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FHNW - Pädagogische Hochschule Aarau - Institut Sekundarstufe 1 DV-Arbeit im Schulfach Musik „Komponieren im Musikunterricht“ - Eine „Learning by doing“-Methode von Jürgen Hatt Eine DV-Arbeit im Schulfach Musik 1

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Einleitung

FHNW - Pädagogische Hochschule Aarau - Institut Sekundarstufe 1

DV-Arbeit im Schulfach Musik

„Komponieren im Musikunterricht“

- Eine „Learning by doing“-Methode

von

Jürgen Hatt

Eine DV-Arbeit im Schulfach Musik

Betreuung: Markus Cslovjecsek

Inhalt:

1. Einleitung

3-4

2.Theorie

5-7

3. Leitfrage und These

8

3.1Wahl der Erhebungsarten

8

4.Komponieren im Musikunterricht

Eine „Learning by doing“- Methode

9-14

5. Eigene Erkundung

15-19

5.1Fragebogen zum Thema Komponieren

15

5.2Resultate der Untersuchung

15

5.3Noten der SchülerInnen

16-17

5.4Fragestellungen der SchülerInnen

17-18

5.5Reflexion und Erläuterung der Resul-

tate und Methoden

18-19

6.Schlussfolgerungen/Diskussion

20-22

7.Nachwort

23

8.Literaturverzeichnis

24

9.Anhang

25-29

9.1Gerhard Reiters Groovepuzzle

25

9.2Espie Estrellas „Parts of a song“

26-27

9.3Textbeispiele der SchülerInnen

28

9.4SchülerInnensongs

29

1. Einleitung

Ich bin in einem Haus mit Klavier aufgewachsen. Es war ein altes, nicht gestimmtes Instrument, dessen Klang an Saloonpianos in John Wayne Filmen erinnert. Als Kleinkind klimperte ich oft darauf und fing an, selber kleine Kinderlieder, die ich kannte zu lernen. Ich lernte, indem ich einfach ausprobierte. Mein Vater, der selbst ein wenig Klavier spielte und Noten lesen konnte, liess mich einfach spielen ohne einzugreifen. Die Fortschritte waren hörbar, und zudem war diese Lernmethode billiger, als einen Klavierlehrer zu bezahlen. So begann ich irgendwann auch zu komponieren. Zuerst waren es nur kleine Melodiestumpen oder Bassfiguren, die ich wiederholte und miteinander verband. Später, als ich einen Jungen kennen lernte, der eine elektrische Orgel hatte und Schlagzeug spielte, begannen wir zusammen zu improvisieren und Musik zu erfinden. Schliesslich begann ich in Bands zu spielen und „richtige“ Songs mit Texten zu komponieren.

Ich konnte immer noch keine Noten lesen, sehr wohl aber welche spielen und diese so zusammensetzen, dass es nach etwas klang. Meine Methode war simpel. Ich sass am Klavier und improvisierte, bis mir etwas gefiel. Es konnte ein Riff sein, eine Akkordreihenfolge oder auch ein Melodieteil. Diese habe ich dann weiter bearbeitet, bis ich eine Strophe oder einen Refrain hatte. Dann habe ich einen Text geschrieben oder wenn mir keiner einfiel, einfach einen bereits bekannten Text zur Musik gesungen. Wenn ich zufrieden war, habe ich alles dann im Bandlokal auf Kassette aufgenommen. Alle Songs die ich auf dem Weg ins Bandlokal vergessen habe, waren auch nicht genug, dass ich mich an sie erinnern sollte.

Als ich mit der Ausbildung zum Musiklehrer begann, habe ich mich mit den Unterrichtsprinzipen des deutschen Musiklehrers Udo Petersen auseinandergesetzt. Er arbeitet viel mit „Learning by doing“-Methoden und lässt dadurch seine SchülerInnen selber musikalische Fragestellungen entwickeln.

Die Jugendlichen können so ihre musikalischen Kompetenzen zum Teil selbst gesteuert und auf eigenen Prämissen erweitern. Ein Praxisbeispiel aus einem Text, bei dem er seine SchülerInnen einen Instrumentalstück komponieren und vorführen liess, war für mich der zündende Funke für meine eigene Idee, wie ich mit meinen Klassen Musik komponieren könnte.

In dieser Arbeit werde ich diese Methode erläutern und mit Udo Petersens Theorien und Gedanken verknüpfen.

Die wesentlichste Fragestellung ist, ob es für die SchülerInnen möglich ist, auch ohne theoretische Vorkenntnisse zu komponieren und dabei ihr Verständnis für die Musik und für ihre praktischen musikalischen Kompetenzen zu entwickeln?

Die Idee mit dieser Methode ist es, dass die SchülerInnen durch eigene kompositorische Versuche und Experimente musikalische Begriffe nicht nur erklären, sondern auch verwenden können. Das kann zum Beispiel zum Thema Songstruktur (Intro/Strophe/Refrain/Brücke usw.) sein. Dies wiederum setzt eine Kettenreaktion in Gang, die die SchülerInnen die verschiedenen Begriffe vernetzen lassen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die entstandenen Musikstücke präsentiert und diskutiert werden. So profitieren die Klassen von allen Entdeckungen und Fragestellungen der SchülerInnen.

Ich habe im Laufe des Jahres 2007-2008 als Musiklehrer der Sekundarschule in Brugg diese Methode mit sieben Klassen ausprobiert und dabei Daten gesammelt.

Diese Daten bestehen aus Fragebogen, Prüfungen, Text- und Musikbeispielen, sowie den Fragestellungen der SchülerInnen aus den Auswertungen in den Lektionen.

Im Theorieteil werde ich zuerst den Begriff „Komponieren“ und die für mich in diesem Zusammenhang wichtigsten musikalischen Kompetenzen behandeln. Zudem werde ich anhand eines Beispieles von Udo Petersens, die Methode erläutern, und die eigene Weiterentwicklung dieser Methode beschreiben.

Meine Untersuchung besteht dann aus der Analyse und Auswertung der gesammelten Daten aus meinem Musikunterricht.

Die Motivation für meine Arbeit liegt natürlich in der Reproduktion. Ich habe ohne Theoriekonzepte komponieren gelernt und dabei musikalische Fragestellungen entwickelt, die mich musikalisch weitergebracht haben. Kann ich dies meinen SchülerInnen mit Hilfe dieser Methode etwas strukturierter auch so beibringen?

Im Anhang der Arbeit finden Sie einige Text- und Hörbeispiele der Kompositionen der SchülerInnen.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen und Hören.

2. Theorie

In diesem ersten Teil werden die wichtigsten Begriffe dieser Arbeit definiert und zueinander in Verbindung gesetzt.

Für den Begriff „Komposition“ gibt es zahlreiche Definitionen, abhängig vom Alter und Herkunft der Quelle. Der Begriff ist auch nicht ausschliesslich nur für Musik verwendbar. Die Kompositionen, die in dieser Arbeit behandelt werden, sind aber Musikkompositionen, die hautsächlich in modernen abendländischen Musikstilrichtungen wie Hip Hop, Rock oder Pop entstanden sind. Dementsprechend wird hier auch eine neuere Definition der Komposition aus diesem Lebensraum verwendet, die aus dem „Wörterbuch Musik“ aus dem Jahr 2000 stammt.

Hier heisst es, eine Komposition sei ein „schriftlich oder heute auch aus Tonträger oder elektronisch fixiertes und in seinen Details weitgehend festgelegtes Musikstück, das unabhängig von seinem Autor, dem Komponisten, klanglich reproduzierbar ist“(Dieter, Wörterbuch Musik, 2000, S.159)

Es ist dabei wichtig zu vermerken, dass Komponieren hier nicht wie früher automatisch mit Notation verbunden ist. Diese Definition erlaubt es also ohne Theoriekonzepte zu komponieren, so lange die Kompositionen in irgendeiner Form reproduzierbar sind. Dies hat natürlich mit der technologischen Entwicklung zu tun. Man könnte also sicher zu Recht behaupten, dass z.B. auch Volkslieder aus früheren Zeiten, die meistens nicht notiert waren und sich durch „Mund zu Mund“-Überlieferungen verbreiteten, auch Kompositionen waren.

In dieser Arbeit wird die Frage gestellt, ob es möglich ist mit den SchülerInnen zu komponieren, ohne dass die Jugendlichen bereits theoretische Konzepte kennen. Es wird auch impliziert, dass die SchülerInnen eigene musikalische Fragestellungen entwickeln und so ihre musikalischen Kompetenzen entwickeln. Es ist natürlich nicht möglich, hier alle musikalischen Kompetenzen in Verbindung mit dieser Arbeit zu untersuchen. Deshalb ist eine Auswahl getroffen worden, die der Autor als wesentlich für die Überprüfung des Erfolges der Methode betrachtet.

1)Text- und Songstrukturen erkennen und für das Komponieren verwenden können:

Hier lehnt sich die Arbeit an die Angaben von Espie Estrella aus der Music Education Site www.http://musiced.about.com/od/othermusicgenres/p/partsofasong.htm

,die in einer abgekürzten Form verwendet wird.

Zusammengefasst müssen die SchülerInnen hier die einzelnen Songteile (Titel/Intro/Strophe/Refrain/Chorus/Brücke/Coda) erkennen und verwenden können.

2) Rhythmik:

Die meisten Songs der SchülerInnen sind im 4/4 Takt komponiert. Um das Verständnis von Beats zu erleichtern, wurde das „Groovepuzzle“ von Gerhard Reiter verwendet. (Reiter. Bodypercussion 1, ohne Jahresangabe S. 3-4, siehe auch Anhang 1 dieser Arbeit, S. 25) Hier erstellen die SchülerInnen verbale Rhythmuspatterns mit Geräuschen.

So kommen sie schnell dazu eigene Beats zu erfinden, die für ihre Songs brauchbar sind.

Die Rhythmusgeräusche:

Dum = Bassdrum

Ts = Hi Hat

Ka= Snaredrum

In diesem Pattern-Beispiel hat jedes Geräusch den Wert einer 1/8 Note und kann beliebig wiederholt werden.

Dum / Ts / Ka / Ts / Dum / Ts / Ka / Ts

Die Nebeneffekte von diesem Projekt sind genau so wesentlich wie die Songs selber. Bei der Reflexion der eigenen musikalischen Produkte behandeln die SchülerInnen Themen wie Gehör, Klangfarbe, Notation, Beats, Harmonielehre, Reime, Arrangement oder Präsentation und kommen so durch eigene Erfahrungen in Berührung mit Themen, die sonst oft als „trocken“ angesehen werden.

Ein wesentliches Messinstrument dieser Arbeit ist es also, ob und wie oft solche Fragestellungen während der Auswertungen der verschiedenen Kompositions-Phasen vorkommen.

Udo Petersens Arbeit:

Eine entscheidende Inspiration für die Idee zu dieser Arbeit und das Kompositionsprojekt war, wie erwähnt, einen Artikel des deutschen Musiklehrers Udo Petersen, welcher die Methoden für den schülerorientierten Musikunterricht behandelt. Sein entdeckender Unterricht zum Thema Komponieren und entdeckendes Lernen im Musikunterricht wird am einfachsten mit einem Ausschnitt aus dem Artikel gezeigt:

2: Lerngruppe: Klasse 5 – Das Thema: Komponieren - Die Aufgabe:

„Zwei Kinder, ein Xylofon, zwei Schlägel, ein Blatt Papier und der Auftrag:

-Lasst ein gemeinsames kleines Musikstück entstehen, das ihr zusammen erfindet. Beide Kinder sollen beteiligt sein, das Stück muss einen Namen haben und ihr stellt es in 20 Minuten der Klasse vor.“ (U. Petersen in Pfeiffer und Terhag, Musikunterricht Heute 6, Lugert Verlag 2006, S.80)

Alles wird auf Tonband aufgenommen und angehört. Es wird intensiv darüber diskutiert, was die SchülerInnen angesprochen haben und was nicht und auch überlegt, was man nächstes Mal anders machen soll. So werden allmählich musikalische Fachbegriffe, wie Spannungsverlauf, zu häufige Wiederholungen in das Vokabular der SchülerInnen eingeschleust.

Durch diesen produktiv-kreativ-reflektiven Eingang entstehen bei den SchülerInnen immer wieder neue Probleme und Fragestellungen, die zu einem tieferen Verständnis führen. Durch das konsequente Präsentieren der Kompositionen werden auch „Verweigerer“ schnell animiert mitzuarbeiten.

Noch ein wichtiger Punkt ist die Einstellung der Lehrperson zu den SchülerInnen. Hier sind hohe Erwartungen an die Lernenden Bedingung um Erfolg zu haben. Ihr seid zu jung oder zu klein zählt nicht mehr. Es geht hier darum, dass die SchülerInnen die Möglichkeit kriegen ihre Grenzen finden und dadurch einen Entwicklungsprozess durchmachen. „Heinrich Jacoby hat seinerzeit gefordert, dass an den Schulen stehen müsste: „Hier sollt ihr Spass am Falschmachen haben.“ Gemeint ist hier, dass Fehler notwendig sind und nicht sanktioniert werden sollten. Ohne die Erfahrung etwas falsch zu machen, ist ein Lernen durch Erfahrung nicht möglich. Das setzt voraus, dass die Phase des Erarbeitens getrennt ist von der Bewertung. Da kommen wir Lehrer allerdings in Schwierigkeiten mit der Benotung der laufenden Kursarbeit.

(U. Petersen in Pfeiffer und Terhag, 2006, Musikunterricht Heute 6, S.80-81)

3. Leitfrage und Hypothese:

Auf Grund der Aussagen von Udo Petersen, sowie der Erfahrungen aus dem eigenen Unterricht zum Thema „Komponieren im Musikunterricht“ stellte sich die folgende Leitfrage für diese Arbeit:

Die Leitfrage

- Können SchülerInnen ohne Theoriekonzepte komponieren lernen?

Die Hypothese:

- Die SchülerInnen können ohne Theoriekonzepte komponieren und entwickeln dabei ihre musikalischen Fähigkeiten und ihr Wissen auf der Basis von eigenen Prämissen.

3.1 Wahl der Erhebungsarten:

Um die Leitfrage und die Hypothese zu überprüfen sind folgende Werkzeuge verwendet worden:

· Notieren der wichtigsten Fragestellungen in den Klassen während den verschiedenen Arbeitsphasen des Projektes.

· Fragebogen für die SchülerInnen zum Erlernten und ihre Zufriedenheit mit dem Projekt

· Tonaufnahmen der Präsentationsphasen (siehe Anhang für Beispiele)

· Notengebung im Anschluss an die Gruppenpräsentation nach den fünf Kriterien: Text/Melodie/Rhythmik/Präsentation/Arbeitseinsatz

4. Komponieren im Musikunterricht - Eine „Learning by doing-„Methode

Nach meiner Entscheidung mit den SchülerInnen zu komponieren, stellten sich die gewöhnlichen Fragen für eine Lehrperson zu den Lernzielen und den

Lernzielkontrollen. In diesem Fall war es wichtig, dass die SchülerInnen sich während des Arbeitsprozesses Fehler leisten konnten, da sie sich auf völlig neuem Terrain befanden. Sie sollten durch ein Trial and Error-Verfahren sehr selbständig Lösungen für die gestellten Aufgaben suchen und diese präsentieren und diskutieren. Da die Präsentationsverfahren viel Mut von Seiten der SchülerInnen brauchte, fand die Arbeit in Gruppen statt.

Die Rolle der Lehrperson ist die der Begleitperson, welche die Lernumgebung und die Fragestellungen so vorbereitet, dass die SchülerInnen möglichst selbständig die Probleme und deren Lösungen entdecken können. Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass allen SchülerInnen stufenunabhängig dieselben Aufgaben gestellt wurden.

Letztlich muss nur noch hinzugefügt werden, dass die einzelnen Phasen von „Komponieren im Musikunterricht - Eine „Learning by doing“-Methode“ nicht direkt aufeinander gefolgt sind, sondern verteilt auf ein ganzes Schuljahr wurden. Die anderen Themen des Jahres weisen aber Querverbindungen zum Kompositionsprojekt auf. Beispielsweise folgte auf die Phase 1 (Raptexte) das Thema „Hip Hop“, welches im Thema Musikgeschichte integriert ist.

Die Lernziele des Projektes standen schnell fest:

· Eigene Songtexte schreiben können

· Eigene Melodien erfinden können

· Songstrukturen erkennen und verwenden können

· Eigene Beats erfinden können

· 4/4 Beats notieren und spielen können

· Die eigenen Songs präsentieren können

· Kompositorische Probleme erkennen und formulieren können

· Eigene und andere Songs und Präsentationen analysieren können

· Teamfähigkeit trainieren

· Selbstorganisation trainieren

· Selbstdarstellung trainieren

Die Rahmenbedingungen waren auch klar:

· 7 Sekundarschulklassen (eine 1. Klasse, zwei 2. Klassen, zwei 3. Klassen und zwei 4. Klassen), insgesamt etwa 130 SchülerInnen (aufgrund der Promotionsordnung variierte die Zahl im Laufe des Jahres mehrmals)

· 1 Singsaal (sehr gut ausgerüstet)

· 3 Gruppenräume und die Möglichkeit zum Teil auch im Freien zu arbeiten (während den Schreib- und Präsentationsvorbereitungsphasen)

· Der Lehrperson hatte grosse Freiheit bei der Zeiteinteilung für das Thema.

Das Projekt wurde in vier Phasen aufgeteilt. In den untenstehenden Abschnitten wird jede Phase mit einem Arbeitsauftrag, einem kurzen didaktischen Kommentar und den wichtigsten Lernzielen aufgeführt.

Phase 1: Die ersten Erfahrungen sammeln

Gruppenauftrag: Schreibt einen Raptext zum Thema Arm/Reich, Mein Leben oder Liebe/Freundschaft und überprüft, ob Ihr den Text rhythmisch rappen könnt. Der Rap muss mindestens eine Strophe und einen Chorus beinhalten. Der Rap wird anschliessend von euch vor der Klasse präsentiert. Überlegt für die Auswertung der Übung, was euch Probleme bereitet hat.

Zeit: 25 Min.

Musikalische Lernziele:

· Sie verstehen, dass Raptexte eine Struktur brauchen

· Sie erkennen Strukturen bei der Zeilenlänge und bei den Reimen

· Sie können rhythmisch zu einem Beat rappen

· Sie können einen Beat stampfen/klatschen

· Sie können mit Texten eine kleine Geschichte erzählen

· Sie trauen sich vor der Klasse zu musizieren

Didaktischer Kommentar:

Die SchülerInnen werden in das kalte Wasser geworfen. Sie erhalten vor der Übung einen kurzen Input zum Rap und hören zwei kurze Rapbeispiele auf CD.

Zudem lernen sie, den Groove von Queens „we will rock you“, der als Begleitung für die Präsentationen gebraucht wird. Dann werden die Gruppen eingeteilt und auf die verschieden Räumen verteilt. Der Lehrperson zirkuliert und steht für Fragen zur Verfügung. Die Präsentationen finden im Plenum statt. Anschliessend wird die Übung reflektiert und die entstandenen Probleme diskutiert. Die Lehrperson hält die wichtigsten Fragestellungen schriftlich fest und verteilt sie in der nächsten Stunde.

Die Übung wird in der nächsten Stunde wiederholt, damit die SchülerInnen ihre Erfahrungen aus der Reflexion für ihre nächsten Raps verwenden können.

Neben den musikalischen Lernzielen arbeiten die Schülerinnen während des gesamten Projektes auch mit Kompetenzen wie Selbstorganisation, Teamfähigkeit, Textanalyse und Selbstdarstellung, die sie fächerübergreifend brauchen können.

Fragestellungen in dieser Phase sind oft zum Thema Textrhythmik und Reime.

Phase 2: Melodieteile zum Text erfinden

Hier hat die Lehrperson zu einem SchülerInnentexten eine Melodie komponiert. Daraus ist einen Popsong entstanden, der kurz der Klasse vorgeführt wird. Das Thema ist die Wandelbarkeit von Songtexten und Styles. Die Aufgabe der SchülerInnen ist es jetzt Melodieteile zu erfinden, die zu ihren Texten passen.

Der Gruppenauftrag:

Passt euren Raptext so an, dass ihr ihn rhythmisch rappen könnt. Versucht dann eine Melodie für den Chorus zu erfinden und so einzuüben, dass ihn alle singen können. Die Melodie wird in Zusammenarbeit mit der Lehrperson zu einem Song arrangiert und im Plenum präsentiert. Überlegt euch wie ihr euren Song präsentieren wollt. Überlegt euch auch für die Auswertung der Übung, welche Probleme entstanden sind.

Zeit: Präsentation am Ende der übernächsten Lektion.

Musikalische Lernziele:

· Sie verstehen das ihre Texte „Genreunabhängig“ sind

· Sie können ihre Textstruktur-Kenntnisse aus der Reflexion verwenden

· Sie erfinden eigene kleine Melodieteile

· Sie wissen was die Funktion eines Chorusses ist

· Sie entwickeln eigene musikalische Fragestellungen und Lösungen anhand ihrer Aufträge

· Sie können rhythmisch zu einer Begleitung singen

· Sie machen sich Gedanken, wie sie ihre Stücke präsentieren können

· Sie trainieren ihr Gehör und ihre Improvisationsfähigkeit

Didaktischer Kommentar:

Nachdem die SchülerInnen erste Erfahrungen mit Textschreiben und Präsentieren gemacht haben, gehen sie jetzt einen Schritt weiter. Es braucht Überwindung einfach irgendetwas zu singen. Deswegen ist die Gruppendynamik wichtig. Erst jetzt, nach 2 Präsentationen, müssen die SchülerInnen wirklich etwas Melodisches komponieren. Sie kennen jetzt die Stärken und Schwächen ihrer Gruppe. Es ist hier wichtig, dass die Lehrperson die einzelnen Gruppen alleine betreuen kann und ihnen dabei Platz für Versuche lässt. Dafür braucht es oft mehr Zeit als man denkt. Dafür ist es auch sehr motivierend, wenn es gelingt. Hinweis: Die SchülerInnen können oft sehr viel mehr, als dass man ihnen zutraut. Die Rolle der Lehrperson ist hier etwas aktiver. Sie gibt Ratschläge und begleitet die „Songs“ mit Klavier, Keyboard oder Rhythmus und singt mit wenn es nötig ist. Einzelne Gruppen sind in dieser Phase schon recht selbständig, andere brauchen noch sehr viel Hilfe. Es macht nichts, wenn die Lehrperson hier das Meiste selbst komponieren muss. Es ist aber wichtig, dass einzelne Teile der Komposition von den Schülerinnen stammen. Die Gruppen werden in der nächsten Phase neu gemischt. Die Präsentationen sollen jetzt für die Auswertung der Übung auf Tonband aufgenommen werden. Dies motiviert die SchülerInnen eine gute Arbeit zu präsentieren. ACHTUNG: Wenn die Lehrperson mitsingen muss, übertönt sie für die Aufnahmen oft die SchülerInnen.

Fragestellungen in dieser Phase haben oft mit Harmonien und Tonleitern zu tun.

Phase 3: Beats hören und herstellen

Nach den Erfahrungen mit Texten und Komponieren ist es Zeit, dass die SchülerInnen sich mit Rhythmik und Beats auseinander setzen. Dazu wird das Groovepuzzle von Gerhard Reiter verwendet (Reiter, Gerhard. Bodypercussion 1, ohne Jahresangabe S. 3-4, siehe auch Anhang 1 dieser Arbeit S. 25).

Gruppenauftrag (Dreiergruppen):

Erfindet drei verschiedene Grooves und spielt sie der Klasse vor. Die Grooves sollen beliebig wiederholt werden können ohne dazwischen Pausen machen zu müssen. Notiert die Grooves in das „Dum-Ts-Ka“ System. Die Grooves werden der Klasse vorgespielt.

Zeit: 15 Min.

Musikalische Lernziele:

· 4/4 Takt erkennen und zählen können

· Die Notenwerte Ganze, Halbe, Viertel- und Achtel erkennen und für eigene Beats verwenden können

· Eigene Beats erfinden und in Gruppen spielen können

· Beats von bekannten Songs aufschreiben können

· Den Transfer von „Groovepuzzle“ zur Notenschrift erkennen

· Eigene Fragestellungen zum Thema entwickeln

Didaktischer Kommentar:

Diese Aufgabe ist zum jetzigen Zeitpunkt für die meisten SchülerInnen relativ einfach. Sie lernen die „Dum-ts-ka“-Schrift sehr schnell und können die Rhythmen meist gut notieren. Die Verknüpfung zur „richtigen“ Notenschrift liegt nahe und sollte zumindest in der Reflexion erwähnt werden. Auch das Thema „Pausen notieren“ soll vorkommen. Die Übung kann ausgebaut werden, indem man „Verbalgrooves“ erfindet. Hier wählt jede/r SchülerIn ein Wort oder ein Geräusch, das sie oder er von sich gibt, wenn der Dirigent auf sie oder ihn zeigt. So entstehen Geräuschpatterns, die für spätere Kompositionen inspirieren können und gleichzeitig die Improvisations- und Rhythmikkompetenzen fördern.

Phase 4: Fertige Songs erstellen

Dies ist die vierte und letzte Phase des Kompositionsprojektes im ersten Jahr.

Jetzt sollen die SchülerInnen fähig sein in Gruppen zu einem Playback einen Song praktisch selbständig zu komponieren.

Die Lehrperson bereitet dafür eine Reihe von Playbacks vor, welche den Gruppen als Begleitung zur Verfügung stehen. Einige SchülerInnen, die selber Instrumente spielen, können sich auch selbst begleiten.

Gruppenauftrag:

Schreibt einen Text (mindestens 2 Strophen und einen Chorus) und komponiert eine Melodie dazu. Ihr könnt dabei euch entweder selbst begleiten oder einen Track aus der Playback CD als Begleitung verwenden. Bereitet anschliessend eine Präsentation vor, die ihr der Klasse vorführen werdet. Alle Gruppenmitglieder müssen dabei mitsingen. Die Präsentationen werden als Tondokument aufgenommen.

Die Übung zählt für die Musiknote. Es wird folgendes beurteilt: Text, Melodie, Rhythmik, Präsentation und Arbeitseinsatz. In jedem Bereich können maximal 20 Punkte erreicht werden. Es wird linear benotet. 10 P. = eine halbe Note

Musikalische Lernziele:

· Verknüpfung des Gelernten ermöglicht einen eigenen Song

· Trainieren der Selbstdarstellung und Bühnenpräsenz

· Reflexion und Beurteilung der Songs und Präsentationen

Didaktischer Kommentar:

Die SchülerInnen sind jetzt parat die verschiedenen Elemente der Phasen 1 bis 3 zu einer Einheit zusammenzustellen. Für die meisten wäre es immer noch nicht möglich alleine Songs zu schreiben. In vielen Gruppen sind die Jugendlichen jetzt aber fähig sehr selbständig zu arbeiten. Es gibt aber auch immer noch Gruppen, die auf viel Unterstützung der Lehrperson angewiesen sind. Interessanterweise sind dies vor allem jene Gruppen, bei denen sich die SchülerInnen darauf konzentriert haben, mit ihren Freunden zusammen zu arbeiten.

ACHTUNG: Die Lehrperson soll in dieser Phase unbedingt für heterogene Gruppen sorgen.

Die Rolle der Lehrperson ist immer noch begleitend. Sie denkt mit und hilft bei den Proben. Gleichzeitig beobachtet sie den Arbeitsprozess der SchülerInnen und greift ein, wenn unlösbare Probleme oder Blockaden in den Gruppen entstehen.

Die Übung als Prüfung zu zählen, erhöht die Motivation bei den SchülerInnen.

5. Eigene Erkundung

5.1 Fragebogen zum Thema Komponieren

Der Fragebogen für die SchülerInnen war relativ simpel aufgebaut.

Sie beantworteten die Fragen, ob die wichtigsten Lernziele des Projektes aus SchülerInnensicht erreicht wurden. Zudem wurden die SchülerInnen nach der Zufriedenheit mit dem Thema befragt.

Die Fragen konnten mit folgender Bewertung beantwortet werden:

trifft vollständig zu, trifft eher zu, trifft eher nicht zu, trifft gar nicht zu

Die Fragebogen beinhaltete folgende Fragen:

1) Ich kenne die wichtigsten Teile eines Songs.

2) Ich kann selbständig einen Songtext verfassen.

3) Ich kann einen 4/4 Groove notieren.

4) Ich kann eine Melodie zu einer Begleitung erfinden.

5) Ich kann für eine Gruppenkomposition Ideen hineinbringen.

6) Die Reflexionen der Übungen haben mir bei der Arbeit geholfen.

7) Ich habe keine Angst davor die Songs zu präsentieren.

8) Das Thema hat mir Spass gemacht.

5.2 Resultate der Untersuchung (104 TeilnehmerInnen)

Frage

trifft vollständig zu

trifft eher zu

trifft eher nicht zu

trifft gar nicht zu

1

30

52

11

8

2

21

37

31

13

3

54

27

15

6

4

20

21

38

23

5

59

22

16

6

6

12

26

45

19

7

20

38

22

23

8

27

37

24

16

5.3 Noten der Schülerinnen (Phase 4)

Die Benotung einer Gruppenkomposition war schwierig bei diesem Projekt. Wie kann eine Lehrperson beispielsweise beurteilen, wer was in der Gruppe während des Arbeitsprozesses gemacht hat, oder ob eine Melodie gut oder schlecht ist. Für dieses Projekt wurden fünf Kriterien für die Beurteilung gewählt und verwendet. Diese wurde jeweils mit 0-20 Punkte beurteilt, was das Maximum einer Punktzahl von 100 ergab.

Die Notengebung wurde linear berechnet. 10 Punkte = eine halbe Note

Der Text wurde nach den Kriterien beurteilt, ob er einen Sinn hatte, ob er eine Geschichte erzählte, ob er rhythmisch singbar war, und ob sich Reime auch wirklich reimten.

Die Melodie wurde nach den Kriterien beurteilt, ob er tonal zur Begleitung passte, ob er ein Widererkennungspotential hatte, und wie selbständig er komponiert wurde. Zusätzlich wurde darauf Wert gelegt, dass Strophe und Chorus sich nicht zu sehr ähnlich waren, und dass die Strophe zum Chorus aufbaute.

Bei der Rhythmik wurde vor allem beurteilt, ob die Gruppe bei ihren Songs mit dem Gesang richtig einsetzte und die Pausen beachteten.

Bei den Präsentationen wurde beurteilt, ob die Gruppe hörbar war und selbständig singen konnte, und wie sie die Songs vorstellte. Für Dramaturgie und Choreographie gab es Pluspunkte.

Die Beurteilung des Arbeitseinsatzes beruht auf subjektiven Eindrücken der Lehrperson beim Begleiten der Gruppen, sowie auf den erzielten Fortschritten zwischen den Kontrollbesuchen.

Der Punktezahl in der Tabelle entspricht die durchschnittlich erreichte Punktezahl der Gruppen in einem Jahrgang bei den jeweiligen Kriterien.

Kriterien

1. Klasse

5 Gruppen

2. Klassen

8 Gruppen

3. Klassen

9 Gruppen

4. Klassen

7 Gruppen

Text

14 P.

16 P.

15 P.

12 P.

Melodie

11 P.

15 P.

13 P.

12 P.

Rhythmik

16 P.

16 P.

15 P

13 P.

Präsentation

14 P

15 P.

12 P.

11 P.

Arbeitseinsatz

14 P

16 P.

13 P.

10 P.

Notendurchschnitt

4,5

4,9

4,4

3,9

5.4 Fragestellungen der SchülerInnen

Ein wichtiger Aspekt bei der Überprüfung, ob die SchülerInnen ihre musikalischen Kompetenzen beim Projekt erweitern konnten, waren die Fragestellungen, die sich während den Lektionen entwickelten. Diese sollten Fenster für andere musikalische Themen öffnen. Im Folgenden sind einige der am häufigsten entstandenen Fragen, Entdeckungen und Lösungen der SchülerInnen aufgelistet und nach vier Phasen geordnet.

Phase 1 (Raptext)

· Wieso kann man einige Zeilen nicht zum Beat rappen?

· Muss sich ein Text reimen?

· Muss mein Text eine Geschichte erzählen?

· Müssen wir wirklich vor der Klasse rappen?

Lösungsvorschläge und Entdeckungen der SchülerInnen:

· …Es braucht eine gerade Anzahl Zeilen.

· Wenn man in den Zeilen die Silben zählt, passen sie zum Beat.

Phase 2 (Popsong)

· Warum gibt es Melodien, die nicht zur Klavierbegleitung passen?

· Was passiert, wenn ich etwas falsch singe?

· Muss ein trauriger Text auch eine traurige Begleitung haben?

· Wieso klingt etwas traurig?

· Was ist Dur und Moll?

· Kann ein schneller Song traurig klingen?

Lösungsvorschläge und Entdeckungen der SchülerInnen:

· Moll klingt traurig, Dur nicht.

· Man kann Zeilen wiederholen.

· Der Chorus klingt intensiver als die Strophen.

Phase 3 (Beats erfinden)

· Sind das auch Noten (die dum-ts-ka-Zeichen)?

· Können 1/8-Noten langsamer sein als 1/4-Noten?

· Welche Trommeln sollen die Geräusche sein? (Dum/Bassdrum - Ka/Snaredrum - Ts/Hi Hat)

· Was schreibe ich dort wo kein Ton ist?

· Kann man das auch am Schlagzeug spielen (Die Patterns)?

Entdeckungen und Lösungsvorschläge der SchülerInnen

· Es muss für die Pausen ein Zeichen geben oder man kann Platz frei lassen.

· Das Tempo vom Beat bestimmt, wie schnell die Noten sind.

· Die Notenwerte werden immer halbiert oder verdoppelt.

Phase 4 (Prüfungssong)

Hier sind nur die Songs ausgewertet worden. In dieser Phase wurde kein neuer Stoff erarbeitet. Dementsprechend gab es nur wenige Fragen der SchülerInnen.

Entdeckungen der SchülerInnen:

· Es hilft bei der Performance in eine Rolle zu schlüpfen und zu wissen, wo ich stehen muss.

· Es ist schwierig etwas zum Playback zu erfinden. Es passt nicht zu dem, was ich singen will.

5.5 Reflexion und Erläuterung der Resultate und Methoden

In diesem Abschnitt werden die aussagekräftigsten Resultate der Untersuchung zusammengefasst und erläutert.

Die Fragebogen zeigen die erzielten Resultate des Projektes aus der Sicht der SchülerInnen und ergeben dadurch eine subjektive aber auch ehrliche Standortbestimmung, die am Ende des Projektes entstanden ist. Hier ist hervorzuheben, dass die grosse Mehrheit der Antworten bei allen Fragen mit „trifft vollständig zu“ oder mit „trifft eher zu“ beantwortet wurde. Die Ausnahme bildet die Melodiekomposition. Dieses Feedback ist natürlich erfreulich. Vor allem ist es sehr positiv, dass so viele Spass am Projekt hatten.

Am besten (81 positive Bewertungen) hat die Rhythmik abgeschnitten.

Am schlechtesten (61 negative Bewertungen) hat das selbständigen Melodie-Komponieren abgeschnitten. Dies ist sicherlich der schwierigste Teil des Projektes gewesen und muss noch weiter bearbeitet werden.

Bei den Prüfungsnoten sind die Resultate durchschnittlich zufrieden stellend. Es hat sich in den 4. Klassen am Ende des Jahres eine gewisse „Schulmüdigkeit“ hineingeschlichen, was auch die schlechteren Resultate in diesen Klassen erklärt.

In den ersten drei Phasen haben diese Klassen viel besser gearbeitet.

Die Noten sind vor allem in den Bereichen Text und Rhythmik gut. Am schlechtesten schneiden die Leistungen beim Komponieren von Melodien ab.

Es herrscht aber insgesamt nicht grossen Unterschiede bei der Benotung der einzelnen Kriterien.

Die Fragestellungen, Entdeckungen und Lösungsvorschläge der SchülerInnen waren sehr spannend. Sie haben in der ersten Phase, als sie noch wenig Wissen im Rucksack hatten, hauptsächlich konkrete Fragen zum Thema Textrhythmik und Textaufbau gestellt. In den nächsten beiden Phasen haben die Jugendlichen dann aber auch andere Musikthemen wie Notation, Klangfarbe, Dur/Moll, Tonleiter, Tempo und Darstellung in die Diskussionen hineingebracht. Diese Fenster haben sie durch ihre eigenen Erfahrungen mit Komponieren öffnen können.

Schüler, die bereits ein Instrument spielen konnten sich natürlich besser und mehr bei den Diskussionen beteiligen als andere. Ihre Beiträge brachten aber auch die anderen SchülerInnen weiter, ohne dass die Lehrperson alles erzählen und erklären musste.

6. Schlussfolgerungen/Diskussion

Am Ende der Arbeit bleibt immer die Frage: Stimmt die Hypothese oder nicht. Um die Frage zu beantworten, möchte ich einige Argumente dafür und dagegen festhalten. Es ist sehr schwierig, etwas das so subjektiv wahrgenommen wird, wie eine musikalische Komposition, objektiv zu beurteilen. Dementsprechend sind meine Kriterien zur Beurteilung auch teilweise subjektiv.

Ich schaue aber gleichzeitig auf etwa ein Viertel Jahrhundert als Komponist von Songs zurück. Songs, wie sie die SchülerInnen im Laufe des Jahres komponiert haben. Ich fühle mich also im Stande die Kompositionen mit Hilfe dieser Kriterien zu beurteilen.

Die Notentabelle erlaubt es mir zudem auch, einen Vergleich zwischen den Klassen zu machen.

Dieser Vergleich fällt zugunsten der 2. Klassen aus. Hier waren nicht nur die Leistungen am besten, sondern auch die Begeisterung am grössten. Dies kann damit zusammenhängen, dass sich einige, sozial starke, SchülerInnen sehr für das Projekt interessiert haben. Andrerseits war das aber auch in einer der 3. Klassen zu beobachten, die allgemein weniger konzentriert gearbeitet haben.

Ich habe schon erwähnt, dass einige Gruppen auch in der letzten Phase viel Unterstützung brauchten. Dies war stufenunabhängig. Hier spielten meistens zwei Faktoren eine Rolle.

Der erste war die Gruppengrösse. Je grösser die Gruppe, desto schwieriger war die Zusammenarbeit. Gruppen mit drei bis vier SchülerInnen haben am besten und schnellsten gearbeitet.

Der zweite Faktor war die Gruppenzusammensetzung. Ich kannte die Klassen am Anfang noch nicht gut und habe die SchülerInnen die Gruppen selber wählen lassen. Hier ging es für die SchülerInnen darum, möglichst mit ihren Freunden oder Freundinnen zu arbeiten. Das bietet zwar beim Präsentieren Sicherheit, fördert aber nicht die Qualität der Songs. Ein paar dieser Gruppen habe ich während allen Phasen des Projektes in dieser Zusammensetzung gelassen, was ich nicht wiederholen würde.

Das Projekt in allen sieben Klassen durchzuführen, war sehr lehrreich für mich. In einer 1. Klasse entstehen ganz andere Texte als in einer 4. Klasse. Kindliche Zeilen wie „Die Kuh sagt MUH!“ können zwar auf beiden Stufen vorkommen, aber Themen wie Liebe oder Klimaerwärmung werden mit zunehmenden Alter anders und tiefgründiger behandelt. Wenn eine SchülerInnengruppe aus der zweiten Klasse „Our blue planet is about to go down“ singt, zeugt das von Reife. Sie können sich durch Musik mit schwierigen Themen auseinandersetzen. Diese Ausdrucksmöglichkeit ist eine Folge von den Experimenten, welche die SchülerInnen in den ersten Phasen des Projektes durchgeführt und ausgewertet haben.

Dies bringt mich zu den Fragestellungen, welche die SchülerInnen während ihren Kompositionsexperimenten entwickelt haben. Gerade sie sind laut Udo Petersen besonders wichtig für den Lerngewinn der SchülerInnen, da diese „echten“ Fragen aus echtem Interesse am Thema entstanden sind. (vgl. Udo Petersen in Pfeiffer und Terhag, 2006 S. 83)

Hier haben mir die sieben Sekundarklassen ein reichhaltiges „Fragebuffet“ serviert.

Als ich im August letztes Jahr meine Stelle antrat, fragte ich die SchülerInnen, was sie sich von den Musikstunden erhoffen, und was sie nicht interessiert. Musiktheorie stand an letzter Stelle.

Dieselben SchülerInnen haben während den Reflexionen zu ihren Kompositionen relevante Fragen zur Notation, Textrhythmik, zu Taktarten oder Tempo gestellt. Themen, die in höchstem Masse mit Musiktheorie zu tun haben. Die Reflexionsgefässe bieten Zeit, solche Fragen zu vertiefen und diskutieren, und so habe auch ich Anregungen für meine weitere Arbeit als Musiklehrer erhalten.

Die Frage stellt sich natürlich auch, ob man nicht lieber diese musikalischen Kompetenzen traditionell fördern sollte; ob das nicht der einfachere, der sicherere Weg ist. Es ist durchaus möglich, aber weder ich, noch meine SchülerInnen möchten diesen Weg betreten.

Als ich in der letzten Schulwoche einen Jahresrückblick über meinen Unterricht in den sieben Klassen durchgeführt habe, bat ich die SchülerInnen ihr Lieblingsthema in den Musikstunden anzugeben. Das Komponieren war mit grossem Abstand das beliebteste Thema. Auf den nächsten Rängen wurde, weit abgeschlagen, das Singen von Liedern und dann das Thema Hip Hop genannt. Sie haben also grundsätzlich mehr Freude am entdeckenden Unterricht nach dem Vorbild von Udo Petersen, als an den eher traditionell vorgetragenen Themen, die ich durchaus auch angeboten habe. Freude am Unterricht ist zwar nicht alles, aber es motiviert Schülerinnen und Lehrpersonen für das Arbeiten in dem Fach, und das ist für mich die wichtigste Voraussetzung um vorwärts zu kommen.

Ich habe die Hypothese gestellt, dass die SchülerInnen ohne Theoriekonzepte komponieren können, und dabei ihre musikalischen Fähigkeiten und ihr Wissen auf der Basis von eigenen Prämissen entwickeln.

Meine Arbeit bestätigt mir, dass die Hypothese stimmt.

Dass die SchülerInnen komponiert haben, steht für mich ausser Frage. Die Kriterien für das Komponieren aus Dieters „Wörterbuch Musik“ sind erfüllt. Die Musikstücke sind durch die Tonaufnahmen auch wiederholbar.

Die Fragestellungen der SchülerInnen entsprechen den Vorstellungen von Udo Petersen (Vgl. Udo Petersen in Pfeiffer und Terhag, 2006 S. 80-81) und bestätigen so auch den zweiten Teil der Hypothese.

Das Projekt „Komponieren im Musikunterricht - Eine „Learning by doing“- Methode“ ist nicht abgeschlossen. Das, was ich in dieser Arbeit beschrieben habe, ist nur der Anfang. Das Endziel ist, dass die SchülerInnen ihre Songs instrumental begleiten können. So möchte ich eine Basis für die Entwicklung einer „Schülerbandkultur“ fördern, die ich aus meiner Heimat, Dänemark, kenne. Einige SchülerInnen haben mich bei meinem Vorhaben schon überholt und begannen in der vierten Phase selbst Instrumente oder Playbacks von Zuhause in die Musikstunden mitzunehmen um nicht von meinen Playbacks abhängig zu sein. Ein bisher sehr ruhiges Mädchen begann plötzlich andere Gruppen am Klavier zu begleiten. Diese Selbständigkeit ist für mich extrem spannend zu beobachten und bestätigt mir, dass die Methode funktioniert. In der nächsten Phase werden die SchülerInnen mit einfachen Akkordpatterns mit Keyboards und Gitarre arbeiten. Später kommen dann auch Bass und Perkussion dazu.

Für mich als Lehrperson bedeutet diese Art von Unterricht, dass ich eine sehr spannende Rolle einnehmen kann. Ich muss Erfahrungsgelegenheiten erschaffen und gezielt Inputs streuen, welche den Schülern und Schülerinnen dabei helfen auf der richtigen Spur zu bleiben. Durch die Gruppenarbeiten ist es mir auch möglich, die SchülerInnen besser kennen zu lernen. Dies ist für einen Musiklehrer, der seine SchülerInnen nur 1-2 Lektionen pro Woche unterrichtet, leider nicht selbstverständlich.

7. Nachwort

Am Anfang meines Kompositionsprojektes habe ich gar nicht daran gedacht, zu diesem Projekt eine DV-Arbeit zu entwickeln. Als ich ein Thema für die Arbeit gesucht habe, war es mir aber klar, dass es dieses und kein anderen Thema sein sollte.

Hätte ich gewusst, dass ich darüber schreiben müsste, hätte ich meine Daten sorgfältiger gesammelt. Damit hätte ich einige Zeit gespart. Jetzt habe ich zum Teil vieles suchen müssen, was mich wiederum gelernt hat bewusster mit meinem Material umzugehen. Kurz zusammengefasst:Ich werde in Zukunft besser archivieren.

Ich werde in Zukunft auch keine Fragebogen mehr in den letzten Schulwochen verteilen, da viele SchülerInnen wegen Urlaubsparagrafen, Vorbereitung von Abschlussanlässen u.a. nicht zur Verfügung stehen. So kam es, dass ich statt 130 nur 104 SchülerInnen befragen konnte.

Grundsätzlich ist es für mich sehr wichtig gewesen diese Arbeit zu schreiben, da ich mir dadurch alle Prozesse nochmals „im Rückspiegel“ anschauen konnte. Dies wird mir für meine zukünftige Arbeit weiterhelfen, da ich wichtige Aspekte, wie Gruppenzusammensetzung verbessern kann.

Ich freue mich darauf, das Projekt nach den Sommerferien in die nächste Phase zu führen.

8. Literaturverzeichnis

Gedruckte Literatur:

Pfeiffer, Wolfgang & Terhag, Jürgen

MUSIKUNTERRICHT HEUTE 6, Lugert Verlag, Oldershausen, 2006

(Udo Petersens Artikel „Was soll ich denn überhaupt noch machen“)

Reiter, Gerhard

Bodypercussion 1, Edition Helbling Innsbruck, ohne Jahrgangsangabe

Wörterbuch Musik

Dieter, G

München, 2000

Internetquellen:

Estrella, Espie: Parts of a song

www.http://musiced.about.com/od/othermusicgenres/p/partsofasong.htm

Besucht am 26.6.2008

Estrella, Espie: The Songwriter as a Storyteller

www.http://musiced.about.com/od/othermusicgenres/a/songwriting.htm

Besucht am 26.6.2008

9. Anhang

9.1 Gerhard Reiters Groovepuzzle

9.2 Espie Estrellas Parts of a song

1 The Parts of a Song

By Espie Estrella, About.com

1.1.1 See More About:

· arrangers

· composers

· lyricists

· music careers

· songwriting 101

1.1.2 Song Title:

The title of the song is very important, think of yourself as a salesperson who needs to pitch a product and the title as the name of that product. You would want your title to be memorable and fitting to the theme of the song. You should also highlight your title by placing it within the lyrics of the song.

1.1.3 Title Placement:

In the AAA song form, titles are placed either at the beginning or end of each verse. In the AABA, the title usually appears at the beginning or end of the A section. In the verse/chorus and verse/chorus/bridge song, the title often begins or ends the chorus.

1.1.4 Verse:

The verse is the part of the song that tells a story. Again think of yourself as a salesperson, you would need to use the proper words to convey information about your product in order to sell it. The verse functions the same way, it gives listeners more insight leading to the main message of the song and it moves the story forward. A song may have a number of verses, depending on the form, consisting of several lines each.

1.1.5 Refrain:

A refrain is a line (also can be the title) that is repeated at the end of every verse. Let's take our example for the AAA song form: at the end of each verse of "Bridge Over Troubled Water" the line (which also happens to be the title) "Like a bridge over troubled water" is repeated. The refrain is different from the chorus.

1.1.6 Chorus:

The chorus is the part of the song that often sticks to the mind of a listener because it contrasts with the verse and is repeated several times. The main theme is expressed in the chorus, the title of the song is usually included in the chorus too. Coming back to our salesperson analogy, think of the chorus as the slogan, the words that effectively summarizes why consumers should buy your product.

1.1.7 Differences Between Refrain and Chorus:

There is some confusion as to the function of the refrain and chorus. Although both have lines that are repeated and may contain the title, the refrain and chorus vary in length. The refrain is shorter than the chorus, often the refrain is composed of 2 lines while the chorus can be made up of several lines. The chorus is also melodically, rythmically and lyrically different from the verse and expresses the main message of the song.

1.1.8 Pre-Chorus:

Also known as the "climb", this part of the song differs melodically and lyrically from the verse and comes before the chorus. The reason why it's called a climb is because it heightens the anticipation of the listeners for the coming climax which is the chorus. An example of a song with a climb is "If Ever You're In My Arms Again" by Peabo Bryson

Climb:We had a once in a lifetimeBut I just couldn't seeUntil it was goneA second once in a lifetimeMay be too much to askBut I swear from now on

1.1.9 Bridge (AABA):

In the AABA song form, the bridge (B) is musically and lyrically different than the A sections. In this form, the bridge gives the song contrast before transitioning to the final A section, therefore it is a necessary part of the song.

1.1.10 Bridge (Verse/Chorus/Bridge):

In the verse/chorus/bridge song form however, the bridge functions differently. It is shorter than the verse and should offer a reason why the final chorus needs to be repeated. It also differs melodicailly, lyrically and ryhtmically from the verse and chorus. In the song Just Once" recorded by James Ingram, the bridge part begins with the line "Just once I want to understand."

1.1.11 Coda:

Coda is an Italian word for "tail", it is the additional lines of a song which brings it to a close. The coda is an optional addition to a song.

9.3 Textbeispiele von den SchülerInnen

“Meer von Tränen”

Strophe:

I still hear your voice - when you sleep next to me

I still feel your touch – in my dreams

Everytime we touch – I get this feeling that I can fly

And I will feel your lips on mine

Come show me your love

Chorus:

I hope our love will never break x4

(4. Klasse, aus Phase 2)

“Verdammt”

Strophe:

Ich stehe hier allein in einem Meer von Tränen

und schaue dich an

Du hast mein Herz berührt – hast Liebe mit Leidenschaft

verwechselt

Du hast mich damit verletzt – Ich werde nie wieder lieben

So wie früher

Ich stehe hier allein in einem Meer von Tränen

Refrain:

Ich schaue dich an – ich schaue dich an – ich habe’s erkannt

Ich schaue dich an - ich schaue dich an – ich fühle mich verdammt

(4. Klasse, aus Phase 4)

„Meine Gang“

Strophe:

Meine Kühe, mein Stock

Meine Hühner, mein Bock

Meine Wohnung, meine Strasse, meine Frauen, mein Look

Mein BMW ist DER Spass

Und die Frau ist zu krass - YEAH

Chorus:

Meine Gang schlägt euch nieder

Und ihr kommt nie mehr wieder

Unser Rap ist vorbei

Und wir sagen bye bye - Ja wir sagen goodbye

(2. Klasse, aus Phase 1)

9.4 CD mit SchülerInnensongs

Die Songs stammen aus der Phase 4 und sind komponiert und gesungen von Gruppen aus einer 2. und einer 4. Klasse.

Titel:

1) „Falsche Bahn“

(4. Klasse: aufgenommen mitten im Arbeitsprozess)

2) „Sag mir warum“ (2. Klasse: Arbeit mit Textrhythmik zu Playback)

3) „Blinddarm“

(2. Klasse: erste Aufnahme eines Schülerplaybacks)

4) „Blue planet“

(2. Klasse: fertiger Song mit eigener Begleitung)

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