einfluß des begasers auf die spezifische phasengrenzfläche und den stofftransport in blasensäulen

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EinfluB des Begasers auf die spezifische Phasengrenzflache und den Stofftransport in Blasensaulen* Rainer Buchholz, Joannis Tsepetonides, Jurgen Steinemann und Ulfert Onken** Bei zahlreichen Gas/Fliissigkeits-Reaktionen, insbesondere auch bei Fermentationen, spielt der Stoffiibergang und damit verbunden die spezifische Phasengrenzflache eine entscheidende Rolle. Bei der Mehrzahl der in der Praxis auftretenden Gas/Fliissigkeits-Reaktions- systemen sind deren Koaleszenzeigenschaften durch die verwendeten Substanzen festgelegt, so daR man auf diese die Phasengrenzflache stark beeinflussende Eigenschaft praktisch keinen EinfluR hat. Die spezifische Phasengrenzflache laRt sich folglich nur noch durch die Wahl des Kontaktapparates und durch die Wahl und die Auslegung des Begasersbeeinflussen [I]. Bei der Wahldes Begaserskann aberder Gesichtspunkt der Effektivitat nicht isoliert von der zur Gasdisper- gierung benotigten Energie betrachtet werden, da sonst der Vorteil der Blasensaule bzw. des Schlaufenreaktors gegeniiber geriihrten Reaktoren hinsichtlich des Energieeintrags schnell verlorengeht. In der vorliegenden Arbeit wurden sowohl Begaser untersucht, die das Gas nach der Theorie der quasi-statischen Blasenbildung dispergieren, also Lochboden und Sinterplatten, als auch Begaser, bei denen das Gas im turbulenten Feld zerteilt wird; zu nennen waren hier die verschiedenen Bauarten von Zweistoffdiisen. In diesen Begasern liegen Grenzfalle des Blasenbildungsmechanismus vor. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde nun eine Begaserkonstruktion entwickelt, die einen kontinuierlichen Ubergang vom quasi-stati- schen Blasenbildungsvorgang zum turbulenten Zerfall hin ermog- licht. In einem Blasensaulenreaktor (3,40 m begaste Fliissigkeitshohe und O,15 m Durchmesser), der sowohl ohne als auch mit Fliissigkeitsum- lauf im Gleich- oder Gegenstrom betrieben werden kann, wurden neben den hohenabhangigen lokalen Gasgehalten der Energie- Eintrag und die spezifische Phasengrenzflache gemessen. Eine diese Arbeit (1) Lochplatte 2 (3) Lochplatte (4) Lochplatte (5) Zweistnffdiise lo’ 1 02 lo3 - E/V~ [W/GI Abb. 1. pationsdichte ; koaleszierendes Medium : H,O dest. Phasengrenzflache in Abhangigkeit von der Energiedissi- * Vortrag auf der 14. Sitzung des GVC-Fachausschusses ,,Mehr- phasenstromung“ am 26./27. Febr. 1981 in Erlangen. ** Dr. R. Buchholz, Dip1.-Chem. J. Tsepetonides, Dipl.-Ing. J. Steinemann und Prof. Dr. U. Onken, Lehrstuhl Technische Chemie B, Abteilung Chemietechnik der Univ. Dortmund, Postfach 500 500, 4600 Dortmund 50. Variation des Koaleszenzverhaltens lie0 sich durch Verwendung von destilliertem Wasser (ungehinderte Koaleszenz), einer Iproz. waRri- gen Methanol-Losung (maoige Koaleszenzhemmung) und einer 1 Oproz. Natriumsulfat-Losung (starke Koaleszenzhemmung) errei- chen. . Wie schon in friiheren Arbeiten [2, 31 gezeigt wurde, ist die Bestimmung der BlasengroOenverteilung, welche zur Ermittlung der spezifischen Stoffaustauschflache benotigt wird, nicht unproblema- diese Arbeit (1) L o c h p l a t t e LPZ - (1) Lochplatte LP4 // (2) Zweistoffplatte 5 ‘6 ue1s ( 3 ) LOChQlatte (4) Sinterplatte Buchholz (5) lnjektorduse (6) Ejektordijse (7) Sinterplatte - - 10’ 102 103 104 - EN , [~/m31 Abb. 2. Phasengrenzflache in Abhangigkeit von der Energiedissi- pationsdichte; maljig koaleszenzgehemmtes Medium: H,O + 1 YO CH,OH. I 103 I i 103 104 105 106 - E/V [Wln? 1 ( Nagel, Kiirten, Sinn ) (1) StrshldL% (2) BlasensPule (3) ROhrreaktoP-Strahldiise (4) Strahlrohrvlscher (5) Blasenshule / sinterplatts ( Oeis. SchriiPerl . I 1 ( Buchholz ) (6) Ejektordrise (7) Injsktorduee (8) Zreistoffp~mtte ( diese Arb,it ) mz33 Abb. 3. Phasengrenzflache in Abhangigkeit von der Energiedissi- pationsdichte; stark koaleszenzgehemmtes Medium: H20 + 10% Na,SO,. 840 Chem.-1ng.-Tech. 54 (1982) Nr. 9, S. 840-841 0 Verlag Chemie GmbH, D-6940 Weinheim 1982 OOO9 - 286 X/82/0909 - 0840$02.50/0

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Page 1: Einfluß des Begasers auf die spezifische Phasengrenzfläche und den Stofftransport in Blasensäulen

EinfluB des Begasers auf die spezifische Phasengrenzflache und den Stofftransport in Blasensaulen*

Rainer Buchholz, Joannis Tsepetonides, Jurgen Steinemann und Ulfert Onken**

Bei zahlreichen Gas/Fliissigkeits-Reaktionen, insbesondere auch bei Fermentationen, spielt der Stoffiibergang und damit verbunden die spezifische Phasengrenzflache eine entscheidende Rolle. Bei der Mehrzahl der in der Praxis auftretenden Gas/Fliissigkeits-Reaktions- systemen sind deren Koaleszenzeigenschaften durch die verwendeten Substanzen festgelegt, so daR man auf diese die Phasengrenzflache stark beeinflussende Eigenschaft praktisch keinen EinfluR hat. Die spezifische Phasengrenzflache laRt sich folglich nur noch durch die Wahl des Kontaktapparates und durch die Wahl und die Auslegung des Begasers beeinflussen [I]. Bei der Wahldes Begasers kann aberder Gesichtspunkt der Effektivitat nicht isoliert von der zur Gasdisper- gierung benotigten Energie betrachtet werden, da sonst der Vorteil der Blasensaule bzw. des Schlaufenreaktors gegeniiber geriihrten Reaktoren hinsichtlich des Energieeintrags schnell verlorengeht. In der vorliegenden Arbeit wurden sowohl Begaser untersucht, die das Gas nach der Theorie der quasi-statischen Blasenbildung dispergieren, also Lochboden und Sinterplatten, als auch Begaser, bei denen das Gas im turbulenten Feld zerteilt wird; zu nennen waren hier die verschiedenen Bauarten von Zweistoffdiisen. In diesen Begasern liegen Grenzfalle des Blasenbildungsmechanismus vor. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde nun eine Begaserkonstruktion entwickelt, die einen kontinuierlichen Ubergang vom quasi-stati- schen Blasenbildungsvorgang zum turbulenten Zerfall hin ermog- licht. In einem Blasensaulenreaktor (3,40 m begaste Fliissigkeitshohe und O,15 m Durchmesser), der sowohl ohne als auch mit Fliissigkeitsum- lauf im Gleich- oder Gegenstrom betrieben werden kann, wurden neben den hohenabhangigen lokalen Gasgehalten der Energie- Eintrag und die spezifische Phasengrenzflache gemessen. Eine

d i e s e A r b e i t

(1) L o c h p l a t t e 2

(3) L o c h p l a t t e

( 4 ) L o c h p l a t t e (5) Z w e i s t n f f d i i s e

lo’ 1 02 lo3 - E / V ~ [W/GI

Abb. 1. pationsdichte ; koaleszierendes Medium : H,O dest.

Phasengrenzflache in Abhangigkeit von der Energiedissi-

* Vortrag auf der 14. Sitzung des GVC-Fachausschusses ,,Mehr- phasenstromung“ am 26./27. Febr. 1981 in Erlangen.

** Dr. R. Buchholz, Dip1.-Chem. J . Tsepetonides, Dipl.-Ing. J . Steinemann und Prof. Dr. U. Onken, Lehrstuhl Technische Chemie B, Abteilung Chemietechnik der Univ. Dortmund, Postfach 500 500, 4600 Dortmund 50.

Variation des Koaleszenzverhaltens lie0 sich durch Verwendung von destilliertem Wasser (ungehinderte Koaleszenz), einer Iproz. waRri- gen Methanol-Losung (maoige Koaleszenzhemmung) und einer 1 Oproz. Natriumsulfat-Losung (starke Koaleszenzhemmung) errei- chen.

. Wie schon in friiheren Arbeiten [2, 31 gezeigt wurde, ist die Bestimmung der BlasengroOenverteilung, welche zur Ermittlung der spezifischen Stoffaustauschflache benotigt wird, nicht unproblema-

d i e s e Arbeit

(1) Lochplat te LPZ - (1) Lochplat te LP4 // (2) Z w e i s t o f f p l a t t e

5 ‘6 ue1s ( 3 ) LOChQlatte ( 4 ) S i n t e r p l a t t e

Buchholz (5) l n j e k t o r d u s e ( 6 ) Ejektordijse (7 ) S i n t e r p l a t t e

- -

10’ 102 103 104 - EN, [ ~ / m 3 1

Abb. 2. Phasengrenzflache in Abhangigkeit von der Energiedissi- pationsdichte; maljig koaleszenzgehemmtes Medium: H,O + 1 YO CH,OH.

I

103

I i 103 104 105 106 - E/V [Wln? 1

( Nagel, Kiirten, Sinn )

(1) StrshldL% (2) BlasensPule (3) ROhrreaktoP-Strahldiise (4) Strahlrohrvlscher ( 5 ) Blasenshule / s i n t e r p l a t t s ( Oeis. SchriiPerl . I 1 ( Buchholz ) ( 6 ) Ejektordrise (7) Injsktorduee (8) Z r e i s t o f f p ~ m t t e ( diese Arb,it )

mz33

Abb. 3. Phasengrenzflache in Abhangigkeit von der Energiedissi- pationsdichte; stark koaleszenzgehemmtes Medium: H 2 0 + 10% Na,SO,.

840 Chem.-1ng.-Tech. 54 (1982) Nr. 9, S . 840-841 0 Verlag Chemie GmbH, D-6940 Weinheim 1982 OOO9 - 286 X/82/0909 - 0840$02.50/0

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tisch, weil chemische Methoden nicht angewendet werden konnen,da sie das Koaleszenzverhalten festlegen. Von den moglichen physikali- schen Methoden zur Phasengrenzflachenbestimmung wurde das Leitfahigkeits-Mikrosondenverfahren in Zusammenarbeit rnit dem Max-Planck-Institut fur Systemphysiologie in Dortmund weiterent- wickelt. Mit einer Vierpunktsonde, deren Durchmesser 300 pm betragt, lassen sich lokale BlasengroBenverteilungen und Gasgehalte bestimmen, aus denen die lokalen spezifischen Phasengrenzflachen berechnet werden konnen. Fehlmessungen, wie sie bei Verwendung von Zweipunktsonden auftreten, werden weitgehend vermieden. Dieses Verfahren erlaubt es, Messungen an jedem beliebigen Ort des Reaktors durchzufuhren, ohne die Blasen in ihrem Verhalten zu beein flussen. In Verbindung rnit einem hierfiir entwickelten Auswer- te-Verfahren lassen sich neben dem Blasendurchmesser auch die Form der Blase sowie deren Aufstiegsrichtung und Aufstiegswinkel bestimmen. In Abb. 1 ist das Verhalten der verwendeten Begaser bei ungehinder- ter Koaleszenz dargestellt. Es zeigt sich, daB der maximale Wert fur die spezifische Stoffaustauschflache von 300 m2/m3 unabhangig vom verwendeten Begaser und von der eingetragenen Energie ist. Hohe Energie-Eintrage, wie sie bei der Gaszerteilung im turbulenten Feld benotigt werden, fiihren zu keiner VergroBerung der Stoffaustausch- flache. Es sind z.T. sehr hohe Energie-Eintrage notig, um zu vergleichbaren Stoffaustauschflachen zu gelangen, wie sie rnit Lochboden erhalten werden. Dies erklart sich aus der Tatsache, daB bei der turbulenten Gasdispergierung breite Blasenverteilungen und damit groRe Unterschiede in den Blasenaufstiegsgeschwindigkeiten erhalten werden, so daR die Blasenkoaleszenz starker begiinstigt wird als bei einheitlichen BlasengroBen, wie sie z. B. bei Lochboden mit kleinen Lochdurchmessern erzielt werden. Abb. 2 zeigt denselben Vergleich fur ein maRig koaleszenzgehemmtes Medium. Hierbei wird deutlich, daO eine Erhohung des Energie- Eintrags zu groBeren Stoffaustauschflachen fiihrt, und zwar in diesem Fall bis zu 1 000 m2/m3. Daruber hinaus eingesetzte Energie

tragt ebenfalls nicht mehr zur Erhohung der Phasengrenzflache bei. Nur bei stark koaleszenzgehemmten Systemen (Abb. 3) beobachtet man einen proportionalen Anstieg der Phasengrenzflache zur eingetragenen Energie, und zwar auch zu hoheren Werten hin. Hier zeigt sich deutlich die Uberlegenheit der turbulenten Gaszerteilung. Die hierbei erzeugten kleinen Primarblasen bleiben wahrend des Aufstiegs unverandert im System. Die breitere Blasenverteilung fiihrt in diesem Fall nicht zu einer erhohten Koaleszenzrate. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dalj die Wahl des Begasers und damit verbunden der Gaszerteilungsmechanismus bei vorgegebener Koa- leszenz-Eigenschaften der Systeme von entscheidender Bedeutung ist .

Herrn Dr. Ulrich (Abt. Verfahrenstechnik der Hoechst AG) danken wir fur Anregungen zur konstruktiven Verbesserung der Zweistoff- platte. Herrn Driiger (1ng.-Abt. W der Hoechst AG) gilt unser Dank fur die Anfertigung von Hochgeschwindigkeitsaufnahmen. Die Max- Buchner-Stiftung unterstiitzte diese Untersuchung rnit einem Stipen- dium, der Fond der Chemischen Industrie mit Sachmitteln. Eingegangen am 9. Marz 1982.

[l] Zlokarnik, M . : Korrespondenz Abwasser 27 (1980) Nr. 3 , S . 194. [2] Buchholz, R . ; Schiigerl, K . : Eur. J.Appl. Microbiol. Biotechnol. 6

[3] Buchholz, R.;Zakrzewski, W.;Schiiger/, K . : Chem.-1ng.-Tech.51 (1979) S. 3011313 u . S. 3151323.

(1979) S. 568.

Schliisselworte: Phasengrenzflache, Blasensaule, Stofftransport, Mi- krosonde. Leitfahigkeit, Methanol, Natriumsulfat.

Chem.-1ng.-Tech. 54 (1982) Nr. 9, S. 840-841 841