

Der Schaumbildungsprozess setzt sich aus den folgenden vier Schritten zusammen:

(1) Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung

(2) Zellnukleierung

(3) Zellwachstum

(4) Schaumstabilisierung.

In Bild 2.2 sind die vier Schritte der Schaumbildung während der Schaumextrusion

schematisch dargestellt. Die Bildung einer homogenen Polymer-Gas-Lösung erfolgt im

Zylinder des Extruders. Das frei werdende oder direkt zugegebene Treibgas wird unter

hohem Druck in der vorher plastifizierten Polymerschmelze gelöst und durch die

Scherwirkung der Extruderschnecke gleichmäßig verteilt. Durch den starken Druckabfall an

der Düse des Extruders wird die Löslichkeit des Gases in der Polymerschmelze schlagartig

herabgesetzt und die Bildung von Zellkeimen eingeleitet. Dieser Prozess wird als

Zellnukleierung bezeichnet. Als nächstes schließt sich das Zellwachstum an, in dem die

gebildeten Zellen, aufgrund der Diffusion des Gases aus der Polymer-Gas-Lösung in die

Gasblasen, anwachsen. Der Schaumbildungsprozess wird durch die sogenannte

Schaumstabilisierung abgeschlossen. Dies erfolgt durch Absenkung der Temperatur des

Schaums unter die Einfriertemperatur, welche im Fall der amorphen Thermoplasten der

Glasübergangstemperatur Tg und im Fall der teilkristallinen Thermoplasten der

Kristallisationstemperatur Tm entspricht. Im Folgendem sollen die während der jeweiligen

Schritte der Schaumbildung stattfindenden Vorgänge näher erläutert werden.

Bildung einer Polymer -Gas - Lösung zugegebenes bzw. frei - werdendes Gas wird unter hohem Druck im Polymer gelöst

Freisetzung des gelösten Gases durch Druckabfall in der Düse führt zur Bildung von Zellkeimen

Zellen wachsen durch Diffusion des Gases aus der Polymer -Gas-Lösung in die Gasblasen

Schaum - stabilisierung die Schaumstruktur wird eingefroren bzw. fixiert durch Abkühlung unterhalb T g oder T m

Bildung einer Polymer -Gas - zugegebenes bzw. frei - werdendes Gas wird

Polymer gelöst

Zellnukleierung:Freisetzung des gelösten Gases durch Druckabfall in der Düse führt zur Bildung von Zellkeimen

Zellwachstum

Zellen wachsen durch Diffusion des Gases aus der Polymer -Gas-Lösung in die Gasblasen

-

die Schaumstruktur wird eingefroren bzw. fixiert durch Abkühlung unterhalb T g oder T m

Bild 2.2: Schaumbildungsprozess während der Schaumextrusion

2.3.1 Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung

Das Lösen des Treibgases in der Polymerschmelze ist Grundvoraussetzung für die

Erzeugung einer homogenen Zellstruktur des hergestellten Schaums. Die Löslichkeit des

Page 16: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

10

Gases in der Polymerschmelze hängt einerseits von der Wechselwirkung zwischen Polymer

und eingesetztem Treibmittel und andererseits von der Temperatur und dem Druck ab. Die

bei den jeweiligen Bedingungen maximal lösliche Gasmenge im Polymer wird als

Sättigungskonzentration bezeichnet. Da je nach Temperatur und Druck nur eine bestimmte

Gaskonzentration im Polymer gelöst werden kann, ist es erforderlich, die zugegebene

Gasmenge und die Prozessparameter so aufeinander abzustimmen, dass alles Gas in

Lösung gehen kann. Überschüssiges oder nicht gelöstes Gas führt zur Bildung von großen

Hohlräumen im Extrudat. Bei der Bildung einer einphasigen Polymer-Gas-Lösung kommt

neben der Löslichkeit auch der Diffusion der Gase in der Polymerschmelze eine wichtige

Bedeutung zu. Lokale Konzentrationen von Gasmolekülen können zu einer Überschreitung

der Löslichkeit führen, wodurch sich eine getrennte Gasphase bilden würde. Um dies zu

vermeiden, muss das Gas gleichmäßig in der Polymerschmelze verteilt werden. Dies erfolgt

über Diffusion. Durch intensives Mischen, wie es im Extruder auftritt, können die

Diffusionswege des Gases verkürzt werden.

Das in der Polymerschmelze gelöste Gas führt zu einer Veränderung der rheologischen

Eigenschaften der Polymerschmelze. Die Zugabe des Treibgases wirkt ähnlich wie ein

Weichmacher und ruft eine Herabsenkung der Glasübergangstemperatur und damit eine

Verringerung der Schmelzeviskosität hervor [Kropp 1999, Gendron und Daigneault 2000].

Die Höhe der Glastemperaturverschiebung bzw. der Viskositätserniedrigung hängt von der

Polymer-Treibmittel-Kombination ab. Je kleiner das Molekulargewicht des Treibgases ist,

umso größer ist die Absenkung der Viskosität. Bei amorphen Polymeren wirkt sich die

Glastemperaturerniedrigung stärker auf die Schmelzeviskosität aus, als bei den

teilkristallinen Polymeren.

Die experimentelle Bestimmung der Viskosität einer gasbeladenen Schmelze erweist sich als

nicht unerhebliches Problem, da Standardrheometer die dafür nötigen Anforderungen,

insbesondere hinsichtlich der Vermeidung einer Freisetzung des gelösten Gases während

der Messung, nicht erfüllen. Deshalb erfolgt die Viskositätsmessung gasbeladener

Schmelzen in der Regel mit Online-Extrusionsrheometern. Bei diesen Rheometern wird eine

Messapparatur ähnlich einem Hochdruckkapillarrheometer direkt an einen Extruder

angeschlossen. In Untersuchungen an zahlreichen Polymer-Treibmittel-Kombinationen

konnte gezeigt werden, dass sich die Kurvenform der Viskositätskurve durch die

Triebmittelzugabe nicht verändert [z.B. Gendron et al. 1996, Kropp 1999, Gendron und

Daigneault 2000]. Die Viskositätsabsenkung durch das gelöste Gas in der Polymerschmelze

kann grundsätzlich mit einer Verringerung der Viskosität der Schmelze durch Erhöhung der

Temperatur verglichen werden [Gendron und Daigneault 2000].

Für die Bestimmung der Glastemperaturerniedrigung wurden verschiedene mathematische

und empirische Modelle entwickelt [z.B. Ferry 1970, van Krevelen 1990, Chow 1980]. Für

Page 17: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

11

eine Vielzahl von Polymer-Treibmittel-Kombinationen wurde eine lineare Abnahme der

Glasübergangstemperatur mit zunehmendem Treibmittelanteil gefunden [Chow 1980, Chiou

et al. 1985]. In zahlreichen Untersuchungen mit Online-Extrusionsrheometern wurde jedoch

festgestellt, dass die Absenkung der Viskosität nicht allein auf die Verringerung der

Glasübergangstemperatur zurückgeführt werden kann [z.B. Gendron und Daigneault 1997,

Hernandez 1997, Kropp 1999]. Es wird daher von einem zusätzlichen „Verdünnungseffekt“

des Gases ausgegangen, der auf einer Vergrößerung des freien Volumens durch die

gelösten Gasmoleküle beruht [Greassley 1974, Daigneault und Gendron 2000].

2.3.1.1 Löslichkeit von Gasen in Polymeren

Die Kenntnis der Löslichkeit des Treibgases in Abhängigkeit von Temperatur und Druck ist

für die optimale Prozessführung während der Schaumherstellung von entscheidender

Bedeutung. Zur Bestimmung der Sättigungskonzentration gibt es zahlreiche Modelle, die auf

unterschiedlichen Annahmen beruhen und zum Großteil sehr komplex sind [Kolossow 1986,

Chapmann et al. 1990, Vieth 1991, Lee et al. 1996]. Ein einfaches Modell, welches zur

Beschreibung vieler Lösungsvorgänge ausreicht, ist das Henrysche Gesetz (Gl. 2.1). Es

beschreibt eine lineare Abhängigkeit der Sättigungskonzentration C, d.h. des Verhältnisses

der Masse des Gases mgas zur Masse des Polymers mpolymer im Sättigungszustand, vom

hydrostatischen Druck p. Der Proportionalitätsfaktor ist der Löslichkeitskoeffizient S, der dem

Kehrwert der Henrykonstanten H entspricht.

pSmm

Cpolyner

gas ⋅== (2.1)

Mit Hilfe des Henryschen Gesetzes lässt sich die Druckabhängigkeit der Löslichkeit von

Gasen in Polymeren in guter Näherung beschreiben [Kropp 1999]. Wie bereits erwähnt ist

die Löslichkeit jedoch ebenfalls von der Temperatur abhängig. Dies liegt daran, dass sich der

Löslichkeitskoeffizient mit der Temperatur ändert. Die Temperaturabhängigkeit des

Löslichkeitskoeffizienten wird durch einen Arrhenius-Ansatz berücksichtigt:

TRHL

eSS ⋅∆

−⋅= 0 (2.2)

Hierin entsprechen S0 dem auf eine unendliche Temperatur extrapolierten

Löslichkeitskoeffizienten, ∆HL der Lösungsenthalpie, R der universellen Gaskonstante und T

der Temperatur. Experimentelle Werte für die Konstante S0 und die Lösungsenthalpie

wurden für eine Vielzahl von Polymer-Gas-Kombinationen in einem weiten

Temperaturbereich, z.B. über Messungen mit der Magnetschwebewaage, bestimmt [z.B.

Durril und Griskey 1966, 1969, Kropp 1999, Sato et al. 1999]. Da die Lösungsenthalpie bei

Page 18: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

12

den meisten Polymer-Gas-Kombinationen negativ ist, nimmt die Löslichkeit mit steigender

Temperatur ab.

2.3.1.2 Diffusion von Gasen in Polymeren

Nachdem das Gas in der Polymerschmelze gelöst ist, muss es sich durch Diffusion in der

Schmelze gleichmäßig ausbreiten, um die Bildung einer homogenen Polymer-Gas-Lösung

zu ermöglichen. Die treibende Kraft für die Gasdiffusion innerhalb der Polymerschmelze sind

Konzentrationsunterschiede. Aufgrund der Wärmebewegung der Polymermoleküle in der

Schmelze können sich die Gasmoleküle mit dem Konzentrationsgefälle durch

intermolekulare Zwischenräume fortbewegen. Die Geschwindigkeit von Diffusionsvorgängen

lässt sich mit dem 1. Fickschen Gesetz beschreiben. Demnach ist der Massenstrom dm/dt in

der Richtung des Konzentrationsgefälles (x-Koordinate) proportional dem

Konzentrationsgefälle dc/dx, der Dichte ρ und dem Querschnitt A:

dxdcAD

dtdm

diff ⋅⋅⋅= ρ (2.3)

Ddiff ist der Diffusionskoeffizient und weist ähnlich wie der Löslichkeitskoeffizient eine

Temperaturabhängigkeit auf, welche sich ebenfalls durch einen Arrhenius-Ansatz

beschreiben lässt.

TRE

diffdiff

D

eDD ⋅−

⋅= 0, (2.4)

Der Vorfaktor Ddiff,0 entspricht dem auf eine unendliche Temperatur extrapolierten

Diffusionskoeffizienten und ED stellt die Aktivierungsenergie der Diffusion dar. Beide Größen

wurden für eine Vielzahl von Polymer-Gas-Kombinationen experimentell bestimmt und

können der Literatur entnommen werden [z.B. Durril und Griskey 1969, Brandrup und

Immergut 1989, Shackelford 1995].

Nach Gl. 2.4 nehmen der Diffusionskoeffizient und somit die Diffusion mit wachsender

Temperatur exponentiell zu, was auf einen Anstieg der Beweglichkeit der Moleküle durch die

Temperaturerhöhung zurückgeführt werden kann. Demzufolge kann durch eine höhere

Schmelzetemperatur die Gasdiffusion beschleunigt und die Zeit für die Bildung einer

homogenen Polymer-Gas-Lösung verkürzt werden. Dabei muss jedoch beachtet werden,

dass für die meisten Polymer-Gas-Kombinationen die Löslichkeit des Gases in der

Polymerschmelze mit steigender Temperatur geringer wird.

Eine weitere Möglichkeit zur Verkürzung der Diffusionszeit kann über das Mischen der

beiden Stoffkomponenten in einem Scherfeld erreicht werden. Durch die auftretende

Scherdeformation werden die Gasblasen zerteilt und in der Polymerschmelze verteilt.

Dadurch verringert sich zum einen der Diffusionsweg, und zum anderen wird die Diffusion

Page 19: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

13

durch die größere Kontaktfläche zwischen Polymerschmelze und Gas beschleunigt. Der

Diffusionsweg wird durch die Scherwirkung schätzungsweise bis auf 100 µm reduziert [Park

1993]. Bei üblichen Verarbeitungstemperaturen von ca. 200 °C liegen die

Diffusionskoeffizienten von CO2 und N2 in Polystyrol, Polyethylen und Polypropylen im

Bereich von 10-4 bis 10-5 cm2/s [Park und Suh 1996 a,b]. Die Zeit, die das Gas dann für die

Diffusion durch die Polymerschmelze braucht, beträgt weniger als 10 s.

2.3.2 Zellnukleierung

Die Zellnukleierung beschreibt den Vorgang der Bildung stabiler, wachstumsfähiger

Zellkeime in der Polymer-Gas-Lösung. Initiiert wird die Keimbildung durch eine schnelle

Änderung des thermodynamischen Gleichgewichts der Polymer-Gas-Lösung. Dies kann

sowohl durch Temperaturerhöhung als auch durch Druckerniedrigung erfolgen. In beiden

Fällen wird die Löslichkeit des Gases in der Polymerschmelze verringert und das Gas geht

aus der Lösung und bildet eine zweite Phase. Da eine ausreichend schnelle

Temperaturerhöhung für eine möglichst homogene Nukleierung über den gesamten

Strömungsquerschnitt bei Polymeren aufgrund der niedrigen Wärmeleitfähigkeit nicht

möglich ist, erfolgt die Initiierung der Keimbildung im allgemeinen durch einen Druckabfall.

Die Keimbildung kann dabei grundsätzlich nach zwei verschiedenen Mechanismen erfolgen.

Bei der homogenen Nukleierung findet die Keimbildung in einer völlig homogenen

Polymerschmelze ohne jegliche Verunreinigungen oder Additive statt. Wenn dagegen eine

zweite Phase in der Polymer-Gas-Lösung in Form von Verunreinigungen, Additiven oder

Nukleierungsmitteln vorliegt, erfolgt die Keimbildung an der Phasengrenze zwischen

Schmelze und Partikel. Dieser Mechanismus wird als heterogene Nukleierung bezeichnet.

Bei der Verwendung chemischer Treibmittel tritt immer eine heterogene Nukleierung auf, da

die festen Zersetzungsrückstände des Treibmittels als Nukleierungsstellen wirken. Der

Vorteil der heterogenen Nukleierung ist die durch die Ausnutzung der Grenzflächeneffekte

verringerte Nukleierungsenergie für die Bildung stabiler wachstumsfähiger Keime.

2.3.2.1 Homogene Nukleierung

Zur Bestimmung der für die Keimbildung erforderlichen Nukleierungsenergie wird die

Änderung der freien Energie betrachtet. Nach der Nukleierungstheorie ist die Voraussetzung

für die Bildung stabiler Keime eine Verringerung der freien Energie. Bei der homogenen

Nukleierung kann die freie Energie ∆Ghom mit folgender Gleichung beschrieben werden:

SOApVG γ∆∆ ⋅+⋅−=hom (2.5)

wobei V dem Volumen der gebildeten Gasblase, ∆p der Druckdifferenz zwischen dem

Inneren der Blase und der Polymer-Gas-Lösung, AO der Oberfläche der Gasblase und γS der

Page 20: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

14

Grenzflächenspannung der Grenzfläche zwischen Gasblase und Lösung entsprechen. Da

bei der Keimbildung aufgrund der geringsten Oberflächenspannung kugelförmige Gasblasen

gebildet werden, kann Gl. 2.5 folgendermaßen umformuliert werden:

SrprG γπ∆π∆ ⋅⋅⋅+⋅⋅⋅−= 23 434

hom (2.6)

Hierin entspricht r dem Radius der Gasblase. Trägt man die freie Energie über dem

Blasenradius auf, so durchläuft sie ein Maximum (siehe Bild 2.3). Bei kleinen Blasenradien

dominiert die Oberflächenspannung und die Änderung der freien Energie steigt mit dem

Radius zunächst an. In diesem Bereich ist ein Schrumpfen der Blasen energetisch günstiger

als ein Wachstum, weshalb die Blasen mit kleinen Radien wieder in sich zusammenfallen.

Erst wenn der kritische Radius r* überschritten ist, können die Blasen stabil wachsen, da mit

zunehmendem Radius die freie Energie kleiner wird. Der kritische Radius ist definiert als der

Radius, bei dem die Ableitung der freien Energie als Funktion des Radius null ist. Somit

ergibt sich für den kritischen Radius folgende Beziehung:

pr S

∆=

γ2* (2.7)

r

∆ G

∆ G hom*

r*

∆ G hom

∆ G het

∆ G het

r

∆ G

∆ G hom

r*

∆ G hom

∆ G het

∆ G het*

Bild 2.3: Die freie Energie (∆G) der homogenen (∆Ghom) und heterogenen (∆Ghet) Keimbildung [nach

Colton und Suh 1987]

Die für die homogene Keimbildung erforderliche Nukleierungsenergie *homG∆ entspricht der

freien Energie für die Bildung einer Gasblase mit dem kritischen Radius r*.

Page 21: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

15

2

3*

316

pG S

∆γπ

∆⋅

⋅⋅=hom (2.8)

Mit Hilfe der Nukleierungsenergie kann die Nukleierungsrate Nhom mit einem Arrheniusansatz

ermittelt werden [Colton 1989]:

TRG

g eNfN ⋅−

⋅⋅=*hom

0

hom (2.9)

Hierbei entspricht f0 einem Faktor, der die Frequenz, mit der sich Gasmoleküle an die Keime

anlagern, beschreibt. Ng gibt die Gesamtzahl der Gasmoleküle in der Lösung an. Die

Nukleierungsrate ist ein Maß für die Anzahl der pro Zeit- und Volumeneinheit gebildeten

wachstumsfähigen Keime. Die Gesamtzahl der nukleierten Keime pro Volumeneinheit wird

als Nukleierungsdichte bezeichnet.

Anhand der Gleichungen 2.8 und 2.9 wird deutlich, dass eine niedrige Oberflächenspannung

der Schmelze und ein hoher Druckunterschied zwischen der Lösung und der Umgebung zu

einer Verringerung der Nukleierungsenergie und somit zu einer höheren Nukleierungsrate

führen. Die Nukleierungsrate kann außerdem durch eine Erhöhung der Temperatur der

Schmelze und durch einen größeren Gasanteil in der Lösung vergrößert werden.

2.3.2.2 Heterogene Nukleierung

Die heterogene Nukleierung unterscheidet sich von der homogenen durch das

Vorhandensein von feinverteilten festen Partikeln in der Polymer-Gas-Lösung. Der Einfluss

der Grenzfläche zwischen Polymer-Gas-Lösung und Nukleierungsmittel auf die Keimbildung

wird bei der Berechnung der Nukleierungsenergie für die heterogene Keimbildung *hetG∆ durch eine zusätzliche Funktion g(θ) berücksichtigt:

( )θ∆γπ

∆ gp

G Shet ⋅

⋅⋅= 2

3*

316 (2.10)

Die Funktion g(θ) ist abhängig von dem Kontaktwinkel des Gases an der Oberfläche der

festen Phase θ und berechnet sich aus:

( ) ( )2cos1cos241)( θθθ −⋅+⋅=g (2.11)

Da die Funktion g(θ) nur Werte zwischen 0 und 1 annimmt, ist die Nukleierungsenergie für

die heterogene Keimbildung immer niedriger als die Nukleierungsenergie für die homogene

Keimbildung oder maximal genauso groß (siehe Bild 2.3). Dabei wird die Keimbildung für

kleinere Kontaktwinkel, d.h. für eine schlechtere Benetzung der

Nukleierungsmitteloberfläche, begünstigt.

Page 22: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

16

Die Nukleierungsrate für die heterogene Keimbildung lässt sich dann wie folgt bestimmen

[Colton 1989]:

TRG

hethet

het

efcN ⋅−

⋅⋅=*

1

(2.12)

Darin entspricht chet der Konzentration der Nukleierungsmittel in der Polymerschmelze und f1

ist ähnlich wie f0 ein Faktor, der die Frequenz, mit der sich Gasmoleküle an die Keime

anlagern, beschreibt. Bei der heterogenen Keimbildung wird die Nukleierungsrate neben den

bei der homogenen Nukleierung bereits genannten Einflussfaktoren insbesondere von der

Nukleierungsmittelkonzentration und der Größe der Nukleierungsmittelpartikel beeinflusst.

Die Nukleierungswirkung wird um so besser, je mehr Nukleierungsmittel zugeführt wird und

je kleiner die Partikelgröße ist. Damit die Zellnukleierung gleichmäßig über den

Strömungsquerschnitt erfolgt, ist eine homogene Verteilung der Nukleierungsmittel in der

Polymerschmelze erforderlich.

2.3.3 Zellwachstum

Der Zellwachstumsprozess beschreibt das Anwachsen der stabilen Zellkeime, d. h. der

Blasen, welche die kritische Größe für ein stabiles Wachstum erreicht haben. Zu Beginn ist

der Wachstumsprozess der Gasblasen durch die wirkenden hydrodynamischen Kräfte

dominiert. Es wird davon ausgegangen, dass die Blasen zunächst unabhängig voneinander

wachsen und somit als isolierte Blasen in einem unendlichen viskoelastischen Medium

beschrieben werden können. Treibende Kraft für das Anwachsen der Blase ist die

Druckdifferenz zwischen dem Inneren der Blase und dem sie umgebendem Medium. Die

Wachstumsgeschwindigkeit wird in diesem Stadium des Zellwachstums von der

Oberflächenspannung und den viskoelastischen Eigenschaften der Polymerschmelze

gesteuert und nicht von der Gasdiffusion in die wachsende Blase [Throne 1996].

Im Anfangsstadium des Zellwachstums kann der zeitabhängige Radius R(t) einer

kugelförmigen Gasblase in einem unendlichen viskoelastischen Medium mit folgender

Differentialgleichung beschrieben werden [Barlow und Langlois 1962, Koopmanns et al.

2000]:

( ) ( ) ( ) ( )( )

( ) ( )tRppdttdR

tRt

dttRdtR

dttdR

SE /2

423

212

22

γη

ρ −−=

+

+

(2.13)

Hierin entspricht ρ der Dichte und ηE der Dehnviskosität des viskoelastischen Mediums, p1

dem Gasdruck in der Blase, p2 dem Druck im Medium und γS der Oberflächenspannung. Der

dritte Term auf der linken Seite von Gl. 2.13 beschreibt den Einfluss der viskoelastischen

Eigenschaften des Mediums auf das Wachstum des Blasenradius. Als Kenngröße für die

Page 23: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

17

viskoelastischen Eigenschaften wird die Dehnviskosität verwendet. Dies ist damit begründet,

dass während des Zellwachstums eine ausgeprägte Dehnbeanspruchung auf das die

Gasblase umgebende Medium ausgeübt wird.

Eventuelle Schereinflüsse von außen auf die wachsende Gasblase werden in Gl. 2.13 nicht

berücksichtigt. Dies ist sinnvoll, da das Zellwachstum im Schaumextrusionsprozess

außerhalb der Düse des Extruders stattfindet und somit keine Scherwirkung auftritt.

Ursprünglich wurde Gl. 2.13 für Newtonsche Flüssigkeiten entwickelt, die ein rein viskoses

Verhalten aufweisen. Die Berücksichtigung des komplexen viskoelastischen Verhaltens von

Polymerschmelzen erfolgt einzig über die Dehnviskosität. Es wurden verschiedene Modelle

zur Beschreibung der Dehnviskosität, welche eine Funktion der Dehnrate, der Zeit, der

Temperatur und der thermisch-mechanischen Vorgeschichte ist, entwickelt [z.B. Lodge und

Meissner 1973, Inkson et al. 1999, Nishioka et al. 2000, Wagner et al. 2001]. Aufgrund der

hohen Komplexität dieser Modelle sei an dieser Stelle auf die entsprechende Literatur

verwiesen.

Bei der Auswahl und Anwendung der Modelle muss jedoch berücksichtigt werden, dass die

Polymerschmelze während des Zellwachstums einer biaxialen Dehnbeanspruchung

unterzogen wird. Dies wird aus Bild 2.4 deutlich, in dem die Belastung in einer Zelle während

des Wachstums schematisch dargestellt ist. Die Zugkräfte in der Zellwand wirken aufgrund

der Dreidimensionalität der Zelle in alle Richtungen in der Ebene, wodurch eine biaxiale

Dehnbeanspruchung entsteht. Des weiteren hängt die Dehnviskosität der Polymerschmelze

von dem in der Schmelze noch vorhandenen Gasanteil ab. Obwohl das Entweichen des

Gases aus der Polymerschmelze ein zeitabhängiger Prozess ist, wird in guter Näherung

angenommen, dass die Gaskonzentration in der Polymerschmelze unmittelbar nach dem

Verlassen der Düse sehr schnell zurückgeht, so dass für die Beschreibung des

Zellwachstums die Dehnviskosität der reinen Polymerschmelze von Relevanz ist [Gendron

und Daigneault 2000].

Bild 2.4: Schematische Darstellung des Zellwachstums einer Zelle

Page 24: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

18

Die Beschreibung des Zellwachstumsbeginns mit Hilfe der Gl. 2.13 ist jedoch kritisch zu

betrachten, da dieser Ansatz den Gastransfer in die wachsende Blase per Diffusion und

nicht-isotherme Effekte z.B. durch freiwerdende Wärme bei der Desorption des Gases aus

der Polymer-Gas-Lösung nicht berücksichtigt [Throne 1996]. Trotzdem ist Gl. 2.13 sehr gut

geeignet um die Einflussfaktoren auf den Beginn des Blasenwachstums zu beurteilen. So

kann direkt abgelesen werden, dass eine hohe Dehnviskosität die

Wachstumsgeschwindigkeit der Blasen vermindert, während eine niedrigere

Oberflächenspannung, die z.B. durch Zugabe von Tensiden erreicht werden kann, die

Wachstumsgeschwindigkeit erhöht.

Wenn die wachsende Blase eine gewisse Größe erreicht hat, kann das Wachstum nicht

mehr nur allein durch den Druckunterschied aufrechterhalten werden [Throne 1996]. Dies ist

dann der Fall, wenn die Geschwindigkeit der Gaszufuhr in die Blase geringer ist, als es die

aufgrund des Druckunterschiedes und der hydrodynamischen Kräfte mögliche

Zellwachstumsgeschwindigkeit erfordert. Der Zeitpunkt ist erreicht, wenn das Gas aus der

direkten Begrenzungsschicht der Gasblase komplett in die Blase entwichen ist. Das für den

weiteren Wachstumsprozess erforderliche Gas muss dann aus weiter entfernten Regionen in

die Gasblase diffundieren. In diesem Stadium ist das Zellwachstum diffusionsgesteuert.

Die einzelnen Gasblasen können zwar immer noch als isoliert betrachtet werden, allerdings

wird ein deutlich größerer Bereich des die Blase umgebendenden Mediums durch die

wachsende Blase beeinflusst. Dies ist anschaulich in Bild 2.5 dargestellt. Der innere Kreis

stellt die wachsende Blase dar. Sie wird von einer sphärischen Hülle an beeinflusstem

Volumen umgeben, welche den Bereich des umgebenden Mediums beschreibt, aus dem

Gas per Diffusion in die wachsende Gasblase wandert. Aufgrund des in die Gasblase

diffundierten Gases ist die Gaskonzentration in der Polymerschmelze in der direkten

Umgebung der Gasblase herabgesetzt. Anhand des ebenfalls in Bild 2.5 dargestellten

schematischen Verlaufs der Gaskonzentration in der Hülle der wachsenden Gasblase ist

erkennbar, dass die Gaskonzentration in der Polymerschmelze direkt an der Oberfläche der

Blase am geringsten ist und mit weiterem Abstand von der Blase größer wird, bis am Ende

des durch Diffusion beeinflussten Bereiches die Sättigungskonzentration erreicht ist. Ähnlich

wie die Blase wächst auch das beeinflusste Volumen mit der Zeit an.

Zur Beschreibung des diffusionsgesteuerten Zellwachstums reicht nicht mehr nur eine

Differentialgleichung aus, sondern es ist ein Differentialgleichungssystem erforderlich, indem

der Massentransfer in die Gasblase berücksichtigt wird. Zur Aufstellung des

Differentialgleichungssystems werden der Massenerhaltungssatz, der Impulserhaltungssatz

und der Energieerhaltungssatz für das Zellwachstum jeder Zelle betrachtet und miteinander

Page 25: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

19

verknüpft. In der Literatur ist eine Vielzahl von Modellen zur Beschreibung des

diffusionsgesteuerten Zellwachstums ausführlich beschrieben, weshalb an dieser Stelle nicht

näher darauf eingegangen werden soll [z.B. Amon und Denson 1984, Joshi et al. 1988,

Arefmanesh et al. 1990, Ramesh et al. 1991, Mahapatro et al. 1998]. Die

Modellvorstellungen sind neben der mathematischen Beschreibung des

Zellwachstumsprozesses jedoch auch für ein besseres Verständnis der dabei stattfindenden

Vorgänge sehr hilfreich. So ist anhand von Bild 2.5 sehr anschaulich vorstellbar, dass lange

bevor direkte Wechselwirkungen zwischen zwei wachsenden Blasen auftreten, die von der

jeweiligen Blase beeinflussten Volumina aufeinander treffen.

S(t)

Polymerschmelze + gelöstes Gas

R(t)

Gas

r

c(r,t)

c(R,t)

c = C

R(t) S(t)

Bild 2.5: Schematische Darstellung einer wachsenden Gasblase mit dem Radius R(t), die von einer

ebenfalls wachsenden Hülle an beeinflusster Polymerschmelze mit dem Radius S(t) umgeben ist. In

dem Diagramm ist der Verlauf der Gaskonzentration c(r,t) in der Hülle schematisch dargestellt, wobei

C der Sättigungskonzentration des Gases in der Polymerschmelze entspricht. [nach Arefmanesh et al.

1990]

Wenn die aufeinander treffenden Gasblasen und somit auch die sie umgebenden Hüllen aus

beeinflusstem Volumen gleich groß sind, stoppt die Ausbreitung der Hülle, und die Zellen

können so lange weiter wachsen, bis das in der jeweiligen Hülle vorhandene Gas in die Zelle

diffundiert ist. Demzufolge werden die Blasen am Ende gleich groß. Dies ist in guter

Näherung immer dann der Fall, wenn die Zellen gleichzeitig nukleiert wurden und der mittlere

Abstand zwischen den Nukleierungsstellen gleich groß ist. Anhand dieser Vorstellung wird

deutlich, weshalb eine hohe Nukleierungsrate und eine möglichst gleichmäßige Verteilung

der Nukleierungsstellen in der Polymerschmelze für eine homogene Zellstruktur erforderlich

sind.

Page 26: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

20

Treffen jedoch Blasen unterschiedlicher Größe aufeinander, ist aus energetischen Gründen

die Diffusion von Gas in die größere Zelle begünstigt. Während des Zellwachstums stellt sich

ein Gleichgewicht zwischen der für die Vergrößerung der Blasenoberfläche AO

aufzubringenden Oberflächenenergie γS und der durch den Gasdruck in der Blase p1

erzeugten Volumenarbeit in der Blase des Volumens V ein, welches für den

Gleichgewichtszustand wie folgt beschrieben werden kann:

dVpdAOS ⋅=⋅ 1γ (2.14)

Für die als Kugel betrachtete Blase mit dem Blasenradius r kann Gl 2.14 wie folgt

umformuliert werden:

drrpdrrS ⋅⋅⋅⋅=⋅⋅⋅⋅ 21 48 ππγ (2.15)

Somit ergibt sich für den Gasdruck in der Blase:

rp Sγ⋅=

21 (2.16)

Demzufolge ist bei gleicher Oberflächenspannung der Gasdruck in einer kleineren Blase

größer und somit der Druckunterschied zwischen dem Druck in der Polymer-Gas-Lösung

und in der Gasblase geringer. Diese Tatsache bewirkt, dass beim Aufeinandertreffen zweier

Blasen mit unterschiedlichem Volumen das Diffundieren des Gases in die größere Blase

bevorzugt wird. Aus demselben Grund ist die Koaleszenz, d.h. die Vereinigung kleinerer

Zellen zu großen Zellen und die damit verbundene Verringerung der Zelloberfläche, im

Vergleich zum Gesamtvolumen der Zelle energetisch begünstigt.

Zur Zellkoaleszenz kann es jedoch auch aufgrund des Reißens von Zellwänden kommen. Im

Zuge des Zellwachstums wachsen die zunächst kugelförmigen Blasen immer weiter

aufeinander zu. Der Abstand zwischen den einzelnen Zellen wird stetig geringer, wodurch

die Dicke der Polymerschmelze, welche die Zellen umgibt und voneinander trennt, immer

kleiner wird. Die Zellen flachen an den Stellen, an denen sie aufeinander treffen, ab und

gehen von der Kugelform in eine Polyederform über, wie sie in Bild 2.4 dargestellt ist. Die

einzelnen Zellen sind dann nur noch durch sehr dünne Schmelzefilme voneinander getrennt,

die als Zellwände bezeichnet werden.

Wie bereits erwähnt, wird die Polymerschmelze in den Zellwänden einer biaxialen

Dehnbeanspruchung unterzogen. Wenn die Schmelzefestigkeit der Polymerschmelze zu

gering ist, kann es zu einem Aufreißen der Zellwände und somit zur Vereinigung von

benachbarten Zellen kommen. Neben der Koaleszenz, d.h. der kompletten Vereinigung

zweier Zellen zu einer neuen, führt das Aufreißen der Zellwände zur Bildung von offenen

Zellen. Dabei behalten die beiden Zellen nach dem Reißen der Zellwand ihre ursprüngliche

Page 27: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

21

Form annähernd bei, allerdings sind die Zellen dann nicht mehr komplett von einem

Polymerfilm umschlossen, so wie es bei geschlossenen Zellen der Fall ist, sondern

miteinander verbunden. Während solche Effekte bei der Bildung offenzelliger Schäume

erwünscht sind, sind sie bei der Herstellung von geschlossenzelligen Schäumen

unerwünscht. Denn je höher die Anzahl an offenen Zellen in einem größtenteils

geschlossenzelligen Schaum ist, desto schlechter ist die mechanische Festigkeit und desto

geringer ist die Wärmeisolierung. Schließlich kann das Reißen der Zellwände auch zu einem

Kollabieren der Zellen führen. Wenn es aufgrund des Aufreißens der Zellwände zu einem

kompletten Gasverlust aus der Zelle in benachbarte Zellen kommt, fällt die Zelle wieder in

sich zusammen. Dieser Vorgang wird als Zellkollaps bezeichnet.

Ein weiterer Effekt, der beim Zellwachstum berücksichtigt werden muss, ist der Gasverlust

an die Umgebung. Im Vergleich zu den Drücken in den gebildeten Schaumzellen ist der

Druck in der Umgebung des Schaums geringer, weshalb die Diffusion des Gases in die

Umgebung begünstigt ist. Der Gasverlust ist um so höher, je größer die Temperatur der

Schmelze ist und je langsamer die Abkühlung des Schaums erfolgt. Denn wie im Kapitel

2.3.1.2 gezeigt, nimmt die Diffusionsgeschwindigkeit mit sinkender Temperatur ab. Je

schneller also die Temperatur der Außenhaut des Schaums verringert wird, desto geringer

ist der Gasverlust an die Umgebung. Des weiteren wird der Gasverlust an die Umgebung

durch das Aufreißen der Zellwände und der dadurch erzeugten Verbindungen zwischen den

Zellen erhöht. Dies verringert den Diffusionsweg des Gases durch die Polymermatrix vom

Inneren des Schaums an die Schaumoberfläche, und in derselben Zeit kann mehr Gas in die

Umgebung diffundieren. Wenn die Gasverluste an die Umgebung zu groß sind, kann es

sogar zu einem teilweisen oder kompletten Zusammenbruch der Zellstruktur kommen.

2.3.4 Schaumstabilisierung

Unter Schaumstabilisierung versteht man die Fixierung der Schaumstruktur. Dabei wird die

Viskosität der Polymerschmelze so stark erhöht, dass der Druck in der Zelle für eine weitere

Ausdehnung nicht mehr ausreicht und die Zellwände so stabil sind, dass die weiterhin

stattfindenden Diffusionsvorgänge die Schaumstruktur nicht mehr verändern. Die Erhöhung

der Viskosität erfolgt durch Abkühlen des Schaums. Hierbei ist neben der externen Kühlung

durch die Umgebung des extrudierten Stranges eine zusätzliche Kühlwirkung durch die

isentrope Expansion des Treibgases zu berücksichtigen [Naguib et al. 2004]. Bei amorphen

Polymeren wird die Schaumstruktur beim Erreichen der Glasübergangstemperatur fixiert. Bei

der Glasübergangstemperatur wird die Polymerschmelze eingefroren, wodurch die Viskosität

stark erhöht wird. Im Fall von teilkristallinen Polymeren führt die einsetzende Kristallisation

zu einer gravierenden Erhöhung der Viskosität und somit zur Stabilisierung der

Schaumstruktur.

Page 28: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

22

Einen entscheidenden Einfluss auf die Schaumstruktur hat die Zeit, die zwischen dem

Beginn des Zellwachstums und dem Einfrieren der Zellstruktur vergeht. Wenn die

Schaumstabilisierung sehr schnell erfolgt, was zum Beispiel durch Abschrecken des

Schaums erreicht werden kann, können die nukleierten Zellen nur sehr kurze Zeit wachsen,

und die gebildeten Schaumzellen sind sehr klein. Durch die kurze Zellwachstumsphase kann

nur ein Teil des Gases in die Zellen diffundieren, wodurch nur ein geringer Aufschäumgrad

erzielt wird. Wie bereits erwähnt, ist aufgrund des geringen Umgebungsdruckes eine

Diffusion des Gases aus dem Schaum in die Umgebung begünstigt. Wenn die Zeit bis zur

Stabilisierung der Schaumstruktur zu lange dauert, kann ein Großteil des Gases aus dem

Inneren des Schaums in die Umgebung entweichen und die gebildeten Schaumzellen fallen

wieder in sich zusammen.

In verschiedenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass Schaumadditive wie Treibmittel

oder Nukleierungsmittel das Kristallisationsverhalten von thermoplastischen Polymeren

beeinflussen [z.B. Mitsuishi et al. 1991, Velasco et al. 1996, Handa et al. 1997, Zhang und

Handa 1998, Naguib et al. 2005]. In der Polymerschmelze gelöste Gase wie CO2 oder N2

senken die Kristallisationstemperatur ab. Der Effekt ist bei CO2 aufgrund der größeren

Löslichkeit im Vergleich zu N2 stärker ausgeprägt. Die Verringerung der

Kristallisationstemperatur durch die gelösten Gase kann auf eine höhere Beweglichkeit der

Polymermoleküle aufgrund des vergrößerten freien Volumens zurückgeführt werden. Die

Absenkung der Kristallisationstemperatur ist demzufolge um so größer je höher der gelöste

Gasanteil in der Polymerschmelze ist. Es muss jedoch beachtet werden, dass durch die

Abnahme der Gaskonzentration in der Polymerschmelze während des

Zellwachstumsprozesses die reduzierende Wirkung des gelösten Gases auf die

Kristallisationstemperatur geringer wird.

Bei der Verwendung von chemischen Treibmitteln kann trotz der freiwerdenden Gase ein

Anstieg der Kristallisationstemperatur auftreten. Dieser Anstieg ist darauf zurückzuführen,

dass die bei der Zersetzung des chemischen Treibmittels entstehenden festen

Reaktionsprodukte als Nukleierungsmittel für die Kristallisation wirken. Einen ähnlichen

Effekt haben auch die Nukleierungsmittel, die für eine bessere Keimbildung der

Schaumzellen zugegeben werden, da diese nicht nur die Nukleierung der Gasblasen,

sondern auch die Nukleierung der Kristallite fördern [Mitsuishi et al. 1991, Velasco et al.

1996, Naguib et al. 2005]. Ähnlich wie bei der Zellnukleierung unterscheidet man auch bei

der Nukleierung der Kristallite eine homogene und heterogene Nukleierung. Durch die

Zugabe von Nukleierungsmitteln wird die Keimbildungsenergie reduziert, wodurch sich die

Zahl der nukleierten Kristallisationskeime erhöht und so das Wachstum der Kristallite

beschleunigt wird. Die Zugabe von Nukleierungsmitteln führt im allgemeinen zu einem

Page 29: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

23

Anstieg der Kristallisationstemperatur. Letzteres ist insbesondere für die

Schaumstabilisierung von entscheidender Bedeutung, da durch das Einsetzen der

Kristallisation bei einer höheren Temperatur die Zeit zwischen dem Beginn des

Zellwachstums und der Schaumstabilisierung verringert wird, was, wie bereits erwähnt, zu

geringen Aufschäumgraden führen kann.

Bei der Schaumextrusion kann es je nach Material und Prozessbedingungen außerdem zu

einer scher- bzw. dehninduzierten Kristallisation kommen. Beim Durchströmen der Düse im

Extruder werden die Polymerketten oder -segmente durch die auftretende Scher- und

Dehnbeanspruchung in Fließrichtung orientiert und gestreckt, wodurch sich die

Nukleierungsenergie für die Bildung von Kristalliten verringert [z.B. Hobbs et al. 2001, Hu et

al. 2002, van Meervelt et al. 2004]. Das Auftreten einer fließinduzierten Kristallisation hängt

neben Materialparametern, wie z.B. der Molmassenverteilung, von der Höhe der Scher- bzw.

Dehnbeanspruchung der Schmelze in der Düse und insbesondere von der

Schmelzetemperatur ab. Je geringer die Differenz zwischen der Schmelzetemperatur und

der Kristallisationstemperatur ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer

fließinduzierten Kristallisation. Durch die in der Düse einsetzende Kristallisation kann es zu

einem Verstopfen der Düse kommen, so dass keine Schaumextrusion mehr möglich ist.

2.4 Schäumverhalten von Polypropylenen

Polypropylene haben aufgrund verschiedener exzellenter Eigenschaften, wie z.B. hoher

Steifigkeit, guter Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit, hoher Abriebfestigkeit und

geringer Materialkosten, einen weitverbreiteten Einsatz in unterschiedlichsten Anwendungen

und Produkten gefunden. Das beachtliche Anwendungspotential von geschäumten

Polypropylenen wurde sehr früh erkannt und führte bereits in den 60er Jahren des letzten

Jahrhunderts zur industriellen Einführung von Polypropylenschäumen [Frisch und Saunders

1972]. Nichtsdestotrotz beschränkte sich der Einsatz von Polypropylen bis vor kurzem auf

eine Anzahl von Nischenanwendungen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass konventionelle

lineare Polypropylene eine geringe Schmelzefestigkeit aufweisen, wodurch es schon bei

geringen Aufschäumgraden zu einem Aufreißen der Zellwände kommen kann, da die

Schmelze in den Zellwänden den während des Aufschäumvorganges wirkenden

Dehnbeanspruchungen nicht standhält. Demzufolge besitzen Schäume aus linearem PP

häufig eine sehr inhomogene Zellstruktur und einen hohen Anteil an offenen Zellen und sind

somit für eine Vielzahl von Anwendungen ungeeignet. Um das Aufschäumverhalten von

konventionellem Polypropylen zu verbessern, wurden in den letzten 10 bis 20 Jahren

verschiedene Methoden zur Erhöhung der Schmelzefestigkeit entwickelt.

Page 30: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

24

Erste Erfolge konnten bereits in den 80er Jahren durch die Vernetzung von PP erreicht

werden [z.B. Nojiri et al. 1984, Lee und Wang 1986, Kitagawa et al. 1987]. Die Vernetzung

von Polypropylen kann mittels Elektronen- oder Gammastrahlung, mit Hilfe von Peroxiden

oder durch Aufpfropfen von Organosilanen bzw. Maleinsäureanhydrid und anschließender

Vernetzung der aufgepfropften Moleküle erfolgen [Fritz et al. 1998]. Durch die partielle

Vernetzung des Polypropylens bildet sich ein Gelanteil in der Schmelze, der zu einer

Erhöhung der Schmelzefestigkeit führt. Die hergestellten Schäume aus teilvernetztem PP

weisen eine homogenere Zellstruktur und höhere Aufschäumgrade im Vergleich zu

Schäumen aus konventionellem Polypropylen auf. Wie Bölz (2002) in einer umfangreichen

Untersuchung zum Einfluss des Vernetzungsgrades auf das Schaumverhalten von partiell

vernetzten Polypropylenen feststellte, nimmt mit Zunahme des Vernetzungsgrades die

mittlere Porengröße des Schaums signifikant ab, und gleichzeitig steigt die erreichbare

Dichtereduktion an. Der Nachteil der teilvernetzten Polypropylene ist der erhöhte

Verarbeitungsaufwand und die damit verbundene Steigerung der Kosten. Zunächst wird ein

unvernetztes und unverschäumtes Halbzeug erzeugt, welches in einem zweiten

Verarbeitungsschritt vernetzt und anschließend aufgeschäumt wird.

Der Durchbruch gelang mit der Entwicklung der sogenannten hochschmelzefesten

Polypropylene (engl.: high melt strength PP – kurz HMS-PP) zu Beginn der 90er Jahre. Die

hohe Schmelzefestigkeit wird bei diesen Produkten in den meisten Fällen durch die

Einbringung von Langkettenverzweigungen erzeugt. Es gibt aber auch hochschmelzefeste

PP, die keine Langkettenverzweigungen, sondern eine hochmolekulare Komponente

aufweisen [z.B. Sugimoto et al. 2001a,b]. Allerdings sind diese deutlich weniger verbreitet als

die langkettenverzeigten PP. Die Herstellung von langkettenverzweigtem PP kann über

verschiedene Post-Reaktor Verfahren oder über in-situ Polymerisation erfolgen. Dabei

werden die Post-Reaktor Verfahren, zu denen Elektronenbestrahlung [z.B. Scheve et al.

1990, Yoshii et al. 1996, Sugimoto et al. 1999, Auhl et al. 2004], Gammabestrahlung [z.B.

Valenza et al. 1999, Lugao et al. 2003] und die reaktive Extrusion mittels Peroxiden [z.B.

Langendijk et al. 2001, Gotsis et al. 2004a] gehören, weit häufiger angewandt als die in-situ

Polymerisation.

In zahlreichen Untersuchungen wurde der Einfluss der Langkettenverzweigungen auf die

Schmelzefestigkeit und auf das dehnrheologische Verhalten von Polypropylenen untersucht

[z.B. Hingmann und Marczinke 1994, Kurzbeck et al. 1999, Sugimoto et al. 2001a,b,

Langendijk et al. 2001, Gabriel und Münstedt 2003, Gotsis et al. 2004a, Auhl et al. 2004].

Dabei konnte gezeigt werden, dass die signifikante Erhöhung der Schmelzefestigkeit durch

die Langkettenverzweigungen mit einer ausgeprägten Dehnverfestigung im

dehnrheologischen Verhalten einhergeht [Langendijk et al. 2001, Gotsis et al. 2004b]. Als

Page 31: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

25

Dehnverfestigung wird ein Anstieg der Dehnviskosität über die linear-viskoelastische

Anlaufkurve in Dehnung bezeichnet. Die Dehnverfestigung bewirkt bei fortschreitender

Dehnbeanspruchung eine Erhöhung des Deformationswiderstandes, was neben einer

Erhöhung der Schmelzefestigkeit auch zu einer sehr homogenen Probendeformation führt

[Kurzbeck 1999].

Erste Untersuchungen zum Schäumverhalten von hochschmelzefestem Polypropylen gehen

auf Bradley und Phillips zurück [Bradley und Phillips 1991, Phillips et al. 1992]. Sie führten

vergleichende Schaumextrusionsversuche mit CFC 114 als Treibmittel an einem

herkömmlichen Polypropylen und einem HMS-PP durch. Während bei dem herkömmlichen

PP nur geringe Aufschäumgrade und ein Zusammenbruch der Schaumstruktur gefunden

wurden, konnten für das hochschmelzefeste PP eine hohe Dichtereduktion von bis zu 95 %

und eine gleichmäßige, geschlossene Zellstruktur erzielt werden. In den ebenfalls

durchgeführten uniaxialen Dehnexperimenten zeigte die langkettenverzweigte

Polypropylenschmelze ein ausgeprägtes Dehnverfestigungsverhalten, welches bei dem

linearen PP nicht gefunden wurde. Deshalb führen die Autoren das verbesserte

Schäumverhalten des langkettenverzweigten Polypropylens darauf zurück, dass durch die

ausgeprägte Dehnverfestigung und die daraus resultierende höhere Schmelzefestigkeit ein

Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstumsprozesses verhindert wurde.

Park und Cheung (1997) untersuchten das Schäumverhalten eines linearen und eines

langkettenverzweigten Polypropylens in der Schaumextrusion mit CO2 und Isopentan als

Treibmittel. Die hergestellten Schäume aus dem linearen PP wiesen eine hohe Anzahl an

offenen, miteinander verbundenen Zellen auf. Dies war bei Verwendung des

langkettenverzweigten PP nicht der Fall. Die Schaumstruktur des langkettenverzweigten PP

bestand aus größtenteils geschlossenen Zellen. Anhand des Vergleiches von in Wasser

abgeschreckten und an der Luft gekühlten Schaumsträngen stellten sie für das lineare PP

signifikante Unterschiede in der Schaumstruktur fest. Die schneller abgekühlten Stränge

wiesen eine deutlich höhere Zelldichte als die langsam abgekühlten auf. Die Abnahme der

Zelldichte durch das langsamere Abkühlen führen die Autoren auf Zellzusammenschlüsse

während des Zellwachstums durch Aufreißen von Zellwänden aufgrund der geringen

Schmelzefestigkeit des linearen PP zurück. Für das langkettenverzweigte PP wurden keine

signifikanten Unterschiede zwischen den langsam und schnell abgekühlten Proben

festgestellt, woraus geschlossen wurde, dass die höhere Schmelzefestigkeit ein Aufreißen

der Zellwände und somit den Zusammenschluss von Zellen verhindert.

Andreassen et al. (1999) führten ähnlich wie Park und Cheung Schaumextrusionsversuche

an einem linearen und einem langkettenverzweigten PP mit CO2 und Isopentan durch. Bei

Page 32: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

26

Verwendung von CO2 stellten sie ein besseres Schäumverhalten des langkettenverzweigten

Polypropylens hinsichtlich der Zellstruktur, der Dichtereduktion und des

Verarbeitungsfensters fest. In den Schäumversuchen mit Isopentan als Treibmittel konnten

sie jedoch auch mit dem linearen PP Schäume mit einer hohen Zelldichte, einer hohen

Dichtereduktion und einer größtenteils geschlossenzelligen Zellstruktur herstellen, die sich

von den Schäumen des langkettenverzweigten PP nicht oder nur geringfügig unterschieden.

Eine Ursache für den unterschiedlichen Einfluss des Treibmittels auf das Schäumverhalten

des linearen Polypropylens wird jedoch nicht angeführt.

Heinz (2002) stellte in seiner Doktorarbeit ebenfalls fest, dass bei der Schaumextrusion mit

CO2 als Treibmittel bei Verwendung eines kommerziellen langkettenverzeigten PP im

Vergleich zu einem linearen PP eine homogenere Zellstruktur und eine engere

Zellgrößenverteilung auftritt. Obwohl die Schmelzefestigkeit bzw. das dehnrheologische

Verhalten in dieser Arbeit nicht untersucht wurde, führt er die Unterschiede in der

Schaumstruktur der beiden Polypropylene auf die Verringerung von Zellzusammenschlüssen

bei dem langkettenverzweigten PP durch die höhere Schmelzefestigkeit zurück.

Naguib et al. (2002, 2004) beschäftigten sich intensiv mit möglichen Strategien für die

Herstellung von Polypropylenschäumen mit einer starken Dichtereduktion und versuchten,

die grundlegenden Mechanismen bei der Schaumextrusion von Polypropylen zu erforschen.

Sie fanden ebenfalls heraus, dass eine der wichtigsten Strategien für das Erreichen einer

hohen Dichtereduktion bei der Schaumextrusion von Polypropylen die Verwendung von

hochschmelzefestem Polypropylen ist. Der Aufschäumgrad, den sie mit linearen PP

erreichen konnten, war deutlich geringer als mit langkettenverzweigtem PP, was sie

wiederum auf die geringe Schmelzefestigkeit des linearen PP und dem daraus

resultierenden Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstumsprozesses

zurückführten. Durch das Aufreißen der Zellen kommt es zu Zellvereinigungen und zu einem

hohen Anteil an miteinander verbundenen Zellen, wodurch ein größerer Teil des Treibgases

an die Umgebung verloren geht.

Eine weitere Strategie zur Verringerung der Dichte bei der Schaumextrusion von PP ist die

Verwendung eines langkettigen Treibgases. Im Vergleich zu den Inertgasen weisen Alkane,

wie z. B. Butan oder Pentan, aufgrund der höheren Molmasse eine niedrigere Flüchtigkeit

und demzufolge eine geringere Diffusionsfähigkeit auf. Durch die niedrigere

Diffusionsfähigkeit werden die Zellwachstumsgeschwindigkeit und der Gasverlust in die

Umgebung verringert. Schließlich konnten die Autoren zeigen, dass die

Verschäumtemperatur einen entscheidenden Einfluss auf die erreichbare Dichtereduktion

hat. Der Aufschäumgrad durchläuft in Abhängigkeit von der Temperatur ein Maximum. Bei

hohen Temperaturen wird der erreichbare Aufschäumgrad durch den Gasverlust an die

Page 33: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

27

Umgebung bestimmt. Durch Verringerung der Verschäumtemperatur kann der Gasverlust

gesenkt werden, da die Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Polymerschmelze mit

der Temperatur abnimmt. Wenn die Temperatur allerdings zu gering wird, setzt die

Kristallisation zu früh ein, und der Zellwachstumsprozess wird vorzeitig gestoppt. Deshalb ist

die richtige Wahl der Verschäumtemperatur für das Erreichen einer maximalen

Dichtereduktion bei der Schaumextrusion von Polypropylen von großer Bedeutung.

Den Doelder et al. (2002) führten Untersuchungen zur Modellierung des

Aufschäumverhaltens eines linearen und eines kommerziellen hochschmelzefesten

Polypropylens durch. Hierfür analysierten sie insbesondere das dehnhreologische Verhalten

und das Kristallisationsverhalten auch unter Scherbeanspruchung der beiden Polypropylene.

Sie fanden ein ausgeprägtes Dehnverfestigungsverhalten bei dem hochschmelzefesten PP,

während das lineare PP keine Dehnverfestigung aufwies. Die Kristallisationstemperatur des

linearen PP ist signifikant geringer als die des langkettenverzweigten PP. Der Einfluss der

Scherung auf das Kristallisationsverhalten ist bei beiden Polypropylenen gleich. Unter

Berücksichtigung der Unterschiede im Kristallisationsverhalten und in der Dehnrheologie

bestimmten sie das Verarbeitungsfenster, in dem eine stabile Schaumstruktur erzeugt

werden kann. Für das langkettenverzweigte PP ergab die Modellierung ein

Verarbeitungsfenster von ca. 7 °C, in dem stabile Blasen gebildet werden können, während

für das lineare PP kein Verarbeitungsfenster ermittelt werden konnte, in dem ein stabiler

Schaum erzeugt werden kann. Sie erwähnen, dass dies mit Ergebnissen experimenteller

Untersuchungen zum Verschäumverhalten übereinstimmt, ohne jedoch die Ergebnisse

genauer darzustellen und Informationen zu den Versuchsbedingungen zu geben.

Die zitierten Untersuchungen belegen, dass durch die Verwendung hochschmelzefester

Polypropylene die bei linearen Polypropylenen auftretenden Probleme bei der

Schaumherstellung behoben werden können. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das

verbesserte Aufschäumverhalten der hochschmelzefesten Polypropylene wahrscheinlich auf

die hohe Schmelzefestigkeit und die ausgeprägte Dehnverfestigung zurückzuführen ist. Eine

systematische Untersuchung der Zusammenhänge zwischen dem rheologischen Verhalten

insbesondere unter Dehnbeanspruchung und dem Verarbeitungsverhalten im

Schäumprozess wurde dagegen noch nicht beschrieben. Erste Untersuchungen an Blends

aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen bzw. an Polypropylenen mit

unterschiedlichen Anteilen an Langkettenverzweigungen im Hinblick auf eine gezielte

Variation des dehnrheologischen Verhaltens und dessen Korrelation mit dem

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion wurden jedoch in den letzten Jahren parallel

zu der hier vorliegenden Arbeit durchgeführt.

Page 34: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

28

Naguib et al. (2001) und Reichelt et al. (2003) führten Untersuchungen an Blends aus einem

linearen und einem langkettenverzweigten Polypropylen durch. Zunächst wurde der Einfluss

des Anteils an langkettenverzweigtem PP auf die Schmelzefestigkeit mittels Rheotens

untersucht. Mit steigendem Anteil an langkettenverzeigtem PP nahmen sowohl die

Schmelzefestigkeit als auch die Dehnbarkeit der Schmelze, d.h. die maximal erreichte

Dehnung, zu. In der Schaumextrusion mit Butan als Treibmittel wurde ein Anstieg der

Zelldichte und des Aufschäumgrades mit zunehmendem Anteil an langkettenverzweigtem

Polypropylen gefunden.

Spitael und Macosko (2004) untersuchten ebenfalls das Schäumverhalten von Blends aus

linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen. Für ihre Untersuchungen stellten sie

Blends aus einem linearen und zwei langkettenverzweigten PP her. Mit Hilfe uniaxialer

Dehnexperimente wurde der Einfluss des Anteils an langkettenverzweigtem Polypropylen auf

die Dehnverfestigung untersucht. Für beide untersuchten langkettenverzweigten

Polypropylene wurde ein Anstieg der Dehnverfestigung mit zunehmendem Anteil an

verzweigten PP gefunden. In den anschließenden Schäumuntersuchungen mit CO2 als

Treibmittel konnte keine direkte Korrelation zwischen der Dehnverfestigung und der

Zelldichte festgestellt werden. Es wurde ein Maximum in der Zelldichte bei einem Anteil von

25 Gew.% langkettenverzweigtem PP gefunden. Das Maximum wird durch den kombinierten

Einfluss einer höheren Anzahl an Nukleierungsstellen des linearen PP und einer

verminderten Zellkoaleszenz des langkettenverzweigten PP aufgrund der Dehnverfestigung

erklärt.

Gotsis et al. (2004b) untersuchten das dehnrheologische Verhalten und das

Schäumverhalten in Extrusion für langkettenverzweigte Polypropylene, die über reaktive

Extrusion mit Peroxiden erzeugt wurden. Dabei wurde, ausgehend von einem linearen

Ausgangsmaterial, durch die Zugabe unterschiedlicher Anteile an Peroxiden der Anteil an

Langkettenverzweigungen in den modifizierten Polypropylenen erhöht. Mit steigender Anzahl

an Langkettenverzweigungen wurde sowohl ein Anstieg der Dehnverfestigung als auch der

Schmelzefestigkeit gefunden. In der Schaumextrusion mit N2 als Treibmittel ergab sich eine

signifikante Zunahme der Dichtereduktion sowie eine Verringerung der Zelldurchmesser und

eine enge Zellgrößenverteilung bereits bei geringen Anteilen an Langkettenverzweigungen.

Bei hohen Anteilen an Langkettenverzweigungen zeigte sich jedoch wieder eine

Verschlechterung des Schäumverhaltens, die nach Ansicht der Autoren vermutlich auf eine

Verringerung der Reißdehnung der Polymerschmelze zurückgeführt werden kann.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es bisher nur sehr wenige Untersuchungen

bezüglich eines direkten Vergleiches zwischen dem Verarbeitungsverhalten von

Page 35: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

2 Polymerschäume und Schaumextrusion

29

Polypropylenen unterschiedlicher molekularer Struktur in der Schaumextrusion und den

rheologischen Eigenschaften gibt. Insbesondere sind fast gar keine Literaturstellen zu finden,

in denen der Einfluss der molekularen Struktur und der rheologischen Eigenschaften von

Polypropylenen auf das Aufschäumverhalten beim Schäumen mit chemischen Treibmitteln

analysiert wurde. Es gibt zwar einige Arbeiten, die sich mit der Charakterisierung von

chemischen Treibmitteln für die Schaumextrusion von Polypropylenen und deren

Auswirkungen auf die Schaumeigenschaften beschäftigen [z.B. Dixon et al. 2000 und 2001],

gezielte Untersuchungen, ob sich ähnlich wie beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel

durch den Einsatz von hochschmelzefesten Polypropylenen eine Optimierung des

Schäumverhaltens bei der Schaumextrusion und der Endeigenschaften der Schäume

erreichen lässt, wurden in der Literatur jedoch nicht gefunden.

Deshalb ist es Ziel der vorliegenden Arbeit, anhand der systematischen Untersuchung des

molekularen Aufbaus, rheologischer Eigenschaften und des Aufschäumverhaltens einiger

ausgewählter Polypropylene unterschiedlicher molekularer Struktur einen Beitrag zum

besseren Verständnis der Zusammenhänge zwischen den molekularen Parametern, dem

Fließverhalten in Scher- und Dehnströmungen und dem Schäumverhalten zu leisten. Dabei

soll ebenfalls beurteilt werden, ob sich diese Zusammenhänge bei der Schaumherstellung

mit chemischem und physikalischem Treibmittel unterscheiden.

Einen Schwerpunkt der Arbeit ist die Analyse des dehnverfestigenden Verhaltens der

untersuchten Polypropylene, wobei herausgearbeitet werden soll, wie sich Unterschiede in

der Höhe der Dehnverfestigung und in der Abhängigkeit der Dehnverfestigung von der

Dehngeschwindigkeit qualitativ auf das Schäumverhalten auswirken, da diesbezüglich noch

keine intensiven Untersuchungen in der Literatur gefunden wurden. Es ist jedoch bekannt,

dass das Dehnverfestigungsverhalten sehr stark vom molekularen Aufbau, insbesondere von

Art und Anteil an Langkettenverzweigungen, abhängig ist. Deshalb soll im Rahmen dieser

Arbeit überprüft werden, ob durch eine gezielte Anpassung des Dehnverfestigungsverhaltens

über die Variation der molekularen Struktur von Polypropylenen, z.B. über die Herstellung

von Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen oder über die

Elektronenbestrahlung von linearem PP, eine Optimierung des Schäumverhaltens und der

erreichbaren Schaumstruktur erzielt werden kann3.

3 Die folgenden im Rahmen der Bearbeitung der Fragestellungen entstandenen Veröffentlichungen von Teilergebnissen der vorliegenden Arbeit in wissenschaftlichen Zeitschriften und Tagungsbänden sind dem Dekanat der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg ordnungsgemäß angezeigt worden: Auhl et al. (2004), Stange et al. (2004), Münstedt und Stange (2005), Stange et al. (2005a, b), Stange und Münstedt (2005a,b).

Page 36: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

30

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung 3.1 Untersuchte Polypropylene

Für die Untersuchungen wurden isotaktische Polypropylene unterschiedlicher molekularer

Struktur verwendet. Zunächst wurden ein konventionelles lineares Polypropylen (L-PP1) und

ein hochschmelzefestes langkettenverzweigtes Polypropylen (LCB-PP1) ausgewählt. Das

langkettenverzweigte Polypropylen ist ein kommerzielles Produkt der Firma Basell

Polyolefine GmbH mit der Typenbezeichnung Profax PF814, das speziell für die Herstellung

von geschäumten Produkten geeignet ist. Vom Hersteller wurden keine Angaben über die

Erzeugung der Langkettenverzweigungen gemacht. Allerdings kann anhand der

Patentliteratur vermutet werden, dass die Langkettenverzweigungen durch

Elektronenbestrahlung erzeugt wurden [Scheve et al. 1990, DeNicola 1991]. Das mit L-PP1

bezeichnete lineare Polypropylen Moplen HP520H ist ebenfalls ein Handelsprodukt der

Firma Basell Polyolefine GmbH, dessen Scherviskosität sich im Bereich hoher

Schergeschwindigkeiten nur geringfügig von der Viskosität des LCB-PP1 unterscheidet.

Zur gezielten Variation des Anteils an Langkettenverzweigungen wurden Blends aus dem

linearen L-PP1 und dem langkettenverzweigten LCB-PP1 hergestellt. Da nicht bekannt ist,

ob das rheologische Verhalten und das Verarbeitungsverhalten im Schäumprozess der

Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen von dem Viskositätsniveau

der Blendpartner abhängen, wurde eine zweite Blendserie mit einem höherviskosen linearen

Polypropylen (L-PP2) als Blendpartner für das gleiche langkettenverzweigte LCB-PP1

untersucht. Das L-PP2 ist ein kommerzielles lineares PP der Basell Polyolefine GmbH mit

der Bezeichnung Hostalen PPH2150.

Des weiteren wurden zwei kommerzielle hochschmelzefeste Polypropylene der Chisso

Petrochemical Corporation verwendet, bei denen die hohe Schmelzefestigkeit laut

Herstellerangabe nicht durch Langkettenverzweigungen, sondern durch einen geringen

Anteil an ultrahochmolekularem Polyethylen hervorgerufen wird. Die beiden Produkte

unterscheiden sich in ihrem molekularen Aufbau, insbesondere in der gewichtsmittleren

Molmasse. Das hochschmelzefeste Polypropylen HMS-PP1 mit der Bezeichnung

Newfoamer FH3400 weist eine deutlich niedrigere Molmasse als das hochschmelzefeste

Polypropylen HMS-PP2 mit der Bezeichnung Newfoamer FH6000 auf.

Im Rahmen eines Projektes zwischen dem Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der Universität

Erlangen-Nürnberg und dem Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden wurden durch

Elektronenbestrahlung von linearen Polypropylenen langkettenverzweigte Polypropylene im

Labormaßstab erzeugt. Aus diesem Projekt wurden in der vorliegenden Arbeit das lineare

Ausgangsprodukt Novolen PPH2150 der Basell Polyolefin GmbH (bezeichnet als L-PP3) und

Page 37: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

31

zwei mit unterschiedlichen Dosen bestrahlte Polypropylene untersucht. Das Polypropylen

LCB-PP2 wurde mit einer Dosis von 5 kGy und das LCB-PP3 mit einer Dosis von 60 kGy

bestrahlt.

Schließlich wurde noch ein weiteres lineares Polypropylen der Firma Basell Polyolefine

GmbH mit der Typenbezeichnung Moplen HP501L (bezeichnet als L-PP4) in die

Untersuchungen einbezogen, welches eine geringere gewichtsmittlere Molmasse als die drei

anderen linearen Polypropylene aufweist. Das L-PP4 wurde als lineares Vergleichsprodukt

zu dem LCB-PP3 und dem HMS-PP1 ausgewählt, die beide eine ähnlich niedrige

gewichtsmittlere Molmasse wie das L-PP4 besitzen.

3.1.1 Herstellung von Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen

Die Herstellung der Blends erfolgte in einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder. Zu

den linearen Polypropylenen L-PP1 und L-PP2 wurden jeweils 2, 5, 10, 25, 50 und 75 Gew.-

% des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-PP1 zugemischt4. Zunächst wurden die

Granulate der Ausgangsprodukte in der entsprechenden Zusammensetzung für ca. 30 min in

einem Taumelmischer vorgemischt. Den Mischungen wurde jeweils 0,1 Gew.-% des

Stabilisators Irganox HP2215 zugegeben5. Die anschließende Compoundierung erfolgte an

einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder der Firma Leistritz (Typ: LSM 34 GL). Es

wurden Schnecken mit einem Längen/Durchmesser-Verhältnis von 32 verwendet. Als

Werkzeug wurde eine Rundlochdüse mit einem Durchmesser von 3 mm eingesetzt. Für alle

hergestellten Blends wurden die gleichen Extrusionsbedingungen verwendet. Der Extruder

verfügt über 10 Heizzonen, deren Temperaturen so eingestellt wurden, dass sich eine

Massetemperatur von ca. 220°C ergab. Die Schneckendrehzahl des Extruders betrug

30 min-1. Die Befüllung des Extruders erfolgte über eine kontinuierliche Dosieranlage, wobei

eine Drehzahl der Dosierschnecke von 10 min-1 eingestellt wurde. Der extrudierte Strang

wurde in einem Wasserbad abgekühlt und anschließend mit Hilfe eines Granulators (Typ:

Magme GA 1-3 GR) zerkleinert.

3.1.2 Herstellung langkettenverzweigter Polypropylene über Elektronenbestrahlung

In verschiedenen Arbeiten in der Literatur wurde beschrieben, dass die

Elektronenbestrahlung eine geeignete Methode zur Erzeugung von

Langkettenverzweigungen in Polypropylen ist [z.B. Scheve et al. 1990, Yoshii et al. 1996,

Sugimoto et al. 1999, Auhl et al. 2004]. Durch die Wechselwirkung der Elektronenstrahlen

4 Die jeweiligen Ausgangsprodukte der Blends wurden ebenfalls unter den gleichen Bedingungen extrudiert, um einen Einfluss der Extrusion auf die Eigenschaften der Produkte beurteilen zu können. 5 Der Stabilisator Irganox HP2215 ist eine Mischung aus einem Langzeitstabilisator und einem Antioxidationsmittel.

Page 38: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

32

mit dem Polypropylen kommt es zur Bildung freier Radikale. Diese können sowohl zur

Kettenspaltung als auch zur Bildung von Verzweigungen führen. In der Regel laufen beide

Prozesse gleichzeitig ab. Die molekulare Struktur der bestrahlten Polypropylene hängt dabei

sehr stark von der Bestrahlungsdosis und den Bestrahlungsparametern ab [Auhl 2006,

Krause 2005].

Die Durchführung der Elektronenbestrahlung der in dieser Arbeit verwendeten Polypropylene

LCB-PP2 und LCB-PP3 erfolgte am Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. Für die

Bestrahlung wurde ein Elektronenbeschleuniger ELV-2 (Budker Institute of Nuclear Physics,

Russland) verwendet. Die Energie der beschleunigten Elektronen betrug 1,5 MeV. Das

lineare Polypropylen L-PP3 wurde in Granulatform in eine spezielle Bestrahlungskammer

gefüllt (siehe Bild 3.1). Die Bestrahlung erfolgte bei Raumtemperatur, Umgebungsdruck und

in Stickstoffatmosphäre. LCB-PP2 wurde in einem Schritt mit einer Dosis von 5 kGy

bestrahlt. Im Fall des LCB-PP3 wurde die Gesamtdosis von 60 kGy in 6 Schritten zu jeweils

10 kGy aufgebracht, um den Temperaturanstieg in der Probe aufgrund der

Elektronenstrahlung zu minimieren. Nach der Bestrahlung wurde das Polypropylen für

30 min bei einer Temperatur von 80 °C unter Stickstoffatmosphäre getempert, um die

entstandenen Radikale miteinander reagieren zu lassen. Anschließend erfolgte eine zweite

Temperung von 60 min bei einer Temperatur von 130 °C, damit die übrigen Radikale

abreagieren können und so deaktiviert werden6.

Elektronenstrahl

Probe

Pumpe

Gas

Elektronenstrahl

Probe

Pumpe

Gas

Bild 3.1: Schematische Darstellung der Probenkammer zur Elektronenbestrahlung [IPF Dresden]

3.2 Analyse des molekularen Aufbaus Die Kenntnis des molekularen Aufbaus der untersuchten Polypropylene ist von

entscheidender Bedeutung, um Zusammenhänge zwischen rheologischen Eigenschaften

und molekularer Struktur ableiten zu können. Nur durch die Kombination von molekularer

6 Genauere Details der Elektronenbestrahlung können Krause (2005) entnommen werden.

Page 39: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

33

Analyse, Bestimmung rheologischer Eigenschaften und Untersuchung des

Verschäumungsverhaltens können gezielte Rückschlüsse hinsichtlich des Einflusses

molekularer Parameter auf das Verarbeitungsverhalten im Schäumprozess erhalten werden.

Wie im Folgenden gezeigt wird, ermöglicht die am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe

vorhandene Gelpermeationschromatographie mit angeschlossener Vielwinkellichtstreuung

die Bestimmung absoluter Molmassenwerte für lineare und langkettenverzweigte

Polypropylene sowie die Detektion und Analyse von Langkettenverzweigungen.

3.2.1 Gelpermeationschromatographie mit angeschlossener Vielwinkellichtstreuung

Mit Hilfe der Gelpermeationschromatographie (GPC) werden die Molmasse und die

Molmassenverteilung von Polymeren bestimmt. Das physikalische Prinzip der GPC beruht

auf der Fraktionierung von gelösten Makromolekülen nach ihrem hydrodynamischen

Volumen. Die Fraktionierung erfolgt dabei mit Hilfe von Säulen, die mit porösen Partikeln auf

Basis vernetzter Polystyrole gefüllt sind. Moleküle mit geringem hydrodynamischem Volumen

haben eine längere Aufenthaltswahrscheinlichkeit in den Säulen als Moleküle mit großem

hydrodynamischem Volumen. Auf diese Weise werden die Moleküle nach ihrer Molekülgröße

getrennt. Nach dem Verlassen der Säulen wird die Konzentration der eluierten Moleküle

bestimmt. Durch Auftragung der Konzentration als Funktion des Elutionsvolumens ergibt sich

die sogenannte Elutionskurve. Im Fall von linearen Molekülen kann die Elutionskurve direkt

in die Molmassenverteilungskurve umgerechnet werden. Hierfür ist jedoch die Kalibrierung

der GPC mit linearen monodispersen Eichstandards erforderlich.

Für langkettenverzweigte Polymere liefert die Bestimmung der Molmassenverteilung mit Hilfe

von Eichstandards fehlerhafte Ergebnisse, da die Langkettenverzweigungen zu einer

Verringerung des hydrodynamischen Volumens der Moleküle im Vergleich zu linearen

Molekülen gleicher Molmasse führen. Eine Methode zur Messung der Molmassenverteilung

langkettenverzweigter Polymere ist die Kombination einer GPC mit einem

Vielwinkellichtstreudetektor (engl. multi-angle laser-light scattering detector – kurz: MALLS).

Die Kopplung von GPC und Lichtstreuung (GPC-MALLS) erlaubt die Bestimmung absoluter

Molmassenwerte für jede Fraktion des Elutionsvolumens7.

Ein quantitativer Vergleich der Molmassenverteilung von Polymeren kann über Mittelwerte

erfolgen. Die wichtigsten Mittelwerte der Molmassenverteilung sind die gewichtsmittlere

Molmasse Mw und die zahlenmittlere Molmasse Mn, die wie folgt definiert sind:

7 Es muss beachtet werden, dass ein Lichtstreudetektor nur in Verbindung mit einem Konzentrationsdetektor eingesetzt werden kann, da die Signalintensität der Lichtstreuung proportional zum Produkt aus Konzentration und Molmasse ist.

Page 40: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

34

∑∑

⋅=

ii

iiw Mn

MnM

2

(3.1)

∑∑ ⋅

=i

iin n

MnM (3.2)

wobei ni der Anzahl an Molekülen der Molmasse Mi entspricht.

Als ein quantitatives Maß für die Breite der Molmassenverteilung wird häufig die sogenannte

Polydispersität verwendet, die dem Quotienten Mw/Mn entspricht.

Die Kopplung von GPC und Vielwinkellichtstreuung ermöglicht neben der Bestimmung

absoluter Molmassenwerte auch die Analyse von Langkettenverzweigungen. Wie bereits

erwähnt, führen die Langkettenverzweigung zu einer geringeren Molekülgröße im Vergleich

zu linearen Molekülen gleicher Molmasse. Mit Hilfe der Lichtstreuung kann diese

Molekülkontraktion direkt gemessen werden. Der Kontraktionsfaktor g, der dem Quotienten

der Erwartungswerte der Quadrate der Trägheitsradien von langkettenverzweigten

Molekülen <s2>br und linearen Molekülen <s2>lin entspricht, ist demzufolge ein qualitatives

Maß für die Detektion von Langkettenverzweigungen.

lin

br

s

sg

2

2

= (3.3)

Unter Annahmen bezüglich der Verzweigungsstruktur lassen sich aus dem

Kontraktionsfaktor jedoch auch quantitative Informationen über den

Langkettenverzweigungsanteil gewinnen. Für statistisch verzweigte Polymere mit einer

sternförmigen Verzweigungsstruktur kann die mittlere Anzahl an Verzweigungspunkten pro

Molekül m berechnet werden. Unter der Annahme einer Funktionalität der

Verzweigungspunkte von 3 gilt für monodisperse Fraktionen zwischen dem

Kontraktionsfaktor g3 und der Anzahl m an Verzweigungspunkten je Molekül folgender

Zusammenhang [Zimm und Stockmayer 1949] 8:

5.05.0

3 94

71

+

+=

πmmg (3.4)

Mit Hilfe von m kann die Anzahl der Verzweigungen pro 1000 Monomereinheiten λ wie folgt

berechnet werden:

8 Obwohl der in Gl. 3.4 beschriebene Zusammenhang laut Zimm und Stockmayer (1949) nur für langkettenverzweigte Modellpolymere gleicher Verzweigungsstruktur gültig ist, hat er sich auch zur Abschätzung des Anteils an Langkettenverzweigungen für Polymere, die sich aus linearen und langkettenverzweigten Molekülen zusammensetzen, bewährt [z.B. Sugimoto et al. 1999, Gabriel 2001, Auhl et al. 2004, Gotsis et al. 2004a].

Page 41: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

35

MMMm

⋅⋅= 1000λ (3.5)

wobei MM der Molmasse der Monomereinheit und M der Molmasse des

langkettenverzweigten Moleküls entspricht.

Für die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten GPC-MALLS-Untersuchungen wurden

eine Hochtemperatur-GPC der Firma Waters (Typ Waters 150-C) und ein Vielwinkel-

Lichtstreudetektor der Firma Wyatt (Typ Dawn EOS) verwendet. Da Polypropylen nur bei

erhöhten Temperaturen löslich ist, war eine Temperierung der Probenaufgabeeinheit, der

Trennsäulen und der Detektoren auf 140 °C erforderlich. Als Lösungsmittel wurde 1,2,4-

Trichlorbenzol verwendet. Die Konzentration des Polymers in der Lösung betrug 2 g/l und

das Injektionsvolumen 300 µl. Es wurde ein Säulensatz aus 4 Shodex-Säulen (1 x UT-807, 3

x AT-806 MS) und einer Vorsäule verwendet. Als Konzentrationsdetektoren dienten zum

einen ein Differentialrefraktometer und zum anderen ein IR-Spektrometer.

3.2.2 Molmassenverteilung

Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Die Molmassenverteilungen des linearen L-PP1 und des langkettenverzweigten LCB-PP1

sind in Bild 3.2 dargestellt. Das L-PP1 weist eine deutlich engere Molmassenverteilung als

das LCB-PP1 auf. Während der Peak des linearen PP annähernd symmetrisch ist, zeigt das

langkettenverzweigte PP einen deutlichen Ausläufer zu hohen Molmassen, der durch eine

zusätzliche Schulter gekennzeichnet ist. Aufgrund dieser starken hochmolekularen Flanke

hat das LCB-PP1 eine mehr als doppelt so hohe gewichtsmittlere Molmasse und eine

signifikant größere Polydispersität (siehe Tabelle 3.1).

104 105 106 107 1080,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

d

W /d

logM

g/mol

M

L-PP1 L-PP1 extr. LCB-PP1 LCB-PP1extr.

Bild 3.2: Molmassenverteilungen der beiden Polypropylene L-PP1 und LCB-PP1 im

Ausgangszustand und nach der Extrusion im Doppelschneckenextruder

Page 42: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

36

In Bild 3.2 sind zusätzlich die Kurven für die extrudierten Proben der beiden Polypropylene

mit eingezeichnet. Wie man dem Diagramm entnehmen kann, führt die Extrusion zu keiner

signifikanten Änderung der Molmassenverteilung der Blendpartner. Während die

gewichtsmittlere Molmasse des linearen PP durch die Extrusion nahezu unverändert bleibt9,

zeigt sich bei dem langkettenverzweigten PP eine geringfügige Abnahme von Mw um ca. 7

%. Dies deutet auf eine Degradation des Polypropylenes aufgrund von Kettenspaltungen

während der thermisch-mechanischen Beanspruchung im Extruder hin. Unter

Berücksichtigung der Messgenauigkeit der GPC von etwa 5 %, sind diese Veränderungen

jedoch vernachlässigbar klein.

In Bild 3.3 sind die Molmassenverteilungen der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1

in L-PP1 zusammen mit den Kurven der beiden Blendpartner dargestellt. Die

Verteilungskurven der Blends mit geringeren Anteilen an LCB-PP sind nicht dargestellt, da

diese sich nicht signifikant von der Kurve des linearen PP unterscheiden. Es ist zu erkennen,

dass sich die Zugabe des langkettenverzweigten PP zu dem linearen PP insbesondere im

Bereich hoher Molmassen auswirkt. Je stärker der Anteil an langkettenverzweigtem PP ist,

desto ausgeprägter ist der hochmolekulare Ausläufer. Eine signifikante Schulter im

hochmolekularen Bereich wie bei dem reinen LCB-PP1 ist erst ab einem Anteil an 50 Gew.-

% LCB-PP ausgebildet.

104 105 106 107 1080,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

d

W /d

logM

g/mol

M

L-PP1/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100

Bild 3.3: Molmassenverteilungen der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 im

Vergleich zu den beiden Blendpartnern

Die Mittelwerte der Molmassenverteilung Mw und Mn sowie die Polydispersität Mw/Mn sind für

die Blends in Tabelle 3.1 dargestellt. Bis zu einem Anteil an LCB-PP1 von 10 Gew.-% ändert

sich die Polydispersität im Vergleich zum linearen PP nur geringfügig. Erst bei den Blends

mit mehr als 10 Gew.-% LCB-PP1 nimmt die Polydispersität aufgrund des deutlich stärker

ausgeprägten hochmolekularen Ausläufers signifikant zu. 9 Gleiches wurde auch für das lineare L-PP2 gefunden.

Page 43: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

37

Mw [kg/mol] Mn [kg/mol] Mw/ Mn

L-PP1 458 114 4,0

L-PP1/LCB-PP1 98/2 470 117 4,0 L-PP1/LCB-PP1 95/5 483 117 4,1 L-PP1/LCB-PP1 90/10 503 115 4,3 L-PP1/LCB-PP1 75/25 612 127 4,8 L-PP1/LCB-PP1 50/50 777 127 6,1 L-PP1/LCB-PP1 25/75 975 127 7,7

LCB-PP1 1157 133 8,7

Tabelle 3.1: Molmassenmittelwerte und Polydispersitäten der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1,

ermittelt mit GPC-MALLS

Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Die Molmassenverteilungen des L-PP2, der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1

sowie des reinen LCB-PP1 sind in Bild 3.4 abgebildet. Das lineare L-PP2 weist im Vergleich

zum linearen L-PP1 eine höhere gewichtsmittlere Molmasse bei einer ähnlichen Breite der

Molmassenverteilung auf (siehe auch Tabelle 3.2). Aufgrund der höheren Molmasse des L-

PP2 ist der Unterschied zu dem langkettenverzweigten PP im hochmolekularen Bereich nicht

so stark ausgeprägt. Die gewichtsmittlere Molmasse ist jedoch immer noch signifikant kleiner

als die des langkettenverzweigten PP.

104 105 106 107 1080,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

d

W /d

logM

g/mol

M

L-PP2/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100

Bild 3.4: Molmassenverteilungen der Blends mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP2 im

Vergleich zu den beiden Blendpartnern

Durch die Zugabe des LCB-PP1 zum L-PP2 ändert sich nicht nur der hochmolekulare

Ausläufer, sondern es findet auch eine Verschiebung der Molmassenverteilung zu

geringeren Molmassen statt. Die Verschiebung ist jedoch erst ab einem Anteil von 50 Gew.-

% als signifikant zu bezeichnen. Während bei den Blends aus L-PP1 mit dem

Page 44: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

38

langkettenverzweigten PP bereits bei einem Anteil von 25 Gew.-% eine signifikante

Verbreiterung der Molmassenverteilung festgestellt wurde, ist aufgrund der geringeren

Unterschiede in den gewichtsmittleren Molmassen zwischen L-PP2 und LCB-PP1 erst bei

einem Anteil von 50 Gew.-% eine deutliche Zunahme der Breite der Molmassenverteilung zu

erkennen. Dies drückt sich auch in den in Tabelle 3.2 aufgeführten Polydispersitäten aus.

Mw [kg/mol] Mn [kg/mol] Mw/ Mn

L-PP2 860 218 3,9

L-PP2/LCB-PP1 98/2 865 209 4,1 L-PP2/LCB-PP1 95/5 865 211 4,1 L-PP2/LCB-PP1 90/10 878 209 4,2 L-PP2/LCB-PP1 75/25 907 218 4,5 L-PP2/LCB-PP1 50/50 980 144 6,8 L-PP2/LCB-PP1 25/75 1072 134 8,0

LCB-PP1 1157 133 8,7

Tabelle 3.2: Molmassenmittelwerte und Polydispersitäten der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1,

ermittelt mit GPC-MALLS

In Bild 3.5 sind die gewichtsmittleren Molmassen der L-PP2/LCB-PP1 - Blends und der L-

PP1/LCB-PP1 - Blends als Funktion des Gewichtsanteiles φLCB-PP1 an langkettenverzweigtem

PP aufgetragen. Die Molmassen der Blends folgen in guter Näherung der linearen

Mischungsregel zwischen den beiden Blendkomponenten, was ein Indiz für eine gute

Compoundierung der Blendpartner ist.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0400

600

800

1000

1200

lineare Mischungsregel

MW

φLCB-PP1

L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends

kg/mol

Bild 3.5: Abhängigkeit der gewichtsmittleren Molmasse vom Gewichtsanteil an LCB-PP1 für die

Blends aus L-PP1 bzw. L-PP2 und LCB-PP1

Page 45: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

39

HMS-PP

Im Vergleich zu dem hochschmelzefesten LCB-PP1 weisen die beiden HMS-PP1 und HMS-

PP2 laut Herstellerangaben keine Langkettenverzweigungen, sondern eine hochmolekulare

Komponente auf. Im Bild 3.6 sind die Molmassenverteilungen dieser drei Produkte

miteinander verglichen. Im Gegensatz zu dem LCB-PP zeigen die HMS-PP keine

ausgeprägte hochmolekulare Schulter. Das HMS-PP1 besitzt eine signifikant niedrigere

mittlere Molmasse als das HMS-PP2. Ein zweiter Peak durch eine eventuell vorhandene

hochmolekulare Komponente ist bei keinem der beiden HMS-PP zu erkennen. Das HMS-

PP1 weist jedoch einen ausgeprägten Ausläufer im Bereich hoher Molmassen auf. Ein

solcher deutet sich auch bei dem HMS-PP2 an, ist aber aufgrund der größeren mittleren

Molmasse deutlich geringer ausgeprägt.

Die Verteilungsbreite der beiden HMS-PP liegt jedoch sogar unter den für die linearen PP

gefundenen Werten (siehe Tabelle 3.3). Ein hoher Anteil an einer hochmolekularen

Komponente sollte sich sowohl in der Verteilungskurve in Form einer signifikanten

hochmolekularen Schulter bzw. eines zweiten Peaks im Bereich hoher Molmassen als auch

in einer deutlichen Erhöhung der Polydispersität zeigen. Anhand der Ergebnisse der GPC-

Analyse kann dies für die beiden untersuchten HMS-PP ausgeschlossen werden.

Insbesondere die Verteilungskurve des HMS-PP1 deutet jedoch darauf hin, dass zumindest

ein geringer Anteil an einer hochmolekularen Spezies in dem Polypropylen vorhanden ist.

Die Konzentration scheint jedoch sehr gering zu sein.

104 105 106 107 1080,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

d

W /d

logM

g/mol

M

HMS-PP1 HMS-PP2 LCB-PP1

Bild 3.6: Molmassenverteilungen der Polypropylene HMS-PP1 und HMS-PP2 im Vergleich zu LCB-

PP1

Page 46: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

40

Elektronenbestrahlte PP Die Molmassenverteilungen der elektronenbestrahlten Polypropylene sind zusammen mit der

Kurve des linearen Ausgangsmaterials in Bild 3.7 gezeigt10. Durch die Elektronenbestrahlung

wird die Molmassenverteilung zu niedrigeren Molmassen hin verschoben, wobei die Breite

der Verteilung nahezu unverändert bleibt (vgl. auch Tabelle 3.3). Die Abnahme der

Molmasse durch die Elektronenbestrahlung ist auf die Kettenspaltung durch die erzeugten

freien Radikale zurückzuführen. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 weist bereits signifikante

Abweichungen von der Verteilungskurve des linearen Ausgangsproduktes auf. Dies zeigt,

dass schon geringe Dosen zu einer Veränderung der molekularen Struktur des linearen

Ausgangsproduktes führen. Die Abnahme der Molmasse ist bei dem LCB-PP3 aufgrund der

größeren Bestrahlungsdosis von 60 kGy erwartungsgemäß deutlich stärker ausgeprägt.

104 105 106 1070,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

d

W /d

logM

g/mol

M

L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3

Bild 3.7: Molmassenverteilungen der elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 (Dosis 5 kGy) und

LCB-PP3 (Dosis 60 kGy) sowie des linearen Ausgangsproduktes L-PP3 [Auhl 2006]

In Tabelle 3.3 sind die Molmassenmittelwerte und die Polydispersitäten der

Molmassenverteilungen aller untersuchten Polypropylene mit Ausnahme der Blends

zusammenfassend dargestellt. In der Tabelle ist zusätzlich ein viertes lineares Polypropylen

(L-PP4) eingetragen, welches ausgewählt wurde, um den Bereich der Molmassen der

linearen Polypropylene zu niedrigeren Molmassen zu erweitern.

10 Die Untersuchungen an den Polypropylenen LCB-PP2, LCB-PP3 und L-PP3 wurden im Rahmen der Doktorarbeit von D. Auhl am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe durchgeführt [Auhl 2006].

Page 47: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

41

Mw [kg/mol] Mn [kg/mol] Mw/ Mn

L-PP1 458 114 4,0

L-PP2 860 117 3,9

L-PP3 669 160 4,2

L-PP4 250 62 4,0

LCB-PP1 1157 133 8,7

LCB-PP2 473 126 3,8

LCB-PP3 285 74 3,4

HMS-PP1 278 80 3,5

HMS-PP2 623 167 3,7

Tabelle 3.3: Zusammenfassende Darstellung der mit GPC-MALLS ermittelten Molmassenmittelwerte

und Polydispersitäten aller untersuchten Polypropylene mit Ausnahme der Blends

3.2.3 Langkettenverzweigungen

Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Zur qualitativen Verzweigungsanalyse ist in Bild 3.8 der mittels GPC-MALLS gemessene

Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 und die

beiden Blendpartner abgebildet. Die durchgezogene Linie entspricht dem für lineare

Polypropylen gefundenen Zusammenhang, wie er anhand von Untersuchungen an einer

Vielzahl linearer Polypropylene unterschiedlicher Molmasse bestimmt wurde. Der

Trägheitsradius des linearen L-PP1 folgt erwartungsgemäß diesem Zusammenhang.

2x105 106 10730

50

100

150

200

250300

g/mol

nm

lineare PP

L-PP1/LCB-PP1 100/0 98/2 95/5 90/10 75/25 50/50 25/75 0/100

T = 140 °C

<s2 >1/

2

MLS

Bild 3.8: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Für das Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 wurde keine Abweichung von der Beziehung für

lineare PP gefunden. Demzufolge konnten für dieses Polypropylen mit der GPC-MALLS

Page 48: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

42

keine Langkettenverzweigungen nachgewiesen werden. Das Blend mit 5 Gew.-% LCB-PP1

weist insbesondere im Bereich hoher Molmassen eine geringfügige Abweichung des

Trägheitsradius von der Linie für lineare PP zu niedrigeren Werten auf. Dies deutet auf das

Vorhandensein geringer Anteile an langkettenverzweigten Molekülen hin. Die Abnahme des

Trägheitsradius im Vergleich zu linearem Polypropylen und somit der Anteil an

Langkettenverzweigungen steigt mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 an.

Es kann weiterhin festgestellt werden, dass die Abnahme des Trägheitsradius mit

wachsender Molmasse stärker wird. Dieses Verhalten ist typisch für LDPE und wurde

ebenfalls für elektronenbestrahlte Polypropylene gefunden [Sugimoto et al. 1999, Auhl et al.

2004]. Die stärkere Abnahme des Trägheitsradius bei hohen Molmassen deutet darauf hin,

dass bei dem langkettenverzweigten LCB-PP1 die Moleküle mit großen Molmassen stärker

verzweigt sind als die Moleküle mit niedrigen Molmassen.

Unter der Annahme, dass das untersuchte langkettenverzweigte LCB-PP1 sowie alle Blends

eine trifunktionale Verzweigungsstruktur aufweisen, wie es für elektronenbestrahlte

Polypropylene angenommen werden kann [Sugimoto et al. 1999, Auhl et. al 2004], kann aus

den in Bild 3.8 dargestellten Ergebnissen unter Verwendung der Gleichungen (3.3), (3.4) und

(3.5) die Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten λ errechnet

werden. Die ermittelten Werte für λ sind in Bild 3.9 als Funktion der Molmasse aufgetragen.

3x105 106 5x1060,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

λav = 0,02λav = 0,03

λav = 0,07

λav = 0,14

λav = 0,22

φLCB-PP1

0,05 0,10 0,25 0,50 0,75 1,00

g/mol

T = 140 °C

λ

MLS

λav = 0,30

Bild 3.9: Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten als Funktion der

Molmasse für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1. Die Angaben an den gestrichelten Linien geben

die mittlere Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten in dem Plateaubereich

an.

Page 49: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

43

Für das Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 konnten wie bereits erwähnt keine

Langkettenverzweigungen detektiert werden. Für die anderen Blends und das LCB-PP1 tritt

im Bereich der Molmassen von 6*105 bis 3*106 g/mol ein Plateau mit nahezu konstanten

Werten für λ auf. Der Mittelwert der Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000

Monomereinheiten in diesem Plateaubereich, der als λav bezeichnet wird, steigt

erwartungsgemäß mit zunehmendem Anteil an LCB-PP an. Für das reine LCB-PP kann

somit angenommen werden, dass im Mittel etwa eine Langkettenverzweigung pro 3000

Monomereinheiten auftritt. Unter Berücksichtigung der gewichtsmittleren Molmasse des

LCB-PP1 von 1157 kg/mol weist ein Molekül des LCB-PP1 im Schnitt etwa 9

Langkettenverzweigungen auf. Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 ist die Molmassenabhängigkeit des Trägheitsradius

in Bild 3.10 dargestellt. Wie erwartet folgt L-PP2 dem Zusammenhang für lineare PP. Eine

signifikante Abweichung von der Beziehung für lineare PP wird erst ab dem Blend mit einem

Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 gefunden. Die Trägheitsradien der Blends mit 2 und 5 Gew.-

% LCB-PP liegen im gesamten Molmassenbereich auf der Geraden für lineare PP, während

bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP im Bereich von ca. 1*106 bis 5*106 g/mol bereits eine

leichte Abnahme der Trägheitsradien im Vergleich zu linearen PP gleicher Molmasse

festgestellt werden kann. Für die Blends mit 50 und 75 Gew.-%-LCB-PP1 wird eine ähnlich

starke Abweichung von dem Verhalten für lineare PP gefunden wie bei den Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 mit gleicher Konzentration an langkettenverzweigtem PP.

Im direkten Vergleich der beiden Blendserien fällt jedoch auf, dass bei den Blends aus LCB-

PP1 mit dem linearen L-PP2 eine Detektion von Langkettenverzweigungen anhand der

Abnahme des Trägheitsradius im Vergleich zu linearem PP erst bei einem höheren Anteil an

LCB-PP erzielt wurde als bei den Blends mit dem L-PP1. Da der Anteil des LCB-PP1 in den

beiden linearen PP jeweils gleich gewählt wurde, ist somit auch der Anteil an

Langkettenverzweigungen in den Blends gleicher prozentualen Zusammensetzung gleich

groß. Demzufolge sollte auch die mittels GPC-MALLS bestimmte Abnahme des

Trägheitsradius ähnlich ausgeprägt sein11. Dies ist augenscheinlich nicht der Fall. Der Grund

liegt darin, dass bei der Bestimmung des Trägheitsradius der Mittelwert der Trägheitsradien

aller eluierten Moleküle der gleichen Molmasse gebildet wird. Je höher der Anteil an linearen

Molekülen bei gleicher Anzahl an langkettenverzweigten Molekülen in der eluierten Fraktion

11 Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass die beiden Blendpartner homogen durchmischt sind und keine Domänenbildung oder Phasenseparation auftreten. Dies ist für beide untersuchte Blendserien erfüllt, da keine Anzeichen einer Phasenseparation bzw. Entmischung der Blendpartner gefunden wurden (siehe Kapitel 3.3) und aufgrund der guten Übereinstimmung der gewichtsmittleren Molmassen mit der linearen Mischungsregel von einer gleichmäßigen Durchmischung der Blendpartner ausgegangen werden kann.

Page 50: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

44

ist, desto geringer ist die Abweichung des Mittelwertes der Trägheitsradien von der

Beziehung für lineare PP. Da die Molmassenverteilungskurve des L-PP2 im Vergleich zum

L-PP1 zu höheren Molmassenwerten verschoben ist, ist die Anzahl an linearen Molekülen im

Bereich hoher Molmasse, in denen der größte Teil der Langkettenverzweigungen des LCB-

PP zu finden ist, größer und somit die Abnahme des Trägheitsradius geringer ausgeprägt.

Dies ist vermutlich auch die Ursache, dafür dass sich die Trägheitsradien der Blends aus L-

PP2 und LCB-PP2 im Gegensatz zu den Blends der anderen Blendserie insbesondere bei

geringen und mittleren Anteilen an LCB-PP im Bereich hoher Molmassen wieder stärker der

linearen Beziehung annähern.

2x105 106 10730

50

100

150

200

250300

g/mol

nm

lineare PP

L-PP2/LCB-PP1 100/0 98/2 95/5 90/10 75/25 50/50 25/75 0/100

T = 140 °C

<s2 >1/

2

MLS

Bild 3.10: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Die qualitativen Unterschiede in den detektierten Langkettenverzweigungen der Blends aus

L-PP2 und LCB-PP1 im Vergleich zu der Blendserie aus L-PP1 und LCB-PP1 drücken sich

auch in dem quantitativen Anteil an Langkettenverzweigungen aus. In Bild 3.11 ist die

anhand der Ergebnisse aus Bild 3.10 ermittelte Anzahl an Langkettenverzweigungen pro

1000 Monomereinheiten für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 als Funktion der Molmasse

abgebildet. Für die Blends mit 2 und 5 Gew.-% LCB-PP konnten keine

Langkettenverzweigungen detektiert werden. Bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP konnte

hingegen im mittleren Molmassenbereich eine geringe Anzahl von Langkettenverzweigungen

nachgewiesen werden, wie es sich bereits bei der Abnahme des Trägheitsradius angedeutet

hat. Im Vergleich zu dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP aus der Serie L-PP1/LCB-PP1 (Bild

3.8) sind bei dem Blend des L-PP2 mit 10 Gew.-% des LCB-PP1 aus den genannten

Gründen sowohl die ermittelte Anzahl an Langkettenverzweigungen als auch der

Molmassenbereich in dem Langkettenverzweigungen detektiert wurden geringer. Für die

Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 tritt im Bereich mittlerer Molmassen ebenfalls ein Plateau

auf, anhand dessen die mittlere Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000

Page 51: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

45

Monomereinheiten bestimmt wurde. Die so ermittelten Werte sind gemeinsam mit den

Ergebnissen der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 in Bild 3.12 als Funktion des Anteils an

LCB-PP1 dargestellt.

3x105 106 7x1060,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40 φLCB-PP1

0,10 0,25 0,50 0,75 1,00

λav = 0,01

λav = 0,05

λav = 0,12

λav = 0,22

g/mol

T = 140 °C

λ

MLS

λav = 0,30

Bild 3.11: Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten als Funktion der Molmasse

für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1. Die Angaben an den gestrichelten Linien geben die mittlere

Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten in dem Plateaubereich an.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40 L-PP1/LCB-PP1-Blends L-PP2/LCB-PP1-Blends

lineare Mischungsregel

λ av

φLCB-PP1 Bild 3.12: Vergleich der mittleren Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten

als Funktion des Anteils an LCB-PP1 für die beiden untersuchten Blendserien. Die Datenpunkte der L-

PP2/LCB-PP1-Blends sind zur besseren Vergleichbarkeit auf der X-Achse etwas verschoben.

Wie aus Bild 3.12 deutlich wird, nimmt die mittlere Anzahl an Langkettenverzweigungen pro

1000 Monomereinheiten für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 nahezu linear mit

steigendem Anteil an LCB-PP1 zu. Die Werte der Blends des L-PP2 liegen insbesondere im

Bereich geringer Anteile an LCB-PP1 deutlich unterhalb der Werte der Blends des L-PP1,

Page 52: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

46

was durch die größere Anzahl linearer Moleküle mit hohen Molmassen der Blends des

höhermolekularen L-PP2 erklärt werden kann. Zwischen den Werten der Blends mit

75 Gew.-% LCB-PP1 ist kein Unterschied mehr erkennbar. Dies kann darauf zurückgeführt

werden, dass sich der Unterschied in den Molmassenverteilungen der beiden linearen

Polypropylene aufgrund des hohen Anteils an LCB-PP1 nicht mehr so stark auswirkt, da der

Mittelwert der gemessenen Trägheitsradien der jeweiligen Fraktionen von dem Anteil an

langkettenverzweigten Molekülen dominiert wird.

HMS-PP

Die Verläufe der Trägheitsradien der beiden HMS-PP als Funktion der Molmasse sind in

Bild 3.13 dargestellt. Die durchgezogene Linie stellt den für lineare PP gefundenen

Zusammenhang dar. Im Bereich kleiner und mittlere Molmassen bis ca. 5*106 g/mol folgen

die Trägheitsradien beider HMS-PP diesem Zusammenhang, woraus geschlossen werden

kann, dass beide Produkte in diesem Molmassenbereich keine Langkettenverzweigungen

aufweisen. Im Bereich hoher Molmassen ist für beide HMS-PP ein Anstieg der Trägheits-

radien über die Linie für lineare PP erkennbar. Eine mögliche Ursache für diesen Anstieg

könnte das Vorhandensein einer hochmolekularen Komponente aus Polyethylen sein.

2x105 106 10730

100

g/mol

nm

lineare PP lineare PE

HMS-PP1 HMS-PP2

T = 140 °C

<s2 >1/

2

MLS

600

Bild 3.13: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für HMS-PP1 und HMS-PP2

In Bild 3.13 ist eine gestrichelte Linie eingetragen, die den für unterschiedliche lineare

Polyethylene in einem breiten Molmassenbereich ermittelten Zusammenhang zwischen

Trägheitsradius und Molmasse beschreibt. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich die

Trägheitsradien der beiden HMS-PP dieser Beziehung für lineare PE annähern und im Fall

des HMS-PP2 auf die Gerade einlaufen. Dies deutet darauf hin, dass die Produkte, wie vom

Page 53: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

47

Hersteller angegeben, einen geringen Anteil an hochmolekularem Polyethylen aufweisen12.

Es kann jedoch keine Aussage getroffen werden, ob das als hochmolekulare Komponente

verwendete Polyethylen Langkettenverzweigungen enthält oder nicht.

Elektronenbestrahlte PP In Bild 3.14 sind die von Auhl (2006) ermittelten Verläufe der Trägheitsradien als Funktion

der Molmasse der beiden elektronenbestrahlten Polypropylene und des linearen

Ausgangsproduktes dargestellt. Anhand der bereits deutlich erkennbaren Abnahme der

Trägheitsradien des mit 5 kGy bestrahlten LCB-PP2 im Vergleich zu dem linearen

Ausgangsprodukt insbesondere bei hohen Molmassen wird ersichtlich, dass trotz der

vergleichsweise niedrigen Dosis schon ein signifikanter Anteil an Langkettenverzweigungen

erzeugt wurde. Bei dem Polypropylen LCB-PP3 ist die Abnahme des Trägheitsradius und

somit der Anteil an Langkettenverzweigungen aufgrund der deutlich höheren

Bestrahlungsdosis von 60 kGy wesentlich größer. Die mittlere Anzahl an

Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten wurde von Auhl (2006) ebenfalls

ermittelt. Dabei ergab sich für das LCB-PP2 ein Wert von 0,05 und für das LCB-PP3 ein

Wert von 0,3 Langkettenverzweigungen pro 1000 Monomereinheiten.

2x105 106 10730

50

100

150

200

250300

g/mol

nm

lineare PP

L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3

T = 140 °C

<s2 >1/

2

MLS

Bild 3.14: Trägheitsradius als Funktion der Molmasse für die elektronenbestrahlten Polypropylene

LCB-PP2 (Bestrahlungsdosis 5 kGy) und LCB-PP3 (Bestrahlungsdosis 60 kGy) sowie das lineare

Ausgangsprodukt L-PP3 [Auhl 2006]

12 Es wurden zusätzlich Untersuchungen zum Nachweis eines PE-Anteils in den beiden HMS-PP mittels Fourier Transformation Infrarot Spektroskopie (FTIR) durchgeführt. In den Spektren beider HMS-PP wurde eine ausgeprägte Bande bei 720 cm-1 detektiert, die auf vorhandene PE-Anteile zurückgeführt werden kann. Die Höhe der Extinktion der Bande bei 720 cm-1 war jedoch zu gering, um eine zuverlässige quantitative Aussage zum Anteil an PE in den Polypropylenen treffen zu können.

Page 54: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

48

3.2.4 Zusammenfassung

Es konnte gezeigt werden, dass durch Blenden von linearem und langkettenverzweigtem

Polypropylen der Anteil an Langkettenverzweigungen im Polypropylen gezielt variiert werden

kann. Es wurde ein annähernd linearer Anstieg der Anzahl an Langkettenverzweigungen pro

1000 Monomereinheiten mit zunehmendem Anteil an langkettenverzweigtem Polypropylen

festgestellt. Die gemessenen gewichtsmittleren Molmassen folgen in guter Näherung der

linearen Mischungsregel zwischen den beiden Blendpartnern, woraus auf eine gute

Compoundierung geschlossen werden kann.

Die beiden HMS-PP weisen einen geringen Anteil an einer hochmolekularen Komponente

aus Polyethylen auf. Dieser ist jedoch so gering, dass keine bimodale Molmassenverteilung,

sondern nur ein hochmolekularer Ausläufer gefunden wurde. Anhand der Analyse des

Verlaufs des Trägheitsradius als Funktion der Molmasse konnten keine

Langkettenverzweigungen der Polypropylene im Bereich niedriger und mittlere Molmassen

nachgewiesen werden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die

hochmolekulare PE-Komponente Langkettenverzweigungen enthält.

Durch die Elektronenbestrahlung von linearem Polypropylen wird die Molmasse verringert

und die Bildung von Langkettenverzweigungen initiiert. Die Verteilungsbreite der Molmasse

bleibt durch die Bestrahlung jedoch weitestgehend unverändert. Schon eine geringe

Bestrahlungsdosis von 5 kGy führt zu einer signifikanten Abnahme der gewichtsmittleren

Molmasse und der Erzeugung geringer Anteile an Langkettenverzweigungen. Durch die

Erhöhung der Bestrahlungsdosis auf 60 kGy wurde sowohl eine stärkere Abnahme der

Molmasse als auch eine wesentliche Erhöhung des Gehaltes an Langkettenverzweigungen

erzielt.

Für die Untersuchungen stehen somit vier lineare Polypropylene, die den Molmassenbereich

von 250 bis 850 kg/mol abdecken, eine Reihe langkettenverzweigter Polypropylene mit einer

breiten Variation der Molmasse und des Anteils an Langkettenverzweigungen sowie zwei

weitere hochschmelzefeste Polypropylene mit einem geringen Anteil an hochmolekularen

Polyethylen zur Verfügung. Mit dieser Produktauswahl ist die Grundlage für eine detaillierte

Untersuchung des Einflusses der molekularen Struktur auf die rheologischen Eigenschaften

und insbesondere auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion von Polypropylen

gegeben.

Page 55: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

49

3.3 Analyse des Schmelz- und Kristallisationsverhaltens

Für die Wahl der Verarbeitungstemperaturen im Schaumextrusionsprozess ist die Kenntnis

der Schmelz- und Kristallisationstemperaturen von entscheidender Bedeutung, da

Polypropylen zunächst oberhalb der Schmelztemperatur aufgeschmolzen werden muss, der

eigentliche Schäumprozess jedoch häufig bei Temperaturen unterhalb der

Schmelztemperatur, aber oberhalb der Kristallisationstemperatur erfolgt.

Zur Bestimmung des Schmelz- und Kristallisationsverhaltens wurde ein Differenzkalorimeter

der Fa. TA Instruments (Differential Scanning Calorimeter DSC 2920) verwendet13. Um eine

identische thermische Vorgeschichte der Proben zu erreichen, wurden die zu

untersuchenden Proben zunächst mit einer Heizrate von 10 K/min bis auf eine

Maximaltemperatur von 240 °C aufgeheizt und anschließend mit einer Kühlrate von ebenfalls

10 K/min bis auf 20 °C abgekühlt. Das Schmelz- und Kristallisationsverhalten wurde dann in

einem 2. Lauf mit denselben Parametern untersucht.

3.3.1 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der Blends

Die Schmelztemperaturen der beiden Blendserien sind in Bild 3.15 als Funktion des

Gewichtsanteils an LCB-PP1 dargestellt. Die beiden linearen Polypropylene weisen jeweils

eine deutlich höhere Schmelztemperatur als das langkettenverzweigte Polypropylen auf. Die

genaue Angabe der Schmelztemperaturen der Blendpartner finden sich in Tabelle 3.4 am

Ende des folgenden Kapitels14. Das lineare L-PP1 besitzt, vermutlich aufgrund der größeren

Molmasse, im Vergleich zu dem linearen L-PP2 eine geringfügig höhere Schmelztemperatur.

Die deutlich geringere Schmelztemperatur des langkettenverzweigten LCB-PP1 im Vergleich

zu den beiden linearen Blendpartnern kann verschiedene Ursachen haben. Aus der Literatur

ist bekannt, dass Langkettenverzweigungen zu Fehlstellen in den Kristallgittern führen,

wodurch eine geringere Energie zum Aufschmelzen ausreicht und somit eine niedrigere

Schmelztemperatur entsteht [z.B. Kostoski und Stojanovic 1995, Krupa und Luyt 2001]. Die

Schmelztemperatur hängt jedoch auch sehr stark von der Isotaktizität des Polypropylens ab,

wobei die Schmelztemperatur von Polypropylenen mit geringerer Isotaktizität niedriger ist

[Gahleitner et al. 1999, Gahleitner et al. 2001, Rettenberger 2002]. Da die Isotaktizität des

LCB-PP1 von 90 %15 im Vergleich zu den beiden linearen PP, die Isotaktizitäten im Bereich

von 95 % aufweisen, deutlich herabgesetzt ist, könnte die niedrigere Schmelztemperatur des

LCB-PP auch auf die geringere Isotaktizität zurückzuführen sein.

13 Die Enthalpie und die Temperatur wurde anhand der Schmelzenthalpie und -temperatur von Indium kalibriert. 14 Als Schmelz- bzw. Kristallisationstemperatur wird jeweils die Peaktemperatur angegeben. 15 Die Isotaktizität der Polypropylenen wurde mittels Infrarotspektroskopie bestimmt. Genaueres zu der Bestimmung der Isotaktizität von Polypropylenen mittels Infrarotspektroskopie kann z.B. in Rettenberger (2002) gefunden werden.

Page 56: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

50

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0160

161

162

163

164

165

166

lineare Mischungsregel

T m

φLCB-PP1

L-PP1/LCB-PP1-Blends L-PP2/LCB-PP1-Blends

°C

Bild 3.15: Abhängigkeit der mittels DSC (2. Heizlauf, 10 K/min) ermittelten Schmelztemperaturen vom

Anteil an LCB-PP1

Für beide Blendserien fällt die Schmelztemperatur nahezu linear mit steigendem Gehalt an

LCB-PP ab (siehe Bild 3.15), was als Indiz für eine homogene Mischung der Blendpartner in

der Schmelze zu werten ist [Haghighat und Birley 1990, Wignal et al. 1995, Crist und Hill

1997].

Die Kristallisationstemperatur des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-PP1 ist um

etwa 16 °C größer als die der beiden linearen Blendpartner (siehe Tabelle 3.4). Die

nukleierende Wirkung von langkettenverzweigtem Polypropylen wurde in verschiedenen

Literaturstellen beschrieben [Wang et al. 1996, Spitael und Macosko 2004, Naguib et al.

2005]. In Untersuchungen des Kristallisationsverhaltens von elektronenbestrahlten

Polypropylenen konnte Auhl (2006) zeigen, dass die Veränderung der

Kristallisationstemperatur des linearen Ausgangsproduktes durch die Elektronenbestrahlung

stark von den Bestrahlungsparametern abhängt. Je nach gewählten

Bestrahlungsparametern weisen die elektronenbestrahlten Polypropylene sowohl höhere als

auch niedrigere Kristallisationstemperaturen als das lineare Ausgangsprodukt auf. Die

erreichten Änderungen der Kristallisationstemperatur durch die Elektronenbestrahlung sind

jedoch deutlich geringer als der gefundene Unterschied in den Kristallisationstemperaturen

zwischen den linearen Polypropylenen L-PP1 bzw. L-PP2 und dem langkettenverzweigten

LCB-PP1. Dies deutet darauf hin, dass die erhöhte Kristallisationstemperatur des LCB-PP1

Page 57: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

51

nicht alleine auf die Langkettenverzweigungen, sondern auf ein enthaltenes

Nukleierungsmittel zurückzuführen sein dürfte16.

Wie in Bild 3.16 zu erkennen ist, ergibt bereits die Zugabe geringer Anteile an LCB-PP1 zu

den beiden linearen Blendpartnern einen deutlichen Anstieg der Kristallisationstemperatur.

Bereits 2 Gew.-% des langkettenverzweigten Polypropylens führen zu einer im Vergleich zu

dem linearen Blendpartner um mehr als 10 °C erhöhten Kristallisationstemperatur. Dies ist

ebenfalls ein Hinweis auf ein Nukleierungsmittel in dem LCB-PP1, da bekannt ist, dass

bereits geringe Anteile eines Nukleierungsmittels zu einer signifikanten Erhöhung der

Kristallisationstemperatur von Polypropylen führen [Rettenberger 2002] Für die Blends mit

25 Gew.-% LCB-PP1 oder mehr ändert sich die Kristallisationstemperatur nur noch

geringfügig.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0100

105

110

115

120

125

130

T c

φLCB-PP1

L-PP1/LCB-PP1-Blends L-PP2/LCB-PP1-Blends

°C

Bild 3.16: Abhängigkeit der mittels DSC (2. Kühllauf, 10 K/min) ermittelten

Kristallisationstemperaturen vom Anteil an LCB-PP1

Die deutlich höheren Kristallsationstemperaturen der Blends im Vergleich zu den linearen

Polypropylenen muss bei der Auswahl der Verarbeitungsparameter im Schäumprozess und

bei der Interpretation des Verschäumverhalten beachtet werden, wobei jedoch zu

berücksichtigen ist, dass das Kristallisationsverhalten der Polypropylene durch die Zugabe

von Additiven bei der Schaumextrusion wie z.B. Treib- und Nukleierungsmittel beeinflusst

wird. Auf den Einfluss dieser Additive auf das Kristallisationsverhalten wird in Kapitel 5 näher

eingegangen.

16 Da das untersuchte LCB-PP1 ein Handelsprodukt ist, kann die Zugabe eines Nukleierungsmittels nicht ausgeschlossen werden. Leider konnten vom Hersteller diesbezüglich keine näheren Informationen erhalten werden.

Page 58: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

3 Untersuchte Polypropylene und deren analytische Charakterisierung

52

3.3.2 Schmelz- und Kristallisationsverhalten der anderen untersuchten PP

Im Vergleich zu den untersuchten linearen Polypropylenen (siehe Tabelle 3.4) weisen die

beiden HMS-PP eine vergleichsweise hohe Schmelztemperatur und eine deutlich höhere

Kristallisationstemperatur auf. Dies könnte sowohl auf eine nukleierende Wirkung der

hochmolekularen Anteile an PE als auch auf eventuell vorhandene Nukleierungsmittel in den

Handelsprodukten zurückgeführt werden. Ein signifikanter zweiter Schmelzpeak im Bereich

der Schmelztemperaturen von Polyethylenen konnte nicht gefunden werden, was vermutlich

daran liegt, dass der Polyethylenanteil zu gering ist, um mit dieser Methode detektiert zu

werden17.

Die Schmelz- und Kristallisationstemperaturen der elektronenbestrahlten LCB-PP2 und LCB-

PP3 sowie des linearen Ausgangsprodukts L-PP3 wurden von Hufnagel (2003) bestimmt.

Die Ergebnisse sind ebenfalls in Tabelle 3.4 angegeben. Sowohl die Schmelztemperatur als

auch die Kristallisationstemperatur nehmen durch die Elektronenbestrahlung ab. Diese

Abnahme wird auf den Einfluss der Langkettenverzweigungen zurückgeführt, die eine

Behinderung der Nukleierung der Kristallite und Fehlstellen in den gebildeten Kristalliten

hervorrufen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die im Vergleich zu linearen Polypropylenen

erhöhte Kristallisationstemperatur des LCB-PP1 vermutlich nicht allein durch die Präsenz

von Langkettenverzweigungen erklärt werden kann, zumal die Anzahl der Verzweigungen

pro 1000 Monomere für LCB-PP1 und LCB-PP3 sehr ähnlich ist (siehe Kapitel 3.2.3).

Tm [°C] TC [°C]

L-PP1 165 110

L-PP2 164 110

L-PP3 a) 164b) 115

L-PP4 167 112

LCB-PP1 161 126

LCB-PP2 a) 163 b) 115

LCB-PP3 a) 160 b) 113

HMS-PP1 167 118

HMS-PP2 167 122

Tabelle 3.4: Schmelz- und Kristallisationstemperaturen der untersuchten PP mit Ausnahme der

Blends (Heiz- bzw. Kühlrate 10 K/min) a) Quelle: Hufnagel (2003) b) Heizrate 5 K/min 17 Sugimoto et al. (2001a) fanden für Polypropylene mit einem geringen Anteil an hochmolekularen PE nach Fraktionierung der Produkte mittels TREF-Analyse (Temperature Rising Elution Fractionation) in DSC-Untersuchungen der erhaltenen Fraktionen einen bimodalen Kurvenverlauf, während für die unfraktionierten Proben ebenfalls nur ein unimodaler Schmelzpeak auftrat.

Page 59: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

53

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

Mit Hilfe rheologischer Charakterisierungsmethoden wird das Fließverhalten von

Polymerschmelzen untersucht. Die Kenntnis des Fließverhaltens im geschmolzenen Zustand

unter verschiedenen Beanspruchungen wie Scherung, Dehnung, Druck, Biegung oder

Torsion ist Grundlage für die Beurteilung und Vorhersage des Verarbeitungsverhaltens der

Polymerwerkstoffe. Da in der Schaumextrusion hauptsächlich Scher- und

Dehnbeanspruchungen der Polymerschmelze auftreten, erfolgt die Charakterisierung des

Fließverhaltens bzw. der rheologischen Eigenschaften der im Rahmen dieser Arbeit

untersuchten Polypropylene unter Realisierung dieser beiden Beanspruchungsformen. Das

Fließverhalten von Polymeren wird sehr stark von dem molekularen Aufbau (Molmasse,

Molmassenverteilung, Verzweigungsgrad) beeinflusst, weshalb rheologische Messungen

eine geeignete Methode darstellen, um Rückschlüsse auf die molekulare Struktur der

Polymere zu gewinnen. Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass einige

rheologische Eigenschaften sehr sensitiv auf die Präsenz von Langkettenverzweigungen

reagieren. Deshalb stellt die Untersuchung der scher- und dehnrheologischen Eigenschaften

der Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen einen Schwerpunkt

dieser Arbeit dar mit dem Ziel, neue Erkenntnisse über die Wirkung von

Langkettenverzweigungen auf das Fließverhalten von Polypropylenschmelzen zu erarbeiten.

Des Weiteren dienen die durchgeführten rheologischen Untersuchungen als Bindeglied zur

Ableitung von Korrelationen zwischen dem molekularen Aufbau der Polypropylene und dem

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion, was auf direktem Wege nicht bzw. nur

bedingt möglich ist.

Während die rheologischen Eigenschaften von Blends aus linearen und

langkettenverzweigten Polyethylenen in zahlreichen Untersuchungen ausführlich analysiert

wurden [z. B. Ghijsels et al. 1992, Ho et al. 2002, Liu et al. 2002, Lohse et al. 2002, Steffl

2004, Wagner et al. 2004], sind in der Literatur bisher nur sehr wenige systematische

Untersuchungen des Fließverhaltens von Blends aus linearen und langkettenverzweigten

Polypropylenen beschrieben. Spitael et al. (2002) untersuchten das Verhalten von Blends

eines linearen Polypropylens mit zwei unterschiedlichen langkettenverzweigten

Polypropylenen in uniaxialer Dehnung. Dafür stellten sie Blends mit 25 und 50 Gew.-% an

langkettenverzweigtem PP in einem Laborkneter her. Bereits die Blends mit 25 Gew.-%

LCB-PP wiesen eine ausgeprägte Dehnverfestigung im gesamten untersuchten

Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 1 s-1 auf. Es sind jedoch keine Informationen zur

molekularen Struktur und zu den scherrheologischen Eigenschaften der Polypropylene

angegeben. Suzuki et al. (2004) untersuchten das rheologische Verhalten von Blends eines

linearen und eines langkettenverzweigten Polypropylens in Scher- und uniaxialer

Dehnströmung. Der Anteil an LCB-PP der drei untersuchten Blends betrug 10, 30 und

Page 60: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

54

70 Gew.-%. Sie konnten bereits bei dem Blend mit 10 Gew-% LCB-PP eine

Dehnverfestigung feststellen, die jedoch nur bei kleinen Dehnraten im Bereich von 0,01 bis

0,05 s-1 auftrat. Während keine Korrelation des Dehnverfestigungsverhaltens mit der

Blendzusammensetzung gefunden wurde, nahm der Speichermodul in oszillatorischer

Scherung linear mit dem Anteil an LCB-PP ab. Gotsis et al. (2004a) untersuchten das scher-

und dehnrheologische Verhalten von langkettenverzweigten Polypropylenen, die über

reaktive Modifikation mit Peroxiden erzeugt wurden, und von Blends aus einem linearen und

einem langkettenverzweigten Polypropylen. Alle untersuchten langkettenverzweigten

Polypropylene einschließlich der Blends zeigten ein ausgeprägtes

Dehnverfestigungsverhalten bei der verwendeten Dehnrate von 0,1 s-1, wobei der kleinste

Anteil an LCB-PP der Blends bei 12,5 Gew.-% lag. Der Einfluss unterschiedlicher Dehnraten

auf das Dehnverfestigungsverhalten wurde nicht untersucht. In scherrheologischen

Experimenten wurde ein Anstieg der Nullviskosität und der Schmelzeelastizität mit

wachsender Anzahl an Langkettenverzweigungen pro Molekül sowohl für die modifizierten

Polypropylene als auch für die Blends festgestellt.

Aus dieser kurzen Literaturübersicht kann schlussgefolgert werden, dass die Untersuchung

des rheologischen Verhaltens von Blends aus linearen und langkettenverzweigten

Polypropylenen von großem wissenschaftlichem Interesse ist, jedoch trotz der bereits

durchgeführten Untersuchungen noch zahlreiche Fragen unbeantwortet sind. Dies betrifft

z. B. den Einfluss sehr geringer Anteile an LCB-PP (< 10 Gew.-%) auf rheologische

Eigenschaften oder die Abhängigkeit der Dehnverfestigung bei unterschiedlichen

Dehngeschwindigkeiten vom Anteil an langkettenverzweigtem Polypropylen. Des Weiteren

stellen Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylen eine interessante

Möglichkeit zur Analyse des Einflusses unterschiedlicher Anteile an

Langkettenverzweigungen gleicher molekularer Topographie auf rheologische Eigenschaften

von Polypropylen dar. Das ist z. B. über die Herstellung langkettenverzweigter Polypropylene

durch Elektronenbestrahlung oder Peroxidmodifikation nicht uneingeschränkt möglich, weil

nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich durch die Elektronenbestrahlung oder

Peroxidmodifikation die Langkettenverzweigungstopographie ändert.

4.1 Rheologische Charakterisierungsmethoden 4.1.1 Rheologische Charakterisierung unter Scherbeanspruchung

Bei einer Scherbeanspruchung wirkt eine Kraft parallel zur Oberfläche der Schmelze. Dies ist

für den Fall der einfachen Scherung in Bild 4.1 schematisch dargestellt. Der Quotient aus der

Kraft F und der Fläche A wird als Schubspannung τ bezeichnet. Die durch die Kraft

hervorgerufene Scherung γ ergibt sich aus dem Quotienten der Deformation in x- und y-

Richtung:

Page 61: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

55

ϕγ tan==dydx

(4.1)

Die zeitliche Ableitung der Scherung wird als Schergeschwindigkeit g bezeichnet und

entspricht dem Gradienten der Strömungsgeschwindigkeit vx:

dydv

dtd x==γγ& (4.2)

Im Fall der einfachen Scherung nimmt die Strömungsgeschwindigkeit linear in y-Richtung zu,

so dass sich für die Schergeschwindigkeit folgender einfacher Zusammenhang ergibt:

hv0=γ& (4.3)

v0

F

x

y

h

A v0

F

x

y

h ϕ

A

Bild 4.1: Schematische Darstellung der Deformation in einfacher Scherung

Das Verhältnis von Schubspannung und Schergeschwindigkeit ist die Scherviskosität η.

γτη&

= (4.4)

Die Viskosität ist ein Maß für den Fließwiderstand der Schmelze, der durch die innere

Reibung hervorgerufen wird. Während die Scherviskosität für Newtonsche Flüssigkeiten eine

Materialkonstante darstellt, hängt sie für Polymerschmelzen von der Schergeschwindigkeit

und der Zeit ab. Für eine weitergehende Darstellung der theoretischen Grundlagen der

Scherdeformation von Polymerschmelzen sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen

[z.B. Schwarzl 1990, Macosko 1994].

Für die experimentelle Bestimmung der Scherviskosität wurden verschiedene Methoden und

Rheometer entwickelt. Für Untersuchungen im Bereich kleiner und mittlerer

Schergeschwindigkeiten werden Rotationsrheometer eingesetzt, die ebenfalls für die

Charakterisierung des dynamisch-mechanischen Verhaltens von Polymerschmelzen

verwendet werden. Die Erzeugung von hohen Schergeschwindigkeiten, wie sie in

Verarbeitungsverfahren wie dem Spritzgießen auftreten, wird mit Kapillarrheometern

realisiert. Genauere Beschreibungen des Aufbaus, der Funktionsweise und der für die

Page 62: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

56

Auswertung nötigen Berechnungsgleichungen können der gängigen Literatur entnommen

werden [z.B. Schwarzl 1990, Metzger 2000].

Im Folgendem sollen die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungsmethoden

kurz beschrieben werden. Für weiterführende Informationen sei auch hier auf die

entsprechende Fachliteratur verwiesen [z.B. Schwarzl 1990, Macosko 1994].

Dynamisch-mechanische Untersuchungen

Zur Untersuchung des dynamisch-mechanischen Verhaltens von Polymerschmelzen wird die

Deformation in Form einer sinusförmigen Schwingung mit der Kreisfrequenz ω und der

Scheramplitude γA vorgegeben:

)sin()( tt A ωγγ ⋅= (4.5)

Für die Spannung erhält man im eingeschwungenen Zustand eine im Vergleich zur

aufgebrachten Deformation um den Phasenwinkel δ verschobene Sinusschwingung:

)sin()( δωττ +⋅= tt A (4.6)

Das Verhältnis aus der Spannungsamplitude τA und der Deformationsamplitude γA entspricht

dem Absolutwert des komplexen dynamischen Moduls |G*(ω)|:

[ ] [ ]22* )('')(')( ωωγτ

ω GGGA

A +== (4.7)

Die Parameter G’(ω) und G’’(ω) werden als Speicher- und Verlustmodul bezeichnet. Der

Quotient aus Verlust- und Speichermodul beschreibt den Verlustfaktor tan δ, welcher ein

Maß für die Dämpfung bzw. den Energieverlust des Materials pro Schwingungsperiode

darstellt.

)(')(''tan

ωωδ

GG

= (4.8)

Die komplexe Viskosität η* errechnet sich aus dem Verhältnis zwischen momentaner

Spannung τ(t) und momentaner Schergeschwindigkeit g(t) (Gl. 4.9), und ihr Betrag lässt sich

aus dem Absolutwert des dynamischen Moduls nach Gl. 4.10 ermitteln.

)()(*

tt

γτη&

= (4.9)

ω

ωωη

)()(

**

G= (4.10)

Page 63: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

57

Unter Annahme der Gültigkeit der Cox-Merz-Relation18 [Cox und Merz 1958] stimmt der

Betrag der komplexen Viskosität |h*(ω)| im linearen Bereich19 mit der stationären

Scherviskosität η(g) überein, wenn die Kreisfrequenz gleich der Schergeschwindigkeit

gesetzt wird:

( ) γωγηωη && == für )(* (4.11)

Kriechversuch

Beim Kriechversuch wird die Polymerschmelze mit einer konstanten Schubspannung τ0

belastet und die resultierende Deformation γ als Funktion der Kriechzeit t gemessen. Aus der

Schubspannung und der Deformation kann die zeitabhängige Kriechnachgiebigkeit J(t) wie

folgt ermittelt werden:

0

)()(τ

γ ttJ = (4.12)

Nach der Theorie des linear-viskoelastischen Verhaltens kann die Kriechnachgiebigkeit in

drei Komponenten unterteilt werden [Schwarzl 1990]:

00 )()(

ηψ ttJtJ ++= (4.13)

Hierin entsprechen J0 dem rein elastischen Momentanwert der Nachgiebigkeit, ψ(t) der

sogenannten Kriechfunktion, die das viskoelastische Verhalten der Polymerschmelzen

widerspiegelt, und η0 der Nullviskosität, welche ein Maß für die rein viskosen Eigenschaften

darstellt. Im stationären Zustand vereinfacht sich Gl. 4.13 wie folgt:

0)(

ηtJtJ e += (4.14)

wobei Je dem stationären elastischen Anteil der Kriechnachgiebigkeit entspricht. Unter der

Voraussetzung, dass der Kriechversuch im linearen Bereich durchgeführt wird, d.h., dass die

Deformation unabhängig von der aufgebrachten Spannung ist, und die Kriechzeit so lang

gewählt wird, dass erstens der stationäre Zustand erreicht ist und zweitens Je sehr viel

kleiner als t/η0 ist, kann die Nullviskosität anhand folgender Formel ermittelt werden:

00

)(0

ητ

=→

∞→ tJt

tlim (4.15)

18 Die Gültigkeit der Cox-Merz-Relation wurde für einen Großteil reiner Polymerschmelzen und -lösungen nachgewiesen [Pahl et al. 1995]. 19 Dynamisch-mechanische Untersuchungen an Polymerschmelzen werden üblicherweise im linearen Bereich durchgeführt, d.h. die Absolutwerte des komplexen Moduls und der komplexen Viskosität sind bei konstanter Kreisfrequenz unabhängig von der aufgebrachten Deformations- oder Spannungsamplitude.

Page 64: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

58

4.1.2 Rheologische Charakterisierung unter Dehnbeanspruchung

Bei einer Dehnbeanspruchung greift die Kraft im Gegensatz zur Scherbeanspruchung nicht

parallel, sondern senkrecht zur Oberfläche der Schmelze an. Für den Fall der uniaxialen

Dehnung eines Zylinders ist die durch die Kraft hervorgerufene Dehndeformation in Bild 4.2

schematisch dargestellt. Der Zylinder wird von der Ausgangslänge l0 auf die Länge l

verstreckt.

Bild 4.2: Schematische Darstellung der Deformation eines Zylinders unter einer uniaxialen

Dehnbeanspruchung

Das Verhältnis aus verstreckter Länge und Ausgangslänge wird als Verstreckungsgrad

bezeichnet. In der Rheologie wird jedoch als Maß für die Dehnung der Probe nicht der

Verstreckungsgrad, sondern die Hencky-Dehnung εH angegeben, welche dem natürlichen

Logarithmus des Verstreckungsgrades entspricht:

=

0

lnll

Hε (4.16)

Die Dehngeschwindigkeit f ergibt sich aus der zeitlichen Ableitung der Hencky-Dehnung und

entspricht der auf den Momentanwert bezogenen zeitlichen Änderung der Probenlänge:

==dtdl

ldtd H 1ε

ε& (4.17)

Aus dem Quotienten der aufgebrachten Zugspannung σ = FZ/AZ und der

Dehngeschwindigkeit f kann die Dehnviskosität ηE ermittelt werden:

εση&

=E (4.18)

In der Praxis treten häufig keine uniaxialen, sondern mehrachsige Dehnbeanspruchungen

auf. Der Deformationsgeschwindigkeitstensor D für eine beliebige Dehnströmung in einem

orthogonalen Koordinatensystem mit den Achsen x1, x2 und x3 ist wie folgt definiert:

=

33

22

11

000000

εε

ε

&

&

&

D (4.19)

l0

l

FZ FZ AZ

Page 65: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

59

Da für Polymerschmelzen von einer Volumenkonstanz ausgegangen werden kann, muss die

Summe der drei Dehngeschwindigkeiten Null ergeben:

0332211 =++ εεε &&& (4.20)

Für den Fall einer konstanten Dehngeschwindigkeit, d.h. f11 = f0, ergibt sich nach Einführung

des sogenannten Dehnmodenparameters mE (Gl. 4.22) für den Dehngeschwindigkeitstensor

demzufolge:

+−=

)1(0000001

0

E

E

mmD ε& (4.21)

mit

11

22

εε&

&=Em (4.22)

Für den Fall der uniaxialen Dehnung ergibt sich für mE = -0,5, d.h. die Probe wird in

Belastungsrichtung mit f0 verstreckt und in die beiden anderen Richtungen jeweils mit der

Geschwindigkeit f0/2 gestaucht. Als weitere Grenzfälle ergeben sich mE = 1 für eine

äquibiaxiale und mE = 0 für eine planare Dehnbeanspruchung.

Für die experimentelle Untersuchung des Fließverhaltens von Polymerschmelzen unter

uniaxialer, biaxialer und planarer Dehnbeanspruchung wurden eine Reihe von

verschiedenen Dehnrheometern entwickelt [z.B. Meissner 1972, Münstedt 1979, Chatrei et

al. 1981, Takahashi et al. 1993, Meissner und Hochstettler 1994, Hachmann 1996], auf die

an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.

Ähnlich wie unter Scherbeanspruchung können auch unter Dehnbeanspruchung

unterschiedliche Charakterisierungsmethoden verwendet werden. Der im Rahmen dieser

Arbeit durchgeführte Spannversuch in Dehnung soll im Folgendem beschrieben werden. Für

weiterführende Informationen sei auch hier auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen

[z.B. Schwarzl 1990, Pahl et al. 1995].

Spannversuch in Dehnung

Bei einem Spannversuch in Dehnung wird die Probe mit einer konstanten

Dehngeschwindigkeit f0 beansprucht. Bei dem Spannversuch einer zylindrischen Probe in

uniaxialer Dehnung ergibt sich aufgrund der Definition der Dehngeschwindigkeit als

Ableitung der Hencky-Dehnung (siehe Gl. 4.17) eine exponentielle Zunahme der

Deformationsgeschwindigkeit mit der Zeit:

teldtdl ⋅⋅⋅= 0

00εε && (4.23)

Page 66: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

60

Als Messsignal wird die Kraft als Funktion der Zeit aufgezeichnet. Die zeitabhängige

Spannung σ(t) ergibt sich aus dem Verhältnis der zeitabhängigen Kraft FZ(t) zur

Querschnittsfläche der Probe AZ, die ebenfalls zeitabhängig ist:

)()()(tAtFt

Z

Z=σ (4.24)

Aufgrund der Volumenkonstanz von Polymerschmelzen kann die zeitabhängige Fläche

jedoch aus dem Ausgangsquerschnitt AZ,0 und der Dehngeschwindigkeit errechnet werden:

t

Z

Z

Z

Z eAtF

tAtF

t ⋅⋅== 0

0,

)()()()( εσ & (4.25)

Als Materialfunktion erhält man die zeitabhängige Dehnviskosität ηE+(t,f0) aus dem

Quotienten der zeitabhängigen Spannung und der Dehngeschwindigkeit:

0

00

),(),(

εεσ

εη&

&&

ttE =+ (4.26)

4.2 Rheologische Eigenschaften in Scherströmung 4.2.1 Untersuchungen zur thermischen Stabilität

Für die Charakterisierung des rheologischen Verhaltens von Polymerschmelzen ist eine

thermische Stabilität während der gesamten Messzeit eine Grundvoraussetzung, um

verlässliche Messergebnisse zu erhalten. Dynamisch-mechanische Messungen bei niedrigen

Frequenzen haben sich als geeignete Methode zur Überprüfung der thermischen Stabilität

erwiesen. Dabei wird der zeitliche Verlauf einer bezüglich der Molmasse sensitiven

rheologischen Größe, wie z.B. des Speichermoduls, analysiert. Für die Untersuchungen zur

thermischen Stabilität der Polypropylene wurde ein deformationsgesteuertes

Rotationsrheometer der Firma Rheometrics Scientific (Typ ARES, Advanced Rheometric

Expansion System) mit einer Platte-Platte Geometrie (D = 25 mm) verwendet. Um einen

möglichen oxidativen Abbau der Polypropylene während der Versuche zu vermindern,

wurden die Messungen zur thermischen Stabilität genauso wie alle weiteren

scherrheologischen Messungen unter Stickstoffatmosphäre durchgeführt. Als

Stabilitätskriterium wurde eine maximale Abweichung des Speichermoduls bei einer

konstanten Kreisfrequenz von 5 % bezogen auf den Startwert des Moduls, verwendet. Die

Deformationsamplitude wurde so gewählt, dass die Messungen im linearen Bereich

erfolgten.

Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

In Bild 4.3 sind die Ergebnisse der Stabilitätsuntersuchung für das L-PP1, das LCB-PP1, die

Page 67: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

61

Blends des L-PP1 mit 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 sowie das extrudierte LCB-PP1 bei einer

Temperatur von 180 °C dargestellt. Die Speichermodulwerte wurden zwecks besserer

Vergleichbarkeit der Proben auf den Ausgangswert G’(t=0) normiert. Für das L-PP1 ist eine

geringfügige Abnahme des Speichermoduls mit der Zeit erkennbar, wobei das

Stabilitätskriterium jedoch während der gesamten untersuchten Messzeit von 10 000 s erfüllt

ist. Ein ähnliches Verhalten wurde für das extrudierte L-PP1 gefunden, weshalb es in Bild 4.3

nicht mitaufgeführt ist.

102 103 1040,9

1,0

1,1

1,2

1,3

-5%

s

L-PP1 50 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 LCB-PP1 LCB-PP1 extr.

T = 180 °Cω = 0,1 s-1

G'(t

)/G'(t

=0)

t

+5%

Bild 4.3: Normierter Speichermodul G’(t)/G’(t=0) bei einer Temperatur von 180 °C als Funktion der

Zeit für das L-PP1, das LCB-PP1, die Blends des L-PP1 mit 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 sowie das

extrudierte LCB-PP1

Während das LCB-PP1 keine signifikante Änderung des Speichermoduls mit der Zeit zeigt,

weist das extrudierte LCB-PP1 einen starken Anstieg von G’(t) auf. Grund für diesen starken

Anstieg des Speichermoduls ist vermutlich die langsame Rückbildung von Verschlaufungen

zwischen den langkettenverzweigten Molekülen, die während der Extrusion entschlauft

wurden. Die Entschlaufung von temporären Verknüpfungen zwischen

Langkettenverzweigungen durch eine thermisch-mechanische Beanspruchung, z. B. durch

eine Extrusion, wurde zunächst für LDPE beschrieben [z.B. Rokudai (1979), Münstedt

(1981), Ram and Izrailov (1986)] und wurde später auch für langkettenverzweigte

Polypropylene beobachtet [Gahleitner (2001), Park et al. (2002)]. Eine genauere Diskussion

des Extrusionseinflusses auf die rheologischen Eigenschaften des LCB-PP1 kann bei Berger

(2005) nachgelesen werden.

Da die Rückbildungsgeschwindigkeit der Verschlaufungen sehr gering ist, steigt der

Speichermodul nur langsam mit der Zeit an (vgl. Bild 4.3), weshalb der Zustand des

extrudierten LCB-PP1 für ca. 1h als thermisch stabil betrachtet werden kann. Diese Zeit ist

zumindest für den Großteil der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten rheologischen

Untersuchungen ausreichend. Für das Blend mit 75 Gew.-% LCB-PP1 ist ebenfalls ein

Page 68: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

62

signifikanter Anstieg des Speichermoduls mit der Zeit erkennbar. Dies deutet darauf hin,

dass auch für dieses Blend eine Änderung des Verschlaufungsnetzwerkes durch die

Extrusion in ähnlicher Weise wie für das reine LCB-PP1 erfolgt ist. Aufgrund des geringeren

Anteils an Langkettenverzweigungen im Vergleich zu dem LCB-PP1 ist der Effekt bei dem

Blend jedoch geringer ausgeprägt. Das Blend des L-PP1 mit 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie alle

anderen Blends des L-PP1 mit geringeren Anteilen an LCB-PP1 zeigen innerhalb der

Messzeit von 10 000 s keine signifikante Abweichung des Speichermoduls von dem Wert zu

Beginn der Messung. Somit wurde für diese Blends im Rahmen der Messgenauigkeit des

durchgeführten Experimentes kein Anstieg des Speichermoduls aufgrund einer Rückbildung

von Verschlaufungen gefunden, was ein Hinweis darauf ist, dass das lineare Polypropylen in

den Blends einen Einfluss auf den bei dem langkettenverzweigten PP gefundenen

Extrusionseffekt ausübt.

Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Dass die lineare Blendkomponente der L-PP/LCB-PP - Blends einen Einfluss auf die

Änderung des Verschlaufungsnetzwerks der langkettenverzweigten Moleküle besitzt, deutet

sich ebenfalls aus dem in Bild 4.4 dargestellten zeitabhängigen Speichermodul des Blends

des L-PP2 mit 75 Gew.-% an LCB-PP1 an. Während bei Zugabe von 25 Gew.-% des L-PP1

zu dem LCB-PP1 ein signifikanter Anstieg des Speichermoduls mit der Zeit festgestellt

wurde (siehe Bild 4.3), der auf die Rückbildung von im Extrusionsprozess zerstörten

Verschlaufungen zurückgeführt wird, scheint die Zugabe von 25 Gew.-% des

höhermolekularen L-PP2 zu dem LCB-PP1 zu einer geringeren Veränderung des

Verschlaufungsnetzwerkes durch die thermisch-mechanische Beanspruchung bei der

Extrusion geführt zu haben, da für dieses Blend im Rahmen der Messgenauigkeit kein

Anstieg des Speichermoduls mit der Zeit festgestellt wurde (siehe Bild 4.4).

Wie aus den in Bild 4.4 beispielhaft dargestellten Kurven für das L-PP2 und das Blend des L-

PP2 mit 75 Gew.-% LCB-PP1 geschlossen werden kann, weisen die Blends des LCB-PP1

mit dem L-PP2 eine ausreichende Stabilität für den Großteil der im Rahmen dieser Arbeit

durchgeführten rheologischen Untersuchungen auf.

Page 69: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

63

102 103 1040.9

1.0

1.1

1.2

1.3

-5%

s

L-PP2 75 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP2

T = 180 °Cω = 0,1 s-1

G'(t

)/G'(t

=0)

t

+5%

Bild 4.4: Normierter Speichermodul G’(t)/G’(t=0) bei einer Temperatur von 180 °C als Funktion der

Zeit für das L-PP2 und das Blend des L-PP2 mit 75 Gew.-% LCB-PP1

HMS-PP

Die Ergebnisse der Stabilitätsuntersuchungen an den beiden HMS-PP sind in Bild 4.5

dargestellt. Die Stabilität ist deutlich schlechter als bei den anderen untersuchten

Polypropylenen. Für beide HMS-PP tritt bereits nach einer Zeit von ca. 3 000 s eine

Abweichung des Speichermoduls um mehr als 5 % des Ausgangswertes auf. Selbst diese

geringe Stabilitätszeit ist jedoch ausreichend für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten

scher- und dehnrheologischen Untersuchungen mit Ausnahme von Kriechversuchen, bei

denen eine deutlich längere Stabilitätszeit erforderlich wäre. Kriechversuche wurden deshalb

an diesen beiden Materialien nicht durchgeführt.

102 103 1040,8

0,9

1,0

1,1

1,2

-5%

s

HMS-PP1 HMS-PP2

T = 180 °Cω = 0,1 s-1

G'(t

)/G'(t

=0)

t

+5%

Bild 4.5: Normierter Speichermodul G’(t)/G’(t=0) bei einer Temperatur von 180 °C als Funktion der

Zeit für HMS-PP1 und HMS-PP2

Page 70: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

64

Elektronenbestrahlte Polypropylene

Das lineare Ausgangsprodukt (L-PP3) und die beiden über Elektronenbestrahlung des L-PP3

mit 5 kGy (LCB-PP2) und 60 kGy (LCB-PP3) erzeugten langkettenverzweigten

Polypropylene wurden von Auhl (2006) rheologisch charakterisiert. Da die Ergebnisse der

rheologischen Untersuchungen an diesen Polypropylenen für die Analyse des

Schäumverhaltens von entscheidender Bedeutung sind, wurden sie zum Teil für diese Arbeit

übernommen. Für alle drei Polypropylene L-PP3, LCB-PP2 und LCB-PP3 wurde von Auhl

(2006) eine ausreichende Stabilität nachgewiesen.

4.2.2 Dynamische Viskositätsfunktionen

Die dynamische Viskositätsfunktion beschreibt die Änderung der dynamischen Viskosität als

Funktion der Frequenz. Bei Gültigkeit der Cox-Merz-Relation (siehe Gl. 4.11) ist die

Frequenzabhängigkeit der dynamischen Viskosität mit der Schergeschwindigkeits-

abhängigkeit der Scherviskosität gleichzusetzen, und aus den dynamischen

Viskositätsverläufen können Aussagen über die Strukturviskosität der untersuchten

Polypropylene abgeleitet werden20. Zur Bestimmung der dynamischen Viskositätsfunktionen

wurden an dem deformationsgesteuerten Rotationstheometer ARES der Fa. Rheometrics

Scientific dynamisch-mechanische Untersuchungen in einem Frequenzbereich von 0,01 bis

100 s-1 durchgeführt. Die Messungen erfolgten bei einer Temperatur von 180 °C mit einer

Platte-Platte-Geometrie (Durchmesser 25 mm) unter Stickstoffatmosphäre.

Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

In Bild 4.6 ist die Frequenzabhängigkeit des Betrages der komplexen dynamischen

Viskosität für Blends des L-PP1 mit dem LCB-PP1 dargestellt. Die Viskosität des L-PP1 ist in

dem untersuchten Frequenzbereich signifikant größer als die Viskosität des LCB-PP1. Der

Unterschied zwischen den Viskositäten der beiden Blendkomponenten wird mit steigender

Frequenz größer, was ein Indiz für die stärker ausgeprägte Strukturviskosität des LCB-PP

ist. Diese kann sowohl auf den Einfluss der Langkettenverzweigungen als auch auf die

wesentlich breitere Molmassenverteilung des LCB-PP1 zurückgeführt werden.

Die Kurven der Blends mit 2, 5 und 10 Gew.-% LCB-PP1 sind der Übersicht halber nicht

dargestellt, da sie sich nur geringfügig von der Kurve des linearen Blendpartners

unterscheiden. Erst für die Blends mit höheren Anteilen an LCB-PP als 10 Gew.-% tritt eine

stärkere Strukturviskosität als bei dem linearen Blendpartner auf. Dieser Befund ist

verständlich, da die Blends bis 10 Gew.-% LCB-PP1 nur geringe Anteile an

20 Die Gültigkeit der Cox-Merz-Relation für lineare und langkettenverzweigte Polypropylene wurde im Rahmen der Diplomarbeit von Wendel (2004) am Beispiel des L-PP1 und des LCB-PP1 gezeigt.

Page 71: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

65

Langkettenverzweigungen aufweisen und sich auch in der Polydispersität der

Molmassenverteilung nur geringfügig von dem L-PP1 unterscheiden.

10-2 10-1 100 101 102102

103

104

105

s-1

Pas

L-PP1/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100

T = 180 °C

|η*(

ω)|

ω Bild 4.6: Frequenzabhängigkeit des Betrages der dynamischen Viskosität für das L-PP1, das LCB-

PP1, die Blends des L-PP1 mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 sowie das extrudierte LCB-PP1

Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Die dynamischen Viskositätsfunktionen der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 sind in Bild 4.7

dargestellt. Aufgrund der deutlich größeren Molmasse des L-PP2 im Vergleich zu dem L-PP1

ist die Viskositätsfunktion des L-PP2 gegenüber der des L-PP1 zu deutlich größeren

Viskositäten verschoben (vgl. mit Bild 4.6) und die Differenz zu der Viskositätsfunktion des

LCB-PP1 ist deutlich stärker ausgeprägt als bei dem L-PP1.

10-2 10-1 100 101 102102

103

104

105

s-1

Pas

L-PP2/LCB-PP1 100/0 75/25 50/50 25/75 0/100

T = 180 °C

|η*(

ω)|

ω Bild 4.7: Frequenzabhängigkeit des Betrages der dynamischen Viskosität für das L-PP2, das LCB-

PP1 sowie die Blends des L-PP2 mit 25, 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1

Ähnlich wie bei den Blends des L-PP1 unterscheiden sich die Kurven der Blends des L-PP2

bis zu einem Anteil an LCB-PP1 von 10 Gew.-% nur geringfügig von der Kurve der linearen

Page 72: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

66

Blendkomponente, weshalb sie in Bild 4.7 nicht mitaufgeführt sind. Erst für das Blend mit

25 Gew.-% LCB-PP1 liegt die Viskositätskurve in dem untersuchten Frequenzfenster

deutlich unterhalb der Kurve des linearen Blendpartners. Somit lässt sich feststellen, dass für

beide Blendsysteme signifikant niedrigere Scherviskositäten in dem untersuchten

Frequenzbereich im Vergleich zu dem jeweiligen linearen Blendpartner erst ab einem Anteil

an LCB-PP1 von 25 Gew.-% auftreten.

HMS-PP

Die dynamischen Viskositätsfunktionen der beiden HMS-PP sind in Bild 4.8 dargestellt. Das

HMS-PP2 weist aufgrund der höheren gewichtsmittleren Molmasse im gesamten

untersuchten Frequenzbereich deutlich größere Viskositäten auf, wobei die Differenz

zwischen den Viskositäten der beiden PP bei höheren Frequenzen geringer wird. Für HMS-

PP1 fällt bei niedrigen Frequenzen ein ausgeprägter Anstieg der Viskosität auf. Dieser

könnte auf eine Phasenseparation der PE-Anteile innerhalb der Polypropylenmatrix

zurückzuführen sein, da Polypropylen und Polyethylen erfahrungsgemäß unmischbar sind.

Es ist anzunehmen, dass die Viskositätsfunktion bei hohen Frequenzen von dem linearen

Polypropylen dominiert wird und sich die hochmolekularen Polyethylenmoleküle erst bei

niedrigen Frequenzen bemerkbar machen, insbesondere deshalb weil die Moleküle aufgrund

der höheren Molmasse deutlich längere Relaxationszeiten aufweisen. Eine Klärung der

genauen Ursache für den Viskositätsanstieg des HMS-PP1 im Bereich niedriger Frequenzen

lag jedoch nicht im Rahmen dieser Arbeit21.

10-2 10-1 100 101 102

103

104

105

s-1

Pas HMS-PP1 HMS-PP2

T = 180 °C

|η*(

ω)|

ω Bild 4.8: Frequenzabhängigkeit der dynamischen Viskosität für HMS-PP1 und HMS-PP2

21 Sugimoto et al. (2001a und 2001b) untersuchten das rheologische Verhalten von HMS-Polypropylenen, die ähnlich wie die in dieser Arbeit untersuchten HMS-PP aus linearen Polypropylenen mit einem geringen Anteil an einer hochmolekularen Polyethylenkomponente bestehen. Sie fanden ebenfalls einen ausgeprägten Anstieg der komplexen Viskosität bei niedrigen Frequenzen und gehen näher auf mögliche Ursachen für diesen Viskositätsanstieg ein.

Page 73: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

67

Elektronenbestrahlte Polypropylene

Die von Auhl (2006) gemessenen dynamischen Viskositätsfunktionen der beiden

elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 sowie des linearen

Ausgangsproduktes L-PP3 sind in Bild 4.9 dargestellt. Die Elektronenbestrahlung des L-PP3

führt zu einer Verringerung der dynamischen Viskosität in dem untersuchten

Frequenzbereich, die zum einen auf die Molmassenabnahme und zum anderen auf den

Einfluss der erzeugten Langkettenverzweigungen auf die Strukturviskosität zurückgeführt

werden kann. In dem für die Verarbeitung der Polypropylene relevanten Bereich bei hohen

Frequenzen bzw. Schergeschwindigkeiten weisen das L-PP3 und das LCB-PP2 eine ähnlich

hohe Viskosität auf, während die Viskosität des LCB-PP3 signifikant niedriger ist, was

hauptsächlich mit der wesentlich geringeren Molmasse des LCB-PP3 zusammenhängt

(siehe Tabelle 3.3). Für eine genauere Diskussion des Einflusses der Elektronenbestrahlung

von linearen Polypropylenen auf die dynamische Viskositätsfunktion und die

Strukturviskosität sei auf Auhl (2006) verwiesen.

10-2 10-1 100 101 102

103

104

105

s-1

Pas

L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3

T = 180 °C

|η*(

ω)|

ω Bild 4.9: Frequenzabhängigkeit des Betrages der dynamischen Viskosität für die

elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 (Dosis 5 kGy) und LCB-PP3 (Dosis 60 kGy) sowie das

lineare Ausgangsprodukt L-PP3 [Auhl 2006]

4.2.3 Fließaktivierungsenergie

Mit der Fließaktivierungsenergie lässt sich die Temperaturabhängigkeit des rheologischen

Verhaltens von Polypropylenschmelzen beschreiben [Kurzbeck 1999, Uhl 2002]. Somit kann

bei Kenntnis der Aktivierungsenergie der Polypropylene die Änderung der

Schmelzeviskosität bei einer Temperaturzu- oder -abnahme berechnet werden.

Die Fließaktivierungsenergien der untersuchten Polypropylene wurden aus Frequenzsweeps

im Bereich von 0,1 bis 100 s-1 bei verschiedenen Temperaturen im Bereich von 150 °C bis

210 °C ermittelt. Durch Kurvenverschiebung wurde eine Masterkurve bei 180 °C erstellt und

Page 74: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

68

anhand der so genannten Arrheniusauftragung der Verschiebungsfaktoren die

Fließaktivierungsenergie ermittelt22.

Die ermittelten Fließaktivierungsenergien EA der beiden Blendreihen aus L-PP1 und LCB-

PP1 bzw. L-PP2 und LCB-PP1 sind in Bild 4.10 als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-

PP1 dargestellt. Die Fließaktivierungsenergie des LCB-PP1 ist mit 43 kJ/mol deutlich größer

als die Fließaktivierungsenergien der beiden linearen Blendpartner, die bei 35 bzw. 36

kJ/mol liegen. Ursache für die höhere Aktivierungsenergie des LCB-PP1 sind die

vorhandenen Langkettenverzweigungen.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,034

36

38

40

42

44

E A

φLCB-PP1

lineare MischungsregelkJ/mol

a)

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,032

34

36

38

40

42

44

E A

φLCB-PP1

lineare MischungsregelkJ/mol

b)

Bild 4.10: Fließaktivierungsenergie EA als Funktion des Anteils an LCB-PP1 a) für die L-PP1/LCB-

PP1 – Blends und b) für die L-PP2/LCB-PP1 – Blends

Dass Langkettenverzweigungen zu einer Erhöhung der Fließaktivierungsenergie führen, ist

aus verschiedenen Untersuchungen an linearen und langkettenverzweigten Polyethylenen

bekannt [z.B. Gabriel 2001, Wood-Adams und Costeux 2001] und konnte auch bereits für

langkettenverzweigtes PP im Vergleich zu linearem PP gezeigt werden [z.B. Kurzbeck 1999,

Gahleitner 2001, Stadler 2001]. Die für langkettenverzweigte Polypropylene gefundene

Erhöhung der Fließaktivierungsenergie im Vergleich zu linearem Polypropylen liegt in der

Größenordnung wie sie auch in dieser Arbeit gefunden wurde und fällt somit deutlich

geringer aus als bei langkettenverzweigtem Polyethylen. Die Ursache für die

22 Eine stark ausgeprägte thermorheologische Komplexität, wie sie z. B. für LDPE gefunden wurde [z.B. Gabriel 2001], tritt bei den untersuchten langkettenverzweigten Polypropylenen nicht auf. Für alle untersuchten Polypropylene ließen sich die Kurven der einzelnen Temperaturen T durch die Zeit-Temperatur-Verschiebung gut zur Deckung bringen. Die ermittelten Verschiebungsfaktoren aT der Polypropylene konnten in der Arrheniusauftragung log aT als Funktion von 1/T jeweils mit einer linearen Beziehung beschrieben werden, aus deren Anstieg die Fließaktivierungsenergie bestimmt wurde.

Page 75: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

69

unterschiedliche Wirkung von Langkettenverzweigungen auf die Fließaktivierungsenergie

von Polypropylen und Polyethylen liegt vermutlich an dem starken Einfluss der chemischen

Struktur auf die Temperaturabhängigkeit des Fließverhaltens von Polymerschmelzen. Eine

ausführlicher Diskussion des Einflusses der chemischen Struktur und von Verzweigungen

auf das thermorheologische Verhalten von Polymeren findet sich z.B. bei Gabriel (2001).

Für beide Blendreihen aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen wurde in

erster Näherung eine lineare Zunahme der Fließaktivierungsenergie mit steigendem Anteil

an LCB-PP1 gefunden (Bild 4.10), die mit dem ebenfalls näherungsweise linear mit dem

Anteil an LCB-PP ansteigenden Langkettenverzweigungsgrad in Zusammenhang gebracht

werden kann.

Eine zumindest qualitative Korrelation zwischen dem Anteil an Langkettenverzweigungen

und der Fließaktivierungsenergie wurde auch von Stadler (2001) an elektronenbestrahlten

Polypropylenen gefunden, bei denen mit zunehmender Bestrahlungsdosis sowohl der Anteil

an Langkettenverzweigungen als auch die Fließaktivierungsenergie ansteigen. In diesem

Zusammenhang wurden von Stadler (2001) auch die Aktivierungsenergien des L-PP3 und

des mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 bestimmt. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 wurde

von Stadler jedoch nicht untersucht. Die Aktivierungsenergie des L-PP3 beträgt 35 kJ/mol

und liegt somit im Bereich der in dieser Arbeit für lineare PP ermittelten Werte für die

Aktivierungsenergie. Das LCB-PP3 weist mit 46 kJ/mol eine Aktivierungsenergie auf, die in

einem vergleichbaren Bereich wie die des LCB-PP1 (43 kJ/mol) liegt.

Während die Fließaktivierungsenergien der untersuchten linearen Polypropylene im Bereich

von 35 bis 36 kJ/mol liegen, weisen die beiden HMS-PP mit ca. 38 kJ/mol geringfügig

größere Werte auf. Der Unterschied zwischen den HMS-PP und den linearen PP ist jedoch

so gering, dass daraus keine weiterführenden Aussagen zum Einfluss der hochmolekularen

PE-Komponente abgeleitet werden können.

4.2.4 Nullviskositäten

Die Nullviskosität ist ein Maß für die viskosen Eigenschaften von Polymerschmelzen und

weist eine sehr hohe Sensitivität bezüglich der Änderung der molekularen Struktur auf. So

können anhand der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität bereits geringe Anteile an

Langkettenverzweigungen nachgewiesen und Aussagen über die Verzeigungsstruktur

langkettenverzweigter Polymerer getroffen werden. Darüber hinaus ist die Nullviskosität eine

geeignete Normierungsgröße um den Einfluss der unterschiedlichen gewichtsmittleren

Molmassen der Polypropylene auf die rheologischen Eigenschaften zu nivellieren.

Page 76: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

70

Zur Bestimmung der Nullviskositäten wurden bei der Temperatur von 180 °C Kriechversuche

an einem schubspannungsgesteuerten Rotationsrheometer der Firma Bohlin (Typ Gemini)

mit einer Platte-Platte Geometrie (D = 25 mm) unter Stickstoffatmosphäre durchgeführt. Die

Schubspannungen τ0 wurden so gewählt, dass Messungen im linearen Bereich erfolgen.

Eine detaillierte Beschreibung der Bestimmung der Nullvisositäten der Blends aus L-PP1

bzw. L-PP2 und LCB-PP1 anhand der durchgeführten Kriechversuche kann bei Stange et al.

(2005b) und Knör (2005) nachgelesen werden. Dort wird auch auf die Anwendbarkeit von

Mischungsregeln für die ermittelten Nullviskositäten der beiden Blendreihen eingegangen.

Die Nullviskositäten der beiden HMS-PP konnten aufgrund der begrenzten thermischen

Stabilität (siehe Kapitel 4.2.1) nicht bestimmt werden.

Für das L-PP3 und die beiden elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3

ist die Bestimmung der Nullviskositäten, die ebenfalls über Kriechversuche erfolgte, bei Auhl

et al. (2004) ausführlich beschrieben.

Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität

Für lineare Polymere besteht oberhalb der kritischen Molmasse Mc23 ein Zusammenhang

zwischen der gewichtsmittleren Molmasse Mw und der Nullviskosität η0 in Form einer

Potenzfunktion:

cww MMMK >⋅= für α

η0 (4.27)

Der Proportionalitätsfaktor K hängt im Allgemeinen von der chemischen Struktur und der

daraus resultierenden Kettensteifigkeit des Polymeren sowie der Temperatur ab. Bei vielen

linearen Polymeren ist er jedoch weitgehend unabhängig von deren chemischem Aufbau.

Für die verschiedensten linearen Polymere wurden für den Exponenten α Werte im Bereich

von 3,4 bis 3,6 gefunden. Auhl et al. (2004) zeigten anhand der Untersuchung einer Vielzahl

kommerzieller isotaktischer Polypropylene, dass die Beziehung (4.27) für lineare

Polypropylene gültig ist und fanden einen Exponenten von 3,5. Dies ist in guter

Übereinstimung mit Ergebnissen, die von anderen Autoren an linearen Polypropylenen

gefunden wurden [z.B. Eckstein et al. 1998].

Ein entscheidender Vorteil der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität zur Analyse von

langkettenverzweigten Polymeren gegenüber anderen rheologischen Eigenschaften liegt

darin begründet, dass der in Gl. 4.27 dargestellte Zusammenhang unabhängig von der

Polydispersität der Molmassenverteilung ist, wie in mehreren Untersuchungen nachgewiesen

werden konnte [z.B. Masuda et al. 1970, Münstedt 1986, Hepperle 2002, Stadler et al. 2005].

23 Die kritische Molmasse Mc ist eine polymerspezifische Größe, die mit der Bildung von Verschlaufungen zwischen den Molekülen zusammenhängt und etwa dem Zwei- bis Dreifachen der Molmasse zwischen zwei Verschlaufungspunkten, der sogenannten Entanglement Molmasse Me, entspricht.

Page 77: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

71

Demgegenüber ist aus der Literatur wohlbekannt, dass der exponentielle Zusammenhang

(4.27) für langkettenverzweigte Polymere nicht gültig ist.

In Bild 4.11 sind die Nullviskositäten der beiden Blendreihen aus den linearen

Polypropylenen L-PP1 und L-PP2 mit dem langkettenverzweigten LCB-PP1

doppeltlogarithmisch gegenüber der gewichtsmittleren Molmasse dargestellt. Der Wert für

das Blends des L-PP1 mit 75 Gew.-% LCB-PP1 ist nicht aufgeführt, da das rheologische

Verhalten dieses Blends von der thermisch-mechanischen Vorgeschichte während der

Blendherstellung beeinflusst ist und somit keine Nullviskosität bestimmt werden konnte

[Stange et al. 2005b]. Die eingetragene Gerade gibt den von Auhl et al. (2004) für lineare

Polypropylene gefundenen Zusammenhang zwischen Nullviskosität und Molmasse wieder.

Wie man der Abbildung entnehmen kann, liegen die Nullviskositäten der beiden linearen

Blendpartner L-PP1 und L-PP2 auf dieser Geraden. Demgegenüber liegt die Nullviskosität

des langkettenverzweigten LCB-PP1 deutlich unterhalb des Wertes, der sich für ein lineares

Polypropylen gleicher Molmasse ergeben würde.

104

105

106

102 ; 5

0 25

75

50

Pas

g/mol

100502510

52

106105

T = 180 °C

η0 = K Mw

3.5 mit lgK = -15,4 [Auhl et al. 2004] L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends

η 0

Mw, LS

0

Bild 4.11: Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität für die Blends der linearen Polypropylene L-PP1

und L-PP2 mit dem langkettenverzweigten LCB-PP1. Die unter den jeweiligen Symbolen

angegebenen Zahlen geben den Gewichtsanteil des LCB-PP1 an. Der Wert für das Blends des L-PP1

mit 75 Gew.-% LCB-PP1 ist nicht aufgeführt, da die Nullviskosität dieses Blends von der thermisch-

mechanischen Vorgeschichte während der Blendherstellung beeinflusst ist.

Da die Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität unabhängig von der Polydispersität der

Molmassenverteilung ist, kann diese signifikante Abweichung auf den Einfluss der

Langkettenverzweigungen zurückgeführt werden. Für beide Blendreihen nimmt der Abstand

der Nullviskosität von dem für lineare PP gefundenen Zusammenhang tendenziell mit

Page 78: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

72

steigendem Anteil an LCB-PP und somit mit wachsendem Anteil an

Langkettenverzweigungen zu. Dies stimmt mit Ergebnissen an LDPE überein, bei denen

ebenfalls eine Abnahme der Nullviskosität der LDPE im Vergleich zu linearen Polyethylenen

gleicher Molmasse mit steigendem Anteil an Langkettenverzweigungen gefunden wurde

[Laun 1987, Gabriel 2001].

Neben der Detektion von Langkettenverzweigungen können aus der

Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität auch Rückschlüsse über die Topographie der

Langkettenverzweigungen gewonnen werden. So weisen gering langkettenverzweigte

metallocenkatalysierte Polyethylene mit einer stern- oder kammförmigen

Verzweigungstopographie im Vergleich zu linearen Polyethylenen gleicher Molmasse

erhöhte Nullviskositäten auf [z.B. Wood-Adams et al. 2000, Malmberg et al. 2002, Gabriel

und Münstedt 2003]. Demgegenüber führt ein hoher Anteil an Langkettenverzweigungen mit

einer baumartigen Verzweigungsstruktur wie z.B. in LDPE zu einer Abnahme der

Nullviskosität zu Werten unterhalb der für lineare Polymere gefundenen Beziehung [z.B.

Laun und Münstedt 1983, Gabriel und Münstedt 2003]. Unter Berücksichtigung dieser

Zusammenhänge kann aufgrund der in Bild 4.11 dargestellten Ergebnisse für das LCB-PP

eine baumartige Verzweigungsstruktur ähnlich wie bei LDPE angenommen werden. Da

davon ausgegangen werden kann, dass sich die Verzweigungsstruktur des

langkettenverzweigten Polypropylens durch das Zumischen von linearem Polypropylen wie

im Fall der hergestellten Blends nicht ändert, weisen die langkettenverzweigten Moleküle in

den Blends die gleiche baumartige Verzweigungstopographie wie in dem reinen LCB-PP1

auf. Demzufolge sollten die Blends ebenfalls eine im Vergleich zu linearen Polypropylenen

gleicher Molmasse geringere Nullviskosität aufweisen. Wie Bild 4.11 entnommen werden

kann, ist dies für alle untersuchten Blends der Fall. Somit kann aus den Ergebnissen

geschlussfolgert werden, dass bereits geringe Anteile an Langkettenverzweigungen mit einer

baumartigen Verzweigungstopographie zu einer Verringerung der Nullviskosität gegenüber

linearen Polymeren gleicher Molmasse führen.

Demgegenüber fanden Auhl et al. (2004) für gering langkettenverzweigte Polypropylene, die

durch Elektronenbestrahlung mit geringen Dosen erzeugt wurden, eine signifikante

Erhöhung der Nullviskosität gegenüber linearen Polypropylenen gleicher gewichtsmittlerer

Molmasse. So weist das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 eine Nullviskosität von mindestens

260 000 Pas auf24, was einer Nullviskositätsüberhöhung im Vergleich zu einem linearen PP

gleicher Molmasse etwa um Faktor 5 entspricht. Diese starke Viskositätserhöhung wird auf

einen geringen Anteil an stern- oder kammförmigen Langkettenverzweigungen 24 Da für dieses Polypropylen kein stationärer Zustand im Kriechversuch erreicht werden konnte wird angenommen, dass der tatsächliche Wert der Nullviskosität bei noch höheren Werten liegt [Auhl 2006].

Page 79: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

73

zurückgeführt, ähnlich wie sie in metallocenkatalysierten Polyethylenen vorhanden sind.

Demzufolge kann aus der Analyse der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität

geschlossen werden, dass die Blends mit geringen Anteilen an dem langkettenverzweigten

Polypropylen LCB-PP1 eine andere Langkettenverzweigungsstruktur als das mit einer Dosis

von 5 kGy bestrahlte langkettenverzweigte LCB-PP2 aufweisen. Vergleicht man jedoch die

Verläufe der Gyrationsradien als Funktion der Molmasse zwischen den Blends mit geringen

Anteilen an LCB-PP1 in Bild 3.8 und dem LCB-PP2 in Bild 3.14, so sind im Rahmen der

Messgenauigkeit keine signifikanten Unterschiede feststellbar. Dies macht sehr deutlich,

dass mit Hilfe der Analyse der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität gegenüber der

klassischen molekularen Analyse weiterführende Aussagen zur Struktur der

Langkettenverzweigungen abgeleitet werden können.

Wie aus den Untersuchungen von Auhl et al. (2004) weiterhin hervorgeht, durchläuft die

Nullviskositätsüberhöhung der elektronenbestrahlten Polypropylene gegenüber linearen

Polypropylenen gleicher Molmasse mit steigender Bestrahlungsdosis ein Maximum im

Bereich von 10 kGy. Bei höheren Bestrahlungsdosen wird die Nullviskositätsüberhöhung

wieder geringer und bei den sehr stark bestrahlten Polypropylenen (100 und 150 kGy) sind

die Nullviskositäten sogar kleiner als die der linearen Polypropylene gleicher Molmasse. Dies

wird damit erklärt, dass sich mit steigender Bestrahlungsdosis die Verzweigungstopographie

der erzeugten Langkettenverzweigungen von einer stern- oder kammförmigen Struktur bei

geringen Dosen zu einer baumartigen Struktur bei hohen Dosen ändert25. Das LCB-PP3,

welches mit einer Dosis von 60 kGy bestrahlt wurde, besitzt mit 16 000 Pas eine im

Vergleich zu einem linearen PP gleicher Molmasse um den Faktor 2 erhöhte Nullviskosität.

Somit weist es trotz der vergleichsweise hohen Bestrahlungsdosis vermutlich noch eine

stern- oder kammförmige Verzweigungsstruktur auf, die sich im Vergleich zu dem LCB-PP2

durch die Anzahl und die Länge der Verzweigungen unterscheidet.

25 Janzen und Colby (1999) sagen anhand von Modellüberlegungen für Polyethylene ebenfalls einen Maximumdurchlauf der Nullviskosität mit steigendem Verzweigungsgrad voraus, den sie auf die Änderung der Verzweigungstopographie zurückführen. Geringe Anteile an Langkettenverzweigungen und demzufolge hohe Molmasse zwischen zwei Verzweigungspunkten lassen eine Nullviskositätserhöhung im Vergleich zu linearen Polyethylenen erwarten. Mit steigendem Verzweigungsgrad nimmt bei einer vergleichbaren mittleren Molmasse die Nullviskosität ab, was mit einer Verringerung des Abstands zweier Verzweigungspunkte erklärt wird. Wenn die Molmasse zwischen zwei Verzweigungspunkten schließlich so klein wird, dass sie nur noch wenig größer als die Entanglementmolmasse ist, ergibt sich eine im Vergleich zu linearen Polyethylenen verringerte Nullviskosität.

Page 80: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

74

4.2.5 Zusammenfassung

Aus den Untersuchungen des rheologischen Verhaltens der Polypropylene in Scherströmung

ergeben sich zusammenfassend folgende Ergebnisse:

Dynamische Viskositätsfunktion und Strukturviskosität

- Aus dem Vergleich der dynamischen Viskositätsfunktionen des L-PP1 und des LCB-PP1

wird deutlich, dass die Strukturviskosität des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-

PP1 deutlich ausgeprägter ist als die des linearen L-PP1.

- Die Viskosität des LCB-PP1 ist in dem untersuchten Frequenzbereich niedriger als die

Viskositäten der linearen Blendpartner L-PP1 und L-PP2, wobei der Unterschied in den

Viskositätswerten zwischen L-PP2 und LCB-PP1 deutlich größer ist als zwischen L-PP1

und LCB-PP1.

- Die Viskositäten der Blends aus L-PP1 bzw. L-PP2 und LCB-PP1 liegen in dem

untersuchten Frequenzbereich zwischen denen der Blendpartner. Eine signifikante

Abnahme der Scherviskosität der Blends im Vergleich zu dem jeweiligen linearen

Blendpartner tritt jedoch erst ab einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 auf.

- Das HMS-PP1 weist aufgrund der niedrigeren gewichtsmittleren Molmasse gegenüber

dem HMS-PP2 in dem gesamten untersuchten Frequenzbereich niedrigere Viskositäten

auf. Bei dem HMS-PP1 tritt ein signifikanter Anstieg der Viskosität bei kleinen Frequenzen

auf, der vermutlich auf den Einfluss der hochmolekularen PE-Komponente zurückgeführt

werden kann.

- In den von Auhl (2006) übernommenen Ergebnissen der elektronenbestrahlten

Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 wurde mit steigender Bestrahlungsdosis eine

Abnahme der dynamischen Viskosität im Vergleich zu dem linearen Ausgangsprodukt L-

PP3 festgestellt, die zum einen durch die Molmassenabnahme und zum anderen durch

die höhere Strukturviskosität aufgrund der Langkettenverzweigungen erklärbar ist.

Temperaturabhängigkeit

- Die Fließaktivierungsenergie der untersuchten langkettenverzweigten Polypropylene ist

gegenüber den linearen Polypropylenen signifikant erhöht.

- Für beide Blendreihen wurde ein nahezu linearer Anstieg der Fließaktivierungsenergie mit

steigendem Anteil an LCB-PP1 gefunden.

- Die beiden HMS-PP besitzen eine gegenüber den linearen PP geringfügig erhöhte

Aktivierungsenergie, wobei der Unterschied jedoch so gering ist, dass keine weiteren

Rückschlüsse zum Einfluss der hochmolekularen Komponente getroffen werden können.

Page 81: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

75

Nullviskosität

- In der doppeltlogarithmischen Auftragung der Nullviskosität über der gewichtsmittleren

Molmasse weisen alle untersuchten Blends eine im Vergleich zu linearen Polypropylenen

gleicher Molmasse verringerte Nullviskosität auf. Diese Nullviskositätserniedrigung kann

durch die baumartige Langkettenverzweigungsstruktur des LCB-PP1 erklärt werden. Aus

den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass bereits geringe Anteile an

Langkettenverzweigungen einer baumartigen Verzweigungsstruktur in linearen

Polypropylen zu einer Nullviskositätserniedrigung im Vergleich zu einem linearen PP

gleicher Molmasse führen.

- Demgegenüber stellt Auhl (2006) für die elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2

und LCB-PP3 eine im Vergleich zu linearem Polypropylen gleicher Molmasse signifikant

größere Nullviskositätserhöhung fest, die auf eine kamm- oder sternförmige Topographie

der erzeugten Langkettenverzweigungen hindeutet.

Page 82: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

76

4.3 Rheologische Eigenschaften in uniaxialer Dehnströmung

Zur Charakterisierung der Dehneigenschaften der Polypropylenschmelzen wurden

Spannversuche in uniaxialer Dehnströmung bei unterschiedlichen Dehngeschwindigkeiten

durchgeführt. Für die Untersuchungen wurden zwei verschiedene uniaxiale Dehnrheometer

verwendet, die sich hauptsächlich in der Messmethodik und in dem messbaren

Dehngeschwindigkeitsbereich unterscheiden (siehe Kapitel 4.3.1). Anhand der

durchgeführten Spannversuche kann das Verhalten der Polypropylenschmelzen unter einer

uniaxialen Dehnbeanspruchung wesentlich genauer charakterisiert werden als dies mit dem

ebenfalls häufig verwendeten Rheotensversuch [z.B. Naguib et al. 2002, Reichelt et al. 2003]

der Fall ist. Die Bestimmung der Dehnviskositätsverläufe als Funktion der Zeit, die aufgrund

der konstanten Dehngeschwindigkeit ein Maß für die aufgebrachte Dehnung darstellt,

ermöglicht, über die reine Quantifizierung der Schmelzefestigkeit hinaus, eine Analyse des

dehnverfestigenden Verhaltens der Polypropylenschmelzen.

Ein Schwerpunkt wurde auf die Untersuchung der Homogenität der Probendeformation

gelegt, da aus dieser Rückschlüsse auf die Deformierbarkeit der Polypropylene während

einer Verarbeitung unter Dehnbeanspruchung gezogen werden können.

4.3.1 Dehnrheometer und Probenvorbereitung

Die Bestimmung der rheologischen Eigenschaften der Polypropylene in uniaxialer

Dehnströmung erfolgte sowohl an einem nicht kommerziell erhältlichen Ölbaddehnrheometer

als auch an einem kürzlich von der Firma TA Instruments entwickelten Dehnrheometer mit

der Bezeichnung EVF (extensional viscosity fixture) für das Rotationsrheometer ARES. Im

Folgenden werden die beiden Dehnrheometer, die sich hinsichtlich des Aufbaus, des

Messprinzips und der erforderlichen Probenvorbereitung signifikant voneinander

unterscheiden, genauer vorgestellt.

Ölbaddehnrheometer

Das verwendete Ölbadrheometer wurde ursprünglich von Münstedt (1979) entworfen und

wurde später von Kurzbeck (1999) und Heindl (2005) weiterentwickelt. Das Prinzip des

Dehnrheometers entspricht dem einer Zugprüfmaschine, wobei eine aufgeschmolzene

zylindrische Probe in vertikaler Richtung deformiert wird. Der schematische Aufbau des

Dehnrheometers ist in Bild 4.12 dargestellt.

Page 83: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

77

photoelektrischesWegmesssystem

KraftaufnehmerTemperier-medium

Zahnriemen

Zugstange

Motor

Probe

Glasgefäß

Messmedium (Silikonöl)

obeÖl TT Pr)()( ρρ ≈

Führungsschlitten

Bild 4.12: Schematischer Aufbau des Ölbaddehnrheometers

Die Probe befindet sich in einem Ölbad und ist auf der einen Seite mit der Kraftmessdose

und auf der anderen mit der Abzugstange verbunden. Das Ölbad dient zum einen der

Temperierung der Probe und zum anderen zur Stabilisierung der Probe während der

Messung durch Kompensation der Gravitations- und Auftriebskräfte. Hierfür wird die Dichte

des Öls an die Dichte der Probe bei der Messtemperatur angepasst. Für die im Rahmen

dieser Arbeit untersuchten Polypropylene hat sich das Siliconöl Baysilone M10 der Firma GE

Bayer Silicones als am geeignetsten erwiesen.

Die maximale Verstreckungslänge der Proben beträgt etwa 500 mm, womit je nach

Ausgangslänge der Dehnproben Hencky-Dehnungen bis zu 3,9 erzielt werden können. Der

messbare Dehngeschwindigkeitsbereich erstreckt sich von 10-4 s-1 bis zu 2 s-1. Zur

genaueren Beschreibung des Rheometers und der Durchführung der Messung sei auf die

entsprechende Literatur verwiesen [Kurzbeck 1999, Heindl 2005].

Zur Herstellung der Dehnproben wurden zunächst zylindrische Stränge an einem

Schmelzindexprüfgerät bei einer Temperatur von 180 °C extrudiert. Belastungsgewicht und

Kapillarendurchmesser wurden jeweils so gewählt, dass die fertigen Dehnproben einen

Durchmesser von ca. 5 mm aufweisen. Um eine Verjüngung der extrudierten Stränge

aufgrund des Eigengewichtes zu vermeiden, wurden die Stränge in eine Flüssigkeit

extrudiert, deren Dichte an die Dichte des Polypropylens angepasst wurde. Für die

untersuchten Polypropylene hat sich ein Wasser/Ethanol-Gemisch mit einem

Mischungsverhältnis von 50/50 Vol.-% bewährt. Anschließend wurden die Stränge bis zum

Page 84: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

78

Erreichen eines Gleichgewichtszustandes in einem Ölbad bei 180 °C retardiert26. Aus den

retardierten Strängen wurden zylindrische Proben mit einer Probenlänge von ca. 10 mm

hergestellt. An beiden Stirnseiten der Proben wurden T-förmig gefalzte Aluminiumplättchen

aufgeklebt, die an der Abzugstange bzw. an der Kraftmessdose des Ölbaddehnrheometers

über entsprechende Vorrichtungen befestigt werden können. Genauere Einzelheiten zu der

Probenpräparation der Polypropylene können bei Uhl (2002) und Knör (2004) nachgelesen

werden.

Mit dem Ölbaddehnrheometer wurden an den Polypropylenen Spannversuche bei

verschiedenen Dehngeschwindigkeiten von 0,01 bis 1 s-1 durchgeführt. Aufgrund der

Ausgangslänge der Proben von etwa 10 mm und der maximalen Verstreckungslänge von

etwa 500 mm, ergibt sich eine maximale Hencky-Dehnung von εH = 3,927. Vor dem Beginn

der Messung wurde eine Aufschmelzzeit von 5 min abgewartet, um ein

Temperaturgleichgewicht in der Probe zu gewährleisten. Da sich die Probengeometrie

während des Aufschmelzens aufgrund der thermischen Ausdehnung ändert, wurden die

tatsächlichen Dimensionen der Probe bei der Messtemperatur mit Hilfe des

Längenausdehnungskoeffizienten28 berechnet.

ARES-EVF-Dehnrheometer

Da in der Schaumextrusion maximale Dehngeschwindigkeiten von bis zu 10 s-1 auftreten

können [Gendron und Daigneault 2000, Kropp 1999], wurden zusätzliche Untersuchungen

an dem ARES-EVF-Dehnrheometer bei Dehngeschwindigkeiten von 3 und 10 s-1

durchgeführt. Das Dehnrheometer besteht aus zwei senkrechten Walzen, die parallel zu

einander angeordnet sind. Die eine Walze wird über ein Getriebe von dem Motor des

26 Bei der Retardation der Proben im Ölbad und während der Messung im Ölbaddehnrheometer nehmen die Proben Siliconöl auf. Bei den untersuchten Polypropylenen kann die Ölaufnahme bei einer maximalen Gesamtzeit aus Retardations- und Messzeit von etwa 40 min bis zu 5 Gew.-% betragen. Wie anhand von ortsauflösender EDX-Spektroskopie (EDX = energy disperse x-ray) nachgewiesen werden konnte, reichert sich das Öl hauptsächlich in den oberflächennahen Regionen an. Die maximale Eindringtiefe beträgt ca. 600 µm, was etwa 25 % des Probendurchmessers entspricht [Uhl 2002]. Ein Vergleich von 20 min retardierten Proben mit 60 min retardierten Proben ergab für L-PP1 und LCB-PP1 eine geringe Viskositätsabnahme der länger retardierten Proben durch die höhere Ölaufnahme, die jedoch im Bereich der Messgenauigkeit des Dehnrheometers liegt [Uhl 2002]. 27 Aufgrund von Schwankungen in den Ausgangsprobenlängen konnte nicht für alle Proben, die bis zu der maximalen Verstreckungslänge gedehnt werden konnten, eine Hencky-Dehnung von 3,9 erreicht werden, sondern die maximalen Dehnungen schwankten im Bereich von 3,7 bis 3,9. Aus diesem Grunde wurde für alle in dieser Arbeit dargestellten Dehnviskositätskurven die maximale Hencky-Dehnung auf 3,7 begrenzt. 28Der Längenausdehnungskoeffizient bei der Messtemperatur wurde unter der Annahme eines isotropen Ausdehnungsverhaltens aus dem spezifischen Volumen bestimmt [Kurzbeck 1999]. Die dafür notwendige Bestimmung des spezifischen Volumens bei der Messtemperatur erfolgte durch Berechnung mit einer von Zoller (1979) für Polypropylen vorgeschlagenen Näherungsformel. Überprüfungsmessungen mit einer pvT-Apparatur durch Derfuß (2003) ergaben eine gute Übereinstimmung zwischen den gemessenen Werten des spezifischen Volumens von Polypropylenschmelzen und den anhand der Näherungsformel errechneten Werten.

Page 85: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

79

Rotationsrheometer angetrieben und rotiert um die Achse der zweiten Walze, welche starr

mit dem Drehmomentaufnehmer des Rheometers verbunden ist. Quaderförmige Proben mit

den Abmaßen 20 mm x 10 mm x 0,8 mm werden über Metallklemmen an den beiden Walzen

befestigt. Durch die Rotationsbewegung der einen Walze um die andere werden die Proben

uniaxial gedehnt. Die Herstellung der Proben erfolgte durch Pressen bei einer

Presstemperatur von 230 °C für maximal 5 min. Die hohe Presstemperatur war erforderlich,

um Eigenspannungen in den Proben zu vermeiden.

Die mit dem ARES-EVF-Dehnrheometer erreichbare maximale Hencky-Dehnung von 4 liegt

im selben Bereich wie die des Ölbaddehnrheometers. Das ARES-EVF weist gegenüber dem

Ölbadrheometer eine schlechtere Temperierung der Probe während der Messung auf. Ein

Nachteil des ARES-EVF beseht darin, dass keine Möglichkeit zur Beobachtung der

Deformation der Probe während der Messung besteht, um auf diese Weise Messartefakte,

z.B. aufgrund von Einschnürrungen der Probe, ausschließen zu können.

Wie in Bild 4.13 am Beispiel des LCB-PP1 zu erkennen ist, stimmen die

Dehnviskositätsverläufe des ARES-EVF in dem Überlappungsbereich der

Dehngeschwindigkeit von 0,1 bis 1 s-1 mit den in dem Ölbaddehnrheometer gemessenen

Viskositätsverläufen im Rahmen der Messgenauigkeit gut überein. Auch die Dehnkurven bei

den Dehnraten von 3 und 10 s-1 fallen bis zum Beginn der Dehnverfestigung im Bereich der

Hencky-Dehnung von etwa 1 mit der linear-viskoelastischen Anlaufkurve in Dehnung

zusammen, was ein Hinweis darauf ist, dass das Ares-EVF auch bei den hohen Dehnraten

zuverlässige Ergebnisse liefert.

10-1 100 101 102103

104

105

106

s

103

10.3 0,1 0,03

.ε0 [s-1]

t

0,01

Ölbadrheometer ARES-EVF-Dehnrheometer

η E+ (t,

ε 0) .

PasT = 180 °C

Bild 4.13: Vergleich der mit dem ARES-EVF-Dehnrheometer gemessenen transienten Dehnviskosität

mit den Ergebnissen des Ölbadrheometers am Beispiel des LCB-PP1

Page 86: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

80

4.3.2 Spannversuche in uniaxialer Dehnung

Im Folgenden werden die Ergebnisse der an den untersuchten Polypropylenen

durchgeführten Spannversuche in uniaxialer Dehnung dargestellt, wobei insbesondere auf

das Dehnverfestigungsverhalten und auf die Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung

eingegangen werden soll. Hieraus lassen sich zum einen Rückschlüsse auf den Einfluss der

unterschiedlichen molekularen Struktur der Polypropylene auf das dehnrheologische

Verhalten ziehen und zum anderen dienen die Ergebnisse dieser Untersuchungen als

Grundlage für die Analyse möglicher Zusammenhänge zwischen dem

Dehnverfestigungsverhalten und dem Schäumverhalten.

Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Die transienten Dehnviskositäten ηE+(t,f0) der Blends des L-PP1 mit dem LCB-PP1 bei einer

Temperatur von 180 °C sind in Bild 4.14 dargestellt. Für das L-PP1 fallen die bei

verschiedenen Dehnraten f0 gemessen Kurven alle auf der linear-viskoelastischen

Dehnanlaufkurve zusammen, die sehr gut mit dem Dreifachen der Scheranlaufkurve η0+(t)

übereinstimmt (Bild 4.14a)29. Das Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 weist bei Dehnraten größer

als 0,1 s-1 ein ähnliches Verhalten wie das reine L-PP1 auf. Bei niedrigeren Dehnraten ist

jedoch ein geringer Anstieg der Dehnviskosität über die linear-viskoelastische Anlaufkurve

hinaus erkennbar, was ein Indiz für eine minimal ausgeprägte Dehnverfestigung ist. Das

Blend mit 5 Gew.-% LCB-PP zeigt bereits ein signifikantes Dehnverfestigungsverhalten bei

niedrigen Dehnraten. Ab einer Zugabe von 10 Gew.-% LCB-PP1 zu dem L-PP1 tritt bei allen

untersuchten Dehnraten eine ausgeprägte Dehnverfestigung auf. Die Ergebnisse der Blends

des L-PP1 mit geringen Anteilen an LCB-PP1 zeigen die hohe Sensibilität der Dehnrheologie

hinsichtlich der Anwesenheit geringer Anteile an Langkettenverzweigungen30.

Weiterhin wird aus Bild 4.14a deutlich, dass bereits durch die Zugabe geringer Anteile eines

langkettenverzweigten Polypropylens zu einem linearen Polypropylen ein ausgeprägtes

Dehnverfestigungsverhalten hervorgerufen wird. Ähnliche Ergebnisse wurden in der Literatur

an Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polyethylenen beschrieben [z.B. Lohse et

al. 2002, Steffl 2004, Wagner et al. 2004]. Lohse et al. (2002) untersuchten das

dehnrheologische Verhalten von Blends aus linearen PE und Modellpolyethylenen mit stern-

und kammförmiger Verzweigungsstruktur. Während sie für die Blends mit sternförmig

29Die Scheranlaufkurven wurden mit dem ARES bei einer Temperatur von 180 °C und einer Schergeschwindigkeit von 0,01 s-1 gemessen. 30 Da bereits bei dem Blend des L-PP1 mit 5 Gew.-% LCB-PP1 ein deutlicher Anteil an Langkettenverzweigungen nachgewiesen werden konnte, während in der Polydispersität der Molmassenverteilung keine Unterschiede zu dem linearen PP festgestellt wurden (siehe Kapitel 3.2), kann das dehnverfestigende Verhalten der Blends auf die vorhandenen Langkettenverzweigungen zurückgeführt werden.

Page 87: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

81

verzweigtem Polyethylen keine Dehnverfestigung fanden, zeigten die Blends mit

kammförmig verzweigtem PE bereits bei einem Anteil von 3 Gew.-% eine ausgeprägte

Dehnverfestigung.

100 101 102 103103

104

105

106

107

108

109

1010

s

Pas

.

T = 180 °C

10% LCB-PP1

5% LCB-PP1

2% LCB-PP1

L-PP1

.

x10000

x5000

x250

ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1

η E+ (t

,ε0)

t

3η0+(t)

a)

100 101 102 103103

104

105

106

107

108

109

1010

1011

s

Pas

75% LCB-PP1x20

3η0+(t)

T = 180 °C

LCB-PP1

50% LCB-PP1

25% LCB-PP1

.

x15000

x800

ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1

η E+ (t,

ε 0)

t

.

b)

Bild 4.14: Transiente uniaxiale Dehnviskosität der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Steffl (2004) sowie Wagner et al. (2004) führten uniaxiale Dehnexperimente an Blends aus

LLDPE und LDPE durch. In beiden Untersuchungen wurde ab einem Anteil von 5 Gew.-%

LDPE eine ausgeprägte Dehnverfestigung nachgewiesen. Suzuki et al. (2004) fanden für

Blends eines linearen Polypropylens mit 10 Gew.-% eines langkettenverzweigten

Polypropylens eine signifikante Dehnverfestigung. Es wurden jedoch keine Blends mit

geringerem Anteil an langkettenverzweigtem PP untersucht.

Während bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 eine deutliche Zunahme der

Dehnverfestigung auftritt, sind für die Blends mit höherem Anteil an LCB-PP nur noch

vergleichsweise geringe Änderungen im Dehnverfestigungsverhalten feststellbar (Bild

Page 88: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

82

4.14b). Dies zeigt das große Potential, welches in einer Reduzierung des Anteils an

langkettenverzweigtem Polypropylen durch Mischen mit linearem Polypropylen liegt, ohne

dadurch die dehnverfestigenden Eigenschaften des LCB-PP signifikant zu verringern.

Um korrekte Dehnviskositäten zu ermitteln, ist es von besonderer Bedeutung, dass die

Deformation der Probe während der gesamten Messung möglichst homogen verläuft, da für

die Berechnung der Viskositäten ein konstanter Wert des Durchmessers über die gesamte

aktuelle Probenlänge zugrunde gelegt wird. Für die meisten der in Bild 4.14 dargestellten

Proben war eine homogene Probendeformation bis zu der maximalen Hencky-Dehnung von

εH = 3,7 gewährleistet. Das L-PP konnte im gesamten Dehngeschwindigkeitsbereich nur bis

zu einer Dehnung von etwa 2,3 homogen gedehnt werden. Bei den Blends mit 2 und 5 Gew.-

% LCB-PP traten im Bereich hoher Dehngeschwindigkeiten (> 0,1 s-1) ebenfalls starke

Inhomogenitäten auf, so dass zuverlässige Dehnviskositäten nur bis etwa εH = 2,7

gemessen werden konnten. Eine ausführlichere Diskussion der Probenhomogenität während

der Dehnexperimente erfolgt in Kapitel 4.3.3.

Die Genauigkeit der dehnrheologischen Experimente wird durch die Gültigkeit der Trouton-

Beziehung ηE+(t) = 3η0

+(t) für alle untersuchten Blends im gesamten

Dehngeschwindigkeitsbereich bekräftigt. Die Abweichung der Dehnviskositäten bei Hencky-

Dehnungen größer 1 sind auf das nichtlineare Dehnverfestigungsverhalten der Blends

zurückzuführen.

Zur Quantifizierung der Dehnverfestigung wird die zeitabhängige Dehnviskosität ηE+(t,f0) auf

den dreifachen Wert der linear-viskoelastischen Scheranlaufkurve η0+(t) bei der gleichen Zeit

bezogen:

)(3),(

0

0

tt

X EE +

+

⋅=

ηεη &

(4.28)

XE wird als Dehnverfestigungsfaktor bezeichnet und ist von der Dehngeschwindigkeit, der

Zeit bzw. der Dehnung und der Messtemperatur abhängig. In Bild 4.15 sind die für die

Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ermittelten Dehnverfestigungsfaktoren bei einer Hencky-

Dehnung von εH = 2,7 als Funktion der aufgebrachten Dehngeschwindigkeit dargestellt. Für

das L-PP1 sind keine Dehnverfestigungsfaktoren angegeben, da es zum einen keine

Dehnverfestigung zeigt und zum anderen die Proben bereits bei Dehnungen von ca. 2,3

durch lokale Einschnürungen, die schließlich zum Bruch führten, versagten. Das LCB-PP1

weist erwartungsgemäß im gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich die größte

Dehnverfestigung auf. Die ermittelten Dehnverfestigungsfaktoren steigen für das LCB-PP1

mit zunehmender Dehngeschwindigkeit an. Eine solche Dehnratenabhängigkeit der

Page 89: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

83

Dehnverfestigung wurde ebenfalls für LDPE gefunden und wird typischer Weise mit einer

baumartigen Topographie der Langkettenverzweigungen in Verbindung gebracht [Gabriel

und Münstedt 2003, Malmberg et al. 2002]. Somit bestätigen die dehnrheologischen

Ergebnisse des LCB-PP1, die anhand der Molmassenabhängigkeit der Nullviskosität

getroffene Annahme, dass das LCB-PP1 ähnlich wie LDPE eine baumartige

Langkettenverzweigungsstruktur besitzt.

0,01 0,1 1

1

2

3

4

5

6

7

.

XE (ε

H=

2,7)

T = 180 °CεH = 2,7 2% LCB-PP1

5% LCB-PP1 10% LCB-PP1 25% LCB-PP1 50% LCB-PP1 75% LCB-PP1 LCB-PP1 LCB-PP1 extr.

ε0

s-1

Bild 4.15: Dehnverfestigungsfaktor XE bei einer Dehnung von 2,7 als Funktion des Anteils an LCB-

PP1 in L-PP1

In Bild 4.15 sind ebenfalls die Dehnverfestigungsfaktoren für das extrudierte LCB-PP1

dargestellt. Durch die Extrusion verringert sich die Höhe der Dehnverfestigung signifikant,

wobei die Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung zumindest tendenziell gleich bleibt.

Dies kann vermutlich durch eine Abnahme der Anzahl der Verschlaufungen zwischen den

Langkettenverzweigungen durch die thermisch-mechanische Beanspruchung im Extruder

erklärt werden, wodurch die Dehnverfestigung weniger stark ausgeprägt ist. Die

Dehnratenabhängigkeit bleibt jedoch nahezu gleich, da die an den restlichen

Verschlaufungen beteiligten Langkettenverzweigungen die gleiche Topographie wie vor der

Extrusion aufweisen.

Die Ergebnisse in Bild 4.15 zeigen, dass geringe Anteile des LCB-PP1 in dem linearen L-

PP1 einen stärkeren Einfluss auf die Dehnviskosität und insbesondere auf das

Dehnverfestigungsverhalten bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten besitzen. So liegen die

Dehnverfestigungsfaktoren für das Blend des L-PP1 mit 2 Gew.-% LCB-PP im Bereich der

Dehngeschwindigkeit von 0,1 bis 1 s-1 im Bereich von 1, d.h. es tritt keine Dehnverfestigung

auf, während bei Dehngeschwindigkeiten kleiner 0,1 s-1 Werte für XE ermittelt wurden, die

deutlich größer als 1 sind und auf eine geringe, aber signifikante Dehnverfestigung

hinweisen. Bis zu einem Anteil von 50 Gew.-% LCB-PP1 führt die Zugabe des

Page 90: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

84

langkettenverzweigten Polypropylens zu dem linearen Polypropylen zu einer stärkeren

Dehnverfestigung bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten, wie aus der Zunahme des

Dehnverfestigungsfaktors mit sinkender Dehnrate sichtbar wird. Demzufolge weisen die

Blends mit geringen Anteilen an LCB-PP1 eine andere Dehnratenabhängigkeit als das reine

LCB-PP1 auf. Für Blends aus LDPE und LLDPE wurde eine solche Änderung der

Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung des langkettenverzweigten Polymers durch

Zumischen eines linearen Polymers gleichen chemischen Aufbaus nicht gefunden. Selbst bei

geringen Anteilen an LDPE in LLDPE zeigten die Blends einen Anstieg der Dehnverfestigung

mit zunehmender Dehnrate wie sie auch bei reinem LDPE auftritt [z.B. Steffl 2004, Wagner

et al. 2004]. Wagner et al. (2004) führen die starke Dominierung des

Dehnverfestigungsverhaltens der LLDPE/LDPE-Blends durch das LDPE selbst bei geringen

LDPE-Anteilen auf eine Phasenseparierung in den Blends zurück. Für Blends aus linearen

und langkettenverzweigten Polypropylenen wurden bisher keine Anzeichen für eine solche

Phasenseparation gefunden.

Eine Zunahme der Dehnverfestigung mit sinkender Dehngeschwindigkeit, wie sie bei den

Blends des L-PP1 mit geringen Anteilen an LCB-PP1 auftritt, wird normalerweise für

Polymere mit einem geringen Anteil an Langkettenverzweigungen einer stern- oder

kammförmigen Topographie gefunden, wie z.B. für metallocenkatalysierte

langkettenverzweigte Polyethylene [Gabriel und Münstedt 2003, Malmberg et al. 2002]. Über

ein solches Verhalten wurde ebenfalls für Polypropylene mit geringen Anteilen an

Langkettenverzweigungen, die einerseits auf chemischem Wege oder anderseits über

Elektronenbestrahlung mit geringen Bestrahlungsdosen erzeugt wurden, berichtet

[Hingmann und Marczinke 1994, Auhl et al. 2004]. Auch für diese gering

langkettenverzweigten Polypropylene wird im Mittel von einer stern- oder kammförmigen

Verzweigungstopographie ausgegangen, die durch wenige Verzweigungen pro Molekül mit

einer hohen Molmasse der Verzweigungsarme gekennzeichnet ist.

Eine solche Verzweigungsarchitektur kann für die untersuchten Polypropylenblends

ausgeschlossen werden, da die Topographie der Langkettenverzweigungen in den Blends

von derjenigen des langkettenverzweigten Blendpartners bestimmt wird, die wie bereits

erwähnt als baumartig angenommen werden kann. Die Blends mit geringen Anteilen an

LCB-PP1 und die Polymere mit einer stern- oder kammförmigen Verzweigungstopographie

haben jedoch gemeinsam, dass der Anteil an Langkettenverzweigungen klein ist. Dies

könnte ein Hinweis darauf sein, dass geringe Anteile an Langkettenverzweigungen,

unabhängig von der Verzweigungsstruktur, zu einer stärker ausgeprägten Dehnverfestigung

bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten führen.

Page 91: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

85

Eine mögliche Ursache für die Änderung der Dehnratenabhängigkeit der Blends im Vergleich

zu dem reinen LCB-PP1 könnte in einer unterschiedlichen Auswirkung geringer und hoher

Anteile an Langkettenverzweigungen auf das Relaxationszeitspektrum liegen. Wie Wagner

et al. (2006) zeigen, wirken sich geringe Anteile des LCB-PP1 in dem linearen L-PP1 nur auf

die langen Relaxationszeiten aus, weshalb sich ein Einfluss der Langkettenverzweigungen in

Form einer ausgeprägten Dehnverfestigung nur bei niedrigen Dehnraten bemerkbar macht.

Mit wachsendem Anteil an LCB-PP1 vergrößern sich der durch die

Langkettenverzweigungen beeinflusste Bereich des Relaxationszeitspektrums und somit

auch der Dehngeschwindigkeitsbereich, in dem eine ausgeprägte Dehnverfestigung auftritt,

zu kürzeren Zeiten bzw. höheren Geschwindigkeiten hin.

Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Anhand des Vergleiches des dehnrheologischen Verhaltens der L-PP1/LCB-PP1 - Blends

und der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 können Aussagen zum Einfluss der Viskosität des

linearen Blendpartners auf das Dehnverfestigungsverhalten von Blends aus linearen und

langkettenverzweigten Polypropylenen abgeleitet werden. Die zeitabhängigen

Dehnviskositäten der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 sind im Anhang B aufgeführt. In

Bild 4.16 sind die Dehnverfestigungsfaktoren der beiden Blendreihen bei einer Hencky-

Dehnung von 2,7 als Funktion der mit der Nullviskosität normierten Dehnrate dargestellt.

103 104 105 106

1

2

3

4

5

6

7

. .

XE (ε

H=

2,7)

T = 180 °CεH = 2,7

2% LCB-PP1 5% LCB-PP1 10% LCB-PP1 25% LCB-PP1 50% LCB-PP1

η0 ε0

Pa

L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends

Bild 4.16: Vergleich der Dehnverfestigungsfaktoren XE bei einer Dehnung von 2,7 als Funktion der mit

der Nullviskosität normierten Dehngeschwindigkeit für die L-PP1/LCB-PP1 - und L-PP2/LCB-PP1 -

Blends

Um zu berücksichtigen, dass aufgrund der höheren Molmasse bzw. der höheren

Nullviskosität des L-PP2 das gesamte rheologische Zeitverhalten der Blends des L-PP2 mit

dem LCB-PP1 im Vergleich zu den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 zu längeren Zeiten und

Page 92: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

86

somit zu niedrigeren Beanspruchungsgeschwindigkeiten verschoben ist, wurden die

Dehngeschwindigkeiten mit den Nullviskositäten der Polypropylene multipliziert. Die Kurven

für die Blends mit 75 Gew.-% LCB-PP1 sind nicht mit aufgeführt, da für das Blend des L-PP1

mit 75 Gew.-% LCB-PP1 aufgrund des Einflusses der thermisch-mechanischen

Beanspruchung während der Extrusion keine Nullviskosität bestimmt werden konnte (siehe

Kapitel 4.3.2).

Aus dem Vergleich der Dehnverfestigungsfaktoren in Bild 4.16 wird deutlich, dass die

Dehnverfestigungen der Blends bis zu einem Anteil an LCB-PP1 von 10 Gew.-% durch die

Normierung der Dehngeschwindigkeit mit der Nullviskosität im Rahmen der Messgenauigkeit

übereinstimmen. Für mittlere Anteile an LCB-PP1 von 25 und 50 Gew.-% liegen die

Dehnverfestigungsfaktoren der Blends des L-PP2 bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten

deutlich oberhalb der Werte der Blends des L-PP1. Eine mögliche Ursache für die höhere

Dehnverfestigung der Blends des L-PP2 mit mittleren Anteilen an LCB-PP1 im Vergleich zu

den Blends des L-PP1 könnte sein, dass sich zwischen hochmolekularen linearen Molekülen

und den Langkettenverzweigungen des LCB-PP1 mehr oder stärkere Verschlaufungen

bilden als dies mit niedermolekularen Molekülen möglich ist. Diese ausgeprägtere

Verschlaufungsstruktur der höhermolekularen Moleküle könnte zu einer stärkeren

Dehnverfestigung führen. Da der Anteil an hochmolekularen linearen Ketten bei dem L-PP2

aufgrund der höheren gewichtsmittleren Molmasse größer ist als bei dem L-PP1, wäre bei

Gültigkeit dieser Vermutung eine stärker ausgeprägte Dehnverfestigung der Blends des L-

PP2 vorstellbar.

Abhängigkeit der Dehnverfestigung der Blends vom Anteil an LCB-PP1

Um genauer analysieren zu können, wie sich die Höhe der Dehnverfestigung der Blends aus

linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen als Funktion des Anteils an

langkettenverzweigtem PP ändert, sind in Bild 4.17 die Dehnverfestigungsfaktoren der

beiden Blendreihen über dem Gewichtsanteil an LCB-PP1 dargestellt. Diese Form der

Auftragung erlaubt es direkt abzulesen, wie hoch die durch die Zugabe eines bestimmten

Anteils an LCB-PP1 zu dem jeweiligen linearen Blendpartner erreichbare Dehnverfestigung

ist. Da der Verlauf der Dehnverfestigungsfaktoren mit steigendem Anteil an LCB-PP1 von

der Dehngeschwindigkeit abhängig ist, sind die Kurvenverläufe für alle untersuchten

Dehnraten von 0,01 bis 10 s-1 aufgeführt.

Die Änderung des Verlaufes der Dehnverfestigungsfaktoren als Funktion des Anteils an

LCB-PP1 in Abhängigkeit der Dehnrate ist tendenziell bei beiden Blendreihen gleich.

Ursache für dieses Verhalten ist vermutlich, wie bereits in Kapitel 4.3.2 angedeutet, dass

Page 93: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

87

sich geringe Anteile an Langkettenverzweigungen bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten

stärker bemerkbar machen als bei hohen Dehnraten.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

1

2

3

4

5

6

7a)

ε0 [s-1]

0,01 0,03 0,1 0,3 1 3 10

XE (ε

H=

2,7)

φLCB-PP1

T = 180 °CεH = 2,7

.

L-PP1/LCB-PP1 - Blends

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

1

2

3

4

5

6

7

XE (ε

H=

2,7)

L-PP2/LCB-PP1 - BlendsT = 180 °CεH = 2,7

b)

ε0 [s-1]

0,01 0,03 0,1 0,3 1 3 10

φLCB-PP1

.

Bild 4.17: Verlauf der Dehnverfestigungsfaktoren als Funktion des Anteils an LCB-PP1 in

Abhängigkeit der Dehngeschwindigkeit für a) die L-PP1/LCB-PP1 - Blends und b) die L-PP2/LCB-PP1

- Blends

Wie man den Ergebnissen entnehmen kann, tritt zwar für alle untersuchten Dehnraten

tendenziell eine Zunahme der Dehnverfestigung mit steigendem Anteil an LCB-PP1 auf, aber

der Verlauf der Dehnverfestigung als Funktion des Anteils an langkettenverzweigten

Polypropylen ändert sich in Abhängigkeit der Dehngeschwindigkeit deutlich. Während bei der

kleinsten untersuchten Dehnrate schon geringe Anteile an LCB-PP1 in den linearen

Polypropylenen ausreichen, um eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung zu erzielen, tritt

bei der höchsten Dehnrate erst ab einem deutlich höheren Anteil an LCB-PP1 eine

ausgeprägte Dehnverfestigung auftritt. Vergleicht man z. B. die Unterschiede zwischen den

Dehnverfestigungsfaktoren der Blends mit 50 Gew.-% LCB-PP1 mit denen des reinen LCB-

Page 94: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

88

PP1 so wird deutlich, dass der Unterschied bei niedrigen Dehnraten wesentlich geringer

ausgeprägt ist als bei hohen. Für die Praxisrelevanz bedeuten diese Ergebnisse, dass bei

hohen Dehngeschwindigkeiten ein wesentlich größerer Anteil an LCB-PP1 zu den linearen

Polypropylenen zugegeben werden muss als bei niedrigen, um eine gleichgroße

Dehnverfestigung zu erhalten. Um z.B. im Fall des L-PP2 bei einer Hencky-Dehnung von 2,7

eine ausgeprägte Dehnverfestigung mit einem Dehnverfestigungsfaktor von 4 zu erzielen,

reicht bei der kleinsten Dehngeschwindigkeit von 0,01 s-1 bereits die Zugabe von 25 Gew.-%

LCB-PP1 aus, während bei der größten Dehngeschwindigkeit von 10 s-1 eine Zugabe von

75 Gew.-% erforderlich ist.

Elektronenbestrahlte PP

Die von Auhl (2006) gemessenen Dehnviskositäten des L-PP3 und der beiden

elektronenbestrahlten Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 sind in Bild 4.18 dargestellt.

Wie erwartet, weist auch das lineare L-PP3 keine Dehnverfestigung auf. Die durch die

Bestrahlung mit 5 kGy erzeugten geringen Anteile an Langkettenverzweigungen in LCB-PP2

führen bereits zu einer ausgeprägten Dehnverfestigung, die mit abnehmender

Dehngeschwindigkeit stärker wird. Durch die Erhöhung der Bestrahlungsdosis auf 60 kGy

(LCB-PP3) wird die Dehnverfestigung signifikant größer, wobei sie jedoch nahezu

unabhängig von der Dehngeschwindigkeit ist.

100 101 102103

104

105

106

x 0.5

x 0.7

0,01s-1

L-PP3 LCB-PP2 LCB-PP3

.

.ε0

T = 180 °C

= 1 s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1

Pas

s

η E+ (t,

ε0)

t

3η0

+(t)

Bild 4.18: Transiente Dehnviskositäten des L-PP3, des LCB-PP2 und des LCB-PP3. Die Daten

wurden der Dissertation Auhl (2006) entnommen.

Die Änderung der Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung mit der Bestrahlungsdosis

wird in Bild 4.19 deutlich, in dem die von Auhl (2006) ermittelten Dehnverfestigungsfaktoren

der in Bild 4.18 dargestellten Polypropylene bei einer Dehnung von 2,7 als Funktion der mit

der Nullviskosität normierten Dehnrate aufgetragen sind. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2

Page 95: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

89

weist eine ähnliche Dehnratenabhängigkeit wie das Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% des

LCB-PP1 auf (siehe Bild 4.19).

1000 10000 1000001

2

3

4

5

6

7

..

XE (

ε H=

2,7)

T = 180 °CεH = 2,7

5% LCB-PP1 LCB-PP1 LCB-PP2 LCB-PP3

η0 ε0

Pa

Bild 4.19: Dehnverfestigungsfaktoren bei einer Hencky-Dehnung von 2,7 als Funktion der mit der

Nullviskosität normierten Dehngeschwindigkeit für LCB-PP1, LCB-PP2 und LCB-PP3 sowie für das

Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% LCB-PP1. Die Dehnverfestigungsfaktoren des LCB-PP2 und des LCB-

PP3 wurden der Dissertation Auhl (2006) entnommen.

Auhl (2006) führt die stärker ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen Dehnraten auf eine

stern- bzw. kammförmige Verzweigungstruktur des LCB-PP2 zurück. Eine baumartige

Verzweigungsstruktur wie im Fall des Blends kann aufgrund der signifikanten

Nullviskositätsüberhöhung im Vergleich zu linearen Polypropylen gleicher Molmasse

ausgeschlossen werden (siehe auch Kapitel 4.2.3). Aus dem Vergleich der beiden

Polypropylene wird deutlich, dass die Dehngeschwindigkeitsabhängigkeit der

Dehnverfestigung nicht ausschließlich durch die Topographie der Langkettenverzweigung

bestimmt wird, sondern dass auch die Anzahl der vorhandenen Langkettenverzweigungen

eine entscheidende Rolle spielt.

Für das mit 60 kGy bestrahlte LCB-PP3 tritt keine Dehnratenabhängigkeit der

Dehnverfestigung in dem untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich auf. Die Änderung der

Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung mit steigender Bestrahlungsdosis erklärt Auhl

(2006) mit einer Änderung der Topographie der Langkettenverzweigungen. Während bei

geringen Bestrahlungsdosen die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass nur wenige recht lange

Verzweigungen mit einer stern- oder kammförmigen Topographie erzeugt werden, entstehen

bei hohen Bestrahlungsdosen eine Vielzahl von Verzweigungen mit einer baumartigen

Verzweigungsstruktur ähnlich wie bei dem LCB-PP1, welches vermutlich ebenfalls über

Elektronenbestrahlung erzeugt wurde. Bei dem mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 liegen

Page 96: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

90

vermutlich sowohl Langkettenverzweigung mit kammförmiger als auch mit baumartiger

Verzweigungsarchitektur vor.

Während das dehnrheologische Verhalten des LCB-PP2 durchaus mit der anhand der

Ergebnisse der Blends aufgestellten Hypothese, dass eine geringe Anzahl an

Langkettenverzweigungen unabhängig von der Topographie zu einer stärker ausgeprägten

Dehnverfestigung bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten führt, erklärbar ist, scheint dies bei

dem LCB-PP3 nicht der Fall zu sein. Die im Vergleich zu dem LCB-PP2 veränderte

Dehnratenabhängigkeit des LCB-PP3 kann zumindest qualitativ auf den deutlich höheren

Anteil an Langkettenverzweigungen zurückgeführt werden. Zunächst überraschend ist

jedoch die deutlich niedriger ausgeprägte Dehnverfestigung im Vergleich zu dem LCB-PP1.

Vergleicht man die ermittelte Anzahl an Langkettenverzweigungen pro 1000

Monomereinheiten des LCB-PP1 von 0,3 (siehe Bild 3.9) mit dem von Auhl (2006) für das

LCB-PP3 angegebenen Wert von 0,3 so weisen beide Polypropylene einen vergleichbaren

Anteil an Langkettenverzweigungen auf.

Eine mögliche Ursache für die geringer ausgeprägte Dehnverfestigung des LCB-PP3 könnte

die wesentlich kleinere gewichtsmittlere Molmasse des LCB-PP3 im Vergleich zum LCB-PP1

sein (siehe Tabelle 3.3). Wie bereits bei dem Vergleich der Blends des LCB-PP1 mit den

linearen Polypropylenen unterschiedlicher mittlerer Molmasse angedeutet, könnte die

niedrige Molmasse des LCB-PP3 aufgrund der kurzen Molekülketten zu einem weniger stark

ausgeprägten Verschlaufungsnetzwerk führen. Dadurch wird die Behinderung von

Entschlaufungsvorgängen verringert, und es resultiert eine niedrigere Dehnverfestigung. Da

jedoch auch der Einfluss der deutlich breiteren Molmassenverteilung des LCB-PP1

gegenüber dem LCB-PP3 ein Grund für die signifikant höhere Dehnverfestigung des LCB-

PP1 trotz des vergleichbaren Anteils an Langkettenverzweigungen sein kann, ist es nicht

möglich, weiterführende Aussagen aus dem Vergleich der beiden LCB-PP abzuleiten.

HMS-PP

Abschließend sind in Bild 4.20 die Dehnviskositätsverläufe der beiden HMS-PP dargestellt.

Für beide Polypropylene ist eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung erkennbar, die mit

abnehmender Dehngeschwindigkeit zunimmt. Bei dem HMS-PP2 konnte erst ab einer

Dehnrate von 0,3 s-1 eine geringfügige Dehnverfestigung nachgewiesen werden, während

bei dem HMS-PP1 bereits bei der höchsten untersuchten Dehnrate eine ausgeprägte

Page 97: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

91

Dehnverfestigung auftrat31. Die Zunahme der Dehnverfestigung mit abnehmender Dehnrate

ist jedoch bei dem HMS-PP1 weniger stark ausgeprägt als bei dem HMS-PP2.

100 101 102103

104

105

106

107

s

Pas

t

0,01s-1

.ε0

T = 180 °C

= 1 s-1

0,3s-10,1s-1

0,03s-1 HMS-PP1 HMS-PP2

.η E

+ (t, ε

0)

3η0

+(t)

Bild 4.20: Transiente Dehnviskositäten des HMS-PP1 und des HMS-PP2

Eine Ursache für die Unterschiede in dem Dehnverfestigungsverhalten der beiden HMS-PP

könnte in der deutlich höheren Molmasse des HMS-PP2 im Vergleich zum HMS-PP1 liegen.

Um genauere Aussagen treffen zu können, wären jedoch detailliertere Informationen über

die Menge und die molekulare Struktur des hochmolekularen Anteils in den beiden HMS-PP

erforderlich. Verantwortlich für die Dehnverfestigung der HMS-PP ist mit ziemlicher

Sicherheit die hochmolekulare Komponente aus Polyethylen. Es kann jedoch nicht geklärt

werden, ob die Dehnverfestigung allein auf den Einfluss geringer Anteile an linearen

Molekülen mit einer im Vergleich zur Hauptkomponente deutlich höheren Molmasse

zurückgeführt werden kann oder ob nicht auch Langkettenverzweigungen in der

hochmolekularen Komponente eine Rolle spielen.

4.3.3 Homogenität der Verformung

Zur Überprüfung der Homogenität der Verformung während des Dehnexperimentes, welche

Voraussetzung für die Anwendung der in Kapitel 4.1.2 dargestellten Auswerteformeln ist,

wurden die Durchmesser der Proben nach der Dehndeformation entlang ihrer Länge

31Das HMS-PP2 konnte bei den beiden höchsten Dehngeschwindigkeiten nicht bis zu der maximalen Dehnung von 3,7 verstreckt werden, da bereits bei kleineren Dehnungen ein Reißen der Proben auftrat. Deshalb kann insbesondere bei der Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 keine definitive Aussage hinsichtlich einer vorhandenen Dehnverfestigung getroffen werden. Die starke Abnahme der Dehnverfestigung des HMS-PP2 durch Erhöhung der Dehngeschwindigkeit von 0,01 s-1 auf 0,1 s-1 und die nur sehr gering ausgeprägte Dehnverfestigung bei 0,3 s-1 deuten jedoch daraufhin, dass bei der höchsten Dehngeschwindigkeit mit großer Wahrscheinlichkeit keine Dehnverfestigung auftritt.

Page 98: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

92

vermessen32. In Bild 4.21 ist beispielhaft der ermittelte Strangdurchmesser für Stränge der

Blends des L-PP1 mit 2 Gew.-% des LCB-PP1 (Bild 4.21a) und mit 50 Gew.-% des LCB-PP1

(Bild 4.21b) als Funktion der Probenlänge dargestellt, die bei unterschiedlichen

Dehngeschwindigkeiten bis zu einer Hencky-Dehnung von 3,7 verstreckt wurden. Die

eingetragenen Waagerechten geben den anhand des Ausgangsdurchmessers der Proben

unter Voraussetzung der Volumenkonstanz ermittelten Solldurchmesser dsoll bei einer

Dehnung von 3,7 an.

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 500,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

cm

mm

ε0 [s-1]

.T = 180 °CεH = 3,7

d

l

0,01 0,03 0,1

dsoll

98%L-PP1/2%LCB-PP1 - Blend

a)

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 500,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

cm

mm

ε0 [s-1]

.T = 180 °CεH = 3,7

d

l

0,01 0,03 0,1

dsoll

50%L-PP1/50%LCB-PP1 - Blend

b)

Bild 4.21: Ermittelter Strangdurchmesser der mit unterschiedlichen Dehnraten bis zu einer Dehnung

von 3,7 gedehnten Proben a) des Blends des L-PP1 mit 2 Gew.-% LCB-PP1 und b) des Blends des L-

PP1 mit 50 Gew.-% LCB-PP1 über der Länge der gedehnten Proben

32Die Bestimmung der Durchmesser der gedehnten Proben erfolgte für die hier dargestellten Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 durch Ausmessen der nach dem Dehnexperiment ausgebauten Stränge mit einer Schieblehre. Hierzu wird das Ölbad unmittelbar nach Beendigung des Dehnexperimentes heruntergefahren und die Schmelze eingefroren. Da sich durch den Ausbau der Proben eine zusätzliche Verformung der Proben ergibt, sind die tatsächlichen Abweichungen geringer als die an den eingefrorenen Strängen gemessenen Werte. Im Rahmen der Doktorarbeit von Heindl (2005) wurde eine Methode zur Bestimmung der Probendurchmesser mittels Digitalphotographie unmittelbar nach Beendigung der Messung direkt im Dehnrheometer entwickelt, welche jedoch erst für die Überprüfung der Homogentität der Verformung für die Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 und die HMS-PP zum Einsatz kam. Da für diese Produkte jedoch ähnliche Ergebnisse wie für die hier diskutierten Blends des L-PP1 mit dem LCB-PP1 gefunden wurden, sind diese Ergebnisse hier nicht dargestellt, können jedoch teilweise bei Knör (2004) nachgelesen werden.

Page 99: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

93

Bei dem Blend mit 2 Gew.-% LCB-PP1 ist eine deutliche Verjüngung des

Strangdurchmessers zur Mitte der Probe hin erkennbar. Die sehr starken Anstiege des

Probendurchmessers an den beiden Enden der Probe rühren jedoch von Randeffekten an

den Klebungen her, da die Klebungen eine Deformation der Probe behindern. Ein ähnlicher

Verlauf des Durchmessers entlang der Probenlänge wie bei dem Blend mit 2 Gew.-% LCB-

PP1 wurde von Kurzbeck (1999) für lineares Polypropylen gefunden.

Für das Blend mit 50 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 4.21b) ändert sich der Durchmesser entlang

der Probenlänge nur geringfügig und verläuft recht gleichmäßig, was auf eine gute

Homogenität der Deformation hindeutet. Ein signifikanter Einfluss der Dehngeschwindigkeit

ist in dem untersuchten Bereich für beide Blends nicht zu erkennen.

Zur Quantifizierung der Abweichungen der Durchmesser von dem theoretisch zu

erwartenden Wert wurde von Kurzbeck (1999) eine mittlere Abweichung as von dem Sollwert

ds ähnlich der statistischen Größe der Standardabweichung eingeführt:

( )∑=

−=n

iollsis dd

na

1

21 (4.29)

Um unterschiedliche Ausgangsdurchmesser zu berücksichtigen, bestimmte Kurzbeck die

relative mittlere Standardabweichung rs indem er as auf den zu erwartenden Sollwert bezog:

soll

ss d

ar = (4.30)

In Bild 4.22 ist die so ermittelte relative mittlere Abweichung bei einer Hencky-Dehnung von

3,7 als Funktion der Dehngeschwindigkeit für das LCB-PP1 sowie für Blends des LCB-PP1

mit unterschiedlichen Anteilen an L-PP1 dargestellt. Das reine lineare L-PP ist nicht mit

aufgeführt, da es nicht bis zu einer Dehnung von 3,7 gedehnt werden konnte. Bei der

maximal erreichbaren Dehnung für das L-PP1 von 2,3 betrug die mittlere relative

Abweichung etwa 25 %, was in dem von Kurzbeck (1999) für lineares PP gefunden Bereich

liegt.

Die mittlere relative Abweichung wird mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 geringer und die

Homogenität der Deformation demzufolge besser. Diese Verbesserung der Homogenität der

Probendeformation wird durch die Dehnverfestigung hervorgerufen, die bei den Blends mit

höheren Anteilen an LCB-PP1 stärker ausgeprägt ist (siehe Bild 4.15). Die positive Wirkung

der Dehnverfestigung auf die Homogenität der Deformation beruht darauf, dass bei einer

lokalen Einschnürung der Probe ein Art Selbstheilungseffekt auftritt [Kurzbeck 1999]. Der

durch die Dehnverfestigung hervorgerufene starke Viskositätsanstieg mit zunehmender

Dehnung führt im Falle einer lokalen Einschnürung aufgrund der höheren Dehnung in

diesem Bereich zu einer Vergrößerung des Widerstandes gegen eine weitere Deformation

Page 100: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

94

an dieser Stelle, wodurch die Inhomogenität ausheilt und eine gleichmäßige Verformung der

Probe resultiert. Die leichte Abnahme der mittleren Abweichung vom Sollwert des

Durchmessers mit sinkender Dehngeschwindigkeit bei den Blends mit geringen Anteilen an

LCB-PP1 kann somit durch die für diese Blends gefundene Zunahme der Dehnverfestigung

mit kleiner werdender Dehnrate erklärt werden.

0,01 0,10

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

.s-1

%

T = 180 °CεH = 3,7

2% LCB-PP1 50% LCB-PP1 10% LCB-PP1 LCB-PP1 25% LCB-PP1

r S

ε0 Bild 4.22: Relative mittlere Abweichung des Strangdurchmessers von dem Sollwert als Funktion der

Dehngeschwindigkeit für Blends des L-PP1 mit unterschiedlichen Anteilen an LCB-PP1 und das reine

LCB-PP1

4.3.4 Zusammenfassung

Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen des rheologischen Verhaltens der

Polypropylene in uniaxialer Dehnströmung können wie folgt zusammengefasst werden:

- Für die untersuchten linearen Polypropylene wurde keine Dehnverfestigung festgestellt.

- Das kommerzielle langkettenverzweigte LCB-PP1 weist demgegenüber im gesamten

untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung auf,

die mit steigender Dehnrate größer wird.

- Bereits die Zugabe von geringen Anteilen eines langkettenverzweigten PP zu einem

linearen PP in der Größenordnung von 5 Gew.-% führt zu einer signifikanten

Dehnverfestigung, die jedoch im Gegensatz zu dem langkettenverzweigten Blendpartner

mit abnehmender Dehnrate stärker ausgeprägt ist. Diese unterschiedliche

Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung kann vermutlich dadurch erklärt werden,

dass sich die geringen Anteile an Langkettenverzweigungen der Blends mit niedrigen

Anteilen an LCB-PP1 nur auf die langen Relaxationszeiten auswirken, welche

insbesondere das Dehnverfestigungsverhalten bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten

beeinflussen.

Page 101: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

95

- Die Dehnverfestigung der Blends nimmt mit steigendem Anteil an langkettenverzweigtem

PP zu, wobei der Verlauf der Dehnverfestigung als Funktion des Anteils an LCB-PP stark

von der Dehngeschwindigkeit abhängig ist.

- Eine größere Molmasse bzw. Viskosität des linearen Blendpartners verschieben den

Beginn der Dehnverfestigung zu niedrigeren Dehngeschwindigkeiten, führen jedoch zu

einem mit abnehmender Dehnrate stärkeren Anstieg der Dehnverfestigung.

- Mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 und demzufolge mit steigender Dehnverfestigung

verbessert sich die Homogenität der Verformung der Probe in dem Dehnexperiment

signifikant.

- In den von Auhl (2006) übernommenen Ergebnissen der elektronenbestrahlten

Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3 wurde mit steigender Bestrahlungsdosis eine

Zunahme der Dehnverfestigung gefunden.

- Das LCB-PP2 zeigt eine mit abnehmender Dehnrate ansteigende Dehnverfestigung, die

Auhl auf die stern- bzw. kammförmige Topographie der Langkettenverzweigungen des

LCB-PP2 zurückführt. Da jedoch das Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% LCB-PP1 trotz einer

baumartigen Topographie der langkettenverzweigten Moleküle ein gleiches

Dehnverfestigungsverhalten wie das LCB-PP2 aufweist, kann geschlossen werden, dass

die Dehngeschwindigkeitsabhängigkeit der Dehnverfestigung nicht alleine durch die

Verzweigungstopographie bestimmt wird. Vielmehr scheint die geringe Anzahl der

Langkettenverzweigungen der beiden Polypropylene unabhängig von der

Verzweigungstopographie für die stärker ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen

Dehngeschwindigkeiten verantwortlich zu sein.

- Das LCB-PP3 besitzt trotz eines ähnlich hohen Anteils an Langkettenverzweigungen wie

das LCB-PP1 eine deutlich niedrigere Dehnverfestigung. Dies könnte sowohl auf die

deutlich größere gewichtsmittlere Molmasse als auch auf die signifikant breitere

Molmassenverteilung des LCB-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP3 zurückzuführen sein.

- Die beiden HMS-PP weisen eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen

Dehngeschwindigkeiten im Bereich 0,01 bis 1 s-1 auf, die mit abnehmender Dehnrate

größer wird.

Page 102: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

96

4.4 Rheologische Eigenschaften in biaxialer Dehnströmung

Da die in der Schaumextrusion während des Zellwachstums auftretenden

Dehnbeanspruchungen zu einer weitestgehend biaxialen Dehndeformation der

Polymerschmelze in den Zellwänden führen (siehe Kapitel 2.3.3), muss geklärt werden,

inwiefern die aus den durchgeführten uniaxialen Dehnexperimenten getroffenen Aussagen

auf eine biaxiale Dehndeformation übertragbar sind. In der Literatur sind nur wenige

Untersuchungen unter biaxialer Dehnbeanspruchung beschrieben, was vor allen Dingen

daran liegt, dass es nur wenige zuverlässige Methoden zur Messung der biaxialen

Dehnviskosität gibt. Hachmann und Meißner (2003) fanden einen qualitativen

Zusammenhang zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten in uniaxialer und biaxialer

Dehnung für HDPE, LDPE und PS. Um zu überprüfen, ob eine solche Korrelation zwischen

dem uniaxialen und biaxialen Dehnverhalten auch für Polypropylen gilt, wurden an dem L-

PP1 und dem LCB-PP1 Untersuchungen in biaxialer Dehnung an einem sogenannten

„lubricated squeezing“ Dehnrheometer durchgeführt.

4.4.1 Beschreibung des Rheometers und Probenvorbereitung

Das Prinzip des verwendeten „lubricated squeezing“ Dehnrheometers (Hersteller: Iwamoto

Setsakusyo Co., Ltd., Japan) beruht darauf, dass eine zylindrische Probe zwischen zwei

parallele Platten gelegt und die obere Platte mit einer exponentiell abnehmenden

Geschwindigkeit nach unten bewegt wird, so dass eine konstante Dehngeschwindigkeit

entsteht (siehe Bild 4.23). Durch das Zusammenfahren der Platten wird die

Polymerschmelze gleichmäßig aus dem Zwischenraum der beiden Platten herausgedrückt.

Dabei erfolgt in Bewegungsrichtung der oberen Platte eine Stauchung der Probe, während

das Material quer zu den Platten gedehnt wird. Wenn die Dehnung gleichmäßig über den

Kreisquerschnitt der Probe erfolgt, tritt eine äquibiaxiale Dehndeformation auf. Damit die

Ergebnisse nicht durch Reibung bzw. Scherung der Probe an den beiden Plattenoberflächen

beeinflusst werden, muss an den Oberflächen der beiden Platten ein dünner Film eines

Gleitmittels aufgetragen werden. Hierfür wurden Silikonöle unterschiedlicher Viskosität

getestet. In Vorversuchen hat sich ein Silikonöl mit einer Viskosität von 50 Pas (bei 25 °C)

als geeignet herausgestellt, da es eine homogene Probendeformation ermöglicht und keine

zusätzlichen Einflüsse auf die gemessenen Dehnviskositäten hervorruft33. Zur Fixierung der

33 Die Überprüfung der Homogenität der Dehndeformation erfolgte, indem vor der Messung ein Kreis auf die Oberfläche der zylindrischen Probe gezeichnet wurde und nach der Messung überprüft wurde, wie sich der aufgezeichnete Kreis verformt hat. Bei einer idealen äquibiaxialen Dehnung ändert sich während der Deformation nur der Durchmesser des aufgezeichneten Kreises, die Kreisform bleibt jedoch erhalten. Es wurden nur solche Proben ausgewertet, bei denen dies in guter Näherung der Fall war. Die Auswahl des geeigneten Silikonöls erfolgte zum einen durch optische Analyse, ob die gesamte Probenoberfläche auch nach der Messung von einem geschlossenen Ölfilm bedeckt war, und zum anderen durch Analyse der gemessenen Spannung. Bei einer zu großen Viskosität des Silikonöls erfolgt ein zusätzlicher Anstieg der Spannung, aufgrund der Scherung des Silikonöles.

Page 103: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

97

Probe zwischen den Platten befindet sich im Zentrum der unteren Platte ein Stift, der durch

ein Loch in die Probe führt. Für die Messungen wurden zylindrische Proben mit einem

Durchmesser von 20 mm und einer Höhe von 10 mm in einer Presse bei einer Temperatur

von 230 °C hergestellt. Genauere Informationen zu dem verwendeten Dehnrheometer, der

Versuchsdurchführung und -auswertung können den folgenden Literaturstellen entnommen

werden [Takahashi et al. 1993, Sugimoto et al. 2001b].

Silikonöl

Probe

Bild 4.23: Schematische Darstellung des Aufbaus des „lubricated squeezing“ Dehnrheometers für

biaxiale Dehnexperimente [Sugimoto 2001b]

4.4.2 Spannversuche in biaxialer Dehnung

Für das lineare L-PP1 und das langkettenverzweigten LCB-PP1 wurden an dem in Kapitel

4.4.1 beschriebenen Dehnrheometer Spannversuche in äquibiaxialer Dehnung bei 180 °C

und biaxialen Dehngeschwindigkeiten im Bereich von 0,01 s-1 bis 0,5 s1 durchgeführt. In Bild

4.24b sind die transienten biaxialen Dehngeschwindigkeiten und in Bild 4.24a zum Vergleich

die transienten uniaxialen Dehnviskositäten für die beiden Polypropylene dargestellt.

Wie Bild 4.24b entnommen werden kann, weist das lineare L-PP1 auch in biaxialer Dehnung

keine Dehnverfestigung auf. Der geringe Anstieg der Dehnviskosität über die linear-

viskoelastische Anlaufkurve bei den geringen Dehngeschwindigkeiten ist vermutlich auf

Messungenauigkeiten zurückzuführen und wurde bereits für andere lineare Polymere

beschrieben [Sugimoto et al. 2001b]. Das langkettenverzweigte LCB-PP1 zeigt auch in

biaxialer Dehnung eine ausgeprägte Dehnverfestigung, welche jedoch im Vergleich zu der

Dehnverfestigung in uniaxialer Dehnung (Bild 4.24a) geringer ausgeprägt ist. Eine geringer

ausgeprägte Dehnverfestigung in biaxialer Dehnung im Vergleich zu uniaxialer Dehnung

wurde auch von Hachmann und Meißner (2003) für LDPE gefunden.

Page 104: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

4 Rheologische Charakterisierung der Polypropylene

98

10-1 100 101 102 103

102

103

104

105

106

107

108

3η0+(t)

x10

Pas

s

.

LCB-PP1

L-PP1

ε0 [s-1]

0,01 0,03 0,1 0,3 1

η E,u

niax

ial(t,

ε 0)

t

.

T = 180 °C

3η0+(t)

10-1 100 101 102 103103

104

105

106

107

LCB-PP1

L-PP1

. 6η0+(t)

ε0 [s-1]

0,01 0,03 0,05 0,15 0,3 0,5

η E, b

iaxi

al(t,

ε 0)

t

Pas

s

T = 180 °C

.

6η0+(t)

x10

Bild 4.24: Transiente uniaxiale Dehnviskosität (a) und transiente biaxiale Dehnviskosität (b) für L-PP1

und LCB-PP1

Die Ergebnisse in Bild 4.24 zeigen, dass zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten von

Polypropylenen in uniaxialer und biaxialer Dehnung zumindest ein qualitativer

Zusammenhang besteht. Somit können anhand des Verhaltens der Polypropylene in

uniaxialer Dehnung qualitative Aussagen zum Verhalten in biaxialer Dehnung getroffen

werden, was für die Ableitung von Korrelationen zwischen den uniaxialen Dehnexperimenten

und dem Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion von entscheidender Bedeutung ist.

a)

b)

Page 105: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

99

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

Die Untersuchung des Schäumverhaltens erfolgte mit einer eigens angefertigten

Schäumapparatur, die auf einem Kapillarrheometer basiert. Im Folgenden soll zunächst die

Schäumapparatur vorgestellt und der Verarbeitungsablauf beim Schäumen mit chemischen

und physikalischen Treibmitteln erläutert werden, der sich von der Schaumextrusion im

eigentlichen Sinne signifikant unterscheidet.

5.1 Schäumapparatur und Verfahrensablauf 5.1.1 Aufbau und Funktionsweise der Schäumapparatur

Grundlage der für die Herstellung der Schäume verwendeten Schäumapparatur ist ein

Hochdruckkapillarrheometer „Rheograph 2000“ der Firma Göttfert. Um mit diesem

Kapillarrheometer Schäume herstellen zu können, waren eine Reihe von

Umbaumaßnahmen erforderlich. Der prinzipielle Aufbau der Schäumapparatur ist in Bild 5.1

dargestellt. Die wesentlichen Bestandteile sind der Zylinder des Kapillarrheometers, der

vertikal bewegliche Stempel, die Kapillare, welche über den sogenannten

Kapillarenaufnahmekörper mit dem Zylinder verbunden ist, und die Verschlusseinheit.

Bild 5.1: Prinzipieller Aufbau der verwendeten Schäumapparatur

Der verwendete Zylinder hat einen Durchmesser von 9,55 mm. Die Temperierung des

Zylinders erfolgt über zwei Heizbänder, eines für die obere und eines für die untere Hälfte

des Zylinders. Der Stempel der Schäumeinrichtung unterscheidet sich von einem normalen

Stempel für Hochdruckkapillarrheometer dadurch, dass am unteren Ende des Stempels ein

zusätzlicher Dichtring aus Teflon angebracht wurde, um eine Abdichtung des

Zylinderinnenraumes nach oben hin zu gewährleisten. Antrieb und Steuerung des Stempels

erfolgen über die Hydraulikeinheit und die Steuermodule des Kapillarrheometers. Der

Stempel kann sowohl manuell verfahren als auch mit einer konstanten

pneumatischer Zy l inder

Verschlusseinheit

Stempel

Zylinder

Kapillarenaufnahmekörper mit Kapillare Kapillarenaufnahmekörper mit Kapillare

Page 106: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

100

Vorschubgeschwindigkeit nach unten bewegt werden. Die Vorschubgeschwindigkeiten

können schrittweise im Bereich von 0,01 bis 40 mm/s variiert werden.

Kapillare und Kapillarenaufnahmekörper wurden für die Schäumapparatur neu angefertigt.

An den jeweiligen Verbindungsstellen zwischen Kapillare und Kapillarenaufnahmekörper

bzw. zwischen Kapillarenaufnahmekörper und Zylinder wurden zusätzlich Kupferdichtungen

eingebracht. Ähnlich wie bei dem ursprünglichen Kapillarrheometer befindet sich im

Kapillarenaufnahmekörper direkt oberhalb der Kapillare der Druckaufnehmer zur

Bestimmung des Extrusionsdruckes bzw. des Druckabfalls an der Kapillare. Als Kapillare

wurde für die durchgeführten Untersuchungen eine Runddüse mit einer Länge von 15 mm

und einem Durchmesser von 1 mm verwendet. Die Beheizung der Kapillare und des

Kapillarenaufnahmekörpers erfolgt über ein Heizband, welches ebenso wie die Heizbänder

des Zylinders über die Steuereinheit des Kapillarrheometers geregelt wird. Der hierfür

notwendige Temperaturfühler befindet sich in dem Kapillarenaufnahmekörper in

unmittelbarer Nähe des Fließkanals.

Unterhalb der Kapillare wurde eine Verschlusseinheit angebracht, mit der die Kapillare von

unten verschlossen werden kann. Die Verschlusseinheit besteht aus einem zylindrischen

Bolzen, welcher an der der Kapillare zugewandten Seite eine konische Spitze besitzt. Das

Öffnen und Schließen der Kapillare erfolgt über einen pneumatischen Zylinder, der über ein

Gelenk mit dem Verschlussbolzen verbunden ist (siehe Bild 5.1).

Der wesentliche Unterschied zwischen der Schäumapparatur und einem Schäumextruder

besteht in der fehlenden Schneckeneinheit. Deshalb muss im Fall der Herstellung von

Schäumen mit der Schäumapparatur die Zumischung von Treibmittel und anderen

Zuschlagstoffen in einem vorherigen Mischprozess erfolgen. Ein Vorteil der

Schäumapparatur gegenüber Schäumextrudern liegt jedoch darin, dass mit derselben

apparativen Einrichtung sowohl Schäume mit chemischem als auch mit physikalischem

Treibmittel hergestellt werden können. Da die Verfahrensabläufe beim Schäumen mit

chemischem und physikalischem Treibmittel unterschiedlich sind, sollen diese in den

folgenden beiden Unterkapiteln getrennt voneinander vorgestellt werden.

5.1.2 Verfahrensablauf beim Schäumen mit chemischem Treibmittel

Als chemisches Treibmittel wurde im Rahmen dieser Arbeit Azodicarbonamid (LUVOPOR

ABF/70 P-FF der Firma Lehmann & Voss & Co.) verwendet. Azodicarbonamid ist ein

gängiges Treibmittel zur Herstellung von Schäumen aus Polyolefinen wie Polyethylen und

Polypropylen. Es zersetzt sich im Bereich von 200 °C. Dabei wird in erster Linie Stickstoff,

aber auch zu geringen Teilen Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Ammoniak frei [Jaafar und

Sims 1993]. Das Zumischen des chemischen Treibmittels zu den Polypropylenen erfolgte mit

Page 107: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

101

Hilfe des Schneckenkneters „Polydrive“ der Firma Haake. Treibmittel und Polymergranulat

wurden vorher für 30 min in einem Taumelmischer vorgemischt. Die Kammer des

Schneckenkneters wurde auf 170°C temperiert. Die Temperatur wurde so gewählt, dass sie

hoch genug ist, um ein Aufschmelzen der Polypropylene zu gewährleisten, aber niedrig

genug, um ein vorzeitiges Aufschäumen durch die Zersetzung des Treibmittels zu

verhindern. Die Schneckendrehzahl betrug 15 min-1 und die Knetzeit ca. 6 min. Für die im

Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Schäumversuche an den unterschiedlichen

Polypropylenen wurde der Treibmittelanteil mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid konstant

gehalten. Mittels Lichtmikroskopie an Dünnschnitten der treibmittelgefüllten Polypropylene

wurde nachgewiesen, dass eine gleichmäßige Verteilung des chemischen Treibmittels in der

Polypropylenmatrix vorliegt.

Für die Herstellung der Schäume wurde die Mischung aus Polypropylen und Treibmittel in

den auf die gewünschte Aufschmelztemperatur vorgeheizten Zylinder der Schäumapparatur

eingefüllt. Nach dem Einfüllen wurde das Material im Zylinder durch manuelles

Herunterfahren des Stempels verdichtet und kontinuierlich der erforderliche Druck für das

Lösen des freiwerdenden Gases in der Polypropylenschmelze aufgebracht. Wie in Kapitel

2.3.1.1 erläutert, hängt die Löslichkeit von Gasen in Polymerschmelzen und somit die

maximal lösliche Gasmenge vom hydrostatischen Druck und von der Temperatur ab. Für

Stickstoff, welches den Hauptteil der bei der Zersetzung von Azodicarbonamid

freiwerdenden Gase ausmacht, ist die Abhängigkeit der Sättigungskonzentration in

Polypropylen vom hydrostatischen Druck für verschiedene Temperaturen im Anhang C

dargestellt. Für die in dieser Arbeit verwendete Treibmittelkonzentration von 2 Gew.-% wurde

ein Druck von 150 bar im Zylinder erzeugt, bei dem die Löslichkeit der gesamten Gasmenge

in der Polymerschmelze für alle untersuchten Temperaturen gewährleistet ist34.

Nachdem der erforderliche Druck erreicht war, wurde die Aufschmelzzeit, welche im

Allgemeinen 5 min betrug, abgewartet. Im Fall gleicher Aufschmelz- und

Extrusionstemperaturen erfolgte unmittelbar im Anschluss an die Aufschmelzzeit die

Schaumextrusion. Zur Realisierung niedrigerer Extrusionstemperaturen wurde das

Schmelze-Treibmittel-Gemisch im Zylinder unter Druck auf die gewünschte Temperatur

abgekühlt. Da die Schäumapparatur über keine extra Kühleinrichtung verfügt, erfolgte das

Abkühlen durch Abschalten der Heizelemente. Die Kühlrate lag bei ca. 2 K/min. 34 Bei der Bestimmung des erforderlichen Druckes zum Lösen des bei der Zersetzung des Azodicarbonamides freiwerdenden Gases muss berücksichtigt werden, dass der Masseanteil des Gases deutlich geringer ist als die zugegebene Menge an Azodicarbonamid. Für das verwendete Azodicarbonamid beträgt die bei der Zersetzung freiwerdende Gasmenge laut Herstellerangabe 220 cm3/g. Somit entsteht bei einem Gewichtsanteil von 2 Gew.-% Azodicarbonamid unter Berücksichtigung der Dichte von PP mit 0,9 g/cm3 ein Volumenanteil an Gas von 80 %. Unter der Annahme das alles freigesetzte Gas Stickstoff ist, ergibt sich, bei einer Dichte von Stickstoff bei Raumtemperatur von 0,00125 g/cm3, ein Masseanteil an Stickstoff von lediglich 0,56 Gew.-%.

Page 108: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

102

Zur Schaumextrusion wurde der Verschlussbolzen geöffnet und der Stempel mit einer

konstanten Vorschubgeschwindigkeit nach unten bewegt. Der extrudierte Strang wurde mit

der Hand geführt, um ein Einwirken des durch die Schwerkraft bedingten Eigengewichtes auf

den noch nicht erstarrten Teil des Stranges direkt unterhalb der Düse zu vermindern.

Während der Schaumextrusion wurde der Druck als Funktion der Zeit aufgezeichnet. Sobald

sich ein konstanter Druck eingestellt hatte, konnte mit der Probenentnahme für die

Schaumanalyse (siehe Kapitel 5.1.4) begonnen werden. Bei der Schaumherstellung mit der

Schäumapparatur handelt es sich um ein diskontinuierliches Verfahren. Nach Abschluss

eines Versuches wurde die Schäumapparatur wieder auf die Ausgangstemperatur erhitzt,

gereinigt und für einen neuen Versuch vorbereitet.

5.1.3 Verfahrensablauf beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel

Als physikalisches Treibmittel wurde Kohlendioxid (CO2) verwendet, welches in Form von

Trockeneis direkt in den Zylinder der Schäumapparatur eingefüllt wurde35. Trockeneis hat die

Eigenschaft, dass es nicht schmilzt, sondern direkt zu CO2 sublimiert. Vor der Zugabe in die

Schäumapparatur wurden die Trockeneisblöcke zerkleinert und abgewogen. Die Ermittlung

der genauen Menge des zugegebenen Treibmittels ist jedoch nur bedingt möglich, da nicht

genau bestimmt werden kann, wie viel Trockeneis während des Einfüllvorganges in den

Zylinder bereits sublimiert. Um dennoch eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen der

gewünschten Treibmittelkonzentration und der zugegebenen Menge an Trockeneis zu

erzielen, wurde der Masseverlust des Trockeneises durch die vom Abwiegen des

Trockeneises bis zum Einbringen in den Zylinder und dessen Verschließen des Zylinders mit

dem Stempel in etwa verloren gegangene Menge an CO2 bestimmt. Der so ermittelte

Masseverlust an Trockeneis wurde zu der sich anhand der gewünschten

Treibmittelkonzentration ergebenden Masse an Trockeneis hinzuaddiert.

Die Befüllung der Schäumapparatur erfolgte in ähnlicher Weise wie beim Schäumen mit

chemischem Treibmittel. Der Zylinder wurde auf die gewünschte Aufschmelztemperatur

vorgeheizt. Im Fall des Schäumens mit CO2 betrug diese immer 180 °C. In den vorgeheizten

Zylinder wurde zunächst ein Teil des Polypropylens in Granulatform eingefüllt. Anschließend

wurde das Trockeneis zugegeben und unmittelbar nach dem Trockeneis die restliche Menge

des Polypropylens eingefüllt. Für die Schäumversuche mit Trockeneis wurde jeweils eine

konstante Gesamtmenge an Polypropylen von 4 g eingesetzt und die entsprechend der

gewünschten Treibmittelkonzentration erforderliche Menge an Trockeneis hinzugegeben.

Nach dem Einfüllen wurde der Stempel heruntergefahren und der für das Lösen des CO2

35 Trockeneis wird aus flüssiger Kohlensäure hergestellt, die sich durch schnelles Entspannen in Kohlensäureschnee umwandelt, der als Trockeneis bezeichnet wird. Das Trockeneis wurde von der Firma Linde in Form von Blöcken angeliefert und besitzt im gefrorenen Zustand eine Temperatur von -78,3 °C.

Page 109: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

103

erforderliche Druck aufgebracht. Die Abhängigkeit der Sättigungskonzentration des CO2 in

Polypropylen vom Druck und von der Temperatur ist in Anhang C dargestellt. Die weitere

Vorgehensweise ist identisch mit der beim Schäumen mit chemischem Treibmittel (siehe

Kapitel 5.1.2).

Für das Schäumen mit CO2 war die Zugabe eines Nukleierungsmittels erforderlich. Hierfür

wurde Talkum ausgewählt, welches ein gängiges Nukleierungsmittel für die

Schaumextrusion von Polypropylen darstellt. Das verwendete Talkum HB-15B von der Firma

Solvadis Deutschland GmbH ist ein sehr reines Magnesiumsilikathydrat mit einer mittleren

Partikelgröße von ca. 3 µm. In Voruntersuchungen wurde die Talkumverteilung im

Anlieferungszustand untersucht [Wendel 2004]. Es wurde festgestellt, dass neben einzelnen

Partikeln auch zahlreiche Aggregate vorliegen und die Teilchengröße im Bereich von 2 bis

20 µm variiert. Die Zumischung des Nukleierungsmittels zu den Polypropylenen erfolgte in

dem Schneckenkneter „Polydrive“ bei einer Temperatur von 180 °C und einer Drehzahl von

15 min-1. Anhand von rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen an Schnittflächen der

talkumgefüllten Polypropylene konnte am Beispiel des L-PP1 und des LCB-PP1

nachgewiesen werden, dass die zugegebenen Mengen an Talkum gleichmäßig in der

Polypropylenmatrix verteilt wurden [Wendel 2004].

5.1.4 Methoden der Schaumanalyse

Für die Schaumanalyse wurden aus den extrudierten Strängen zylindrische Proben mit einer

Länge von ca. 15 bis 20 mm entnommen. Dabei wurde darauf geachtet, dass die

entnommenen Proben repräsentativ für den gesamten Strang sind. Pro Strang wurde von

mindestens 4 Proben die Dichte mit einer Dichtewaage (Typ: „Precisa 120A“ der Firma

Altenrath) bestimmt36. Alle durchgeführten Schäumversuche wurden zur Überprüfung der

Reproduzierbarkeit mindestens einmal, in der Regel jedoch zweimal wiederholt. Damit liegen

der Mittelwertbildung 8 bis 12 Proben zu Grunde. Mit Hilfe der Dichte der geschäumten

Stränge wurde der sogenannte Aufschäumgrad berechnet, der sich aus dem Quotienten der

Dichte des ungeschäumten Polypropylens und der Dichte des Schaums ergibt37.

36 Die Bestimmung der Dichte mittels Dichtewaage hat sich für die geschäumten Polypropylenstränge als zuverlässige Methode erwiesen. Ein Vergleich der mittels Dichtewaage ermittelten Dichten mit dem Quotient aus Probenmasse und -volumen ergab eine sehr gute Übereinstimmung [Wendel 2004]. Weiterhin konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass ein Einfluss durch ein Eindiffundieren der Eichflüssigkeit in die zylindrischen Proben ausgeschlossen werden kann. Hierzu wurden die Poren der Probe vor der Messung in der Dichtewaage versiegelt. Es wurden keine Unterschiede in den Dichtewerten der unversiegelten und der versiegelten Proben festgestellt. 37 Für die Dichte der Polypropylene bei Raumtemperatur wurde für alle untersuchten Polypropylene ein Wert von 0,9 g/cm3 eingesetzt. Die gemessenen Dichten der einzelnen Polypropylene liegen im Bereich von 0,895 g/cm3 bis 0,900 g/cm3. Da die Schwankungsbreite von 5 Einzelmessungen eines PP etwa 0,005 g/cm3 entspricht, erscheint die Verwendung eines Dichtewertes für alle Polypropylene für die Berechnung des Aufschäumgrades gerechtfertigt.

Page 110: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

104

Zur Analyse der Schaumstruktur wurden Aufnahmen von Bruchflächen der Schaumstränge

mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) durchgeführt38. Um eine Beeinträchtigung der

Schaumstruktur durch die Propenpräparation weitestgehend zu vermeiden, wurden

Kryobrüche durchgeführt. Hierzu wurden die Proben für ca. 3 min in flüssigem Stickstoff

gekühlt und anschließend spröde gebrochen. Die Bruchflächen wurden vor der

Untersuchung im REM mit einer leitfähigen Goldschicht bedampft. Hierzu stand eine

Sputteranlage der Firma Edwards (Typ: Sputter Coater S150B) zur Verfügung. Zusätzlich

wurde mit einem Leitsilber ein Kontakt zwischen Probenteller und Goldschicht hergestellt,

um ein Abfließen der Elektronen von der Probenoberfläche zu ermöglichen. Bei dem

verwendeten Rasterelektronenmikroskop handelt es sich um ein Gerät der Firma Leica (Typ:

LEO 435VP). Nach Einbau der Proben wurde die Kammer auf 10-5 - 10-6 bar evakuiert. Die

Aufnahmen wurden mit einer Beschleunigungsspannung von 10 kV, einer Kollektorspannung

von 150 V und einem Sondenstrom von 200 pA durchgeführt.

Mit Hilfe einer Bildauswertungssoftware der Firma Leica (Typ: QWIN Standard V2.4) erfolgte

eine quantitative Analyse der Zellstruktur. Zur Bestimmung des mittleren Zelldurchmessers

wurde die äußere Kontur der Zellen manuell markiert und der Flächeninhalt innerhalb der

äußeren Kontur der Zelle mit Hilfe der Software ermittelt39. Anhand der Flächeninhalte der

Zellen wurden die Zelldurchmesser unter der Annahme einer kreisförmigen

Querschnittsfläche berechnet40. Der mittlere Zelldurchmesser wurde durch Mittelung der

Durchmesser von mindestens 50 Zellen aus drei verschiedenen Proben bestimmt.

Die gleichen Aufnahmen wurden zur Ermittlung der Zelldichte verwendet. Für jede Aufnahme

wurde aus der gesamten Bruchfläche ein repräsentativer Bereich für die Bestimmung der

Zellenanzahl ausgewählt. Der Flächeninhalt A dieses Bereiches wurde mit Hilfe der

Auswertesoftware ermittelt und die Anzahl der Zellen n in dem Bereich gezählt. Aus dem

Quotienten der Zellenanzahl und der Messfläche ergibt sich die Anzahl der Zellen pro cm2

des geschäumten Polymers. Um aus dieser Flächendichte die Volumendichte zu berechnen,

wird zunächst die Liniendichte bestimmt, die der Wurzel aus der Flächendichte entspricht.

38 Die Untersuchung von Bruchflächen hat gegenüber Schnittflächen zum einen den Vorteil, dass keine Verschmierung der Zellstruktur während der Propenpräparation erfolgt und zum anderen, dass der Bruch in den meisten Fällen in der Mitte bzw. entlang des größten Querschnittes der Zellen erfolgt, wodurch eine möglichst genaue Übereinstimmung der in der 2D-Aufnahme bestimmten Zellgröße mit der tatsächlichen Zellgröße erzielt wird. 39 Eine automatische Auswertung der Zellgröße mit Hilfe der Bildverarbeitungssoftware anhand der Grauwertverteilung war aufgrund des geringen Unterschiedes in den Grauwerten der Zellen und der Zellwände nicht möglich. Der durch das manuelle Markieren der Zellen eingebrachte Fehler ist vernachlässigbar klein. Die mehrmalige Auswertung der Zellstruktur einer REM-Aufnahme ergab eine Abweichung der mittleren Zelldurchmesser von etwa 5 %. 40 Die Verwendung des Durchmessers eines Kreises mit dem gleichen Flächeninhalt wie dem der Projektionsfläche eines Teilchens oder Partikels ist eine weit verbreitete Methode in der Partikelanalyse, um die Partikelgröße von Partikeln zu vergleichen, die keine definierte Form wie z.B. die einer Kugel aufweisen [z.B. Stieß 1995].

Page 111: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

105

Aus der 3. Potenz der Liniendichte kann die Volumendichte bestimmt werden. Somit ergibt

sich für die Zellenanzahl pro cm3 Schaum Nf:

23

=AnN f (5.1)

In der Literatur wird jedoch als Zelldichte meist nicht die Zellenanzahl pro cm3 Schaum

angegeben, sondern die Anzahl der Zellen pro cm3 ungeschäumten Polymers [z.B. Kumar

und Suh 1990, Huang 2000, Naguib et al. 2002, Spitael und Macosko 2004]. Dies dient der

Berücksichtigung der Gegebenheit, dass die Zellanzahl pro cm3 Schaum außer von der

Anzahl an nukleierten Zellen auch vom Aufschäumgrad bzw. vom Gasanteil abhängig ist.

Der Volumenanteil des Gases in dem hergestellten Schaum Vf lässt sich aus den Dichten

des Schaums ρf und des ungeschäumten Polymers ρ0 wie folgt berechnet:

−=

0

1ρρ f

fV (5.2)

Die in dem geschäumten Polymer enthaltenen Zellen wurden demzufolge in (1-Vf)

ungeschäumtem Polymer nukleiert. Zur Bestimmung der Anzahl an nukleierten Zellen pro

cm3 des ungeschäumten Polymers N0 muss die Zellenanzahl pro cm3 Schaum auf den

Volumenanteil des ungeschäumten Polymers bezogen werden:

ff

f

f NVN

Nρρ0

0 1⋅=

−= (5.3)

Alle in dieser Arbeit angegebenen Zelldichten wurden mit Hilfe der Gl. (5.3) ermittelt.

5.2 Schäumversuche mit chemischem Treibmittel

Zunächst sollte anhand der Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen

untersucht werden, wie hoch der erforderliche Anteil an LCB-PP und demzufolge wie stark

ausgeprägt die Dehnverfestigung sein muss, um einen optimalen Schaum hinsichtlich einer

homogenen Schaumstruktur und eines hohen Aufschäumgrades zu erhalten. Durch

Schäumversuche an den elektronenbestrahlten Polypropylenen LCB-PP2 und LCB-PP3

sollte analysiert werden, ob das Schäumverhalten von linearem Polypropylen durch

Elektronenbestrahlung gezielt verbessert werden kann. Die Untersuchung des

Schäumverhaltens der beiden HMS-PP sollte einen Eindruck darüber verschaffen, welchen

Einfluss eine hochmolekulare Polyethylenkomponente in linearem Polypropylen auf das

Schäumverhalten und die Schaumstruktur hat. Interessant ist dabei zu vergleichen, inwieweit

sich das Schäumverhalten der beiden kommerziellen HMS-PP von dem ebenfalls

kommerziellen LCB-PP1 unterscheidet, da alle drei Produkte vom jeweiligen Hersteller als

speziell für das Schäumen geeignete Polypropylene bezeichnet werden.

Page 112: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

106

5.2.1 Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Das Schäumverhalten der Blends wurde bei zwei verschiedenen Aufschmelztemperaturen

untersucht. In einer ersten Versuchsreihe wurde eine Aufschmelztemperatur von 200 °C

verwendet, bei der, wie aus Voruntersuchungen hervorgeht (siehe Anhang D), sich das

zugegebene Azodicarbonamid während der Aufschmelz- und der Abkühlphase in der

Schäumapparatur komplett zersetzt. Zusätzlich wurden Untersuchungen bei einer

niedrigeren Aufschmelztemperatur von 180 °C durchgeführt. Diese wurde gewählt, um die in

der Literatur beschriebene aktive Nukleierungswirkung des chemischen Treibmittels

auszunutzen [z.B. Lee 2000]. Hierfür ist es erforderlich, dass sich ein Teil des Treibmittels

direkt während der Extrusion durch die Düse der Schäumapparatur zersetzt. Das auf diese

Weise freiwerdende Gas kann direkt an dem Treibmittelpartikel nukleieren, wodurch eine

hohe Nukleierungsdichte entsteht. Wie im Anhang D gezeigt wird, ist bei den

Untersuchungen mit einer Aufschmelztemperatur von 180 °C in den extrudierten

Schaumsträngen noch unzersetztes Treibmittel vorhanden, weshalb bei diesen

Versuchsbedingungen von einer aktiven Nukleierungswirkung des Azodicarbonamides

ausgegangen werden kann.

5.2.1.1 Untersuchungen bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Schäumversuche der Blends aus L-PP1 und LCB-

PP1 bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C und drei verschiedenen

Extrusionstemperatur von 180, 170 und 160 °C analysiert41. Die Extrusionsgeschwindigkeit

betrug 0,5 mm/s, um einen ausreichend hohen Extrusionsdruck im Bereich von 100 bar zu

erreichen, damit das Treibmittel nicht vorzeitig aus der Lösung geht. Eine genaue Angabe

der Extrusionsdrücke kann Anhang E entnommen werden, in dem die Prozessparameter und

die Ergebnisse der Schaumanalyse für alle mit chemischem Treibmittel durchgeführten

Schäumversuche aufgeführt sind. Zur besseren Vergleichbarkeit mit den rheologischen

Untersuchungen wird im Folgenden nicht die Extrusionsgeschwindigkeit, sondern die

scheinbare Schergeschwindigkeit D angegeben. Diese kann aus der

Extrusionsgeschwindigkeit vex, dem Zylinderdurchmesser dZ und dem Radius der Kapillare rK

wie folgt ermittelt werden:

3

2

K

Zex

rdv

D⋅

= (5.4)

41 Eine weitere Verringerung der Extrusionstemperatur war nicht möglich, da es bei 155 °C zu einer Verstopfung der Düse kam, vermutlich aufgrund der einsetzenden Kristallisation der Schmelze in der Düse.

Page 113: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

107

Analyse des Aufschäumgrades

Der Aufschäumgrad für die bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C und

Extrusionstemperaturen von 180, 170 und 160 °C hergestellten Schaumstränge der Blends

aus L-PP1 und LCB-PP1 ist in Bild 5.2 als Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,01

2

3

4

5

6T0= 200 °C

D = 365 s-1

T = 180 °C T = 170 °C T = 160 °C

Auf

schä

umgr

ad

φLCB-PP1

Bild 5.2: Aufschäumgrad als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der bei

Extrusionstemperaturen von 180 °C, 170 °C und 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit

von 365 s-1 extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 – Blends (Aufschmelztemperatur T0 =

200 °C)

Die Kurvenverläufe sind bei allen drei Extrusionstemperaturen sehr ähnlich. Das L-PP1 weist

einen deutlich niedrigeren Aufschäumgrad als das LCB-PP1 auf. Während der

Aufschäumgrad bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 nahezu linear ansteigt, wird

die Zunahme des Aufschäumgrades im Bereich von 25 bis 75 Gew.-% LCB-PP mit

wachsendem Anteil an LCB-PP1 kontinuierlich geringer. Für Anteile von mehr als 75 Gew.-%

LCB-PP tritt nur noch eine minimale Änderung des Aufschäumgrades mit dem LCB-PP

Anteil auf, wobei sich insbesondere bei 170 und 160 °C eine geringfügige Abnahme des

Aufschäumgrades andeutet, welche jedoch im Rahmen der Messgenauigkeit liegt.

Aus den Ergebnissen in Bild 5.2 kann geschlossen werden, dass der Aufschäumgrad des L-

PP1 unter den angegebenen Prozessbedingungen bereits durch die Zugabe von geringen

Anteilen LCB-PP1 signifikant erhöht werden kann und dass schon bei einem Anteil von 50

Gew.-% LCB-PP1 ein ähnlich hoher Aufschäumgrad wie bei dem langkettenverzweigten PP

erreichbar ist.

Der deutlich niedrigere Aufschäumgrad des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 deutet auf

einen größeren Gasverlust an die Umgebung hin. Wie in Kapitel 2.3.3 angedeutet wurde,

könnte der höhere Gasverlust bei dem L-PP1 durch einen größeren Diffusionskoeffizienten,

Page 114: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

108

eine langsamere Abkühlung oder durch aufgerissene Zellwände und die dadurch erzeugten

Verbindungen zwischen den Zellen hervorgerufen worden sein. Ein unterschiedlicher

Diffusionskoeffizient des Treibgases in den beiden PP kann als Ursache für die höheren

Gasverluste des L-PP ausgeschlossen werden, da anhand von Untersuchungen mit einer

Magnetschwebewaage nachgewiesen werden konnte, dass die Diffusionskoeffizienten in

dem L-PP1 und dem LCB-PP1 nahezu identisch sind42.

Bei gleicher Extrusionstemperatur und identischen Abkühlbedingungen ist die Zeit bis zum

Einfrieren der Zellstruktur und somit die Zeit, die für Diffusionsvorgänge zur Verfügung steht,

um so größer, je niedriger die Kristallisationstemperatur ist. Wie aus Kapitel 3.3 hervorgeht,

weist das L-PP1 eine um ca. 15 °C niedrigere Kristallisationstemperatur als das LCB-PP1

auf. Anhand von DSC-Messungen der treibmittelgefüllten Polypropylene konnte jedoch

gezeigt werden, dass das Azodicarbonamid eine nukleierende Wirkung auf die Kristallisation

des linearen Polypropylens besitzt, wodurch sich die Differenz zwischen den

Kristallisationstemperaturen des L-PP1 und des LCB-PP1 auf etwa 5 °C vermindert43. Dieser

geringe Unterschied in der Kristallisationstemperatur kann jedoch die deutlich höheren

Gasverluste des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 nicht erklären. Demzufolge liegt die

Hauptursache für den geringeren Aufschäumgrad des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1

vermutlich in einem höheren Anteil an aufgerissenen Zellwänden und miteinander

verbundenen Zellen begründet. Genauere Aufschlüsse hierüber sollte die Analyse der

Schaumstruktur geben. Zuvor soll jedoch auf den Einfluss der Extrusionstemperatur auf den

Aufschäumgrad eingegangen werden.

Wie Bild 5.2 entnommen werden kann, steigt der Aufschäumgrad für alle untersuchten

Blends mit abnehmender Temperatur an. Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Die Absenkung

der Extrusionstemperatur führt, wie in Kapitel 2.3.1.2 erläutert, zu einer Abnahme des

Diffusionskoeffizienten des Treibgases in der Polymerschmelze. Durch den niedrigeren

Diffusionskoeffizienten und die kürzere Zeit bis zum Einfrieren der Schaumstruktur, aufgrund

der geringeren Differenz zwischen Extrusions- und Kristallisationstemperatur, ist die

Diffusion von Gas aus dem Inneren des extrudierten Stranges an die Umgebung gegenüber

höheren Extrusionstemperaturen deutlich vermindert.

Darüber hinaus resultiert aus der höheren Viskosität der Schmelze bei den niedrigeren

Extrusionstemperaturen ein Anstieg des Druckabfalls, wodurch nach der Nukleierungstheorie

(siehe Kapitel 2.3.2) eine höhere Anzahl an Nukleierungsstellen und eine höhere

42 Die Messungen wurden am Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik der Universität Bayreuth durchgeführt. Es wurde der Diffusionskoeffizient von CO2 in den beiden Polypropylenen L-PP1 und LCB-PP1 bei einer Temperatur von 200 °C bestimmt. Für das LCB-PP ergab sich ein Diffusionskoeffizient von 1 x 10-9 m2/s und für das L-PP ein Wert von 1,1 x 10-9 m2/s. 43 Die DSC-Messungen wurden unter Stickstoffatmosphäre bei einem Druck von 30 bar und mit einer Aufheiz- bzw. Abkühlgeschwindigkeit von 10 K/min durchgeführt.

Page 115: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

109

Nukleierungsrate hervorgerufen wird. Beides bewirkt eine stärkere Diffusion des Gases in die

nukleierten Zellen und somit eine Verminderung der Diffusion des Gases in die Umgebung.

Der nahezu gleich bleibende Kurvenverlauf bei den drei verschiedenen

Extrusionstemperaturen in Bild 5.2 deutet darauf hin, dass die Änderung des

Aufschäumgrades mit der Temperatur bei allen Blends ähnlich verläuft. Der Hauptgrund liegt

in der ähnlichen Viskositätszunahme der Blends mit abnehmender Temperatur begründet.

Die Temperaturabhängigkeit der Viskosität der Polypropylene folgt in dem relevanten

Temperaturbereich einer Arrheniusabhängigkeit (siehe Kapitel 4.2.2 ) und kann demzufolge

über die Fließaktivierungsenergie beschrieben werden. Wie aus Bild 4.10 hervorgeht, steigt

die Aktivierungsenergie der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 mit dem Anteil an LCB-PP1

linear von 36 kJ/mol des L-PP1 auf 43 kJ/mol des LCB-PP1 an. Die Änderung der Viskosität

durch die Temperaturerniedrigung von 180 °C auf 160 °C kann anhand der mit Hilfe der

Aktivierungsenergien berechneten Verschiebungsfaktoren beurteilt werden. Für das LCB-

PP1 ergibt sich aufgrund der höheren Aktivierungsenergie mit 1,7 ein etwas größerer

Verschiebungsfaktor als für das L-PP mit 1,6. Der Unterschied in den Verschiebungsfaktoren

der beiden Blendpartner ist jedoch so klein, dass er sich nicht signifikant auf die bei der

Schaumextrusion auftretenden Druckverluste auswirkt. Bei der Extrusionstemperatur von

180 °C weist das L-PP1 (73 bar) einen um 10 bar höheren Druck als das LCB-PP1 (63 bar)

auf. Durch die Temperaturerniedrigung auf 160 °C erhöht sich der Extrusionsdruck für beide

PP signifikant, die Differenz in den Extrusionsdrücken zwischen dem L-PP1 (105 bar) und

dem LCB-PP1 (89 bar) bleibt mit 16 bar jedoch annähernd gleich groß.

Aufnahmen der Schaumstruktur

Um mögliche Ursachen für die Unterschiede in den Aufschäumgraden der Blends (Bild 5.2)

erklären zu können, wurde die Schaumstruktur der bei der niedrigsten Extrusionstemperatur

von 160 °C extrudierten Schaumsträngen analysiert. Die elektronenmikroskopischen

Aufnahmen der Zellstruktur einiger ausgewählter Blends sind in Bild 5.3 dargestellt. Das L-

PP1 (Bild 5.3a) weist eine sehr inhomogene Zellstruktur auf. Die Zelldurchmesser variieren

sehr stark und im Zentrum des Schaumstranges ist ein großer Anteil an ungeschäumter

Matrix vorhanden. Insbesondere im Randbereich sind miteinander verbundene Zellen

erkennbar, d.h. die einzelnen Zellen sind nicht komplett von einer geschlossenen Zellwand

umgeben. Das Blend mit 5 Gew.-% LCB-PP (Bild 5.3b) weist gegenüber dem reinen L-PP

eine etwas gleichmäßigere Zellstruktur auf. Ein hoher Anteil an ungeschäumter Matrix sowie

miteinander verbundene Zellen sind jedoch noch vorhanden.

Page 116: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

110

Bild 5.3: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer

scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1 extrudierten Schaumstränge a) des L-PP1, der Blends

des L-PP1 mit b) 5 Gew.-%, c) 10 Gew.-%, d) 25 Gew.-% und e) 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie f) des

LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C)

Bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP (Bild 5.3c) ist der Anteil an ungeschäumter Matrix

etwas geringer als bei dem Blend mit 5 Gew.-%, aber die Zellstruktur ist immer noch sehr

inhomogen. Die Zellstruktur des Blends mit 25 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.3d) ist der des

reinen LCB-PP1 (Bild 5.3f) schon recht ähnlich, allerdings sind die Zellen im Zentrum des

Stranges deutlich größer als am Rand. Zwischen den Bruchflächen des Blends mit 50 Gew.-

% LCB-PP1 (Bild 5.3e) und dem LCB-PP1 sind fast keine Unterschiede mehr feststellbar.

Beide Schäume weisen eine sehr homogene Zellstruktur und Zellgrößenverteilung auf. Es

deutet sich jedoch an, dass die Zelldurchmesser bei dem LCB-PP1 größer sind als bei dem

Blend.

a b

200µm200µm

c d

200µm

200µm

f

200µm

e

200µm

Page 117: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

111

Die hohen Anteile an unaufgeschäumter Matrix in der Schaumstruktur des linearen

Blendpartners korrelieren mit dem niedrigen Aufschäumgrad des L-PP1. Beides deutet

darauf hin, dass ein Großteil des für das Aufschäumen zur Verfügung stehenden Gases an

die Umgebung verloren gegangen ist. Wie bereits erwähnt, könnte eine Ursache für die

hohen Gasverluste des L-PP1 das Aufreißen von Zellwänden während des Zellwachstums

sein. Dass bei dem L-PP1 aufgerissene Zellwände vorhanden sind, ist zum Teil bereits aus

der Aufnahme der Zellstruktur des L-PP1 in Bild 5.3a ersichtlich und zeigt sich noch

deutlicher in Bild 5.4, in dem eine REM-Aufnahme der Zellstruktur des L-PP1 bei einer

höheren Vergrößerung abgebildet ist. Demzufolge kann aus den Aufnahmen der Zellstruktur

des L-PP1 geschlossen werden, dass es bei dem linearen Polypropylen aufgrund der im

Zellwachstumsprozess auftretenden Dehnbeanspruchung zu einem Reißen von Zellwänden

kommt, da die Polymerschmelze in den Zellwänden den Belastungen nicht standhalten kann.

Bild 5.4: REM-Aufnahme der Zellstruktur des bei T0 = 200 °C und T = 160 °C extrudierten L-PP1 bei

einer höheren Vergrößerung (200fach) als in Bild 5.3a (50fach)44

Wie in Kapitel 2.3.3 erläutert wurde, kann das Aufreißen der Zellwände nicht nur die Bildung

von offenen, d.h., miteinander verbundenen Zellen, wie in der REM-Aufnahme der

Zellstruktur des L-PP1 in Bild 5.4 erkennbar ist, sondern auch die Vereinigung benachbarter

Zellen zu einer gemeinsamen größeren Zelle und sogar den Zusammenbruch von

nukleierten Zellen hervorrufen. Somit können die hohen Anteile an unaufgeschäumter Matrix

in den Schäumen des L-PP1 dadurch erklärt werden, dass ein Großteil der nukleierten

Zellen aufgrund des Gasverlustes an benachbarte Zellen bzw. an die Umgebung wieder in

sich zusammengefallen ist.

Wie in der Literaturübersicht in Kapitel 2.4 beschrieben wurde, gibt es bereits zahlreiche

Untersuchungen zum Schäumverhalten von linearem Polypropylen, in denen ebenfalls 44 Die REM-Aufnahme in Bild 5.4 stellt keine Vergrößerung eines Ausschnitts der REM-Aufnahme in Bild 5.3a dar, sondern zeigt eine vergrößerte Aufnahme der Zellstruktur einer anderen Probe, die unter den gleichen Bedingungen extrudiert wurde.

100µm

Page 118: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

112

festgestellt wurde, dass es bei linearen Polypropylenen aufgrund des Aufreißens von

Zellwänden zu hohen Gasverlusten sowie einer inhomogenen Zellstruktur kommt und sogar

ein kompletter Zusammenbruch der Schaumstruktur auftreten kann [z.B. Bradley und Phillips

1991, Park und Cheung 1997, Naguib et al. 2002 und 2004]. Obwohl eine Vergleichbarkeit

der Versuche an der Schäumapparatur mit den in der Literatur beschriebenen

Untersuchungen aufgrund signifikanter Unterschiede hinsichtlich der für die

Schaumherstellung verwendeten apparativen Ausrüstung und Prozessparameter sowie des

eingesetzten Treibmittels nur bedingt gewährleistet ist, bekräftigen die Literaturangaben die

Vermutung, dass die Hauptursache für den hohen Gasverlust und die inhomogene

Zellstruktur des L-PP1 das Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstums ist.

Die homogene Zellstruktur des LCB-PP1 (Bild 5.3f) und der hohe Aufschäumgrad der

extrudierten Stränge des LCB-PP1 lassen darauf schließen, dass die stark ausgeprägte

Dehnverfestigung (siehe Kapitel 4.3.2) ein Aufreißen der Zellwände während des

Zellwachstums vermindert und zu einem gleichmäßigeren Wachstum der Zellen führt. Der

vorteilhafte Einfluss der ausgeprägten Dehnverfestigung bzw. der hohen Schmelzefestigkeit

langkettenverzweigter Polypropylene auf das Aufschäumverhalten hinsichtlich der

Verminderung des Aufreißens von Zellwänden und der daraus resultierenden Gasverluste

sowie hinsichtlich der Erzielung einer homogen Zellstruktur wurde ebenfalls bereits von

verschiedenen Autoren beschrieben [z.B. Bradley und Phillips 1991, Park und Cheung 1997,

Naguib et al. 2002, Spitael und Macosko 2004]. Somit können der Anstieg des

Aufschäumgrades und die Verbesserung der Homogenität der Zellstruktur der Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 bis zu 50 Gew.-% durch die mit

dem Anteil an langkettenverzweigten Polypropylen anwachsende Dehnverfestigung erklärt

werden. Die stärker ausgeprägte Dehnverfestigung erschwert ein Aufreißen der Zellwände,

wodurch die Anzahl an Zellvereinigungen und offenen Zellen vermindert wird. Die ähnliche

Zellstruktur und die gleichen Aufschäumgrade im Bereich hoher Anteile an LCB-PP1 deuten

darauf hin, dass unter den hier untersuchten Prozessbedingungen ein gewisses Maß an

Dehnverfestigung ausreichend ist, um eine optimale Schaumstruktur und einen hohen

Aufschäumgrad zu erreichen. Eine genauere Diskussion zum Zusammenhang zwischen den

rheologischen Eigenschaften und dem Schäumverhalten erfolgt in Kapitel 5.2.6.

Quantitative Analyse der Zellstruktur

Zur quantitativen Analyse der Schaumstruktur wurden mittels Bildauswertung (siehe Kapitel

5.1.4) der mittlere Zelldurchmesser und die Anzahl an Zellen pro cm3 ungeschäumten

Polymers bestimmt. Die Ergebnisse sind in Bild 5.5 als Funktion des Gewichtsanteils an

LCB-PP1 dargestellt. Das lineare L-PP1 weist im Vergleich zu dem langkettenverzweigten

Page 119: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

113

LCB-PP1 einen deutlich niedrigeren mittleren Zelldurchmesser auf. Mit steigendem Anteil an

langkettenverzweigtem Polypropylen nimmt der Durchmesser kontinuierlich zu.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00

100

200

300

400

500

600

700

800

0,0

5,0x104

1,0x105

1,5x105

2,0x105µm

Zelld

urch

mes

ser

()

φLCB-PP1

Zelle

nanz

ahl p

ro c

m3 (

)

T0 = 200 °CT = 160 °CD = 365 s-1

Bild 5.5: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der

bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1

extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 - Blends (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C)

Die Zelldichte ist für die beiden Blendpartner annähernd gleich groß und durchläuft als

Funktion des Anteils an LCB-PP1 ein Maximum, welches in etwa bei 50 Gew.-% LCB-PP1

liegt. Obwohl die Zelldichten der Schäume des L-PP1 und des LCB-PP1 nahezu gleich groß

sind, deuten die REM-Aufnahmen der Schaumstruktur darauf hin, dass bei dem linearen PP

von einer deutlich höheren Dichte an nukleierten Zellen ausgegangen werden muss, da sich

die Anzahl der Zellen bei dem L-PP1 während des Zellwachstumsprozesses aufgrund von

Zellvereinigungen und Zellkollapsen deutlich verringert hat45. Hierbei ist zu beachten, dass

die anhand der extrudierten Schäume bestimmte Zelldichte zum einen von der Anzahl der

ursprünglich nukleierten Zellen und zum anderen von der Anzahl an Zellen, die während des

Zellwachstums durch Zellvereinigung oder Zellkollaps verloren gehen, bestimmt wird.

Demzufolge stimmt die anhand der fertig aufgeschäumten Zellstruktur bestimmte Zelldichte

nur dann mit der Nukleierungsdichte überein, wenn während des Zellwachstums keine

Vorgänge wie Zellkoaleszenz oder Zellkollaps stattfinden, die zu einer Verringerung der

Zellenanzahl führen.

45 Eine Verringerung der während des Aufschäumens resultierenden Änderung der Zelldichte im Vergleich zur Nukleierungsdichte durch ein Abschrecken der extrudierten Stränge des L-PP1 in einem Wasserbad konnte nicht erreicht werden. Ein Unterschied in der Zellstruktur der in Wasser abgeschreckten Proben und der an Luft gekühlten Proben wurde nicht festgestellt. Die Ursache liegt vermutlich darin, dass der Großteil des Zellwachstums in unmittelbarer Nähe der Düse erfolgt und ein Effekt durch das kühlende Wasser erst in einem gewissen Abstand von der Düse einsetzt. Weiterhin kommt hinzu, dass die niedrige Wärmeleitfähigkeit der Polymere auch trotz der schnelleren Abkühlung der Strangoberfläche in dem Wasserbad zu einer deutlich langsameren Abkühlung im Inneren des Stranges führt.

Page 120: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

114

Eine Ursache für die höhere Zelldichte der Blends im Vergleich zu den Blendpartnern sind

vermutlich signifikante Unterschiede in dem Nukleierungsverhalten der beiden Blendpartner.

Unter der sicherlich berechtigten Annahme, dass die Nukleierungsdichte bei dem L-PP1

deutlich größer ist als die anhand der geschäumten Stränge ermittelte Zelldichte, ist es

durchaus vorstellbar, dass die Anzahl der nukleierten Zellen bei dem L-PP1 am größten ist

und mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 kleiner wird. Dies deutet sich auch anhand der

ermittelten Zelldurchmesser an. Die Abnahme der Zellanzahl während des Zellwachstums

durch Zellzusammenschlüsse oder Zellzusammenbrüche ist bei dem linearen Polypropylen

am größten und wird mit steigendem Anteil an LCB-PP aufgrund der zunehmenden

Dehnverfestigung geringer. Der Anstieg der Zelldichte bis zum Maximum bei etwa 50 Gew.-

% LCB-PP kann demzufolge darauf zurückgeführt werden, dass die Verminderung der

während des Zellwachstums auftretenden Zellzusammenschlüsse und Zellzusammenbrüche

einen größeren Einfluss auf die Zelldichte hat als die Abnahme der Nukleierungsdichte. Wie

bereits anhand der Ergebnisse des Aufschäumgrades angedeutet, scheint die

Dehnverfestigung bereits ab einem Anteil von 50 Gew.-% LCB-PP groß genug zu sein, um

das Auftreten von Zellkoaleszenz und Zellkollaps weitestgehend zu verhindern, weshalb die

Zelldichte bei höheren Anteilen an LCB-PP hauptsächlich von der Nukleierungsdichte

bestimmt wird und somit mit steigendem Anteil an LCB-PP1 abfällt.

Eine größere Zelldichte von Blends aus linearen und langkettenverzweigten Polypropylenen

im Vergleich zu den beiden Blendpartnern wurde auch von Spitael und Macosko (2004)

beschrieben. Sie fanden anhand von Schäumuntersuchungen mit CO2 als Treibmittel ein

Maximum der Zelldichte im Bereich von 25 Gew.-% LCB-PP und führten dies ebenfalls auf

den kombinierten Einfluss einer höheren Nukleierungsrate des linearen PP und der

ausgeprägten Dehnverfestigung des langkettenverzweigten PP zurück. Hierbei muss jedoch

berücksichtigt werden, dass die Ergebnisse aufgrund der Unterschiede in dem verwendeten

Treibmittel und in den Prozessbedingungen nur bedingt vergleichbar sind.

Es bleibt zu klären, was die Ursache für die im Vergleich zum L-PP1 deutlich geringere

Nukleierungsdichte des LCB-PP1 ist. Hierauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.

Diskussion des unterschiedlichen Nukleierungsverhaltens von L-PP1 und LCB-PP1

Aufgrund der nukleierenden Wirkung der Zersetzungsrückstände des Treibmittels tritt eine

heterogene Zellnukleierung auf. Nach der Theorie der heterogenen Nukleierung (siehe

Kapitel 2.3.2) ist die Nukleierungsrate von der Anzahl und Verteilung eventueller

Nukleierungsmittel, dem Druckabfall während der Schaumextrusion und der

Oberflächenspannung der Polypropylene beeinflusst.

Page 121: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

115

Ein Einfluss einer unterschiedlichen Verteilung des Treibmittels und demzufolge der als

Nukleierungsmittel wirkenden Zersetzungsrückstände kann ausgeschlossen werden, da für

beide Polypropylene anhand lichtmikroskopischer Aufnahmen eine gleichmäßige Verteilung

des chemischen Treibmittels in der Polypropylenmatrix nachgewiesen werden konnte. Da

beide Polypropylene Handelsprodukte sind, besteht die Möglichkeit, dass den Produkten

verschiedene Additive wie z.B. Stabilisatoren zugegeben wurden, die eventuell als

Nukleierungsmittel für die Zellbildung wirken könnten. Eine chemische Analyse der beiden

Polypropylene mittels Infrarotspektroskopie konnte jedoch keinen Aufschluss über eventuell

vorhandene Additive bringen, da die Anteile für einen Nachweis vermutlich zu gering sind.

Der Druckabfall an der Kapillare der Schäumapparatur unterscheidet sich aufgrund der

ähnlichen Scherviskositäten der beiden Polypropylene nur geringfügig46. Bei dem L-PP1 ist

der Druckabfall um 10 bis 15 bar höher als bei dem LCB-PP1. Obwohl der größere

Druckabfall des L-PP zu einer höheren Nukleierungsrate führt, kann der geringe Unterschied

in den Drücken die signifikant größeren Zelldurchmesser des LCB-PP1 nicht allein

erklären47.

Die Oberflächenspannung von Polymerschmelzen wird in erster Linie vom chemischen

Aufbau der Polymere bestimmt. Darüber hinaus hängt die Oberflächenspannung von der

Molmasse ab. Mit geringer werdender Molmasse nimmt die Oberflächenspannung leicht ab

[Wu 1982, Heindl 2005]. Von der Molmassenverteilung und der Verzweigungsstruktur wird

die Oberflächenspannung jedoch nur schwach beeinflusst [z.B. Wu 1982, Demarquette et al.

2002, Heindl 2005]. Da das LCB-PP1 eine deutlich höhere Molmasse als das L-PP1

aufweist, sollte untersucht werden, wie stark sich dieser Unterschied auf die

Oberflächenspannung auswirkt. Die Bestimmung der Oberflächenspannung erfolgte mit Hilfe

der Tropfenkonturanalyse. Hierfür wurde ein Kontaktwinkelmessgerät der Fa. DataPhysics

Instrument GmbH (Typ: OCA 30) verwendet. Eine ausführliche Beschreibung des

Messgerätes und der Bestimmung der Oberflächenspannung von Polymerschmelzen mit der

Tropfenkonturanalyse kann bei Heindl (2005) nachgelesen werden.

46 Bei der Betrachtung der Viskosität muss berücksichtigt werden, dass sich durch das in der Polymerschmelze gelöste Gas eine Verminderung der Scherviskosität ergibt. Die Messung des Druckabfalls während der Schaumextrusion ermöglicht eine Abschätzung der Viskositätserniedrigung durch den Gasanteil. Dies wurde bei L-PP1 und LCB-PP1 bei einer Temperatur von 180 °C und unterschiedlichen Scherraten durchgeführt. Die Verringerung der Viskosität ist bei beiden PP annähernd gleich groß und liegt für einen Anteil von 2 Gew.-% Azodicarbonamid im Bereich von 10 bis 15 %. 47 Wie anhand von Schäumversuchen des LCB-PP1 mit einer höheren Extrusionsgeschwindigkeit von 1460 s-1 festgestellt wurde, führt der dadurch erzielte höhere Druckverlust von etwa 130 bar nur zu einer geringfügigen Veränderung der Zellstruktur der hergestellten Schaumstränge. Der mittlere Zelldurchmesser verringert sich zwar von 443 mm auf 372 mm, liegt jedoch immer noch deutlich über dem mittleren Zelldurchmesser des L-PP1 mit 250 mm.

Page 122: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

116

Die Messung an den beiden PP erfolgte bei einer konstanten Temperatur von 200 °C48. Für

das L-PP1 ergab sich eine Oberflächenspannung von 22,3 ± 0,8 mN/m und für das LCB-PP1

ein Wert von 23,4 ± 0,6 mN/m. Die Werte der Oberflächenspannungen der beiden PP liegen

in dem in der Literatur für Polypropylene bei einer Temperatur von 200 °C angegebenen

Bereich, der sich von 20 bis 23 mN/m erstreckt [Kwok et al. 1998, Demarquette et al. 2002,

Pötschke et al. 2002]. Der Unterschied in den Oberflächenspannungen der beiden

Polypropylene ist zwar gering, da jedoch die Oberflächenspannung mit der 3. Potenz in die

Nukleierungsenergie (vgl. Gl. 2.10) und diese wiederum exponentiell in die Nukleierungsrate

(vgl. Gl. 2.12) eingeht, kann sich die geringe Differenz durchaus signifikant auf das

Nukleierungsverhalten bei der Schaumextrusion auswirken. Die höhere

Oberflächenspannung des LCB-PP1 im Vergleich zum L-PP1 ist somit ebenfalls ein

Einflussfaktor, der zu der schlechteren Nukleierungswirkung des LCB-PP1 beitragen kann.

Eine höhere Nukleierungsrate von langkettenverzweigten Polypropylenen im Vergleich zu

linearen Polypropylenen wurde bereits von anderen Autoren in der Literatur beschrieben

[z.B. Park und Cheung 1997, Spitael und Macosko 2004]. Park und Cheung (1997)

untersuchten das Nukleierungsverhalten von linearen und langkettenverzweigten

Polypropylenen und stellten fest, dass lineares Polypropylen eine höhere Anzahl an

nukleierten Zellkeimen aufweist. Eine genaue Erklärung für die höhere Nukleierungsdichte

des linearen PP wrd von den Autoren nicht gegeben. Sie führen jedoch Verschmutzungen

oder Additive als mögliche Ursachen für das unterschiedliche Nukleierungsverhalten der

linearen Polypropylene im Vergleich zu langkettenverzweigten Polypropylenen auf.

Eine höhere Nukleierungsrate für lineares PP im Vergleich zu langkettenverzweigtem PP

wurde ebenfalls von Spitael und Macosko 2004 gefunden. Die Autoren führen die höhere

Nukleierungsrate des linearen PP auf Unterschiede im Kristallisationsverhalten des linearen

und langkettenverzweigten Polypropylens zurück. Das langkettenverzweigte PP wies eine

um 10 °C höhere Kristallisationstemperatur als das lineare PP auf. Nach Ansicht der Autoren

bewirkt die höhere Kristallisationstemperatur einen Beginn der Kristallisation vor dem

Abschluss der Nukleierung der Zellkeime. Da die gebildeten kristallinen Bereiche weniger

Gas als die Schmelze aufnehmen können, wird das Gas aus den kristallinen Bereichen

herausgetrieben und diffundiert in bereits nukleierte Zellen. Eine Nukleierung von Zellen in

den Bereichen, die bereits kristallisiert sind, ist dann nicht mehr möglich, und die gesamte

Zelldichte wird kleiner.

Obwohl eine Beeinflussung der Nukleierung durch die einsetzende Kristallisation im Fall des

untersuchten LCB-PP1 nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, ist sie jedoch als 48 Die Bestimmung der Oberflächenspannungen der beiden Polypropylene erwies sich aufgrund der hohen Viskositäten als schwierig. Deshalb konnten keine Oberflächenspannungen bei Temperaturen kleiner als 200 °C ermittelt werden.

Page 123: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

117

gering einzustufen. Dies liegt zum einen daran, dass der Unterschied in den

Kristallisationstemperaturen des LCB-PP1 und des L-PP1 aufgrund der nukleierenden

Wirkung des Treibmittels nur etwa 5 °C beträgt und zum anderen an der langsamen

Abkühlung der Stränge an der Luft. Da die Nukleierung in unmittelbarer Nähe der Kapillare

stattfindet, kann davon ausgegangen werden, dass der Beginn der Kristallisation aufgrund

der langsamen Abkühlung erst nach Beendigung der Nukleierung stattfindet.

Aufgrund der Komplexität der Zellnukleierung bei der Schaumextrusion kann die genaue

Ursache für die höhere Anzahl an Nukleierungsstellen des L-PP1 im Vergleich zum LCB-

PP1 nicht genau geklärt werden. Vermutlich ist ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren, wie

z.B. des höheren Druckverlustes des L-PP1 und der größeren Oberflächenspannung des

LCB-PP1, für das unterschiedliche Nukleierungsverhalten der beiden PP verantwortlich.

Darüber hinaus kann ein Einfluss von unterschiedlichen Additiven nicht ausgeschlossen

werden, da beide PP Handelsprodukte sind.

5.2.1.2 Untersuchungen bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C

Im Folgenden werden die Ergebnisse bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C diskutiert.

Die Extrusion erfolgte bei einer Temperatur von 160 °C mit einer Extrusionsgeschwindigkeit

von 0,5 mm/s. In Bild 5.6 ist der Aufschäumgrad der extrudierten Schaumstränge als

Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt. Bis zu einem Anteil von 10 Gew.-% LCB-PP

steigt der Aufschäumgrad nahezu linear mit dem Anteil an langkettenverzweigtem PP an.

Zwischen 10 und 75 Gew.-% wird der Anstieg des Aufschäumgrades kontinuierlich geringer

und geht für Anteile von mehr als 75 Gew.-% schließlich gegen Null.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,01,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

Aufs

chäu

mgr

ad

φLCB-PP1

T0 = 180 °CT = 160 °CD = 365 s-1

Bild 5.6: Aufschäumgrad als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der bei einer

Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1

extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 – Blends (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)

Page 124: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

118

Die Unterschiede in den Aufschäumgraden der Blends mit mehr als 50 Gew.-% sind sehr

gering, weshalb ähnlich wie bei T0 = 200 °C (siehe Bild 5.2) geschlussfolgert werden kann,

dass bereits die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1 zu einer vergleichbaren Dichtereduktion

wie bei dem reinen LCB-PP1 führt. Die Differenz zwischen dem Aufschäumgrad des L-PP1

und dem des LCB-PP1 ist jedoch bei T0 = 180 °C aufgrund der unvollständigen Zersetzung

des Azodicarbonamides und der daraus resultierenden kleineren für das Schäumen zur

Verfügung stehenden Gasmenge deutlich geringer als bei T0 = 200 °C.

In Bild 5.7 ist für ausgewählte Blends die Schaumstruktur dargestellt. Der Schaum des L-

PP1 (Bild 5.7a) weist eine sehr inhomogenere Zellstruktur auf. Es sind teilweise sehr große

Zellen erkennbar, die vermutlich durch die Vereinigung von kleineren Zellen entstanden sind.

Aufgerissene Zellwände und miteinander verbundene Zellen sind ebenfalls vorhanden.

Ähnlich wie bei dem linearen Polypropylen ist auch die Schaumstruktur des Blends mit

5 Gew.-% LCB-PP sehr inhomogen und eine Vielzahl offener Zellen ist erkennbar (Bild 5.7b).

Bei dem Blend mit 10 Gew.-% LCB-PP (Bild 5.7c) ist der Anteil an offenen Zellen bereits

deutlich geringer, die Zellstruktur ist jedoch noch sehr inhomogen. Das Blend mit 25 Gew.-%

LCB-PP (Bild 5.7d) weist schon eine recht gleichmäßige Zellstruktur auf, die sich nicht mehr

sehr stark von der des reinen LCB-PP (Bild 5.7f) unterscheidet. Es sind jedoch noch einige

Bereiche mit einer geringen Zellanzahl und recht dicken Zellwänden zu erkennen. Zwischen

dem Blend mit 50 Gew.-% (Bild 5.7e) und dem reinem LCB-PP können keine signifikanten

Unterschiede in der Schaumstruktur mehr festgestellt werden.

Bei einem Vergleich der Schaumstrukturen der bei T0 = 180 °C hergestellten Schäume (Bild

5.7) mit den Schaumstrukturen bei T0 = 200 °C (Bild 5.3) fällt zunächst auf, dass die Zellen

bei der niedrigeren Aufschmelztemperatur deutlich kleiner sind. Dies ist auf die

unterschiedliche nukleierende Wirkung des Azodicarbonamides in Abhängigkeit der

Aufschmelztemperatur zurückzuführen. Bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C zersetzt

sich ein Teil des Azodicarbonamides während des Extrusionsvorganges und wirkt als aktives

Nukleierungsmittel. Dadurch wird die Anzahl der Nukleierungsstellen erhöht und somit die

Zelldichte größer und die Zellgröße kleiner. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der

quantitativen Analyse der Zellstruktur wider, die für die bei einer Aufschmelztemperatur von

180 °C hergestellten Schäume in Bild 5.8 dargestellt sind. Die mittleren Zelldurchmesser der

bei T0 = 180 °C extrudierten Schäume liegen im Bereich von 50 µm und somit etwa eine

Größenordnung niedriger als bei T0 = 200 °C (siehe Bild 5.5). Die Zellenanzahl liegt bei T0 =

180 °C sogar um zwei Größenordnungen höher als bei T0 = 200 °C.

Page 125: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

119

a

b

100 µm100 µm100 µm100 µm

c

100 µm100 µm100 µm100 µm

d

100 µm100 µm100 µm100 µm

e

f

Bild 5.7: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer

scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1 extrudierten Schaumstränge a) des L-PP1, der Blends

des L-PP1 mit b) 5 Gew.-%, c) 10 Gew.-%, d) 25 Gew.-% und e) 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie f) des

LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)

Wie aus Bild 5.8 deutlich wird, weist das L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 einen deutlich

höheren mittleren Zelldurchmesser und eine signifikant geringere Zelldichte auf. Dies kann

auf die ausgeprägten Zellvereinigungen bei dem L-PP1 zurückgeführt werden (siehe Bild

5.7a). Mit steigendem Anteil an langkettenverzweigtem Polypropylen nimmt der

Durchmesser zunächst ab und die Zellenanzahl zu. Das Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1

besitzt einen ähnlich großen mittleren Zelldurchmesser wie das reine LCB-PP1, aber noch

eine deutlich geringere Zelldichte. Auch die Ergebnisse der quantitativen Analyse der

Schaumstruktur deuten darauf hin, dass im Rahmen der experimentellen Streuung keine

Unterschiede zwischen den Schäumen der Blends mit 50 und 75 Gew.-% LCB-PP1 und dem

Page 126: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

120

reinen LCB-PP1 auftreten. Dieser Befund steht im Einklang mit den in Bild 5.7 abgebildeten

Schaumstrukturen.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00

20

40

60

80

100

120

106

107

108

µm

Zelld

urch

mes

ser

()

φLCB-PP1

Zella

nzah

l pro

cm

3 ()

T0 = 180 °CT = 160 °CD = 365 s-1

Bild 5.8: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der

bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1

extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 – Blends (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)

Die Ergebnisse der Analyse der Schaumstruktur bei der Aufschmelztemperatur von 180 °C

deuten darauf hin, dass das lineare PP trotz der im Vergleich zu T0 = 200 °C geringeren

Expansion der Zellen den während des Aufschäumprozesses auf die Schmelze in den

Zellwänden wirkenden Dehnbelastungen nicht standhalten kann, wodurch es zu einem

Aufreißen der Zellwände und zu Zellvereinigungen kommt. Der geringere Aufschäumgrad

des L-PP1 im Vergleich zu dem LCB-PP1 kann demzufolge durch einen kürzeren

Diffusionsweg des Gases durch die Polymermatrix vom Inneren des Schaums an die

Schaumoberfläche aufgrund des hohen Anteils an offenen Zellwänden bei dem L-PP1 und

den daraus resultierenden höheren Gasverlusten erklärt werden. Der Anstieg des

Aufschäumgrades, die Zunahme der Zelldichte und die Verringerung des Zelldurchmessers

mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 bis zu 50 Gew.-% können somit auf die Verminderung

des Aufreißens der Zellwände aufgrund der mit dem Anteil an LCB-PP anwachsenden

Dehnverfestigung zurückgeführt werden. Die ähnlich hohen Aufschäumgrade und die

vergleichbaren Ergebnisse der Analyse der Schaumstruktur des Blends mit 50 Gew.-% LCB-

PP1 und des LCB-PP1 deuten darauf hin, dass die Dehnverfestigung des Blends mit 50

Gew.-% LCB-PP1 unter den getesteten Prozessbedingungen ausreichend ist, um ein ähnlich

gutes Aufschäumverhalten wie bei dem langkettenverzweigten Blendpartner zu erreichen

(siehe Kapitel 5.2.6).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1

von 2 bis 50 Gew.-% eine signifikante Verbesserung des Aufschäumverhaltens hinsichtlich

Page 127: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

121

eines höheren Aufschäumgrades, einer homogeneren Zellstruktur und eines geringeren

Anteils an offenen bzw. miteinander verbundenen Zellen im Vergleich zu dem linearen L-PP1

erzielt werden konnte. Bereits die Schaumstränge des Blends mit 50 Gew.-% besitzen bei

den untersuchten Prozessbedingungen einen ähnlich hohen Aufschäumgrad und eine

ähnlich homogene Zellstruktur wie die des reinen LCB-PP1. Das LCB-PP1 und die Blends

weisen jedoch bei der Aufschmelztemperatur von 200 °C trotz der bei dem L-PP1

auftretenden Zellzusammenschlüsse im Mittel größere Zelldurchmesser als der lineare

Blendpartner auf, was in einer deutlich niedrigeren Nukleierungsrate des LCB-PP1 im

Vergleich zu dem L-PP1 begründet liegt.

Durch die Absenkung der Aufschmelztemperatur von 200 °C auf 180 °C konnte aufgrund der

aktiven Nukleierungswirkung des Azodicarbonamides eine deutliche Verringerung der

mittleren Zelldurchmesser und eine signifikante Zunahme der Zelldichte erreicht werden.

5.2.2 Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Die Schäumversuche der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 wurden bei einer

Aufschmelztemperatur von 200 °C und einer Extrusionstemperatur von 160 °C durchgeführt.

Die Extrusionsgeschwindigkeiten wurden so gewählt, dass der Druckabfall an der Kapillare

für alle Blends in einem Bereich von 100 bar lag und somit ähnlich groß wie bei den Blends

aus L-PP1 und LCB-PP1 war.

In Bild 5.9 ist der ermittelte Aufschäumgrad für die extrudierten Schaumstränge der Blends

aus L-PP2 und LCB-PP1 als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 dargestellt. Zum

Vergleich sind die Ergebnisse der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ebenfalls mit aufgeführt.

Der Aufschäumgrad des L-PP2 ist etwas höher als der des L-PP1, liegt aber immer noch

deutlich niedriger als der des LCB-PP1. Während die Zunahme des Aufschäumgrades mit

steigendem Anteil an LCB-PP bis zu 10 Gew.-% LCB-PP bei beiden Blendreihen ähnlich

verläuft, findet bei den Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 aufgrund des geringeren

Unterschiedes in den Aufschäumgraden der beiden Blendpartner bereits zwischen 10 und 25

Gew.-% eine deutliche Abnahme des Anstiegs des Aufschäumgrades statt. Ab einem Anteil

von 40 Gew.-% LCB-PP1 gibt es zwischen den Aufschäumgraden der beiden Blendreihen

keine Unterschiede mehr. Anhand der Ergebnisse in Bild 5.9 lässt sich feststellen, dass für

die beiden untersuchten linearen Polypropylene durch die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1

bereits ein ähnlich hoher Aufschäumgrad wie bei dem reinen langkettenverzweigten PP

erreicht werden kann.

Page 128: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

122

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,01

2

3

4

5

6

L-PP1/LCB-PP1 - Blends L-PP2/LCB-PP1 - Blends

Aufs

chäu

mgr

ad

φLCB-PP1

T0 = 200 °CT = 160 °C

Bild 5.9: Aufschäumgrad als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 für die Blends aus L-PP2 und

LCB-PP1. Die scheinbaren Schergeschwindigkeiten betrugen 73 s-1 für L-PP2 und die Blends bis 10

Gew.-% LCB-PP1, 146 s-1 für die Blends mit 25 und 50 Gew.-% LCB-PP1 und 365 s-1 für das Blend

mit 75 Gew.-% LCB-PP1 und das LCB-PP1, um ein vergleichbaren Druckabfall im Bereich von 100

bar zu erreichen. Zum Vergleich ist die Kurve für die Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ebenfalls mit

dargestellt, bei denen die scheinbare Schergeschwindigkeit 365 s-1 betrug.

Die REM-Aufnahmen der Zellstruktur der Schaumstränge der Blends des L-PP2 mit

unterschiedlichen Anteilen an LCB-PP1 sind in Bild 5.10 dargestellt. Die Schäume des L-

PP2 (Bild 5.10a) und des Blends mit 5 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.10b) sind durch eine

inhomogene Schaumstruktur gekennzeichnet. Es sind Bereiche vorhanden, in denen nur

wenige Zellen auftreten und viel Matrix zu sehen ist. Insbesondere bei dem L-PP gibt es

auch Bereiche, in denen es zu Zellzusammenschlüssen gekommen ist. In dem Schaum des

Blends mit 10 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.10c) ist der Anteil an unaufgeschäumter Matrix

bereits deutlich geringer, aber die Zellstruktur ist immer noch recht inhomogen.

Demgegenüber ist die Zellverteilung bei dem Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.10d)

schon deutlich gleichmäßiger. Unaufgeschäumte Bereiche sind nicht mehr erkennbar. Durch

die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1 zu L-PP2 (Bild 5.10e) konnte eine ähnlich homogene

Zellstruktur wie bei dem reinen LCB-PP1 (Bild 5.10f) erreicht werden.

Page 129: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

123

Bild 5.10: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C

extrudierten Schaumstränge a) des L-PP2, der Blends des L-PP2 mit b) 5 Gew.-%, c) 10 Gew.-%, d)

25 Gew.-% und e) 50 Gew.-% LCB-PP1 sowie f) des LCB-PP1

Mit zunehmendem Anteil an LCB-PP1 werden die Zellen tendenziell größer. Dies wird aus

den mittels Bildanalyse bestimmten mittleren Zelldurchmessern deutlich, die gemeinsam mit

der ermittelten Zelldichte in Bild 5.19 als Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt sind.

Das lineare L-PP2 weist im Vergleich zu dem LCB-PP1 einen signifikant niedrigeren

mittleren Zelldurchmesser und eine deutlich größere Zelldichte auf. Daraus kann

geschlussfolgert werden, dass auch das L-PP2 eine deutlich höhere Nukleierungsrate als

das LCB-PP1 aufweist. Ursachen für die niedrige Nukleierungsrate des

langkettenverzweigten PP wurden bereits in Kapitel 5.2.1 ausführlich diskutiert. Der Anstieg

des Zelldurchmessers mit steigendem Anteil an LCB-PP1 kann demzufolge auf eine

Verringerung der Nukleierungsrate aufgrund des zunehmenden Einflusses des LCB-PP

zurückgeführt werden. Die Zelldichte der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 durchläuft als

a b

200µm200µm

c d

200µm

200µm

f

200µm

200µm

e

Page 130: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

124

Funktion des Anteils an langkettenverzweigtem PP ein Maximum im Bereich von 20 Gew.-%

LCB-PP. Der Grund für das Maximum in der Zelldichte ist der kombinierte Einfluss aus der

mit zunehmendem Anteil an LCB-PP abnehmenden Nukleierungsdichte und der aufgrund

der mit wachsendem Anteil an LCB-PP ansteigenden Dehnverfestigung kleiner werdenden

Verminderung der Zellenanzahl durch Zellkollaps und Zellkoaleszenz während des

Aufschäumens.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00

100

200

300

400

500

600

700

800

0

1x105

2x105

3x105

4x105

5x105

µm

Zelld

urch

mes

ser

()

φLCB-PP1

Zelle

nanz

ahl p

ro c

m3 (

)

T0 = 200 °CT = 160 °C

Bild 5.11: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 als Funktion des Gewichtsanteils an

LCB-PP1 der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C extrudierten Schaumstränge der L-PP2/LCB-

PP1 - Blends

Das Maximum in der Zelldichte ist im Vergleich zu der Blendreihe aus L-PP1 und LCB-PP1

(siehe Bild 5.5) zu niedrigeren Anteilen an LCB-PP verschoben. Dies liegt daran, dass der

Unterschied in der Zelldichte zwischen dem L-PP2 und dem LCB-PP1 deutlich stärker

ausgeprägt ist als dies zwischen L-PP1 und LCB-PP1 der Fall ist. Hauptgrund für die

größere Zelldichte des L-PP2 im Vergleich zum L-PP1 ist vermutlich die höhere

Schmelzeviskosität des L-PP2. Diese führt einerseits zu einem um 15 bar größeren

Druckabfall (120 bar für L-PP2 im Vergleich zu 105 bar für L-PP1) und andererseits zu einer

höheren Schmelzefestigkeit des L-PP2, wodurch der Anteil an Zellzusammenschlüssen im

Vergleich zum L-PP1 vermindert wird (siehe Kapitel 5.2.3). Demzufolge ist bei den Blends

aus L-PP2 und LCB-PP1 die Abnahme der Zelldichte des L-PP2 durch eine Verringerung der

Zellenanzahl während des Zellwachstum aufgrund von Zellzusammenschlüssen und

Zellzusammenbrüchen deutlich kleiner als der Unterschied zwischen den Zelldichten der

beiden Blendpartner. Dies führt dazu, dass sich die Verringerung von Zellkoaleszenz und

Zellkollaps durch die zunehmende Dehnverfestigung der Blends nur bis zu einem Anteil von

25 Gew.-% LCB-PP1 stärker auf die Zelldichte der Blends auswirkt als die Abnahme der

Page 131: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

125

Zelldichte der Blends durch die schlechtere Zellnukleierung aufgrund des zunehmenden

Anteils an LCB-PP1.

Zusammenfassend kann aus dem Vergleich des Schäumverhaltens der beiden Blendreihen

geschlussfolgert werden, dass eine Erhöhung der Molmasse des linearen Blendpartners zu

keinen signifikanten Änderungen im Einfluss des Anteils des LCB-PP1 auf das

Aufschäumverhalten führt. Auch bei dem höhermolekularen L-PP2 führt die Zugabe von

LCB-PP1 bis zu einem Anteil von 50 Gew.-% zu einer deutlichen Erhöhung des

Aufschäumgrades, einer Verbesserung der Homogenität der Zellstruktur und einem

geringeren Anteil an offenen Zellwänden. Genau wie bei den Blends aus L-PP1 und LCB-

PP1 kann bereits durch die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-PP1 zu dem L-PP2 ein ähnlich

hoher Aufschäumgrad und eine vergleichbar homogene Zellstruktur wie bei dem reinen LCB-

PP1 erreicht werden.

5.2.3 Lineare Polypropylene mit unterschiedlicher gewichtsmittlerer Molmasse

Die im vorigen Kapitel festgestellten Unterschiede in den Ergebnissen der Schäumversuche

der linearen Blendpartner L-PP1 und L-PP2 deuten an, dass bereits durch die Variation der

Molmasse von linearem Polypropylen ein signifikant unterschiedliches Aufschäumverhalten

erzielt werden kann. Der Einfluss der gewichtsmittleren Molmasse von linearem

Polypropylen auf den Aufschäumgrad wird aus Bild 5.12a deutlich, in dem der

Aufschäumgrad als Funktion der Molmasse für die vier im Rahmen dieser Arbeit

untersuchten linearen Polypropylene aufgetragen ist. Der Aufschäumgrad steigt mit der

gewichtsmittleren Molmasse in dem durch die untersuchten Polypropylene abgedeckten

Molmassenbereich von 200 bis 900 kg/mol linear an. Verantwortlich für den Anstieg des

Aufschäumgrades ist jedoch nicht in erster Linie die zunehmende Molmasse, sondern die

daraus resultierende anwachsende Viskosität der Polypropylene.

In Bild 5.12b ist erkennbar, dass sich zwischen dem Aufschäumgrad und der logarithmierten

scheinbaren Viskosität ηscheinbar der linearen Polypropylene bei den gewählten

Extrusionsbedingungen49 in guter Näherung ein linearer Zusammenhang ergibt. Durch die

steigende Viskosität erhöht sich die Schmelzefestigkeit (siehe Kapitel 5.2.6) und die

Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Polymerschmelze wird geringer, da der

Diffusionskoeffizient von Gasen in der Polymerschmelze mit steigender Viskosität abnimmt

[z.B. Sun 2004]. Beide Effekte führen zu einer Verringerung des Gasverlustes an die

Umgebung und somit zu einem Anstieg des Aufschäumgrades.

49 Die scheinbare Viskosität ηscheinbar wurde aus der scheinbaren Schergeschwindigkeit D und dem gemessen Druckabfall ∆p nach der Formel ηscheinbar = ∆p * rK / (2*LK*D) berechnet, wobei rK dem Radius und LK der Länge der Kapillare entsprechen.

Page 132: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

126

200 300 400 500 600 700 800 9001,5

2,0

2,5

3,0

3,5

T0 = 200 °CT = 160 °C

Messdaten lineare Anpassung

a)

kg/mol

Auf

schä

umgr

ad

MW,LS

102 1031,5

2,0

2,5

3,0

3,5

T0 = 200 °CT = 160 °C

Messdaten lineare Anpassung

b)

Pas

Auf

schä

umgr

ad

ηscheinbar Bild 5.12: a) Aufschäumgrad als Funktion der gewichtsmittleren Molmasse und b) Aufschäumgrad als

Funktion der scheinbaren Viskosität für L-PP1 bis L-PP4. Die scheinbaren Schergeschwindigkeiten

betrugen 730 s-1 für L-PP4, 365 s-1 für L-PP1, 146 s-1 für L-PP3 sowie 73 s-1 für L-PP2, um ein

vergleichbaren Druckabfall im Bereich von 100 bar zu erreichen.

Die Ergebnisse in Bild 5.12 zeigen, dass der Aufschäumgrad durch die Steigerung der

Molmasse von linearem PP in einem gewissen Rahmen erhöht werden kann. Die

Unterschiede in den Aufschäumgraden der linearen PP sind jedoch deutlich geringer als die

Differenz zwischen L-PP1 bzw. L-PP2 und dem langkettenverzweigten LCB-PP1 (siehe Bild

5.9).

Wie den REM-Aufnahmen der Bruchflächen der Schaumstränge in Bild 5.13 entnommen

werden kann, weisen alle vier untersuchten linearen Polypropylene eine sehr inhomogene

Zellstruktur auf. Mit steigender Molmasse nimmt der Anteil an unaufgeschäumter Matrix ab,

was mit der bereits erwähnten Verminderung der Gasverluste zusammenhängt. Bei dem L-

PP4 (Bild 5.13a), welches die kleinste Molmasse der vier Polypropylene besitzt, sind sehr

wenige große Zellen vorhanden, die zumindest zum Teil durch Zellvereinigungen entstanden

sind. Mit zunehmender Molmasse wird die Anzahl der vorhanden Zellen größer und die

Zellen werden tendenziell kleiner. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der

quantitativen Analyse der Zellstruktur der linearen Polypropylene in Bild 5.14 wider, in dem

der mittlere Zelldurchmesser und die Zelldichte als Funktion der gewichtsmittleren Molmasse

dargestellt sind.

Page 133: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

127

Bild 5.13: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C

extrudierten Schaumstränge a) des L-PP4 (Mw = 250 kg/mol), b) des L-PP1 (Mw = 458 kg/mol), c) des

L-PP3 (Mw = 669 kg/mol) und d) des L-PP2 (Mw = 860 kg/mol)

In Bild 5.14 ist nur der mittlere Zelldurchmesser ohne Angabe über die Streuung der

Zelldurchmesser um diesen Mittelwert angegeben, da im Fall der linearen Polypropylene

eine sehr starke Variation der Zelldurchmesser in den Schaumsträngen auftrat (siehe Bild

5.13) und sich somit Streuungen im Bereich von hundert Mikrometer ergeben, wie z.B. aus

Bild 5.5 für das L-PP1 oder aus Bild 5.11 für das L-PP2 deutlich wird. Trotz dieser großen

Streuung der Zelldurchmesser kann aus Bild 5.14 geschlossen werden, dass die Zellgröße

im Mittel mit steigender Molmasse kleiner wird. Gleichzeitig steigt die Zelldichte mit

zunehmender gewichtsmittlerer Molmasse der linearen Polypropylene an. Die Änderung des

mittleren Zelldurchmessers und der Zelldichte wird mit steigender Molmasse kontinuierlich

größer.

Wie bereits bei der Diskussion der Ergebnisse der Schaumanalyse der Blends aus linearem

und langkettenverzweigtem Polypropylen in Kapitel 5.2.1 bzw. 5.2.2 erwähnt wurde, wird die

Schaumstruktur der geschäumten Polypropylenstränge zum einen durch die Anzahl der

nukleierten Zellen und zum anderen durch Zellvereinigungen und Zellzusammenbrüche

während des Zellwachstums beeinflusst. Das Nukleierungsverhalten hängt wiederum sehr

stark vom Druckabfall während der Schaumextrusion ab (siehe Kapitel 2.3.2). Obwohl

versucht wurde durch geeignete Wahl der Extrusionsgeschwindigkeiten einen ähnlich hohen

Druckabfall für alle vier untersuchten Polypropylene zu erreichen, weisen das L-PP4 einen

200µm

a b

200µm

200µm

c d

200µm

Page 134: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

128

um 30 bar (90 bar) und das L-PP1 einen um 15 bar (105 bar) niedrigeren Extrusionsdruck

als die beiden höhermolekularen Polypropylene L-PP2 und L-PP3 (jeweils 120 bar) auf.

Demzufolge ist eine geringe Nukleierungsrate aufgrund des niedrigen Druckabfalls eine

mögliche Ursache für die deutlich geringere Zelldichte der linearen Polypropylene mit kleiner

gewichtsmittlerer Molmasse im Vergleich zu den höhermolekularen Polypropylenen. Da das

L-PP2 jedoch trotz eines vergleichbaren Druckabfalls eine deutlich größere Zelldichte als L-

PP3 besitzt, kann der Druckabfall nicht die Hauptursache für die Unterschiede in der

Schaumstruktur der linearen Polypropylene sein.

200 400 600 800 1000150

200

250

300

0

1x105

2x105

3x105

4x105

5x105

µm

Zelld

urch

mes

ser

()

Mw

kg/mol

Zelle

nanz

ahl p

ro c

m3 (

)

T0 = 200 °CT = 160 °C

Bild 5.14: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 der bei einer Extrusionstemperatur von

160 °C extrudierten Schaumstränge der vier untersuchten linearen Polypropylene als Funktion der

gewichtsmittleren Molmasse

Eine weitere Ursache für die unterschiedliche Schaumstruktur der linearen Polypropylene ist

der Anstieg der Schmelzefestigkeit aufgrund der mit der Molmasse zunehmende Viskosität

der Polypropylene (siehe Kapitel 5.2.6). Die Schmelzefestigkeit gibt an, wie groß die

maximale Kraft bzw. Spannung ist, die eine Polymerschmelze unter einer

Dehnbeanspruchung aufnehmen kann. Demzufolge kann die Schmelze von linearen

Polypropylenen mit einer hohen Viskosität während des Zellwachstums einer höheren

Dehnbeanspruchung in den Zellwänden standhalten, wodurch die Anzahl an aufgerissenen

Zellwänden vermindert wird. Somit treten bei diesen Polypropylenen während des

Zellwachstums weniger Zellzusammenschlüsse und -brüche auf als bei den Polypropylenen

mit einer niedrigen Viskosität. Dies verdeutlicht, dass die Zunahme der Zelldichte und die

Verringerung des mittleren Zelldurchmessers der linearen Polypropylene mit steigender

Molmasse zumindest ansatzweise durch die Verminderung von Zellvereinigungen und

Zellkollapsen durch die zunehmende Schmelzefestigkeit erklärt werden kann.

Page 135: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

129

Eine weitere Rolle spielt der Diffusionskoeffizient des Gases in der Polymerschmelze, der

sich ebenfalls mit der Molmasse bzw. Viskosität ändert. Da Zellnukleierung und

Zellwachstum in der Regel parallel ablaufen, ist die Diffusionsgeschwindigkeit des Gases

neben der Höhe der erforderlichen Nukleierungsenergie entscheidend dafür, ob das

freiwerdende Gas eher in bereits nukleierte Zellen diffundiert oder es zur Nukleierung neuer

Zellkeime kommt. Dabei fördert eine höhere Diffusionsgeschwindigkeit die Diffusion des

Gases in bereits nukleierte Zellen, weshalb die Anzahl an nukleierten Zellen abnimmt und

somit die Zelldichte kleiner wird. Da der Diffusionskoeffizient von Gasen in der

Polymerschmelze mit steigender Viskosität abnimmt, könnte die niedrige

Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in den Schmelze neben der hohen Schmelzefestigkeit

verantwortlich für die größere Zelldichte und die kleineren Zelldurchmesser der

Polypropylene mit einer hohen gewichtsmittleren Molmasse im Vergleich zu denen mit einer

niedrigen sein.

Die Beurteilung der Ergebnisse wird außerdem dadurch erschwert, dass alle vier

Polypropylene Handelsprodukte sind. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass

Unterschiede in den zugegebenen Additiven sowohl in Art und Anteil zwischen den

Produkten vorhanden sind, die sich auf das Nukleierungsverhalten und somit auf die

Schaumstruktur auswirken.

Wie die Ergebnisse der Schäumversuche an den vier linearen Polypropylenen zeigen, kann

durch die Erhöhung der gewichtsmittleren Molmasse von linearem Polypropylen eine

Zunahme des Aufschäumgrades, eine Vergrößerung der Zelldichte und eine Verringerung

der Zellgröße erreicht werden. Dies lässt sich in erster Linie auf eine Zunahme der

Schmelzefestigkeit und eine Abnahme des Diffusionskoeffizienten des Gases in der

Polymerschmelze mit steigender Molmasse zurückführen.

5.2.4 Elektronenbestrahlte Polypropylene

Zur Untersuchung des Schäumverhaltens des L-PP3 und der langkettenverzweigten

Polypropylene LCB-PP2 und LCB-PP3, die durch Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit 5

bzw. 60 kGy hergestellt wurden, erfolgten Schäumversuche mit einer Aufschmelztemperatur

von 200 °C und drei verschiedenen Extrusionstemperaturen von 180, 170 und 160 °C. Die

Extrusionsgeschwindigkeiten wurden wiederum so ausgewählt, dass für alle drei PP ein

vergleichbarer Druckabfall auftrat. Die ermittelten Aufschäumgrade sind in Bild 5.15

dargestellt. Das lineare Polypropylen besitzt bei allen drei Extrusionstemperaturen den

niedrigsten Aufschäumgrad. Bereits durch die Bestrahlung mit einer Dosis von 5 kGy kann

eine signifikante Erhöhung des Aufschäumgrades im Vergleich zum linearen

Page 136: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

130

Ausgangsprodukt erreicht werden. Das mit 60 kGy bestrahlte LCB-PP3 weist im Vergleich zu

dem mit 5 KGy bestrahlten PP einen nochmals signifikant höheren Aufschäumgrad auf.

Für alle drei Polypropylene steigt der Aufschäumgrad mit sinkender Extrusionstemperatur

etwa gleich stark an, was ähnlich wie bei den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 (siehe Kapitel

5.2.1.1) darauf zurückzuführen ist, dass die drei Polypropylene eine vergleichbare

Temperaturabhängigkeit der Viskosität aufweisen. Wie in Kapitel 4.2.3 angedeutet, steigt die

Fließaktivierungsenergie durch die Elektronenbestrahlung zwar an, der Unterschied

zwischen dem mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 und dem linearen Ausgangsprodukt L-PP3

von etwa 10 kJ/mol wirkt sich jedoch insbesondere bei der geringen Temperaturänderung

von 180 auf 160 °C nicht sehr stark auf die Viskositätsänderung aus. Durch die etwa gleich

große Zunahme der Viskosität der Polypropylene mit sinkender Temperatur entsteht eine

vergleichbare Änderung des Diffusionskoeffizienten und des Druckabfalls und somit ein

ähnlich ausgeprägter Anstieg des Aufschäumgrades.

L-PP3 (0 kGy) LCB-PP2 (5 kGy) LCB-PP3 (60 kGy)0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5 T0 = 200 °C

Auf

schä

umgr

ad

T = 180 °C T = 170 °C T = 160 °C

Bild 5.15: Aufschäumgrad des L-PP3 und der beiden über Elektronenbestrahlung erzeugten

langkettenverzweigten LCB-PP2 und LCB-PP3 bei drei verschiedenen Extrusionstemperaturen (T0 =

200 °C). Die scheinbaren Schergeschwindigkeiten betrugen 146 s-1 für L-PP3 und LCB-PP2 sowie

730 s-1 für LCB-PP3, um einen vergleichbaren Druckabfall zu erreichen.

Die Schaumstrukturen der drei Polypropylene bei der niedrigsten Extrusionstemperatur von

160 °C sind in Bild 5.16 dargestellt. Das lineare L-PP3 (Bild 5.16a) weist eine sehr

inhomogene Zellstruktur auf. Es sind sowohl unaufgeschäumte Bereiche als auch

Zellzusammenschlüsse erkennbar. Das mit 5 kGy bestrahlte LCB-PP2 (Bild 5.16b) ist im

Vergleich zu dem L-PP3 deutlich stärker aufgeschäumt. Dies deutet darauf hin, dass die

auftretende Dehnverfestigung bei dem LCB-PP2 zu einer Verminderung des Aufreißens von

Zellwänden und somit zu einem im Vergleich zu dem L-PP3 verringerten Gasverlust führt.

Die Zellstruktur ist jedoch noch recht inhomogen und insbesondere in der Mitte des Stranges

Page 137: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

131

sind große Zellen zu erkennen, die vermutlich durch Zellvereinigungen entstanden sind. Bei

der Zellstruktur des LCB-PP3 (Bild 5.16c) fällt insbesondere der im Vergleich zu den anderen

beiden PP deutlich größere Durchmesser der Zellen auf. Die Zellstruktur ist hingegen

wesentlich homogener, da die stark ausgeprägte Dehnverfestigung des LCB-PP3 zu einem

gleichmäßigeren Wachstum der Zellen führt (siehe Kapitel 5.2.6).

Bild 5.16: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C

extrudierten Schaumstränge a) des L-PP3, b) des mit 5 kGy bestrahlten LCB-PP2 und c) des mit 60

kGy bestrahlten LCB-PP3

Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Schaumstruktur sind in Tabelle 5.1 dargestellt.

Das LCB-PP2 weist im Vergleich zu dem L-PP3 eine größere Zelldichte und einen größeren

mittleren Zelldurchmesser auf. Der größere mittlere Zelldurchmesser des LCB-PP2 deutet

auf eine schlechtere Nukleierungsrate des LCB-PP2 im Vergleich zum L-PP3 hin. Dem

scheint jedoch die größere Zelldichte des LCB-PP2 zu widersprechen, die auf eine höhere

Nukleierungsdichte hindeutet. Eine mögliche Erklärung für diesen Widerspruch kann, ähnlich

wie bei den Blends mit geringen Anteilen an Langkettenverzweigungen, ein kombinierter

Einfluss aus einer kleineren Nukleierungsdichte des LCB-PP2 aufgrund einer niedrigeren

Nukleierungsrate und der Dehnverfestigung des LCB-PP2 sein. Die Dehnverfestigung des

LCB-PP2 führt im Vergleich zum L-PP3 zu einer geringeren Abnahme der Zelldichte

während des Aufschäumvorganges durch Zellzusammenschlüsse und Zellzusammenbrüche.

Demzufolge ist die resultierende Zelldichte, die sich aus der Nukleierungsdichte minus der

200µm

a b

c

200µm

200µm

Page 138: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

132

während des Zellwachstums verlorengegangenen Zelleanzahl ergibt, bei dem LCB-PP2

größer als bei dem L-PP3.

Das LCB-PP3 weist gegenüber dem L-PP3 und dem LCB-PP2 deutlich größere Zellen und

eine signifikant niedrigere Zelldichte auf, was auf eine wesentlich schlechtere

Nukleierungsrate des LCB-PP3 im Vergleich zu den andern beiden Polypropylenen hinweist.

Eine Ursache ist sicherlich der aufgrund der deutlich niedrigeren Viskosität des LCB-PP3

(siehe Bild 4.9) 25 bar kleinere Druckverlust (120 bar für L-PP3 im Vergleich zu 95 bar für

LCB-PP3). Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass einzig der geringe Unterschied in den

Extrusionsdrücken für die signifikant schlechtere Nukleierungsrate des LCB-PP3

verantwortlich ist.

Da bei der Elektronenbestrahlung des L-PP3 keine Zuschlagstoffe oder ähnliches

zugegeben wurden, kann ein Einfluss von unterschiedlichen Additiven ausgeschlossen

werden. Eine höhere Oberflächenspannung des LCB-PP3 im Vergleich zu dem L-PP3 kann

ebenfalls nicht die Ursache für die schlechtere Nukleierungsrate sein, da die

Oberflächenspannung nicht stark von der Verzweigungsstruktur abhängt und aufgrund der

Abnahme der Molmasse durch die Elektronenbestrahlung eine Verringerung

Oberflächenspannung resultieren sollte [Heindl 2005]. Eine höhere Kristallisationstemperatur

der elektronenbestrahlten Polypropylene, die ebenfalls zu einer Verringerung der nukleierten

Zelldichte führen kann [Spitael und Macosko 2004] kommt als Ursache auch nicht in Frage,

da sowohl das LCB-PP2 als auch das LCB-PP3 eine niedrigere Kristallisationstemperatur als

das L-PP3 aufweisen (siehe Tabelle 3.4).

L-PP3

(0 kGy)

LCB-PP2

(5kGy)

LCB-PP3

(60 kGy)

Mittlere Zelldurchmesser in µm 223 246 540

Zellenanzahl pro cm3 1,9 · 105 2,5 · 105 0,5 · 105

Tabelle 5.1: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 für L-PP3, LCB-PP2 und LCB-PP3

(T0 = 200 °C, T = 160 °C)

Eine mögliche Ursache für die deutlich niedrigere Nukleierungsrate des mit 60 kGy

bestrahlten LCB-PP3 im Vergleich zum L-PP3 könnte jedoch der deutlich höhere

Diffusionskoeffizient des Treibgases in dem LCB-PP3 aufgrund der im Vergleich zu dem L-

PP3 signifikant niedrigeren Viskosität sein (siehe Bild 4.9). Wie bereits in Kapitel 5.2.4

erwähnt, begünstigt eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Schmelze die

Diffusion des Gases in bereits nukleierte Zellen gegenüber der Bildung von neuen Keimen,

wodurch eine geringere Zelldichte entsteht. Eine eindeutige Erklärung für die deutliche

Page 139: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

133

Verschlechterung der Zellnukleierung des L-PP3 durch die Elektronenbestrahlung mit 60

kGy muss aufgrund der Komplexität der Zellnukleierung jedoch offen bleiben.

Die Untersuchungen an den elektronenbestrahlten LCB-PP2 und LCB-PP3 im Vergleich zu

dem unbestrahlten Ausgangsprodukt L-PP3 haben gezeigt, dass durch die gezielte

Elektronenbestrahlung von linearem PP und der daraus resultierenden Dehnverfestigung

aufgrund der eingebrachten Langkettenverzweigungen eine signifikante Verbesserung des

Aufschäumverhaltens des linearen PP hinsichtlich eines höheren Aufschäumgrades und

einer homogeneren Zellstruktur erreicht werden kann. Die bei dem LCB-PP3 durch die hohe

Bestrahlungsdosis von 60 kGy hervorgerufene starke Abnahme der Molmasse und die damit

verbundene Verringerung der Schmelzeviskosität im Vergleich zu dem unbestrahlten

Ausgangsprodukt L-PP3 führt jedoch zu einer deutlichen Verringerung der Nukleierungsrate

und somit zu signifikant größeren Zelldurchmessern.

5.2.5 Hochschmelzefeste Polypropylene mit einer hochmolekularen Komponente

Das Schäumverhalten der beiden hochschmelzefesten Polypropylene HMS-PP1 und HMS-

PP2, die einen geringen Anteil an einer hochmolekularen Komponente aus Polyethylen

besitzen (siehe Kapitel 3.2), wurde bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C und einer

Extrusionstemperatur von 160 °C untersucht. Es wurde versucht, die

Extrusionsgeschwindigkeiten für beide Polypropylene so anzupassen, dass ein ähnlicher

Druckabfall im Bereich von 100 bar entsteht. Bei dem HMS-PP1 konnte jedoch nur ein

maximaler Druckabfall von 80 bar erzielt werden. Eine Erhöhung der

Extrusionsgeschwindigkeit über die verwendete Extrusionsgeschwindigkeit von 1 mm/s

hinaus führte zu Fließinstabilitäten in Form von wellenförmigen Verwerfungen der

Strangoberflächen.

Da die beiden HMS-PP sich hinsichtlich ihrer Molmasse signifikant unterscheiden (siehe

Tabelle 3.3) und aus den Untersuchungen an den linearen PP bekannt ist, dass die

Molmasse bzw. Viskosität einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das

Aufschäumverhalten hat (siehe Bild 5.12) wurden zwei der linearen Polypropylene als

Vergleichsprodukte ausgewählt, die in etwa die gleiche gewichtsmittlere Molmasse wie die

HMS-PP aufweisen. Somit lassen sich Rückschlüsse auf den Einfluss der hochmolekularen

Komponente ziehen. Als Vergleichsprodukt für das HMS-PP1, dessen gewichtsmittlere

Molmasse 278 kg/mol beträgt, wird das L-PP4 mit einer gewichtsmittleren Molmasse von

250 kg/mol herangezogen. Dem höhermolekularen HMS-PP2 mit einem Mw von 623 kg/mol

wird als Vergleichsprodukt das L-PP3 mit einem Mw von 669 kg/mol gegenübergestellt.

Page 140: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

134

Die ermittelten Aufschäumgrade der beiden HMS-PP und der dazugehörigen linearen

Vergleichsprodukte sind in Bild 5.17 dargestellt. Das HMS-PP1 weist nur einen geringfügig

größeren Aufschäumgrad als das L-PP4 auf (Bild 5.17a). Bei dem HMS-PP2 wurde

hingegen ein signifikanter Anstieg des Aufschäumgrades im Vergleich zu dem L-PP3

festgestellt (Bild 5.17b).

L-PP4 HMS-PP10,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5T0 = 200 °CT = 160 °CD = 730 s-1

Auf

schä

umgr

ad

a)

L-PP3 HMS-PP20,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5T0 = 200 °CT = 160 °CD = 146 s-1

Auf

schä

umgr

ad

b)

Bild 5.17: a) Aufschäumgrad des HMS-PP1 und des L-PP4, welches eine ähnlich große

gewichtsmittlere Molmasse wie das HMS-PP1 aufweist. b) Aufschäumgrad des HMS-PP2 im

Vergleich zum L-PP3, dessen gewichtsmittlere Molmasse in etwa der des HMS-PP2 entspricht.

Die Zellstrukturen der beiden HMS-PP und der dazugehörigen linearen Vergleichsprodukte

ähnlicher Molmasse sind in Bild 5.18 dargestellt. Bei dem Vergleich der Aufnahmen des L-

PP4 (Bild 5.18a) und des HMS-PP1 (Bild 5.18b) fällt zunächst der größere

Strangdurchmesser des HMS-PP auf, der aufgrund des nahezu gleichen Aufschäumgrades

der beiden Polypropylene nicht durch eine unterschiedlich starke Expansion der Stränge

erklärt werden kann. Die Ursache liegt vielmehr in der sehr hohen Strangaufweitung des

HMS-PP1 begründet. Wie Knör (2004) festgestellt hat, weist das HMS-PP1 eine wesentlich

größere Strangaufweitung als lineare Polypropylene auf, die vermutlich auf den Einfluss der

hochmolekularen Komponente zurückzuführen ist. Bei dem L-PP4 sind deutliche

Zellvereinigungen erkennbar, welche bei dem HMS-PP1 nicht so ausgeprägt vorhanden

sind. Die einzelnen Zellen des HMS-PP1 sind jedoch wesentlich größer als bei dem L-PP4.

Bei beiden PP ist der Anteil an unaufgeschäumter Polypropylenmatrix recht groß, was ein

Indiz für hohe Gasverluste ist.

Das HMS-PP2 (Bild 5.18d) besitzt einen deutlich kleineren Anteil an unaufgeschäumter

Polypropylenmatrix als das lineare Vergleichsprodukt L-PP3 (Bild 5.18c) und somit einen

geringeren Gasverlust wie auch bereits aus dem Vergleich der Aufschäumgrade in Bild

5.17b hervorgegangen ist. Die Zellstruktur des HMS-PP2 ist jedoch immer noch recht

inhomogen. Eine gleichmäßige homogene Zellstruktur wie bei dem LCB-PP1 (siehe Bild 5.3)

konnte von keinem der beiden HMS-PP erreicht werden. Dies liegt vermutlich an der

Page 141: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

135

geringeren Dehnverfestigung der HMS-PP bei hohen Dehngeschwindigkeiten, worauf in

Kapitel 5.2.6 näher eingegangen wird.

Bild 5.18: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C

extrudierten Schaumstränge a) des L-PP4, b) des HMS-PP1, c) des L-PP3 und d) des HMS-PP2

Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Zellstrukturen der vier in Bild 5.18 abgebildeten

Polypropylene sind in Tabelle 5.2 aufgeführt. Anhand der Ergebnisse wird deutlich, dass sich

Zellgröße und Zelldichte der beiden HMS-PP im Vergleich zu den linearen

Vergleichsprodukten genau entgegengesetzt verhalten. Während das HMS-PP1 im

Vergleich zu dem L-PP4 einen größeren mittleren Zelldurchmesser und eine niedrigere

Zelldichte aufweist, besitzt das HMS-PP2 gegenüber dem L-PP3 eine geringere mittlere

Zellgröße und eine größere Zellenanzahl pro cm3 ungeschäumten Polymers. Der Vergleich

zwischen HMS-PP1 und L-PP4 deutet daraufhin, dass die Nukleierungsdichte des HMS-PP1

signifikant niedriger ist als die des L-PP4. Bei dem HMS-PP2 scheint dies im Vergleich zu

dem linearen PP ähnlicher Molmasse nicht der Fall zu sein. Die größere Zelldichte des HMS-

PP2 und der niedrigere Durchmesser im Vergleich zu dem L-PP3 lassen auf eine ähnlich

gute oder sogar bessere Nukleierungswirkung des HMS-PP schließen. Es könnte jedoch

auch sein, dass die Dehnverfestigung des HMS-PP2 gegenüber dem L-PP3 zu einer

Verringerung von Zellvereinigungen und Zellkollapsen während des Zellwachstumsprozess

geführt hat.

200µm

a b

200µm

200µm

c d

200µm

Page 142: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

136

L-PP4 HMS-PP1 L-PP3 HMS-PP2

Mittlere Zelldurchmesser in µm 260 297 223 198

Zellenanzahl pro cm3 0,9 · 105 0,5 · 105 1,9 · 105 2,6 · 105

Tabelle 5.2: Mittlerer Zelldurchmesser und Zellenanzahl pro cm3 für L-PP4, HMS-PP1, L-PP3 und

HMS-PP2 (T0 = 200 °C, T = 160 °C)

Eine mögliche Ursache für die niedrigere Zelldichte des HMS-PP1 im Vergleich zum L-PP4

ist sicherlich der geringfügig niedrigere Druckabfall von 80 bar für das HMS-PP1 im

Vergleich zu 90 bar für das L-PP4. Ein ähnlich großer Unterschied in den Drücken wurde

allerdings auch für HMS-PP2 (112 bar) und L-PP3 (120 bar) gefunden. Es könnte jedoch

sein, dass sich die Unterschiede im Druckabfall zwischen dem linearen PP und dem HMS-

PP bei den beiden niedermolekularen Polypropylenen aufgrund der höheren

Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in der Schmelze stärker auf die Nukleierungsdichte

auswirken als bei den höhermolekularen. Weiterhin ist bisher nicht geklärt, welchen Einfluss

die deutlich höhere Strangaufweitung des HMS-PP1 im Vergleich zu dem HMS-PP2 auf die

Zellstruktur hat. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Strangaufweitung die Zellnukleierung

selbst beeinflusst, da diese weitestgehend vom Druckabfall in der Düse bestimmt wird, aber

eine Beeinflussung des Zellwachstums durch die stärkere Aufweitung des Stranges nach

dem Verlassen der Düse kann nicht ausgeschlossen werden.

Bezüglich der beiden HMS-PP lässt sich somit zusammenfassend feststellen, dass beide

Polypropylene gegenüber linearen Vergleichsprodukten ähnlicher Molmasse eine

Verbesserung des Aufschäumverhaltens hinsichtlich eines höheren Aufschäumgrades und

einer Verringerung von Zellzusammenschlüssen und -brüchen aufweisen, wobei der unter

den getesteten Bedingungen erreichte Aufschäumgrad deutlich niedriger und die Zellstruktur

deutlich inhomogener als bei dem ebenfalls kommerziellen hochschmelzefesten LCB-PP1

sind.

5.2.6 Korrelationen zwischen rheologischen Eigenschaften und dem

Verarbeitungsverhalten beim Schäumen mit chemischem Treibmittel

Im Folgenden soll versucht werden, Korrelationen zwischen dem rheologischen Verhalten

der Polypropylene insbesondere unter Dehnbeanspruchung und dem

Verarbeitungsverhalten beim Schäumen mit chemischem Treibmittel zu erarbeiten.

Grundvoraussetzung hierfür ist die Vergleichbarkeit der in den Schäumversuchen

auftretenden rheologischen Beanspruchungen der Polymerschmelze mit den Parametern der

durchgeführten rheologischen Tests. Die Scherbeanspruchung der gasbeladenen Schmelze

in der Düse der Laborschäumeinrichtung kann direkt anhand der vorgegebenen

Page 143: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

137

Extrusionsgeschwindigkeit und des gemessenen Druckverlustes bestimmt werden. Der

Einfluss des Druckverlustes auf die Zellnukleierung wurde in den vorherigen Kapiteln bereits

ausführlich diskutiert, weshalb an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen werden soll.

Die Höhe der auftretenden Dehnbeanspruchung der Schmelze während der

Schaumextrusion ist hingegen unbekannt. Eine direkte Bestimmung der

Dehngeschwindigkeit und der Dehnung der Polymerschmelze in den Zellwänden z.B. durch

online-Videoanalyse der wachsenden Zellen beim Aufschäumen nach dem Verlassen der

Düse konnte nicht durchgeführt werden, da eine starke Trübung der Polypropylenschmelze

durch die Zersetzungsrückstände des chemischen Treibmittels auftrat. Aus Untersuchungen

anderer Autoren und aus Modellrechnungen ist jedoch bekannt, dass während des

Zellwachstumsprozesses eine biaxiale Dehnbeanspruchung der Polymerschmelze in den

Zellwänden auftritt, wobei sich die Dehngeschwindigkeit in Abhängigkeit der Zeit des

Zellwachstums ändert [z.B. Amon und Denson 1984, Joshi et al. 1988, Rahmesh et al. 1991,

Koopmanns et al. 2000, Park et al. 2005]. Zu Beginn des Zellwachstums steigt die

Dehngeschwindigkeit stark an, dann durchläuft sie ein Maximum, wird wieder langsamer und

erreicht schließlich zum Zeitpunkt der Zellstabilisierung den Wert Null [z.B. Rahmesh et al.

1991,]. Quantitative Angaben zur Höhe der auftretenden Dehngeschwindigkeiten und

Dehnungen während des Aufschäumvorganges sind in der Literatur kaum zu finden.

Gendron und Daigneault (2000) geben einen Bereich der bei der Schaumextrusion maximal

auftretenden Dehngeschwindigkeiten von 1 bis 5 s-1 und Hencky-Dehnungen von 3 bis 4 an.

Kropp (1999) führte eine Abschätzung der Zellwachstumsgeschwindigkeit anhand von

Photoaufnahmen der Zellstruktur als Funktion der Zeit an einer Schaumextrusionsanlage zur

Herstellung von Schaumfolien durch. Er stellte fest, dass unmittelbar am Werkzeugaustritt

die größte Dehngeschwindigkeit in der Zellwand von 9 s-1 auftrat und die

Dehngeschwindigkeit mit wachsendem Abstand von der Düse auf Werte kleiner 1 s-1

abnahm.

Zur Untersuchung des dehnrheologischen Verhaltens der Polypropylene wurden in dieser

Arbeit hauptsächlich uniaxiale Dehnexperimente durchgeführt. Wie jedoch in Kapitel 4.4.2

gezeigt werden konnte, besteht zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten in biaxialer und

uniaxialer Dehnung ein qualitativer Zusammenhang, weshalb zumindest qualitative

Korrelationen zwischen den Ergebnissen der uniaxialen Dehnexperimente und dem

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion angenommen werden können. Der

untersuchte Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s-1 und die maximale Hencky-

Dehnung von 3,7 gewährleisten eine Vergleichbarkeit mit den bei der Schaumextrusion

auftretenden Dehnbeanspruchungen. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der

Großteil der Schäumversuche bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C durchgeführt

Page 144: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

138

wurde, während die Messung der dehnrheologischen Eigenschaften bei 180 °C erfolgte.

Demzufolge müssen die bei 180 °C ermittelten Dehnviskositätskurven nach dem Zeit-

Temperatur-Verschiebungsprinzip auf 160 °C verschoben werden50. Dabei verschiebt sich

jedoch nicht nur die Viskosität, sondern auch die Dehngeschwindigkeit. So entspricht z.B. für

das LCB-PP1 mit einer Aktivierungsenergie von 43 kJ/mol die Dehngeschwindigkeit von

10 s-1 bei 180 °C einer Dehngeschwindigkeit von 5,9 s-1 bei 160 °C. Dies zeigt, dass anhand

des gemessenen Dehngeschwindigkeitsbereichs bei 180 °C auch nach einer Zeit-

Temperatur-Verschiebung der Dehnkurven auf 160 °C eine gute Übereinstimmung zwischen

den Dehnbeanspruchungen in den rheologischen Experimenten und während des

Schäumprozesses vorhanden ist.

Diskussion der Ergebnisse der Blends aus linearem und langkettenverzweigtem PP

In den Schäumversuchen an den Blends aus linearem und langkettenverzweigtem PP (siehe

Kapitel 5.2.1 und 5.2.2) wurde festgestellt, dass bereits durch die Zugabe geringer Anteile

des langkettenverzweigten Polypropylens LCB-PP1 im Bereich von 2 bis 25 Gew.-% zu den

linearen Polypropylenen L-PP1 und L-PP2 eine signifikante Erhöhung des

Aufschäumgrades, eine homogenere Zellstruktur sowie eine Verminderung von

Zellzusammenschlüssen bzw. -brüchen und des Anteils an offenen Zellwänden erreicht

werden kann.

Während sich das scherrheologische Verhalten der Blends bis zu einem Anteil von 25 Gew.-

% nicht sehr stark von dem der linearen Blendpartner unterscheidet (siehe Kapitel 4.2.2),

treten in den dehnrheologischen Eigenschaften schon bei geringen Anteilen an

langkettenverzweigtem PP in den Blends signifikante Unterschiede gegenüber dem linearen

Blendpartner auf (siehe Kapitel 4.3.2). Bereits für die Blends mit 5 und 10 Gew.-% LCB-PP

wurde eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten im Bereich

von 0,01 bis 1 s-1 festgestellt. Demgegenüber trat für die linearen Polypropylene im

gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich keine Dehnverfestigung auf. Mit

steigendem Anteil an LCB-PP in den Blends nimmt die Dehnverfestigung zu, und der

Dehngeschwindigkeitsbereich, in dem eine ausgeprägte Dehnverfestigung auftritt, vergrößert

sich zu höheren Dehnraten.

Die Dehnverfestigung führt zu einer Erhöhung der Schmelzefestigkeit, d.h. der maximalen

Dehnbeanspruchung, welche die Polymerschmelze unter den getesteten Bedingungen

aushalten kann, ohne zu versagen. Dies wird aus den Ergebnissen der Spannversuche in

uniaxialer Dehnung deutlich, da die gemessene Dehnviskosität aufgrund der konstanten

50 Aus der Literatur [z.B. Münstedt und Laun 1979, Hepperle 2002] ist bekannt, dass das Zeit-Temperatur-Verschiebungsprinzip sowohl für Scher- als auch für Dehnbeanspruchungen gilt, wobei die Fließaktivierungsenergie bei beiden Beanspruchungsarten gleich ist.

Page 145: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

139

Dehngeschwindigkeit nach der Gl. 4.18 proportional zur auftretenden Zugspannung ist,

welche wiederum ein Maß für die Höhe der Dehnbeanspruchung darstellt. Somit führt der

starke Anstieg der Dehnviskosität durch die einsetzende Dehnverfestigung zu einer

Zunahme der maximalen Dehnbeanspruchung, bei der es zu einem Versagen der Schmelze

kommt und demzufolge zu einer höheren Schmelzefestigkeit.

Darüber hinaus bewirkt die Dehnverfestigung eine Art Selbstheilungseffekt, wie anhand der

Verbesserung der Homogenität der Probendeformation in den uniaxialen Dehnexperimenten

mit zunehmender Dehnverfestigung gezeigt werden konnte (siehe Kapitel 4.3.3).

Demzufolge kann geschlussfolgert werden, dass die mit steigendem Anteil an LCB-PP1 in

den Blends zunehmende Dehnverfestigung und die Verbreiterung des

Dehnverfestigungsbereiches zu höheren Dehngeschwindigkeiten hin das Aufreißen von

Zellwänden während des Zellwachstums vermindern, da zum einen die Wahrscheinlichkeit,

dass die Festigkeit der Schmelze in den Zellwänden einer Zelle hoch genug ist, um den

maximalen Dehnbeanspruchungen während des Zellwachstums standzuhalten, ansteigt.

Zum anderen wirkt der durch die ausgeprägte Dehnverfestigung hervorgerufene

Selbstheilungseffekt einem Reißen der Zellwände aufgrund von lokalen Schwachstellen in

der Dicke der Zellwand entgegen. Durch die Verminderung des Aufreißens von Zellwänden

treten weniger Zellvereinigungen auf, und der Anteil an offenen bzw. miteinander

verbundenen Zellen wird geringer. Dies führt, wie bereits in den vorherigen Kapiteln erwähnt,

zu einer Verringerung der Gasverluste an die Umgebung und zu einer homogeneren

Zellstruktur.

Somit hängt die in den Schäumversuchen festgestellte Verbesserung des

Aufschäumverhaltens der linearen Polypropylene durch die Zugabe geringer Anteile an LCB-

PP1 mit dem veränderten dehnrheologischen Verhalten der Blends gegenüber dem linearen

Blendpartner aufgrund des Einflusses der Langkettenverzweigungen zusammen.

Ab einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP tritt, wie aus Bild 4.17 hervorgeht, auch bei der

höchsten gemessenen Dehngeschwindigkeit von 10 s-1 und somit im gesamten untersuchten

Dehngeschwindigkeitsbereich eine ausgeprägte Dehnverfestigung auf. Die Dehnverfestigung

nimmt jedoch mit steigendem Anteil an LCB-PP weiter zu. Dies führt zu einer weiteren

Verminderung des Aufreißens von Zellwänden und somit zu einer Zunahme des

Aufschäumgrades. Der Anstieg des Aufschäumgrades wird im Bereich von 25 bis 50 Gew.-

% jedoch immer geringer, was darauf hindeutet, dass bereits durch die Zugabe von 25 Gew.-

% LCB-PP die Dehnverfestigung in dem relevanten Dehngeschwindigkeitsbereich so groß

ist, dass ein Aufreißen der Zellwände größtenteils verhindert wird.

Page 146: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

140

Aus Bild 4.17 wird ersichtlich, dass die Dehnverfestigung mit zunehmendem Anteil an LCB-

PP auch bei mehr als 50 Gew.-% weiterhin stark ansteigt, insbesondere im Bereich hoher

Dehngeschwindigkeiten. In den Ergebnissen der Schäumversuche wurden jedoch zwischen

den Blends mit mehr als 50 Gew.-% LCB-PP1 und dem reinen LCB-PP1 nur noch

geringfügige Unterschiede festgestellt (siehe Kapitel 5.2.1 bzw. 5.2.2). Bereits die Schäume

der Blends mit 50 Gew.-% LCB-PP1 weisen einen ähnlich hohen Aufschäumgrad und eine

vergleichbar homogene Zellstruktur wie der langkettenverzweigte Blendpartner auf. Wie

bereits erwähnt, deutet dies darauf hin, dass bei einem Anteil von 50 Gew.-% LCB-PP eine

ausreichend hohe Dehnverfestigung im gesamten relevanten Dehngeschwindigkeitsbereich

erreicht wurde, um unter den getesteten Prozessbedingungen bei der Schaumherstellung ein

Aufreißen der Zellwände während des Zellwachstums nahezu komplett zu unterdrücken und

ein optimales Aufschäumverhalten hinsichtlich der Höhe des Aufschäumgrades und der

Homogenität der Zellstruktur zu erzielen.

Eine genaue Quantifizierung der erforderlichen Dehnverfestigung ist aufgrund der

Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung nicht möglich. Die Ergebnisse der Blends

deuten jedoch darauf hin, dass zur Erzielung eines optimalen Aufschäumgrades eine stark

ausgeprägte Dehnverfestigung im gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich von

0,01 bis 10 s-1 erforderlich ist.

Diskussion der Ergebnisse der linearen PP unterschiedlicher Molmasse

Wie anhand der vier untersuchten linearen PP festgestellt wurde, kann eine Erhöhung des

Aufschäumgrades und eine Verbesserung der Homogenität der Schaumstruktur auch durch

die Variation der Molmasse der linearen Polypropylene erreicht werden (siehe Kapitel 5.2.3).

Ursache ist die mit zunehmender Molmasse der linearen PP ansteigende Viskosität, die

sowohl zu einem geringeren Diffusionskoeffizienten des Gases in der Schmelze als auch zu

einer höheren Schmelzefestigkeit führt. Dass die Schmelzefestigkeit der linearen

Polypropylene mit zunehmender Molmasse bzw. Viskosität ansteigt, wird aus Bild 5.19

deutlich, in dem die in den uniaxialen Dehnexperimenten bei einer konstanten

Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 ermittelte Zugspannung der vier linearen Polypropylene als

Funktion der Hencky-Dehnung aufgetragen ist. Die dargestellten Kurvenverläufe stimmen für

die Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 aufgrund der Gleichungen 4.17 und 4.18 direkt mit den

zeitabhängigen Dehnviskositätsverläufen überein. Da sich mit zunehmender

gewichtsmittlerer Molmasse der linearen Polypropylene die linear-viskoelastische

Anlaufkurve in Dehnung zu höheren Dehnviskositäten verschiebt, resultiert auch eine

analoge Verschiebung der in Bild 5.19 dargestellten Spannungs-Dehnungs-Kurven zu

höheren Spannungen. Bei allen vier untersuchten linearen PP tritt bei einer vergleichbaren

Hencky-Dehnung von etwa 2 ein starker Abfall der Spannung auf, der auf eine lokale

Einschnürung der Proben zurückzuführen ist, welche schließlich zu einem Reißen der Probe

Page 147: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

141

führte. Die maximale Spannung ist somit ein Maß für die Festigkeit der Schmelze.

Demzufolge kann aus Bild 5.19 geschlussfolgert werden, dass mit steigender Molmasse der

vier untersuchten Polypropylene eine Zunahme der Schmelzefestigkeit einhergeht.

10-1 100103

104

105

L-PP4 (Mw = 250 kg/mol) L-PP1 (Mw = 458 kg/mol) L-PP3 (Mw = 669 kg/mol) L-PP2 (Mw = 860 kg/mol)

.ε0

T = 180°C= 1 s-1

Pa

σ (ε

H)

εH Bild 5.19: Verlauf der Zugspannung σ als Funktion der Hencky-Dehnung εH für die vier untersuchten

linearen Polypropylene bei einer Dehngeschwindigkeit von 1 s-1

Die mit der gewichtsmittleren Molmasse der linearen Polypropylene ansteigende

Schmelzefestigkeit vermindert das Aufreißen von Zellwänden während des Zellwachstums,

da die Schmelze in den Zellwänden höheren Dehnbeanspruchungen standhalten kann. Der

daraus resultierende geringere Anteil an offenen Zellwänden und miteinander verbundenen

Zellen führt zu einem geringeren Gasverlust und somit zu einem höheren Aufschäumgrad.

Aus Bild 5.20 geht hervor, dass die Abhängigkeit des Aufschäumgrades der extrudierten

Stränge der vier linearen PP von der maximalen Zugspannung in den uniaxialen

Dehnexperimenten bei der Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 in halblogarithmischer Darstellung

einer linearen Beziehung folgt. Demzufolge besteht zwischen dem Aufschäumgrad der

linearen Polypropylene und deren Schmelzefestigkeit ein annähernd logarithmischer

Zusammenhang, d.h., die Änderung des Aufschäumgrades wird mit zunehmender

Schmelzefestigkeit kontinuierlich geringer. Dies stimmt zumindest tendenziell mit den

Ergebnissen der Blends überein, bei denen der Anstieg des Aufschäumgrades mit

zunehmendem Anteil an LCB-PP und somit mit zunehmender Schmelzefestigkeit ebenfalls

kontinuierlich abnimmt (siehe Bild 5.9).

Page 148: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

142

104 105

2

3

4

5

6

L-PP2L-PP3

L-PP1L-PP4

HMS-PP1

HMS-PP2LCB-PP2

LCB-PP1

L-PP LCB-PP HMS-PP lineare Anpassung (L-PP)

Auf

schä

umgr

ad (T

0=200

°C

; T=1

60°C

)

σmax (T=180°C, ε0=1s-1)

Pa

.

LCB-PP3

Bild 5.20: Abhängigkeit des Aufschäumgrades der bei T0 = 200 °C und T = 160 °C extrudierten

Schaumstränge der vier linearen PP, der drei LCB-PP und der beiden HMS-PP als Funktion der

anhand der uniaxialen Dehnexperimente bei einer Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 ermittelten

maximalen Zugspannung σmax in halblogarithmischer Darstellung

Aus den ebenfalls in Bild 5.20 dargestellten Ergebnissen der drei langkettenverzweigten

Polypropylene wird jedoch ersichtlich, dass der in den Schäumversuchen erreichbare

Aufschäumgrad nicht allein durch die Schmelzefestigkeit bestimmt wird51. Insbesondere das

LCB-PP3 weist einen deutlich höheren Aufschäumgrad auf, als anhand der vergleichsweise

niedrigen maximalen Zugspannung zu erwarten wäre. Darüber hinaus kann dem Vergleich

der Schaumstrukturen des LCB-PP3 mit dem L-PP3 in Bild 5.16 entnommen werden, dass

die Zellstruktur der Schaumstränge des LCB-PP3 deutlich homogener als die des L-PP3 ist,

obwohl das L-PP3 eine signifikant größere Schmelzefestigkeit besitzt. Grund für diese

Unterschiede ist der Einfluss der ausgeprägten Dehnverfestigung der langkettenverzweigten

Polypropylene auf das Schäumverhalten. Wie bereits erwähnt, führt die Dehnverfestigung

nicht nur zu einer Erhöhung der Schmelzefestigkeit, die zum Teil auch durch eine

Vergrößerung der Molmasse der linearen PP erreicht werden kann, sondern auch zu einer

homogeneren Deformation der Schmelze in den Zellwänden während des Zellwachstums.

Dies deutet an, dass die Hauptursache für das Aufreißen von Zellwänden während des

Aufschäumvorganges nicht in erster Linie eine Überschreitung der Festigkeit der Schmelze

in den Zellwänden durch eine zu starke Expansion der Zellen während des Zellwachstums

51 Für die Polypropylene, bei denen in den uniaxialen Dehnexperimenten bei der Dehngeschwindigkeit von 1 s-1 bis zur maximal erreichbaren Hencky-Dehnung kein Versagen der Proben aufgetreten ist (dies war bei den LCB-PP1 bis 3 und bei dem HMS-PP1 der Fall), ist die maximale in den Dehnexperimenten aufgetretene Spannung kleiner als die tatsächliche Zugfestigkeit.

Page 149: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

143

ist. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Hauptursache für das

Zellwandreißen lokale Schwachstellen bzw. Inhomogenitäten in der Zellwand sind, die einen

lokalen Anstieg der Dehnbeanspruchung hervorrufen, der im Fall der linearen nicht

dehnverfestigenden Polypropylene zu einem Reißen der Schmelze führt. Demgegenüber

bewirkt die stärkere Dehnung in dem Bereich der lokalen Schwachstelle im Fall der

dehnverfestigenden Polypropylene eine Vergrößerung des Widerstandes gegen eine weitere

Deformation an dieser Stelle, wodurch die Inhomogenität ausheilt und ein Reißen der

Zellwand verhindert wird.

Diskussion der Ergebnisse der elektronenbestrahlten Polypropylene

Wie das Bild 4.19 in Kapitel 4.3.2 zeigt, weist das mit 5 kGy elektronenbestrahlte LCB-PP2

sowohl ähnlich hohe Dehnverfestigungsfaktoren als auch eine vergleichbare

Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung wie das Blend des L-PP2 mit 5 Gew.-% LCB-

PP1 auf, was auf den ähnlich großen Anteil an Langkettenverzweigungen der beiden

Polypropylene zurückgeführt werden kann. Wenn das Schäumverhalten der Polypropylene

und insbesondere der Aufschäumgrad weitestgehend durch die dehnrheologischen

Eigenschaften bestimmt wird, sollte für beide Produkte bei den gleichen

Schaumextrusionsbedingungen (T0 = 200 °C, T = 160 °C) ein ähnlicher Aufschäumgrad

resultieren. Dies ist mit 3,6 für das Blend und 3,3 für das LCB-PP2 auch annähernd der Fall,

insbesondere wenn die Streuung der Ergebnisse von etwa 10 % berücksichtigt wird.

Eine noch bessere Übereinstimmung wird erzielt, wenn man die Erhöhung des

Aufschäumgrades im Vergleich zu dem jeweiligen linearen Ausgangspolymer betrachtet.

Durch die Zugabe von 5 Gew.-% LCB-PP1 erhöht sich der Aufschäumgrad des L-PP2 um

den Faktor 1,15, während die Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit 5 kGy zu einer Erhöhung

des Aufschäumgrades um den Faktor 1,16 führt. Bezüglich der erreichbaren Zellstruktur

ergibt sich für beide Produkte eine im Vergleich zu dem jeweiligen linearen Polypropylen

ähnliche Tendenz hinsichtlich einer Verbesserung der Homogenität der Zellstruktur, einer

größeren Zelldichte und eines größeren Zelldurchmessers. Dies kann zum Teil auf den

Einfluss der Dehnverfestigung zurückgeführt werden, die das Auftreten von

Zellvereinigungen und -zusammenbrüchen während des Zellwachstum vermindert. Die

Schaumstruktur hängt jedoch auch sehr stark von dem Nukleierungsverhalten der

Polypropylene ab, welches sich durchaus signifikant unterscheiden kann, wie in den

vorhergehenden Kapiteln ausführlich beschrieben wurde.

Aus dem Vergleich der beiden Polypropylene kann geschlossen werden, dass sich durch die

Zugabe von 5 Gew.-% des langkettenverzweigten LCB-PP1 zu einem linearen PP eine

Page 150: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

144

ähnliche Verbesserung des Aufschäumverhaltens erzielen lässt wie durch die

Elektronenbestrahlung mit 5 kGy.

Das mit 60 kGy bestrahlte LCB-PP3 weist, wie aus Bild 4.19 hervorgeht, eine nahezu

dehnratenunabhängige Dehnverfestigung, mit einem Dehnverfestigungsfaktor bei einer

Dehnung von 2,7 im Bereich von 2 bis 2,5 auf. Die Bestimmung des

Dehnverfestigungsfaktors bei einer Dehngeschwindigkeit von 10 s-1 ergab bei der Dehnung

2,7 einen Wert von 2,2, der ebenfalls in diesem Bereich liegt. Das LCB-PP3 besitzt

demzufolge in dem gesamten untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich eine signifikante,

etwa gleichgroße Dehnverfestigung, die jedoch insbesondere im Vergleich zu dem LCB-PP1

verhältnismäßig niedrig ausfällt (Bild 4.19). Aufgrund der geringen gewichtsmittleren

Molmasse des LCB-PP3, die aus der starken Abnahme der Molmasse während der

Elektronenbestrahlung resultiert, weist es trotz der ausgeprägten Dehnverfestigung eine

vergleichsweise geringe maximale Spannung in den Dehnexperimenten auf (Bild 5.20).

Wie aus Bild 5.20 entnommen werden kann, ist der Aufschäumgrad der bei T0 = 200 °C und

T = 160 °C extrudierten Schaumstränge bei dem mit 60 kGy bestrahlten LCB-PP3 zwar

deutlich größer als bei dem linearen Ausgangsprodukt L-PP3, liegt aber signifikant unter dem

für das LCB-PP1 ermittelten Wert. Dies deutet darauf hin, dass die Dehnverfestigung und die

Schmelzefestigkeit des LCB-PP3 nicht groß genug sind, um unter den getesteten

Prozessbedingungen einen optimalen Aufschäumgrad zu erreichen. Hierbei muss jedoch die

signifikant niedrigere Molmasse des LCB-PP3 berücksichtigt werden, die zu einem höheren

Diffusionskoeffizienten des Gases in der Polymermatrix und somit zu höheren Gasverlusten

führt, was sicherlich auch einen Beitrag zu dem geringeren Aufschäumgrad des LCB-PP3 im

Vergleich zu dem LCB-PP1 liefert.

Somit kann festgestellt werden, dass durch die Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit 60 kGy

eine signifikante Erhöhung des Aufschäumgrades im Vergleich zu dem linearen

Ausgangsprodukt erreicht werden kann. Der Aufschäumgrad ist jedoch deutlich niedriger als

bei dem kommerziellen LCB-PP1, obwohl für beide Polypropylene in der molekularen

Analyse ein vergleichbarer Anteil an Langkettenverzweigungen festgestellt wurde. Mögliche

Ursachen hierfür sind die geringere gewichtsmittlere Molmasse und die deutlich niedrigeren

Dehnverfestigungsfaktoren des LCB-PP3 im Vergleich zu dem LCB-PP1.

Diskussion der Ergebnisse der HMS-PP

Die beiden untersuchten HSM-PP zeigen ebenfalls ein sehr stark ausgeprägtes

Dehnverfestigungsverhalten, allerdings nur bei niedrigen Dehngeschwindigkeiten im Bereich

kleiner 1 s-1 (siehe Bild 4.20). Trotz der hohen Dehnverfestigung weisen die beiden HMS-PP,

Page 151: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

145

wie im vorherigen Kapitel gezeigt, gegenüber linearem Polypropylen mit vergleichbarer

Molmasse nur eine geringe Zunahme des Aufschäumgrades auf, die im Fall des HMS-PP1

dem Faktor 1,07 und im Fall des HMS-PP2 dem Faktor 1,17 entspricht. Dies deutet darauf

hin, dass eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei Dehngeschwindigkeiten unterhalb 1 s-1

einen Einfluss auf das Aufschäumverhalten hat und zu einer gewissen Verminderung des

Aufreißens von Zellwänden im Vergleich zu linearem Polypropylen führt, was sich in einem

geringeren Gasverlust an die Umgebung und somit in einem größeren Aufschäumgrad

widerspiegelt. Die erreichbaren Aufschäumgrade sind jedoch deutlich niedriger als bei dem

LCB-PP1, welches im Gegensatz zu den beiden HMS-PP auch eine ausgeprägte

Dehnverfestigung im Bereich hoher Dehngeschwindigkeiten von 1 bis 10 s-1 aufweist. Somit

sind die niedrigen Aufschäumgrade der beiden HMS-PP unter den getesteten

Prozessbedingungen in erster Linie auf die fehlende Dehnverfestigung bei hohen

Dehngeschwindigkeiten zurückzuführen.

Eine mögliche Ursache, warum bei dem HMS-PP2 eine deutlich größere Erhöhung des

Aufschäumgrades gegenüber dem linearen Vergleichsprodukt erzielt wurde als bei dem

HMS-PP1, obwohl beide HMS-PP eine ähnlich stark ausgeprägte Dehnverfestigung und

auch eine vergleichbare Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung aufweisen (siehe

Kapitel 4.3.2), könnte zum einen an der niedrigeren maximalen Zugspannung des HMS-PP1

(siehe Bild 5.20) liegen. Zum anderen ist aufgrund der deutlich geringeren Viskosität des

HMS-PP1 im Vergleich zu dem HMS-PP2 die Diffusion des Gases aus dem Schaumstrang

an die Umgebung durch den höheren Diffusionskoeffizienten begünstigt. Die ausgeprägte

Dehnverfestigung bei niedrigen Dehnraten führt für beide HMS-PP zu einer Verminderung

des Aufreißens von Zellwänden und somit des Anteils an offenen bzw. verbundenen Zellen,

wodurch das Gas durch einen größeren Anteil an Polypropylen diffundieren muss, um in die

Umgebung entweichen zu können. Durch die höhere Diffusionsgeschwindigkeit des Gases in

dem HMS-PP1 aufgrund der niedrigeren Schmelzeviskosität wirkt sich der längere

Diffusionsweg jedoch weniger stark auf die Gasverluste aus, und die erreichbare Zunahme

des Aufschäumgrades ist geringer.

5.2.7 Zusammenfassung

Aus den durchgeführten Schäumversuchen mit dem chemischen Treibmittel

Azodicarbonamid können zusammenfassend die folgenden Erkenntnisse abgeleitet werden. Blend aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen

- Bereits die Zugabe geringer Anteile des langkettenverzweigten LCB-PP1 zu linearem

Polypropylen führt zu einer signifikanten Erhöhung des Aufschäumgrades sowie zu einer

Verminderung von Zellzusammenschlüssen bzw. -brüchen und des Anteils an offenen

Page 152: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

146

Zellwänden. Dies kann durch eine Verringerung des Aufreißen von Zellwänden durch die

ausgeprägte Dehnverfestigung der Blends insbesondere bei niedrigen Dehngeschwindig-

keiten erklärt werden kann.

- Ab einem Anteil an LCB-PP1 von etwa 50 Gew.-% weisen die Blends ein ähnlich gutes

Aufschäumverhalten hinsichtlich eines hohen Aufschäumgrades, einer homogenen

Zellstruktur und eines geringen Anteils an miteinander verbundenen Zellen wie das LCB-

PP1 auf, obwohl die Höhe der Dehnverfestigung mit wachsendem Anteil an LCB-PP1

weiter ansteigt. Dies lässt darauf schließen, dass zur Erzielung eines optimalen

Aufschäumverhaltens bei den untersuchten Prozessbedingungen eine bestimmte Höhe

der Dehnverfestigung ausreicht. Eine Abschätzung der erforderlichen Höhe der

Dehnverfestigung wird durch die Dehnratenabhängigkeit der Dehnverfestigung erschwert.

Aus den Ergebnissen der Blends kann jedoch geschlussfolgert werden, dass zur

Erzielung eines optimalen Aufschäumgrades eine stark ausgeprägte Dehnverfestigung im

gesamten Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s-1 erforderlich ist.

- Das LCB-PP1 weist eine deutlich niedrigere Nukleierungsrate als die linearen

Blendpartner auf, was vermutlich auf ein Zusammenwirken mehrerer Einflussfaktoren wie

des geringeren Druckverlustes und der größeren Oberflächenspannung des LCB-PP

zurückzuführen ist. Die geringere Nukleierungsrate des LCB-PP1 führt bei der

Aufschmelztemperatur von 200 °C zu einer Zunahme der mittleren Zelldurchmesser mit

steigendem Anteil an LCB-PP, während die Zelldichte als Funktion des Anteils an LCB-PP

ein Maximum durchläuft. Das Maximum in der Zelldichte kann auf den kombinierten

Einfluss der aufgrund der Anteile an L-PP in den Blends gegenüber dem LCB-PP

erhöhten Nukleierungsrate und der aufgrund der ausgeprägten Dehnverfestigung der

Blends gegenüber dem L-PP verminderten Anzahl an Zellvereinigungen und -kollapsen

während des Zellwachstum zurückgeführt werden. Die Blendzusammensetzung, bei der

das Maximum auftritt, hängt aufgrund der für beide Blendreihen ähnlichen Änderung der

Dehnverfestigung mit dem Anteil an LCB-PP1 hauptsächlich von dem Unterschied in der

Nukleierungsrate der Blendpartner ab.

- Anhand der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 konnte gezeigt werden, dass durch die

Verringerung der Aufschmelztemperatur auf 180 °C eine signifikante Zunahme der

Zelldichte und eine deutliche Verringerung der Zellgröße erreicht werden kann. Dies ist

darauf zurückzuführen, dass sich das Azodicarbonamid bei der Aufschmelztemperatur

von 180 °C nicht komplett zersetzt und somit ein Teil des Azodicarbonamides als aktives

Nukleierungsmittel wirkt.

Lineare Polypropylene

- Die Schäumversuche an den vier untersuchten linearen PP haben gezeigt, dass bereits

durch die Erhöhung der gewichtsmittleren Molmasse von linearem PP ein Anstieg des

Page 153: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

147

Aufschäumgrades erreicht werden kann. Ursache hierfür ist die mit zunehmender

Molmasse ansteigende Viskosität, die sowohl zu einem geringeren Diffusionskoeffizienten

des Gases in der Schmelze als auch zu einer höheren Schmelzefestigkeit führt. Wie ein

Vergleich mit den Ergebnissen der langkettenverzweigten Polypropylene veranschaulicht

hat, führt jedoch eine ausgeprägte Dehnverfestigung bei vergleichbarer

Schmelzefestigkeit zu signifikant größeren Aufschäumgraden und zu einer deutlich

homogeneren Schaumstruktur. Dies kann durch die selbstheilende Wirkung der

Dehnverfestigung erklärt werden, da die durch die Dehnverfestigung hervorgerufene

starke Zunahme der Viskosität mit steigender Dehnung einem frühzeitigen Reißen der

Zellwände durch lokale Schwachstellen oder Inhomogenitäten entgegenwirkt. Ein solcher

Selbstheilungseffekt kann durch die Erhöhung der Schmelzefestigkeit von linearem PP

über die Vergrößerung der gewichtsmittleren Molmasse nicht erreicht werden, weshalb

die linearen Polypropylene trotz teilweise höherer Schmelzefestigkeit im Vergleich zu den

langkettenverzweigten Polypropylenen niedrigere Aufschäumgrade und inhomogenere

Schaumstrukturen aufweisen.

Elektronenbestrahlte Polypropylene

- Durch Elektronenbestrahlung des L-PP3 mit einer Dosis von 5 kGy konnte bereits eine

signifikante Verbesserung des Schäumverhaltens des linearen Polypropylens hinsichtlich

eines höheren Aufschäumgrades und einer homogeneren Zellstruktur erreicht werden.

Ursache hierfür ist die ausgeprägte Dehnverfestigung bei niedrigen

Dehngeschwindigkeiten aufgrund der eingebrachten Langkettenverzweigungen.

- Eine Erhöhung der Bestrahlungsdosis auf 60 kGy führte zwar zu einer weiteren Zunahme

des Aufschäumgrades und einer homogeneren Zellstruktur, die bei dem kommerziellen

langkettenverzweigten LCB-PP1 erzielten Aufschäumgrade konnten jedoch trotz ähnlich

hohen Anteils an Langkettenverzweigungen nicht erreicht werden. Dies liegt zum einen an

der geringer ausgeprägten Dehnverfestigung und zum anderen an der deutlich

niedrigeren Molmasse des mit 60 kGy elektronenbestrahlten Polypropylens im Vergleich

zu dem LCB-PP1.

Hochschmelzefeste Polypropylene mit einer hochmolekularen Komponente

- Geringe Anteile einer hochmolekularen Komponente aus Polyethylen in einem linearen

Polypropylen führen ebenfalls zu einer Verbesserung des Aufschäumverhaltens linearer

Polypropylene hinsichtlich eines höheren Aufschäumgrades und einer gleichmäßigeren

Zellstruktur.

- Der Aufschäumgrad der beiden HMS-PP ist allerdings deutlich niedriger als der des LCB-

PP1, was darauf zurückzuführen ist, dass die beiden HMS-PP nur bei niedrigen

Dehngeschwindigkeiten ein ausgeprägtes Dehnverfestigungsverhalten aufweisen.

Page 154: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

148

5.3 Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel

Anhand der Herstellung von Polypropylenschäumen mit CO2 als physikalischem Treibmittel

wurde untersucht, inwiefern sich das Verarbeitungsverhalten der Polypropylene beim

Schäumen mit physikalischem Treibmittel von dem beim Schäumen mit chemischem

Treibmittel unterscheidet. Ziel war es insbesondere herauszuarbeiten, ob sich das

unterschiedliche dehnrheologische Verhalten der Polypropylene ähnlich stark auf das

Verarbeitungsverhalten bei der Schaumherstellung mit physikalischem Treibmittel auswirkt

wie mit chemischem Treibmittel. Für diese Untersuchungen wurden die Blends aus dem L-

PP1 und dem LCB-PP1 ausgewählt, da diese eine breite Variation im

Dehnverfestigungsverhalten zeigen. Anhand der beiden Blendpartner wurde zunächst der

Einfluss der Prozessparameter, in erster Linie der Extrusionstemperatur, auf die Herstellung

von Polypropylenschäumen mit physikalischem Treibmittel analysiert.

5.3.1 Voruntersuchungen zum Einfluss der Prozessparameter

Erste Voruntersuchungen haben gezeigt, dass es sowohl für das L-PP1 als auch für das

LCB-PP1 erforderlich ist, zur Herstellung von Schäumen mit physikalischem Treibmittel ein

Nukleierungsmittel hinzuzugeben. Die Nukleierungsrate der Polypropylene war ohne die

Zugabe eines Nukleierungsmittels so niedrig, dass nur sehr wenige Zellen gebildet wurden.

Da das ganze Gas in die wenigen nukleierten Zellen diffundiert ist, lagen die Zellgrößen der

extrudierten Schäume im Millimeterbereich. Im Fall des L-PP kam es sogar zu einem

vollständigen Zusammenbruch der Zellstruktur. Die Notwendigkeit der Zugabe von

Nukleierungsmitteln zur Herstellung von Polypropylenschäumen mit physikalischen

Treibmitteln wurde bereits von einigen Autoren in der Literatur beschrieben [z.B. Park et al.

1996, Heinz 2002, Spitael und Macosko 2004]52. Als gängiges Nukleierungsmittel für die

Schaumextrusion von Polypropylen mit physikalischem Treibmittel hat sich Talkum bewährt.

Die eingesetzten Talkumkonzentrationen liegen meist im Bereich von 0,1 bis 1 Gew.-% [z.B.

Heinz 2002, Naguib et al. 2002, Spitael und Macosko 2004]. Für die im Rahmen dieser

Arbeit durchgeführten Untersuchungen wurde eine Talkumkonzentration von 0,5 Gew.-%

verwendet53.

52An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass es auch möglich ist, Polypropylenschäume mit physikalischen Treibmitteln ohne die Zugabe von Nukleierungsmitteln herzustellen, wenn der Druckabfall an der Düse sehr groß ist (einige hundert bar) und der Druckabfall in sehr kurzer Zeit erfolgt [Park und Cheung 1997]. 53 Eine Beeinflussung der rheologischen Eigenschaften in Scherung und Dehnung durch einen Talkumanteil von 0,5 Gew.-% wurde weder für das L-PP1 noch das LCB-PP1 gefunden. Anhand der Druckabfälle während der Schaumextrusion wurde jedoch festgestellt, dass ähnlich wie beim Schäumen mit chemischem Treibmittel, die Zugabe von CO2 zu einer Viskositätserniedrigung führt. Untersuchungen von Wendel (2004) zeigten, dass die Viskositätserniedrigung durch 2 Gew.-% CO2 bei einer Extrusionstemperatur von 180 °C für die beiden Polypropylene L-PP1 und LCB-PP1 etwa gleich stark ausfällt. Sie liegt um 15 %.

Page 155: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

149

Aufgrund der ungenauen Dosierbarkeit der Treibmittelzugabe, die durch Abwiegen von

Trockeneis erfolgte (siehe Kapitel 5.1.3), und der nicht genau kalkulierbaren Gasverluste

beim Befüllen der Schäumapparatur ist es nicht möglich, die zugegebene Gaskonzentration

exakt zu bestimmen. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Ergebnissen der

Schäumversuche zu erhalten, wurde immer die gleiche Menge an Trockeneis zugegeben, so

dass unter der Annahme gleicher Gasverluste beim Befüllen von einer gleichen

Gaskonzentration bei den durchgeführten Versuchen von etwa 5 Gew.-% CO2 ausgegangen

werden kann54. Untersuchungen zur Reproduzierbarkeit der Schäumversuche mit CO2 als

Treibmittel haben gezeigt, dass sich die Aufschäumgrade zwischen drei unter identischen

Bedingungen durchgeführten Schäumversuchen im Rahmen der Messgenauigkeit nicht

voneinander unterscheiden [Wendel 2004] .

Zur Untersuchung des Einflusses der Extrusionstemperatur wurden Schäumversuche bei

180, 175, 170, 165 und 160 °C durchgeführt, wobei das Polypropylen zusammen mit dem

Trockeneis jeweils bei einer Temperatur von 180 °C in die Schäumapparatur eingefüllt wurde

und nach Ablauf der Aufschmelzzeit von 5 min in der Schäumapparatur auf die

entsprechende Extrusionstemperatur heruntergekühlt wurde. Die Schaumextrusion erfolgte

bei einer konstanten Extrusionsgeschwindigkeit von 1 mm/s, was einer scheinbaren

Schergeschwindigkeit von 730 s-1 entspricht. Der ermittelte Aufschäumgrad der extrudierten

Stränge der beiden Polypropylene ist in Bild 5.21 als Funktion der Extrusionstemperatur

dargestellt. Wie erwartet, bewirkt die Herabsetzung der Extrusionstemperatur aufgrund der

Zunahme der Schmelzeviskosität, der Verringerung des Diffusionskoeffizienten und der

Verkürzung der Zeit bis zum Erstarren der Schaumstruktur eine Zunahme des

Aufschäumgrades, die bei beiden PP ähnlich verläuft. Dies ist, wie bereits in Kapitel 5.2.1.1

diskutiert, auf die vergleichbare Änderung der Schmelzeviskosität mit der Temperatur

aufgrund der ähnlichen Aktivierungsenergien der beiden Polypropylene zurückzuführen. Das

LCB-PP1 besitzt im gesamten untersuchten Temperaturbereich einen größeren

Aufschäumgrad als das L-PP1, was darauf hindeutet, dass die ausgeprägte

Dehnverfestigung des LCB-PP1 auch beim Schäumen mit physikalischem Treibmittel zu

einer Verringerung der Gasverluste an die Umgebung führt.

Es fällt jedoch auf, dass der Unterschied in den Aufschäumgraden der beiden Polypropylene

bei der niedrigsten Temperatur deutlich geringer ist als bei den anderen Temperaturen, wenn

54 Im Rahmen der Diplomarbeit von Wendel (2004) wurden Untersuchungen mit verschiedenen Treibmittelkonzentrationen durchgeführt. Dabei hat sich herausgestellt, dass bei 5 Gew.-% CO2 die höchsten Aufschäumgrade erzielt werden konnten. Bei Erhöhung des Treibmittelanteils auf 8 bzw. 10 Gew.-% nahm der Aufschäumgrad wieder ab, was vermutlich auf zu große Gasverluste bei der Befüllung der Schaumapparatur zurückzuführen ist.

Page 156: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

150

160 165 170 175 1800

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

g/cm3

°C

L-PP1 LCB-PP1

Auf

schä

umgr

ad (

)

Extrusionstemperatur

D = 730 s-1

Dic

hte

()

Bild 5.21: Aufschäumgrad und Dichte als Funktion der Extrusionstemperatur für L-PP1 und LCB-PP1

man die Streuung der Ergebnisse berücksichtigt55. Deutlicher wird dies bei einem Vergleich

der gemessenen Dichten, die ebenfalls in Bild 5.21 dargestellt sind. Während das LCB-PP

bei 180 °C eine wesentlich niedrigere Dichte als das L-PP aufweist, nähern sich die Dichte

mit abnehmender Temperatur immer weiter an, und bei der geringsten Temperatur sind sie

nahezu gleich groß. Die Änderung der Dichte mit der Temperatur ist bei dem linearen PP

deutlich ausgeprägter als bei dem LCB-PP1. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das LCB-

PP1 bereits bei der Ausgangstemperatur von 180 °C eine deutlich niedrigere Dichte als das

L-PP1 besitzt und somit die durch die Verringerung der Temperatur erreichbare

Dichtereduktion zumindest absolut geringer ausfällt.

Bei Betrachtung der Schaumstrukturen der beiden Polypropylene in Bild 5.22 bei den

Extrusionstemperaturen von 180 °C, 170 °C und 160 °C wird für das L-PP im Vergleich zum

LCB-PP eine wesentlich stärkere Abhängigkeit der Schaumstruktur von der Temperatur

erkennbar. Bei der Extrusionstemperatur von 180 °C zeigt das lineare L-PP1 (Bild 5.22a)

eine sehr inhomogene Zellstruktur, bei der insbesondere in der Strangmitte aufgrund der

großen Gasverluste fast keine Zellen vorhanden sind. Das LCB-PP1 (Bild 5.22b) hingegen

besitzt bereits bei dieser hohen Extrusionstemperatur eine gleichmäßige Zellstruktur.

55 Die Streuung im Aufschäumgrad bei den niedrigen Temperaturen ist aufgrund der geringen Dichte deutlich größer, da in diesem Dichtebereich (≤ 0,1 g/cm3) aufgrund der Berechnungsformel des Aufschäumgrades bereits geringe Schwankungen in der gemessenen Dichte zu großen Streuungen in den Aufschäumgraden führen.

Page 157: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

151

Bild 5.22: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei verschiedenen Extrusionstemperaturen (a,b: T =

180 °C; c,d: T= 170 °C; e,f: T = 160 °C) extrudierten Schaumstränge des L-PP1 (linke Spalte) und des

LCB-PP1 (rechte Spalte)

Die Verringerung der Extrusionstemperatur auf 170 °C führt bei dem L-PP (Bild 5.22c) zu

einem deutlich stärker aufgeschäumten Strang als bei 180 °C. Dies ist auf die verminderten

Gasverluste zurückzuführen. Die Zellstruktur ist aber immer noch sehr inhomogen, und es ist

eine Vielzahl von aufgerissenen Zellwänden und vereinigten Zellen zu erkennen. Durch eine

weitere Absenkung der Extrusionstemperatur auf 160 °C konnte jedoch bei dem linearen PP

(Bild 5.22e) eine ähnlich homogene Schaumstruktur wie bei dem langkettenverzweigten PP

(Bild 5.22f) erzielt werden.

Eine mögliche Erklärung für das ähnlich gute Aufschäumverhalten des L-PP1 im Vergleich

zu dem LCB-PP1 bei der Temperatur von 160 °C ergibt sich aus der Analyse des

a b

200µm200µm

c d

200µm

200µm

f

200µm

200µm

e

Page 158: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

152

Druckabfalls56. Zwischen den Extrusionstemperaturen von 180 °C und 165 °C ändert sich

der Druckabfall für beide PP ähnlich. Für das lineare PP steigt der Druckabfall von 100 bar

bei 180 °C auf 125 bar bei 165 °C an und bei dem LCB-PP von 90 bar bei 180 °C auf 115

bar bei 165 °C. Bei Verringerung der Extrusionstemperatur von 165 °C auf 160 °C tritt bei

dem L-PP jedoch eine deutlich stärkere Zunahme des Druckabfalls von 125 auf 160 bar auf

als bei dem LCB-PP1, bei dem der Druckabfall lediglich von 115 auf 130 bar ansteigt.

Der deutlich stärkere Druckanstieg des L-PP1 im Vergleich zum LCB-PP1 bei Verringerung

der Extrusionstemperatur von 165 auf 160°C deutet auf eine starke Änderung der

Schmelzeviskosität hin, die allein durch die Temperaturabhängigkeit der Viskosität nicht zu

erklären ist. Grund für die starke Zunahme der Viskosität ist vermutlich die einsetzende

Kristallisation. Neben dem überproportionalen Druckanstieg zwischen 165 und 160 °C ist die

Verstopfung der Düse bei einer Reduktion der Temperatur auf 155 °C bei dem linearen PP

ein Indiz für die Gültigkeit dieser Vermutung. Demgegenüber war bei dem LCB-PP1 bei

155 °C noch eine Extrusion möglich. Dies ist überraschend, da das langkettenverzweigte

Polypropylen eine höhere Kristallisationstemperatur als das lineare PP aufweist57. Aufgrund

der deutlichen Differenz zwischen der Extrusionstemperatur und der

Kristallisationstemperatur der Polypropylene kann davon ausgegangen werden, dass eine

fließinduzierte Kristallisation stattfindet. Demzufolge könnte die höhere Scherbeanspruchung

des L-PP1 aufgrund der größeren Scherviskosität im Vergleich zum LCB-PP1 dafür

verantwortlich sein, dass die Kristallisation des L-PP bei einer höheren Extrusionstemperatur

als bei dem LCB-PP1 einsetzt58.

Unter der Annahme, dass bei der Schaumextrusion des L-PP1 bei 160 °C eine

Beeinflussung des Aufschäumverhaltens durch die einsetzende Kristallisation erfolgt, kann

der ähnlich hohe Aufschäumgrad des L-PP1 im Vergleich zum LCB-PP1 und die homogene

Zellstruktur des L-PP1 auf die Zunahme der Schmelzefestigkeit durch die kristallinen Anteile

56 Die Schaumextrusionsparameter der an der Laborschäumeinrichtung durchgeführten Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel können Anhang G entnommen werden. 57 Die Kristallisationstemperatur wird natürlich durch das zugegebene Nukleierungsmittel und das gelöste Treibmittel beeinflusst. Eigene Untersuchungen zum Einfluss des Nukleierungsmittel haben gezeigt, dass sich die Kristallisationstemperatur des L-PP1 von 110,2 °C (bei 10 K/min Abkühlrate) auf 121,0 °C erhöht während die des LCB-PP1 von 127,0 °C im Vergleich zum ungefüllten Material von 126,2 °C annähernd gleich bleibt. Aus Untersuchungen von Naguib et al. (2005) geht hervor, dass CO2 zu einer Verringerung der Kristallisationstemperatur von Polypropylen führt. Allerdings ist der Effekt bei linearen und langkettenverzweigten PP gleich stark ausgeprägt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Kristallisationstemperatur des talkum- und CO2-gefüllten LCB-PP1 etwa 6 °C höher als die des talkum- und CO2-gefüllten L-PP1 ist. 58 Der Grund warum beim Schäumen mit chemischem Treibmittel trotz gleicher Extrusionstemperatur von 160 °C kein Einfluss einer scherinduzierten Kristallisation auf die Schaumextrusion des L-PP1 festgestellt wurde (siehe Kapitel 5.2.1), liegt vermutlich hauptsächlich an der niedrigeren Extrusionsgeschwindigkeit von 0,5 mm/s und der demzufolge deutlich geringeren Scherbeanspruchung. Das unterschiedliche Treibmittel und die Zugabe von Talkum als Nukleierungsmittel sind weitere Einflussfaktoren, die eine Rolle spielen könnten.

Page 159: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

153

zurückgeführt werden. Welche Rolle eine fließinduzierte Kristallisation während der

Schaumextrusion auf das Aufschäumverhalten besitzt, ist weitgehend unbekannt. Naguib et

al. (2002) und (2004) untersuchten die Abhängigkeit des Aufschäumgrades von der

Extrusionstemperatur bei der Schaumextrusion von linearem und langkettenverzweigtem

Polypropylen mit dem physikalischen Treibmittel Butan. Sie stellten fest, dass der

Aufschäumgrad mit abnehmender Temperatur durch ein Maximum läuft. Die Autoren führen

dies darauf zurück, dass bei hohen Temperaturen die Gasverluste durch Diffusion

dominieren, wodurch der Aufschäumgrad mit abnehmender Temperatur ansteigt, während

das Aufschäumverhalten bei niedrigen Temperaturen von der einsetzenden Kristallisation

bestimmt wird, welche zu einer Verminderung der Expansionszeit und somit zu einer

Abnahme des Aufschäumgrades mit der Temperatur führt. Aus den ebenfalls dargestellten

Verläufen des Extrusionsdruckes mit der Temperatur wird deutlich, dass im Bereich niedriger

Temperaturen auch ein starker Druckanstieg auftritt, der auf eine scherinduzierte

Kristallisation hindeutet, auf die von den Autoren jedoch nicht eingegangen wird. Demzufolge

scheint das Aufschäumverhalten bei niedrigen Temperaturen nicht nur durch die kürzere

Abkühlzeit im Vergleich zu höheren Temperaturen, sondern auch durch eine scherinduzierte

Kristallisation in der Düse beeinflusst zu sein.

Bei dem Vergleich der angegebenen Druckverläufe als Funktion der Temperatur mit den

gemessenen Aufschäumgraden fällt auf, dass der starke Druckanstieg insbesondere bei

dem linearen Polypropylen zunächst zu einer signifikanten Erhöhung des Aufschäumgrades

führt, bevor der Aufschäumgrad stark abfällt. Dies lässt vermuten, dass es für lineare

Polypropylene einen engen Temperaturbereich gibt, in dem sich die einsetzende

scherinduzierte Kristallisation positiv auf das Aufschäumverhalten auswirkt. Wird dieser

Temperaturbereich unterschritten, führt die zunehmende Kristallisation jedoch zu einer

starken Abnahme des Aufschäumgrades oder wie im Fall der Untersuchungen an der

Laborschäumeinrichtung zu einer Verstopfung der Düse. Um diese Hypothese zu belegen,

wären jedoch weitere intensive Untersuchungen zum Einfluss einer scherinduzierten

Kristallisation auf das Schäumverhalten bei der Schaumextrusion erforderlich.

Aus den Untersuchungen kann zusammenfassend festgestellt werden, dass das

Schäumverhalten des linearen L-PP1 deutlich stärker von der Extrusionstemperatur

abhängig ist als dies bei dem langkettenverzweigten LCB-PP1 der Fall ist. Grund hierfür ist

die niedrige Schmelzefestigkeit des L-PP, wodurch es insbesondere bei den höheren

Temperaturen zu einem Aufreißen der Zellwände und somit zu einer sehr inhomogenen

Zellstruktur und einem hohen Gasverlust kommt. Bei der niedrigsten Extrusionstemperatur

von 160 °C weist das L-PP1 jedoch eine ähnlich homogene Zellstruktur und einen ähnlich

hohen Aufschäumgrad wie das LCB-PP1 auf. Dies ist vermutlich auf eine Erhöhung der

Schmelzefestigkeit des L-PP1 durch eine scherinduzierte Kristallisation zurückzuführen.

Page 160: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

154

5.3.2 Schäumversuche an den Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

Aufgrund der Ergebnisse der Vorversuche in Kapitel 5.3.1 wurde für die Schäumversuche

der Blends aus L-PP1 und LCB-PP1 ebenfalls 0,5 Gew.-% Talkum als Nukleierungsmittel

zugemischt und 5 Gew.-% Trockeneis als physikalisches Treibmittel hinzugegeben. Es

wurden Untersuchungen bei drei verschiedenen Extrusionstemperaturen von 180, 170 und

160 °C durchgeführt, wobei die Zugabe der Polypropylene in die Schäumapparatur jeweils

bei 180 °C erfolgte. Die Extrusionsgeschwindigkeit betrug 1 mm/s, was einer scheinbaren

Schergeschwindigkeit von 730 s-1 entspricht.

Im Bild 5.23 sind der Aufschäumgrad und die Dichte als Funktion des Gewichtsanteils an

LCB-PP1 für die drei untersuchten Extrusionstemperaturen dargestellt. Bei der höchsten

Extrusionstemperatur nimmt die Dichte mit steigendem Anteil an LCB-PP1 von 2 bis 50

Gew.-% stark ab. Zwischen den Blends mit 50 bzw. 75 Gew.-% und dem reinen LCB-PP1

sind nur geringe Unterschiede in der Dichte erkennbar. Dies korreliert mit den Ergebnissen,

die beim Schäumen mit chemischem Treibmittel gefunden wurden (siehe Kapitel 5.2.1). Die

zunehmende Dehnverfestigung mit steigendem Anteil an LCB-PP vermindert das Aufreißen

der Zellwände und somit den Gasverlust an die Umgebung. Bei 50 Gew.-% LCB-PP ist die

Dehnverfestigung ausreichend hoch, um einen ähnlich hohen Aufschäumgrad wie bei dem

reinen LCB-PP1 zu erzielen. Bei den beiden niedrigeren Extrusionstemperaturen tritt jedoch

ein deutlich anderer Verlauf der Dichte bzw. des Aufschäumgrad als Funktion des Anteils an

langkettenverzweigtem PP in den Blends auf. Bei beiden Extrusionstemperaturen ist ein

deutliches Maximum im Aufschäumgrad im Bereich von etwa 50 Gew.-% LCB-PP

vorhanden, welches bei der niedrigeren Temperatur noch etwas ausgeprägter ist.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00

5

10

15

20

25

T = 160 °C T = 170 °C T = 180 °C

Aufs

chäu

mgr

ad

φLCB-PP1

D = 730 s-1a)

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

T = 180 °C T = 170 °C T = 160 °C

Dic

hte

φLCB-PP1

D = 730 s-1g/cm3

b)

Bild 5.23: Aufschäumgrad (a) und Dichte (b) als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der bei

drei verschiedenen Extrusionstemperaturen und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 730 s-1

extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 - Blends

Page 161: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

155

Um die Ursache für das Maximum im Aufschäumgrad genauer analysieren zu können,

wurden bei der niedrigsten Extrusionstemperatur Aufnahmen der Zellstrukturen einiger

ausgewählter Blends mit dem Rasterelektronenmikroskop angefertigt und anschließend

hinsichtlich des mittleren Zelldurchmessers und der Zelldichte ausgewertet. Die REM-

Aufnahmen sind in Bild 5.24 dargestellt. Bei dem reinen L-PP1 (Bild 5.24a) ist eine deutliche

Variation der Zellgröße zwischen dem Rand des Stranges und der Mitte des Stranges

erkennbar. Ursache hierfür ist vermutlich der Temperaturgradient vom Äußeren zum Inneren

der Probe, wodurch die Zeit bis zum Einfrieren der Schaumstruktur im Zentrum des Stranges

länger dauert. Die Zellen im Zentrum des Stranges sind größer als am Rand, da es

vermutlich aufgrund der längeren Abkühlzeit zu Zellvereinigungen gekommen ist.

Bild 5.24: REM-Aufnahmen der Bruchflächen der bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C

extrudierten Schaumstränge a) des L-PP1, der Blends des L-PP1 mit b) 10 Gew.-%, c) 25 Gew.-%, d)

50 Gew.-%, e) 75 Gew.-% LCB-PP1 und f) des LCB-PP1

a b

200µm200µm

c d

200µm

200µm

f

200µm

200µm

e

Page 162: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

156

Die Zellstruktur des Blends mit 10 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.24b) ist ebenfalls noch sehr

inhomogen. Demgegenüber weisen die Blends mit 25 Gew.-% und 50 Gew.-% LCB-PP1

(Bild 5.24c und d) eine gleichmäßigere Verteilung der Zellgrößen über den Querschnitt auf,

die Zelldurchmesser sind jedoch signifikant größer als bei dem reinen L-PP1. Letzteres liegt

an dem hohen Anteil an LCB-PP1, welches, wie aus (Bild 5.24f) hervorgeht, deutlich größere

Zellen als das L-PP besitzt.

Die homogenere Zellverteilung der Blends mit 25 und 50 Gew.-% LCB-PP1 im Vergleich zu

dem L-PP1 und den Blends mit geringeren Anteilen an LCB-PP1 lässt sich mit der größeren

Dehnverfestigung begründen, welche die Bildung von Zellvereinigungen verhindert. Somit

kann der Anstieg des Aufschäumgrades bis zu 50 Gew.-% LCB-PP1 vermutlich auf die

Verringerung von Zellzusammenschlüssen und eine gleichmäßigere Verteilung der Zellgröße

zurückgeführt werden.

Das Blend mit 75 Gew.-% LCB-PP1 (Bild 5.24e) weist aufgrund des sehr großen Anteils an

langkettenverzweigtem PP erwartungsgemäß die größten Zellen der vier dargestellten

Blends auf. Die Zellgröße unterscheidet sich nur noch geringfügig von der des reinen LCB-

PP1. Außer den größeren Zelldurchmessern des Blends mit 75 Gew.-% LCB-PP1 und dem

reinen LCB-PP1 im Vergleich zum Blend mit 50 Gew.-% LCB-PP kann anhand der REM-

Aufnahmen keine weitere Ursache für die Abnahme des Aufschäumgrades von 50 bis 100

Gew.-% LCB-PP1 gefunden werden. Deshalb wird vermutet, dass der große

Zelldurchmesser im Zusammenspiel mit der hohen Dehnverfestigung zu der Verringerung

des Aufschäumgrades führt. Aufgrund der großen Zelldurchmesser ist die Dehnung der

Polymerschmelze in den Zellwänden sehr groß. Durch die starke Dehnverfestigung, die zu

einem starken Anstieg der Dehnviskosität und somit der Schmelzefestigkeit mit wachsender

Dehnung der Schmelze führt, ist die erforderliche Kraft, um ein weiteres Anwachsen der

Zelle zu ermöglichen, sehr hoch. Demzufolge reicht vermutlich der Gasdruck in den Zellen

für eine weitere Expansion nicht mehr aus. Der Grund, warum das Maximum im

Aufschäumgrad erst bei den niedrigen Extrusionstemperaturen aufgetreten ist, liegt

wahrscheinlich an den höheren Aufschäumgraden. Es ist leicht verständlich, dass sich die

Nachteile einer hohen Schmelzefestigkeit hinsichtlich der Behinderung der Expansion der

Zellen erst bei hohen Expansionsgraden bemerkbar machen.

Die schlechtere Zellnukleierung des LCB-PP1 im Vergleich zum L-PP1 wird auch in den

Ergebnissen der quantitativen Auswertung der Zellstrukturen in Bild 5.25 deutlich. Das LCB-

PP1 weist sowohl einen größeren mittleren Zelldurchmesser als auch eine niedrigere

Zelldichte als das L-PP1 auf. Der mittlere Zelldurchmesser der extrudierten Schaumstränge

nimmt mit dem Anteil an LCB-PP1 kontinuierlich zu, wobei der Anstieg immer geringer wird.

Die Zelldichte durchläuft ein Maximum im Bereich von 5 Gew.-% LCB-PP und nimmt ab

einem Anteil von 25 Gew.-% nahezu linear mit steigendem Anteil an LCB-PP1 ab. Die

Page 163: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

157

höheren Zelldichten der Blends mit 2 bis 10 Gew.-% LCB-PP1 im Vergleich zu dem L-PP1

resultieren vermutlich aus der Verminderung der Abnahme der nukleierten Zellenanzahl

während des Aufschäumvorganges aufgrund von Zellzusammenschlüssen, die durch die

Dehnverfestigung der Blends hervorgerufen wird. Dadurch wird die geringere

Nukleierungsdichte der Blends aufgrund des negativen Einflusses der vorhandenen Anteile

an LCB-PP1 kompensiert. Allerdings deutet die starke Abnahme der Zelldichte zwischen

dem Maximalwert bei 5 Gew.-% bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% darauf hin, dass

zwischen den Blends mit geringen Anteilen an LCB-PP1 und den Blends mit hohen Anteilen

an LCB-PP1 ein signifikanter Unterschied in der Nukleierungsdichte vorliegen muss, der

nicht allein durch die Verschlechterung der Nukleierungsrate mit steigendem Anteil an LCB-

PP1 erklärbar ist.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00

100

200

300

400

0,0

2,0x106

4,0x106

6,0x106

8,0x106

1,0x107

µm

Zelld

urch

mes

ser

()

φLCB-PP1

Zelle

nanz

ahl p

ro c

m3 (

)

T = 160 °CD = 730 s-1

Bild 5.25: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1 der

bei einer Extrusionstemperatur von 160 °C extrudierten Schaumstränge der L-PP1/LCB-PP1 - Blends

Die Ursache für die überproportionale Zunahme der Zelldichte bei Verringerung des Anteils

an LCB-PP1 von 25 Gew.-% auf 10 bzw. 5 Gew.-% ist vermutlich auf eine Beeinflussung des

Nukleierungsverhaltens der Blends mit Anteilen an LCB-PP1 kleiner als 25 Gew.-% LCB-

PP1 durch eine scherinduzierte Kristallisation zurückzuführen. Ein Indiz für diese Vermutung

ergibt sich anhand der Druckverluste. Während der Druckverlust von 130 bar bei dem LCB-

PP1 bis zu einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 auf 140 bar ansteigt, nimmt der

Druckabfall bei Verringerung des Anteils an LCB-PP auf 10 Gew.-% auf 150 bar zu. Diese

starke Zunahme des Druckabfalls kann alleine durch die geringfügig höhere Viskosität des

Blends mit 10 Gew.-% LCB-PP1 aufgrund des geringeren Anteils an LCB-PP1 nicht erklärt

werden, sondern deutet auf eine zusätzliche Erhöhung der Schmelzeviskosität durch

scherinduzierte Kristallisation hin. Welchen Einfluss eine scherinduzierte Kristallisation

neben der Erhöhung des Druckverlustes auf die Zellnukleierung hat ist nicht bekannt. Spitael

Page 164: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

158

und Macosko (2004) zufolge führt eine frühzeitig einsetzende Kristallisation zu einer

Verringerung der Nukleierungsrate und somit zu einer geringeren Nukleierungsdichte , da die

kristallinen Bereiche weniger Gas aufnehmen können. Die Ergebnisse in Bild 5.25 deuten

jedoch eher an, dass die scherinduzierte Kristallisation zu einer höheren Nukleierungsdichte

führt. Ein möglicher Erklärungsansatz wäre, dass die während der kurzen

Scherbeanspruchung in der Düse gebildeten Kristallisationskeime so klein sind, dass sie wie

ein zusätzliches Nukleierungsmittel wirken.

5.3.3 Zusammenfassung

Die wesentlichen Ergebnisse der Schäumversuche mit CO2 als physikalischem Treibmittel

können wie folgt zusammengefasst werden:

- Das LCB-PP1 zeigt bei den Verarbeitungstemperaturen von 180 bis 165 °C aufgrund der

ausgeprägten Dehnverfestigung ein deutlich besseres Aufschäumverhalten im Vergleich

zu dem L-PP1. Dies äußert sich in einem höheren Aufschäumgrad, einer homogeneren

Zellstruktur und geringeren Anteilen an miteinander verbundenen Zellen. Das lineare

Polypropylen zeigt bei der niedrigsten Extrusionstemperatur eine ähnlich homogene

Zellstruktur und einen ähnlich hohen Aufschäumgrad wie das LCB-PP1. Grund für das

gute Aufschäumverhalten des linearen PP bei 160 °C ist vermutlich eine Erhöhung der

Schmelzefestigkeit des L-PP durch eine einsetzende scherinduzierte Kristallisation in der

Düse.

- Für die Blends wurde eine signifikante Zunahme des Aufschäumgrades mit steigendem

Anteil an LCB-PP bis zu 50 Gew.-% festgestellt, welche auf die Verminderung des

Aufreißens von Zellwänden durch die mit dem Anteil an LCB-PP zunehmende

Dehnverfestigung der Blends zurückgeführt werden kann. Während bei der

Extrusionstemperatur von 180 °C ähnlich wie in den Schäumversuchen mit chemischem

Treibmittel kein signifikanter Unterschied in den Aufschäumgraden der Blends mit mehr

als 50 Gew.-% LCB-PP und dem reinen LCB-PP festgestellt wurde, tritt bei den

Extrusionstemperaturen von 170 und 160 °C oberhalb von 50 Gew.-% LCB-PP1 eine

Abnahme des Aufschäumgrades mit steigendem Anteil an LCB-PP auf. Ursache hierfür

ist der große Widerstand der Schmelze in den Zellwänden gegen eine weitere Expansion

der Zelle aufgrund der großen Zelldurchmesser und der hohen Schmelzefestigkeit der

Blends mit hohen Anteilen an LCB-PP. Grund für die großen Zelldurchmesser ist der

starke Einfluss der niedrigen Nukleierungsrate des LCB-PP1. Aufgrund der mit dem Anteil

an LCB-PP steigenden Dehnverfestigung und der hohen Dehnung der Schmelze in den

Zellwänden der großen Zellen nimmt der Deformationswiderstand stark zu, so dass der

Gasdruck in den bereits stark aufgeschäumten Zellen nicht mehr ausreicht, um den hohen

Widerstand gegen eine weitere Expansion der Zelle zu überwinden.

Page 165: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

159

5.4 Schäumversuche an einer Technikumsanlage

Eine wichtige Frage für die Bewertung der an der Laborschäumeinrichtung ermittelten

Ergebnisse ist deren Übertragbarkeit auf Schaumextrusionsanlagen, wie sie in der

industriellen Praxis eingesetzt werden. Um dies zu überprüfen, wurden Schäumversuche an

einer Technikumsanlage der Firma Chisso Petrochemical Corporation in Chiba, Japan,

durchgeführt59. Im Folgenden sollen zunächst der Aufbau der Technikumsanlage und die

Vorgehensweise bei der Schaumextrusion vorgestellt werden.

5.4.1 Aufbau der Technikumsanlage und Vorgehensweise

Die verwendete Technikumsanlage besteht aus einem Tandem-Extruder mit einer Ringdüse

und einer Abzugseinheit. Sie wird für die Herstellung von geschäumten Folien bzw. Platten

eingesetzt, die häufig in einem anschließenden Thermoformprozess weiterverarbeitet

werden. Die Schaumextrusion erfolgte an einem Tandem Extruder der Fa. Giken Co. Ltd.

bestehend aus zwei Einschneckenextrudern60. In dem ersten Extruder wird das eingefüllte

Polymer aufgeschmolzen und homogenisiert. Unmittelbar vor dem Übergang der Schmelze

aus dem ersten in den zweiten Extruder erfolgt die Zugabe des Treibmittels. Als Treibmittel

wurde Butan verwendet 61, welches durch eine Einspritzeinheit direkt in den Zylinder des

Extruders eingespritzt wurde. Die Steuerung der zugegebenen Gasmenge erfolgte über eine

Gaspumpe. Der zweite Extruder dient der Vermischung des Treibmittels mit der

Polymerschmelze und der Abkühlung der Schmelze auf die gewünschte

Extrusionstemperatur. Für die Herstellung der Schaumfolien wurde eine Ringdüse

verwendet. Der innere Durchmesser der Ringdüse betrug 36 mm und als standardmäßige

Spaltbreite wurde 0,8 mm eingestellt. Unmittelbar nach Verlassen der Düse wird der

extrudierte Schlauch mit Hilfe eingeblasener Luft (61 °C) abgekühlt und gleichzeitig wird der

Innendurchmesser des Schlauches von 36 mm beim Verlassen der Düse auf den

Außendurchmesser des Kühldornes, der 110 mm beträgt, aufgeblasen. Der Kühldorn wird

mit Wasser gekühlt und dient der weiteren Senkung der Temperatur des Schaums und der

definierten Einstellung des inneren Schlauchdurchmessers. An der Unterseite des Kühldorns

befindet sich eine Schneidevorrichtung, mit welcher der Schlauch der Länge nach

aufgeschnitten wird. Anschließend wird der aufgeschnittene Schlauch flachgelegt und über

eine Abzugseinheit zum Wickler transportiert.

59 Die Untersuchungen an der Technikumsanalage der Firma Chisso Petrochemical Corporation erfolgten im Rahmen eines dreimonatigen Forschungsaufenthaltes an der Yamagata Universität in Japan. 60 Die genaueren Details des Tandem-Extruders (z.B. Schneckengeometrie, L/D-Verhältnis e.t.c.) sind Know-how der Firma Chisso Petrochemical Corporation. 61 Eine Umrüstung der Technikumsanlage für die Verwendung von CO2 als Treibmittel zur besseren Vergleichbarkeit mit den an der Laboreinrichtung durchgeführten Schäumversuchen wäre zu zeitaufwendig gewesen. Die Technikumsanalage stand nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung, da sie von der Firma für eigene Untersuchungen benötigt wurde.

Page 166: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

160

Für die Untersuchungen wurden das L-PP1 und das LCB-PP1 ausgewählt. Den

Polypropylenen wurden 0,5 Gew.-% Talkum als Nukleierungsmittel zugegeben. Die

Einarbeitung des Talkums erfolgte direkt während der Schaumextrusion. Zusätzlich wurden

Blends mit einem Anteil von 10 und 25 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP1 untersucht, wobei die

Blendkomponenten in einem Taumelmischer vorgemischt und anschließend direkt in die

Schaumextrusionsanlage eingefüllt wurden.

Für alle durchgeführten Versuche wurde die Aufschmelztemperatur mit 220 °C, der

Durchsatz mit 15 kg/h und die Gaskonzentration mit 7 Gew.-% konstant gehalten. Als

Düsenspalt wurden standardmäßig 0,8 mm eingestellt. Bei dem LCB-PP1 war jedoch eine

Verringerung des Düsenspaltes auf 0,2 mm erforderlich, um den gleichen Extrusionsdruck

wie bei dem L-PP1 und den Blends zu erreichen. Die Abzugsgeschwindigkeit wurde jeweils

so angepasst, dass eine stabile Fahrweise der Folienextrusion erreicht wurde. Aus den

extrudierten Schaumplatten wurden fünf Proben entnommen, deren Gewicht und

volumetrische Abmaße bestimmt wurden. Daraus wurden anschließend die Dichte und

schließlich der Aufschäumgrad errechnet. Die Analyse der Schaumstruktur erfolgte analog

der in Kapitel 5.1.4 beschriebenen Vorgehensweise.

5.4.2 Schäumversuche und Analyse der Schaumstruktur

Zunächst wurde durch Variation der Extrusionstemperatur ein geeignetes

Verarbeitungsfenster für die Herstellung der geschäumten Folien ermittelt. Hierfür wurde nur

das lineare L-PP1 verwendet, da dieses eine deutlich stärkere Abhängigkeit des

Schäumverhaltens von der Temperatur aufweist als das langkettenverzweigte LCB-PP1

(siehe Kapitel 5.3.1). Die Extrusionstemperatur wurde von anfänglich 182 °C zunächst auf

178 °C und schließlich auf 166 °C verringert. Sowohl bei 182 °C als auch bei 178 °C

konnten keine geschäumten Folien, sondern nur dünne Folien mit Löchern erzeugt werden.

Dies deutet darauf hin, dass die Schmelzefestigkeit des L-PP1 bei diesen Temperaturen zu

gering war, um ein Aufschäumen der Folien zu ermöglichen. Stattdessen kam es zu einem

Aufreißen der Zellwände und zur Bildung von Löchern, die durch die gesamte Folie reichen.

Durch die Verringerung der Extrusionstemperatur auf 166 °C konnte eine gleichmäßig

aufgeschäumte Folie hergestellt werden. Allerdings war die Fahrweise sehr instabil, und es

kam zu starken Druckschwankungen. Dies kann auf eine scherinduzierte Kristallisation im

Düsenbereich zurückgeführt werden, wodurch die Folienextrusion sehr instabil wird. Die

instabile Fahrweise hatte auch starke Dickenschwankungen der extrudierten Folien zur

Folge. Deshalb wurde in einem weiteren Versuch die Extrusionstemperatur auf 169 °C

erhöht. Bei dieser Temperatur traten keine Instabilitäten der Folienextrusion mehr auf, und

es konnten geschäumte Folien gleichmäßiger Dicke hergestellt werden.

Page 167: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

161

In Bild 5.26 sind die REM-Aufnahmen der Schaumstruktur der extrudierten Folien aus L-PP1

bei den beiden Extrusionstemperaturen von 166 °C (Bild 5.26a) und 169 °C (Bild 5.26b)

dargestellt. Bei der höheren Extrusionstemperatur sind deutlich aufgerissene Zellwände und

zusammengeschlossene Zellen erkennbar. Ein solches Aufreißen der Zellwände tritt bei der

niedrigeren Extrusionstemperatur nicht auf. Demzufolge scheint die Verringerung der

Extrusionstemperatur von 169 °C auf 166 °C zu einer deutlichen Steigerung der

Schmelzefestigkeit zu führen, wodurch das Aufreißen von Zellwänden verhindert wird. Dies

kann nicht allein durch einen Anstieg der Schmelzeviskosität aufgrund der

Temperaturerniedrigung erklärt werden, sondern ist vermutlich, ähnlich wie bei den an der

Laborschäumeinrichtung bei 160 °C mit CO2 als Treibmittel extrudierten Schäumen des L-

PP1, auf die scherinduzierte Kristallisation zurückzuführen. Die Verminderung des

Aufreißens von Zellwänden durch die höhere Schmelzefestigkeit wirkt sich

erwartungsgemäß auch auf den Aufschäumgrad aus, der sich von 2,6 bei 169 °C auf 5,1 bei

166 °C nahezu verdoppelt. Demzufolge deutet sich an, dass die scherinduzierte

Kristallisation zwar zu einer Erhöhung der Schmelzefestigkeit und somit zu einer

gleichmäßigeren Schaumstruktur und einem deutlich größeren Aufschäumgrad führt, aber

gleichzeitig starke Druckschwankungen und inhomogene Foliendicken hervorruft.

Bild 5.26: REM-Aufnahmen der Zellstruktur des L-PP1 extrudiert bei einer Extrusionstemperatur a)

von 166 °C und b) von 169 °C

Das langkettenverzweigte LCB-PP1 konnte bis zu einer Extrusionstemperatur von 162 °C zu

Schaumfolien gleichmäßiger Dicke ohne Druckschwankungen extrudiert werden.

Demzufolge reicht das Verarbeitungsfenster des LCB-PP1 bei der Schaumfolienextrusion an

der Technikumsanlage in ähnlicher Weise wie an der Laborschäumeinrichtung zu

niedrigeren Extrusionstemperaturen als das des L-PP1 (siehe Kapitel 5.3.1)62.

62 Die Verschiebung der unteren Grenze des Verarbeitungstemperaturfensters bei der Schaumfolienextrusion zu höheren Temperaturen im Vergleich zu der Extrusion an der Laborschäumeinrichtung ist vermutlich auf die stärkere Scherwirkung der Technikumsanlage zurückzuführen.

a b

Page 168: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

162

Für den Vergleich des Verarbeitungsverhaltens bei der Schaumextrusion an der

Technikumsanlage zwischen dem L-PP1, dem LCB-PP1 sowie den Blends aus L-PP1 mit 10

und 25 Gew.-% LCB-PP wurde aufgrund der Ergebnisse des L-PP1 die

Extrusionstemperatur von 169 °C gewählt. Der ermittelte Aufschäumgrad der extrudierten

Schaumfolien ist in Bild 5.27 als Funktion des Anteils an LCB-PP1 dargestellt. Das LCB-PP

weist einen um mehrere Faktoren größeren Aufschäumgrad als das L-PP auf. Die

Schaumfolien der beiden Blends mit 10 und 25 Gew.-% LCB-PP1 besitzen zwar einen etwas

höheren Aufschäumgrad als das lineare PP, der Unterschied zu dem Aufschäumgrad des

langkettenverzweigten Blendpartners ist jedoch immer noch sehr groß.

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00

2

4

6

8

10

12

Auf

schä

umgr

ad

φLCB-PP1

T = 169 °Cp = 41 bar

Bild 5.27: Aufschäumgrad der an der Technikumsanlage extrudierten Schaumfolien der Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 als Funktion des Gewichtsanteils an LCB-PP1

Die Zellstrukturen der extrudierten Schaumfolien sind Bild 5.28 dargestellt. Die Zellstrukturen

der Blends mit 10 Gew.-% (Bild 5.28b) und 25 Gew.-% (Bild 5.28c) sehen sehr ähnlich aus.

Zellvereinigungen und aufgerissene Zellwände sind bei beiden Blends im Gegensatz zu dem

L-PP1 (Bild 5.28a) nicht zu erkennen. Wie erwartet ruft die höhere Schmelzefestigkeit der

Blends eine Verminderung der Zellkoaleszenz und der Bildung von miteinander verbundenen

Zellen hervor.

Page 169: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

163

Bild 5.28: REM-Aufnahmen der Zellstruktur der extrudierten Schaumfolien a) des L-PP1, der Blends

des L-PP1 mit b) 10 Gew.-% und c) 25 Gew.-% LCB-PP1 und d) des LCB-PP1

Im Vergleich zu dem LCB-PP1 (Bild 5.28d) sind die Zellwände bei den beiden Blends

wesentlich dicker. Dies ist auf den geringeren Aufschäumgrad bzw. auf die größeren

Gasverluste der Blends im Vergleich zu dem LCB-PP1 zurückzuführen. Das LCB-PP1 weist

sehr große Zellen auf, die nur durch sehr dünne Zellwände voneinander getrennt sind. Trotz

der schmalen Zellwände und des hohen Expansionsgrad tritt jedoch kein Aufreißen der

Zellwände auf. Dies und die sehr gleichmäßige Dicke der Zellwände belegen einmal mehr

sehr anschaulich die vorteilhaften Auswirkungen der hohen Dehnverfestigung des LCB-PP1

auf die erzielbare Schaumstruktur.

Die Ergebnisse der quantitativen Analyse der Zellstruktur sind in Bild 5.29 dargestellt. Der

mittlere Zelldurchmesser der Folien unterscheidet sich für die vier untersuchten

Polypropylene nur minimal. Mit steigendem Anteil an LCB-PP1 wurde eine geringfügige

Zunahme der Zellgröße festgestellt.

a b

c d

Page 170: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

164

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00,00

0,25

0,50

0,75

1,00

1,25

1,50

0,0

2,0x103

4,0x103

6,0x103

8,0x103

1,0x104

1,2x104

1,4x104

mm

Zelld

urch

mes

ser

()

φLCB-PP1

Zelle

nanz

ahl p

ro c

m3 (

)

T = 169 °Cp = 41 bar

Bild 5.29: Mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte als Funktion des Gewichtsanteils von LCB-PP1 für

die an der Technikumsanlage extrudierten Schaumfolien

Wesentlich größere Unterschiede treten in der Zelldichte auf. Das LCB-PP1 weist eine mehr

als doppelt so hohe Zelldichte wie das L-PP1 auf. Die Zelldichten der beiden Blends mit 10

und 25 Gew.-% LCB-PP1 unterscheiden sich hingegen nicht sehr stark von der Zelldichte

des L-PP1. Die deutlich größere Zelldichte des LCB-PP1 trotz des vergleichbaren mittleren

Zelldurchmessers kann dadurch erklärt werden, dass aufgrund der verwendeten Definition

der Zelldichte als Anzahl der Zellen pro cm3 unaufgeschäumten Polymers der stärkere

Aufschäumgrad des LCB-PP1 mit berücksichtigt wird. Wenn man die REM-Aufnahmen in

Bild 5.28 betrachtet, wird deutlich, dass die etwa gleich großen Zellen der Polypropylene bei

dem LCB-PP von wesentlich dünneren Zellwänden und somit von deutlich weniger Material

umgeben sind. Demzufolge befindet sich in einem cm3 Schaum bei allen vier PP zwar eine

ähnlich hohe Anzahl an Schaumzellen, der Anteil an Polymermatrix ist jedoch bei dem LCB-

PP1 deutlich geringer, weshalb auch eine signifikant größere Anzahl an Zellen pro cm3

ungeschäumten Polymers resultiert. Es ist jedoch nur schwer möglich, aus den deutlichen

Unterschieden in der Zelldichte der beiden Blendpartner Aussagen zum

Nukleierungsverhalten abzuleiten, da nicht bekannt ist, wie groß der Anteil an Zellen ist, der

bei dem linearen PP während des Aufschäumens durch Zellzusammenschlüsse und

Zellkollaps verlorengegangen ist.

Ein Vergleich der Ergebnisse an der Technikumsanlage mit den Ergebnissen an der

Laborschäumanlage ist aufgrund der unterschiedlichen Treibmittel sowie der verschiedenen

Extrusionsverfahren und Prozessbedingungen nur bedingt möglich. Es zeigt sich jedoch

anhand der Untersuchungen an der Technikumsanlage, dass die Verwendung eines

langkettenverzweigten PP aufgrund der hohen Schmelzefestigkeit zu wesentlichen Vorteilen

Page 171: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

165

bei der Schaumextrusion im Vergleich zu linearem PP hinsichtlich eines deutlich höheren

Aufschäumgrades, einer homogeneren Zellstruktur und weniger offenen bzw. miteinander

verbundenen Zellen führt. Widersprüchlich zu den Ergebnissen an der

Laborschäumeinrichtung sind jedoch die geringen Unterschiede im Aufschäumverhalten

zwischen dem L-PP1 und den Blends mit 10 Gew.-% bzw. 25 Gew.-% LCB-PP1 im

Vergleich zu dem sehr deutlichen Unterschied im Aufschäumverhalten der beiden

Blendpartner. Insbesondere für das Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1 war aufgrund der

Ergebnisse an der Laborschäumeinrichtung und der stark ausgeprägten Dehnverfestigung

ein deutlich besseres Aufschäumverhalten im Vergleich zu dem L-PP1 erwartet worden.

Mögliche Ursachen, warum die Zugabe von 25 Gew.-% LCB-PP1 zu dem linearen PP bei

den Schäumversuchen an der Technikumsanlage zu keiner signifikanten Verbesserung des

Aufschäumverhaltens geführt hat, könnten in einer höheren Dehngeschwindigkeit während

des Zellwachstums z.B. aufgrund der zusätzlichen Dehnbeanspruchung durch das Aufblasen

des extrudierten Schlauches liegen. Wie aus den Ergebnissen der dehnrheologischen

Untersuchungen in Kapitel 4.3 folgt, nimmt bei dem Blend mit 25 Gew.-% die

Dehnverfestigung in dem untersuchten Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s1 mit

steigender Dehngeschwindigkeit ab, während dies bei dem LCB-PP1 nicht der Fall ist. Somit

würde sich eine Verschiebung des während der Schaumextrusion auftretenden

Dehngeschwindigkeitsbereich zu höheren Werten bei dem Blend mit 25 Gew.-% LCB-PP1

deutlich stärker auf das Aufschäumverhalten auswirken als bei dem reinen LCB-PP1.

Außerdem wurde festgestellt, dass sich die im Technikums des Lehrstuhls an dem

Doppelschneckenextruder hergestellten Blends von den an der

Schaumfolienextrusionsanlage hergestellten Blends hinsichtlich der Molmasse und der

rheologischen Eigenschaften unterscheiden. Dabei war der Unterschied bei dem Blend mit

25 Gew.-% LCB-PP1 deutlich stärker ausgeprägt als bei dem mit 10 Gew.-% LCB-PP1. Das

an der Schaumfolienextrusionsanlage hergestellte Blend mit 25 Gew.-% wies in der GPC-

Lichtstreuung eine gewichtsmittlere Molmasse auf, die deutlich unterhalb der Molmasse des

an dem Doppelschneckenextruder hergestellten Blends gleichen Anteils an LCB-PP1 lag. In

den dehnrheologischen Eigenschaften zeigte das in dem Tandemextruder gemischte Blend

mit 25 Gew.-% LCB-PP1 ebenfalls deutlich niedrigere Dehnverfestigungen als das mit dem

Doppelschneckenextruder hergestellte Vergleichsprodukt. Hierfür gibt es mehrere mögliche

Ursachen. Zum einen ist anzunehmen, dass die Mischwirkung des Tandemextruders und

somit die Verteilung der Blendkomponenten deutlich schlechter ist als an dem

Doppelschneckenextruder, da der Doppelschneckenextruder extra für die Herstellung von

Polymerblends konzipiert und mit entsprechenden Schnecken ausgerüstet ist, was bei dem

Tandemextruder nicht der Fall ist. Zum anderen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden,

Page 172: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

5 Untersuchung des Schäumverhaltens der Polypropylene

166

dass ein Molmassenabbau aufgrund einer stärkeren thermisch-mechanischen

Beanspruchung des Materials in der Schaumfolienextrusionsanlage für die niedrigere

Molmasse der Blends mitverantwortlich ist. Während bei dem linearen PP keine Änderung

der Molmasse durch die Extrusion festgestellt wurde, weist das an der

Schaumfolienextrusionsanlage extrudierte LCB-PP1 eine um etwa 10 % niedrigere

gewichtsmittlere Molmasse im Vergleich zu dem Ausgangsprodukt auf.

5.4.3 Zusammenfassung

Die durchgeführten Untersuchungen an der Schaumfolienextrusionsanlage deuten an, dass

die an der Laborschäumeinrichtung ermittelten Ergebnisse zum Einfluss der molekularen

Struktur und der rheologischen Eigenschaften auf das Verarbeitungsverhalten bei der

Schaumextrusion nur grob qualitativ auf die Schaumfolienextrusionsanlage übertragbar sind.

Dies liegt an der Komplexität des Schäumprozesses und an der Vielzahl der

unterschiedlichen Einflussfaktoren. Die Untersuchungen an dem L-PP1 und dem LCB-PP1

haben jedoch gezeigt, dass die hohe Schmelzefestigkeit des LCB-PP auch an der

Technikumsanlage zu einem verbesserten Aufschäumverhalten hinsichtlich eines höheren

Aufschäumgrades, einer homogeneren Zellstruktur und eines geringeren Anteils an offenen

Zellen führt. Die Verbesserung des Aufschäumverhaltens des L-PP1 im Vergleich zu dem

LCB-PP1 bereits durch die Zugabe von geringen Anteilen an langkettenverzweigtem

Polypropylen ist jedoch nicht so stark ausgeprägt, wie anhand der Ergebnisse an der

Laborschäumeinrichtung erwartet werden konnte.

Page 173: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

6 Zusammenfassung und Ausblick

167

6 Zusammenfassung und Ausblick

In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das

Schäumverhalten von Polypropylenen (PP) unterschiedlicher molekularer Struktur

untersucht. Es wurden vier lineare Polypropylene (L-PP) unterschiedlicher Molmasse, ein

kommerzielles langkettenverzweigtes Polypropylen (LCB-PP), zwei weitere kommerzielle

hochschmelzefeste Polypropylene (HMS-PP) mit einem geringen Anteil einer

hochmolekularen Komponente aus Polyethylen sowie zwei durch Elektronenbestrahlung

eines linearen Polypropylens mit unterschiedlicher Dosis von 5 und 60 kGy erzeugte

langkettenverzweigte Laborprodukte verwendet. Zur weiteren Variation der molekularen

Struktur wurden Blends aus linearem und langkettenverzweigtem Polypropylen mit einem

Doppelschneckenextruder hergestellt.

Die Analyse der molekularen Struktur der Polypropylene mittels Hochtemperatur-

Gelpermeationschromatographie mit gekoppelter Lichtstreuung ermöglichte die Bestimmung

der absoluten gewichtsmittleren Molmassen der linearen und langkettenverzweigten

Polypropylene und eine Abschätzung des Anteils an Langkettenverzweigungen.

Zur Charakterisierung der rheologischen Eigenschaften der Polypropylene wurden

umfangreiche Untersuchungen in Scher- und Dehnströmungen durchgeführt. Ein

Schwerpunkt lag dabei in der Bestimmung des Dehnverfestigungsverhalten in uniaxialen

Dehnexperimenten. Wie anhand eines Vergleiches der Ergebnisse in uniaxialer und

äquibiaxialer Dehnbeanspruchung an einem linearen und einem langkettenverzweigten

Polypropylen gezeigt werden konnte, besteht zwischen dem Dehnverfestigungsverhalten in

uniaxialer und biaxialer Dehnung ein qualitativer Zusammenhang. Dies ist von

entscheidender Bedeutung, um Korrelationen zwischen den Ergebnissen der uniaxialen

Dehnexperimente und dem Verarbeitungsverhalten bei der Schaumextrusion ableiten zu

können, da während des Zellwachstums eine biaxiale Dehnbeanspruchung der

Polymerschmelze auftritt.

Zur Untersuchung des Verarbeitungsverhaltens der Polypropylene bei der Schaumextrusion

wurde ein Kapillarrheometer in eine Schäumapparatur umgebaut, mit der Schäume sowohl

mit chemischem als auch mit physikalischem Treibmittel hergestellt werden können.

Ergebnisse der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel

In Schäumversuchen mit dem chemischen Treibmittel Azodicarbonamid konnte durch

Variation der Molmasse von linearem PP eine Erhöhung des Aufschäumgrades erreicht

werden. Die Zunahme der gewichtsmittleren Molmasse der linearen Polypropylene führt zu

einem Anstieg der maximalen Spannungen, welche die Polymerschmelze in den uniaxialen

Dehnexperimenten aufnehmen kann, ohne zu versagen, und somit zu einer höheren

Schmelzefestigkeit. Diese wiederum vermindert ein Aufreißen der Zellwände während des

Page 174: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

6 Zusammenfassung und Ausblick

168

Schäumens, woraus ein größerer Aufschäumgrad resultiert. Die erreichbare Höhe des

Aufschäumgrades durch Variation der Molmasse linearer PP ist jedoch deutlich kleiner als

die Aufschäumgrade der untersuchten langkettenverzweigten PP, obwohl letztere teilweise

niedrigere Schmelzefestigkeiten aufweisen. Dies kann auf die ausgeprägte Dehnverfestigung

der langkettenverzweigten PP zurückgeführt werden, die zu einem ausgleichenden Effekt bei

eventuell auftretenden Inhomogenitäten in der Zellwand durch die starke

Viskositätserhöhung an dieser Stelle aufgrund der lokal höheren Dehnung der Schmelze

führt. Dadurch verhindert die Dehnverfestigung ein frühzeitiges Aufreißen der Zellwände

aufgrund lokaler Schwachstellen und bewirkt eine homogenere Deformation der Zellen.

Durch die Zugabe von 5 Gew.-% des kommerziellen langkettenverzweigten PP zu einem

linearen PP und durch die Elektronenbestrahlung eines linearen PP mit 5 kGy konnten

bereits eine signifikante Erhöhung des Aufschäumgrades sowie eine homogenere

Zellstruktur erreicht werden. Dies liegt daran, dass in beiden Fällen ein etwa gleich großer

Anteil an Langkettenverzweigungen vorliegt, der sich zwar in seiner Verzweigungs-

topographie unterscheidet, aber zu einer ähnlich stark ausgeprägten Dehnverfestigung führt.

Dieses Ergebnis zeigt, dass das Aufschäumverhalten von Polypropylen nicht in erster Linie

von der molekularen Struktur, sondern von den aufgrund der molekularen Struktur

resultierenden rheologischen Eigenschaften unter Dehnbeanspruchung abhängig ist.

Gleiches bestätigt sich anhand des Vergleiches des kommerziellen LCB-PP mit dem mit 60

kGy bestrahlten PP. Für beide Polypropylene wurden in der Analyse der molekularen

Struktur keine Unterschiede im Anteil an Langkettenverzweigungen festgestellt. Die unter

vergleichbaren Bedingungen hergestellten Schaumstränge des mit 60 kGy bestrahlten LCB-

PP weisen jedoch einen deutlich niedrigeren Aufschäumgrad als die des kommerziellen

LCB-PP auf. Dies kann zum einen auf die niedrigere Viskosität aufgrund der starken

Abnahme der Molmasse durch die Elektronenbestrahlung und zum anderen auf die

geringere Dehnverfestigung des elektronenbestrahlten Polypropylens zurückgeführt werden.

Mit zunehmendem Anteil an LCB-PP in Blends aus linearem und langkettenverzweigtem PP

von 2 bis 50 Gew.-% wird der Anteil an Zellzusammenschlüssen und -brüchen sowie offenen

Zellwänden aufgrund der anwachsenden Dehnverfestigung vermindert. Dadurch steigt der

Aufschäumgrad an und die Zellstruktur wird homogener. Die Zugabe von 50 Gew.-% LCB-

PP zu linearem PP bewirkt ein ähnliches Aufschäumverhalten wie bei dem reinen LCB-PP,

obwohl die Dehnverfestigung mit zunehmendem Anteil an LCB-PP weiter ansteigt. Dies

deutet darauf hin, dass die Dehnverfestigung der Blends mit 50 Gew.-% LCB-PP bereits

ausreichend ist, um unter den getesteten Prozessbedingungen einen optimalen

Aufschäumgrad zu erzielen.

Page 175: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

6 Zusammenfassung und Ausblick

169

Die beiden HMS-PP mit einem geringen Anteil an einer hochmolekularen

Polyethylenkomponente weisen im Vergleich zu linearem Polypropylen vergleichbarer

Molmasse einen höheren Aufschäumgrad und eine homogenere Zellstruktur auf. Die

Verbesserung des Aufschäumverhaltens im Vergleich zu den linearen Polypropylenen ist

jedoch deutlich geringer ausgeprägt als bei dem kommerziellen LCB-PP. Dieser Befund

kann dadurch erklärt werden, dass die beiden HMS-PP eine signifikante Dehnverfestigung

nur im Bereich kleiner Dehngeschwindigkeiten von 0,01 bis 1 s-1 aufweisen, während das

LCB-PP auch bei hohen Dehnraten von 1 bis 10 s-1 eine starke Dehnverfestigung besitzt. Zur

Erzielung eines optimalen Aufschäumverhaltens unter den gestesteten Prozessbedingungen

ist demzufolge eine ausgeprägte Dehnverfestigung im gesamten untersuchten

Dehngeschwindigkeitsbereich von 0,01 bis 10 s-1 erforderlich.

Ergebnisse der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel

Anhand von Untersuchungen an den Blends aus linearem und langkettenverzweigtem

Polypropylen wurde überprüft, ob die beim Schäumen mit chemischem Treibmittel

gefundenen Zusammenhänge zwischen den rheologischen Eigenschaften und dem

Aufschäumverhalten auch auf das Schäumen mit physikalischem Treibmittel übertragbar

sind. Hierzu wurden Versuche an der Schäumapparatur mit CO2 als Treibmittel und Talkum

als Nukleierungsmittel durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass der Unterschied im

Aufschäumverhalten des linearen und des langkettenverzweigten Blendpartners bei der

niedrigsten Extrusionstemperatur wesentlich geringer ist als bei den höheren

Extrusionstemperaturen. Ursache ist vermutlich eine Beeinflussung des

Aufschäumverhaltens des linearen PP durch eine scherinduzierte Kristallisation in der Düse.

Die ansteigende Dehnverfestigung der Blends mit zunehmendem Anteil an LCB-PP führt

jedoch, ähnlich wie beim Schäumen mit chemischem Treibmittel, zu einer signifikanten

Erhöhung des Aufschäumgrades im Vergleich zu dem linearen PP. Bei niedrigen

Extrusionstemperaturen nimmt der Aufschäumgrad oberhalb von 50 Gew.-% LCB-PP

hingegen wieder ab. Dies kann auf den Einfluss der gegenüber linearem PP niedrigeren

Nukleierungsrate des LCB-PP im Zusammenspiel mit der hohen Dehnverfestigung des LCB-

PP zurückgeführt werden. Durch die niedrige Nukleierungsrate des LCB-PP im Vergleich zu

dem L-PP werden nur wenige große Zellen gebildet. Die daraus resultierende starke

Dehnung der Schmelze in den Zellwänden führt aufgrund der ausgeprägten

Dehnverfestigung des LCB-PP zu einer starken Zunahme der Dehnviskosität und somit zu

einem hohen Deformationswiderstand. Demzufolge reicht der niedrige Gasdruck in den

Zellen aufgrund der großen Durchmesser nicht aus, um eine weitere Expansion der Zellen

zu ermöglichen.

Page 176: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

6 Zusammenfassung und Ausblick

170

Schäumversuche an einer Technikumsanlage Schließlich wurden Untersuchungen an einer Schaumfolienextrusionsanlage im

Technikumsmaßstab mit Butan als physikalischem Treibmittel und Talkum als

Nukleierungsmittel durchgeführt. Das kommerzielle LCB-PP wies gegenüber linearem

Polypropylen einen deutlich höheren Aufschäumgrad, einen geringeren Anteil an offenen

Zellwänden und Zellvereinigungen sowie eine gleichmäßigere Zellstruktur auf. Versuche an

Blends aus dem linearen Polypropylen mit 10 und 25 Gew.-% LCB-PP zeigten zwar eine

geringfügige Erhöhung des Aufschäumgrades mit steigendem Anteil an LCB-PP, der

Unterschied zu dem langkettenverzweigten Blendpartner war jedoch deutlich größer als bei

den Untersuchungen an der Laborschäumeinrichtung. Hauptursachen neben den

unterschiedlichen Prozessbedingungen bei der Schaumextrusion sind vermutlich eine

schlechte Durchmischung der Blendpartner oder ein molekularer Abbau der

Polypropylenblends in der Technikumsanlage.

Ein Vergleich der Ergebnisse der Schäumversuche an den Blends aus linearem und

langkettenverzweigtem Polypropylen an der Laborschäumeinrichtung mit chemischem und

physikalischem Treibmittel untereinander sowie mit den Schäumversuchen an der

Technikumsanlage zeigt, dass sich die unterschiedlichen molekularen Strukturen und die

daraus resultierenden rheologischen Eigenschaften je nach den gewählten

Prozessbedingungen unterschiedlich auf das Schäumverhalten in der Schaumextrusion

auswirken können. Trotzdem kann aus den Ergebnissen geschlussfolgert werden, dass

durch gezielte Anpassung der molekularen Struktur und der rheologischen Eigenschaften,

insbesondere des dehnverfestigenden Verhaltens, eine Optimierung des

Verarbeitungsverhaltens von Polypropylenen bei der Schaumextrusion erzielt werden kann.

Ausblick Aufgrund der Komplexität der bei der Schaumextrusion stattfindenden Vorgänge ist eine

Beschreibung oder Vorhersage des Verarbeitungsverhaltens in Abhängigkeit der

verschiedenen Material- und Prozessparameter nur über komplizierte Modelle möglich. Die

Ergebnisse dieser Arbeit stellen eine interessante Basis für die Verifizierung solcher Modelle

dar, da an den untersuchten Produkten sowohl eine umfangreiche molekulare und

rheologische Charakterisierung als auch eine ausführliche Analyse des Schäumverhaltens

mit chemischem und physikalischem Treibmittel durchgeführt wurde. Vergleichbare

Untersuchungen dieses Umfangs sind für PP bisher aus der Literatur nicht bekannt.

Der Einfluss der scherinduzierten Kristallisation auf das Aufschäumverhalten sollte intensiver

untersucht werden, da sich in den Ergebnissen der Schäumversuche mit physikalischem

Treibmittel angedeutet hat, dass eine einsetzende scherinduzierte Kristallisation bei linearem

Polypropylen zu einer Verminderung des Aufreißens von Zellwänden führt.

Page 177: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

7 Summary

171

7 Summary The influence of rheological properties on the foaming behavior of polypropylenes with

different molecular structures was investigated. Four linear polypropylenes (L-PP) with

different mass-average molar masses, a commercial long-chain branched polypropylene

(LCB-PP), two commercial high melt strength polypropylenes (HMS-PP) containing a small

amount of a high molar mass component of polyethylene as well as two long-chain branched

laboratory samples, which were obtained by electron beam irradiation of a linear

polypropylene with two different doses of 5 and 60 kGy, were used. In order to increase the

variety of molecular structures, blends of a linear and a long-chain branched polypropylene

were prepared.

The molecular structure of the polypropylenes was analyzed by high temperature size-

exclusion chromatography coupled with a light scattering detector. This setup allows the

determination of absolute mass-average molar masses of linear and long-chain branched

polypropylenes and an estimation of the amount of long-chain branching.

For characterization of rheological properties of the polypropylenes measurements in shear

and elongational flow were performed. The focus was laid on the determination of the strain-

hardening behavior in uniaxial elongation. It could be shown, that for linear and long-chain

branched polypropylenes a qualitative correlation between the strain hardening in uniaxial

and biaxial elongation exists. This allows a discussion of the foaming process with

predominantly biaxial deformation using the results of the rheological characterization in

uniaxial flow.

To analyze the foaming behavior a laboratory scale foaming apparatus based on a capillary

rheometer was constructed. With this foaming apparatus it is possible to produce foams with

chemical as well as with physical blowing agents.

Results of the foaming experiments with a chemical blowing agent

In foaming tests with azodicarbonamide as chemical blowing agent a significant increase of

the expansion ratio was achieved with growing molar mass of the linear polypropylenes. It

was found that with higher molar mass of the linear polypropylenes the melt strength, i.e. the

stress at which the elongated samples reach their maximum before they break increases.

The higher the melt strength, the larger are the stresses the cell walls can withstand before

they rupture. The rupture of cell walls during the expansion of the foam does not only cause

cell coalescence and open cells but supports the gas loss to the environment. However, the

expansion ratio achievable by increasing the molar mass of linear polypropylenes is much

lower than the expansion ratio of the long-chain branched polypropylenes investigated,

although some of the LCB-PP possess a lower melt strength. This finding can be referred to

the influence of the pronounced strain hardening of the long-chain branched polypropylenes,

Page 178: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

7 Summary

172

which leads to a more uniform deformation of the polymer melt under elongational loads.

Nonuniform deformations which can cause a rupture of cell walls already at low stresses are

reduced by the strain-hardening effect. Therefore, the rupture of cell walls is shifted to higher

degrees of expansion.

The addition of 5 wt.% of the commercial LCB-PP to a linear PP as well as the electron beam

irradiation of a linear PP with 5 kGy lead already to a significant increase of the expansion

ratio and to a more homogeneous cellular structure. Both polypropylenes show significant

differences in their branching topography but a comparable strain-hardening behavior in

elongational flow leading to a comparable increase of the expansion ratio in comparison to

their linear equivalents. Thus, from the results of these two products it can be supposed that

the foaming behavior is decisively determined by the elongational behavior independently of

the molecular structure.

From the molecular analysis of the commercial LCB-PP and the polypropylene irradiated with

60 kGy no significant differences in their amount of long-chain branching could be detected.

However, the foamed strands of the electron beam irradiated polypropylene had a

significantly lower expansion ratio compared to the strands of the commercial LCB-PP. The

lower expansion ratio of the irradiated sample in comparison to the commercial product can

be explained by its minor melt strength and its lower amount of strain hardening.

A significant increase of the expansion ratio of linear PP was found by the addition of LCB-

PP between 5 wt.% to 50 wt.%. This is attributed to a lower amount of gas loss to the

environment, as the increasing strain-hardening behavior reduces the rupture of cell walls

during the cell growth process. For blends with 50 wt.% LCB-PP or more, a similar expansion

ratio compared to the LCB-PP was found, although the strain-hardening behavior further

increases with the LCB-PP content. This leads to the conclusion that under the conditions of

the foaming experiments in this investigation, a certain amount of strain hardening is already

sufficient for an optimized foaming behavior

The two HMS-PP containing a low amount of a high molar mass component of polyethylene

show a slight increase of the expansion ratio and a small improvement of the homogeneity of

the cellular structure in comparison to linear polypropylenes of a similar molar mass.

However, the differences in the foaming behavior of the HMS-PP and linear PP are much

smaller compared to the differences between the commercial LCB-PP and linear PP. An

explanation becomes obvious if one realizes that the strain hardening characteristics of these

two samples are different from that of the commercial LCB-PP. The latter shows a

pronounced strain hardening within the whole range of elongational rates applied while for

Page 179: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

7 Summary

173

the two HMS-PP significant strain hardening occurs at small elongation rates, only. From

literature it is known that in foam experiments strain rates between 1 and 10 s-1 occur. Thus,

the low expansion ratios of the two HMS-PP in comparison to the commercial LCB-PP

become plausible by the lack of a distinct strain hardening in the range of elongation rates

relevant for foaming.

Results of the foaming experiments with a physical blowing agent

By means of the blends of linear and long-chain branched polypropylenes it was checked,

whether the correlations between rheological properties and the foaming behavior found in

the foaming experiments with a chemical blowing agent are valid for foaming with a physical

blowing agent, too. Therefore, foaming experiments with the physical blowing agent CO2 and

the nucleation agent talcum were performed. It was found that the differences within the

foaming behavior between the linear and the long-chain branched blend partner are much

smaller at the lowest foaming temperature than at higher foaming temperatures. The main

reason for it is presumably the influence of a shear-induced crystallization on the foaming

behavior of the linear polypropylene.

The increase of the strain-hardening behavior of the blends with rising amount of long-chain

branched polypropylene provoked a significant increase of the expansion ratio compared to

the linear blend partner similar to foaming with a chemical blowing agent. However, at low

foaming temperatures a decrease of the expansion ratio at LCB-PP contents above 50 wt.%

was found. This can be referred to the influence of the low nucleation rate of the LCB-PP in

combination with its pronounced strain hardening. Because of the low nucleation rate of the

LCB-PP only few comparable large cells are formed. The strong elongation of the melt in the

cell walls of these large cells leads, due to the pronounced strain hardening of the LCB-PP,

to a high resistance against further elongation. That is why, the low gas pressure within the

large cells is not high enough to allow a further expansion of the cells and the expansion ratio

is reduced.

Foaming tests at technical scale on a foam extrusion line Finally, foam experiments on a foam extrusion line at a technical scale with the physical

blowing agent butane and the nucleation agent talcum were performed. The commercial

LCB-PP showed a significantly higher expansion ratio, a smaller amount of open or

connected cells and a more homogeneous cellular structure in comparison to linear

polypropylene. In experiments on blends of a linear polypropylene with 10 and 25 wt.% LCB-

PP a slight increase of the expansion ratio with increasing amount of LCB-PP was found.

The differences between the foaming behavior of the blends and the long-chain branched

blend partner were much more pronounced than in the experiments on the laboratory scale

Page 180: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

7 Summary

174

foaming apparatus, however. The main reasons besides the differences in the process

conditions are probably a poor mixing of the blend partners or a molecular degradation of the

polypropylenes in the foam extrusion line.

A comparison of the results of the foaming experiments on the blends of linear and long-

chain branched polypropylenes using the foaming apparatus either with chemical or physical

blowing agents with the results of the tests by means of the foam extrusion line reveals that

the different molecular structures of the polypropylenes and the resulting rheological

properties can have different effects on the foaming behavior depending on the process

equipment and conditions. Nevertheless, it can be concluded from the results presented that

due to an aimed adjustment of the molecular structure and rheological properties especially

of the strain-hardening behavior an optimization of the foaming behavior of polypropylenes

can be achieved.

Page 181: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

A Verwendete Symbole und Abkürzungen

175

A Verwendete Symbole und Abkürzungen ARES advanced rheometric expansion system

CO2 Kohlendioxid

DSC differential scanning calorimetry (Differenzkalorimetrie)

EDX energy disperse x-ray

EVF extensional viscosity fixture

Gew.-% Gewichtsprozent

GPC Gelpermeationschromatographie

HMS-PP high melt strength polypropylene (hochschmelzefestes Polypropylen)

L-PP lineares Polypropylen

LCB-PP langkettenverzweigtes Polypropylen

MALLS multi-angle laser-light scattering (Vielwinkellichtstreuung)

N2 Stickstoff

PE Polyethylen

PP Polypropylen

PS Polystyrol

PUR Polyurethan

TGA thermogravimetrische Analyse

TREF temperature rising elution fractionation Vol.-% Volumenprozent

A Querschnittsfläche, Flächeninhalt [m2]

AO Oberfläche [m2]

AZ Querschnittsfläche einer Zugprobe [m2]

AZ,0 Ausgangsquerschnittsfläche einer Zugprobe [m2]

aS mittlere Abweichung vom Solldurchmesser dsoll [-]

aT Verschiebungsfaktor [-]

C Sättigungskonzentration [-]

c Konzentration [-]

chet Konzentration des Nukleierungsmittels [-]

D scheinbare Schergeschwindigkeit [s-1]

Ddiff Diffusionskoeffizient [m2/s]

Ddiff,0 auf eine unendliche Temperatur extrapolierter

Diffusionskoeffizient [m2/s]

D Deformationsgeschwindigkeitstensor [-]

d Durchmesser [m]

dc/dx Konzentrationsgefälle [s-1]

Page 182: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

A Verwendete Symbole und Abkürzungen

176

dm/dt Massenstrom [kg/s]

dsoll Solldurchmesser [m]

dZ Zylinderdurchmesser [mm]

ED Aktivierungsenergie der Diffusion [J/mol]

EA Fließaktivierungsenergie [J/mol]

F Kraft [N]

FZ Zugkraft [N]

f0 Frequenz mit der sich Gasmoleküle an Keime anlagern [s-1]

f1 Frequenz mit der sich Gasmoleküle an Keime anlagern [s-1]

G’(ω) Speichermodul [Pa]

G’’(ω) Verlustmodul [Pa]

G* komplexer Modul [Pa]

|G*(ω)| Betrag des komplexen Moduls [Pa]

g Kontraktionsfaktor [-]

g3 Kontraktionsfaktor für sternförmig verzweigte Moleküle [-]

g(θ) Funktion des Kontaktwinkels [-]

H Henrykonstante [(gpolymer · bar)/ggas]

h Höhe [m]

J Kriechnachgiebigkeit [Pa-1]

J0 elastischer Momentanwert der Nachgiebigkeit [Pa-1]

Je stationärer elastischer Anteil der Nachgiebigkeit [Pa-1]

K Proportionalitätsfaktor zwischen Nullviskosität

und Molmasse [-]

l Länge [m]

l0 Ausgangslänge [m]

LK Länge der Kapillare [mm]

M Molmasse [g/mol]

Mc kritische Molmasse [g/mol]

Me Molmasse zwischen zwei Verschlaufungspunkten [g/mol]

Mn zahlenmittlere Molmasse [g/mol]

MM Molmasse der Monomereinheit [g/mol]

Mw gewichtsmittlere Molmasse [g/mol]

m Anzahl der Verzweigungspunkte pro Molekül [-]

mgas Masse des Gases [g]

mpolymer Masse des Polymers [g]

mE Dehnmodenparameter [-]

Nhom Nukleierungsrate der homogenen Nukleierung [cm-3 s-1]

Nhet Nukleierungsrate der heterogenen Nukleierung [cm-3 s-1]

Page 183: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

A Verwendete Symbole und Abkürzungen

177

Ng Gesamtzahl der Gasmoleküle in der Lösung [-]

Nf Anzahl der Zellen pro cm3 Schaum [-]

N0 Zelldichte, Anzahl der Zellen pro cm3 ungeschäumten

Polymer [-]

n gemessene Anzahl der Zellen [-]

ni Anzahl der Moleküle der Molmasse Mi [-]

p Druck [Pa]

p1 Gasdruck in der Blase [Pa]

p2 Gasdruck in dem die Blase umgebenden Medium [Pa]

r Radius [m]

rk Radius der Kapillare [mm]

rS relative mittlere Abweichung vom Solldurchmesser dsoll [-]

r* kritischer Radius [m]

R universelle Gaskonstante [J/K⋅mol]

R(t) zeitabhängiger Radius [m]

S Löslichkeitskoeffizient [ggas/(gpolymer · bar)]

S(t) zeitabhängiger Radius der Hülle an beeinflusster

Polymerschmelze um eine Gasblase [m]

S0 auf eine unendliche Temperatur extrapolierter

Löslichkeitskoeffizient [ggas/(gpolymer · bar)]

<s2> Trägheitsradius [nm]

<s2>lcb Trägheitsradius langkettenverzweigter Moleküle [nm]

<s2>lin Trägheitsradius linearer Moleküle [nm]

T Temperatur [°C]

T0 Aufschmelztemperatur [°C]

Tg Glasübergangstemperatur [°C]

Tm Schmelztemperatur [°C]

t Zeit [s]

tan δ Verlustfaktor [-]

V Volumen [m3]

Vf Volumenanteil des Gases in dem hergestellten Schaum [-]

v0 maximale Strömungsgeschwindigkeit [m/s]

vhaul-off Abzugsgeschwindigkeit [m/min]

vex Extrusionsgeschwindigkeit [mm/s]

vx Strömungsgeschwindigkeit in x-Richtung [m/s]

XE Dehnverfestigungsfaktor [-]

Page 184: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

A Verwendete Symbole und Abkürzungen

178

α Exponent in η0-Mw-Beziehung [-]

∆G freie Energie [J/mol]

∆Ghet freie Energie der heterogenen Nukleierung [J/mol] *hetG∆ Nukleierungsenergie der heterogenen Nukleierung [J/mol]

∆Ghom freie Energie der homogenen Nukleierung [J/mol] *homG∆ Nukleierungsenergie der homogenen Nukleierung [J/mol]

∆HL Lösungsenthalpie [J/mol]

∆p Druckdifferenz, Druckabfall [bar]

δ Phasenwinkel [°]

f Dehngeschwindigkeit [s-1]

f0 konstante Dehngeschwindigkeit [s-1]

f11;f22;f33 Komponenten des Dehngeschwindigkeitstensors [s-1]

εH Hencky-Dehnung [-]

φLCB-PP1 Gewichtsanteil an LCB-PP1 [-]

γ Scherung [-]

γA Scheramplitude [-]

g Scherrate [s-1]

γS Grenzflächenspannung, Oberflächenenergie [N/m]

η Scherviskosität [Pas]

η0 Nullviskosität [Pas]

η0+(t) zeitabhängige Scherviskosität [Pas]

η∗ komplexe Viskosität [Pas]

|η∗(ω)| Betrag der komplexen Viskosität [Pas]

ηE Dehnviskosität [Pas]

ηE+(t) zeitabhängige Dehnviskosität [Pas]

ηscheinbar scheinbare Viskosität [Pas]

ϕ Scherwinkel [°]

λ Anzahl der Verzweigungen pro 1000 Monomereinheiten [-]

λav Mittelwert der Anzahl der Verzweigungen pro 1000

Monomereinheiten [-]

θ Kontaktwinkel [°]

ρ Dichte [g/cm3]

ρ0 Dichte des Polymers [g/cm3]

ρf Dichte des Schaums [g/cm3]

σ Zugspannung [Pa]

σmax maximale Zugspannung [Pa]

Page 185: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

A Verwendete Symbole und Abkürzungen

179

τ Schubspannung [Pa]

τA Schubspannungsamplitude [Pa]

τ0 konstante Schubspannung [Pa]

ω Kreisfrequenz [s-1]

ψ(t) Kriechfunktion [Pa-1]

Page 186: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

B Zeitabhängige Dehnkurven der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

180

B Zeitabhängige Dehnkurven der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1 In Bild B1 sind die zeitabhängigen Dehnviskositäten der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

dargestellt. Wie aus Bild B1a hervorgeht zeigt das Blend mit 2 Gew.-% bei der niedrigsten

gemessenen Dehngeschwindigkeit von 0,01 s-1 bereits eine Andeutung einer

Dehnverfestigung. Dies deutet wiederum auf die hohe Sensitivität der Dehnviskosität

hinsichtlich der Präsenz von Langkettenverzweigungen hin. Bis zu einem Anteil von 10

Gew.-% LCB-PP tritt die Dehnverfestigung nur für Dehnraten kleiner als 0,3 s-1 auf. Erst ab

einem Anteil von 25 Gew.-% LCB-PP1 in L-PP2 wurde bei allen untersuchten

Dehngeschwindigkeiten eine ausgeprägte Dehnverfestigung gefunden (Bild B1b). Für alle

Blends außer dem Blend mit 75 Gew.-% LCB-PP1 nimmt die Dehnverfestigung mit

abnehmender Dehnrate zu. Die Trouton-Beziehung ηE+(t) = 3η0+(t) ist für alle dargestellten

Polypropylene erfüllt.

100 101 102 103104

105

106

107

108

109

1010

s

Pas

.

T = 180 °C

10% LCB-PP1

5% LCB-PP1

2% LCB-PP1

L-PP2

.

x2000

x200

x20

ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1

η E+ (t

,ε0)

t

3η0+(t)

a)

100 101 102 103103

104

105

106

107

108

109

1010

1011

1012

s

Pas

75% LCB-PP1

x20

3η0+(t)

T = 180 °C

LCB-PP1

50% LCB-PP1

25% LCB-PP1

.

x15000

x500

ε0 = 1s-1 0,3s-1 0,1s-1 0,03s-1 0,01s-1

η E+ (t,

ε 0)

t

.

Bild B1: Transiente uniaxiale Dehnviskosität der Blends aus L-PP2 und LCB-PP1

Page 187: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

C Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen

181

C Abhängigkeit der Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen vom Druck und von der Temperatur

Wie in Kapitel 2.3.1.1 erläutert, lässt sich die Druckabhängigkeit der Löslichkeit von Gasen in

Polymeren in guter Näherung mit dem Henryschen Gesetz (Gl. 2.1) beschreiben, wonach

zwischen der Sättigungskonzentration von gelösten Gasen in Polymerschmelzen und dem

hydrostatischen Druck ein proportionaler Zusammenhang besteht. Der Proportionalitätsfaktor

ist der Löslichkeitskoeffizient bzw. der Kehrwert der Henry-Konstanten. Wie aus der Gl. (2.2)

hervorgeht, weist der Löslichkeitskoeffizient eine Temperaturabhängigkeit auf, die über einen

Arrhenius-Ansatz beschrieben werden kann. Zur Beschreibung der Druck- und

Temperaturabhängigkeit der Sättigungskonzentration ist demzufolge, die Kenntnis des

Löslichkeitskoeffizienten bei einer Temperatur und der Lösungsenthalpie ∆HL erforderlich.

Die Löslichkeitskoeffizienten von N2 und CO2 in Polypropylen wurden z.B. von Durril und

Griskey (1966) bestimmt. Bei einer Temperatur von 188 °C geben sie für N2 in PP einen

Wert von 1,66 · 10-4 ggas/(gpolymer · bar) und für CO2 in PP einen Wert von 4,51· 10-4

ggas/(gpolymer · bar) an. Diese Werte sind in guter Übereinstimmung mit den Angaben anderer

Autoren [z.B. Sato et al. (1999)]. Die Lösungsenthalpie von CO2 in PP wird von Durril und

Griskey (1969) mit -3350 J/mol angegeben. Eine Angabe der Lösungsenthalpie von N2 in PP

konnte in der Literatur nicht gefunden werden. Für andere Polymere ist jedoch bekannt, dass

die Lösungsenthalpie von N2 in Polymerschmelzen im Gegensatz zu CO2 positiv ist. Um eine

Abschätzung der Sättigungskonzentrationen in dem für die in dieser Arbeit durchgeführten

Untersuchungen relevanten Temperaturbereich zu erhalten, wurde für Bestimmung der

Änderung der Löslichkeitskoeffizienten mit der Temperatur die Lösungsenthalpie von N2 in

PE verwendet, welche von Durril und Griskey (1969) mit 3977 J/mol angegeben wird. Aus

der Literatur ist bekannt, dass die Löslichkeitskoeffizienten von Gasen in Polyethylen und

Polypropylen sehr ähnlich sind und dass sich die Lösungsenthalpie eines Gases in

verschiedenen Polymerschmelzen nur geringfügig unterscheidet [Durril und Griskey 1969,

Albalak 1996, Sato et al. 1999].

In Bild C1 und Bild C2 sind die errechneten Sättigungskonzentrationen von N2 und CO2 in

Polypropylen als Funktion des Druckes für verschiedene Temperaturen dargestellt. Aus dem

Vergleich der beiden Bilder wird zum einen die wesentlich geringere Löslichkeit von N2 in

Polypropylen im Vergleich zu CO2 deutlich und zum anderen ist erkennbar, dass sich die

Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit für die beiden Gase unterscheidet. Während die

Löslichkeit von CO2 in Polypropylen mit abnehmender Temperatur ansteigt, wird die

Löslichkeit von N2 in Polypropylen mit kleiner werdender Temperatur geringer.

Page 188: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

C Sättigungskonzentration von N2 und CO2 in Polypropylen

182

0 50 100 150 200 250 3000

1

2

3

4

5

Gew.-%

bar

220 °C 200 °C 188 °C 180 °C 160 °C

Sät

tigun

gsko

nzen

tratio

n

Druck Bild C1: Sättigungskonzentration von N2 in Polypropylen als Funktion des Drucks bei verschiedenen

Temperaturen. Die Werte bei 188 °C (ausgefüllten Quadrate) wurden mit dem von Durril und Griskey

(1966) angegebenen Löslichkeitskoeffizienten für N2 in PP von 1,66 · 10-4 ggas/(gpolymer · bar) ermittelt.

Die Löslichkeitskoeffizienten für die anderen Temperaturen wurden mit der von Durril und Griskey

(1969) angegebenen Lösungsenthalpie für N2 in PE von 3977 J/mol berechnet, da keine

Literaturangaben zur Lösungsenthalpie für N2 in PP gefunden wurden.

0 50 100 150 200 2500

2

4

6

8

10

Gew.-%

bar

188 °C 180 °C 170 °C 160 °C

Sät

tigun

gsko

nzen

tratio

n

Druck

Bild C2: Sättigungskonzentration von CO2 in Polypropylen als Funktion des Drucks bei verschiedenen

Temperaturen. Die Werte bei 188 °C (ausgefüllten Quadrate) wurden mit dem von Durril und Griskey

(1966) angegebenen Löslichkeitskoeffizienten für CO2 in PP von 4,45 · 10-4 ggas/(gpolymer · bar) ermittelt.

Die Löslichkeitskoeffizienten für die anderen Temperaturen wurden mit der von Durril und Griskey

(1969) angegebenen Lösungsenthalpie für CO2 in PP von -3350 J/mol berechnet.

Page 189: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten des Azodicarbonamides

183

D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten des Azodicarbonamides

Da beim Schäumen mit chemischen Treibmitteln eine Anpassung der Prozessparameter an

das Zersetzungsverhalten des eingesetzten Treibmittels erforderlich ist (siehe Kapitel 2.2.1),

wurden Voruntersuchungen zur Bestimmung geeigneter Aufschmelztemperaturen für die

durchzuführenden Schäumversuche mit Azodicarbonamid durchgeführt. Die Zersetzung des

Azodicarbonamides erfolgt laut Herstellerangabe im Bereich von 200 °C. Deshalb wurden

Aufschmelztemperaturen T0 von 180, 200 und 220 °C getestet. In Bild D1 ist der

Aufschäumgrad in Abhängigkeit der drei untersuchten Aufschmelztemperaturen für

Schaumstränge des LCB-PP1, die bei einer Temperatur von 160 °C und einer scheinbaren

Schergeschwindigkeit von 365 s-1 extrudiert wurden, dargestellt. Die Aufschmelztemperatur

von 180 °C führt zu einem im Vergleich zu den beiden höheren Aufschmelztemperaturen

signifikant niedrigeren Aufschäumgrad. Dies deutet daraufhin, dass bei T0 = 180 °C während

der Aufschmelzzeit und der Abkühlung auf 160 °C das Treibmittel nicht komplett zersetzt

wurde. Zwischen den Aufschmelztemperaturen von 200 und 220 °C tritt im Rahmen der

Messgenauigkeit kein Unterschied in den erreichten Aufschäumgraden auf. Daraus lässt sich

schließen, dass bereits bei einer Aufschmelztemperatur von 200 °C die Zersetzungsreaktion

bis zum Beginn der Extrusion komplett abgeschlossen ist, und demzufolge eine Erhöhung

der Aufschmelztemperatur auf 220 °C zu keiner weiteren Zunahme des freiwerdenden

Gases führt.

180 190 200 210 2203

4

5

6

°C

Auf

schä

umgr

ad

Aufschmelztemperatur

T = 160 °CD = 365 s-1

Bild D1: Abhängigkeit des Aufschäumgrads von der Aufschmelztemperatur der bei einer

Extrusionstemperatur von 160 °C und einer scheinbaren Schergeschwindigkeit von 365 s-1

extrudierten Schaumstränge des LCB-PP1

Anhand der thermischen Analyse der bei einer Einfülltemperatur T0 von 180 °C und

unterschiedlichen Extrusionstemperaturen hergestellten Schäume im Vergleich zu

treibmittelgefüllten ungeschäumten Proben sollte überprüft werden, wie viel des

Page 190: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

D Untersuchungen zum Zersetzungsverhalten des Azodicarbonamides

184

zugegebenen Treibmittels während der Schaumextrusion zersetzt wurde. Hierfür wurde die

Änderung des Wärmestroms der Proben während des Aufheizens auf 240 °C mit Hilfe der

DSC untersucht. Da bei der Zersetzung des Azodicarbonamides Wärme frei wird, tritt im

Temperaturbereich der Zersetzungsreaktion des Azodicarbonamides im Wärmestromsignal

ein exothermer Peak auf. Aus der Peakfläche können Rückschlüsse auf die Menge des

zersetzten Azodicarbonamides geschlossen werden. In Bild D2 ist der Verlauf des

normierten Wärmestroms als Funktion der Temperatur für geschäumte Proben des LCB-

PP1, die bei einer Aufschmelztemperatur von 180 °C und drei unterschiedlichen

Extrusionstemperaturen von 180, 170 und 160 °C mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid hergestellt

wurden, dargestellt. Als Referenz ist die Kurve einer mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid

gefüllten LCB-PP1-Probe im ungeschäumten Ausgangszustand angegeben. Die Peakfläche

des bei einer Extrusionstemperatur von 180 °C geschäumten Polypropylens ist bereits

deutlich geringer als die des ungeschäumten LCB-PP1. Es zeigt sich jedoch auch, dass in

dem bei diesen Bedingungen extrudierten Schaum ein Großteil des Azodicarbonamides

noch unzersetzt vorliegt. Mit abnehmender Extrusionstemperatur wird aufgrund der längeren

Aufenthaltzeit der treibmittelgefüllten Schmelze in der Schäumapparatur der Anteil an

unzersetztem Azodicarbonamid in den extrudierten Schaumsträngen geringer. Auch bei der

niedrigsten Extrusionstemperatur von 160 °C liegt jedoch ein Teil des Azodicarbonamides

nach der Extrusion noch unzersetzt vor. Bei allen geschäumten Proben, bei denen die

Einfülltemperatur 200 °C betrug, wurde hingegen unabhängig von der Extrusionstemperatur

kein Peak in der Wärmestromkurve aufgrund von unzersetztem Azodicarbonamid gefunden.

180 190 200 210 220 230 2400,0

0,1

0,2

0,3

0,4

exo.

°C

J/g

norm

ierte

r Wär

mes

trom

Temperatur

ungeschäumt T0 = 180 °C; T = 180 °C T0 = 180 °C; T = 170 °C T0 = 180 °C; T = 160 °C

LCB-PP1

10 K/min

Bild D2: Verlauf des mittels DSC bestimmten normierten Wärmestroms als Funktion der Temperatur

für Proben des LCB-PP1 gefüllt mit 2 Gew.-% Azodicarbonamid

Page 191: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

E Ergebnistabellen der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel

185

E Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel

In den folgenden Tabellen sind die Prozessparameter und die Ergebnisse der

Schaumanalyse der mit chemischem Treibmittel extrudierten Schaumstränge dargestellt.

Wenn nicht anders angegeben wurde als chemisches Treibmittel Azodicarbonamid mit

einem Gewichtsanteil von 2 % eingesetzt.

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

Gew.-% mm/s s-1 bar -

0 0,5 365 73 1,6

2 0,5 365 72 1,9

5 0,5 365 71 2,0

10 0,5 365 70 2,1

25 0,5 365 68 3,4

50 0,5 365 66 4,0

75 0,5 365 65 4,2

100 0,5 365 63 4,2

Tabelle E1: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p, und

ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

(Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 180 °C)

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

Gew.-% mm/s s-1 bar -

0 0,5 365 83 2,15

2 0,5 365 82 2,4

5 0,5 365 81 2,5

10 0,5 365 80 2,6

25 0,5 365 80 4,0

50 0,5 365 77 4,7

75 0,5 365 75 4,8

100 0,5 365 73 4,7

Tabelle E2: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p, und

ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

(Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 170 °C)

Page 192: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

E Ergebnistabellen der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel

186

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

mittl.

Zelldurchmesser Zelldichte

Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3

0 0,5 365 105 2,5 250 12,7·104

2 0,5 365 105 2,7 267 12,6·104

5 0,5 365 103 2,9 272 13,1·104

10 0,5 365 100 3,1 283 14,1·104

25 0,5 365 95 4,6 337 17,4·104

50 0,5 365 93 5,3 374 18,5·104

75 0,5 365 92 5,4 383 18,3·104

100 0,5 365 89 5,2 443 13,4·104

Tabelle E3: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,

Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der

Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

mittl.

Zelldurchmesser Zelldichte

Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3

0 0,5 365 112 2,1 67 2,3·106

2 0,5 365 111 2,2 65 3,0·106

5 0,5 365 110 2,3 59 3,8·106

10 0,5 365 108 2,6 47 6,7·106

25 0,5 365 106 3,0 43 1,6·107

50 0,5 365 103 3,4 44 2,5·107

75 0,5 365 100 3,4 47 2,8·107

100 0,5 365 97 3,4 47 2,8·107

Tabelle E4: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,

Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der

Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)

Page 193: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

E Ergebnistabellen der Schäumversuche mit chemischem Treibmittel

187

Anteil LCB-

PP1 in L-PP2 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

mittl.

Zelldurchmesser Zelldichte

Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3

0 0,1 73 120 3,1 161 33,3·104

2 0,1 73 118 3,3 165 34,1·104

5 0,1 73 117 3,6 172 35,9·104

10 0,1 73 115 4,0 193 36,8·104

25 0,2 146 110 4,8 221 37,9·104

50 0,2 146 104 5,2 245 33,0·104

75 0,5 365 96 5,3 297 25,2·104

100 0,5 365 89 5,2 443 13,4·104

Tabelle E5: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,

Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der

Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-

PP2 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)

vex D ∆p Aufschäum-

grad

mittl.

Zelldurchmesser Zelldichte

Materialien

mm/s s-1 bar - µm cm-3

L-PP1 0,5 365 105 2,5 250 12,7·104

L-PP2 0,1 73 120 3,1 161 33,3·104

L-PP3 0,2 146 120 2,9 223 19,0·104

L-PP4 1 730 90 2,2 240 9,0·104

LCB-PP1 0,5 365 89 5,2 443 13,4·104

LCB-PP2 0,2 146 115 3,3 246 25,0·104

LCB-PP3 1 730 95 4,1 540 5,1·104

HMS-PP1 1 730 90 2,3 297 4,9·104

HMS-PP2 0,2 146 112 3,3 198 26,2·104

Tabelle E6: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,

Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Schaumextrusionsversuche an den

unterschiedlichen linearen, langkettenverzweigten und hochschmelzefesten Polypropylenen

(Aufschmelztemperatur T0 = 200 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)

Page 194: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

F Ergebnistabellen der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel

188

F Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel

In den folgenden Tabellen sind die Prozessparameter und die Ergebnisse der

Schaumanalyse der mit physikalischem Treibmittel extrudierten Schaumstränge dargestellt.

Als physikalisches Treibmittel wurde CO2 mit einem Gewichtsanteil von 5 % eingesetzt.

T vex D ∆p AufschäumgradMaterial

°C mm/s s-1 bar -

L-PP1 180 1 730 100 2,0

175 1 730 106 2,8

170 1 730 117 4,9

165 1 730 126 7,8

160 1 730 155 14,6

LCB-PP1 180 1 730 91 4,7

175 1 730 96 6,0

170 1 730 105 8,5

165 1 730 115 11,1

160 1 730 132 15,9

Tabelle F1: Extrusionstemperatur T, Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit

D, Druckabfall ∆p und ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der

Extrusionstemperatur auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für das L-PP1 und das

LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C)

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

Gew.-% mm/s s-1 bar -

0 1 730 100 2,0

2 1 730 100 2,1

5 1 730 98 2,3

10 1 730 98 2,4

25 1 730 97 3,0

50 1 730 95 4,2

75 1 730 93 4,4

100 1 730 90 4,7

Tabelle F2: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p und

ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

(Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 180 °C)

Page 195: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

F Ergebnistabellen der Schäumversuche mit physikalischem Treibmittel

189

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

Gew.-% mm/s s-1 bar -

0 1 730 117 5,0

2 1 730 115 5,3

5 1 730 115 6,1

10 1 730 115 7,0

25 1 730 112 9,0

50 1 730 110 11,4

75 1 730 107 10,0

100 1 730 105 8,5

Tabelle F3: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p und

ermittelter Aufschäumgrad der Untersuchungen zum Einfluss der Blendzusammensetzung auf das

Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-PP1 und LCB-PP1

(Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 170 °C)

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 vex D ∆p

Aufschäum-

grad

mittl.

Zelldurchmesser Zelldichte

Gew.-% mm/s s-1 bar - µm cm-3

0 1 730 160 14,6 143 6,4·106

2 1 730 160 15,0 159 7,0·106

5 1 730 155 15,38 162 8,0·106

10 1 730 150 16,9 174 7,0·106

25 1 730 140 21,0 209 5,3·106

50 1 730 138 22,3 215 4,6·106

75 1 730 135 18,9 247 3,7·106

100 1 730 130 15,9 249 3,0·106

Tabelle F4: Extrusionsgeschwindigkeit vex, scheinbare Schergeschwindigkeit D, Druckabfall ∆p,

Aufschäumgrad, mittlerer Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen zum Einfluss der

Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 180 °C, Extrusionstemperatur T = 160 °C)

Page 196: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

G Ergebnistabelle der Schäumversuche an der Technikumsanlage

190

G Prozessparameter und Ergebnisse der Schäumversuche an der Technikumsanlage

In der folgenden Tabelle sind die Prozessparameter und die Ergebnisse der Schaumanalyse

der an der Technikumsanlage hergestellten Schaumfolien dargestellt. Als Treibmittel wurden

7 Gew.-% Butan zu den Polypropylenen hinzugegeben. Die Aufschmelztemperatur betrug für

alle Versuche 220 °C und der Durchsatz wurde mit 15 kg/h konstant gehalten.

Anteil LCB-

PP1 in L-PP1 ∆p vhaul-off

Aufschäum-

grad

mittl.

Zelldurchmesser Zelldichte

Gew.-% bar m/min - µm cm-3

0 41 2 2,6 740 3,8·103

10 41 3,2 3,2 760 4,1·103

25 42 3,2 3,7 780 4,1·103

100 42 10 10,5 890 10,0·103

Tabelle G1: Druckabfall ∆p, Abzugsgeschwindigkeit vhaul-off, Aufschäumgrad, mittlerer

Zelldurchmesser und Zelldichte der Untersuchungen an der Technikumsanlage zum Einfluss der

Blendzusammensetzung auf das Verarbeitungsverhalten in der Schaumextrusion für Blends aus L-

PP1 und LCB-PP1 (Aufschmelztemperatur T0 = 220 °C, Extrusionstemperatur T = 169 °C)

Page 197: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

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Page 209: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

Danksagung

Diese Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am

Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der Universität Erlangen-Nürnberg in der Zeit von Juni 2001

bis Januar 2006.

Meinem Betreuer und Doktorvater, Herrn Prof. Dr. rer. nat. Helmut Münstedt, möchte ich

sehr herzlich für die Möglichkeit der Bearbeitung des interessanten Themas und für die

Betreuung der Arbeit danken. Mein besonderer Dank gilt ihm für die sehr interessanten und

hilfreichen Diskussionen, die fachlichen Anregungen, das entgegengebrachte Vertrauen und

die moralische Unterstützung in schwierigen Situationen. Außerdem möchte ich mich für die

Möglichkeit bedanken, dass ich an zahlreichen nationalen und internationalen Tagungen und

Kongressen teilnehmen konnte, um dort meine Ergebnisse präsentieren, neue Eindrücke zu

sammeln und interessante Diskussionen führen zu können.

Herrn Prof. Dr.-Ing Volker Altstädt danke ich für die Übernahme des Mitberichts dieser

Arbeit.

Meinen Diplomanden Claudia Uhl, Bettina Wendel, Nicole Knör und Steffen Berger sowie

meinen Studienarbeitern Samir Cenanovic und Philipp Hötzl gilt mein besonderer Dank. Sie

trugen durch ihren Einsatz und ihre Unterstützung maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit

bei.

Danken möchte ich Herrn Ralf Kürschner und meiner Studienarbeiterin Larissa Zirkel für

deren intensive Mitarbeit in dem Nebenprojekt „Zuverlässige Verbunde aus faserverstärkten

Kunststoffen und Metallen“.

Herrn Dietmar Auhl, Herrn Dr.-Ing. Joachim Kaschta und Frau Inge Herzer danke ich für die

Durchführung und Aufbereitung der Messungen mittels GPC-MALLS. Frau Magdalena Papp

möchte ich für die zahlreichen REM-Aufnahmen danken. Herrn Alfred Frey, Herrn Harald

Rost und Herrn Marco Heyder gilt mein Dank für die Unterstützung bei dem Aufbau der

Schäumapparatur und die sonstige Hilfe. Frau Marika Sturm danke ich für die Durchführung

der FT-IR-Messungen und für die Hilfestellung bei der Propenpräparation für die

Lichtmikroskopie.

Für die interessanten und hilfreichen wissenschaftlichen Diskussionen möchte ich mich bei

Herrn Dietmar Auhl, Herrn Daniel Möller, Herrn Dr.-Ing. Joachim Kaschta, Herrn Florian

Stadler, Herrn Dr.-Ing. Marcus Heindl und Herrn Nikolaos Katsikis bedanken.

Allen nicht namentlich erwähnten Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern des Lehrstuhls

danke ich für die sehr angenehme Arbeitsatmosphäre und die freundliche Zusammenarbeit.

Herrn Prof. Koyama, Herrn Prof. Takahashi, Herrn Prof. Taniguchi, Herrn Prof. Nishioka,

Herrn Prof. Sugimoto, Frau Takeda und Herrn Dr. Kurose vom Department of Polymer

Page 210: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

Science and Engineering der Yamagata University in Japan danke ich für die freundliche

Aufnahme und die gewährte Unterstützung während meines Forschungsaufenthaltes. Herrn

Maehara, Herrn Kawano, Herrn Takayama und Herrn Kugimiya von der Chisso

Petrochemical Corporation danke ich für die Ermöglichung der Technikumsversuche. Dem

DAAD gebührt mein Dank für das Forschungsstipendium. Frau Evelyn Davies möchte ich

recht herzlich für ihren Rat und Beistand während meines Aufenthaltes in Japan danken.

Den Firmen Basell Polyolefins GmbH, Chisso Petrochemical Corporation, Sun Allomer Ltd.,

Solvadis Deutschland GmbH, Ciba Spezialchemie AG sowie Lehman & Voss & Co. danke

ich für die kostenlose Bereitstellung von Versuchsmaterial.

Für die gute Zusammenarbeit in den verschiedenen Projekten, an denen ich während meiner

Tätigkeit am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe beteiligt war, möchte ich mich bei den

Projektpartnern Frau Späth, Herrn Räder, Herrn Fuchs, Frau Fuchs und Herrn Boss von der

Crosslink Faserbund GmbH, Herrn Rothbauer und Herrn Seybold von der OPTIMA filling and

packaging machines GmbH, Herrn Dr. Kaspar, Herrn Dr. Hintzer, Herrn Dr. Löhr und Herrn

Neumann von der Dyneon GmbH & Co. KG, Frau Dr. Krause, Herrn Dr. Lappan, Herrn Prof.

Dr. Lunkwitz und Herrn Dr. Voigt vom Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden, Herrn

Prof. Dr. Wagner und Herrn Dr. Kheirandish von der Technischen Universität Berlin sowie

Herrn Dr. Piel, Herrn Rulhoff und Herrn Prof. Dr. Kaminsky von der Universität Hamburg

bedanken.

Zum erfolgreichen Arbeiten gehört auch ein entsprechender Ausgleich. Deshalb möchte ich

mich sehr herzlich bei meinen Zimmerkollegen Dietmar Auhl, Daniel Möller und Stefan

Rettenberger sowie Christian Seidel, Marcus Heindl, Nicole Knör, Daniela Hertel, Stefanie

Fuhrmann, Nikolaos Katsikis, Jörn Friedrich, Ricardo Willemann, Dirk Pohle, Christian

Bumiller, Carsten Weis, Jochen Bauer, Vitor Barroso, Claudia Arnold, Kristin Sommer,

Stefan Berger, Ralf Kürschner, Martin Burkhardt und all denen, die ich jetzt vergessen habe,

für die vielen schönen gemeinsamen Stunden bei den verschiedensten

„Abendveranstaltungen“ bedanken.

Meinen Freunden in der Heimat, Hendrik Leuther, Andreas Worms, Diana Leuther, Matthias

Buschnakowski, Andrea Buschnakowski, Peter Schmiech, Matthias Dörge, Susanne

Brinkmann, Thilo Steinacker, Martina Brinkmann und Reik Frenzel danke ich dafür, dass sie

trotz der wenigen Zeit, die ich während meiner Promotion mit ihnen verbringen konnte,

immer da waren, wenn ich sie gebraucht habe.

Nicht zuletzt gilt mein ganz besonderer Dank meinen Eltern für die liebevolle Anteilnahme

und die aufopferungsvolle Unterstützung während meines Studiums und der gesamten

Promotionsphase.

Page 211: Einfluss rheologischer Eigenschaften auf das Schäumverhalten von

Lebenslauf

Persönliche Daten:

Name: Jens Stange

Geburtsdatum: 02.04.1975

Geburtsort: Halle/Saale

Familienstand: ledig

Anschrift: Buddestr. 92

47809 Krefeld

Nationalität: deutsch

Schulbildung:

09/1981 – 06/1991 allgemeinbildende Oberschule, G-F-Herzberg Schule, Halle

09/1991 – 06/1994 Fachgymnasium Technik, BbS 1 “Max Eyth”, Halle

Abschluss: allgemeine Hochschulreife

Wehrdienst:

07/1994 – 06/1995 3./ABC-Abwehrbataillon 7, Höxter

Studium:

10/1995 – 06/2001 Studium der Werkstoffwissenschaften an der

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

10/1997 Abschluss des Vordiploms

10/1997 – 06/2001 Hauptstudium in der Studienrichtung Kunststofftechnik

10/2000 – 05/2001 Diplomarbeit

06/2001 Abschluss des Studiums als Diplom-Ingenieur

Berufliche Laufbahn:

10/1998 – 01/1999 Ingenieurpraktikum bei der BSL Olefinverbund GmbH, Schkopau

04/2000 – 09/2000 Auslandspraktikum bei Dow Benelux NV, Terneuzen, Niederlande

06/2001 – 03/2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Polymerwerkstoffe der

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

05/2003 – 07/2003 Forschungsaufenthalt am Department of Polymer Science and

Engineering der Yamagata University in Yonezawa (Japan) mit

einem Forschungsstipendium des DAAD

seit April 2006 Leiter Prüfung, Thermoplastics Testing Center,

Bayer MaterialScience, Krefeld