eine geometrie mit unvollständiger anordnung

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Eine Geometrie mit unvollst~ndiger Anordnung. Von O. Bottema in Deventer (Holland). 1. Wir denken uns die (ebene) affine Geometrie so weir entwickett, da6 die Punkt~ durch zwei geordnete Zahlen x, y dargestetlt werden kSnnen, wetche einem (kommutativen) ZahlkSrper L entnommen sind, der eine Charak- teristik ungleich 2 hat, abet iibrigens beliebig ist. Es bleibe dahingestellt, in welcher Weise die Entwicklung sich vollzogen hat: ,analytisch", wobei die Geometrie als Koordinatengeometrie definiert worden ist uncl ein Pnnlct mit einem Zahlenpaar identifiziert wird; oder ,,geometrisch", wobei man die unbestimmten Elemente (Punkt, Gerade, Inzidenz) dutch die Verkniipflmgs- axiome und die :~iome, welche die Schnittpun]r~tze yon Desargues und Pascal verbiixgen, weiter determiniert und dana mittels der Staudtschen Wuffrechnung oder eines ~quivalenten Veffahrens Koordinaten einfiihrt. Letzterc, f'fir die projektive Geometrie klassisch gewordene Methode kann man so ausgef'dhrt clenken, dal] sie yon vornhexein auf die affine Geometrie zugeschnitten wird, oder man kana cli~ projektlve Geometrie selber ent- wickeln und nachher durch die Aus,ahl der uneigentlichen Geraden zur affinen Geometrie iibergehen. Der ZahlkSrper, welcher die Geometrie begIeitet, hat eine Charalreeristik ungleich 2, wenn das Fanosche Axiom gilt, cl. h. wenn zwei Pnn~e einen Mittelpunkt haben, die Diagonalen eines Parallelogramms sich schneiden usw. Das Ziel cler vorliegenden .~beit ist nun folgendes. Ankniipfend an die genanate Phase der geometrischea Entwicklnag wollen wit dutch Einftihrung ~m~eres Axioms (I) eine (unvoll~t~ndige) Anordnung definieren, welche in mancher Hinsicht mit tier iiblichen iibereins~immt und gewissermagen eine Zwischenstation bedeuten kann auf dem Wege zur vollst~ndigen knordnung x). Die Anordnung ist flit die Geometrie ausgearbeitet (wobei wit nas auf die Ebene beschr~nkt haben) und geometrisch formuliert, kann aber natiirlich ohne Bezug auf geometrische Anwendungen als eine Anordnung f'dr die EIe- mente des KSrpers L aufgefagt werden. 2. Wit wollen einen nicht zeffalleaden Kegelsclmitt mit tier Gleichung all x2 + 2 a12 xy 9- a22 ye + 2axa x + 2a~s y + asa -~ 0 1) VgI. die ausfiihrliche Darstellung in meinem (holl~ndischgeschriebenen) Buclm ~J)e element~re meef~kunde van her platte vlak", Groningen 1938. ~[a~homa~sche innalen. 117. 2

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Page 1: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

Eine Geometrie mit unvollst~ndiger Anordnung. Von

O. Bottema in Deventer (Holland).

1. Wir denken uns die (ebene) affine Geometrie so weir entwickett, da6 die Punkt~ durch zwei geordnete Zahlen x, y dargestetlt werden kSnnen, wetche einem (kommutativen) ZahlkSrper L entnommen sind, der eine Charak- teristik ungleich 2 hat, abet iibrigens beliebig ist. Es bleibe dahingestellt, in welcher Weise die Entwicklung sich vollzogen hat: ,analytisch", wobei die Geometrie als Koordinatengeometrie definiert worden ist uncl ein Pnnlct mit einem Zahlenpaar identifiziert wird; oder ,,geometrisch", wobei man die unbestimmten Elemente (Punkt, Gerade, Inzidenz) dutch die Verkniipflmgs- axiome und die :~iome, welche die Schnittpun]r~tze yon Desargues und Pascal verbiixgen, weiter determiniert und dana mittels der Staudtschen Wuffrechnung oder eines ~quivalenten Veffahrens Koordinaten einfiihrt. Letzterc, f'fir die projektive Geometrie klassisch gewordene Methode kann man so ausgef'dhrt clenken, dal] sie yon vornhexein auf die affine Geometrie zugeschnitten wird, oder man kana cli~ projektlve Geometrie selber ent- wickeln und nachher durch die Aus,ahl der uneigentlichen Geraden zur affinen Geometrie iibergehen. Der ZahlkSrper, welcher die Geometrie begIeitet, hat eine Charalreeristik ungleich 2, wenn das Fanosche Axiom gilt, cl. h. wenn zwei Pnn~e einen Mittelpunkt haben, die Diagonalen eines Parallelogramms sich schneiden usw.

Das Ziel cler vorliegenden .~beit ist nun folgendes. Ankniipfend an die genanate Phase der geometrischea Entwicklnag wollen wit dutch Einftihrung ~m~eres Axioms (I) eine (unvoll~t~ndige) Anordnung definieren, welche in mancher Hinsicht mit tier iiblichen iibereins~immt und gewissermagen eine Zwischenstation bedeuten kann auf dem Wege zur vollst~ndigen knordnung x).

Die Anordnung ist flit die Geometrie ausgearbeitet (wobei wit nas auf die Ebene beschr~nkt haben) und geometrisch formuliert, kann aber natiirlich ohne Bezug auf geometrische Anwendungen als eine Anordnung f'dr die EIe- mente des KSrpers L aufgefagt werden.

2. Wit wollen einen nicht zeffalleaden Kegelsclmitt mit tier Gleichung

a l l x 2 + 2 a12 xy 9- a22 ye + 2axa x + 2a~s y + asa -~ 0

1) VgI. die ausfiihrliche Darstellung in meinem (holl~ndisch geschriebenen) Buclm ~J)e element~re meef~kunde van her platte vlak", Groningen 1938.

~[a~homa~sche innalen. 117. 2

Page 2: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

18 O. Bottema.

eine ~llipse nennen, wenn D1 ----] a~l a1~l ein Quadrat und unyleich Null a~x a~l /st und es aul~rdem minclestens einen Pu__nkt P gibt, dessen Koordinaten der Gleiq~ung gr 0ffenbar gibt es dan r, auf jeder Geraden dutch P , welche nicht mit tier Tangente zusarnraenf~llt, einen neuen Punkt des Kegel- schnitts.

Da /)1 =~ 0, hat die Elhpse einen Mit te lpnn~ 0 mit den Koordinaten

l [ a ~ a~ l la~ a;~! W ~ l t man den Ursprung des Koordinaten-

systems in diesem Pnnl~e, dann wird die Gleichung des Kegelschnitts

Vr

D all x 2 -4:- 2a12 x y -~- ~.~ y~ + -D-~ = O,

D _

und somit ungleich Null ist.

a l i al~ al~ I

a2i a22 a231

a31 a32 a33 i

Die Gerade p x + qy ~- 0 hat einen Sclmittpunkt mit der Ellipse, wem~ die Gleichung

D (all q2 _ 2 a~2 p q ~ a~z2 T 2) x ~ 4- q �9 ~ ~- 0

eine Wurzel (und dann offenbax zwei entgegengesetzte Wurze]n) hat; d. h. wenn

- - D ( a l l qU - - 2 a12 qp ~- a2~ p2)

ein Quadrat und ungleich Null ist. Fiir den konjugierten Durchmesser

p t x + qlY g~lt Pl = a l i q -- a12 p, ql ~ a12 q -- a~.2 p,

und man findet

a~l q~ -- 2"a12 ql Pl + a22 P ~ = DI (al i q~ -- 2 a12 q p + a22 pe).

Hieraus geht hervor: Hat ein Durehmesser der Bllipse zwei Schnittpunkte mit der ~dipse, so hat auch tier konjugierte Durchmesser zwei Sehnittpunkte mit der Ellipse.

Wir setzten voraus, dab die Ellipse einen P u n k t / ) enth~lt. W~hlt man die Gerade O/) zur X-Achse, die konjugierte Gemde zur Y-Achse, dann wird die Gleichaag dex E~pse

Page 3: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

Eine Geometrio mit nnvolIst~ndiger Anordnung. 19

Die Oleiehungen x 2 ~ 1 und by ~- ~ ~ miissen je zwei verschiedene Wurzeln haben;/~ und 1 sind also Quadrate, ungleich Null, und dutch geeignete Wahl des Einheitspuuktes kann man somit der Ellipse die kanonische Gleichung

z2 § y2 = 1

geben.

3. Wit geben jetzt folgende Definitionen:

Dec Punkt P liegt i nnerhalb der Ellipse 3, wenn jede Gerade dutch P mit E zwei ~ersehiedene PunIcte gemeinsam hat.

Der Punier P liecfl auflerhal5 der Ellipse 3, wenn dutch P zwei verseltiedene Tange~ten yon E gehe~.

Wit weisen darauf bin, dal~ die Begriffe ,,innerha]b" und ,,auBerhalb" dex Ellipse nicht als Gegens~tze definiert sind. Zwax schliel~en sich die Aus- sagen , ,P liegt innerhalb E", , P liegt auf E" , , ,P liegt au~erhalb E" offenbar gegenseitig aus, aber es ist mSglich, daft fiir einen bestimmten Punkt P keine dieser Aussagen gilt u).

Wit fiihren jetzt folgendes Axiom ein:

(I). Der Mittelpun]ct einer Ellipse liegt innerhalb derselben. Die Schni t tpun~e der Geraden y = m x und der Ellipse x 2 -~ y2 ~ 1

werden aus der Gleichung x 2 (1 ~-m2) _= 1 bestimmt; fiir jedes m soll sie also zwei verschiedene Wurzeln haben. I). h.:

Im KSrper L iet die Summe yon zwei Quadraten, die nicht beide gZei~h Null sing, wiederum ein Quadrat ungleich Null.

L enthglt also den Kii~per der total-reellen Zahlen. Dutch Einfiihrung des Axioms (I) bleiben z. B. die endlichen ZahlkSrper, der KSrper der ratio- nalen Zahlen und der KSrper der gewShnlichen komplexen Zahhn nich$ l~uger als KoordinatenkSrper mSglich.

4. P sei ein Punkt innerhalb der Ellipse E m i t dem Mit te lpun~ O, A1 und Au seien die Schnittpunkte yon _~ mit der Gemden OP. Wit w~alen OP zur X-Achse und geben de~ Ellipse die Gleichung x 2 ~- y2 _~ 1. Sind ~, 0 die Koordinaten yon P, so ist x -= ~ eine durch P gehende Gerade; ihre Schnittp~mkte mit E werden bestimmt aus y2 = (1 -- ~) (1 ~- ~). D. h. wenn P ~nnerhalb E liegt, so ist der Ausdruck AI P" PA2 no'twendig ein Quadrat,

3) Dieselhen Definitionen fiir die Lage eines Plmktes in bezug auf einen KegeL schnitt finder man bei Liebmann, Synthetische Geometrie, Leipzig-Ber'fin 1934. Es wird dabei aber (S. 37) sofort axiomatisch festge|eg~, dab es auBer ,,parabolisctmn" und ,~hyperbolischen" Punkten nur ,,etliptische" Pnnkte gibt~ -- VgL aueh Steck, Zur AxiomatAk der reeIlen ebenen projektiven Geometrie IX, Monatsh.f.Math.u.Phys. 47 (1937), S. 93--121; Bo~tema, Zur Axiomatik der projektiven Geometrie, ebend~ 47 (1939), S. 234--239.

2*

Page 4: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

20 O. Bott~ma.

ungleich Null. Betrachten wi~ eine willkiirlicha Gerade durch P, n~mlich y = m (x -- ~), so werden ihre Sehnit tpunk~ mi~ ~ gefunden aus der Glei- Chtmg xa (1 q- m2) -- 2 m S 2x -- (1 -- m 2 ~ ) = 0, welche die Dis~iminante D ~ 1 + m2 (1 -- 2 2) hat. Wenn I -- 2 2 ein Quadrat ungleich Null ist, so gilt offenbar dasselbe yon D. Wit haben also:

Ist P ein Punkt des Durchmessers A 1A2 einer R, llipse E, so lie(it P dann und ,~ur dann innerhalb E, wenn A1 P" 19A2 ein Quadrat ungleich Null ist.

Wit bemerken noch, dat~ der Ausdruck A l P " PAe sich nicht ~ndert, wenn man A1 und A2 vertauscht; er ist zwar nieht invariant bei affinen Transformationen, aber wenn er ein Quadrat tmgleich Null ist, so bleibt diese Eigenschaft bei einer affinen Transformation erhalten.

Ist P ein Pank t des Durchmessers A1A~. und auflerhalb der Ellipse, sind Q1 und Q2 die Beriihrungsp,mkte der Tangenten dutch P, so ist die Gerade Q1Q2 die Polare yon P in bezug auf den Kegelschnitt und der Schnitt- pnnlrt P ' yon Q1Q2 und OP liegt harmonisch mit P in bezug aurA1 und A2. Hat umgekehrt der mit P harmonischa Pnnkt P ' die Eigenschaft, dat] die dutch ihn gehende, mit OP konjugierte Gerade zwei Schnittpunk~, Q1 und Qe, mit E hat, so sind PQ1 und PQ2 Tangenten von E und P liegt aut~erhalb der Ellipse. Dieser Fall tr i t t also nut dann ein, werm P ' innerhalb E liegt, lind da A L P " P'A2 ---- -- A l P " PA2, haben wit:

Ist 19 ein Punkt des Durchmessers A1A~ einer Ellipse E, so biegt P dann und nut dann auflerhalb E, wenn - - A l P " PA2 ein Quadrat ungleich Null ist.

Wema P ~ (2, 0) auf der X-Achse Iiegt, die Gerade y = m (x -- ~) die Ellipse in B~ ~md B2 schneider, B'~ und ]B'2 die Projektionen von B~ und B 2 auf der X-Achse shad, wobei ha dex Richtmag der Y-Achse projiziert worden ist, ]B'I ~ (xl, 0), B~ ~-- (x2, 0), so sind xx und x2 die Wurzeln der Gleichung x ~ ( l + m ~ ) - - 2 m 2 ~ x - ( 1 - m 2~2) = 0 . Man hat also B'I_P'PB' 2

= (2 - - Xl ) (X2 - - ~) = ~ (Xl ~- X2) - - X l Z 2 - - ~2 = 1 - - ~ 2 l+m~" Ist B' 1P-PB'~

B', P B~ P mid mit, bin ein Quadxat ungleich Null, so gilt dasselbe yon ~ -- p B.2

yon B1 P " PBe. Wit haben also:

Liegt tier Punkt Pau] einer Oeraden, welche die Ellipse E in den Punlcten B1 und ]Be schneider, so l'.~3t P in~ivrhatb bzw. auflerhalb E, wenn B1 P" P B2 bzw. ~ B~ P" P ]B~ ein Quad~at ungleivh Null ist; und umge~hrt.

Eine F olgertmg dieses Satzes ist:

Wenn der Punk~t P innerhalb (au~erhalb) einer Ellipse liegt, welche dutch die Pnnlc~e A and B geht, dann liegt P innerha!b (au~erhalb) jeder Ellipse dure'h A und B.

Page 5: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

Eine Geometrie mit unvollst4ndiger Anordnung. 21

Wix geben nun folgende Definitionen:

Der Punkt 1 ~ Iiegt innerhalb (auflerhalb) der Punkte A und B, wenn er innerhalb (auflerhalb) einer dutch A und B gehenden Ellipse liegt.

Hieraus geht hervor:

P Iiegt innerhalb A B, wenn A P . P B ein Quadrat ungleich Null ist; P liegt auflerhalb A B, wenn - - A P . P B ein Quadrat unfleieh Null ist.

Wix hiitten auch diese letzte Eigenschaft zum Ausgangspnnlc~ der An-

ordnungstheorie nehmen kSnnen, ohne jeden Bezug aug die Theorie der Kegelschnitte; man kann auch auf jede Beziehung mit der Geometrie iiber-

haupt verzichten trod mittels der Definitionen: ,,die Zahl x liegt innerhalb der Zahlen a und b, wenn (a -- x) (x -- b) ein Quaclrat ungleieh NuU ist usw."

eine Amordnung definieren in einem Zahlk5rper L mit der obenerwiihnten

Eigenschas

5. Im folgenden geben wit einige einfache Eigenschaften unserer Anord-

hung an. Wit stellen dabei Quadrate ungleich Null dutch ql, q2, - . . dar.

I. Liegt P innerhalb A 17, dann lieff 17 auflerhatb A 1 ) und A aufierhalb B P. Man ha t A P . P B = ql, also A B . B P = ( A P + P1?) B P = A P . B P _ p ~ z = _ ql -- qe ----- -- qa. B liegt also augerhalb A P .

II . Wenn A auflerhalb P B liegt und B auflerhalb A t ), dann liegt P inner- l~ago A B. Man ha t P A . A B = -- ql , A B . B P = -- qo., also A P . P B = qaq2 = q~.

A P B P Quadrate. Ge- I I I . Wenn P innerhalb A JB liegt, dann sind X-B und

geben ist A P �9 P B = ql, man hat also A P . A1? = A P e + ql ~ q2, so dal] A P q~

B -- A B~ = qa-

A P und B-A Quadrate ungleich IV. Wenn P a u ] der aeraden A 17 l in t und ~ B B P

Null sind, dann liegt P innerhalb A B. Da A P B P X B --~ ql, B A -- q~' hat man

A P " P B = qlqg. " A B e = q'a.

V. Wenn P innerhalb A B und Q innerhalb A P liegt, dann liegt Q innerhalb A P B P AQ PQ AQ

A B. Man ha t X~B --- qz, B A - - q2, A P - - q s , p A - - q4, also A B -- ql qa BQ B P @ P Q

und weiter ~ _ B A -- qe -t- qlq~.

VI. Wenn Pa und P2 beide innerhalb A B liegen und Q innerhalb P1Pu, A P1 B P1 A P, B P~

dann l ie f fQ innerhalb A B . Aus A-B = ql, B A -- q2, AI~ -- qs, ~ = q~, P1 Q P~ Q PI A + A P~

p~ p~ -- qs, p~ P1 = q~ geht hervor A Q _ A P~ -~ P~ Q A B A B -~- q l -~ q5 A B ~--- ql Jr- q5 (-- ql -~- qa) ~ qI q6 -1- q3 qs- In ~hnlieher Weise erhii!t mall B Q B ~ : q2 q6 -I- % q~.

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22 O. Bottem~.

VII. Wenn e i~ Gerade die Seiten BC, CA u nd A B des Dreiec~ A B C in den Pun~en P, Q und R schneidet und zwei der SchnittrunIcte innerhalb der beziigli~hen Eckpunkte liegen, dann l iegt der dritte auflerhalb derselben; liegt ein~r der Punkte innerha~, ein zweiter auflerhalb, so liegt der dritte inner- halb; liegen z~xei aufierhalb, so auch der dritte. Der Beweis geht unmittelbar aus dem Satz des Menelaus hervor. Ebenso folgt ein analoger Satz iiber drei dutch einen Punkt gehende Ecktransversalen aus dem Cevaschen Satze.

6. Ist P ein Punkt in der Ebene des Dreiecks A BC, sind A', •' mad C' die Schnit~punkte yon PA, ]P]8, PC rmt BC, CA und A~, dann sagen wit, da~ P innerhalb des Dreiecks A B C-liegt, wenn zwei (und somit drei) der Pun!ere A', B', C' innerhalb der beziigliehen EekpunI~e liegen.

Liegt einer der P~mlcte innes der Eclrp~m~e, w~hrend ein anderer entweder nicht existiert oder auBerhalb der Eckpunkte liegt, so liegt P au~r- halb des Dreiecks.

Wit fiihren ohne Beweise folgende einfaehen Siitze an.

I. Wenn C' innerhalb AB, P innerhalb CC' liegt, dann liegt P innerhalb des Dreiecks AJ~C.

H. Wenn :P innerhalb A U, Q innerhalb BC, R innerhalb PQ liegt, claim liegt R innerhalb des I)reiecks A B C.

III. Wenn P, Q und R innerhalb des Dreiecks A BC liegea und S innerhalb des Dreiecks P Q R liegt, dann liegt S innerhalb des Dreiecks AI~C.

IV. Liegen A, B und C auf der Ellipse E oder innerhalb E, P innerhalb A BC, dann liegt P innerhalb E.

V. Wenn A' innerhalb BC, B' innerhalb CA, C' innerhalb A B ]iegt, dann ist das VerhMtnis der Inhalte von den Dreiecken A' B' C' mad A B C ein Quadrat; dasselbe gilt ftir die Dreiecke A" B'" C" und A BC, wenn A" B" C" das Dreieck mit den Seiten A A', BB' , C C' ist.

7. 0 und P seien zwei verschiedene Punkte einer Geraden 1. Wit sagen: e~a Punkt A au] 1 liegt au] devselben Seite yon 0 uge P, wenn 0 aui~erhalb A P

liegt, also wenn 0 A y p ein Quadrat ungleich Null ist. Dagegen liegt A au] der

entgegengesetzten Seite yon 0 wie P, wenn 0 innexhalb A P liegt, also wenn OA O P ein Quadrat ungleich Null ist.

Wlr betonen noch einm_~l, dab diese beiden Begriffe zwar einancler aus- schlie~en, abex nicht ats Gegensgtze definiert sind. Im aUgemeinen wird ein Pnnkt weder auf demelben, noch aug der entgegengeseC~ten Seite yon 0 liegen Ms P, uncl yon ~ einer Zerlegung der Pnntcte von l d ~ r ~ den P n n ~ 0 in zwei H a ~ h ] e n ist nicht die Rede. Wir nennen abex einige Eigenschai~en, welfft~e aueh bei - n ~ r unvoltstgndigen Anordnung richtig bleiben.

Page 7: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

Eine Geometrie mit unvollst~ndiger Anordnung. 23

I. Liegt A auf derselben Seite yon 0 wie P, dann liegt P auf derselben Seite yon 0 wie A, usw.

II. Liegen At und A2 beide auf derselben Seite yon 0 wie P, dann liegt A1 auf derselben Seite yon 0 wie Ae, usw.

Wit betrachten die Ebene der Geraden 1 und des nicht aus 1 liegenden Punlctes P und definieren: ein Punkt A dieser Ebene liegt au] derse~n Seite yon I wie P, wenn die Gerade PA entweder mit I parallel ist, oder 1 schneider in einem Punkte S, der aul3erhalb P A liegt; P liecfl au/der anderen Seite van I wie P, wenn P A die Gerade 1 schneider in einem Punkt S, der innerhalb P A liegt. Auch fiir diese Definitionen gelten obige Bemerkungem Wit fiihren weiter folgende Eigenschaften an.

III. Liegen A1 und A2 beide auf derselben Seite yon I wie P, dann liegt A1 auf derselben Seite yon l wie A,~ usw. (Der Beweis gelingt am einfaclrst~n mitte]s des Satzes yon Menelaus.)

IV. Wenn A1 and A.z auf derselben Seite yon I liegen trod B innerlmlh A1A2 liegt, dana liegt B auf derselben Seite yon l wie A1 and wie A2.

V. Wenn zwei Punkte einer Ellipse auf entgegengesetzten Seiten yon 1 liegen, dann hat 1 zwei Schnittp,ml~e mit der Ellipse:

VI. Ein Punkt P innerhalb des Dreiecks A BC lie~ auf dersetben Seite yon BC wie A, usw.

VII. Wenn P a u f derselben Seite yon BC 5egt wieA, auf derselben Seite yon CA als B und auf derselben Seite vonA B wie C, dann liegt P innerhalb des Dreiecks A B C.

8. Ein einfaches n-Eck A 1 A 2 . . . A~ nennen wit ]r~onvex, wenn fiir jeden Weft yon ]~ die Bedingung gilt: s~mtliche von A~ und Ak + 1 verschiedenen Eckpunlae liegen auf derselben Seite yon Ak A~+I.

Wit nennen folgende S~tze, ohne auf die zumeist einfachen Beweise einzugehen.

I. Sind A1, Ae, As drei Eckpunkte des konvexen n-Ecks A1 A2 �9 �9 �9 A~ und A~-ein beliebiger EclrpnuJrt (k = 1, 2, 3), dann liegen A1 und A3 auf entgegengeseSzten Seitcn von A2 A~.

II. Wenn man die Eckpunkte eines konvexen n-Ecks beliebig (nich~'- zyklisch) permutiert, dann entsteht ein n-Eck, das nicht konvex ist.

III. Der Inhalt eines konvexen n-Ecks ist ungleich 1~ull.

9. Obige Beispiele diirften geniigen, um _zu zeigen, da~ verschieelene affine Anordnungsbegriffe und Anorclnnn~eigenschaften ihre Giiltigkeit l~- halten, obwohl der Satz: ,,ein yon den Punkten A~ und B verschiedenex Punk~ der Geraden A B liegt entweder innerhalb A B oder auBerhalb A B", nivht ~_lt,

Page 8: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

F~ zei~ sich weiter~ d ~ man nicht nut die affine, sondern auch die (e~]did}sche) metrische C~eometrie sel~ weir entwickeln kann. So kann man dutch d ~ = (xl -- x~) 2 + (Yl -- y~)2, welcher Ausdruck f '~ zwei voneinander verschiedene Punk~ (xl, y t ) u n d (xs, y~) offenbar e~u Quac~at ungleich Null ist, das ,, Quadrat der Entfernung zweiex Punkte" definieren; es gelingt natiir!ich nicht, die Entfernung selbst eindeutig festzulegen, da man die zwei Zahlen, deren Quadrat gleich d e ist, nicht als ,,130sitive ' ' und ,,negative" unterscheiden kann. In den S~tzen der Elementargeometrie tr i t t abet sehr oft nut das ]~ntfernungsquadrat auf, wie z. B. in dem pytha- goreischen Lehrsatz und seinen Folgerungen. Es gelingt auch die ebene Trigonometrie fast volls~ndig zu entwickeln.

Um einen Eindruck yon den me~m'schen S~tzen zu geben, welche man mit unserer unvolIst/indigen Anordnung zeigen kann, fiihren wit beispielsweise folgende S~tze an, indem wir fiir eine systematische Behandlung der ]~le- mentargeometrie unter diesen Gesichtspunkten nach dem in Fu~note 1) ge- nannten Buche verweisen.

l. Sind Ct trod C2 zwei Kreise mit den Mittelpm~kten M1 und Me, schneider MxM~ den Kreis C1 in A1 und JB 1 und den Kreis C2 in As und B~ und liegen A2 und /~2 beide innerhatb AlJ~, so ]iegen die Punkte yon C~ s~mtlich innerhatb C1 und diejenigen yon C1 s~mtlich aul~erhalb C 2. -- 2. Wenn der Mittelpunkt des Um~reises eines Dreiecks innerhalb des Dreiecks liege, so gilt dasselbe f'tir den HShenschnittpunkt. -- 3. Die zwei Brocardschen Pun~e eines Dreiecks tiegen innerhalb des Dreiecks, usw.

10. Im vorhergehenden haben wit besonders solche Aussagen hervor- gehoben, die in der yon ,ms betrachteten Geometrie ihre Giiltigkeit behalten. Jetzt ne~uen wit einige S~tze, in denen der Unterschied mit einer vollst/indig angeorc]neten Geometrie klar hervortritt.

:Es ]~ann zwei Kreise, C1 und C~, geben, welche keinen gemeinsamen Pu~kt haben und wobei wed~ C1 aufl~halb C2, noah .C2 aufle~halb Ct liegt. Man betrachte z.B. in der Geometrie fiber dem KSrper der total-reeUen Zahlen die

konzent~ischen Kreise C1 und C2 mit den Radien ~ ---- I, R~ ---- (3 -- 2 ]/2)~;

die Z~hl R~ -- R~ = 4 (3 ~/2 -- 4) ist weder ein Quadrat, noch das entgegen- gesetz~ eines Quadrates, die Punkte yon C~ tiegen also weder innerhalb, noch anl~erhalb C~.

Besch~nken wit uns auf die Pun]ere einer Geraden, ist A dex ~ul lpun~, tier Punkt mit der Koor "dmate b, so gilt fiir einen Punkt P (mit der Koor-

dinaCe p), welcher innerl~alb A ~ liegt: pb ist ein Quadrat (5, HI). Ist weder b !~cch ~ b ein Quadrat, so kann weder p; noch -- p ein Quadrat sein; p kann also z.~B~: kebae :ratAonale Zahl sein; d. h. die Menye der rationale~ Zalden ist ~ida aberal! ~ic~t,

Page 9: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

Eine Geome~rie mit u~vollst~ndiger Anordnung. 25

Wi~ legen der Geometric den KSrper der total-reellen Zahlen zugrunde und betrachten die Punk te A, ]8, C mit den Koordinaten a =- -- 1, b = 0, c = 1. I )er Punk t B liegt innerhalb A C und wi~ wissen (5, V), dab jeder t h m k t innerhalb A]8 oder innerhalb ]8C auch innerhalb AC tiegt. Dieser

Satz ist abet nicht um]~ehrbar. Der Punk t P mi t p -~ �89 1/2 liegt innerhalb A C, da 1 -- i0 n ein Quadrat ist; er liegt abet weder innerhalb A B, noch innerhalb B C, denn weder/9, noch -- /9 ist ein Quadrat. Ein Intervall wird also nicht dutch einen seiner Punkte in zwei Intervalle geteilt.

Es zeigt sich also, dal~ die Theorie der Punktmengen in unserer Geometrie sich ganz anders gestattet, als were1 eine vol]stgndige .kmordnung vortiegt. Wit wollen da tum noch einige der beztiglichen Siitze ins Auge fassen.

I. Eine endliche Menge ist beschrgnkt, d. h. sie gehSrt immer einem Inter- vall an. Sind niimlich a l , ae", . . . , aN die Koordinaten der Punk te A1, A~,

� 9 AN, so liegen diese innerhalb P1 P2, wo P l = --/ge und/9~ = Z a 2 ~. n

II. Liegt P im IntervaU A ]8, so ist P der MittelTunkt eines Intervalls A']8', das innerhalb A]8 liegt. ][st a ---- 0, b ----- 1, so nehrne man a ' ---- p 2

b' ---- 2/9 - - ~ . Man ha t dana a ' q- b' = 2/9; da _P inaerhalb A ]8 liegt, sind p und 1 - - p Quadrate. Hieraus geht hervor, dat] a ' ---- p2 trod I -- a ' ----- 1 -- T 2

= ( 1 - - i0) (l q- /9) und auch b ' - - - - 2 p - - ~ = p { l q - ( 1 - - / 9 ) } und 1 - - b ' = 1 - - 2/9 q-/9~ = (1 - - p)e" Qua&ate sind. A' und B' Hegen also jnnerhalb A]8 (5, IV).

I I I . Ist ]P ein P u n ~ im Intr A ]8, so liegt in jedem Intervall PQ ein yon t ) verschiedener Punkt des Intervalls A ]8. Wir kSnnen uns wegen I I be- schriinken atff den Fall: a = -- 1, b = 1, /9 =- 0. ][m Intervall PQ lie~

q denn r (q -- r) - - q4 ftir jeden Wer t yon q der P u n k t R, wo r -- 1 § q~' (14- q,,)2

ist ein Quadrat, R liegt auch in A ]8, denn 1 -- r 2 ----- 1 q- q~ q- q~ (1 q_q~)2 ist ebenfalls

ein Qua&at .

IV. Dieser Satz gilt nicht ]iir die Endpunkte A und B des Inter'vails. Is t

a = 0, b = 1, so gilt Ftir einen P u n k t R i m ][ntervall AQ: r -= k~q, wo kl ein Quadrat ist; ist q kein Quadrat, durra ist abet/r = k2 nicht mSghch.

V. Is t P eia P u n k t im Intervall A B, so geht aus I I I hervor, daft in einem Intervall Q1Q~, das P enth~lt, immer ein yon P verschiedener Punkt yon A ~ liegt. Dieser Satz gilt auch ]iir die Rndpunkte A und ]8. ][st a = 0,

q~ dann sind q2 _ re- q'~ 4- q~ -4- q~ b = 1, q l = - - q , q 2 = q , r - - 1 + q 2 ' -= ( l + q ~ ) ~ und

q~ Quadrate; R liegt also in Q1Q2 und in A]8 . r (1 - - r) = (1 + q2)~"

VI. Ist i ~ + #~ = 1, ire ~ O, und x = 2e" a + i, 2 b, dann livqt X inner-

x - - a x - - b Ae. Umgekehr t : wenn X irmerhalb ha/b A B. D e n n K-A-X = g 2 a Z b - -

Page 10: Eine Geometrie mit unvollständiger Anordnung

56 O. Bottema, Eiae Geometrie mit unvollst~ndiger Anordnmlg.

A B hegt, dann ist x = 2"2a +/x~b, wenn 2 und /~ geeignet gew~Mt sind, hierbei ist 23 + #~ = 1, 2/~ ~ 0.

VII , Sind A, B und C beliebige Pun]ere und 23 -t- p2 d- ve = 1, dann ist die Menge des Punkte X, ]iir die x = 22a A-/~b d- v2c gilt, konvex. Sind n~m]Jch X1 und X2 zwei th, nl~te der Menge, X~ ein Punkt innerhalb X~Xe,

2 x so ist xl = 212 a d - / ~ b d- v~ c, x2 = ~ a d-/x~ b d- v 2 c, xa p~ xl d- P2 2, wo p~ + p~ = ~. Ma~ hat: ~ = (p[ 2~ + p~ 2~)a + (p~ Z e~ + V~ ~ ) b d- (P~ vx2 d- Pee v~)c, woraus hervorgeht, dab Xs zur Menge X gehSrt.

VIII . Die Punktmenge X ist die konvexe Hiille des Menge A, B, C. X sei ein von A verschiedenex Pankt der Menge, x = 23 a d-/~e b d- v2 c, 43 ~ 1,

,2 v'~ {22a ,-i- (#2 _f_ ~2) c} = p~ (q~ a + qff b) ~- p~ (q2 a ~- q~ c), wo p2 ,-7' p~" = 1, q~ ~- q~" ----- 1. Man hat also: x = p2 rl + p~ re, d. h. X liegt innerhalb R1 R2, R1 liegt inner- halb A B und R2 liegt innerhalb A C. -- Die Siitze lassen sich dutch voI1- st~ndige Induktion erweitern aus die Figur yon n Punkten.

IX. Eine Limesde/inition s eine Zahlenreihe kSmlte man so geben: die Reihe at , a2, . .- hat den Limes l, wean es s jedes s ~ 0 ein N gibt, so dab a , Fti~ n => N innerhalb l -- s, l + s liegt, ct. h. also, dab s 2 -- (1 -- a~) 2 ein Quadrat ist. Wit lassen hier die Frage, inwieweit man Begriffe wie Kon- tinuit~t, Differentialquotient und Integral entwickeln kann, uner5rtert.

(Eingegangen am 22. 2. 1939.)