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Sixth Framework Programme Integrierte Lösungswege für eine nachhaltige und gesunde Süßwasseraquakultur Project N°: COLL-CT-2006-030384 Ein Handbuch für nachhaltige Aquakultur

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Sixth Framework Programme Integrierte Lösungswege für eine nachhaltige und gesunde Süßwasseraquakultur

Project N°: COLL-CT-2006-030384

Ein Handbuch für

nachhaltigeAquakultur

SUSTAINAQUA HANDBUCH

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Vorwort 3

1. SustainAqua – Eine Einführung 4

2. Nachhaltigkeit in der Aquakultur 6

3. Technologien in der Süßwasseraquakultur in Europa 12

3.1. Teichwirtschaft 12

3.2. Durchflusssysteme 13

3.3. Kreislaufanlagen 13

3.4. Gehegekulturen in Süßwasserseen und Flüssen 14

4. Rechtliche Rahmenbedingungen in der europäischen Süßwasseraquakultur 15

4.1. Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) 16

4.2. Umweltpolitik, die auf die Entwicklung der Aquakultur wesentlichen Einfluss hat 19

5. Hohe Produktqualität und neue Geschäftsfelder – Marktchancen für Fischprodukte höchster Qualität und Sekundärprodukte 22

5.1. Produktqualität – die polnische Fallstudie 22

5.2. Wasserreinigende Pflanzen für die Bioenergieindustrie – die ungarische Fallstudie 23

5.3. Hydrokulturpflanzen und tropische Früchte – die Schweizer Fallstudie 24

6. Reinigung des Ablaufwassers intensiver Aquakulturen durch Feuchtgebiete und extensive Fischteiche – Fallstudie in Ungarn 26

6.1. Künstliche Feuchtgebiete als eine nachhaltige Methode zur Behandlung des Ablaufwassers von Fischzuchten und zur Produktion wertvoller Biomasse 26

6.2. Von der Fallstudie zu einer Fischzucht: Wie kann das Ablaufwasser einer Welsfarm behandelt werden? 31

6.3. Kombination von intensiver und extensiver Fischzucht für die nachhaltige Nutzung von Wasser und Nährstoffen (Teich-in-Teich-System) 35

6.4. Von der Fallstudie zur Fischzucht: Entwurf eines theoretischen kombinierten Systems 40

7. Verbesserte natürliche Produktion in extensiven Fischteichen – Fallstudie in Polen 43

7.1. Neue Fischarten und Methoden in der Karpfenteichwirtschaft: Modul POLYKULTUR 43

7.2. Praktische Ratschläge und Rückschlüsse für die Züchtung von Löffelstör in Polykultur 50

7.3. Nutzung von Nährstoffen aus landwirtschaftlichen Reststoffen in der Teichwirtschaft: Modul KASKADE in Polen 53

7.4. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Entwurf eines Kaskaden-Moduls 58

8. Neue Methoden zur Reduzierung der Emissionen von Forellenfarmen – Fallstudie Dänemark 61

8.1. Einführung – Allgemeine Beschreibung der Fallstudie 61

8.2. Futter und Fütterung – Emissionen aus den Farmen 63

8.3. Energieverbrauch der Modellfarmen 66

8.4. Kultivierung von Gartenteichpflanzen in den Lagunen 68

8.5. Kultivierung alternativer Fischarten in den Lagunen 70

8.6. Zusammenfassung – Möglichkeiten und Grenzen 71

8.7. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Wie kann man eine Modellforellenfarm mit einer Produktion von 500 Jahrestonnen betreiben (Modellfarm Ejstrupholm) 72

9. Tilapiazucht in Kreislaufanlagen – Fallstudie in den Niederlanden 74

9.1. Modul – Schlammdenitrifikationsreaktor (SDR) 74

9.2. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Integration eines SDR-AS in eine 100 t Tilapiakreislaufanlage 78

9.3. Modul – Algenbettfilter ( PTS-Periphyton Turf Scrubber) 97

9.4. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Wie ist ein Modellfischteich mit PTS-Modul zu betreiben, der 5 t Fisch pro Jahr produziert? 98

10. Das Tropenhaus: eine Polykultur zur nachhaltigen Produktion von tropischen Früchten und Fischen – Ein Fallbeispiel aus der Schweiz 100

10.1. Einführung – das Konzept des Schweizer Tropenhauses 100

10.2. Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion sowie Herstellung von Fischfutter aus tropischen

SUSTAINAQUA HANDBUCH

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Pflanzenresten 101

10.3. Warmwasser-Aquaponikfilter im tropischen Polykultursystem 104

10.4. Vom Pilotprojekt zur Fischfarm: Der Entwurf eines Aquaponikfilter-Systems für das Tropenhaus Wolhusen 107

Literaturempfehlungen 111

Autoren 115

Danksagung 116

SUSTAINAQUA HANDBUCH Vorwort

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Vorwort

Die Bedeutung der Aquakultur wächst weltweit. Die stetig zunehmende Nachfrage nach Fischprodukten und der gleichzeitige Rückgang der natürlichen Bestände durch Überfischung fördern diese Entwicklung seit Jahrzehnten. Die Fischzüchter sollten jedoch die Fehler vermeiden, die zuvor in der Landwirtschaft und der Fischerei begangen wurden: Sie sollten die Grundsätze der Nachhaltigkeit – also die gleichwertige Bedeutung einer umweltfreundlichen, wirtschaftlich rentablen und zugleich sozial verantwortlichen Entwicklung – beherzigen.

Letztendlich muss sich jeder Fischzüchter, egal ob bei einer Kreislaufanlage oder in der Teichwirtschaft, den gleichen Herausforderungen stellen: wie können durch effizientere Nutzung des Fischfutters zugleich Kosten gespart, eine höhere Produktion erreicht und die Nährstoffkonzentration im Prozesswasser reduziert werden? wie kann die Wasseraufbereitung verbessert werden, um die Kosten für Abwassergebühren zu verringern? Wie kann man all die gesetzlichen Auflagen einhalten, Fisch von höchster Qualität und auf umweltfreundliche Weise züchten und dabei noch ausreichend Gewinn erzielen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen und die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter zu sichern?

Das EU-Projekt SustainAqua hat es sich zum Ziel gemacht, einige dieser Fragen zu beantworten und die europäische Süßwasseraquakultur nachhaltiger zu gestalten. Das Hauptziel des Projekts war, Produktions-methoden zu verbessern, potenzielle Märkte zu analysieren und die Produktqualität zu erhöhen. Fünf Fallstudien wurden in Europa durchgeführt, die die wichtigsten Produktionssysteme in der Süßwasseraquakultur und die am häufigsten gezüchteten Fischarten repräsentieren: extensive und semi-intensive Teichwirtschaft, die in Zentral- und Osteuropa vorherrscht, und intensive Kreislaufanlagen, wie sie in Nord-West-Europa zunehmend betrieben werden. Verschiedene Module wurden in jeder Fallstudie erforscht. Die wichtigsten Ergebnisse sind in diesem Handbuch zusammengestellt.

Zu Beginn diskutieren wir Nachhaltigkeit und ihre Bedeutung für die Aquakultur. Wir stellen die Nachhaltigkeitsindikatoren vor, die für die Bewertung der Fallstudien zu Beginn des Projekts entwickelt wurden. Die verschiedenen Produktionssysteme – Teichwirtschaft, Durchflusssysteme und Kreislaufanlagen – werden ebenfalls kurz erläutert. Wie wir alle wissen, wird die jetzige und künftige Arbeit der Fischzüchter durch die nationale und europäische Gesetzgebung stark beeinflusst. Deshalb werden die rechtlichen Rahmenbedingungen in der EU anschließend vorgestellt. Höchste Produktqualität und die innovative Nutzung etwaiger Nebenprodukte aus der Fischzucht sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit einer jeden Aquakultur. Ein Kapitel behandelt entsprechend die Auswirkungen verschiedener Zuchtbedingungen auf die Produktqualität sowie das Erschließen neuer Märkte für Nebenprodukte aus der Aquakultur.

Die Beschreibung der verschiedenen Module, die in den fünf SustainAqua Fallstudien erforscht wurden, bildet den Hauptteil dieses Handbuchs. Die traditionelle Teichwirtschaft Mittel- und Osteuropas wird durch die ungarische und polnische Fallstudie repräsentiert. In Ungarn wird die Wasseraufbereitung einer intensiven Durchflussanlage durch künstlich angelegte Feuchtgebiete verbessert, die als Biofilter fungieren. Außerdem werden die Vorteile der Kombination von intensiver und extensiver Fischzucht hinsichtlich der effizienten Nutzung von Wasser- und Nährstoffressourcen vorgestellt. Die polnische Fallstudie verbindet Aquakultur mit Landwirtschaft. In einem Kaskadensystem wird Jauche genutzt, um Plankton als natürliches Futter für Karpfen zu erzeugen. Zudem wird der Löffelstör als neue Fischart in die traditionelle Polykultur eingeführt, um die Fischproduktion zu erweitern, Nährstoffe effektiver zu nutzen und die Rentabilität der Karpfenzucht zu steigern.

In Dänemark und in den Niederlanden wurden verschiedene Module für Kreislaufanlagen erforscht. In Dänemark wird die Regenbogenforelle in sogenannten 'Modellzuchtanlagen' erforscht. Das Fütterungsmanagement soll hier optimiert, die negativen Auswirkungen der Fischzucht auf die Umwelt sowie die Energiekosten sollen gesenkt werden. Die holländische Fallstudie untersuchte die Produktion von Tilapia in einer geschlossenen Kreislaufanlage. Zwei verschiedene Module, ein Schlamm-Denitrifizierungs-Reaktor sowie eine Technik zur Produktion von Periphyton, sollten den Wasser- und Energieverbrauch sowie den Nährstoffaustrag reduzieren. Die Schweizer Fallstudie, ein zur Zeit noch einzigartiges Projekt in Europa, züchtet Tilapia und kultiviert tropische Früchte in einem Gewächshaus, in dem industrielle Abwärme kostenlos genutzt wird. Dieses tropische Polykultursystem beweist, dass 'Abfall' als multifunktionale Ressource dienen kann, um umweltfreundlich und wirtschaftlich rentabel Fisch und andere Produkte zu erzeugen.

Um die wissenschaftlichen Ergebnisse von SustainAqua für die Fischzüchter nutzbar zu machen, beschreibt das Kapitel “Von der Fallstudie zur Fischfarm” praktische Informationen zur Umsetzung der verschiedenen Module. Zunächst wird jedoch jedes Modul mit einer allgemeinen Beschreibung, seinen Grundprinzipien, der Bewertung durch die SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren, den Möglichkeiten und Grenzen bei der praktischen Anwendung sowie den größten Stärken der einzelnen Module vorgestellt.

Als Forscher und Fischzüchter können wir so unsere Stärken bündeln, neue Technologien entwickeln und anwenden und die Verbraucher von der Qualität unserer Produkte überzeugen. Auf diese Weise kann die Süßwasseraquakultur in Europa einer nachhaltigen, ja einer strahlenden Zukunft entgegensehen.

Dipl. Ing. Alexandra Oberdieck Prof. Dr. Johan Verreth Bremerhaven, Deutschland, Juni 2009 Wageningen, Niederlande, Juni 2009 Koordinatorin SustainAqua Wissenschaftlicher Manager SustainAqua

SUSTAINAQUA HANDBUCH SustainAqua – Eine Einführung

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1. SustainAqua – Eine Einführung

Die europäischen Fischzüchter kämpfen an zwei Fronten gleichzeitig: Einerseits müssen sie in Zeiten der Globalisierung zunehmend mit Produzenten aus anderen Ländern konkurrieren, die jedoch wesentlich geringere Produktionskosten aufweisen. Auf der anderen Seite müssen sie die strengen Vorschriften der nationalen und europäischen Gesetzgebung in Bezug auf Produktqualität, Umweltschutz und Gesundheit einhalten (z.B. Abwassereinleitung, Wasserentnahme, Einsatz von Chemikalien, etc.). Der Erfolg des europäischen Aquakultursektors wird stark davon abhängen, ob die Fischzüchter diese Herausforderungen bewältigen können.

Konzept von SustainAqua

SustainAqua ist ein dreijähriges Kollektivforschungsprojekt, das von der Europäischen Union im sechsten Forschungsrahmenprogramm mitfinanziert wird. Hauptziel des Projektes ist, die europäische Süßwasser-aquakultur nachhaltiger zu gestalten und den Fischzüchtern dabei zu helfen, international konkurrenzfähig zu bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, soll der Wissensstand der europäischen Züchter in den folgenden Bereichen erweitert werden:

• Verbesserung der Produktionsmethoden, Prozesseffizienz und der Rentabilität

• Erforschung potenzieller Märkte für Nebenprodukte aus der Aquakultur, z.B. in der Energie- oder Kosmetikindustrie

• Verbesserung der Produktqualität (Geschmack, Nährwert), um die Verbraucherakzeptanz von Fisch aus Aquakultur zu erhöhen und so das Image des gesamten Sektors zu verbessern.

Das Projekt präsentiert eine Reihe von technischen Verbesserungen, um konventionelle Fischzuchten für die Zukunft zu rüsten. Die neuen Technologien haben geringere Bau- und Wartungskosten, besonders im Hinblick auf die Aufbereitung von Prozess- und Ablaufwasser.

Angewandte Forschung in den SustainAqua Fallstudien

Um die genannten Ziele zu erreichen, werden fünf verschiedene Fallstudien in Ungarn, Polen, den Niederlanden, Dänemark und in der Schweiz durchgeführt. Jede Fallstudie repräsentiert eines der wichtigsten Produktionssysteme in der Süßwasseraquakultur und die am häufigsten gezüchteten Fischarten: Forelle, Karpfen, Tilapia und Wels. In allen Fallstudien werden verschiedene Module zur Optimierung von Produktionsprozessen, zur Qualitätsverbesserung und Produktdiversifizierung entwickelt und erforscht. Im Einzelnen werden folgende Aspekte untersucht:

• Verschiedene Techniken zur Optimierung der Nährstoff-, Wasser- und Energiemanagements: o Reduzierung der Energiekosten durch Verbesserung der Energieeffizienz; o Reduzierung der Abwassergebühren durch Verminderung der Emissionen; o Reduzierung der Kosten für Fischfutter durch höhere Nährstoffverwertung; o Reduzierung der Arbeitskosten;

• Geschmack und Nährwert von Fisch aus verschiedenen Produktionssystemen

• Innovative Nutzung etwaiger Nebenprodukte aus der Fischzucht für potenzielle neue Märkte Die Partner von SustainAqua übertragen dabei die höchst effektiven Prinzipien von natürlichen Ökosystemen auf Fischzuchten. Ein gutes Beispiel ist die effiziente Nutzung von Nährstoffen: Neben der Erzeugung von Fisch wird die verfügbare organische Substanz für die Produktion von anderen marktfähigen Produkten verwendet, wie z.B. Pflanzen zur Bioenergieerzeugung. Eine solche optimierte Nährstoffkette verringert die Menge des nährstoffreichen Ablaufwassers einer Fischzucht und reduziert auf diese Weise die Kosten für die Wasseraufbereitung. Diese Prinzipien werden in extensiven, semiintensiven und intensiven Zuchtsystemen getestet. Zudem erforschen die Partner anhand professioneller sensorischer und analytischer Untersuchungen, ob diese technischen Verbesserungen auch positive Auswirkungen auf die Qualität von Fischprodukten haben. Auf diese Weise können die Anforderungen der Verbraucher nach gesunden und geschmackvollen Fisch besser erfüllt werden.

Kurze Vorstellung der fünf SustainAqua Fallstudien

Die ungarische Fallstudie untersucht die Erzeugung von afrikanischem und europäischem Wels, der in Netzgehegen in Teichen produziert wird (Teich-in-Teich-System). Außerdem wird die Aufbereitung von Prozesswasser aus intensiver Aquakultur in künstlichen Feuchtgebieten erforscht: In mehreren miteinander verbundenen Teichen werden zum einen verschiedene Karpfenarten gezüchtet, zum anderen wachsen dort Klärpflanzen wie Weide und Schilfgras. Letztere dienen nicht nur als kostengünstige und effektive Wasser-aufbereitung. Sie sollen auch als nachwachsende Rohstoffe für die Bioenergieindustrie verwendet werden.

SUSTAINAQUA HANDBUCH SustainAqua – Eine Einführung

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In der polnischen Fallstudie werden in zwei verschiedenen Modulen neue Techniken in der Karpfenzucht erforscht. In einem Modul wird Gülle von landwirtschaftlichen Betrieben genutzt, um in einem Kaskadensystem Plankton als natürliches Futter für Karpfen zu erzeugen. Auf diese Weise kann Fisch gezüchtet werden, ohne auf künstliches Futter angewiesen zu sein. Außerdem wird in einem zweiten Modul der Löffelstör als neue Fischart in die traditionelle Polykultur eingeführt, um die Fischproduktion zu erweitern und die Rentabilität der Karpfenzucht zu steigern. Die holländische Fallstudie untersucht die Produktion von Tilapia in einer geschlossenen Kreislaufanlage. Zwei verschiedene Module, ein Schlamm-Denitrifizierungs-Reaktor sowie eine Technik zur Produktion von Periphyton (Algenwuchs an submersen, also unter der Wasseroberfläche befindlichen Oberflächen) sollen den Wasser- und Energieverbrauch sowie den Nährstoffaustrag (Phosphor, Stickstoff, organische Substanz) reduzieren. In Dänemark wird die Produktion von Regenbogenforellen in sogenannten 'Modellzuchtanlagen' erforscht. Das Fütterungsmanagement soll hier optimiert, die negativen Auswirkungen auf die Umwelt sowie die Energiekosten sollen gesenkt werden. Die Modellzuchtanlagen kombinieren die intensive Zucht in Kreislauf-anlagen mit der Wasseraufbereitung in künstlichen Feuchtgebieten aus der traditionellen Forellenzucht. Auf diese Weise ist eine steigende Fischproduktion ohne zusätzliche Umweltbelastung möglich. In der Schweiz wird Tilapia in Polykultur mit tropischen Früchten wie Banane, Mango oder Guave gezüchtet. Das 'Tropenhaus Ruswil' ist ein 1 500 m² großes Gewächshaus, in dem die Abwärme einer Gasverdich-tungsstation als Energiequelle genutzt wird. Die Fallstudie will aufzeigen, dass 'Abfallstoffe' als multifunktionale Ressource dienen können, um umweltfreundlich und wirtschaftlich rentabel Fisch und andere Produkte zu erzeugen.

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit in der Aquakultur ist ein Kernpunkt in der weiteren Entwicklung, wenn der Aquakultursektor nicht die gleichen Fehler wie die Hochseefischerei begehen will. Fast 75% der globalen Fischbestände gelten als voll genutzt oder bereits als überfischt. Gleichzeitig ist der Fischverbrauch weltweit von 45 Millionen Tonnen im Jahr 1973 auf mehr als 130 Millionen Tonnen im Jahr 2000 gestiegen. Die Welternährungsorganisation (FAO) erwartet einen weiteren Anstieg des Bedarfs an Fisch und Meeres-früchten um 40 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2030, und dies nur, um das derzeitige Verbrauchsniveau beibehalten zu können. Um dieser steigenden Nachfrage langfristig gerecht werden zu können, müssen nachhaltige Alternativen verstärkt eingesetzt werden. Die am meisten versprechende Alternative ist die Aquakultur. Mit einer Wachstumsrate von jährlich 8% seit den 1980er Jahren ist die Aquakultur die am schnellsten wachsende Nahrungsmittelindustrie. Derzeit zeichnet sie sich für beinahe die Hälfte des weltweit konsumierten Fischs verantwortlich, im Vergleich zu lediglich 9% im Jahr 1980.

Wissenstransfer

Das Projekt SustainAqua liefert mit den verschiedenen Modulen, die in den fünf Fallstudien erforscht und getestet wurden, anwendbare Technologien und umfassende Information darüber, wie konventionelle Aquakultursysteme auf nachhaltige Art und Weise modernisiert werden können. So können Fischzüchter Produktionsprozesse, Umweltverträglichkeit und Produktqualität optimieren sowie ihre Produktpalette vergrößern. Diese neuen technischen Möglichkeiten werden den Fischzüchtern dabei helfen, einerseits die aktuellen genauso wie die künftigen Gesetze und Vorgaben einzuhalten und andererseits auch die nachhaltigen Qualitätsstandards und Verhaltenskodexe, die zur Zeit entwickelt werden, zu erfüllen – ein nicht zu unterschätzender Vorteil für die Werbestrategien der Züchter. Die erforschten Module verfügen fast alle über mehr als eine Funktion gleichzeitig, beispielsweise die Kombination aus Wasseraufbereitung, effektives Nährstoffmanagement und der Erzeugung von ökonomisch wertvollen Nebenprodukten. Mit der Diversifizierung ihrer Produktpalette werden die Fischzüchter flexibler und weniger anfällig auf Marktschwankungen reagieren können. Das in den Fallstudien gewonnene Wissen wird in 22 Trainingsseminaren in acht europäischen Ländern an die Fischzüchter weitergegeben. Die Seminare werden in Österreich, Dänemark, Deutschland, Ungarn, Polen, Schweden, Spanien und der Türkei angeboten werden. Außerdem werden die Aquakulturverbände in diesen acht Ländern als individuelle Beratungsplattformen für Fischzüchter nationale Kontaktstellen einrichten, die auch nach Abschluss des Projekts das generierte Wissen weitervermitteln werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit an zwei E-Learning-Seminaren im Juni und Juli 2009 teilzunehmen. Die größten Vorteile, Risiken, Kosten, Erfolgsfaktoren sowie technische Anleitungen für die einzelnen Module werden in diesem SustainAqua Handbuch und im SustainAqua Wiki zusammengefasst. Mit Hilfe all dieser Instrumente und Tätigkeiten werden die Fischzüchter dazu ermutigt und in die Lage versetzt, einen Teil oder ihre gesamte Fischzucht nachhaltiger und effizienter zu gestalten und auf diese Weise sowohl ökonomische als auch umweltrelevante Verbesserungen zu erzielen.

SUSTAINAQUA HANDBUCH Nachhaltigkeit in der Aquakultur

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2. Nachhaltigkeit in der Aquakultur

Der oftmals lediglich als Schlagwort verwendete Begriff Nachhaltigkeit oder auch 'Nachhaltige Entwicklung' hat weitaus mehr zu bieten. Es handelt sich dabei um ein Konzept zur langfristigen Sicherung einer lebenswerten Umwelt für alle Menschen. Nachhaltige Entwicklung umfasst mindestens drei fundamentale Bereiche: Erhalt einer funktionierenden Umwelt, ökonomischer Wohlstand und soziale Gerechtigkeit. Im Bereich der Aquakultur beinhaltet das Streben nach Nachhaltigkeit nicht nur Umweltziele, sondern bietet den Fischzüchtern langfristig klare ökonomische Vorteile. Oftmals wird der Begriff Nachhaltigkeit in seiner Bedeutung abgeschwächt und unscharf verwendet. Von Politikern, Unternehmern und der Öffentlichkeit wird er bei zahlreichen Gelegenheiten sehr allgemein verwendet, meist in oberflächlicher und irreführender Weise, mitunter aber auch mit falscher Bedeutung um die positiven Assoziationen des Begriffes auszuschöpfen (ebenso wie es mit den Begriffen „Bio“ und „Öko“ in den 1990er Jahren geschehen ist). Der folgende Text beschreibt den Zusammenhang, in dem das SustainAqua Projekt entwickelt und durchgeführt wurde. Nach einer kurzen Einführung in die Hintergründe und die eigentliche Definition des Begriffes „Nachhaltigkeit“ folgt eine Einleitung zum Thema Nachhaltigkeit und Aquakultur und schließlich widmet sich der Text deren Anwendung.

Einleitung – Grundlagen zur 'Nachhaltigkeit'

Ein wichtiger Ursprung des Konzepts der 'Nachhaltigkeit' bzw. der 'Nachhaltigen Entwicklung' ist der Bericht 'Our common future' der Brundtland-Kommission. Die Kernaussage ist, dass nachhaltige Entwicklung die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generationen befriedigt, ohne die Möglichkeiten der zukünftigen Generationen einzuschränken, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Eine derartige nachhaltige Entwicklung (in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei) schützt Land-, Wasser-, pflanzliche und tierische Ressourcen, vermindert Umweltschäden, ist technisch angemessen, ökonomisch tragbar und sozial akzeptabel. Nachhaltige Entwicklung basiert auf langfristigen Erwägungen und ist ein integrativer, themenübergreifender Ansatz. Der Begriff umfasst normalerweise die drei Bereiche ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Jeder Bereich ist gleichberechtigt und es bestehen zahlreiche Wechselwirkungen zwischen ihnen. Sie können nicht von einander getrennt werden. Ursprünglich zielte das Modell mit den drei gleichberechtigten Bereichen auf eine Stärkung der Umweltbelange. Allerdings wird inzwischen kritisiert, dass in dieser Auffassung die existentielle Abhängigkeit der Ökonomie und der Gesellschaft von der natürlichen Umwelt und ihren Ressourcen nicht entsprechend berücksichtigt wird (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Das Tragwerk der Nachhaltigkeit

Im beginnenden 21. Jahrhundert ist festzustellen, dass eine bessere Integration der drei Bereiche dringend notwendig ist, um nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen. Gegenwärtig liegt der Schwerpunkt auf der Wirtschaft und vernachlässigt sowohl soziale Belange als auch Umweltaspekte. Deshalb ist es wichtig, innerhalb der Abwägung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit mehr Bedeutung zu verleihen und die Überbewertung der Wirtschaft abzuschwächen. Aus der Rio-Deklaration über Umwelt und Entwicklung ergibt sich der Schutz der Umwelt als feststehender und integrativer Bestandteil aller übergreifenden Entwicklungsprozesse und darf nicht isoliert betrachtet werden. Auch wenn natürlich keine Bestrebungen in

SUSTAINAQUA HANDBUCH Nachhaltigkeit in der Aquakultur

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Abb. 2: Die Nachhaltigkeit von Aquakulturen kann in Abhängigkeit von den gewählten Systemgrenzen

beschrieben werden

Industrie, Landwirtschaft oder Aquakultur unternommen werden, wenn sie ökonomisch unrentabel sind, ist es die Aufgabe von Politik und Gesellschaft Wege zu finden, um alle drei Bereiche der Nachhaltigkeit zu fördern. Ein wichtiges Werkzeug um diese Anforderungen der Nachhaltigkeit in allen drei Bereichen zu erreichen, ist die Erforschung und Anwendung innovativer oder optimierter Technologien. Dies entspricht im Bereich der Süßwasseraquakultur genau dem Ziel von SustainAqua.

Nachhaltigkeit und Aquakultur

Die Aquakultur steht, ebenso wie die gesamte Nahrungsmittelproduktion oder industrielle Produktion, vor der Herausforderung einer nachhaltigen Entwicklung. In den vergangen 50 Jahren wuchs die Aquakultur exponentiell. In den 1950er Jahren produzierte sie noch unter einer Million Tonnen, im Jahr 2006 entsprach die Produktion bereits 51,7 Millionen Tonnen. Im Gegensatz dazu war der Ertrag des Fischfangs gleichbleibend beziehungsweise zeitweilig sogar rückläufig. Aquakultur wächst weiterhin schneller als jeder andere tierproduzierende Wirtschaftszweig. Zukünftig wird sie aufgrund der international steigenden Nachfrage nach Fischprodukten weiterhin eine wachsende Rolle in der weltweiten Fischproduktion spielen. Deshalb ist die kontinuierliche Weiterentwicklung von Methoden für eine nachhaltigere, effizientere und kosteneffektivere Produktionsweise in der Aquakultur notwendig, etwa durch Fortbildung, einer besseren Ressourcennutzung und einem entsprechenden Umweltmanagement. Innerhalb von SustainAqua werden konkrete Lösungen mit angepassten technischen und methodischen Instrumenten erforscht. Darauf aufbauend werden Trainingsmaßnahmen angeboten, um die Fischzüchter über die vielschichtigen Ergebnisse des Projekts zu informieren und zu einer nachhaltigeren Aquakultur in Europa beizutragen. Die verschiedenen nationalen, europäischen und internationalen Initiativen zu Verhaltensregeln, Nachhaltigkeitsindikatoren und Zertifizierungssystemen müssen kontinuierlich weiterentwickelt und ständig aktualisiert werden. Dadurch sollen ein besseres Verständnis und mehr Akzeptanz für die Nachhaltigkeit von Aquakulturen bei allen Beteiligten erreicht werden. Darüber hinaus muss klar definiert sein, wie diese Ziele in der Praxis zu erreichen sind. Wichtige Regelungen dazu sind:

• FAO " Verhaltensregeln für verantwortungsbewusste Fischerei" (1995)

• FEAP "Verhaltensregeln für europäische Aquakultur" (2000); werden gegenwärtig überarbeitet

• EVAD "Richtlinie zur Mitgestaltung von Indikatoren der Nachhaltigen Entwicklung in der Aquakultur" (2008)

• Vereinbarung der internationalen Aquakultur Vereinigung (Global Aquaculture Alliance - GAA) und GLOBALGAP zur Entwicklung und Vereinheitlichung von Zertifizierungssystemen für den weltweiten Aquakultursektor (2009)

Beispielsweise wurden im Rahmen des EU Projekts CONSENSUS (2005-2008) durch die Beteiligung aller relevanten Interessengruppen und Organisationen Nachhaltigkeitsindikatoren zusammengestellt, die als Grundstein eines Zertifizierungssystems für nachhaltige Aquakulturen sowie für Benchmarking-Prozesse genutzt werden können. Dahinter standen Ziele wie geringe Umweltauswirkungen, hohe Wettbewerbs-fähigkeit und ethische Verantwortung unter Berücksichtigung der Biodiversität und des Tierschutzes. SustainAqua 'ergänzt' CONSENSUS sozusagen durch die Untersuchung bestimmter technologischer Verbesserungen, um die Nachhaltigkeit verschiedener europäischer Süßwasseraquakultursysteme zu steigern. Die hier dargestellte Erläuterung der Nachhaltigkeit will hauptsächlich eine klare Zielrichtung für die in SustainAqua durchgeführten Forschungen aufzeigen. So sollen Methoden und Technologien für eine nachhaltigere Aquakulturproduktion entwickelt werden. Auf diese Weise trägt SustainAqua zu zukünftiger Rechtsprechung und Produktkennzeichnung bei. Diese werden zwar gegenwärtig immer noch diskutiert, bieten aber Richtlinien und technische anwendbare Lösungen für eine nachhaltigere Praxis der Fischzucht.

Systemgrenzen

Für eine praktikable Betrachtung der Nachhaltigkeit von Aquakulturen ist es wichtig, die Systemgrenzen sinnvoll festzulegen. Für SustainAqua wurden drei verschiedene Ebenen als Systemgrenzen unter-schieden, dargestellt als drei konzentrische Ringe in Abbildung 2: 1. Auf der Ebene der Fischzuchten befinden sich die

Faktoren, die direkt durch die Züchter beeinflusst werden können, wie z. B. die Wasserqualität, das Nährstoff- und Energiemanagement oder die Gesundheit der Fische.

2. Die zweite Ebene richtet sich auf Faktoren, die direkt mit den Prozessen in den Fischzuchten verknüpft sind. Diese werden von den Züchtern nicht direkt beeinflusst, könnten aber, bei entsprechenden

SUSTAINAQUA HANDBUCH Nachhaltigkeit in der Aquakultur

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Bemühungen, von ihm mit beeinflusst werden. Dies betrifft beispielsweise die Fischfutterqualität, wie das Fischfutter zusammengesetzt oder produziert wurde, für den Transport des Futters zurückgelegte Transportwege, die vom Fischzüchter genutzten Energieträger (erneuerbare oder fossile Energien), den Ort der Vermarktung (weit entfernte Märkte – lange Transportwege, regionale Märkte - kurze Transportwege), usw. Der Fischzüchter könnte einige Faktoren aus der 2. Ebene in die Farmebene 'übertragen', zum Beispiel durch die Produktion von Fischfutter direkt innerhalb der Fischzucht selbst, Nutzung von auf der Farm produzierter Energie oder durch den Verkauf von Produkten direkt auf dem Hof.

Die ersten zwei Ebenen sind die wichtigsten für das Projekt SustainAqua. 3. Die dritte Ebene enthält Faktoren, die nur indirekt mit den Produktionsprozessen verbunden sind und

normalerweise nicht von dem Fischzüchter beeinflusst werden können. Diese Faktoren sind zum Beispiel die Nachhaltigkeit der Verpackungsmaterialen (Produktion, Material usw.) oder die für den Transport der Fische genutzten Energieart.

SustainAqua legt den Schwerpunkt auf die Ebene der Fischzuchtbetriebe. Die wichtigsten Faktoren der zweiten Ebene werden ebenfalls berücksichtigt, beispielsweise Fischfutterproduktion, Energieproduktion, die benötigte Energie für die Wasserversorgung bestimmter Qualität, die benötigte Energie für den Transport und die potenziellen Märkte. Der Vollständigkeit halber muss auch der rechtliche Rahmen berücksichtig werden, wie Regelungen der EU, nationale oder regionale Vorschriften und Normen. Diese betreffen alle Ebenen unterschiedlich stark und können nicht direkt vom Fischzüchter beeinflusst werden. In SustainAqua werden die Vorschriften berücksichtigt, die für die erste und zweite Ebene von Bedeutung sind.

Nachhaltigkeitsindikatoren und Zertifizierung

Die begrenzte Verfügbarkeit der natürlichen Ressourcen gekoppelt mit steigenden Energiepreisen verdeutlicht die Notwendigkeit, Aquakulturen nachhaltiger zu gestalten. Die Aquakulturbranche stellt sich bereits dieser anspruchsvollen Aufgabe, sie befindet sich allerdings noch am Anfang des Weges. Verglichen mit anderen Tierproduktionssystemen steht die Fischzucht unter besonderem Druck sich nachhaltig zu entwickeln, da sie wichtige natürliche Ressourcen nutzt, wie Süßwasser, Feuchtgebiete, Küstenzonen sowie der Fang von Wildfischen zur Futterproduktion oder zum Bestandsaufbau. Weder die Nachhaltigkeit einer Maßnahme noch deren Messung kann statisch erfolgen, da ökonomische, ökologische und soziale Aspekte zu beachten sind (siehe Abbildung 3). Jeder Ansatz, die Nachhaltigkeit zu steigern, basiert sowohl auf unumstrittenen Fakten als auch auf gesellschaftlichen Werten und anderen Bewertungen, die noch diskutiert werden oder sich im Laufe der Zeit ändern können. Folglich ist es nicht immer möglich, eineindeutige Entscheidungen darüber zu treffen, ob ein Prozess nachhaltig ist oder nicht. Sehr häufig gibt es fließende Übergänge zwischen nicht-nachhaltigen und nachhaltigen Prozessen.

Abb. 3: Nachhaltige Süßwasseraquakultur vereint ökologische, ökonomische und soziale Aspekte

Die verschiedenen bereits erwähnten Verhaltensregeln und Kriteriensysteme versuchen, zu einer Lösung des Bewertungsproblems beizutragen und so die die nachhaltige Aquakultur zu unterstützen. Bislang existieren jedoch keine vollständigen und anwendbaren Kriterien, Indikatoren oder damit verbundene Kennzeichnungssysteme in Europa, die tatsächlich in der Lage wären, den Nachhaltigkeitsstatus eines Fischprodukts zu zertifizieren. Das SustainAqua-Projekt trägt zur Weiterentwicklung der von verschiedenen

SUSTAINAQUA HANDBUCH Nachhaltigkeit in der Aquakultur

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Initiativen entwickelten Kriterien bei (siehe oben). Wie bereits erwähnt, steht SustainAqua nicht in Konkurrenz zu Indikatorsystemen, die bereits mit vielen Interessengruppen erarbeitet wurden, wie zum Beispiel durch CONSENSUS. Die unten vorgestellten, ausgewählten Kriterien sind für die fünf SustainAqua-Fallstudien entwickelt worden. Sie weisen die Richtung, wie die Nachhaltigkeit in den jeweiligen Fischzuchten verbessert werden kann. Grundsätzlich wurden sie so entwickelt, dass die Nachhaltigkeit der Forschungsansätze damit quantifiziert werden kann, um zur Übertragbarkeit und Anwendbarkeit der Forschungsergebnisse in Form von anwendbaren Methoden und Technologien beizutragen. Es ist nicht die Aufgabe von SustainAqua zu beurteilen, ob eine bestimmte Süßwasseraquakultur nachhaltig ist oder nicht. Vielmehr geht es um eine unmissverständliche Richtung, was in einer Fallstudie oder einer bestimmten Fischzucht erreicht werden kann, um die Nachhaltigkeit zu verbessern.

SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Das SustainAqua-Konsortium entwickelte zu Beginn des Projekts 28 Indikatoren für die Bereiche der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit. Allerdings war es nicht möglich im Rahmen des Projekts alle möglichen Bereiche der Erforschung und Verbesserung der Nachhaltigkeit auf Fischzuchten abzudecken. Die endgültige Anzahl der Indikatoren wurde schließlich auf acht reduziert und auf die fünf Fallbeispiele des Projekts angewendet (siehe Tabelle 1). Die Auswahl der acht Indikatoren erfolgte auf Basis der folgenden vier Kriterien:

• Handlungsrelevant: Der Indikator zeigt Änderungen des Managements hinsichtlich der Zielstellung und erlaubt zu messen, ob ein Akteur auf das Ziel hinarbeitet oder nicht.

• Plausibel: Der Indikator ist für den Akteur verständlich.

• Messbarkeit: Es ist möglich, den Indikator zu messen.

• Machbarkeit: Es ist möglich, den Indikator mit den vorgesehenen Projektmitteln (Budget, Zeit) zu messen und zu erfassen.

Umweltbereich

Konkrete Ziele / Kriterien Indikator Einheit

Ene

rgie

Energieeffizienz: maximale Reduzierung des benötigten Energieaufwands

Energieaufwand pro Ertrag (Fisch, Biomasse)

kWh/ kWh Ertrag (differenziert für jedes Produkt)

Was

ser

Input: Reduzierung der Frischwasserzufuhr von außen (maximale Wiedernutzung des Wassers)

Wasserbedarf pro Ertrag (Fish, Biomasse) l/kg Ertrag

Output: Reduzierung der Ablaufwassermenge (Qualitätsaspekte siehe Nährstoffe/Output)

Abfluss pro Ertrag (Fisch, Biomasse)-inkl. Regenwasser aber ohne Verdunstung und Versickerung

l/kg Ertrag

Näh

rsto

ffe

Nährstoffverwertung: möglichst effiziente Nutzung der Nährstoffe (bei einer bestimmten Nährstoff-zufuhr sollte eine maximale Menge an vermarkt-baren Produkte bei hoher Qualität produziert werden)

Effizienz der Nährstoffretention – Nährstoffrückhalt in dem produzierten Produkt pro kg Nährstoffzufuhr in das Gesamtsystem (Fisch, Biomasse)

kg Nährstoff (N, P, CSB) der im Produkt enthalten ist je kg Nährstoffzufuhr [%] (GSB berechnet aus CSB und N)

Output (siehe Wasser): Reduzierung der Emissionen (Nähr- und Mineralstoffe und organische Stoffverluste)

Nährstoffmenge/ Qualität des Ablauf-/ Prozesswassers

N, P, CSB, elektrische Leitfähigkeit die pro kg Ertrag abgegeben wird

Nährstoffwiederverwendung zur Produktion wertvoller sekundärer Produkte innerhalb der Fischzucht

Nährstoffspeicherung der genutzten N/P für wertvolle sekundäre Produkte

kg Nährstoffspeicherung in sekundären Produkten pro kg Nährstoffinput in das Gesamtsystem [%]

Ökonomischer Bereich

Konkrete Ziele / Kriterien Indikator Einheit

Pro

dukt

ions

-ko

sten

Steigerung der Produktivität pro Arbeitseinheit Benötigte Arbeitszeit pro Erzeugnis auf der Ebene kommerzieller Fischzuchten (Modelbasierte Annahme)

h/kg Erzeugnis

Abf

ange

n vo

n M

arkt

- flu

ktua

tione

n

Verbesserung der Produktsicherheit / Fischgesundheit: Reduzierung von Krankheitsausbrüchen

Behandlung je Produktionszyklus Behandlung je Produktionszyklus

Tabelle 1: Nachhaltigkeitsindikatoren für die fünf SustainAqua-Fallstudien

SUSTAINAQUA HANDBUCH Nachhaltigkeit in der Aquakultur

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In den nachfolgenden Kapiteln zu den Fallstudien werden diese Indikatoren häufig verwendet. Sie dienen als Grundlage zur Bewertung der Forschung in den fünf SustainAqua-Fallstudien und sollen zur Übertragung der Ergebnisse für die praktische Anwendung beitragen. Die verbleibenden 20 Indikatoren wurden weder detailliert gemessen noch bewertet. Diese Bewertung hätte den Rahmen des Projekts gesprengt. Unter ihnen befanden sich auch Indikatoren für 'Wasser und Klima. Zur Unterstützung der Stabilisierung des lokalen Klimas durch Steigerung der Verdunstung mit Hilfe einer vermehrten Anzahl von Feuchtgebieten/ offenen Wasserflächen'. Weitere Indikatoren betrafen den sozialen Bereich, beispielsweise 'Die Unterstützung der Entwicklung von zusätzlichen Arbeitsplätzen' oder 'Die Unterstützung der ländlichen Entwicklung'. Weitere Information zum Thema finden sich im SustainAqua-Wiki unter http://wiki.sustainaqua.org.

Anwendung nachhaltiger Strategien in der Aquakultur

In den folgenden Abschnitten wurden die Prinzipien jedes einzelnen Nachhaltigkeitsbereichs detailliert beschrieben. Zusätzlich werden allgemeine Vorschläge gemacht, wie Aquakultursysteme unter Berück-sichtigung dieser Prinzipien nachhaltiger gestaltet werden können. Praktische Beispiele dieser möglichen Anwendungsprinzipien werden in den verschiedenen SustainAqua-Fallstudien des Handbuchs vorgestellt.

Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit

Wasser, Nährstoffe, der Flächenbedarf der Fischzucht und die Energie sind die wichtigsten Gesichtspunkte bei der Betrachtung der ökologischen Nachhaltigkeit von Fischzuchten. Bezüglich des Wassers sind die Menge und die Qualität wichtige Aspekte. Frischwasser kann sowohl aus Oberflächengewässern, beispielsweise Seen, Flüsse, als auch aus dem Grundwasser entnommen werden. Ein wichtiges Ziel in allen Systemen ist die Reduzierung des Frischwasserbedarfs zur Entlastung der natürlichen Ökosysteme. Eng damit verbunden ist das gleichrangige Ziel, das Prozesswasseraufkommen zu reduzieren und dieses besser zu behandeln, da in den meisten Fällen der Abfluss der Fischzuchten noch zahlreiche Nährstoffe enthält, die die natürlichen Gewässer eutrophieren. Die beste Managementstrategie hängt normalerweise von der Art der Aquakultur ab. Traditionelle Karpfenteiche benötigen beispielsweise lediglich Wasser, um die Verdunstung und Versickerung zu ersetzten, der Abfluss ist auf das Abfischen beschränkt. Kreislaufanlagen wie die dänische Modelfischzucht für Forellen sind ein weiteres Beispiel dafür, wie der benötigte Wasserbedarf substanziell reduziert werden kann. In diesem Fall werden zum Beispiel auch künstliche Feuchtgebiete für den Nährstoffrückhalt des Ablaufwassers verwendet. Eine effiziente Nutzung der benötigten Nährstoffe ist ebenfalls für die ökologische Nachhaltigkeit wesentlich. Die Reduzierung der Futterverluste durch ein weiterentwickeltes Fütterungsregime und die Auswahl geeigneten Futters sind der erste Schritt. Die zusätzliche Nutzung der verbleibenden Nährstoffe ist eine Aufgabe, die abhängig von den Bedingungen der jeweiligen Fischzucht anzugehen ist. Die Nutzung des Periphytons (Aufwuchses), wie in der ungarischen Fallstudie, ist eine Möglichkeit. Die Verwendung von verschiedenen Fischarten in einem gemeinsamen Teich als Polykultur kann die Nährstoffeffizienz steigern, da die verschiedenen ökologischen Nischen im Teich durch die unterschiedlichen Fischarten besetzt werden, wie in der polnischen Fallstudie gezeigt wird. Grundsätzlich sollte dabei vermieden werden, fremde Arten zu nutzen. Wenn ausreichende Flächen zur Verfügung stehen, bestünden im Anbau erneuerbaren Rohstoffe, zum Beispiel Schilf oder Weide (ungarische Fallstudie) oder Gartenpflanzen (dänische Fallstudie) weitere Möglichkeiten für die Steigerung der Nährstoffeffizienz. Die Herkunft des genutzten Futters ist eine weitere Möglichkeit zur ökologischen Nachhaltigkeit beizutragen, wie etwa durch die Nutzung von Fischmehl aus dem Beifang nachhaltigen Fischfangs (z. B. MSC zertifiziert). Nachhaltigkeit in Bezug auf die durch die Fischzuchten genutzten Flächen hängt sehr stark von den lokalen Bedingungen ab. Allgemein führt die Notwendigkeit, sowohl erneuerbare Ressourcen als auch Nahrungsmittel zu produzieren, zu einer verstärkten Flächenkonkurrenz. Der verminderte Flächenbedarf pro kg erzeugten Fisch in einigen Kreislaufanlagen kann einen Beitrag leisten. Anderseits kann die Teichfläche von Fischzuchten zur Stabilisierung des lokalen Klimas durch deren Verdunstung beitragen. Teiche bieten ebenfalls hervorragende ökologisch wertvolle Flächen. Die Energienutzung ist ein wichtiges Thema besonders in Kreislaufanlagen wie in den Niederlanden (siehe Kapitel zur niederländischen Fallstudie). Auch in anderen Aquakultursystemen ist es möglich und wichtig, den Energiebedarf durch die Steigerung der Energieeffizienz zu reduzieren. Dies wäre unter anderem durch die Nutzung effizienterer Pumpen möglich. Bezüglich der Energienutzung ist es das Ziel, mit weniger Energie mindestens dieselbe Menge an Fisch zu produzieren oder sogar mehr Fisch bei gleichbleibendem Energiebedarf.

Steigerung der ökonomischen Nachhaltigkeit

Fischzucht ist ökonomisch nachhaltig und lebensfähig, wenn die Farm gewinnbringend arbeitet, die Einnahmen zuverlässig sind und die Produkte von den Verbrauchern angenommen werden. In vielen Fällen

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ist die Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit eng verbunden mit der Optimierung der ökonomischen Nachhaltigkeit. Zum Beispiel ist eine effizientere Nutzung des Futters und der Nährstoffe oder die Reduzierung der Frischwassernutzung nicht nur positiv für die Umwelt, sondern reduziert auch Kosten. Abhängig von den nationalen Gesetzen kann eine reduzierte Abwassermenge dazu beitragen, die Produktionskosten zu senken. Dasselbe gilt für alle energieabhängigen Prozesse. Eine regionalere Vermarktung der Produkte senkt die Transportkosten, die Teil der Energiekosten sind. Die Diversifizierung der Aquakultur kann Marktschwankungen ausgleichen. Polykulturen oder die zusätzliche Produktion erneuerbarer Ressourcen, Gartenpflanzen oder Fischbrut sind praxisnahe Beispiele in den SustainAqua-Fallstudien. Herstellung von nachweisbar hochwertigen Produkten kann den tatsächlichen Preis und das Vertrauen der Kunden erhöhen. Letzten Endes trägt eine aus eigener Einsicht vertretene Nachhaltigkeit (und nicht nur widerwillig vorgenommene Anpassungen unter Zwang) dazu bei, die Akzeptanz bei den Konsumenten zu erhöhen. All diese Aspekte müssen individuell bewertet werden, denn die Verfügbarkeit der für die Aquakultur benötigten Ressourcen (Wasser, Land, Nährstoffe, Energie) variiert zwischen den verschieden europäischen Ländern stark. Zum Beispiel kann ein Kreislaufsystem in der Nachbarschaft großer Städte sehr nachhaltig sein, besonders wenn es mit Abwärme beheizt werden könnte. In ländlichen Gebieten, wie z. B. auch in vielen Teilen Ungarns, kann es dagegen ökonomisch viel nachhaltiger sein, große extensive Karpfenteiche zu bewirtschaften, weil Land und Wasser verfügbar und relativ günstig sind.

Steigerung der sozialen Nachhaltigkeit

Das Wesen der sozialen Nachhaltigkeit ist ebenfalls sehr vielgestaltig. Sie betrifft Beschäftigungs-möglichkeiten in der Branche, die Arbeitsbedingungen in den Fischzuchten (Hygiene, Sicherheit, Schulung), aber auch die allgemeine Öffentlichkeit in Verbindung mit Erholung, Gesundheit und ernährungsrelevanten Belangen. Wichtige Aspekte sind auch die Attraktivität der Aquakultur für die jüngeren Generationen oder die Frage, wie die mit den Fischzuchten verbundene Kultur und Tradition erhalten werden kann, wie beispielsweise in den durch Fischteichen geprägten Regionen in Osteuropa. Soziale Nachhaltigkeit war jedoch kein Schwerpunktthema in SustainAqua. Das Projekt konzentrierte sich vorwiegend auf technische Lösungen, um eine direkte Steigerung der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit zu erreichen. Wird diese erreicht, fördert das wiederum die soziale Nachhaltigkeit (sichere Arbeitsplätze, Sicherung einer funktionsfähigen Umwelt für Erholung, Beitrag zu ein hochwertigen und gesunden Versorgung, usw.).

SUSTAINAQUA HANDBUCH Technologien Süßwasseraquakultur

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3. Technologien in der Süßwasseraquakultur in Europa

Es gibt viele Möglichkeiten, die sehr unterschiedlichen Produktionstypen in der Süßwasseraquakultur bestimmten Gruppen zuzuordnen und sie zu beschreiben. Aus der Sichtweise der Nachhaltigkeit allerdings bilden die Produktionsmethoden die beste Grundlage für eine Einteilung. Obwohl es viele Überschneidungen und Übergänge bei den verschiedenen Produktionssystemen gibt, lassen sich die folgenden Produktionsmethoden grundsätzlich voneinander unterscheiden: Teichwirtschaft, Durchflusssysteme, Kreislaufanlagen, Gehegekulturen

3.1. Teichwirtschaft

Die Teichwirtschaft zählt zu den ältesten Formen der Fischproduktion in Europa; ihre Anfänge reichen bis ins Mittelalter zurück. Die Teiche wurden in den Gebieten angelegt, in denen ausreichend Wasserressourcen vorhanden waren und der Boden für die Landwirtschaft nicht geeignet war. Fischteiche prägen und gestalten seitdem die Kulturlandschaft in weiten Teilen Mittel- und Osteuropas. Die Produktionsmenge in Europa beträgt insgesamt ca. 475 000 Tonnen Fisch pro Jahr. Ungefähr die Hälfte dieser Produktion sind Cypriniden, wie Karpfen, Silberkarpfen und Marmorkarpfen. Die wichtigsten Produktionsländer sind Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, Deutschland, Ukraine und die Russische Föderation. Typische Fischteiche sind in Erdbauweise errichtet, in denen die Fische fast wie in der Natur leben können und sich auch vorwiegend von natürlicher Nahrung wie Algen, Wasserpflanzen, Fischchen, Krebsen und Insektenlarven ernähren, die von Natur aus im Teich vorkommen. Um höhere Erträge zu erzielen, füttern die Fischzüchter mit Getreide zu oder fügen Nährstoffe durch organische Düngung (z.B. durch Gülle) hinzu, um die natürliche Nahrungsproduktion zu stimulieren. Die Teiche werden i.d.R. jährlich mit Jungfischen besetzt. Die Teichwirtschaft wird in den meisten Ländern extensiv bzw. semi-intensiv (mit zusätzlicher Fütterung) betrieben. Chemikalien und andere Behandlungsstoffe werden normalerweise nicht eingesetzt. Das wichtigste Thema aus Sicht des Umweltschutzes ist der Einsatz von Düngemitteln, der bei übermäßigem Einsatz zur Eutrophierung der natürlichen Gewässer führen kann. Fischteiche sind aus Sicht der Ökologie jedoch auch sehr positiv zu bewerten. So bieten extensiv bewirtschaftete Fischteiche mit ihrem Schilfgürtel und umgebenden natürlichen Vegetation wertvollen Lebensraum für seltene Pflanzen- und Tierarten. Aus wasserrechtlicher und klimatologischer Sicht sind Teiche von größter Bedeutung, da sie wichtige Wasserrückhaltebecken darstellen. Auch für den Tourismus in ländlichen Gebieten spielen Teiche eine wachsende Rolle. Viele Teichwirtschaften wurden bereits zu multifunktionalen Fischfarmen umgebaut, die verschiedenste Dienstleistungen anbieten, über Freizeitangeln, Erhaltung der Artenvielfalt oder Verbesserung des Wassermanagements.

Multifunktionale Teichwirtschaft in Ungarn (Foto: HAKI)

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3.2. Durchflusssysteme

In traditionellen Durchflusssystemen fließt das Wasser nur einmal durch die Aquakultur und wird danach wieder in die natürlichen Gewässern eingeleitet. Das Wasser wird i.d.R. einem Fluss entnommen, durch die Zuchtanlage geleitet und vor der Einleitung in die Vorfluter aufbereitet. Der Zufluss muss so hoch sein, dass das Wasser mindestens einmal täglich ausgetauscht wird. Durch den stetigen Wasserdurchfluss werden einerseits die Fische mit ausreichend Sauerstoff versorgt, andererseits werden so die überschüssigen Nähr- und Schwebstoffe aus der Anlage in die Vorfluter geleitet. In Europa wird in solchen Durchflusssystemen vor allem Forellenzucht betrieben. Die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) dominiert wegen ihrer guten Wachstumsleistung weite Teile der europäischen Forellenzucht (ca. 95% der Gesamtproduktion). Die meisten Forellenzuchten in der EU liegen an Flüssen und nutzen Betonbassins oder Teiche. Einige Netzgehege in Seen werden auch genutzt. Ca. 220 000 Tonnen Portionsforellen werden jährlich in Europa produziert und verkauft, 85% davon werden in der EU produziert. Die Hauptproduzenten sind Italien und Frankreich, gefolgt von Dänemark, Deutschland und Spanien. Ein großer Produzent von Portionsforellen außerhalb der EU ist die Türkei. Nach vielen Jahren langsamen, aber stetigen Wachstums ging die Produktion von Portionsforellen im Zeitraum von 2000-2005 leicht zurück (ca. minus 0,6% pro Jahr), die Preise allerdings blieben stabil. Andere Wasserquellen für Durchflusssysteme sind Quell- oder Grundwasser. In einigen Ländern werden auch aufgeheizte, industrielle Wasserquellen (wie z.B. von Energieerzeugungsanlagen) genutzt, um Fisch in Durchflusssystemen zu produzieren. Geothermalwasser ist ebenfalls eine natürliche Warmwasserquelle, die die Zucht von entsprechenden Süßwasserfischarten erlaubt (besonders Afrikanischer Wels, Aal, Stör, Barsch und Tilapia).

Traditionelle Forellenzucht in Dänemark (Foto: DTU-Aqua)

3.3. Kreislaufanlagen

Kreislaufanlagen sind landbasierte Zuchtsysteme, in denen das Wasser wieder verwendet wird, nachdem es mechanisch und biologisch aufbereitet wurde. Auf diese Weise werden Wasser- und Energiebedarf sowie die Emission von Nährstoffen in die Umwelt reduziert. Diese Systeme haben mehrere Vorteile, wie z.B. Wasserersparnis, eine strenge Kontrolle der Wasserqualität, geringe Umweltauswirkungen, hohe Biosicherheitsstandards und eine im Vergleich zu anderen Produktionssystemen leichter durchführbare Kontrolle der anfallenden Reststoffe. Die hauptsächlichen Nachteile sind hohe Investitionskosten, hohe Betriebskosten (v.a. für Energie), hohe Anforderung an das Management mit entsprechend gut qualifizierten Arbeitskräften sowie Schwierigkeiten bei der Behandlung von Krankheiten. Die Bedeutung von Kreislaufanlagen für die Fischzucht in Europa ist zur Zeit noch gering. Besonders in den

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Niederlanden und in Dänemark werden allerdings schon beträchtliche Mengen Fisch mit dieser Technologie produziert. Die hauptsächlichen Süßwasserfischarten, die in Kreislaufanlagen gezüchtet werden, sind Wels und Aal, aber auch andere Arten werden bereits mit dieser Technologie produziert. Die Aalproduktion in der EU lag bis 2001 bei ca. 11 000 Tonnen/Jahr, anschließend ging sie auf ca. 8 500 Tonnen jährlich zurück und hat sich seitdem stabilisiert. Diese Zahlen verbergen jedoch wesentliche Produktionsverlagerungen bei den Hauptproduzenten: Die Produktion in Italien (vormals der größte Produzent der EU) erfährt seit den späten 1990er Jahren einen konstanten Abwärtstrend, und auch die dänische Produktion ist seit 2001 gesunken. Diese Verluste wurden jedoch durch stetiges Wachstum in der holländischen Produktion teilweise kompensiert. Wegen der unsicheren Versorgung mit Glasaalen für den Besatz jedoch weichen einige Aalzüchter auf andere Arten aus oder verlassen die Branche komplett.

Intensive Tilapia-Produktion in einer Kreislaufanlage (Foto: FISHION AQUACULTURE B.V.)

3.4. Gehegekulturen in Süßwasserseen und Flüssen

Gehegekulturen, die sorgfältig geplant und gut gemanagt werden, bieten zwar begrenzte, aber durchaus bedeutende Möglichkeiten in der Süßwasseraquakultur. In bestimmten Gewässern kann eine extensive oder intensive Fischproduktion in Netzgehegen mit einer nachhaltigen Nutzung von natürlichen Ressourcen Hand in Hand gehen. So ist zum Beispiel die Seesaiblingszucht (Salvelinus alpinus) derzeit ein kleiner, aber erfolgreicher Geschäftszweig in Schweden. Es ist zu erwarten, dass diese Branche im Laufe der nächsten Jahre beträchtlich an Bedeutung gewinnen wird. Diese Aquakulturen befinden sich im Norden des Landes in den nahezu ungenutzten Seen und Stauseen, die entlang der durch Dämme regulierten Flüsse liegen. Diese Gewässer waren von Natur aus arm an Nährstoffen und wurden im Zuge der Wasserregulierung noch weiter ausgedünnt, so dass derzeit dort nahezu sterile Bedingungen herrschen. Fischzucht in diesen Gewässern würde eine Wiederherstellungsmaßnahme bedeuten, da die vermehrte Menge an Nährstoffen dazu dient, die Gewässerbedingungen wieder an den natürlichen Zustand anzunähern. Es ist mindestens eine Jahresproduktion von 5 000 Tonnen Seesaibling notwendig, um das derzeitige Niveau von Phosphor in diesen Seen von 3 µg/l auf ein geschätztes natürliches Niveau in Höhe von 10 µg/l zu bringen.

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4. Rechtliche Rahmenbedingungen in der europäischen Süßwasseraquakultur

Es ist weithin bekannt, dass die Aquakultur eine der am strengsten regulierten Industrien in der Europäischen Union ist. Die Produktion von Fisch, die die begrenzten natürlichen Ressourcen der Küsten und Binnengewässer nutzt, steht weiterhin im Fokus des öffentlichen Interesses. Es überrascht deswegen nicht, dass die verschiedensten Politiker und Interessengruppen, wie z.B. die EU und die nationalen Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, und die Aquakulturindustrie selbst die Fischzucht kontrollieren möchten. Auf der anderen Seite hat dieses Interesse schon zu so vielen Vorschriften und Regelungen geführt, dass sie für den einzelnen Fischzüchter nur sehr schwer überschaubar geworden sind. Im Rahmen des Projekts SustainAqua wurden verschiedene Fallstudien durchgeführt und Module erforscht, um die Fischzüchter in der Süßwasseraquakultur dabei zu unterstützen, ihren Betrieb weiterzuentwickeln und dabei gleichzeitig ihre wertvollste Ressource zu schützen: sauberes Frischwasser. Dieses Kapitel soll einen Überblick auf die wichtigsten Regularien geben, die für die Aquakultur relevant sind. Ausführlichere Informationen sind hierzu im SustainAqua Wiki auf http://wiki.sustainaqua.org zu finden. In den EU-Mitgliedsstaaten haben die Gesetzgebung und Finanzierungsinstrumente der EU die größte Bedeutung für die Regulierung der Aquakultur. Eine sehr gute Zusammenfassung über die verschiedenen Dokumente, die im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Kommission relevant sind, wurde von der Vereinigung der europäischen Aquakultur-Produzenten (FEAP) verfasst (Quelle: www.profetpolicy.info): Grünbuch: Grünbücher sind von der Kommission veröffentlichte Mitteilungen, die eine öffentliche Diskussion über einen bestimmten Politikbereich anregen sollen. Sie richten sich an interessierte Dritte (Organisationen wie Einzelpersonen), am jeweiligen Beratungsprozess teilzunehmen und auf der Basis der vorgebrachten Vorschläge zu diskutieren. Aus einem Grünbuch kann sich ein Gesetzgebungsprozess entwickeln, der dann in einem Weißbuch dargestellt wird. Weißbuch: Weißbücher enthalten Vorschläge für ein Tätigwerden der EU in einem bestimmten Bereich. Sie folgen zuweilen auf Grünbücher, die bereits einen Konsultationsprozess auf europäischer Ebene eingeleitet haben. Während in Grünbüchern Ideen präsentiert werden, enthalten Weißbücher bereits förmliche Vorschläge für bestimmte Politikbereiche und dienen dazu, diese zu entwickeln. Der Europäische Rat, also die regelmäßigen Zusammenkünfte der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU, kann z.B. aus einem solchen Weißbuch ein Aktionsprogramm für die betroffenen Regionen der EU veranlassen. KOM- und SEC-Dokumente: Hierbei handelt es sich um Dokumente, die die Kommission an den Europäischen Rat und andere Gemeinschaftsorgane als Bestandteil des Entscheidungsfindungs- und Gesetzgebungsprozesses der Gemeinschaft schickt. Sie erscheinen in Form von Memoranden, Berichten oder anderen schriftlichen Mitteilungen oder in Form von Gesetzesvorlagen. KOM-Dokumente beinhalten Gesetzesvorschläge, die entsprechenden vorbereitenden Dokumente und sonstige Mitteilungen. SEK-Dokumente sind interne Dokumente, die mit den Entscheidungsprozessen und der allgemeinen Funktionsweise der Kommissionsdienststellen zusammenhängen. Richtlinie: Richtlinien müssen von den Mitgliedstaaten erst in nationales Recht, also verbindliche innerstaatliche Rechtsvorschriften, umgesetzt werden. Sie besitzen dabei einen gewissen Gestaltungs-spielraum, um den jeweiligen nationalen Besonderheiten Rechnung tragen zu können. Eine Richtlinie legt Ziele sowie einen Zeitrahmen für deren Umsetzung fest. Im Laufe der Jahre hat das EU-Gericht für viele Richtlinien entschieden, dass sie direkt anzuwenden sind und zusätzlich bestimmt, dass Länder verpflichtet werden können, Entschädigungszahlungen zu leisten, wenn eine Richtlinie nicht gemäß der Zeitvorgabe implementiert wurde. Verordnung: Verordnungen gelten nach ihrer Verabschiedung direkt in allen EU-Mitgliedstaaten. Während Richtlinien erst in Landesgesetze umgesetzt werden müssen, ist eine Verordnung unmittelbar verbindlich. Es ist verboten, EU-Verordnungen zu ändern, wenn sie in die nationale Gesetzgebung Eingang finden. Auf diese Weise dient wird eine einheitliche Anwendung des EU-Rechts in allen Mitgliedstaaten gewährleistet. Entscheidung: Eine EU-Entscheidung ist verbindlich für Personen, Unternehmen oder Mitgliedsstaaten, die sie bezeichnet. Sie ist allerdings nicht allgemein verpflichtend, wie dies bei einer Verordnung der Fall ist. Die Entscheidung dient der Regelung konkreter Sachverhalte gegenüber bestimmten Adressaten. Empfehlung: Sie ist nicht nicht verbindlich, die Mitgliedsstaaten werden zu ihrer Erfüllung nur angehalten. Ein Mitgliedsstaat kann für die Nicht-Beachtung einer Empfehlung nicht mit einer Strafe belegt werden. Resolution: Eine Resolution ist ebenfalls eine nicht verbindliche Aussage, die Ziele definiert und politische Erklärungen abgibt. Die Resolutionen des Europäischen Rats bestimmen die Richtung der zukünftigen EU-Politik. Resolutionen können vom EU-Gericht zur Auslegung von Gesetzen herangezogen werden. Sie gelten als eine Art “weiches Gesetz”.

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Diese gesetzlichen Dokumente sind also die Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung der EU-Politik. Es gibt viele Gesetzeswerke, die die Süßwasseraquakultur beeinflussen. Im Folgenden sollen jedoch die beiden Politikbereiche vorgestellt werden, die für diesen Sektor von der größten Relevanz sind:

• Gemeinsame Fischereipolitik (GFP)

• Umweltpolitik, mit einem Fokus auf Wasserpolitik

4.1. Gemeinsame Fischereipolitik (GFP)

Die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) ist das Steuerungsinstrument der Europäischen Union für die Fischerei und Aquakultur. Ziel der Gemeinsamen Fischereipolitik ist die nachhaltige Nutzung aquatischer Arten, die durch Vorsorgemaßnahmen geschützt und erhalten werden sollen. Die negativen Auswirkungen der Fischerei auf die marinen Ökosysteme sollen so gering wie möglich zu halten. Weitere Ziele sind eine rentable und wettbewerbsfähige Fischwirtschaft und Aquakultur, ein angemessener Lebensstandard für die von der Fischerei abhängigen Menschen und die Wahrung der Verbraucherinteressen. Des Weiteren soll bei der Bestandsbewirtschaftung stärker auf die Meeresökosysteme Rücksicht genommen werden. Entsprechende Maßnahmen wurden in den folgenden Bereichen vereinbart:

• Bestandserhaltung und Begrenzung der negativen Auswirkungen der Fischerei und Aquakultur auf die Umwelt – Schutz der Fischbestände durch Festlegung der Fischmengen, die den Meeren entnommen werden dürfen; Maßnahmen, damit junge Fische sich vermehren können; Schutz empfindlicher Lebensräume; Kontrollen, damit die Maßnahmen auch eingehalten werden;

• Strukturen – Unterstützung von Fischerei- und Aquakultursektor bei der Anpassung ihrer Organisationsstrukturen und Ausrüstungen an die Beschränkungen, die sich aus der Ressourcenknappheit und der Marktlage ergeben.

• Märkte – Aufrechterhaltung einer gemeinsamen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse und Anpassung von Angebot und Nachfrage zum Nutzen der Erzeuger und Verbraucher;

• Internationale Beziehungen – Abschluss von Fischereiabkommen und Verhandlungen auf internationaler Ebene im Rahmen regionaler und internationaler Fischereiorganisationen über gemeinsame Bestandserhaltungsmaßnahmen im Bereich der Hochseefischerei.

Seit dem Start der Integrierten Meerespolitik der EU im Jahr 2007, werden die Maßnahmen der GFP in deren Rahmen umgesetzt. Der Name der verantwortlichen Generaldirektion in der Kommission ist 'Maritime Angelegenheiten und Fischerei' (DG MARE). Allerdings liegt das Hauptaugenmerk der GFP auf der Hochseefischerei. Die Aquakultur hat erst in den vergangenen Jahren eine größere Bedeutung erlangt. Seitdem nimmt sie auch in der GFP und den oben beschrieben Bereichen eine immer wichtigere Rolle ein. DG MARE verfasste 2002 ein KOM-Dokument bezüglich der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung der europäischen Aquakultur (COM(2002)511). Im Jahr 2007 begann DG MARE eine wechselseitige Diskussion mit dem Aquakultursektor, um diese Strategie zu aktualisieren. Die Neue Strategie (COM(2009) 162) wurde im April 2009 veröffentlicht und liegt in allen Amtssprachen vor.

4.1.1. Strategie für die nachhaltige Entwicklung der europäischen Aquakultur

Die Strategie für eine nachhaltige Entwicklung der europäischen Aquakultur strebt folgende Ziele an:

• Schaffung von langfristig sicheren Arbeitsplätzen, besonders in Regionen, die von der Fischerei abhängig sind;

• Im Hinblick auf die Verbraucher Sorge dafür tragen, dass Erzeugnisse zur Verfügung stehen, die gesund, sicher und qualitativ hochwertig sind, sowie Förderung hoher Standards in der Tiergesundheit und im Tierschutz.

Die Strategie sieht vor, die negativen Auswirkungen der Aquakultur auf die Umwelt zu verringern, indem eine Reihe von Normen festgelegt und/oder freiwillige Vereinbarungen getroffen werden, die einer Verschlechterung der Umweltsituation vorbeugen. Auf der anderen Seite sind die positiven Auswirkungen bestimmter Entwicklungen in der Aquakultur auf die Umwelt anzuerkennen und zu unterstützen, auch mittels finanzieller Anreize durch die öffentliche Hand. Bezüglich der Konflikte zwischen Aquakultur und Umwelt identifizierte die Strategie folgende Bereiche:

• Reduzierung der Abfallbelastung.

• Kontrolle der Nachfrage nach Wildfängen als Besatzmaterial.

• Bekämpfung der Auswirkungen, die durch entwichene Tiere, nichtheimische Arten und GVO entstehen.

• Integrierte Vermeidung und Bekämpfung der Umweltverschmutzung.

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• Spezifische Kriterien und Leitlinien für die Umweltverträglichkeitsstudien im Sektor Aquakultur.

• Anerkennung und Stärkung der positiven Auswirkungen von extensiven Zuchttechniken und Aufstockungsmaßnahmen.

• Lösungen zur Bekämpfung der Dezimierung durch geschützte Wildarten. Im Allgemeinen sind die Ziele der Strategie von 2002 noch immer gültig. Allerdings war auch eine Überarbeitung gerechtfertigt. Dementsprechend initiierte die Kommission 2007 einen Konsultationsprozess zur Aktualisierung der Aquakulturstrategie. Im April 2009 veröffentlichte die Kommission ein neues KOM-Dokument 'Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft für die Aquakultur - Neuer Schwung für die Strategie für die nachhaltige Entwicklung der europäischen Aquakultur'. Folgende Aspekte werden hier betont:

1. Umweltfreundliche Aquakultur: Die EU engagiert sich in hohem Maße für den Umweltschutz, und die entsprechenden Gemeinschaftsvorschriften basieren auf dem Vorsorgeprinzip. Techniken für die Reinigung der Gewässer durch die Beseitigung von Abfällen und Kontaminanten stehen bereits zur Verfügung, und in den kommenden Jahren ist mit der weiteren Entwicklung neuer Technologien zur Reduzierung der Abwässer zu rechnen. Von entscheidender Bedeutung ist auch die Einhaltung der Vorschriften des EU-Wasserrechts, wodurch die für die Erzeugung von hochwertigen und sicheren Lebensmitteln erforderliche Wasserqualität gewährleistet werden soll.

2. Tierhaltung: Optimale Haltungsbedingungen, gute Gesundheit und auf die physiologischen Bedürfnisse der Zuchttiere abgestimmtes Futter sind wesentliche Voraussetzungen für optimales Wachstum und optimale Produktionsleistung. Außerdem wirkt sich die artgerechte Haltung von Zuchtfischen positiv auf das Ansehen der Aquakulturwirtschaft aus.

3. Gleichberechtigter Wettbewerb um geeignete Standorte: Der zunehmende Wettbewerb mit Landwirtschaft, Industrie und Tourismus um den verfügbaren Raum stellt eine wesentliche Herausforderung für die Weiterentwicklung, ja sogar die Erhaltung sämtlicher Formen der Aquakultur dar. Die Standortwahl ist eine äußerst wichtige Entscheidung, bei der die Raumplanung eine wesentliche Rolle spielt, indem sie Orientierungshilfen und zuverlässige Daten für die Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben bereit stellt.

4. Schaffung der Voraussetzungen, damit die Aquakultur der Nachfrage nachkommen kann: Der Aquakultursektor der EU sollte imstande sein, auf die Verbrauchernachfrage zu reagieren, sich problemlos an veränderte Markterfordernisse anzupassen und mit den anderen Akteuren der Vermarktungskette gleichgestellt zu interagieren. Entsprechend sollen im Rahmen der anstehenden Reform der Marktpolitik für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse die Bedürfnisse des Aquakultursektors insbesondere in Bezug auf Erzeugerorganisationen, brancheninterne Beziehungen, Verbraucherinformation und Vermarktungsinstrumente wie die Kennzeichnung von aquatischen Nahrungsmitteln bewertet und berücksichtigt werden.

5. Reduzierung des Verwaltungsaufwands: Für die Förderung der Entwicklung des Sektors ist es wichtig, dass der Verwaltungsaufwand insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen reduziert wird.

4.1.2. Europäischer Fischereifonds (EFF)

Bis 2006 war das wichtigste Finanzierungsinstrument zur Umsetzung der GFP das 'Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei' (FIAF). Für den Zeitraum von 2007 bis 2013 wird stattdessen der Europäische Fischereifonds (EFF) eine nachhaltige Fischerei und Aquakultur in Europa finanziell fördern. Vorrangig werden die Fördermittel an in der Aquakultur, der Verarbeitung und Vermarktung tätigen Klein- und Kleinstunternehmen vergeben. Beihilfen für mittlere und einige große Unternehmen sind jedoch auch möglich. Außerdem können auch Fischfarmer Ausgleichszahlungen erhalten, deren Betriebe sich in Natura 2000-Schutzgebieten befinden. Zuschüsse für die Binnenfischerei, Erzeugergemeinschaften und den Kauf eines ersten gebrauchten Schiffes durch Jungfischer werden beibehalten. Der Fonds hat eine Laufzeit von sieben Jahren, seine Mittelausstattung beläuft sich auf insgesamt rund 3,8 Mrd. Euro. Der EFF wird Mittel für alle Zweige der Fischwirtschaft – See- und Binnenfischerei, Aquakulturbetriebe, Erzeugerorganisationen, den Verarbeitungs- und Vermarktungssektor – und für die Fischereigebiete bereitstellen. Die Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, wie sie die Finanzmittel auf die einzelnen Prioritäten aufteilen wollen. Diese müssen allerdings als Basis einen Nationalen Strategischen Plan (NSP) aufstellen. Inhaltlich sollte ein NSP folgende Bereiche abdecken:

• Allgemeine Beschreibung des Sektors

• SWOT-Analyse des Sektors und seiner Entwicklung

• Ziele und Prioritäten der Mitgliedsstaaten bezüglich der nachhaltigen Entwicklung der Fischerei und Aquakultur unter Einbeziehung der GFP

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• Finanzplanung zur Umsetzung der nationalen Strategie

• Verfahrensweise zur Entwicklung, Durchführung und Überwachung der NSP

Finanzielle Unterstützung für Fischfarmer

Selbstverständlich müssen die nationalen Strategien und geplanten Maßnahmen mit den Zielen des Europäischen Fischereifonds im Einklang stehen. Der EFF konzentriert sich auf die folgenden fünf Förderprioritäten:

1. Anpassung der Kapazität der EU-Fangflotte 2. Aquakultur, Binnenfischerei sowie Verarbeitung und Vermarktung von Fischerei- und Aquakultur-

produkten 3. Maßnahmen von gemeinsamem Interesse 4. Nachhaltige Entwicklung der Fischereigebiete 5. Technische Hilfe, um die Bereitstellung der Fördermittel zu erleichtern

Für Fischfarmer in der Süßwasseraquakultur sind die beiden wichtigsten sogenannten Prioritätsachsen die Schwerpunkte 2 und 3.

Prioritätsachse 2 – Aquakultur, Binnenfischerei, Verarbeitung und Vermarktung von Fischerei- und Aquakulturprodukten

Die Prioritätsachse 2 fördert folgende Maßnahmen im Bereich der Aquakultur: Produktive Investitionen in der Aquakultur:

Der EFF kann Investitionen für den Bau, die Erweiterung, die Ausrüstung und die Modernisierung von Produktionsanlagen unterstützen, insbesondere im Hinblick auf die Verbesserung der hygienischen Bedingungen, den besseren Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier. Die Verbesserung der Qualität der Erzeugnisse oder die Verringerung der nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt steht ebenfalls im Fokus. Die Investitionen sollen zum Erreichen von einem oder mehreren der folgenden Ziele beitragen:

a. Diversifizierung auf neue Arten und Erzeugung von Arten mit guten Marktaussichten; b. Anwendung von Aquakulturmethoden, die gegenüber den üblichen Praktiken in der Aquakultur

deutlich geringere negative Auswirkungen oder deutlich positivere Auswirkungen auf die Umwelt haben;

c. Unterstützung von traditionellen Aquakulturtätigkeiten, die für die Erhaltung und Verbesserung des wirtschaftlichen und sozialen Gefüges als auch der Umwelt von Bedeutung sind;

d. Unterstützung für den Erwerb von Ausrüstungen zum Schutz der Zuchtanlagen gegen wild lebende Raubtiere;

e. Verbesserung der Arbeits- und Sicherheitsbedingungen von in der Aquakultur tätigen Personen Umweltschutzmaßnahmen in der Aquakultur: Der EFF kann Ausgleichszahlungen für die Anwendung von Produktionsmethoden in der Aquakultur gewähren, die zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt und zur Erhaltung der Natur beitragen. Voraussetzung ist jedoch, sie gehen über die einfache Anwendung der allgemein üblichen guten Aquakulturpraxis hinaus. Der Begünstigte muss sich außerdem für mindestens fünf Jahre zu Umweltschutzmaßnahmen in der Aquakultur verpflichten. Förderfähig sind zum Beispiel Formen der Aquakultur, die den Schutz und die Verbesserung der Umwelt und natürlichen Ressourcen, der genetischen Vielfalt und die Erhaltung der Landschaft und traditioneller Merkmale der Aquakulturgebiete einbeziehen. Um diese Unterstützung zu erhalten, muss der Nutzen dieser Verpflichtungen für die Umwelt durch eine vorherige Bewertung nachgewiesen werden, die von den vom betreffenden Mitgliedstaat benannten zuständigen Stellen durchgeführt wird. Außerdem will die Kommission die Fischfarmer dazu ermutigen, am Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung teilzunehmen, dass durch die sogenannte EMAS-Verordnung 2001 ins Leben gerufen wurde. Es sieht die freiwillige Beteiligung von Organisationen am sogenannten Öko-Audit vor (Englisch: Eco Management and Audit Scheme - EMAS). Gesundheitspolitische Maßnahmen: Diese Maßnahmen betreffen hauptsächlich die Muschelzüchter und sichern diese gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen ab, die aus einer vorübergehenden Einstellung der Ernte von Zuchtmuscheln resultieren (z.B. schädliche Algenblüten). Veterinärmaßnahmen: Der EFF kann sich an der Finanzierung zur Eindämmung und Beseitigung von Krankheiten in der Aquakultur beteiligen.

Es existieren innerhalb der Prioritätsachse 2 noch einige andere Maßnahmen, die nicht direkt Fischfarmer in der Süßwasseraquakultur betreffen, die aber in einigen Fällen trotzdem von Interesse sein können.

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Binnenfischerei: Förderfähige Maßnahmen:

• Beihilfen für die Binnenfischerei und Eisfischerei (ähnlich FIAF)

• Beihilfe für die Umstellung von Fahrzeugen der Binnenfischerei auf andere Tätigkeiten als die Fischerei

• Vorübergehende Einstellung der Fischerei Verarbeitung und Vermarktung: Förderfähige Maßnahmen:

• Verbesserung von Arbeits-, Gesundheits-, Hygienebedingungen und der Qualität der Erzeugnisse

• Verringerung der negativen Auswirkungen auf die Umwelt

• Herstellung hochwertiger Erzeugnisse für Nischenmarkte

• Bessere Nutzung von wenig verwerteten Arten, Nebenerzeugnissen und Abfällen

• Herstellung oder Vermarktung neuer Erzeugnisse, Anwendung neuer Technologien, Entwicklung innovativer Produktionsmethoden

• Vermarktung von Erzeugnissen, die hauptsachlich aus örtlichen Anlandungen und der örtlichen Aquakultur stammen

• Lebenslanges Lernen

Prioritätsachse 3 – Maßnahmen von gemeinsamem Interesse

Innerhalb der Prioritätsachse 3 kann der EFF Maßnahmen mit einer größeren Tragweite als die von der Privatwirtschaft üblicherweise durchgeführten Maßnahmen unterstützen, die zur Verwirklichung der Ziele der GFP beitragen. Träger dieser Maßnahmen können private Wirtschaftsbeteiligte, im Namen der Erzeuger tätige oder andere anerkannte Organisationen sein, sofern sie im allgemeinen Interesse tätig sind. Förderungswürdige Maßnahmen sind:

• Kollektive Maßnahmen

• Schutz und Entwicklung der Wasserfauna und -flora

• Fischereihäfen, Anlandestellen und Fischereischutzhäfen

• Erschließung neuer Absatzmärkte und Ausarbeitung von Werbekampagnen

• Pilotprojekte, die von einem Wirtschaftsakteur, einem anerkannten Berufsverband oder einer anderen vom Mitgliedsstaat zu diesem Zweck benannten einschlägigen Einrichtung in Partnerschaft mit einer wissenschaftlichen oder technischen Stelle durchgeführt werden

• Umbau von Fischereifahrzeugen zur anderweitigen Verwendung

Kollektive Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Aquakultur stehen, können zum Beispiel folgende sein:

• Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit

• Transparenz der Märkte

• Verbesserung der Qualität und Lebensmittelsicherheit

• Entwicklung, Umstrukturierung und Verbesserung von Aquakulturanlagen

• Entwicklung neuer Ausbildungsmethoden

• Förderung der Partnerschaft zwischen Wissenschaftlern und Wirtschaftsbeteiligten

• Förderung von Chancengleichheit

• Gründung und Umstrukturierung von Erzeugergemeinschaften und Umsetzung ihrer Qualitäts-verbesserungspläne

• Durchführung von Machbarkeitsstudien über die Förderung von Partnerschaften mit Drittländern

4.2. Umweltpolitik, die auf die Entwicklung der Aquakultur wesentlichen Einfluss hat

Die Umweltpolitik der EU ist nichts Neues. Das derzeitige Umweltaktionsprogramm ist bereits das sechste in der Reihe und beschreibt die Prioritäten der EU-Umweltpolitik für einen Zeitraum von zehn Jahren (2002-2012). In den vergangenen 30 Jahren wurden dank dieser Programme bereits viele Erfolge erzielt – angefangen von einer besseren Luft- und Wasserqualität über die Ausweitung von Naturschutzgebieten, eine bessere Abfallbehandlung, eine höhere Berücksichtigung von Umweltauswirkungen im Vorfeld von Planungsentscheidungen bis hin zu umweltfreundlicheren Erzeugnissen. Große Herausforderungen stehen jedoch noch an. Das sechste Umweltaktionsprogramm umfasst vier Prioritäten:

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• Klimawandel

• Natur und Artenvielfalt

• Umwelt, Gesundheit und Lebensqualität,

• Natürliche Ressourcen und Abfälle. Aus der Sicht eines Fischfarmers ist der Bereich des Naturschutzes und der Schutz der natürlichen Ressourcen (wie z.B. Wasser) von größter Bedeutung. Im Folgenden sollen diese beiden Gebiete der EU-Umweltpolitik vorgestellt werden.

4.2.1. Naturschutzpolitik: Natura 2000 – FFH- und Vogelschutzrichtlinie

Seit 1992 ruhen die Eckpfeiler der Naturschutzpolitik der EU auf zwei Gesetzeswerken – der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie) und der Vogelschutzrichtlinie. Durch diese Richtlinien wird ein europäisches ökologisches Netz von Schutzgebieten mit der Bezeichnung „Natura 2000" geschaffen. Beide Richtlinien sind ein wesentlicher Beitrag zur Umsetzung des "Übereinkommens über die Biologische Vielfalt", das 1992 anlässlich der Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro unterzeichnet wurde. Das Ziel des Netzwerks Natura 2000 ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume innerhalb von Europa. Das Netzwerk Natura 2000 setzt sich aus den 'Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung' (GGB) zusammen, die nach den im Anhang der FFH-Richtlinie aufgelisteten 231 gefährdeten Lebensraumtypen und rund 900 Arten ausgewiesen werden. Gleichermaßen umfasst es 'besondere Vogelschutzgebiete', die nach der Vogelschutzrichtlinie Lebensraum für ca. 200 gefährdete wildlebende Vogelarten bieten. Natura 2000 ist allerdings nicht nur ein Netz von Naturschutzgebieten, aus denen alle menschlichen Tätigkeiten verbannt werden. Im Gegenteil: es wird anerkannt, dass der Mensch ein integraler Teil der Natur ist. Tatsächlich sind viele Natura 2000-Schutzgebiete gerade wegen der Art und Weise, in der sie bis jetzt bewirtschaftet wurden, schützenswert. Es wird auch in der Zukunft wichtig sein, sicher zu stellen, dass diese Landnutzung (wie z.B. die extensive Bewirtschaftung von Grünland) weitergeführt wird. Auch andere Politikbereiche wurden durch die FFH- und Vogelschutzrichtlinie beeinflusst. Die kürzliche Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahre 2003 hat z.B. das komplexe System produktions-gebundener Direktzahlungen auf betriebsbezogene entkoppelte, d.h. produktionsunabhängige Direktzahlungen ("Betriebsprämien") umgestellt, die sich u.a. auch an die Erfüllung von Umweltauflagen richten. Ähnliche Prinzipien wurden auch in die Gemeinsame Fischereipolitik aufgenommen. Es werden z.B. Fischfarmer unterstützt, die die Anforderungen von Natura 2000 bei der wirtschaftlichen Nutzung einhalten. Die beiden Richtlinien schreiben außerdem vor, dass innerhalb von Natura 2000-Gebieten schädigende Aktivitäten zu vermeiden sind, die die geschützten Arten wesentlich stören oder die Lebensräume wesentlich beeinträchtigen könnten. Wenn nötig, müssen Maßnahmen getroffen werden, um die Lebensräume und Lebensbedingungen für die geschützten Arten wiederherzustellen.

4.2.2. Wasserrahmenrichtlinie und Süßwasseraquakultur

Im Jahr 2000 wurde die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verabschiedet. Die Wasserrahmenrichtlinie dehnt den Wasserschutz auf alle Gewässer aus und legt klare Ziele fest, um zu gewährleisten, dass bis zum Jahr 2015 ein „guter Gewässerzustand“ für alle europäischen Gewässer sowie eine nachhaltige Wassernutzung erreicht wird. Dieses neue, alles umspannende System kommt gerade zur rechten Zeit, da die europäischen Wasserressourcen zunehmenden Belastungen ausgesetzt sind. Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bringt für die Kommission, Mitgliedsstaaten, Beitrittsstaaten, Länder des Europäischen Wirtschaftsraumes sowie für die Interessengruppen und Nichtregierungs-organisationen eine Vielzahl von Herausforderungen technischer Art mit sich. Zum Beispiel gehen die Einzugsgebiete vieler europäischen Flüsse (Rhein, Elbe, Donau, etc.) über Staatsgrenzen hinweg. Entsprechend ist eine internationale Kooperation und eine gute Koordination aller Beteiligten von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung der Richtlinie. Die wichtigsten Ziele, die durch die WRRL, erreicht werden sollen, sind die folgenden:

• Ausweitung des Wasserschutzes auf alle Gewässer – Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasser

• Erreichen eines “guten Gewässerzustands” für alle Gewässer bis 2015

• Erstellung eines Bewirtschaftungssystems für grenzüberschreitende Flusseinzugsgebiete

• "Kombinierter Ansatz" zur Kontrolle der Umweltverschmutzung: größtmögliche Reduzierung von Schadstoffemissionen und Setzen eines Mindestqualitätsstandard

• Wasserpreisgestaltung und Sicherstellung des Verursacherprinzips.

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• Stärkere Einbindung und Beteiligung aller Betroffenen

• Gesetzesvereinfachungen Um das Ziel des länderübergreifenden Gewässerschutzes zu erreichen, müssen alle Partner im Einzugsgebiet eines Flusses – der natürlichen, geologischen und hydrologischen Einheit – ihre Wasserressourcen in enger Zusammenarbeit bewirtschaften. Die EU hat hier z.B. aus der Erfahrung gelernt, die in verschiedenen Regionen innerhalb Europas wie beispielsweise im Rheingebiet, an der Maas oder der Schelde gesammelt wurde, wo bereits eine langjährige Tradition internationaler Kooperation besteht. Im Rahmen der WRRL soll nun für jedes nationale genauso wie für jedes länderübergreifende Flusseinzugsgebiet ein gemeinsamer Bewirtschaftungsplan aufgestellt und alle sechs Jahre aktualisiert werden. Um eine europaweit einheitliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zu gewährleisten, haben die Mitgliedstaaten, Norwegen und die Kommission bereits 2001 eine gemeinsame Einführungsstrategie für die WRRL beschlossen. Diese Einführungsstrategie wird von den Mitgliedsstaaten regelmäßig aktualisiert. Für den Zeitraum von 2007-2009 beinhaltet das Arbeitsprogramm die folgenden Schwerpunkte: 'Wasserrahmenrichtlinie und Landwirtschaft', 'Wasserrahmenrichtlinie und Hydromorphologie', 'Umweltziele, Ausnahmen und wirtschaftliche Aspekte, 'Wasserknappheit und Dürre' sowie 'Biologisches und chemisches Monitoring. Weiterhin ist ein Schwerpunkt 'Klimawandel' vorgesehen, der die Möglichkeiten, die die Richtlinie bietet, nutzt, um die Wasserpolitik an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Den Kern der Wasserrahmenrichtlinie bilden die Umweltziele (Artikel 4). Sie geben den Rahmen für die langfristige nachhaltige Gewässerbewirtschaftung auf der Grundlage eines hohen Schutzniveaus für die Gewässerumwelt vor. Die allgemeinen Ziele der WRRL sind in Artikel 4.1 niedergelegt, die in allen Oberflächengewässern und im Grundwasser erreicht werden sollen. Oberflächengewässer z. B. sollten bis 2015 einen "guten ökologischen" und "guten chemischen" Zustand erreichen. Sie dürfen sich außerdem in Zukunft gegenüber einem guten ökologischen und chemischen Zustand nicht verschlechtern. Allerdings werden auch verschiedene Ausnahmen von den Zielen des Artikels 4.1 beschrieben, die von der Verwirklichung weniger strenger Ziele bis zu mittel- und langfristigen Abänderungen der Regel des 'guten Zustands bis 2015' reichen. Diesen Ausnahmen ist jedoch gemeinsam, dass strenge Bedingungen erfüllt sein müssen und der Bewirtschaftungsplan für das Einzugsgebiet eine entsprechende Begründung enthalten muss. Mit der von der WRRL vorgesehenen sogenannten 'Interkalibrierung' soll eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse der in den Mitgliedstaaten zu implementierenden biologischen Gewässerüberwachung sichergestellt werden. Die Einstufung des ökologischen Zustands der Gewässer erfolgt in fünf Klassen: sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend und schlecht.

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5. Hohe Produktqualität und neue Geschäftsfelder – Marktchancen für Fischprodukte höchster Qualität und Sekundärprodukte

Eine hohe Produktqualität ist heutzutage die Voraussetzung, um sich gegen die wachsende Konkurrenz auf dem Fischmarkt behaupten zu können. Für die Verbraucher wird es immer wichtiger, wie der Fisch produziert wird und welche Futtermittel dabei eingesetzt werden. Die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und Rückverfolgbarkeit der Fischprodukte werden durch alle Stufen der Herstellung, der Verarbeitung und des Vertriebs hinweg durch die Gesetzgebung der EU genau vorgeschrieben. Die meisten Supermarktketten stellen dementsprechend hohe und strenge Anforderungen an die Herstellung und Qualität von Fischprodukten, um den Ansprüchen der Verbraucher und den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Um Fisch über diesen eminent wichtigen Absatzweg verkaufen zu können, müssen die Erzeuger entsprechend hohen Qualitätsanforderungen genügen. Auf der anderen Seite schafft das ständig wechselnde ökonomische und gesellschaftliche Umfeld unserer Zeit stets neue Märkte, auch für Nebenprodukte aus der Aquakultur. Fischzüchter müssen neue Wege gehen, um diese Nebenprodukte ökonomisch effizienter zu nutzen. Wenn diese alternativen und rasant wachsenden Märkte parallel zum Hauptabsatzmarkt von qualitativ hochwertigen Fischprodukten erschlossen werden, könnten die europäischen Fischzüchter ihre ökonomische Nachhaltigkeit steigern und zugleich ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der internationalen Konkurrenz verbessern, insbesondere gegenüber den Billigimporten aus Asien. Eines der Hauptziele von SustainAqua ist deswegen, den Einfluss unterschiedlicher Zuchtbedingungen und Fütterungssysteme auf die Fischqualität zu untersuchen. Außerdem sollten potenzielle Märkte für verschiedene Nebenprodukte aus Aquakultur analysiert werden. In der polnischen Fallstudie wurde deshalb in drei verschiedenen Zuchtsystemen erforscht, welche Auswirkungen die Fütterung sowie die Zucht in Polykultur oder Monokultur auf die Qualität von Karpfen haben. In den Fallstudien in der Schweiz und in Ungarn wurde das Marktpotenzial von verschiedenen Nebenprodukten auf dem boomenden Kosmetik- und Bioenergiemarkt analysiert: Hydrokulturpflanzen und tropische Früchte aus dem Tropenhauses in der Schweiz für die Naturkosmetikindustrie sowie verschiedene Feuchtbiotops-pflanzen aus der ungarischen Fallstudie für die Verwendung in der Bioenergieindustrie.

5.1. Produktqualität – die polnische Fallstudie

Der Ausdruck “Fischqualität” setzt sich aus einer komplexen Sammlung von Eigenschaften zusammen, die von verschiedensten Faktoren beeinflusst werden. Er umfasst: Erscheinungsbild (z.B. Farbe), Nährwert (Zusammensetzung, z.B. Fettsäuren, Fett), organoleptische Eigenschaften (Geschmack, Aroma, Geruch, Textur), Frische und Sicherheit (Anteil an Giftstoffen, Schwermetallen, Chemikalien, Pathogenen, etc.). Mit Hilfe von Verbrauchertests, sensorischer Prüfung mit geschulten Testpersonen sowie chemischen Analysen von Protein, Fett und Fettsäuren wurden der Einfluss unterschiedlicher Zuchtbedingungen und Fütterungssysteme auf Qualität und Geschmack von Karpfen analysiert. Folgende Fragen sollten beantwortet werden:

• Gibt es einen Unterschied in Geschmack und Qualität, wenn Karpfen in Polykultur oder Monokultur gehalten wird (z. B. durch Nutzen eines anderen Nahrungsspektrums)?

• Gibt es einen Unterschied in Geschmack und Qualität, wenn Karpfen mit Getreide (Mais oder Weizen) gefüttert wird oder wenn natürliches Futter (Plankton), das sich im Teich entwickelt, genutzt wird?

Die Untersuchung konzentrierte sich auf Karpfen (Cyprinus carpio), die wichtigste in Polen gezüchtete Fischart. Folgende Fischproben wurden analysiert:

1. Karpfen, gezüchtet in traditioneller Monokultur – Fütterung mit Getreide 2. Karpfen, gezüchtet in traditioneller Polykultur – natürliche Fütterung (durch Düngung, siehe

Kapitel 7) 3. Karpfen, gezüchtet in Monokultur – natürliche Fütterung (durch Düngung, siehe Kapitel 7)

Außerdem wurde Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis) aus Polykultur mit natürlicher Fütterung analysiert, um dessen Geschmack und hohe Qualität zu beweisen und eine höhere Verbraucherakzeptanz zu erreichen. Derzeit bestehen einige Vorurteile von Verbrauchern gegenüber dieser Art. Der Marmorkarpfen soll einen schlechteren Geschmack als der Karpfen haben. Entsprechend erreicht er zur Zeit mit nur ca. 1€/kg wesentlich geringere Marktpreise. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass Karpfen mit natürlicher Fütterung einen weitaus

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geringeren Fettgehalt aufweist als Karpfen, der mit Getreide gefüttert wurde. Beträchtliche Unterschiede bestehen auch beim Fettsäuregehalt und -zusammensetzung. Karpfen mit natürlicher Fütterung hatte höhere Anteile an mehrfach ungesättigten n-3 und n-6 Fettsäuren, die positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben sollen. Auch hinsichtlich der Verbraucherakzeptanz wurde Karpfen mit natürlicher Fütterung wesentlich besser bewertet. Er punktete insbesondere bezüglich seines frischen Geruchs und zarten Geschmacks. Keine Unterschiede hingegen konnten bezüglich der Zucht in Monokultur oder Polykultur festgestellt werden. Folglich hat die Fütterung einen wesentlich höheren Einfluss auf die sensorische und chemische Qualität als das Zuchtsystem. Der Hauptfaktor, der den Fettgehalt, die Fettsäurezusammensetzung und die organoleptischen Eigenschaften beeinflusst, ist das Futter, wie bereits auch frühere Studien gezeigt haben. Ob Karpfen in Monokultur oder Polykultur gezüchtet wird, scheint keinen großen Einfluss auf die Qualität des Fischs zu haben. Außerdem zeigen die Ergebnisse der Studie, dass Marmorkarpfen sowohl hinsichtlich der sensorischen Prüfung und Verbraucherakzeptanz als auch hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung gut abschneidet. Er erreicht die gleichen, teilweise sogar bessere Werte als Karpfen.

5.2. Wasserreinigende Pflanzen für die Bioenergieindustrie – die ungarische Fallstudie

Das Potenzial der Nutzung von Biomasse für den boomenden Bioenergiesektor ist gewaltig. Lignozellulosehaltige Nebenprodukte aus Aquakultur könnten eine nachhaltige Alternative bieten, aus Biomasse Strom, Wärme und Kraftstoffe zu erzeugen. Die innovative Kombination von Aquakultur, Wasseraufbereitung und Bioenergieerzeugung dient gleich zwei Zielen auf einmal:

1. Aquakulturfarmer profitieren gleich zweifach: Der Farmer spart Kosten für die Wasseraufbereitung und erschließt durch den Verkauf eines neuen Produkts neue Einnahmequellen.

2. Die EU muss alle Flächenpotenziale für die Biomasseerzeugung nutzen, wenn die ambitionierten Bioenergieziele erreicht werden sollen.

Korbweide in künstlichem Feuchtgebiet zur Wasseraufbereitung in Ungarn (Foto: AKVAPARK)

Potenziale

Im Rahmen von SustainAqua wurden Schilf (Phragmites australis), Rohrkolben (Typha latifolia/ angustifolia), Pfahlrohr (Arundo donax) und Korbweide (Salix viminalis) hinsichtlich ihres Potenzials zur Bioenergie-erzeugung untersucht. Die Pflanzen könnten z.B. für die Produktion von Hackschnitzel und Pellets zur Wärme- und Stromerzeugung oder für die Herstellung von Bioethanol als Biotreibstoff auf Zellulosebasis für den Transport dienen (siehe Tabelle 2).

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Wassergehalt - Kritischer Faktor, der den Heizwert bei der Verbrennung stark beeinflusst - Je höher der Wassergehalt der Pflanze, desto geringer der Heizwert

Heizwert - Menge der freigesetzten Energie in Form von Wärme bei der Verbrennung von 1 kg Holz

Zellwand- polysaccharide

- Pflanzenzellwände enthalten hauptsächlich drei verschiedene Polymere: Zellulose, Hemizellulose und Lignin.

- Zellulose und Hemizellulose bestehen aus langen Zuckerketten, die sich in Treibstoff umwandeln lassen, der z.B. als Bioethanol für den Transport verwendet werden kann.

- Den Anteil der Zuckerketten (Polysaccharide) zu kennen, ist wichtig, um das Potenzial der Pflanze zur Produktion von Biotreibstoff zu bestimmen.

Tabelle 2: Analysen zur Bestimmung des Potenzials von wasserreinigenden Pflanzen zur Bioenergieerzeugung

Die Ergebnisse dieser Analysen beweisen das Potenzial der Pflanzen zur Erzeugung von Bioenergie. Die Zahlen der Polysaccharidanalyse zeigen, dass die Produktion von Bioethanol aus Zellulose, insbesondere von Pfahlrohr und Schilf, vielversprechend sein kann. Rohrkolben wies dagegen die besten Heizwerte auf. Die Ergebnisse anderer internationaler Studien belegen das große Potenzial für alle vier getesteten wasserreinigenden Pflanzen. Allerdings muss man beachten, dass in einer Aquakultur das primäre Ziel beim Anbau dieser Pflanzen die Aufbereitung von Ablaufwasser aus der Aquakultur ist. Die produzierte Biomasse soll natürlich als Nebenprodukt für die Bioenergieerzeugung genutzt werden. Aber die Wasseraufbereitung wird immer die Priorität bei der Nutzung von künstlichen Feuchtgebieten sein, nicht die Bioenergieproduktion. Diese Rangfolge führt jedoch zu einigen Faktoren, die sich ungünstig auf die effiziente und kosteneffektive Erzeugung von Biomasse für die Energienutzung auswirken können:

1. Die Standortbedingungen des künstlichen Feuchtgebiets bieten eventuell keine optimalen Wachstumsbedingungen zur Produktion von Biomasse für die Energienutzung.

2. Der Zeitpunkt der Ernte ist essenziell für die optimale Verbrennungsqualität (am besten im Frühling). 3. Erntezyklen von zwei oder drei Jahren könnten den Heizwert der Pflanzen steigern.

Es muss also noch genau erforscht werden, auf welche Weise die Wasseraufbereitung und die Produktion von Energiepflanzen möglichst effizient kombiniert werden können, um optimale Bedingungen zum Erreichen beider Ziele zu schaffen.

Marktchancen

Die Ausgangsbedingungen für die Produktion von Biomasse zur Energiegewinnung sind zur Zeit sehr günstig. Die ehrgeizigen Ziele der EU zur Steigerung des Anteils an Bioenergie im europäischen Energiemix schaffen eine große Nachfrage für Biomasse in den kommenden Jahren. Dies ist auch eine einmalige Chance für Fischzüchter, eine wertvolle zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen, indem sie 'nebenbei' produzierte Biomasse ihrer Aquakultur dazu nutzen, die boomende Bioenergieindustrie mit der dringend benötigten Biomasse zu versorgen. Korbweide (Salix viminalis) wird bereits zur Produktion von Hackschnitzeln zur Wärme- und Stromerzeugung verwendet, z.B. in sogenannten Kurzumtriebsplantagen (KUP). Die Erfahrungen, die bereits mit Kurzumtriebsplantagen gesammelt werden konnten, geben viele nützliche Hinweise für das genaue Design der künstlichen Feuchtgebiete zur Anwendung in der Aquakultur. Um rentabel zu sein, sollte die Fläche mindestens 1 ha groß und für Maschinen zugänglich sein sowie mindestens 8-11 t Trockenmasse im Jahr produzieren. Für die Nutzung der drei anderen Pflanzen der ungarischen Fallstudie, Schilf, Rohrkolben und Pfahlrohr beginnt sich der Markt erst zu entwickeln. Allerdings wird hier bereits in der nahen Zukunft eine steigende Nachfrage am Markt erwartet. Es wird erwartet, dass in den kommenden 3-5 Jahren die notwendigen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen für einen funktionierenden Biomasse- und Bioenergiemarkt in Europa erreicht werden. Diese Entwicklungszeit sollte dafür genutzt werden, die Bedingungen für die Biomasseproduktion in Verbindung mit Aquakultur zu optimieren, wobei man das Primärziel der künstlichen Feuchtgebiete, die Wasseraufbereitung und Nährstoffrückhaltung, nicht aus den Augen verlieren darf.

5.3. Hydrokulturpflanzen und tropische Früchte – die Schweizer Fallstudie

Hydrokulturpflanzen und Tropenfrüchte haben ein großes Potenzial zur Verwendung als nachwachsende Rohstoffe in der Kosmetikindustrie. Die besondere Chance dieser Nebenprodukte liegt in der Vermarktung der regionalen Herkunft und des umweltfreundlichen Herstellung dieser Erzeugnisse. Das ganzheitliche Konzept des Tropenhauses ist hier ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal. Speziell Kleinere und Mittlere Unternehmen (KMU) könnten großes Interesse daran haben, gemeinsam neue Produkte zu entwickeln, wie z.B. Papaya- oder Guavencreme, wie dies im kleinen Maßstab im 'Tropenhaus' bereits erfolgt.

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Potenziale

Im Rahmen von SustainAqua wurden Wasserlinse (Lemna sp.) – die auch ein mögliches Nebenprodukt der ungarischen Fallstudie zur Wasseraufbereitung (siehe Kapitel 6.1) oder des polnischen Kaskadensystems (siehe Kapitel 7.3) sein könnte – Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes), Guave (Psidium sp.) und Papaya (Carica papaya) analysiert. Bei den tropischen Früchten wurden Früchte von niedriger oder mittlerer Qualität untersucht, die am Obstmarkt nicht als erstklassige Produkte verkauft werden können. Da es nicht möglich war, neue Bestandteile oder die gesamte chemische Zusammensetzung aller gewählter Pflanzen zu bestimmen, wurden die bekannten wertvollen Bestandteile der Pflanzen auf ihre Konzentration hin untersucht (siehe Tabelle 3):

Pektine

- Wasserlinsen sind reich an einem Lemna-spezifischen Pektin (Apiogalaktoronan/ Lemnan) - Außerordentliche Eigenschaften im Vergleich mit herkömmlichen Pektin (aus Äpfeln) - Könnte zur Behandlung von Symptomen von Hautalterung und -entzündungen eingesetzt werden

Carotenoide, Lycopin

- Guave und Papaya sind beide reich an bioaktiven Substanzen - ß- Karotin und Lycopin sind für ihre positiven Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit

bekannt

Polyphenole - Guave hat antioxidative Eigenschaften, die auf ihre Polyphenol-Anteile zurückgeführt werden - Wasserhyazinthe, mit ihrem Polyphenolanteil, kann die Haut gegen schädliche Auswirkungen

von Schwermetallen schützen und die Zellatmung verbessern. - Wasserhyazinthe könnte auch zur Phytoremediation geeignet sein, da sie Schwermetalle und

toxische Materialien aus Abwässern absorbiert.

Tabelle 3: Analysen zur Bestimmung des Potenzials von Hydrokulturpflanzen und Tropenfrüchten für die Kosmetikindustrie

Die Ergebnisse dieser Analysen zeigen, dass die Nebenprodukte aus der Aquakultur des 'Tropenhauses' im Vergleich mit anderen Pflanzen keine höhere Konzentration der untersuchten Substanzen enthalten. Allerdings könnte der Mehrwert für die Kosmetikindustrie, diese Produkte zu nutzen, in dem holistischen und ökologischen Ansatz bestehen, der im 'Tropenhaus' oder anderen nachhaltigen Aquakulturen verfolgt wird. Ein so einmaliges Alleinstellungsmerkmal könnte für bestimmte Branchen in der Industrie ein verkaufs-förderndes Argument sein, besonders in der Naturkosmetik.

Marktchancen

Die derzeitige Entwicklung auf dem Kosmetikmarkt, speziell in der Naturkosmetik, sind sehr günstig für die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Aquakultur:

• Starkes Marktwachstum von bis zu 20% in der Naturkosmetikbranche

Der weltweite Verkauf von Naturkosmetikartikeln steigt stetig, mit Erträgen von beinahe 5 Milliarden € im Jahr 2006. Europa ist dabei eine wesentliche Wachstumsmaschine mit Wachstumsraten von über 20% und mit Verkaufszahlen von 1,1 Milliarden €. Deutschland, gefolgt von Österreich und der Schweiz, ist in diesem Marktsegment mit Abstand das führende Land: In Deutschland wurden im Jahr 2006 Verkaufszahlen von 650 Millionen € registriert. Der Marktanteil am gesamten Kosmetikmarkt wird voraussichtlich von derzeit 6% auf 10% bis zum Jahr 2012 steigen. Allerdings wächst der französische Markt am schnellsten, mit einer Wachstumsrate von 40% im Jahr 2005.

• Dominanz von innovativen KMUs

In Europa ist die Angebotsseite des Marktes stark fragmentiert und wird von kleinen und mittleren Unternehmen beherrscht: über 400 KMUs stellen Naturkosmetikartikel her.

• Hohe Innovationsfähigkeit des Sektors: ständige Entwicklung und Einführung neuer Produkte

Die Kosmetikindustrie lebt von ihrer Innovationsfähigkeit und ihren zahlreichen Produktneu-entwicklungen. Innovation ist unabdingbar, um die Leistung, Sicherheit und die Umweltauswirkungen der Produkte zu verbessern. Die Unternehmen experimentieren zunehmend mit natürlichen Inhaltsstoffen und rücken von synthetischen Chemieprodukten ab.

• Produktpositionierung: Erfolgreiches Marketing beruht auf klarer Differenzierung von Konkurrenzprodukten

Ein entscheidender Erfolgsfaktor der Naturkosmetik ist die Positionierung ihrer Produkte. Gewinner am Markt sind diejenigen Unternehmen, die ihre Produkte erfolgreich gegen Konkurrenzprodukte abgrenzen. Dies gilt für Naturprodukte genauso wie für konventionelle Produkte.

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6. Reinigung des Ablaufwassers intensiver Aquakulturen durch Feuchtgebiete und extensive Fischteiche – Fallstudie in Ungarn

6.1. Künstliche Feuchtgebiete als eine nachhaltige Methode zur Behandlung des Ablaufwassers von Fischzuchten und zur Produktion wertvoller Biomasse

6.1.1. Allgemeine Beschreibung

Das Erreichen und Erhalten einer guten Wasserqualität in natürlichen Gewässern ist ein wichtiges Ziel sowohl europäischer und nationaler Gesetze als auch von Nichtregierungsorganisationen, weil die Qualität und Quantität der Süßwasserressourcen ein Schlüsselfaktor für gesundes menschliches Leben sind. Durch Ablaufwässer von Fischzuchten können die natürlichen Ökosysteme eutrophiert und beeinträchtigt werden. Darüber hinaus ist die Abwasserabgabe in Ungarn eine wesentliche Kostengröße. Dadurch werden die Produzenten gezwungen, wirksame und kosteneffiziente Behandlungsverfahren zu finden. In den letzten Jahrzehnten wurden künstliche Feuchtgebiete als eine wirksame Methode zur Abwasserbehandlung wiederentdeckt. In Feuchtgebieten wird die Nährstofffracht über geeignete Pflanzen und natürliche Prozesse reduziert. Schwebstoffe setzen sich ab und gelöste Nährstoffe werden durch die Organismen des Feuchtgebietes aufgenommen. Durch die Kombination verschiedener Feuchtgebietstypen, wie Schönungsteiche, Fischteiche und Pflanzenteiche, kann die Nährstoffretention verbessert werden. Durch die Wahl geeigneter Fisch- und Pflanzenarten können die Nährstoffe dabei sogar in vermarktbare Nebenprodukte umgewandelt werden. Durch den Fischbesatz kann ein Anteil der Nährstoffe im Ablaufwasser für den Aufbau von Fischfleisch genutzt werden. Zugleich sichern die notwendigen Sauerstoffgehalte adäquate Bedingungen für aerobe Prozesse. In den Makrophytenteichen nehmen geeignete Pflanzenarten bemerkenswerte Mengen von Nährstoffen für die Biomasseproduktion auf. Die Pflanzen können zur Bereitstellung von regenerativer Energie genutzt werden.

6.1.2. Grundprinzipien der Fallstudie

Die Anlage zur Zucht von afrikanischem Wels, deren Ablaufwasser in diesem Modul geklärt werden sollen, liegt auf dem Gebiet der Versuchsteichanlage des Forschungsinstitutes für Fischerei, Aquakultur und Bewässerung (HAKI) in Szarvas, Ungarn. Die künstlichen Feuchtgebiete im Pilotmaßstab umfassen 1,1 ha (Subsystem 'A') und 0,4 ha (Subsystem 'B') und wurden angelegt, um das Ablaufwasser der intensiven Durchflusssystems zur Produktion afrikanischer Welse zu behandeln. Die Feuchtgebiete werden durch die Kombination eines Schönungsteiches, eines Fischteiches und von Makrophytenteichen gebildet. Die Teiche wurden mit Wasser aus einem nahen Altarm des Körös-Flusses zu Beginn der Betriebsperiode bespannt (Mai 2007, Februar 2008). Ein Schema dieses Moduls ist in Abbildung 4 dargestellt. Das Ablaufwasser der Welsfarm wurde zunächst in einen Schönungsteich eingeleitet, der durch einen Schaufelradbelüfter mit Sauerstoff versorgt und wo zusätzliches Flusswasser hinzu-gefügt wurde. Das Wasser vom Schönungsteich wurde dann in den Fischteich eingeleitet, in dem eine gewisse Menge der Nährstoffe in der Fischbiomasse zurückgehalten wurde. Daran anschließend floss das Ablauf-wasser in vier als Horizontalfilter ausgebildete künstliche Feucht-gebiete, die mit verschiedenen Energiepflanzen bepflanzt waren: Schilf (Phragmites australis), schmal- und breitblättriger Rohrkolben (Typha latifolia und T. angustifolia), Korbweide (Salix viminalis), Pfahlrohr (Arundo donax) und Salzzeder (Tamarix tetrandra) (siehe Tabelle 4).

A_PH

2288m2

A_TY

2728m2

B_SA B_AR

Subsystem ’A’ Subsystem ’B’

B_SAi B_TAi

A_SP

3072 m2

A_FP

3072 m2

B_SP 1387 m2

B_FP 1380 m2

Durchfluss-system für

Afrikanischen Wels

Abb. 4: Schematische Darstellung des Entwurfs der ACS-Fallstudie

Schönungsteich Fischteich Makrophytenteich Bewässerung

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Zwei zusätzliche Flächen wurden 2008 mit dem Teilsystem 'B' verbunden. Diese Flächen wurden nicht überstaut, sondern nur bewässert, um die Salztoleranz der Energieweide und der Salzzeder untersuchen zu können. Zusammengefasst wurden die folgenden Prinzipien in diesem Modul angewendet:

• Retentionszeit: Die berechnete hydraulische Retentionszeit betrug 18 Tage in jedem Feuchtgebiet.

• Wassertiefe: Die mittlere Wassertiefe betrug 1,20 m in den Schönungsteichen und Fischteichen und 0,50 m in den Makrophytenteichen.

• Fischbesatz: Die Teiche wurden im April und Mai mit einer Polykultur und einer Dichte von 900 kg/ha besetzt: 35% Karpfen (Cyprinus carpio), 60% Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) und 5% Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella). Dieses Fischartenspektrum wurde nach dem Ziel der Behandlung des Ablaufwassers so gewählt, dass möglichst viele Nährstoffe als Nahrung genutzt werden konnten.

• Fütterung: Auf die zusätzliche Gabe von Futter wurde vollständig verzichtet.

• Abfischung: Die Fischteiche wurden im November abgefischt, das Wasser abgelassen und der Teichboden von November bis Februar trocken gelegt.

Einheit Fläche Wassertiefe Art Anmerkungen

A_SP 3 072 m2 1.2 m Wasserlinse (Lemna sp.) Regelmäßig entfernt

A_FP 3 072 m2 1.2 m Karpfen-Polykultur Besatz im April Abfischung im November

A_PH 2 288 m2 0.5 m Schilf (Phragmites australis), Wasserlinse Geerntet im November

A_TY 2 728 m2 0.5 m Rohrkolben (Typha latifolia, T. angustifolia) Geerntet im November

B_SP 1 387 m2 1.2 m Wasserlinse (Lemna sp.) Regelmäßig entfernt

B_FP 1 380 m2 1.2 m Karpfen-Polykultur Besatz im April Abfischung im November

B_SA 683 m2 0.5 m Korbweide (Salix viminalis), Rohrkolben (Typha sp.)

Gepflanzt 2006, unzureichendes Wachstum der Weide, Ausbreitung von Rohrkolben

B_AR 683 m2 0.5 m Pfahlrohr (Arundo donax), Rohrkolben (Typha sp.)

Gepflanzt 2006, unzureichendes Wachstum des Pfahlrohrs, Ausbreitung von Rohrkolben

B_SAi 683 m2 Nicht anwendbar

Korbweide (Salix viminalis) Gepflanzt 2007, bewässert mit dem Ablaufwasser des Fischteichs (B_FP)

B_TAi 683 m2 Nicht anwendbar

Tamariske (Tamarix tetrandra) Gepflanzt 2007, bewässert mit dem Ablaufwasser des Fischteichs (B_FP)

Tabelle 4: Fischbesatz und Bepflanzung in den verschiedenen Versuchseinheiten

6.1.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Wasserzulauf/ Wasserablauf

Das in der Versuchsanlage genutzte Wasser kam aus den folgenden zwei Quellen:

• Ablaufwasser aus der Zuchtanlage für afrikanischen Wels und

• Frischwasser aus dem Fluss Körös, um die Teiche zu bespannen sowie zur Versorgung mit Sauerstoff und Algen der Schönungsteiche während des Betriebs.

Die Teiche wurden erstmalig mit Wasser aus dem nahegelegenen Flussarm des Körös bespannt. Der größte Teil des Flusswassers wurde während des Bespannens genutzt (13 829 m3 in 2007; 11 173 m3 in 2008); weitere 10 037 m3 wurden 2007 und 17 089 m3 2008 während des Betriebs der Schönungsteiche zugefügt. Der tägliche Wasserbedarf betrug im Mittel 65.6 m3 bzw. 69.5 m3 in 2007 und 2008. Die theoretische tägliche Wassermenge wurde berechnet, da das Einlaufwasser nicht kontinuierlich zugefügt wurde, sondern nur in Zeiten unzureichender Sauerstoffversorgung. Der spezifische Frischwasserbedarf wurde für die Versuchsanlage mit 0.159 - 0.274 m3 Flusswasser je 1 m3 zu behandelndem Wasser insgesamt berechnet (einschließlich des anfänglichen Bespannens der Teiche mit 0.279 - 0.453 m3). Der Wasserabfluss wurde über den Auslauf der Makrophytenteiche kontrolliert. Während der Retentionszeit wurde das Zulaufwasser durch Verdunstung und Versickerung reduziert. Dadurch war der Ablauf um 55-57% geringer als das insgesamt zugeführte Wasservolumen.

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Nährstoffverwertung

In der Summe betrug der Stickstoffaustrag während der Bewirtschaftungsperiode 2007 162 kg, was 1,05 kg/d für das Gesamtsystem entspricht. Im Ablaufwasser wurde weniger als 10% des Stickstoffs des Zulaufwassers gemessen. Die Summe des Phosphoraustrags betrug 44,9 kg, entsprechend 0,29 kg/d; das sind 27% im Vergleich zum Phosphoreintrag. Der Kohlenstoffgehalt der Wasserproben wurde berechnet als die Hälfte der volatilen Schwebstoffe: der Austrag betrug 3 262 kg während des Betriebs, entsprechend 21,1 kg/d. Im Ablaufwasser wurden weniger als 8% der zulaufenden Kohlenstofffracht gefunden (siehe Tabelle 5).

N P C

Teich / Feucht-gebiet

Zulauf Ablauf Reduktion Zulauf Ablauf Reduktion Zulauf Ablauf Reduktion

kg kg % kg kg % kg kg %

A_ST 1 167 722 38.1 117 95.1 18.7 1 930 1 307 32.2

A_FI 722 404 27.2 (44.0) 95.1 69.0 22.3 (27.4) 1 307 1 022 14.8 (21.9)

A_PH 207 77.4 11.1 (62.6) 35.6 20.5 12.9 (42.4) 526 325 10.4 (38.2)

A_TY 196 46.5 12.8 (76.3) 33.4 15.1 15.6 (54.8) 495 279 11.2 (43.6)

A_Ges. 1 167 124 89.4 117 35.6 69.6 1 930 605 68.7

B_ST 512 235 54.1 50.0 31.9 36.2 813 561 31.0

B_FI 235 114 23.6 (51.5) 31.9 18.8 26.1 (41.0) 561 374 23.0 (33.4)

B_SA 56.4 21.1 6.90 (62.6) 9.30 5.13 8.36 (44.9) 188 108 9.82 (42.5)

B_AR 58.1 17.0 8.03 (70.8) 9.55 4.13 10.8 (56.7) 186 79.4 13.1 (57.3)

B_Ges. 512 38.1 92.6 50.0 9.26 81.5 813 187 77.0

Gesamt 1 679 162 90.3 167 44.9 73.1 2 743 792 71.1

Tabelle 5: Zulauf, Ablauf und Reduktion der Nährstoffe in den Teichen und Feuchtgebieten zur Reinigung des Ablaufwassers 2007 (ACS; in Klammern: Reduktion berechnet für den Teichzulauf).

N P C

Teich / Feucht-gebiet

Zulauf Ablauf Reduktion Zulauf Ablauf Reduktion Zulauf Ablauf Reduktion

kg kg % kg kg % kg kg %

A_ST 1 352 865 36.0 152 95.9 37.0 2 646 1 304 50.7

A_FI 865 376 36.1 (56.5) 95.9 48.0 31.5 (49.9) 1 304 1 143 6.07 (12.3)

A_PH 184 41.9 10.5 (77.3) 23.7 15.5 5.36 (34.4) 562 161 15.2 (71.4)

A_TY 198 37.1 11.9 (81.2) 23.3 14.7 5.66 (36.9) 522 166 13.4 (68.1)

A_Ges. 1 352 79.0 94.2 152 30.2 80.1 2 646 327 87.6

B_ST 717 361 49.6 78.9 40.4 48.7 1 351 554 59.0

B_FI 361 184 24.7 (49.0) 40.4 19.3 26.7 (52.2) 554 503 3.78 (9.22)

B_SA 88.3 17.3 9.90 (80.4) 9.21 2.96 7.93 (67.9) 238 68.3 12.5 (71.3)

B_AR 99.0 19.5 11.1 (80.3) 9.78 3.97 7.36 (59.4) 257 80.1 13.1 (68.8)

B_Ges. 717 36.8 94.9 78.9 6.93 91.2 1 351 148 89.0

Gesamt 2 069 116 94.4 231 37.1 83.9 3 997 475 88.1

Tabelle 6: Zulauf, Ablauf und Reduktion der Nährstoffe in den Teichen und Feuchtgebieten zur Reinigung des Ablaufwassers 2008 (ACS; in Klammern: Reduktion berechnet für den Teichzulauf).

Der absolute Stickstoffaustrag des Gesamtsystems beläuft sich auf 116 kg während des Betriebs 2008, entsprechend 0,48 kg/d. Im Ablaufwasser wurde weniger als 6% des Stickstoffs des Zulaufes gemessen. Die absolute Phosphormenge machte 37,1 kg aus, entsprechend 0,15 kg/d bzw. 16% des Zulaufes. 4 812 kg organischen Kohlenstoffs wurden während des Betriebs ausgetragen, entsprechend 19,7 kg/d. Im Ablauf wurden damit weniger als 5% des organischen Kohlenstoffs im Vergleich zum Zulauf gefunden (siehe Tabelle 6). Der Stickstoff- und Phosphoraustrag waren 2008 erheblich geringer als 2007, besonders die täglichen Austragsraten waren fast 50% weniger als 2008. Der Austrag an organischem Kohlenstoff war, entsprechend den täglichen Werten, in beiden Jahren gleich.

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Nährstoff Einheit 2007 2008

N P C N P C

Zulauf kg 1 679 167 2 743 2 069 231 3 997

Ablauf

Wasser % 9.7 27 29 5.6 16 4.3

Wasser bei Abfischung % 10 17 20 5.9 9.2 7.5

Fisch % 1.0 1.8 3.5 0.99 1.7 2.3

Pflanzen % 4.0 9.2 n.b.* 3.7 8.5 n.b.* *nicht berechnet

Tabelle 7: Nährstoffaustrag und Nährstoffretention in sekundären Produkten

Ein Teil der Nährstoffe in diesem Modul wurde durch Fische und Pflanzen aufgenommen und auf diese Weise für die Erzeugung von wertvollen Nebenprodukte genutzt werden. Ein vergleichbarer Anteil der Nährstoffe im Zulaufwasser wurde in beiden Jahren in Fisch und Pflanzenbiomasse umgewandelt: 1,0%, 1,8% und 2,3-3,5% des zugeführten Stickstoffs, Phosphors und organischem Kohlenstoff wurden in dem gefangenem Fisch und zusätzlich 3,7-4,0% Stickstoff und 8,5-9,2% Phosphor in den Energiepflanzen gebunden (siehe Tabelle 7).

Energieeffizienz

Während des Betriebs des Versuchssystems wurde elektrische Energie benötigt, um das Zulaufwasser in die Schönungsteiche zu pumpen (eine Pumpe mit 3,1 kW Leistung) sowie zum Mischen und Belüften des Wassers (zwei Belüfter mit 0,75 kW Leistung). Der Energieverbrauch der elektrischen Pumpen und Belüfter betrug 16 221 kWh 2007 und 16 997 kWh 2008. Wenn es möglich ist, das zu behandelnde Ablaufwasser im freien Gefälle dem künstlichen Feuchtgebiet zuzuführen, kann die Energie für das Pumpen entfallen. Der spezifische Energieverbrauch für das zu behandelnde Ablaufwasser betrug 0,257 kWh/m3 2007 und 0,273 kWh/m3 2008. Etwa 48 l Brennstoff oder 487 kWh wurden für die Ernte und den Transport der Biomasse benötigt. Der Brennwert der geernteten Biomasse betrug 81 728 MJ (entsprechend 22 702 kWh) im Jahr 2007 und 359 207 MJ (entsprechend 99 780 kWh) 2008. Die Energiebilanz für das experimentelle System weist einen um 6 000 kWh höheren Ertrag als den Energieverbrauch im Jahr 2007 auf. 2008 wurde sogar ein Überschuss von 82 296 kWh erzielt (siehe Tabelle 8).

In dem System zur Behandlung des Ablaufwassers wurden Energiepflanzen als wertvolle Nebenprodukte angebaut, die als erneuerbare Energiequelle genutzt werden können. Die Pflanzen in den Makrophyten-teichen wurden im Dezember 2007 geerntet, das absolute Gewicht der Biomasse betrug 8 320 kg. Die produzierte Pflanzenbiomasse wurde 2008 auf 40 900 kg geschätzt. Der Rohrkolben zeigte den höchsten Zuwachs, während die Weiden die geringste Wachstumsrate aufwiesen. In den Teichen mit Pfahlrohr und Weiden breitete sich angeflogener Rohrkolben aus und unterdrückte die Entwicklung der anderen Pflanzenarten. Schilf hatte den höchsten Brennwert von im Mittel 11 372 J/g; Weiden wiesen einen Wert von 9 699 J/g auf. Rohrkolben und Pfahlrohr wiesen vergleichsweise geringe Brennwerte von 9 214 J/g bzw. 8 611 J/g auf. Während der Jahreszeiten Herbst, Winter und Frühling verdoppelte sich der Brennwert für Schilf nahezu und nahm für Rohrkolben um 45% zu, da der Wassergehalt abnahm. Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen März und April die beste Zeit für die Ernte der Feuchtgebietspflanzen ist, da dann der Wassergehalt am geringsten und der Brennwert vergleichsweise hoch ist.

Arbeitsproduktivität

Bepflanzung, der tägliche Betrieb, die Ernte der Pflanzen und das Abfischen benötigte etwa 64, 176, 216 bzw. 32 Arbeitsstunden. Der gesamte Arbeitsaufwand für die Behandlung des Ablaufwassers betrug 488 Stunden, entsprechend 0,00778 Arbeitsstunden/m³ zu behandelndes Wasser.

2007 2008

kWh MJ kWh MJ

Elektrischer Stromverbrauch 16 221 58 396 16 997 61 189

davon: Pumpen des Zulaufwassers 10 714 38 570 9 077 32 677

davon: Belüftung 5 508 19 829 7,920 28 512

Treibstoffverbrauch 487 1 754 487 1 754

Effektiver Brennwert der Pflanzen 22 702 81 728 99 780 359 207

Bilanz 5 994 21 578 82 296 296 263

Tabelle 8: Energiebilanz des Moduls

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6.1.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die Anlage zur Behandlung des Ablaufwassers aus der Produktion afrikanischer Welse zeigte signifikante positive umweltrelevante und wirtschaftliche Ergebnisse:

• Nährstoffrückgewinnung und -rückhalt: Durch die Anwendung des untersuchten Aufbereitungs-systems konnte die Menge der emittierten Nährstoffe aus der intensiven Aquakultur um 1 300 kg N/ha, 130 kg P/ha und 7 500 kg CSB/ha während der Betriebsperiode vom Februar bis November 2008 reduziert werden.

• Fischproduktion: In den Fischteichen konnten im Mittel 1 458 kg/ha an Fischbiomasse mit Hilfe der Naturnahrung produziert werden.

• Produktion von Biomasse: 40 900 kg Pflanzenbiomasse wurden produziert, die als mögliche erneuerbare Energiequelle genutzt werden können. Die Biomasse könnte die Verbrennung fossilen Gases ersetzen und so jährlich die Emission von 11 250 kg CO2 vermeiden.

• Positive Energiebilanz: Während des Betriebs des künstlichen Feuchtgebietes wurde weniger Energie verbraucht als mit der Pflanzenbiomasse produziert werden konnte.

• Die Entfernung von Nährstoffen aus dem Ablaufwasser der Fischzucht führte zu einer Reduktion der Abwassergebühren und entlastet die Umwelt.

• Geringere Kosten als bei herkömmlichen Wasseraufbereitungsanlagen.

• Produktion vermarktbarer Beiprodukte erzeugt ein zusätzliches Einkommen.

Die Anwendung der Aufbereitungsmethode unterliegt jedoch einigen Einschränkungen:

• Die klimatischen Bedingungen in Mittel- und Osteuropa beschränken den kontinuierlichen Betrieb künstlicher Feuchtgebiete im Winter. Bei niedrigen Temperaturen (unter 15°C) wird empfohlen die Belastung im Zulauf durch Verringerung der Konzentrationen (Filtern der suspendierten Feststoffe) oder des Volumens (durch Speicherung) zu verringern.

• Das Überstauen in den künstlichen Feuchtgebieten bei kontinuierlicher Wasserzugabe sichert günstige Bedingungen für Schilf und Rohrkolben. Die offene Wasserfläche und die relativ geringe Bodenschicht sind jedoch nicht optimal für das Wachstum von Weiden und Pfahlrohr. Feuchte, tiefgründige und fruchtbare Böden bietet bevorzugte Bedingungen für die Produktion dieser Arten.

• Die Anlage und der erfolgreiche Betrieb erfordert eine detaillierte Planung und eine kontinuierliche Kontrolle der Wasserqualität in den Feuchtgebieten und des Sauerstoffgehaltes in den Fischteichen, da eine zu hohe Belastung schwerwiegende Störungen des natürlichen Gleichgewichtes in den Teichen als künstlichen Ökosystemen auslösen kann.

6.1.5. Vorteile der Anwendung

Die Umweltgesetzgebung zwingt die Fischzüchter, Nährstoffaustrag und Gewässerbelastungen zu minimieren und nachhaltige Reinigungsmethoden zu verwenden. Die kombinierten künstlichen Feuchtgebiete, wie hier vorgestellt, bieten eine angemessene Wasseraufbereitungsmethode, die in der Lage ist, die Umweltstandards einzuhalten. Die Kosten für Anlage und Betrieb sind geringer als bei konventionellen Aufbereitungstechnologien. Die Berechnung auf Grundlage der Daten zur Wasserqualität in dem Experiment führt zu einer Reduzierung der Abwassergebühren von 34 500 € (9,7 Mio. HUF) für die Welsfarm. Die Fischteiche sind außerdem für eine zusätzliche Fischproduktion geeignet, z. B. für die Zucht von Zierfischen oder Arten, die die Naturnahrung nutzen und so die sonst verschwendeten Nährstoffe nutzen können. Ein zusätzliches Einkommen von 15 000 € (4,3 Mio. HUF) durch Rohrkolben und die Fischproduktion kann so erzielt werden, während die gesamten Kosten des Betriebs unter 17 000 € (4,6 Mio. HUF) liegen. Natürliche Behandlungsmethoden erfordern zwar nur eine geringe Menge nicht-erneuerbarer Energie, benötigen jedoch eine große Landfläche. Auf der Grundlage der Ergebnisse der beiden Jahre der Experimente und unter Berücksichtigung der klimatischen und ökonomischen Bedingungen kann ein künstliches Feuchtgebiet von 12 ha Fläche das Ablaufwasser einer Fischzucht mit 300 t afrikanischen Welsen pro Jahr vollständig reinigen.

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6.2. Von der Fallstudie zu einer Fischzucht: Wie kann das Ablaufwasser einer Welsfarm behandelt werden?

6.2.1. Beschreibung der intensiven Zuchtanlage

Die Ergebnisse der Fallstudie werden extrapoliert zu einer bestehenden Durchflussanlage mit einer Produktionskapazität von jährlich 300 Tonnen. Der afrikanische Wels (Clarias gariepinus) wird intensiv in Außenbecken mit geothermalem Wasser produziert. Das gesamte Wasservolumen in den Tanks beträgt 1 200 m³ auf einer Fläche von 3 690 m³. Der mittlere Futterquotient für marktfertige Fische beträgt 1,2 kg Futter je kg Fisch. Bei der Produktion von 1 t afrikanischem Wels werden 24 kg Stickstoff (N) und 3,9 kg Phosphor (P) in Fischbiomasse umgesetzt, sowie 52 kg N und 9,8 kg P mit dem Ablaufwasser emittiert. Das gebrauchte Wasser wird in einen Altarm eingeleitet, wo die Nährstoffe zur Eutrophierung und Beeinträchtigung des natürlichen Ökosystems führen. Den umweltrechtlichen Regelungen entsprechend wird zudem eine Abwassergebühr auf der Grundlage der Netto-Nährstoffmenge erhoben. Die Betreiber der Anlage sind verpflichtet, eine nachhaltige Aufbereitungstechnologie anzuwenden.

6.2.2. Reinigungsprozesse von künstlichen Feuchtgebieten

In Feuchtgebieten werden bestimmte Belastungen durch natürliche Prozesse reduziert. Künstliche Feuchtgebiete sind eine nachhaltige Technologie, weil:

• Sie effektiv Nährstoffe zurückhalten bzw. reduzieren

• Nur geringe Mengen fossiler Energie und Chemikalien notwendig sind;

• Die Bau-, Betriebs- und Wartungskosten für die Anlage geringer sind als für konventionelle Wasserreinigungssysteme;

• Sie sich gut in die natürliche Umwelt einfügen und ihr ästhetischer Wert zu einer höheren Akzeptanz in der Gesellschaft führt;

• Die Anlage von Feuchtgebietshabitaten hilft, seltene Feuchtgebietsarten zu erhalten und so einen Beitrag zur Artenvielfalt leistet.

Mit der Kombination verschiedener Feuchtgebietstypen, wie dem Schönungsteich, Fischteich und Makrophytenteich kann die Effizienz der Nährstoffreduktion erhöht werden. Durch die Verwendung entsprechender Pflanzen- und Fischarten können die Nährstoffe in vermarktbare Nebenprodukte umgewandelt werden. Bei der Anlage von künstlichen Feuchtgebieten ist die Berücksichtigung folgender Faktoren wesentlich:

• Die Verfügbarkeit der Fläche ist Voraussetzung (großer Flächenbedarf) und

• Die klimatischen Bedingungen beeinflussen die Reinigungsleistung.

6.2.3. Parameter für die Planung

Charakterisierung des zu reinigenden Wassers

Das Ablaufwasser der Welsfarm ist durch einen hohen Anteil an gelösten Salzen gekennzeichnet, die aus dem geothermalen Wasser stammen, sowie durch einen hohen chemischen Sauerstoffbedarf (CSB). Der absolute Stickstoffgehalt setzt sich aus etwa 60% Ammonium und 40% organischem Stichstoff zusammen; andere Stickstoffformen kommen nur in vernachlässigbaren Mengen vor. Der gesamte Phosphorgehalt enthält nahezu 50% Orthophosphat, während volatile Schwebstoffe 90% der gesamten Schwebstoffmenge ausmachen. Auf der Basis der mittleren Konzentrationen beträgt der mittlere jährliche Stickstoffaustrag 13 t, die Phosphor-menge macht 1,3 t aus, CSB 87 t (siehe Tabelle 9).

Nährstoffretention

Auf der Grundlage eines Experimentes zur temperaturabhängigen Befrachtung im Jahr 2008 wurde die Retentionskapazität in 5 °C-Intervallen berechnet. Die Stickstoffentfernung zeigt die höchste Sensitivität, aber auch die Verringerung des CSB war bei höheren Temperaturen stärker. Der Rückhalt von P und die Entfernung volatiler Schwebstoffe waren nur im obersten Temperaturbereich deutlich effizienter (siehe

Parameter AAblauf STD Fracht

mg/l kg/Tag

Summe gelöster Salze 714 62.5 857

Chemischer Sauerstoffbedarf 200 89.0 239

Ammonium-N 18.7 5.84 22.4

Gesamt organischer N 11.6 11.8 13.9

Gesamt-N 29.7 11.4 35.6

Orthophosphat-P 1.37 1.07 1.64

Gesamt-P 2.90 0.92 3.48

Volatile Schwebstoffe (VSS) 114 57.6 137

Tabelle 9: Mittlere Werte der wasserchemischen Parameter und die berechnete tägliche Fracht des Ablaufwassers (n=38) (STD: Standardabweichung)

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Tabelle 10). Für die Planung des Systems wurde von der geringsten Reduktionskapazität ausgegangen. Es wird empfohlen, die verschiedenen Feuchtgebietstypen mit parallelen Einheiten anzulegen, so dass je nach Bedarf Feuchtgebiete zu- und abgeschaltet werden können. Die Möglichkeit, zusätzliches Frischwasser während des Betriebes hinzuzufügen, vor allem zur Stabilisierung der Fischteiche, ist ein wichtiges Prinzip für den Reinigungsprozess. Das

Kanalsystem zum Bespannen und Entleeren der Teiche sollte so geplant und gebaut werden, dass die einzelnen Teiche unabhängig voneinander gefüllt und abgelassen werden können, wenn dieses notwendig ist.

Fischbesatz

In den Fischteichen wurde eine Karpfenpolykultur ausgewählt, um einen bestimmten Anteil der ungenutzten Nährstoffe direkt durch die Fische oder über das Nahrungsnetz der Teiche nutzen zu können. Der Karpfen wühlt als Grundfisch das Sediment auf, wodurch die Nährstoffe und das organische Material in das freie Wasser gelangen, wo sie die Primärproduktion ankurbeln und die verfügbare Futtermenge für Filtrierer erhöhen. Der Silberkarpfen toleriert höhere Dichten und kann einen großen Anteil vom Phyto- und Zooplankton konsumieren. Es wurde beobachtet, dass der Silberkarpfen die Futterreste vom Ablauf der Fischzucht herausfiltern konnte. Der Graskarpfen als Pflanzenfresser wurde zur Kontrolle des Wachstums der Wasserlinse in den Teichen eingesetzt. In einem eutrophen bzw. hypertrophen Teich wachsen verschiedenen Arten der Wasserlinse. In kleinen Teichen können sie die gesamte Wasseroberfläche bedecken und so die Primärproduktion der Algen vermindern. Darüber hinaus kann der Besatz mit jungen Karpfen ein abundantes Wachstum des Zooplanktons vermeiden. Verschiedene Besatzdichten wurden im Laufe der Experimente getestet. Die höchsten Nettoerträge sowohl für Karpfen als auch für Silberkarpfen wurde bei Besatzdichten von insgesamt 1 000 kg/ha und einer Zusammensetzung von 35%:50%:15% (ergänzt mit Graskarpfen) erzielt. Das Gewicht der zum Besatz verwendeten Fische bzw. entsprechend ihr Alter beeinflusst die Erträge, da bei einjährigem Fisch ein schnelleres Wachstum als bei größeren Fischen angenommen werden kann. Zweijährige Karpfen können jedoch das Sediment effizienter umwühlen.

6.2.4. Kritische Faktoren für den Betrieb

Klimatische Bedingungen: Die natürliche Reinigung des Wassers funktioniert angemessen bei Wassertemperaturen von 15 bis 30 °C, entsprechend von April bis Oktober in Mittel- und Osteuropa. Die Fischproduktion erfolgt jedoch kontinuierlich über das ganze Jahr. Im Winter ist eine reduzierte Nährstoffreduktion (v.a. Stickstoff) charakteristisch für überstaute künstliche Feuchtgebiete. Deshalb sinkt die Möglichkeit der Befrachtung der künstlichen Feuchtgebiete bei geringeren Temperaturen und eine größere Fläche wird für die Nährstoffreduktion benötigt. Die mechanische Filtration kann ebenso die Nährstofffracht der gelösten Verbindungen reduzieren Fischbesatz: In Teichökosystemen benötigen die eingesetzten Arten und die natürlich vorkommenden Organismen entsprechende Bewirtschaftungsmaßnahmen. Fische sind sehr empfindlich gegenüber geringen Sauerstoffkonzentrationen (<1.5-2.0 mg/l) und erhöhten nichtionisierten Ammoniak-Konzentrationen (>0.3-0.4 mg/l). Wenn die Sonneneinstrahlung permanent durch wolkiges, regnerisches Wetter reduziert ist, kann die photosyntetische Sauerstoffproduktion reduziert sein und dadurch auch der im Wasser gelöste Sauerstoff verringert sein. Höhere Ammoniakkonzentrationen können durch eine Überlastung der Teiche verursacht sein, vor allem bei niedrigen Temperaturen und wenn die Aktivität der nitrifizierenden Bakterien unterdrückt ist. Unterhalb der benötigten gelösten O2-Konzentration wurde das Defizit durch Belüftung oder Frischwasser ausgeglichen. Belüftung und die Zugabe von Frischwasser ermöglicht auch die Reduzierung des nicht-ionisierten Ammoniaks. Regelmäßige (tägliche) Überwachung der O2 und Ammoniak-Konzentrationen und die Berücksichtigung der Wetterbedingungen können eine fatale Verschlechterung der Wasserqualität vermeiden. Algenblüten: Zu Beginn der Vegetationsperiode kann ein übermäßiges Wachstum des Zooplanktons auftreten. Das Zooplankton filtert Schwebstoffe und Phytoplankton aus und produziert dabei selbst eine bemerkenswerte Biomasse. Durch die Zunahme des Planktons kann es jedoch auch zur Abnahme der Sauerstoffkonzentration im Wasser kommen. Um eine ungünstige Entwicklung des Zooplanktons zu vermeiden, kann durch den Besatz mit Jungfischen oder durch Filtration die Biomasse des Zooplanktons vermindert werden. Blaualgenblüten wurden in den zur Behandlung des Ablaufwassers genutzten Teichen nicht beobachtet.

Reduktion

Temperatur- intervall des

Wassers

N P VSS CSB

kg/ha/Tag

10-15 ºC 2.96 0.36 19.48 18.99 15-20 ºC 5.71 0.37 18.68 30.92 20-25 ºC 7.41 0.75 37.66 44.46

Tabelle 10: Spezifische Reduktionsraten für die künstlichen Feuchtgebiete bei unterschiedlichen Systemen

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Wasserlinse: In stehenden Gewässern können unterschiedliche Arten der Wasserlinse auftreten und unter optimalen Bedingungen zu einer übermäßigen Vermehrung kommen. Wenn die Wasserlinse die gesamte Teichfläche bedeckt, wird die Entwicklung des Phytoplanktons behindert, was im Wasser zu anaeroben Bedingungen führen kann. Da für die Behandlung des Ablaufwassers aerobe Bedingungen angestrebt werden, wird empfohlen, die Wasserlinse von allen Teichen zu entfernen. Die beste Lösung für die Kontrolle der Wasserlinse ist in Fischteichen der Besatz mit Graskarpfen, der die Wasserlinse frisst und so in Fischbiomasse umwandelt. In den Makrophytenteichen wird die manuelle Entfernung der Wasserlinse ebenfalls empfohlen, um den Anteil der offenen Wasserfläche zu erhöhen. Anreicherung: Eine mäßige Anreicherung mit Schlamm wurde im Einlaufbereich der zu behandelnden Ablaufwässer in den Schönungsteichen nach längerem Betrieb (15-20 Jahre) beobachtet. Dieser Schlamm muss dann entfernt werden.

6.2.5. Gestaltung des vorgeschlagenen künstlichen Feuchtgebietes

Auf der Grundlage der vorhandenen Ergebnisse und der berechneten täglichen Frachten, die von einer Fischzucht mit einer jährlichen Kapazität von 300 t emittiert werden, wird ein künstliches Feuchtgebiet von 12 ha Fläche empfohlen. Die Größe und Struktur des Systems ist dafür ausgelegt, eine zuverlässige Behandlung auch im Winter sicherzustellen und die Qualität des ablaufenden Wassers zu verbessern. Die Anlage mehrerer paralleler Teiche erhöht die Flexibilität des Systems, da im Winter eine größere Fläche als im Sommer zur Behandlung benötigt wird, um die Grenzwerte einzuhalten (siehe Abb. 5). Die Untersuchung des Anteils der verschiedenen Feuchtgebietstypen an der Entfernung der Nährstoffe ergibt ein empfohlenes Verhältnis von Schönungsteich zu Fischteich zu Makrophytenteich von 3,5 : 2 : 1. Das vorgeschlagene künstliche Feuchtgebiet besteht deshalb aus:

• Drei Schönungsteichen mit je 2.2 ha,

• Einem Fischteich mit 3.7 ha und

• Einem Makrophytenteich mit 1.8 ha. Der Besatz mit Karpfen in Polykultur wird für den Fischteich empfohlen. Es wird ein Besatzverhältnis von 35% Karpfen (2 sömmrig), 50% Silberkarpfen (einsömmrig) und 15% Graskarpfen mit einer Dichte von 1 000 kg/ha und 50-300 g Gewicht je Fisch. Andere Karpfenarten, etwa Zierfische, können ebenfalls mit der gleichen Besatzdichte verwendet werden. Zu Beginn des Betriebs werden die Teiche mit Flusswasser gefüllt (kein verschmutztes Oberflächenwasser oder Grundwasser). Werden parallel Schönungsteiche verwendet, kann die Trockenlegung und die Bespannung alternativ gehandhabt werden. Entsprechend unserer Annahmen wird einer der drei Schönungsteich während der warmen Monate (von April bis September) nicht in Betrieb sein. Die Bespannung dieses Teiches kann vor oder gleichzeitig mit der Trockenlegung und Bespannung der anderen Schönungsteiche erfolgen. Während des Trockenlegens und der Bespannung eines Schönungsteiches kann die Behandlung des Ablaufwassers in den bereits bespannten Teichen erfolgen. Der Fischteich wird Ende Oktober oder Anfang November abgefischt. Nach dem Abfischen kann wieder Wasser aus dem Schönungsteich in den Fischteich eingeleitet werden. Es wird empfohlen, die Pflanzen im frühen Frühjahr (im März) zu ernten, wenn der Wassergehalt in den oberirdischen Pflanzenteilen am geringsten ist. Es ist sinnvoll, während der Ernte den Wasserspiegel in den Makrophytenteichen zu reduzieren. Es wird angenommen, dass dieses Feuchtgebiet innerhalb eines Jahresungefähr 1 000 - 1 100 kg Phosphor, 7 000 - 8 000 kg anorganischen Stickstoff, und 70 000 - 80 000 kg CSB von dem Ablaufwasser entfernt: Ausgehend von den mittleren Werten der Wasserqualität der Experimente kann die Abwasserabgabe der Welszucht um 34 543 € reduziert werden. Zusätzliche Einnahmen stammen von der Fischproduktion in dem Fischteich und der Produktion von Rohrkolben in den Makrophytenteichen, der als zur Bereitstellung von Bioenergie genutzt werden kann. Entsprechend unserer Berechnung zahlt sich die Investition nach acht Jahren aus. Der Wert des Investition beträgt nach 15 Jahren 102 175 € bei einer jährlichen Abzinsung von 5%. Weitere Berechnungen finden sich in Tabelle 11 auf der nächsten Seite. In der Kosten-Nutzen-Analyse wird angenommen, dass der Energie- und Treibstoffpreis sowie der Marktpreis für Rohrkolben jährlich um 6% steigen. Die Zunahme der Arbeitslöhne wird mit jährlich 3% angenommen, während Preissteigerungen für Fisch und Jungfische mit jährlich 2% berechnet sind.

Schönungs-

teich 2.2 ha

Tiefe 1.2 m

Schönungs-

teich 2.2 ha

Tiefe 1.2 m

Schönungs-

teich 2.2 ha

Tiefe 1.2 m

Fischteich 3.7 ha

Tiefe 1.2 m

Macrophytenteich

1.8 ha Tiefe 0.5 m

Fischzucht

Abb. 5: Vorgeschlagene Struktur des künstlichen Feuchtgebietes zur Behandlung des Ablaufwassers einer Fischzucht zur Produktion von 300 t afrikanischen Welsen pro Jahr.

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2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024

Anlagekosten (Fläche, Teiche, Pumpen, Belüfter)

228 571 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

Kosten für Jungfische 0 4 029 4 109 4 191 4 275 4 361 4 448 4 537 4 628 4 720 4 815 4 911 5 009 5 109 5 211 5 316

Treibstoffkosten (250 l/Jahr)

89 268 284 301 319 338 358 380 403 427 453 480 508 539 571 606

Elektrizitätskosten (35,040 kWh/ Jahr)

0 4 505 4 775 5 062 5 366 5 688 6 029 6 391 6 774 7 181 7 611 8 068 8 552 9 065 9 609 10 186

Arbeitskosten (2,800 Stunden/Jahr)

1 429 7 500 7 725 7 957 8 195 8 441 8 695 8 955 9 224 9 501 9 786 10 079 10 382 10 693 11 014 11 344

Einnahmen durch (2.9 EUR/GJ)

0 3 082 3 267 3 463 3 671 3 891 4 125 4 372 4 634 4 912 5 207 5 520 5 851 6 202 6 574 6 968

Einnahmen durch die Fischproduktion

0 11 986 12 225 12 470 12 719 12 974 13 233 13 498 13 768 14 043 14 324 14 611 14 903 15 201 15 505 15 815

Vermiedene Abwassergebühren 0 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543 34 543

Ergebnis -230 089 33 309 33 142 32 965 32 778 32 580 32 371 32 150 31 917 31 670 31 410 31 135 30 845 30 539 30 216 29 875

Abgezinstes Ergebnis (r=5%) -230 089 31 723 30 061 28 476 26 966 25 527 24 156 22 848 21 602 20 415 19 283 18 204 17 176 16 195 15 261 14 370

Aktueller Wert -230 089 -198 366 -168 306 -139 829 -112 863 -87 336 -63 180 -40 332 -18 729 1 686 20 969 39 173 56 348 72 544 87 805 102 175

Tabelle 11: Kosten-Nutzen-Rechnung des vorgeschlagenen 12 Hektar großen künstlichen Feuchtgebietes (in Tausend HUF, 1 EURO=275 HUF)

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6.3. Kombination von intensiver und extensiver Fischzucht für die nachhaltige Nutzung von Wasser und Nährstoffen (Teich-in-Teich-System)

6.3.1. Allgemeine Beschreibung

Mit der Entwicklung einer umweltfreundlichen Fischproduktion erscheint es, eine naheliegende Lösung zu sein, intensive Aquakultur in Fischteiche zu integrieren. Das Prinzip dieser Methode ist, das Ablaufwasser, das mit organischen und anorganischen Nährstoffen der intensiven Fischzucht befrachtet ist, in einem extensiven Teich zu behandeln. Dort kann ein Teil der Nährstoffe durch unterschiedliche biologische Produktionsprozesse genutzt werden, während der andere Teil sedimentiert. Das behandelte oder gereinigte Wasser wird in den intensiven Teil des Fischteiches zurückgeführt. Die Anwendung solch eines kombinierten Produktionssystems trägt zur ökologischen Nachhaltigkeit und zur Produktion von vermarktbarem Fisch bei. Die Verwendung von Periphyton in der Aquakultur ist eine Technologie für die Steigerung der natürlichen Nahrungsproduktion im Teich und deren Nutzung für die Fischproduktion. Die bessere Ausnutzung der Nährstoffe in Aquakultursystemen zielt auf eine verringerte Belastung der natürlichen Gewässer ab. Die Aquakulturproduktion ist höher in Teichen, die mit Periphytonsubstraten ausgestattet sind als ohne diese. Die zusätzliche Primärproduktion und die benthische Sekundärproduktion der daran gebundenen Lebensgemeinschaften bilden durch die künstlichen Oberflächen ein neues Nahrungsnetz, von dem Teile in der Fischbiomasse enden. Die Beweidung einer zweidimensionalen Periphytonschicht ist mechanisch effizienter als das Filtrieren von Algen in einer dreidimensionalen planktischen Umwelt. Könnten die Algen im Teich auf festen Oberflächen gezüchtet werden und könnten diese von mehr Fischarten genutzt werden, so führte dies zu einer höheren Ausnutzung der Primärproduktion. Die Anwendung von Periphyton in einem extensiven, für die Behandlung von Ablaufwasser errichteten Teich, kann die Reinigungskapazität des Teiches dementsprechend erhöhen. Das übergeordnete Ziel dieser Fallstudie zur Kombination von intensiver und extensiver Aquakultur ist es, traditionellen Karpfenzüchtern zu helfen, ihr Wasser durch die Produktion wertvoller Fischarten in ihren Speicherbecken oder extensiv genutzten Teichen effektiver zu nutzen, ihre Produktion zu diversifizieren und die ökologische Leistung der Fischproduktion zu erhöhen. Das Prinzip der Forschung in diesem Modul basiert auf der Verbindung zwischen intensiven und extensiven Produktionsmethoden und unterschiedlichen Arten, die verschiedene ökologische Nischen im Nahrungsnetz besetzen, innerhalb eines integrierten Systems, so dass bislang ungenutzte Nährstoffe recycelt werden können. Dies führt zu einer höheren Nährstoffnutzung und zu reduzierten Emissionen. Zur gleichen Zeit wird mehr Fischbiomasse je verwendetem Liter Wasser produziert. Der Zweck dieser Untersuchung war es, eine neue Methode zur Produktion von Raubfischen in Teichsystemen zu entwickeln und die Nährstoffnutzung zu erhöhen. Die Ziele der Innovation waren:

1. Steigerung der Produktionskapazität; 2. Diversifizierung der gezüchteten Arten und 3. Recycling der Nährstoffe innerhalb des Produktionssystems.

Mit diesen Zielen lag der Schwerpunkt der Forschung auf:

• Bewertung der möglichen Wiedernutzung von Nährstoffen in kombinierten Aquakultursystemen

• Erforschung unterschiedlicher biotechnologischer Elemente (z. B. Anwendung von Periphyton, Besatz mit Muscheln) auf die zusätzliche Fischproduktion und die Wasserqualität

• Bewertung der Nährstoffbilanz des experimentellen Systems

6.3.2. Grundprinzipien des Moduls

Die Experimente wurden in drei Teichen durchgeführt (Fläche 310 m², Tiefe jeweils 1 m). Diese Teiche wurden als extensive Teilflächen genutzt, während darin in jedem Teich ein Netzkäfig als intensive Teilfläche integriert war (Volumen 10 m³) (siehe Abb. 6). Die Teiche wurden mit unbehandeltem Wasser aus einem Fluss eine Woche vor dem Besatz mit Fischen bespannt. Wasserverluste wurden regelmäßig durch zusätzliches Flusswasser ausgeglichen. Ein Schaufelradbelüfter (0,5 kW) wurde in jedem Teich installiert, um eine ausreichende Sauerstoffversorgung sicherzustellen und eine Wasserzirkulation innerhalb des intensiven und extensiven Teils zu erzwingen. Medikamente und Chemikalien wurden während des ganzen Experimentes nicht verwendet.

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Wasserzufuhr

Wasseraufbereitung Wasseraufbereitung Wasseraufbereitung

300 m2 300 m2 300 m2

Versuchsvariante I. (IES/1) Versuchsvariante II. (IES/2) Versuchsvariante III. (IES/3)

: Schaufelradbelüfter : Richtung der Wasserzirkulation

Inte

nsiv

er T

eil

Inte

nsiv

er T

eil

Inte

nsiv

er T

eil

Ausschließlich Fischbesatz

Periphyton

Fischbesatz

Periphyton

Fischbesatz + Muscheln (2007)

Abb. 6: Schema der Versuchsanordnung

Alle Teiche wurden bezüglich der Fütterung und dem Fischbesatz gleich behandelt. Als Futter wurden Pellets (45% Rohprotein, C:N-Verhältnis 6) täglich über Fütterungsautomaten im intensiven Teil verabreicht, während in dem extensiven Teil nicht gefüttert wurde. Die Gestaltung der extensiven Teiche war der einzige Unterschied zwischen diesen Systemen, in denen der Einfluss des Periphytons und des Muschelbesatzes auf die Wasserqualität, die Fischerträge und die Nährstoffnutzung getestet wurden. Die durchschnittliche Futtermenge betrug 0,5 g N/m²/d im Jahr 2007 und 1,2 g N/m²/d 2008 (siehe Tabelle 12). Die einzige Nährstoffquelle des Systems war das Fischfutter, das in dem intensiven Teil verwendet wurde. Die zusätzliche Oberfläche für die Entwicklung des Periphytons entsprach 0, 100 und 200% der Teichfläche (entsprechend 0, 1 und 2 m² Periphytonfläche je m² Teichfläche) (siehe Tabelle 13).

Stickstoff Phosphor Organischer Kohlenstoff

Mittel Maximum Mittel Maximum Mittel Maximum

2007 0.51 0.72 0.08 0.12 3.1 4.4

2008 1.2 1.8 0.19 0.28 7.3 10.6

Tabelle 12: Tägliche Futtermenge des Teich-in-Teich-Moduls

IES/1 IES/2 IES/3

Mittlere Futtermenge 0.5 g N/m2/Tag (2007) Kein Periphyton P 1 m2/m2 P 1 m2/m2 +

Besatz mit Muscheln

Mittlere Futtermenge 1.2 g N/m2/Tag (2008) Kein Periphyton P 1 m2/m2 P 2 m2/m2

P: zusätzliche Periphytonoberfläche

Tabelle 13: Versuchsanordnung

Betrieb des Systems im Jahr 2007

In den intensiven Teilen wurde europäischer Wels (Silurus glanis L.) gezüchtet und mit Pellets gefüttert. Der anfängliche Fischbesatz betrug 100 kg (10 kg/m³), während in den extensiven Teilen Karpfen (Cyprinus carpio L.) und Nilbuntbarsch (Oreochromis niloticus L.) mit einer Besatzdichte von 60 kg (Besatzverhältnis 1:1) ohne Futtergabe gezüchtet wurde. In dem dritten Teich wurden zusätzlich Süßwassermuscheln (Schwanenmuscheln, Anodonta cygnea L.) eingesetzt mit einer Dichte von 1 Muschel je m² (Größe 109±69 g/Tier). Die Muscheln wurden in Kunststoffnetzen 10 cm über dem Teichboden aufgehängt. 10 Muscheln wurden in jedem Beutel platziert und insgesamt wurden 30 Beutel ausgebracht. In zwei Teichen (IES/2 und IES/3) wurde die Produktivität des extensiven Teils durch die Entwicklung von Periphyton auf künstlichen Oberflächen verbessert, während in der Kontrolle (IES/1) keine zusätzlichen Oberflächen eingebracht wurden. Als Substrat wurden Weidenzweige verwendet. Die Oberfläche der Weide besaß etwa 300 m² je Teich, entsprechend der ungefähren Teichoberfläche des gesamten Teiches. Die Oberfläche der Zweige nahm jedoch kontinuierlich während des Betriebes ab und betrug zum Ende der Saison nur noch ungefähr 70 m². Das experimentelle System war über 22 Wochen vom 10. Mai bis zum 11. Oktober 2007 in Betrieb.

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Betrieb des Systems im Jahr 2008

Im zweiten Betriebsjahr wurde die Besatzdichte des intensiven Teils auf 20 kg/m³ verdoppelt im Vergleich zu 2007, und damit auch die mittlere Futtermenge auf 1,2 g N/m²/da erhöht. Für den sichereren Betrieb wurde der intensive Teil mit afrikanischem Wels (Clarias gariepinus L.) als Modellfisch bestockt, der robuster als der europäische Wels (Silurus glanis L.) ist. Das Experiment des Teiches IES/3 wurde 2008 geändert, indem kein Besatz mit Muscheln vorgenommen wurde, dafür aber die künstliche Oberfläche auf 600 m² erhöht wurde (2 m² zusätzliche Oberfläche je m² Teichoberfläche). Der Grund für den Verzicht auf die Muscheln war die hohe Mortalität der Muscheln im ersten Jahr, weshalb die Nährstoffanreicherung in den Muscheln nicht so hoch wie erwartet ausfiel. Zusätzlich traten in dem Teich Probleme mit Parasiten auf, die eine hohe Mortalität bei den Fischen im intensiven Teil zur Folge hatte. Im zweiten Jahr des Experiments wurden auch künstliche Kunststoffoberflächen statt der Weidenzweige verwendet, da deren Oberfläche über die Zeit konstant bleibt. Der Betrieb dauerte 16 Wochen an, vom 21. Mai bis zum 10. September 2008. In beiden Jahren war der Nettofischertrag des gesamten Systems (intensiver und extensiver Teil zusammen) am höchsten in den Teichen, in denen die Periphyton-Fläche 100% der Teichoberfläche betrug (siehe Tabelle 14).

6.3.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Energieeffizienz

Es wurde nur elektrische Energie zum Mischen und Belüften des Wassers mit Hilfe eines Schaufelradbelüfters (Leistung 0,5 kW) während des Betriebs verwendet. Der elektrische Energieverbrauch dominierte den Gesamtenergie-verbrauch, bei dem der Treibstoffverbrauch lediglich 2-3% ausmacht. Der tägliche Energie-bedarf betrug 12,2 kWh 2007 und 12,4 kWh in 2008. Der Energieverbrauch für die Fisch-produktion ist in Tabelle 15 zusammengefasst. Der spezifische Energieverbrauch war 2007 wesentlich höher als 2008 aufgrund der geringeren Fischerträge im ersten Jahr der Forschung. Die Energieeffizienz wurde durch die zusätzliche Fischproduktion in dem extensiven Teil um 35% im Jahr 2007 und um 21% im zweiten Jahr gesteigert.

Wasserzulauf/ Wasserablauf

Die Teiche wurden mit Frischwasser von einem nahe gelegenen Arm des Flusses Körös bespannt (siehe Tabelle 16). Die Verdunstung und Versickerung wurden regelmäßig während des Experimentes ausgeglichen. Während des Betriebs wurde kein Ablaufwasser an die Umwelt abgegeben, das Wasser floss lediglich während des Trockenlegens der Teiche zum Abfischen ab.

Nährstoffnutzung

Die absoluten Nährstoffzufuhren (Fischbesatz, Zulaufwasser, Fischfutter) und Nährstoffausträge (entnommener Fisch, Wasserablauf beim Trockenlegen) sind in Tabelle 17 zusammengefasst. Die Hauptnährstoffquelle war das Fischfutter, das 80 % der Gesamteinträge an Stickstoff ausmachte, 75% des Phosphors und 85% des Kohlenstoffes. Der Nährstoffrückhalt betrug im Jahr 2008 6 300 kg/ha für organischen Kohlenstoff, 1 000 kg/ha für Stickstoff und 180 kg/ha für Phosphor. Die Nährstofffracht war 2008 höher als im vorherigen Jahr. Die zurückgehaltenen Nährstoffe entsprechen im Mittel 65 % bzw. 57 % des Stickstoffs, 66 % und 58 % des Phosphors und 75 % bzw. 64 % des organischen Kohlenstoffes für die Jahre 2007 bzw. 2008. Das kombinierte System konnte 1 400 kg/ha an Stickstoff aus dem Fischfutter verarbeiten.

IES/1 IES/2 IES/3

2007 Intensiver Teil 3 173 5 747 2 747

Extensiver Teil 3 619 2 078 4 044

Gesamtsystem 6 792 7 825 7 083

2008 Intensiver Teil 13 221 12 788 12 811

Extensiver Teil 2 789 5 048 2 718

Gesamtsystem 16 010 17 837 15 529

Tabelle 14: Nettofischertrag in IES (kg/ha)

IES/1 IES/2 IES/3

2007 Energieverbrauch 1857 1857 1857

EV intensiver Teil (kWh/kg)

18,8 10,4 21,6

EV Gesamtsystem (kWh/kg)

8,76 7,61 8,40

2008 Energieverbrauch 1384 1384 1384

EV intensiver Teil (kWh/kg)

3,35 3,47 3,46

EV Gesamtsystem (kWh/kg)

2,76 2,48 2,85

EV: Energieverbrauch für die Fischproduktion (kWh/kg Netto-Fischproduktion)

Tabelle 15: Energieverbrauch des Moduls (kWh)

IES/1 IES/2 IES/3

2007 Wasserzulauf 735 518 848

Wasserablauf 248 242 225

WV (m3/kg Fisch) 3.5 2.1 3.8

2008 Wasserzulauf 956 890 850

Wasserablauf 245 256 260

WV (m3/kg Fisch) 1,9 1,6 1,8 WV: Wasserverbrauch für die Fischproduktion (Wasseraufnahme je kg Fisch)

Tabelle 16: Wasserbilanz des Moduls (m3)

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IES/1 IES/2 IES/3

N P C N P C N P C

2007 Zufuhr (kg/ha) 930 160 5400 930 150 5400 950 160 5500

Austrag (kg/ha) 330 55 1200 350 59 1600 310 55 1300

Rückhalt (%) 65 65 78 63 67 72 67 65 76

2008 Zufuhr (kg/ha) 1790 310 9700 1800 320 9700 1800 310 9700

Austrag (kg/ha) 760 130 3100 840 140 3900 720 130 3200

Rückhalt (%) 58 60 67 53 55 59 60 60 67

Tabelle 17: Partielle Nährstoffbilanz in den Versuchsteichen

Die Nährstoffnutzung der Fischproduktion in diesem Modul, ausgedrückt in Prozent der mit dem Fischfutter zugeführten Nährstoffe, wird in Tabelle 18 dargestellt. Die kombinierte Fischproduktion führte zu einer höheren Proteinnutzung von 26%. Durch das zusätzliche Periphyton konnte dieses Verhältnis 2008 auf 40 % gesteigert werden. Die gesamte Nährstoffnutzung für die Fischproduktion war in den Teichen mit 100 % zusätzlicher Periphytonfläche in Bezug zur Teichfläche in beiden Jahren am höchsten. Die Nährstoffnutzung in den Teichen mit der höchsten Periphytonfläche war hingegen geringer. Dies zeigt, dass der Anteil von 100% zusätzlicher Periphytonoberfläche ausreichend ist, um die Metaboliten der Futtermenge von 1,8 g N/m²/d zu nutzen. Der mittlere Futterquotient betrug 3,3 (2007) bzw. 1,6 (2008). Mit der kombinierten Produktion konnte der Futterquotient um 51% bzw. 44% (auf 1,6 und 0,9) durch den zusätzlichen Fischertrag des extensiven Teils erhöht werden.

PO 0% PO 100%

PO 100%+M (2007), PO 200% (2008)

N P C N P C N P C

2007 Intensiv 8.5 7.8 5.6 17 17 11 6.4 5.6 4.1

Extensiv 11 13 7.8 6.5 6.9 4.2 13 17 9.2

Gesamt 20 21 13 24 24 16 19 24 13

2008 Intensiv 23 23 16 22 22 15 22 22 15

Extensiv 6.1 3.3 4.4 10 8.9 7.3 5.9 3.3 4.2

Gesamt 29 26 20 33 31 22 28 25 19 PO: Periphytonoberfläche, M: Muscheln

Tabelle 18: Nährstoffakkumulation der Fischbiomasse in Prozent der Futterzufuhr (%)

Aus den Versuchsteichen wurden pro 1 kg Fischbiomasse 2,6-8,3 g Stickstoff, 0,20-0,53 g Phosphor und 9-46 g organischer Kohlenstoff emittiert (siehe Tabelle 19). Ein Effekt der zusätzlichen Periphytonoberfläche und der Futtermenge auf den Nährstoffgehalt des Ablaufwassers konnte nicht gefunden werden. Nur die Stickstoffkonzentration war im Ablauf geringer bei einer auf 200% erhöhten Periphytonoberfläche.

IES/1 IES/2 IES/3

N P C N P C N P C

2007 8.3 0.48 9.2 5.1 0.48 30 5.1 0.32 25

2008 4.2 0.20 16 5.8 0.53 46 2.6 0.27 20

Tabelle 19: Nährstoffemission der Fischproduktion in den Versuchsteichen (g/kg Netto-Fischertrag)

Bei Betrieb des Wasseraufbereitungssystems kommt, neben der Nährstoffaufnahme durch Algen und dem bakteriellen Abbau, dem Verbrauch der heterotrophen Organismen und den Denitrifikationsprozessen eine wichtige Rolle zu. Schließlich ist die Regulation des Sauerstoffsystems durch die künstliche Belüftung von Bedeutung, um aerobe Bedingungen und damit eine wirksame Nährstoffentfernung während der Wasserbehandlung aufrecht zu erhalten. Das Experiment einer intensiven Fischzucht mit einem extensiven Fischteich im Pilotmaßstab zeigte die Anwendbarkeit eines solchen Systems. Das kombinierte System konnte einen signifikanten Teil der zusätzlichen Nährstoffe von der intensiven Fischzucht verarbeiten. Das Maximum der wiederverwendeten überschüssigen Nährstoffe durch die zusätzliche Fischproduktion entsprach 13% des Stickstoffs, 17% des Phosphors und 9% des organischen Kohlenstoffes. Die Effizienz des extensiven Teils wurde durch das Periphyton verbessert, das sich auf den künstlichen Oberflächen entwickelte, da das Periphyton von einigen Fischen als Nahrung genutzt werden kann. Der Gehalt an Trockenmasse des Periphytons war signifikant höher in den Proben, die an den Stäben mit der zusätzlichen Oberfläche weiter oben gesammelt wurden als Proben, die vom unteren Teil entnommen

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wurden. Im Vergleich der jährlichen mittleren Mengen der Trockenmasse des Periphytons waren keinen signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Teichen zu finden. Dennoch führte die größere Aufnahme des Periphytons durch die Fische zu einem höheren Fischertrag in den extensiven Teilen. Durch die Kenntnisse der quantitativen und qualitativen Änderungen des Periphytons kann nun detailliertes Wissen über die Funktionsweise des Systems, die Nährstoffkreisläufe und den Energiefluss im aquatischen Ökosystem abgeleitet werden. Daraus ergeben sich Möglichkeiten, die Effizienz des Systems zu erhöhen und dies anwendbar für den Betrieb und die weitere Technologieentwicklung zu machen. Untersuchungen über die Nährstoffbilanz des Systems zeigten, dass eine angemessene Größe des extensiven Fischteiches die Ablaufwässer der intensiven Fischzucht wirksam behandeln kann und die erneute Wassernutzung für eine zusätzliche Fischproduktion möglich macht.

Arbeitsproduktivität und ökonomische Nachhaltigkeit

31,3 bzw. 37,3 Arbeitsstunden wurden für die Fischproduktion in jeder Versuchseinheit benötigt. Der durchschnittliche Arbeitsaufwand betrug entsprechend 0,13-0,15 Stunden/kg netto Fischertrag im Jahr 2007 und 0,07-0,08 Stunden im Jahr 2008. Da in beiden Jahren des Betriebs gezeigt werden konnte, dass das Teilsystem IES/2 die beste Leistung zeigte, kann gefolgert werden, dass die Verwendung von 1 m² zusätzlicher Oberfläche für Periphyton je m² Teichfläche auch zur höchsten ökonomischen Rentabilität führt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zucht des Afrikanischen Welses (2008) rentabler als die Zucht des Europäischen Welses ist (2007).

6.3.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die Ergebnisse zeigen, dass die Kombination intensiver und extensiver Fischzuchtsysteme ein wirksamer Ansatz zur Reduktion der Umweltbelastung durch intensive Fischzuchten ist und zur Steigerung der extensiven Fischzucht als zusätzlichem Nebeneffekt dienen kann. Die Effizienz des extensiven Teils kann durch die Kultivierung des Periphytons auf künstlichen Oberflächen erhöht werden. Die kombinierte Fischproduktion führte zu einer höheren Proteinnutzung von 26%; mit zusätzlichem Periphyton sogar um 40%. Diese auf den Oberflächen basierenden Lebensgemeinschaften ermöglichen ein zusätzliches Nahrungsnetz, und ein Teil der zusätzlichen Nährstoffe findet sich als Fischbiomasse wieder. Die Wasserqualität ist für das Fischwachstum geeignet. Generell betragen die Fischerträge etwa 1 t/ha in traditionellen Teichen, während in kombinierten Teich-in-Teich-Systemen bis zu 20 t/ha möglich sind. Trotzdem sind die Nährstoffemissionen von den traditionellen Fischteichen sehr gering aufgrund der verbesserten Nährstoffausnutzung.

6.3.5. Vorteile der Anwendung

Die Kombination der intensiven und extensiven Aquakultur nutzt die Vorteile sowohl der traditionellen Teichwirtschaft als auch der intensiven Fischzucht-systeme. Wertvolle Raubfischarten können in dem intensiven Teil des Systems produziert werden, während die Integration eines extensiven Teiches zur Behandlung des Ablaufwassers zu einer reduzierten Nährstofffracht in die Umwelt und zu einer gesteigerten Nährstoffnutzung in der Fischproduktion führt. Die intensive Zucht kann in Netzgehegen oder in im Teich schwimmenden Tanks durchgeführt werden, die im extensiven Teich platziert werden. In dem intensiv bewirtschafteten Teil des Systems können wertvolle Raubfische unter kontrollierten Bedingungen produziert werden und zusätzlich gefüttert werden. Das nicht gefressene Futter sowie die metabolischen Reststoffe können in dem extensiven Teil genutzt werden und die Fischerträge steigern. Im Vergleich zur Effizienz der Nährstoffnutzung von etwa 20-25% in den meisten intensiven Fischzuchten kann diese auf 30-35% in den integrierten Teichsystemen gesteigert werden. Dies führt zudem zu einer geringeren Nährstoffbelastung der die Ablaufwässer aufnehmenden natürlichen Gewässer. Die Anwendung der kombinierten Teich-in-Teich-Systeme kann zu einer besseren Nutzung der Wasserressourcen und zur Nachhaltigkeit der Aquakultur beitragen. Die Ergebnisse der Fallstudie zeigen, dass die Kombination der intensiven Aquakultur mit extensiven Fischteichen die Effizienz der Nährstoffnutzung verbessert. Die wichtigsten Nachhaltigkeitsindikatoren sind in Tabelle 20 zusammengefasst.

IES/1 IES/2 IES/3

Energieverbrauch für die Fischproduktion (kWh/kg)

Intensiver Teil 3,4 3,5 3,5

Gesamtsystem 2,8 2,5 2,9

Wasserverbrauch für die Fischproduktion (m3/kg)

Wasserzufuhr 1,8 1,6 1,6

Wasserablauf 0,5 0,4 0,5

Nährstoffverlust je kg produziertem Fisch (g/kg)

N 4,2 5,8 2,6

P 0,20 0,53 0,27

C 16 46 20

Nährstoffrückgewinnung durch die zusätzliche Fischproduktion (% der Nährstoffzufuhr)

N 6,0% 10% 5,8%

P 3,2% 8,6% 3,2%

C 4,3% 7,2% 4,1%

Tabelle 20: Nachhaltigkeitsindikatoren des Moduls 2008

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6.4. Von der Fallstudie zur Fischzucht: Entwurf eines theoretischen kombinierten Systems

6.4.1. Generelle Technologie

Die Anwendung der hier vorgestellten Teich-in-Teich-Technologie ist einfach: ein abgeteilter Teil für die intensive Produktion platziert in einem traditionellen Fischteich. Netzgehege oder Tanks können als intensiver Teil genutzt werden, der in enger Wechselwirkung mit dem Fischteich betrieben wird. Der Fischteich wirkt als biologischer Filter und behandelt die Reststoffe aus dem intensiven Teil. Die Fischerträge in dem extensiven Fischteich können durch die Bereitstellung einer zusätzlichen Oberfläche für den vermehren Aufwuchs von Periphyton gesteigert werden. Basierend auf den Ergebnissen war die zusätzliche Fischproduktion bei einer zusätzlichen Periphytonoberfläche von 100% bezogen auf die Teichfläche am Höchsten. Der Schlüssel für den sicheren Betrieb des Systems ist der Ausgleich zwischen der Nährstofffracht des intensiven Teils und der Wasseraufbereitungskapazität des extensiven Teiches. Wenn eine ausreichende Größe für den extensiven Teich gegeben ist, kann eine angemessene Wasserqualität für die Fischzucht aufrecht erhalten werden und die Nährstoffverluste an die natürlichen Gewässer können minimiert werden. Schaufelradbelüfter können zu einer adäquaten Wasserzirkulation zwischen dem intensiven und extensiven Teil beitragen und einen optimalen Sauerstoffgehalt gewährleisten. Das Teichsystem funktioniert als geschlossenes System; während der Zuchtperiode werden keine Ablaufwässer an die Umwelt abgegeben. Nur während des Abfischens werden die Teiche trocken gelegt und das Wasser aus den Teichen abgelassen. Nur die Verdunstung und die Versickerung sollten regelmäßig ausgeglichen werden. Die Verdunstung ist in einem kontinuierlich belüfteten System größer als in den traditionellen Fischteichen; für den Ausgleich des Wasserverlustes muss jährlich mit 150% des Teichvolumens gerechnet werden.

Vorteile Nachteile

Einfache Technologie mit niedrigen Investitions- und Betriebskosten

Weniger kontrollierbare Produktionsbedingungen (z.B. Temperaturschwankungen)

Verbesserte Nährstoffverwertung und zusätzliches Einkommen durch zusätzliche Fischproduktion

Wasserqualität wird primär durch natürliche biologische Prozesse beeinflusst

Geringe Nährstoffeinträge in natürliche Gewässer Beschränkte Wachstumsperiode (von April bis Oktober in Ungarn)

Geringer Energieverbrauch für die Fischproduktion Überwinterung der Fische muss gelöst werden

Geringerer Wasserverbrauch im Vergleich zu anderen Teichwirtschaften

Durch die konzentrierte Produktion werden Verluste durch Raubtiere reduziert

Tabelle 21: Pro und Kontra der Anwendung einer Kombination von intensiver und extensiver Aquakultur

6.4.2. Planungsparameter

Die maximale Futtermenge des Systems beträgt 1,8 g N/m²/d (dies entspricht der Anwendung von Fischfutter, das 11,2 g Rohprotein enthält oder 2 kg Fischbesatz in dem intensiven Teil). Als Fischbesatz wurde eine Karpfenpolykultur in dem extensiven Teil vorgeschlagen, basierend auf dem Karpfen als omnivorem Grundfisch zusammen mit Filtrierern, wie z. B. Tilapia oder Silberkarpfen. Wird eine Karpfen-Monokultur im extensiven Teil verwendet, so wird eine Altersmischung empfohlen (ein- und zweisömmerige Karpfen). Der erwartete Nettofischertrag liegt bei 18 t/ha mit einer zusätzlichen Periphyton-Produktion (13 t/ha von der intensiven Produktion und 5 t/ha entstammen dem extensiven Fischteich), und 16 t/ha ohne die Bereitstellung zusätzlicher Oberflächen für das Periphyton (13 t/ha von dem intensiven und 3 t/ha von dem extensiven Teil). Die empfohlene zusätzliche Oberfläche für das Periphyton entspricht 100% der Teichoberfläche. Unsere Ergebnisse belegen, dass die Wirksamkeit des extensiven Teils durch die Entwicklung des Periphytons auf künstlichen Oberflächen gesteigert werden kann. Die kombinierte Fischproduktion führt zu einer 25% höheren Proteinnutzung als in der einer intensiven Aquakultur ohne extensiven Teil; mit der Oberfläche für Periphyton kann dieser Anteil auf bis zu 40% gesteigert werden. Der Sauerstoffbedarf des Produktionssystems ist höher als das traditioneller Teichwirtschaften aufgrund der hohen Nährstofffracht und des Fischbesatzes. Die Gesamtrate des Sauerstoffbedarfs beträgt 1,5 g O2/m

2/Stunde und entstammt der Sauerstoffproduktion der Algen tagsüber. Ein zusätzlicher Sauerstoff-

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eintrag ist während der Nachtstunden erforderlich. Schaufelradbelüfter können genutzt werden, um ausreichende Sauerstoffkonzentrationen vorzuhalten und die Wasserzirkulation im Gewässer zu erzwingen. Entsprechend unserer Berechnungen genügt insgesamt die Leistung von 1 kW, um den Sauerstoffgehalt in 1500 bis 2000 m² Teichfläche während der Nachtstunden mit einem Schaufelradbelüfter aufrecht zu erhalten. Tagsüber, besonders in den den sonnigen Stunden, ist die Hauptfunktion der Belüfter eine ausreichende Wasserzirkulation zwischen dem intensiven und extensiven Teil des System zu erhalten, um die Rückstände des intensiven Teils fortzuspülen. Die Durchmischung ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Algen in der Wassersäule umgewälzt werden, um die Primärproduktion zu verbessern. Die adäquate Geschwindigkeit der Wasserzirkulation beträgt 5-10 cm/s.

6.4.3. Kritische Faktoren für den Betrieb

Das größte Risiko des Betriebs ist eine ungleichmäßige Reinigungsfunktion durch unvorhersehbare Schwankungen der Phytoplanktonbiomasse und der Zusammensetzung der Planktonarten in den Behandlungsteichen. Deshalb sind die wichtigen Faktoren für die Praxis die homogene Durchmischung des Wassers des Behandlungsteiches und die Aufrechterhaltung ausreichender Sauerstoffkonzentrationen, um den Sauerstoffbedarf für Fische, Nitrifikation und Zersetzungsprozesse sicherzustellen. Die kritische Sauerstoffkonzentration beträgt 4 mg/l. Sie ist auch von Bedeutung, um permanent anaerobe Bedingungen in dem System zu vermeiden. Der Gesamt-Ammonium-Stickstoff und die Nitrit-Stickstoff-Konzentration sollten unter 0,5 mg/l liegen. Das Auftreten höherer Ammoniumkonzentrationen weist auf eine unzureichende Nitrifizierung hin oder auf eine Überlastung des Systems. In den Fällen eines zu hohen Ammoniumgehaltes sollte die Futtermenge reduziert und die künstliche Belüftung intensiviert werden, bis die Ammonium- und Nitritkonzentrationen auf akzeptable Werte zurückgehen. Um die Akkumulation von Nährstoffen im Sediment zu vermeiden ist eine periodische Belüftung durch Trockenlegung erforderlich. Es wird empfohlen, den Teich im Winter trocken zu lassen, da die Mineralisation von Stickstoff und organischem Kohlenstoff während dieser Zeit stattfinden kann. Darüber hinaus reduziert die Trockenphase das Auftreten von Parasiten und anderen Krankheitserregern. Die Futtermengen müssen an die Temperaturschwankungen angepasst werden.

6.4.4. Entwurf einer theoretischen Fischzucht mit einer Produktionskapazität von 80 t/Jahr

Eine theoretische Fischzucht mit einem erwarteten Bruttoertrag von etwa 50 t intensiv produziertem Raubfisch sowie 30 t Karpfen ist nachfolgend beschrieben. Mit einem erwarteten Profit von 22.000 € (6.2 Millionen HUF) kann sie als Klein- oder Familienbetrieb charakterisiert werden (siehe Tabelle 22). Basierend auf den Ergebnissen der Experimente und unter Berücksichtigung ökonomischer Überlegungen, schlagen wir den Aufbau eines 2,5 ha großen Teich-in-Teich-Systems vor. Das System besteht aus zwei Teichen, die beide je vier Netzgehege für die intensive Zucht von Raubfischen beinhalten (Besatzdichte: 20 kg/m³, Futterquotient 1,5). In dem extensiven Teil des Teiches ist es ratsam, Karpfen ohne zusätzliche Fütterung zu züchten (Besatzdichte 6 t/ha). Es sollte zusätzliche Oberfläche bereitgestellt werden, um ein zusätzliches Wachstum von Periphyton zu ermöglichen (10 000 m² Oberfläche/Hektar). Das Wasser sollte mit vier Schaufelradbelüftern in jedem Teich in Bewegung gehalten (jeweils 2 kW).

Intensiver

Teil Extensiver

Teil Kombination

Intensiver Teil

Extensiver Teil

Kombination

Besatz Abfischung

gesamt (t) 16 15 31 gesamt (t) 50 27.5 77.5

Einheit 2 t/ Netz-gehege (100 m2)

7.5 t/ Teich (1.25 ha)

Einheit

6.25 t/ Netz-gehege (100 m2)

15 t/ Teich (1.25 ha)

ha (t/ha) 6.4 6 12.4 ha (t/ha) 20 13.75 31

FQ 1.5 - 1.0 Nettoertrag

Futterverbrauch 51 t - 51 t gesamt (t) 34 t 12.5 46.5

ha (t/ha) 13.6 5 18.6

Tabelle 22: Fischbesatz und Erträge der theoretischen Fischzucht

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in Ungarn

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Abb. 7: Schematische Darstellung der theoretischen Fischzucht

Die berechneten Investitionskosten erlauben den Kauf von 3,5 ha Land (5000 €, 1,4 Mio. HUF), die Anlage einer 2,5 ha großen Teichfläche (54 000 €, 15 Mio. HUF) mit einem 800 m³ großen Netzgehege (3 000 €, 0,8 Mio. HUF), das Einbringen künstlichen Substrats für das Periphyton (4 000 €, 1,2 Mio. HUF) und die Bereitstellung notwendiger Materialien für den Start (2 000 €, 0,6 Mio. HUF). Weitere Berechnungen sind der folgenden Tabelle zu entnehmen. In der Kosten-Nutzen-Analyse wird von konstanten Preisen ausgegangen. Die Investitionskosten sind im vierten Jahr zurückgezahlt, während der aktuelle Investitionswert bei einer 10%igen Abschreibungsrate 74 000 € (20,7 Mio. HUF) nach zehnjährigem Betrieb ausmacht.

* 1 Euro = 275 HUF (13.05.2009)

Tabelle 23: kosten-Nutzen-Analyse einer theoretischen Fischzucht (EUR, die Kalkulation basiert auf einem Wechselkurs von 280 EUR/HUF)

0. Jahr 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 5. Jahr 6. Jahr 7. Jahr 8. Jahr 9. Jahr 10. Jahr

Investition 67 857

Verbleibender Wert nach 10 Jahren 17 857

Futterkosten 36 643 36 643 36 643 36 643 36 643 36 643 36 643 36 643 36 643 36 643

Saatkosten 62 857 62 857 62 857 62 857 62 857 62 857 62 857 62 857 62 857 62 857

Arbeitskosten 7 857 7 857 7 857 7 857 7 857 7 857 7 857 7 857 7 857 7 857

Energiekosten und Wassergebühren 6 714 6 714 6 714 6 714 6 714 6 714 6 714 6 714 6 714 6 714

Gesamtkosten 114 071 114 071 114 071 114 071 114 071 114 071 114 071 114 071 114 071 114 071

Gesamtertrag 136 071 136 071 136 071 136 071 136 071 136 071 136 071 136 071 136 071 136 071

Cashflow -67 857 22 000 22 000 22 000 22 000 22 000 22 000 22 000 22 000 22 000 39 857

Diskont. Cashflow (r=10%) -67 857 20 000 18 182 16 529 15 026 13 660 12 418 11 289 10 263 9 330 15 367

Kumulat. diskont. Cashflow -67 857 -47 857 -29 675 -13 146 1 880 15 540 27 959 39 248 49 511 58 841 74 208

Gesamtteichoberfläche 1,25 ha

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Intensive Fisch- produktion

100 m2

Gesamtteichoberfläche: 1,25 ha

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in Polen

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7. Verbesserte natürliche Produktion in extensiven Fischteichen – Fallstudie in Polen

7.1. Neue Fischarten und Methoden in der Karpfenteichwirtschaft: Modul POLYKULTUR

7.1.1. Allgemeine Beschreibung

Die Mehrheit der Teichwirtschaften in Polen wird als Monokultur mit Karpfen betrieben. Andere Fischarten, die zusammen mit Karpfen in Polykultur produziert werden, haben wegen schwacher Nachfrage nur einen geringen Marktwert. Daher lassen sich wirtschaftliche Verluste, die durch eine schrumpfende Nachfrage nach Karpfen entstehen, wegen der geringen Diversifizierung der Produktion nicht auffangen. Zudem sind Monokulturen im Hinblick auf die Nährstoffnutzung nicht effizient. Eine Möglichkeit zur Steigerung der Rentabilität der Karpfenteichwirtschaften und zur Senkung der negativen Umweltauswirkungen sind neue Arten, die in Polykultur gehalten werden. Die Einführung neuer Fischarten würde das Produktangebot der Teichwirtschaften vergrößern und sie in die Lage versetzen, mit anderen Fischproduzenten besser zu konkurrieren. In der Polykultur der Karpfenteichwirtschaft wäre der Ersatz der pflanzen- und planktonfressenden Cypriniden die vernünftigste Lösung. Der amerikanische Löffelstör (Polyodon spathula) könnte eine geeignete Art für diese Nahrungsnische darstellen, wie die Auswertung der Literatur und erste praktische Erfahrungen zeigten. Der Löffelstör ist ein störartiger Fisch. Sein natürlicher Lebensraum sind langsam fließende Flüsse in der gemäßigten Zone von Nordamerika. Im Verlauf seines Lebens ernährt sich der Löffelstör, im Unterschied zu anderen Störarten, ausschließlich von Planktonorganismen und erreicht eine Länge von 2 m. Er wird wegen des Geschmacks seines Fleischs und seines Rogens sehr geschätzt. Während der 1980er Jahre wurde der Löffelstör nach Polen importiert, konnte sich aber bisher am Markt nicht durchsetzen. Der Löffelstör ist ein Filtrierer und bietet sich wegen seines raschen Wachstums als erstklassiger Ersatz für den Marmorkarpfen in der Polykultur an. Neben den wirtschaftlichen Vorteilen verbessert die Präsenz einer filtrierenden Fischart die Nährstoffdynamik im Teich und die Rückhaltung von Stickstoff und Phosphor in der Fischbiomasse. Auf diese Weise kann der Nährstoffaustrag in die Vorfluter reduziert werden.

7.1.2. Grundprinzipien des Moduls

Die Technologie, die in diesem Modul entwickelt wurde, eröffnet den Teichwirten neue Möglichkeiten. Der Löffelstör wird hier in die Polykultur als Ersatz für den Marmorkarpfen integriert. In den folgenden Kapiteln werden die Artenzusammensetzung in der Polykultur, die zu erwartende Produktion, die wirtschaftlichen Ergebnisse, sowie praktische Beobachtungen im Zusammenhang mit der Löffelstör-Zucht beschrieben. Die hier vorgestellte Technologie benötigt außer dem Erwerb des neuen Fischbesatzes keinerlei Investitionen.

Fischbesatz

Bei den verschiedenen Versuchsanordnungen wurde sicher gestellt, dass jedes Nahrungsspektrum der Fische (bodenorientierte Fische, Filtrierer, Pflanzenfresser) im Bezug auf Fischbiomasse zu gleichen Teilen abgedeckt war (Tabelle 24).

Spezies Monokultur Polykultur Schleie Polykultur Karpfen Polykultur Stör

Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella) -

30 kg/ha 500 g

30 kg/ha 500 g

30 kg/ha 500 g

Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) - 60 kg/ha

500 g 60 kg/ha

500 g 60 kg/ha

500 g Marmorkarpfen (Aristichthys nobilis) - 72 kg/ha

100 g - -

Löffelstör (Polyodon spathula) - - 72 kg/ha

500 g 72 kg/ha

500 g Schleie (Tinca tinca) - 45 kg/ha

250 g - -

Karpfen (Cypriunus carpio)

150 kg/ha 250 g

105 kg/ha 250 g

150 kg/ha 250 g -

Stör (Acipenser baerii) - - - 150 kg/ha

250 g

Tabelle 24. Fischbesatz im Polykultur-Modul (Besatzgewicht insgesamt und durchschnittliche Stückmasse pro Fisch)

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in Polen

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Die Versuche wurden mit zweifacher Wiederholung angesetzt. Der Besatz erfolgte Ende April und nach 5 Monaten wurde abgefischt.

Teiche

Der Pilotversuch wurde über zwei Saisons hinweg durchgeführt. Es wurden typische Karpfenteiche mit natürlichem Untergrund (ohne Folie) verwendet. Alle Versuche wurden in einem Komplex von Versuchsteichen durchgeführt, der im Süden Polens liegt (18°45’E, 49°53’N). Die Größe der Teiche beträgt je 1 500 m2, die durchschnittliche Tiefe ist 1 m. Der Rauminhalt beträgt entsprechend 1 500 m3. Die Teiche lassen sich vollständig trockenlegen und werden mit Wasser aus der Weichsel gespeist.

Düngung

Die Teiche wurden wöchentlich mit Carbamid (46% N) und Superphosphat (20% P) gedüngt. Dies führte zu einer Düngungsintensität von 147 kgN/ha und 25 kgP/ha pro Saison.

7.1.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Fischproduktion

Die Versuchsanordnung 'Polykultur Karpfen' mit einem Fischbesatz mit Löffelstör und Karpfen zugleich hatte den größten Fischzuwachs von allen Versuchsvarianten, die in diesem Modul getestet wurden (siehe Tabelle 25). Der Löffelstörzuwachs war hier ca. 30% größer als der Karpfenzuwachs. Der Karpfenzuwachs ist in den Versuchsvarianten 'Monokultur' und 'Polykultur Karpfen' (mit Löffelstörbesatz) vergleichbar. Der Löffelstör war in beiden Versuchsvarianten, in denen er eingesetzt wurde, in 'Polykultur Karpfen' und 'Polykultur Stör', für den Hauptanteil der gesamten Fischproduktion verantwortlich (siehe Abb. 8). Das Ausbrechen des Koi Herpes Virus (KHV) in der “Polykultur Schleie” führte zu einer hohen Sterblichkeitsrate beim Karpfen in dieser Versuchsvariante und zu dem entsprechend niedrigen Fischzuwachs. Der Zuwachs beim Marmorkarpfen erreichte in dieser Versuchsvariante nur 53% des Zuwachses beim Löffelstör, der in den anderen beiden Polykultur-Versuchsvarianten eingesetzt wurde. Der geschätzte Wert des Fischzuwachses in allen getesteten Versuchsvarianten wird in Abb. 9 dargestellt. Die durchschnittlichen Einzelhandelspreise in Polen, die zur Berechnung herangezogen wurden, werden in Tabelle 26 dargestellt. Unter der Annahme der Richtigkeit dieser Preise war der ökonomische Wert des produzierten Löffelstörs (Zuwachs in einer Saison) ungefähr dreimal höher als der Wert aller anderen in Polykultur gezüchteten Arten zusammen.

Spezies Monokultur Polykultur Schleie Polykultur Karpfen Polykultur Stör

Graskarpfen - 85 kg/ha; 95 % 100 kg/ha; 100 % 91 kg/ha; 100 %

Silberkarpfen - 65 kg/ha; 65 % 99 kg/ha; 70 % g 91 kg/ha; 70 %

Marmorkarpfen - 280 kg/ha; 83 % - -

Löffelstör - - 567 kg/ha; 65 % 488 kg/ha; 67 %

Schleie - 24 kg/ha; 87 % - -

Karpfen 438 kg/ha; 95 % 49 kg/ha; 37 % 426 kg/ha; 65 % -

Stör - - - 102 kg/ha; 89%

Tabelle 25: Fischzuwachs und Überlebensrate im Polykultur-Modul

Preis (PLN/kg) Preis (€/kg)

Karpfen 10,04 2,23

Schleie 13,30 2,95

Stör 26,87 5,97

Silberkarpfen 8,43 1,87

Marmorkarpfen 8,43 1,87

Löffelstör* 26,87 5,97

Graskarpfen 9,00 2,00 * geschätzter Wert, basierend auf anderen Störpreisen (keine realen Werte erhältlich)

Tabelle 26. Durchschnittliche Einzelhandelspreise für die im Polykultur-Modul verwendeten Fische

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in Polen

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0

200

400

600

800

1000

1200

MONOKULTUR

KARPFEN

POLYKULTUR

KARPFEN

POLYKULTUR

STÖR

POLKULTUR

SCHLEIE

Pro

du

ktio

n [

kg/h

a]

Graskarpfen

Löffelstör

Marmorkarpfen

Silberkarpfen

Stör

Schleie

Karpfen

Abb. 8: Durchschnittlicher Zuwachs der untersuchten Bestände

0

1000

2000

3000

4000

5000

MONOKULTUR

KARPFEN

POLYKULTUR

KARPFEN

POLYKULTUR

STÖR

POLKULTUR

SCHLEIE

Pro

du

ktio

nsw

ert

[€

/ha

]

Graskarpfen

Löffelstör

Marmorkarpfen

Silberkarpfen

Stör

Schleie

Karpfen

Abb. 9: Geschätzter Wert der während der Untersuchungssaison gewonnenen Zuwachses

Der zu Beginn des Projekts zugekaufte Löffelstör wurde unter extensiven Bedingungen in Karpfenteichen ohne zusätzliche Fütterung gehalten. Die Fische ernährten sich ausschließlich von Plankton. Das durchschnittliche Gewicht der einzelnen Fische im 10., 18. und 30. Monat der Produktion wird in Abb. 10 auf der nächsten Seite dargestellt.

Primärproduktion

Die höchste durchschnittliche Nettoprimärproduktion des Planktons (0,349 mgO2/L·h) wurde in den Teichen gemessen, in denen die Versuchsvariante 'Polykultur Karpfen' mit Karpfen und Löffelstör getestet wurde. Sie war um 53% höher als in Monokultur. Dieser beträchtliche Unterschied entsteht durch das Nahrungs-spektrum des Löffelstörs, der die Zusammensetzung des Planktons wesentlich beeinflusst. Der Löffelstör ernährt sich hauptsächlich von Zooplankton. Das Abgrasen von Zooplankton begünstigt das Wachstum autotropher Algen und damit die Nettoprimärproduktion des Teichwasserkörpers. Der Karpfen übernimmt ebenfalls eine wichtige Funktion bei der Nettoprimärproduktion, da er den

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Gewässergrund bei der Nahrungsaufnahme durchwühlt und so zu einer effizienten Aufwirbelung von Bodensedimenten beiträgt. So führte das Fehlen des Karpfens in der Versuchsvariante 'Polykultur-Stör' zu einer um 24% niedrigeren Primärproduktion im Vergleich mit der Variante 'Polykultur Karpfen' (Abb. 11).

.

Abb. 10: Durchschnittliche (±SD) Stückmasse des Löffelstörs in drei aufeinander folgenden Jahren

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

Monokultur

Karpfen

Polykultur

Karpfen

Polykultur Stör Polykultur

Schleie

Pri

mär

pro

du

ktio

n [

mgO

2/L

·h]

Abb. 11: Primärproduktion im Saisondurchschnitt in den Teichen mit den untersuchten Beständen

Energieeffizienz

In der Teichwirtschaft wird externe Energie zum größten Teil für den Transport und für die Verarbeitung der Fische benötigt. Der Energiebedarf ist sehr unterschiedlich und hängt stark von der Größe der Aquakultur, den Eigenschaften der Teiche und der verwendeten Ausrüstung ab. Diese Faktoren beeinflussen den Energiebedarf sehr viel mehr als die jeweilige verwendete Produktionstechnologie. Aus diesen Gründen wurde die Energieeffizienz in diesem Modul nicht untersucht.

Wasserverbrauch

Für die extensive Karpfenzucht sind große Wassermengen zur Bespannung der Teiche im Frühjahr erforderlich. Der Wasserverbrauch (Zufuhr), in Litern pro kg Produkt ausgedrückt, ist zehn- bis hundert Mal so groß wie in der intensiven Fischzucht. Allerdings darf man die Wassermengen, die in der Teichwirtschaft

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verwendet werden, nicht nur aus Sicht der Fischproduktion betrachten. Die großen Wasserflächen der Teiche sind wichtige Elemente im Ökosystem und tragen zum Wasserrückhalt und zum lokalen Wasserkreislauf bei. Die Teiche, die im Rahmen des Polykultur-Modul genutzt wurden, sind Teil desselben Teichkomplexes und liegen direkt nebeneinander. Sie unterliegen also den gleichen klimatischen Bedingungen. Das Wasser-management war in allen Versuchsanordnungen gleich. Dementsprechend wurden die Berechnungen, die in den folgenden Abschnitten dargestellt werden, für den gesamten Teichkomplex, nicht für die einzelnen Teiche, vorgenommen. Die Unterschiede zwischen den getesteten Versuchsvarianten sind also ausschließlich auf den unterschiedlichen Fischzuwachs zurückzuführen.

Wasserzulauf: l/kg Produkt

Die Versuchsvariante 'Polykultur-Karpfen' erreichte mit einem Wasserbedarf von 8,4 m3/kg Fisch die besten Werte. Dies ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur Monokultur, bei der der Wasserbedarf pro kg Produkt mehr als doppelt so hoch sein kann (Tabelle 27).

Wasserablauf: l/kg Produkt

Im Allgemeinen entspricht der Wasserabfluss eines Teiches dem Volumen des abgefischten Teiches. Allerdings trägt der Überlauf zum gesamten Wasserabfluss bei, wenn die Wasserverluste während einer Zuchtsaison, die durch Versickern und Evapotranspiration verursacht werden, durch Niederschlag kompensiert werden. Für die Berechnungen des Wasserabflusses wurden das Gesamtvolumen des Teich-komplexes und die Niederschlagswerte herangezogen. Je nach Versuchsvariante bewegten sich die Werte des Wasserablaufs zwischen 13,81 und 43,65 pro m3/kg Rohprodukt (Tabelle 28).

Nährstoffverwertung

Im Modul 'Polykultur' gibt es die folgenden fünf Hauptquellen für die Nährstoffzufuhr:

• Dünger (Harnstoff und Superphosphat) – Hauptquelle von Stickstoff (N) und Phosphor (P) in diesem Modul

• Zulaufwasser – das Flusswasser, das zum Bespannen der Teiche genutzt wurde, enthält die Nährstoffe aus dem Flusseinzugsgebiet; die Nährstoffmenge ist relativ gering, aber nicht zu vernachlässigen. Für die Berechnungen wurde nur das Einzelvolumen des Teichs herangezogen;

• Sedimentablagerungen – Nährstoffe sammeln sich auch im Sediment an und stehen so 'biologisch' zur Verfügung. Sie stellen eine weitere Hauptquelle von Stickstoff und insbesondere von Phosphor dar, da ein großer Anteil des Phosphatdüngers im Sediment gebunden wird. Allerdings zeigen quantitative Analysen im Bodensediment der Teiche vor und nach der Zuchtsaison keine wesentlichen Unterschiede in der Stickstoff- und Phosphorkonzentration. Die quantitative Steigerung dieser Verbindungen wurde für N bzw. P auf +0,84% und +0,45% geschätzt. Daraus ergibt sich eine Steigerung von 1,57 kg P/ha im Vergleich zu 26,9 kg P/ha aus der Düngung und ein Plus von 19,35 kg N/ha im Vergleich zu 159 kg N/ha durch Dünger. Folglich wurde die Bodenschicht nicht in die Berechnungen aufgenommen.

• Regenwasser und Verdunstung – externe, unkontrollierte Nährstoffquellen. Im Fall des Polykultur-Moduls ist die Verdunstung im Gegensatz zum Regenwasser zu vernachlässigen. Das Regenwasser wurde jedoch nicht auf seinen P- und N-Anteil hin analysiert und wurde folglich auch bei den Berechnungen nicht berücksichtigt.

• Stickstoffbindung – einige Blaualgen und Bakterien können molekularen Stickstoff in organische Verbindungen einbinden und reichern so das Ökosystem mit biologisch zur Verfügung stehendem Stickstoff an. Die Bedeutung dieser Prozesse kann besonders in warmem Wasser groß sein, unter den klimatischen Bedingungen der Fallstudie ist sie jedoch im Vergleich zur Düngung zu vernachlässigen. Aufgrund dieser Hypothese wurde die Stickstoffbindung bei den Berechnungen nicht berücksichtigt.

Dementsprechend beruhen die Berechnungen zur Nährstoffverwertung auf den Nährstoffeintrag durch Düngung und das Zulaufwasser. Die Nährstoffverwertung der Versuchsanordnung 'Polykultur-Karpfen'

m3/kg

MONOKULTUR KARPFEN 26,5

POLYKULTUR KARPFEN 8,4

POLYKULTUR STÖR 15,4

POLYKULTUR SCHLEIE 19,9

Tabelle 27: Wasserzufuhr ausgedrückt in Volumen pro Produktgewicht (m3/kg)

m3/kg

MONOKULTUR KARPFEN 43,65

POLYKULTUR KARPFEN 13,8

POLYKULTUR STÖR 25,4

POLYKULTUR SCHLEIE 32,8

Tabelle 28. Wasserablauf, ausgedrückt in Volumen pro Produktgewicht

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in Polen

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wurde auf 20,9% und 10,8% für N bzw. P geschätzt und erreichte die besten Werte aller Versuchsvarianten (Tabelle 29). Für den Stickstoff wurden die N2-Bindung und die N2-Abnahme durch Denitrifizierung berücksichtigt.

STICKSTOFF PHOSPHOR

ZUFUHR RÜCKHALTUNG ZUFUHR RÜCKHALTUNG

kg/ha % kg/ha %

MONOKULTUR KARPFEN 159,1 10,6 6,6 30,9 1,1 3,4 POLYKULTUR KARPFEN 159,1 33,3 20,9 30,9 3,3 10,8

POLYKULTUR STÖR 159,1 18,1 11,4 30,9 1,8 5,9

POLYKULTUR SCHLEIE 159,1 14,0 8,8 30,9 1,4 4,6

Tabelle 29. Rückhaltung von Stickstoff und Phosphor in der Fischbiomasse

Harnstoff bildet die einzige nennenswerte externe Kohlenstoffquelle. Kohlenstoff (C), der durch Dünger eingebracht wurde, sowie C und CO2, die mit dem Oberflächenabfluss oder Zulaufwasser ins System gelangen, können vernachlässigt werden. Der gesamte organische Kohlenstoff im Teichsystem stammt aus der Primärproduktion. Die Wege von organischem Kohlenstoff im Ökosystem Teich sind sehr komplex und schwanken während der Zuchtsaison. Die Menge von organischem Kohlenstoff in einem Gewässer lässt sich berechnen (basierend auf CSB).

Nährstoffaustrag

Ein sachgerecht gewarteter Teich leitet während der Zuchtsaison kein Wasser ab, da jegliche Nährstoff-verluste unerwünscht sind. Dies trifft auch für die extensiv bewirtschafteten Teiche im Modul Polykultur zu. Während der Zuchtsaison werden Nährstoffe nur durch Versickern verloren. Allerdings ist dies äußerst fallspezifisch und macht nur einen geringen Anteil des Nährstoffverlusts während einer Zuchtsaison aus. Der größte Teil der Nährstoffe wird während des Ablassens der Teiche bei der Abfischung ausgetragen. Der Nährstoffaustrag wird dementsprechend wie folgt berechnet: es wird angenommen, dass der Nährstoffaustrag gleich der Nährstoffkonzen-tration im Teich vor der Abfischung ist. Dieser Betrag wird anschließend mit dem Teichvolumen multipliziert. Wie bei der Wasserzufuhr hängen die unterschiedlichen Werte der verschiedenen Versuchsvarianten vor allem mit dem Fisch-zuwachs zusammen. Die Nährstoffkonzentration im Wasserabfluss war dementsprechend unbedeutend für die Unterschiede, die in den Versuchsvarianten festgestellt wurden. In diesem Modul wurden nur die Mengen von Stickstoff und Phosphor geschätzt (Tabelle 30).

Produktivitätssteigerung pro Arbeitseinheit

Das hier vorgestellte Modul (Besatz mit Löffelstör) hat wenig Einfluss auf die normalen Abläufe und Ausrüstung in der Karpfenwirtschaft. Allerdings wurde festgestellt, dass bei der Abfischung, insbesondere beim Sortieren, mehr Arbeitsleistung notwendig ist. Die Abfischung bei Polykulturen erfordert im Vergleich mit Monokulturen ca. 10% mehr Zeit bzw. Arbeit. Der Arbeitsaufwand wird sehr stark von den verwendeten Anlagen und Geräten sowie von der Anzahl und der Erfahrung der eingesetzten Arbeitskräfte abhängen. Die Größe bzw. Anzahl der abgefischten Teiche spielt gleichfalls eine große Rolle.

7.1.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die wesentlichen Ergebnisse in diesem Modul sind folgende:

• Der Löffelstör als Ersatz für den Marmorkarpfen in nachhaltigen, extensiven Karpfenteichkulturen führt zu einem beträchtlichen Anstieg des Fischzuwachses.

• Der hohe Marktwert des Löffelstörs kann die Rentabilität einer Teichwirtschaft steigern, indem qualitativ hochwertige Produkte erzeugt werden.

Nährstoffaustrag

kgN/kg Fisch kgP/kg Fisch

MONOKULTUR KARPFEN 0,39 0,079

POLYKULTUR KARPFEN 0,1 0,023

POLYKULTUR STÖR 0,22 0,045

POLYKULTUR SCHLEIE 0,29 0,059

Tabelle 30. Nährstoffverlust durch ausgeleitetes Wasser pro kg produziertem Fisch

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in Polen

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• Filtrierende Fischarten erhöhen die Nährstoffdynamik in den Teichen. Auf diese Weise kann ein höherer Rückhalt von Stickstoff und Phosphor in der Fischbiomasse und dementsprechend eine Reduzierung der Nährstoffanreicherung in der Umwelt erreicht werden.

Trotz dieser vielversprechenden Ergebnisse gilt es für die Löffelstör-Produktion auch folgende Einschränkungen zu berücksichtigen:

• Hoher Satzfischpreis von ca. 8 € je Fisch (1 Jahr alt, ~100 g): Dieser hohe Preis hängt mit den hohen Anforderungen bei der Reproduktion von Löffelstör zusammen.

• Probleme bei der Zucht von Löffelstör: o Junge Löffelstöre sind eine leichte Beute für Vögel, deshalb sollte der Produktionsteich mit

Netzen überspannt werden. o Wenn sie abgefischt werden, müssen die Fische mit großer Vorsicht behandelt werden, da sie

sehr empfindlich gegenüber Verletzungen sind. o Für das Sortieren der Fische wird zusätzlicher Platz und ein verstärkter Durchfluss benötigt, um

eine ausreichende Sauerstoffversorgung sicherzustellen.

• Die EU-Gesetzgebung beschränkt die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur. Entsprechend kann die Produktion von Löffelstör in der EU auf Schwierigkeiten stoßen. Allerdings könnte ein steigender Bedarf an Aquakulturprodukten in der EU die Entwicklung von Technologien fördern, die die Zucht von nicht heimischen Arten wie dem Löffelstör ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt bzw. Artenvielfalt möglich macht.

• Marktbedingte Faktoren: o Der Löffelstör ist bislang kein bekannter Speisefisch auf dem EU-Fischmarkt. o Die unsichere Nachfrage führt derzeit zu unsicheren Einzelhandelspreisen. o Es steht bislang wenig Informationsmaterial über Produktverarbeitung und -qualität zur

Verfügung. Die oben aufgeführten Punkte bedürfen weiterer Forschung.

7.1.5. Vorteile der Anwendung

Die Einführung des Löffelstörs als Ersatz für pflanzen- und planktonfressende Cypriniden kann die Rentabilität der Teichwirtschaft verbessern. In den Versuchen wurde aufgezeigt, dass der Löffelstör aufgrund seines guten Wachstums, der ausgezeichneten Qualität von Fleisch und Rogen und den höheren Marktpreisen ein hervorragender Ersatz für den Marmorkarpfen sein kann. Die Einführung dieser neuen Art würde die Produktvielfalt in der Karpfenteichwirtschaft erhöhen und sie im Vergleich zu anderen Fischproduzenten wettbewerbsfähiger machen, da sie Fisch anbieten könnten, für den die Kundennachfrage potenziell größer ist.

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7.2. Praktische Ratschläge und Rückschlüsse für die Züchtung von Löffelstör in Polykultur

7.2.1. Wachstumsleistung des Löffelstörs

Die Wachstumsleistung des Löffelstörs in Karpfenteichen ist untersucht worden. Stückgewicht und Ausfälle wurden 24 Monate lang während jeder Abfischung aufgezeichnet. Das anfängliche durchschnittliche Stückgewicht von 10 Monate alten Fischen war ca. 90 g und stieg während der ersten Zuchtsaison auf ca. 2 700 g. Es wurden vor der Überwinterung im Jahr 2008 Fische geschlachtet, um den Darminhalt zu untersuchen. Im Unterschied zum Karpfen enthielt der Darm des Löffelstörs große Mengen an Plankton. Dieses Futterverhalten weist auf eine längere Fütterungssaison als beim Karpfen hin und führt dazu, dass der Löffelstör im Vergleich zum Karpfen während der Überwinterung kein Körpergewicht verliert.

7.2.2. Ausfälle

Die Verlustrate bei der Zucht von Löffelstör könnte das größte Hindernis bei der Einführung dieser Art in die Teichwirtschaft sein. Während des Zeitraums von 24 Monaten waren Ausfälle im Ausmaß von beinahe 50% zu verzeichnen. Diese Verlustrate ist zwar vergleichbar mit der des Karpfens. Allerdings ist der wirtschaftliche Verlust beim Löffelstör aufgrund seines höheren Marktwertes wesentlich gravierender. Im Folgenden werden auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen einige praktische Empfehlungen vorgestellt, um die Sterblichkeit des Löffelstörs unter realen Produktionsbedingungen zu reduzieren:

• Bei der Abfischung sind die eingesetzten Arbeiter bislang mehr an Karpfen gewöhnt, der ein sehr viel widerstandsfähigerer Fisch als der Löffelstör ist. Es sollte jedoch höchste Sorgfalt bei der Handhabung von Löffelstör angewendet werden. Dies betrifft sowohl die Kescherhandhabung als auch das Sortieren. Die Arbeitskräfte sollten für die Eigenarten der neuen Art aufgeklärt und sensibilisiert werden.

• Besondere Sorgfalt ist bei der Kescherhandhabung und der Konzentrierung der Fische notwendig. Der Löffelstör verheddert sich leicht mit seinem Maul in den Zugnetzen, die zur Abfischung verwendet werden. Der bewegungsunfähige Fisch kann so ersticken. Es sollten Netze mit entsprechend kleinen Maschen verwendet werden, um das Verheddern zu verhindern.

• Auch eine zu lange Aufbewahrung im Zugnetz zusammen mit anderen Arten kann dazu führen, dass der Löffelstör erstickt. Dies gilt insbesondere dann, wenn zwischen aufeinander folgenden Fischtransporten eine Pause entsteht.

• Nach der Abfischung werden die Fische in Frischwasser gehalten, um die Kiemen auszuspülen. Der Löffelstör braucht hier mehr Platz zum Schwimmen als der Karpfen, da er keine Kiemendeckel zur Verfügung hat, die den Durchfluss des Wassers durch die Kiemen zu ermöglichen.

• Wegen der verlängerten Form des Rostrums passen Löffelstöre nicht in die meisten Handnetze. Hier werden deshalb oft das Rostrum oder die Kiemen beschädigt. Deswegen sollten Handnetze von ausreichender Größe verwendet werden, um Verletzungen am Körper oder Kiemen zu vermeiden

• Junge Löffelstöre sind eine leichte Beute für fischfressende Vögel. Daher müssen Teiche, die mit Löffelstören von 300-500 g besetzt sind, gegen die Vögel mit Netzen geschützt werden.

7.2.3. Ökologische Leistung

Filtrierende Fischarten wie der Löffelstör verstärken die Primärproduktion des Ökosystems Teich. Wegen dieser gesteigerten Produktivität des Teichs und den unterschiedlichen Nahrungsnischen der verschiedenen Fischarten, wurde die Gesamtproduktion in Polykultur im Vergleich zu Monokultur beinahe verdreifacht. Auch auf hydrochemische und physikalische Wasserparameter wie Sichttiefe und Chlorophyll-Konzentration, die von der Planktonproduktion abhängen, hat der unterschiedliche Fischbesatz einen großen Einfluss. Auch die durchschnittliche Konzentration von gelöstem Sauerstoff in Monokultur war niedriger und instabiler als bei den Versuchsvarianten in Polykultur. Filtrierende Fischarten reduzieren das Risiko einer unkontrollierten Ausbreitung von Zooplankton und gewährleisten auf diese Weise ein konstanteres Sauerstoffniveau im Teich. Zooplanktonorganismen ernähren sich nämlich von autotrophen Algen, die wiederum für die Sauerstoffproduktion im Teich und damit für die Primärproduktion verantwortlich sind. Das Futterverhalten des Karpfens wirkt sich ebenfalls positiv auf die Primärproduktion aus. Da der Karpfen bei der Nahrungsaufnahme den Gewässergrund durchwühlt, verursacht er eine effiziente Aufwirbelung von Bodensedimenten und sorgt auf diese Weise für einen besseren Nährstoffaustausch. Nachdem in diesem Modul keine anderen Pflanzen oder Tiere außer dem Fisch genutzt werden, kann ausschließlich der Fischzuwachs für die genannten Unterschiede zwischen den Versuchsvarianten verantwortlich sein. Die überschüssigen Nährstoffe werden vor allem im Bodensediment abgelagert. Diese

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können bei der Abfischung (durch mechanische Aufwirbelung) ins Ablaufwasser gelangen und so zur Eutrophierung der natürlichen Gewässer beitragen. Eine verbesserte Nährstoffverwertung wie in der Polykultur eliminiert dieses Phänomen zwar nicht, reduziert es aber beträchtlich.

7.2.4. Wirtschaftliche Leistung

Der Einsatz des Löffelstörs in der traditionellen Karpfenwirtschaft ist eine mögliche Lösung, um deren Rentabilität zu erhöhen. Da das Fleisch des Löffelstörs dem anderer Störarten ähnlich ist, kann davon ausgegangen werden, dass es mittelfristig von den Verbrauchern ähnlich geschätzt und den entsprechenden hohen Preis erreichen wird. Außerdem liefert der Löffelstör sehr guten und wertvollen Rogen (Kaviar). Mit der Versuchsvariante 'Polykultur-Karpfen' kann der Fischbesatz mit Löffelstör, Karpfen, Silberkarpfen und Graskarpfen ohne zusätzliche Fütterung ähnliche Zuwachsraten erreichen wie in der reinen Karpfenmonokultur mit Getreidefütterung. Während in der Monokultur die Kosten für Weizen und Mais bezahlt werden müssen, wird in der hier vorgestellten Polykulturvariante ausschließlich kostenloser landwirtschaftlicher Dünger verwendet. Diese Einsparung der Futterkosten sowie die höheren Marktpreise für den erzeugten Fisch bringen wesentliche wirtschaftliche Vorteile für die die Versuchsvariante 'Polykultur-Karpfen' im Vergleich mit der traditionellen Monokultur. Eine wirtschaftliche Bewertung der Polykultur muss allerdings auch den höheren Arbeitsaufwand insbesondere bei der Abfischung berücksichtigen. Auch für das Sortieren der Fische werden mehr Arbeitsstunden benötigt. Zusätzliche Ausrüstung, z.B. für Netze, Handhabung, Transport und Hälterung des Löffelstörs, können außerdem notwendig sein.

7.2.5. Empfohlener Fischbesatz

Basierend auf den bereits genannten Ergebnissen kann ein Fischbesatz mit Löffelstör generell empfohlen werden. Für eine semi-extensive Zucht in Karpfenteichen ohne zusätzliche Fütterung und Verwendung von landwirtschaftlichem Dünger können folgende Empfehlungen getroffen werden:

• Der Fischbesatz kann bei allen verwendeten Arten in verschiedenen Altersgruppen erfolgen. Es müssen jedoch einige grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein (siehe Tabelle 31).

• Eine effiziente Aufwirbelung der Bodensedimente, die für eine effiziente Nährstoffzirkulation in der Wassersäule sorgt, setzt einen ausreichenden Besatz mit Bodentierfressern voraus. Deshalb ist der Besatz mit Karpfen insbesondere im zweiten und dritten Zuchtjahr von Vorteil.

• Die Besatzdichte sollte sich an der geplanten Düngungsintensität und der Fruchtbarkeit des Teichs orientieren. Der geschätzte Zuwachs von Karpfen in einem Teich, der pro Saison mit 40 kgP/ha und 240 kgN/ha gedüngt wird, beträgt 450 kg/ha.

• Die Besatzdichte und die Stückmasse müssen nach dem erwünschten Endgewicht errechnet werden.

• Beim Löffelstör kann ein Zuwachs von ca. 600 kg/ha und eine Stückmasse von 1750 und 3500 g nach der zweiten bzw. dritten Zuchtsaison erwartet werden. Die Besatz-dichte des Löffelstörs, die in Tabelle 31 dargestellt wird, basiert ausschließlich auf der Wachstumsleistung, die in den Versuchen von SustainAqua gemessen wurde. Diese Werte bestimmen nicht das maximale Wachstumspotenzial des Löf-felstörs unter Produktions-bedingungen.

7.2.6. Maßgebliche Einschränkungen bei der Löffelstörzucht

Trotz der vielen positiven Aspekte im Zusammenhang mit der Löffelstörzucht gibt es auch einige Einschränkungen, die es zu berücksichtigen gilt:

Fischart

Geschätzter Fisch-

zuwachs

Erwünschtes Endgewicht

Stück-masse

Besatz-dichte

[kg/ha] [kg/ind] [kg/ind] [ind/ha]

Karpfen 400 0,3 0,05 1 600

400 1,2 0,2 400

Löffelstör

600 1 0,1 667

600 2 1 600

600 3 2 600

Silberkarpfen 70 1,5 0,5 70

70 0,5 0,1 175

Graskarpfen 100 1,5 0,5 100

100 0,5 0,1 250

Tabelle 31. Beispiel für Planung der Bestandsdichte

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• Besatzmaterial: Derzeit wird der Löffelstör in Polen nicht kommerziell reproduziert. Sämtliches Besatzmaterial wird als befruchtete Eier oder Brut importiert. Dies ist der Hauptgrund für den hohen Preis des Besatzmaterials. Der Preis liegt derzeit bei ca. 8 € pro 100 g Fisch. Allerdings vermelden einige polnische Fischfarmen Fortschritte bei der Reproduktion. Sobald der Löffelstör kommerziell reproduziert werden kann, werden die entsprechenden Preise merklich fallen. In der EU wurde eine erfolgreiche Reproduktion von Löffelstör bereits aus der Tschechischen Republik und aus Rumänien gemeldet.

• Neue Techniken erforderlich: Die Einführung neuer Fischarten verlangt nach neuen Techniken, die hauptsächlich mit der Handhabung des Fischs und der Ausbildung der Arbeitskräfte bei der Abfischung zusammenhängen. Die wichtigsten Empfehlungen sind in den vorangegangenen Kapiteln bereits aufgelistet.

• EU-Gesetzgebung: Der Löffelstör ist in Europa eine nicht heimische Art. Die EU-Gesetzgebung beschränkt die Einführung neuer Arten in die Aquakultur. Folglich kann die Zucht von Löffelstör in der EU auf Schwierigkeiten stoßen. Allerdings räumt die EU-Richtlinie den Mitgliedsstaaten gewisse Freiräume bei der Umsetzung in nationales Recht ein. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass auch andere Fischarten, die in Polen und anderen EU-Staaten produziert werden, im Sinne der Richtlinie nicht heimisch bzw. gebietsfremd sind. Bei den Arten, die im Modul Polykultur genutzt werden, gilt nur die Schleie als einheimisch. Der steigende Bedarf an Aquakulturprodukten in der EU könnte jedoch die Entwicklung von Technologien forcieren, die die Produktion von nicht heimischen Arten wie dem Löffelstör ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt bzw. Artenvielfalt ermöglichen.

• Markt für Lebendfisch: Der Löffelstör ist keine etablierte Art auf dem EU-Fischmarkt. Dies gilt insbesondere für Polen, aber auch für andere Länder. Das lange Rostrum macht den Fisch zwar einerseits interessant, aber die meisten Verbraucher mögen das Aussehen des Fischs nicht. Der Gesamteindruck des Löffelstörs kann die Nachfrage und den Wert negativ beeinflussen. Der Verkauf von lebendem1 oder lediglich ausgenommenem Fisch wird dementsprechend keinen größeren Markt finden. Allerdings ist eine bescheidene, aber konstante Nachfrage nach dem ganzen Fisch zu erwarten.

• Verarbeitung: Der Löffelstör sollte entsprechend vor allem als verarbeitetes Produkt auf dem Markt angeboten werden. Allerdings sind bei der Verarbeitung wegen der ungewöhnlichen Gestalt des Löffelstörs bestimmte technische Schwierigkeiten zu erwarten. Es stehen keine oder nur sehr dürftige Informationen im Bezug auf die Verarbeitung und die Qualität des Endprodukts zur Verfügung. Es gibt ebenfalls keine wissenschaftlichen Informationen über die Haltbarkeit oder Verbrauchervorlieben.

• Preise: Der Einzelhandelspreis hängt stark vom Preis für das Besatzmaterial und von der Akzeptanz durch den Verbraucher ab. Allerdings kann man wegen der Ähnlichkeit der Fleisch- und Rogenqualität mit anderen Störarten von einem ähnlich hohen Preis ausgehen.

• Verbraucherbewusstsein: Das steigende Bewusstsein der Verbraucher bezüglich artgerechter Tierhaltung ist ein wesentlicher Faktor. Jede Art stellt eigene Anforderungen an ihre Umwelt. Der Löffelstör entwickelte sich zwar hinsichtlich Wachstumsrate in den hier durchgeführten Versuchen sehr gut. Allerdings entsprechen Fischteiche nicht seinem natürlichen Lebensraum. Die Umweltbedingungen in einem Karpfenteich könnten für den Löffelstör suboptimal sein. Das Gleiche betrifft die Handhabung und den Transport des Löffelstörs. Auch dieses Thema bedarf weiterer Forschung.

1 Die Abgabe von lebendem Fisch an Endverbraucher (Schlachten zu Hause) ist in Deutschland verboten.

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7.3. Nutzung von Nährstoffen aus landwirtschaftlichen Reststoffen in der Teichwirtschaft: Modul KASKADE in Polen

7.3.1. Allgemeine Beschreibung

Die fortschreitende Spezialisierung der Landwirtschaft in Mitteleuropa führt zu einer starken Intensivierung und Konzentration in der Tierproduktion. In diesen Großbetrieben besteht keine Möglichkeit mehr, überschüssige Nährstoffe betriebsintern für andere Produktionsabläufe zu nutzen. Die Entsorgung von Gülle wird wegen gesetzlicher Auflagen und technischer Einschränkungen zunehmend zum Problem. Für ein kostengünstiges, nachhaltiges, umweltfreundliches und leicht anwendbares Verfahren zur Nutzung von Gülle gäbe es ein großes Anwendungspotenzial. In einem Fischteich laufen viele unterschiedliche biochemische Prozesse ab, die auch durch das unterschiedliche Fressverhalten der Fische beeinflusst werden können. Energie- und Nährstoffquelle kann dabei z. B. auch Gülle aus der Tierhaltung sein, die durch die verschiedenen Stoffkreisläufe im Ökosystem Teich schließlich als natürliche Fischnahrung dient. Zunächst erfolgt die Umwandlung der Gülle in anorganische Nährstoffe (Mineralisation), die wiederum den Pflanzen und Algen für ihr Wachstum zur Verfügung (Primärproduktion) stehen und die Nahrungsgrundlage für das Ökosystem Teich bilden. Die Kombination von Tierhaltung und Aquakultur ist ein Schritt in Richtung der integrierten Landwirtschaft. Die Nutzung von Ressourcen, die im selben Betrieb erzeugt und verwendet werden, ist ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs. Die hier vorgestellte Lösung ist hauptsächlich für kleine Tierhaltungsbetriebe relevant, die ökologisch wirtschaften oder ihre Nachhaltigkeit verbessern möchten. Ein Durchflusssystem, das aus mehreren Fischteichen besteht und mit Frischwasser versorgt wird, verbraucht große Mengen an Stickstoff, Phosphor und organischen Substanzen. Ein beachtlicher Anteil dieser Verbindungen wird im Teich zurückgehalten oder in Gase umgewandelt. Der Nährstoffaustrag während einer Zuchtsaison ist so wesentlich geringer als der Eintrag. Neben diesen ökologischen Vorteilen kann die Fischproduktion außerdem eine zusätzliche Einnahmequelle bedeuten.

7.3.2. Grundprinzipien des Moduls

Das hier vorgestellte Modul besteht aus einem Durchflusssystem mit vier Teichabschnitten, die ähnlich einer Kaskade miteinander verbunden sind. Die einzigen externen Nährstoff- und Energie-quellen sind Frischwasser und Gülle als organischer Dünger. Diese organischen und mineralischen Verbindungen sind verantwortlich für die Erzeugung von Plankton, das den Fischen als natürliche Nahrung dienen soll. Das Modul ist so entworfen, dass jeder Teil der Kaskade durch die verschiedenen ökologischen und biochemischen Prozesse einen Teil der Nährstoffe nutzt. Die Versuchsanordnung bestand aus zwei identischen Teichen mit natürlichem Untergrund (ohne Folie), die durch eine Leitung miteinander verbunden waren (35 m Länge, ØIN 15 cm, Gesamtareal 0,3 ha). Jeder Teich war durch ein Netz (3x3 cm) in zwei Teile unterteilt, wodurch sich insgesamt vier Abteilungen ergaben (siehe Abb. 12). Jedem Abschnitt kam in dem konstruierten Kaskadensystem eine andere Aufgabe zu (siehe Tabelle 33 auf der nächsten Seite).

Die Teiche wurden mit Frischwasser versorgt, bei einem durchschnittlichen Zufluss von 4,23 l/s·ha (15,3 m3/h·ha). RinderGülle Gülle wurde zwei Mal die Woche in den Zooplankton-Abschnitt der Kaskade eingeleitet. Während der Saison wurde das System mit 25 m3/ha (7,5 m3 pro Abschnitt) bzw. mit 571 kg/ha versorgt. Die Menge der in die Kaskade eingeleiteten Nährstoffe wird in Tabelle 32 dargestellt.

Nährstoff Nährstoffquelle

Gesamt [kg/ha]

Gülle [kg/ha] Wasser [kg/ha]

C 402,5 144,3 546,8 N 39,7 78,2 117,8 P 16,3 1,1 17,4

Tabelle 32: Nährstoffzufuhr durch Gülle und Frischwasser in die Kaskade

XXXXX Netz XXXXX

XXXXX Netz XXXXX

ZOOPLANKTON-

TEIL

„A”

FILTRIERER-

TEIL

„B”

POLYKULTUR-

TEIL

„C”

SEDIMENTATIONS-

TEIL

„D”

Jauch

e

Wasse

r

Ab

fluss

Abb. 12: Schematische Darstellung des Kaskadensystems

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Teil des Systems Beschreibung

A Abschnitt 'Zooplankton'

• Zufuhr von Gülle • Organische Substanz aus der Gülle Hauptenergiequelle für die Entwicklung von

Zooplankton und Bakterioplankton • Kein Fischbesatz • 33% der Kaskadenfläche

B Abschnitt 'Filtrierer'

• Fischbesatz: Filtrierer zur Nutzung des Planktons, das in Abschnitt A erzeugt wurde • 17% der Kaskadenfläche

C Abschnitt 'Polykultur'

• Fischbesatz: Polykultur mit Karpfen, Marmorkarpfen, Silberkarpfen und Graskarpfen • Nährstoffe und Fisch zur Nutzung des Planktons, das in Abteil A erzeugt wurde • 25% der Kaskadenfläche

D Abschnitt 'Sedimentierung'

• Dient als Sedimentfalle für gelöste Feststoffe aus Teil C • 25% der Kaskadenfläche

Tabelle 33: Rolle der entsprechenden Abschnitte des Kaskadensystems

Haupteigenschaften der in den Versuchen verwendeten Gülle

Um eine effiziente Umwandlung der Nährstoffe und Energie in Biomasse zu erreichen, ist biologisch leicht abbaubares, organisches Material notwendig. Aus vielen Gründen wird Gülle bereits seit Jahrhunderten als Nährstoffquelle in Fischkulturen verwendet: (1) sie ist relativ billig, (2) vor Ort verfügbar, und (3) geeignet für eine Reihe von Fischarten in einer Polykultur. Dazu kommt, dass in jüngster Zeit das Ausbringen von Gülle auf landwirtschaftlichen Flächen gesetzlich begrenzt worden ist. Die meisten Fischteiche in Polen liegen in ländlichen Gegenden, in denen die Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung dominiert. Die Entsorgung der Gülle wird hier zu einem zunehmenden Problem. Rinder- und Schweinegülle sind für die Anwendung in der Teichwirtschaft als Energie- und Nährstoffquelle

für Zooplankton gut geeignet. Die Zusammensetzung der Gülle, die für die Versuche im Modul Kaskade ausgewählt wurde, wird in Tabelle 34 veranschaulicht. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Gülle sich in ihrer Zusammensetzung und Qualität während einer Produktionssaison je nach Art, Größe und Alter der Tiere, die die Gülle liefern, sowie in Abhängigkeit von deren Futter- und Wasseraufnahme sowie anderer Umweltfaktoren ändern kann. Deshalb muss die Analyse der zugeführten Gülle während der Anwendung regelmäßig wiederholt werden.

7.3.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Das Modul Kaskade wurde in zwei aufeinander folgenden Jahren untersucht. Die vorläufige Datenauswertung der Versuchsanordnung von 2007 ergab allerdings unbefriedigende Ergebnisse. Deshalb wurde 2008 die Versuchsanordnung neu gestaltet. In beiden Saisonen wurden die Versuche mit zweifacher Wiederholung angesetzt, um die Genauigkeit der erhaltenen Daten sicherzustellen. Die Zuchtsaison wurde in fünf Zeitabschnitte zu je vier Wochen eingeteilt (Beginn 12. Mai). Gülle wurde nur in den ersten vier Perioden zugeführt. Aufgrund der Lichtverhältnisse und eines beträchtlichen Temperatursturzes in der letzten Periode konnte kein zusätzliches organisches Material eingeleitet werden, um Sauerstoffmangel im Teich zu verhindern.

Wasserzulauf: l/kg Produkt

Die Wasserzufuhr diente primär dazu, die Nährstoffe in den verschiedenen Teichabschnitten zu 'transportieren'. Als Nährstoffressource spielte das Wasser selbst keine Rolle. Die Wasserzufuhr, die zur Fischproduktion notwendig ist, wurde berechnet und auf 66,9 m3/kg Fisch geschätzt.

Wasserablauf: l/kg Produkt

Das gleiche Prinzip wie oben gilt für die Berechnung des Wasserabflusses. Die Differenz zwischen Zufuhr und Abfluss entsteht durch Versickerung, Evapotranspiration und Regenwasser. Der Wasserabfluss vom System wurde auf 44,07 m3/kg Fisch geschätzt.

Parameter Einheit Wert

Trockenmasse (DM) [%] 8,0

Stickstoff gesamt (N) [%DM] 0,48

Phosphor gesamt (P) [%DM] 0,15

Potassium (K) [%DM] 0,26

BSB5 [gO2/dm3] 5,0

CSB [gO2/dm3] 14,0

Tabelle 34: Zusammensetzung von gemischter Rinder-/SchweineGülle (~50:50)

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0

50

100

150

200

250

300

350

400

Fisc

hp

rod

ukt

ion

[kg

/ha

]

Stör

Löffelstör

Karpfen

Marmorkarpfen

Silberkarpfen

Graskarpfen

Abb. 13: Fischzuwachs im Kaskaden-Modul

Energieeffizienz

Die hier vorgestellte Aquakulturtechnik benötigt keine zusätzliche Energie. Lediglich zum Transport des Fischs vor und nach der Zuchtsaison und zum Instandhalten der Aquakulturanlagen wurde fossile Energie genutzt. Wenn die Wasserversorgung des Systems nicht von der Gravitation übernommen werden kann, kann es notwendig sein, das Wasser über Pumpen in die Kaskade zu befördern. Wenn dies der Fall ist, kann der Energiebedarf hohe Kosten verursachen, um das Modul funktionsfähig zu erhalten.

Fischproduktion

Das Modul ist so angelegt, das prinzipiell nur überschüssige Nährstoffe aus der Landwirtschaft verwendet werden. In den Teichen kann so ein beachtlicher Fischzuwachs erzeugt werden. Trotz der vielen Variablen lässt sich die gesamte Fischproduktion auf 380 kg/ha schätzen. Eine Aufschlüsselung der Produktion (Fischzuwachs einer Saison) nach Fischarten wird in Abb. 13 dargestellt.

Nährstoffaustrag

Das Kaskadensystem wurde konstant mit Wasser versorgt. Folglich war trotz der hohen Retention von Stickstoff die Gesamtanreicherung an Nährstoffen hoch und erreichte 0,125 kg N und 0,018 kg P per kg produziertem Fisch.

Nährstoffverwertung

Das Hauptziel des Moduls ist, Nährstoffe aus der Landwirtschaft zu verwerten. Zwei Hauptquellen von Stickstoff, Phosphor und organischem Kohlenstoff gingen in die Berechnungen ein:

• Frischwasser – In die Kaskade wurde konstant Flusswasser eingeleitet. Während des Unter-suchungszeitraums (20 Wochen) wurde dadurch eine beträchtliche Menge an Nährstoffen in das System eingebracht. Insgesamt wurden 424 kgC/ha (organischer Kohlenstoff), 39,7 kgN/ha und 16,3 kgP/ha mit der Frischwasserzufuhr eingeleitet.

• Gülle – Als Hauptquelle für die Stickstoffversorgung wurde zwei Mal die Woche Gülle in das System eingebracht. Insgesamt wurden 78,1 kgN/ha und 1,1 kgP/ha innerhalb von 20 Wochen eingeleitet.

• Stickstoffbindung – Wie bereits im Modul Polykultur wurde diese Stickstoffquelle in den Berechnungen ausgelassen.

Der Rückhalt von Nährstoffen sowohl in der Fischbiomasse als auch in den verschiedenen Teichabschnitten ist von großer Bedeutung im hier vorgestellten Modul. Bezüglich der Fischbiomasse wurde nur die Retention von Stickstoff und Phosphor berücksichtigt (siehe Tabelle 35). Obwohl durch die Gülle auch ein großer Anteil an organischem Kohlenstoff eingeleitet wurde, wurde nicht untersucht, wie sich der Fischzuwachs diesbezüglich entwickelt hat. Der überwiegende Anteil an organischem Material, das in Fischbiomasse umgewandelt wird, stammt aus der Primärproduktion. Nach der Abfischung wurde die Menge an Stickstoff und Phosphor in der Fischbiomasse mit der Gesamtzufuhr dieser Verbindungen verglichen.

Zufuhr [kg/ha·Saison] Retention

Wasser Gülle TOTAL kg/ha %

Stickstoff 39,7 78,1 117,8 10,4 8,8

Phosphor 16,3 1,1 17,4 1,0 5,8

Tabelle 35: Nährstoffverwertung durch Fisch im Kaskaden-Modul

Während der Zuchtsaison hielt das Kaskadensystem beachtliche Mengen von Nährstoffen zurück. Die Konzentration aller gemessenen Parameter war nach dem letzten Kaskadenabschnitt kleiner als der Nährstoffeintrag zu Beginn. In den folgenden Abbildungen sind die Konzentrationen von organischem Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor bei Eintritt und Verlassen des Systems aufgeführt, aufgeteilt in Zeiträume von je vier Wochen (I bis IV) der Saison (16 Wochen insgesamt).

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0

10

20

30

40

50

60

70

Zufluss Abfluss Zufluss Abfluss Zufluss Abfluss Zufluss Abfluss

I II III IV

org

. Kohle

nst

off

[kg

/ha]

Jauche

Wasserzufluss

Wasserabfluss

Abb. 14: Vergleich des Gehaltes an org. Kohlenstoff im Zu- und Abfluss des Kaskadensystems

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Zufluss Abfluss Zufluss Abfluss Zufluss Abfluss Zufluss Abfluss

I II III IV

Stic

ksto

ff [

kg/h

a]

Jauche

Wasserzufluss

Wasserabfluss

Abb. 15: Vergleich des Stickstoffgehalts im Zu- und Abfluss des Kaskadensystems

0,00,51,01,52,02,53,03,54,04,55,0

Zu

flu

ss

Ab

flu

ss

Zu

flu

ss

Ab

flu

ss

Zu

flu

ss

Ab

flu

ss

Zu

flu

ss

Ab

flu

ss

I II III IV

Ph

osp

ho

r [k

g/h

a]

Jauche

Wasserzufluss

Wasserabfluss

Abb. 16: Vergleich des Phosphorgehalts im Zu- und Abfluss des Kaskadensystems

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Der Nährstoffrückhalt wurde über die Differenz zwischen der gesamten Nährstoffzufuhr (Frischwasser und Gülle) und den während der Zuchtsaison ausgeleiteten Nährstoffen (basierend auf der Nährstoffkonzentration am Abfluss) berechnet. Die Ergebnisse werden in Tabelle 36 dargestellt.

Nährstoffwiederverwendung

In diesem Modul wurde der Versuch unternommen, zusätzlich Nutzpflanzen zu produzieren. Allerdings scheiterte der Versuch an technischen Problemen. Die Eigenschaften des verwendeten Teichs förderten das Wachstum von unerwünschten Pflanzenarten mehr als das der erwünschten Arten. Trotzdem ist die Produktion von potenziell nützlichen Pflanzen, die vor Ort z.B. als Fischfutter verwertet werden könnten, möglich. Die Produktion von Azolla (Wasserfarn) als Futterpflanze für pflanzenfressende Fische und als alternative Stickstoffquelle kann in Betracht gezogen werden.

Produktivitätssteigerung pro Arbeitseinheit

Die Einführung des Kaskadensystems verlangt zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Wartung der Teiche und die Abfischung. Das System verbessert das Verhältnis Produktivität/ Arbeit nicht.

7.3.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Im hier vorgestellten Modul Kaskade wurde eine umweltfreundliche Technologie entwickelt, bei der organische Reststoffe aus anderen Zweigen der Landwirtschaft (Rinder- und Schweinebetriebe) für die Produktion von Fisch verwendet werden. Die hauptsächlichen Einschränkungen des Systems sind:

• Wasserbedarf: Das System verbraucht beachtliche Mengen Wasser, um einen Nährstoffdurchfluss durch die Kaskade zu gewährleisten. Sowohl die Wasserzufuhr als auch der Wasserabfluss in natürliche Gewässer kann in einigen Ländern beschränkt sein. Dies gilt insbesondere, wenn nur die Nährstoffkonzentration in Betracht gezogen wird und nicht die Differenz zwischen Zufuhr und Abfluss.

• Die einwandfreie Funktion des entworfenen Systems ist auf ca. sieben Monate zwischen Frühjahr und Herbst beschränkt, wenn die Wassertemperatur hoch und die Sonneneinstrahlung intensiv genug ist, um die hydrobiologischen Prozesse auf einem ausreichend hohen Niveau zu halten.

7.3.5. Vorteile der Anwendung

Zusammengefasst bietet das Modul folgende Vorteile:

• Die Teichkaskade kann als multifunktionales Segment eines integrierten Tierhaltungsbetriebs dienen.

• Das Modul schafft Möglichkeiten zur Kostenreduzierung bei der Gülleentsorgung durch Nährstoffrückhalt in einem kontrollierten Ökosystem in einer Teichkaskade.

• Die vorgeschlagene Technologie vermindert die negativen Auswirkungen eines landwirtschaftlichen Betriebs auf die natürliche Umwelt.

• Fisch wird durch die Nutzung überschüssiger Nährstoffe auf extensive Weise produziert.

• Der Fisch, der mit natürlicher Nahrung gezüchtet wird, kann eine höhere ernährungsphysiologische Qualität aufweisen und wird deshalb möglicherweise von den Verbrauchern mehr geschätzt (siehe Kapitel 5).

• Neben diesen Vorteilen bereichert ein Bau oder die Erhaltung eines Teichs die natürliche Umwelt auf verschiedene Weise, z.B. in Bezug auf die Förderung der Artenvielfalt, Stabilisierung des Grundwasserniveaus oder zusätzliche Wasserrückhaltung. Der Besitz von Teichen berechtigt den Landwirt möglicherweise auch zur Antragsstellung von EU- oder nationalen Subventionen im Bereich Umwelt- oder Naturschutz. Die Teiche, die als Kaskadensystem angelegt sind, können außerdem für den Sportfischfang genutzt werden und so eine zusätzliche Einnahmequelle schaffen.

Verbindung Zufuhr Rückhalt

[kg/ha] kg/ha %

C 571,61 291,44 50,99 N 117,85 88,72 75,28 P 17,33 8,64 49,86

Tabelle 36: Rückhalt von mit Frischwasser und Gülle ins Kaskadensystem eingeleitetem C,N und P

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7.4. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Entwurf eines Kaskaden-Moduls

7.4.1. Zielgruppe und technologische Grundanforderungen

Das hier vorgestellte Modul ist vor allem für kleine Tierhaltungsbetriebe geeignet, die ökologische Landwirtschaft betreiben und/ oder ihre Nachhaltigkeit weiter verbessern wollen. Die Möglichkeit, mit einem Fischzüchter zusammenzuarbeiten, sollte ebenfalls gegeben sein. Rinder- und Schweinehaltungsbetriebe, deren Gülle gesammelt und fermentiert wird, sind besonders gut geeignet von diesem Modul zu profitieren. Ein Betrieb, der an der Umsetzung des Kaskadensystems interessiert ist, sollte bereits im Besitz von Teichen oder in der Lage sein, Teiche anzulegen und mit Wasser zu versorgen. Das System ist landintensiv und braucht etwa 1 ha Teichfläche, um 150 kg organischen Kohlenstoff aus Gülle zu verwerten. Gleichzeitig muss das System mit einem Wasserdurchfluss versorgt werden, der eine hydraulische Rückhaltungszeit von ca. 45 Tagen ermöglicht.

7.4.2. Planungsparameter einer Kaskade

• Das untersuchte System wurde entworfen, um die Vorteile der Teichwirtschaft mit den Bedürfnissen eines Tierhaltungsbetriebs zu kombinieren und dabei Gülle zu nutzen.

• Das Modul basiert auf einem Durchflusssystem mit vier Teichabschnitten, die ähnlich einer Kaskade miteinander verbunden sind und mit Frischwasser als Nährstoffträger versorgt werden.

• Die einzigen Nährstoffquellen für den Teich sind Gülle und Frischwasser. Diese mineralischen und organischen Verbindungen sind verantwortlich für die Entwicklung von Biomasse in den entsprechenden Teilen der Kaskade.

• Jeder Teichabschnitt ist für unterschiedliche Prozesse verantwortlich, die die Nutzung von überschüssigen Nährstoffen aus der Landwirtschaft auf verschiedenen Trophieebenen ermöglichen.

• Das Plankton, das sich in den entsprechenden Tei-len der Kaskade ent-wickelt, bildet die Nah-rungsgrundlage für den gezüchteten Fisch. Die Fischproduktion kann eine zusätzliche Einkommens-quelle darstellen.

Um eine optimale Leistung zu erzielen, sollte die Anlage aus vier Abschnitten bestehen, die unterschiedliche Funktionen im System wahrnehmen. Die hier vorgeschlagene Kaskade ist in Abb. 17 dargestellt. Von der relativen Flächengröße, die für jeden Abschnitt angegeben wird, sollte nur geringfügig abgewichen wer-den. Bezüglich der Dimensi-onierung eines jeden Ab-schnitts gibt es zwar keine allgemeingültigen Grenzen, wegen des notwendigen Wasserdurchflusses durch das System sind jedoch längliche Formen zu bevorzugen. Das System kann sich aus zwei oder drei Teichen zusammen-setzen. Die ersten beiden Ab-schnitte sollten allerdings jeweils im selben Teich untergebracht und nur durch ein Maschennetz voneinander

A.

B. Abb. 17: Mögliche Anlage des Kaskaden-Systems: A-Zwei-Teich-System;

B- Drei-Teich-System

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getrennt werden, um den Transfer von Zooplankton zu ermöglichen. Die nachfolgenden Abschnitte des Systems müssen nicht in einer Reihe aufeinander folgen. Die Verwendung von Leitungsrohren zwischen den Abteilungen B-C und C-D ist möglich. Jeder Abschnitt des Systems nutzt verschiedene Ressourcen und spielt in der Kaskade eine eigene Rolle: Abschnitt A – 'Zooplankton': Dieser Abschnitt wird direkt mit Frischwasser und Gülle versorgt. Die hydraulische Erneuerungszeit sollte bei zwei Wochen angesetzt werden, um die Entstehung von Zooplankton zu ermöglichen. Zooplankton und Bakterioplankton ernähren sich direkt von der organischen Substanz der Gülle. Wie bereits in Kapitel 7.2 erklärt, hemmt eine unkontrollierte Ausbreitung von Zooplankton die Entwicklung von Phytoplankton und führt so zu einer minimalen oder negativen Nettoprimär-produktion. Die Sauerstoffkonzentration im Teich (v.a. durch die Frischwasserzuvor gewährleistet) muss mindestens zweimal so hoch sein wie der organische Kohlenstoff (v.a. aus der Gülle), um aerobe Bedingungen im Teich erhalten zu können. Diese Voraussetzung ist der primäre begrenzende Faktor für die Nutzung von Gülle in Fischteichen. Abschnitt A sollte generell nicht mit Fischen besetzt werden. Lediglich der Besatz mit kleinen (20-30 kg/ha) bodenorientierten Fischarten ist in Betracht zu ziehen. Der Fischbesatz darf jedoch keine Resuspension des Bodensediments verursachen. Deshalb sind junge Störe (<50 kg/ha, 1-3 Jahre alte Fische) im Vergleich zu Cypriniden zu bevorzugen. Der Besatz mit Graskarpfen (ca. <100 kg/ha) zur Kontrolle des Wachstums von Makrophyten ist ebenfalls möglich. Abschnitt B – 'Filtrierer': Dieser Abschnitt wird hauptsächlich mit filtrierenden Fischarten besetzt. Das in Abschnitt A entstandene Plankton dient den planktonophagen Fischen als Nahrung. Ein Fischbesatz mit Löffelstör und/ oder filtrierenden Cypriniden ist hier zu empfehlen. Eine Besatzdichte von 150 kg/ha Löffelstör oder Marmorkarpfen und 150 kg/ha Silberkarpfen reicht aus, um das Plankton zu nutzen (Stückgewicht etwa 0,5-3 kg). Dieser Abschnitt sollte von Abschnitt A nur durch ein Maschennetz getrennt sein, damit ein effizienter Transfer von Plankton möglich ist. Der Einsatz von Rohrleitungen vermindert die Transfereffizienz.

Teil des Systems Beschreibung

A Abschnitt 'Zooplankton'

• Zufuhr von Gülle

• Organische Substanz der Gülle Hauptenergiequelle für die Entstehung von Zooplankton und Bakterioplankton

• Kein Fischbesatz

• 33% der Gesamtfläche des Systems

B Abschnitt 'Filtrierer'

• Fischbesatz: Filtrierer zur Nutzung des Planktons, das in Abschnitt A erzeugt wurde

• 17% der Kaskadenfläche

C Abschnitt 'Polykultur'

• Fischbesatz: Polykultur aus Karpfen, Marmorkarpfen, Silberkarpfen und Graskarpfen

• Nährstoffe und Fisch zur Nutzung des Planktons, das in Abteilung A erzeugt wurde

• 25% der Kaskadenfläche

D Abschnitt 'Sedimentierung'

• Dient als Sedimentfalle für die gelösten Feststoffe aus Teil C

• 25% der Kaskadenfläche

Tabelle 37. Beschreibung der entsprechenden Abschnitte des Kaskaden-Systems

Abschnitt C – 'Polykultur': Dieser Teil der Kaskade ist verantwortlich für die Nutzung der biogenen Verbindungen aus den vorgelagerten Abschnitten. Karpfen als Hauptfischart verbessert den Nährstoffumsatz und die Primärproduktion. Die Dimensionierung des Abschnitts sollte eine hydraulische Erneuerungszeit von ca. 12 Tagen ermöglichen. Dieser Abschnitt ist verantwortlich für den Großteil der Biomasseproduktion des Moduls. Der empfohlene Fischbesatz setzt sich aus Cypriniden zusammen, anstatt des Marmorkarpfens kann auch der Löffelstör eingesetzt werden (siehe Tabelle 38). Diese Artenzusammensetzung kann das Nahrungsspektrum, das dieser Abschnitt des Kaskadensystems bietet, optimal nutzen.

Spezies Anfangs-Einzelgewicht [g] Bestandsdichte [kg/ha]

Karpfen 200 - 300 g 300 Marmorkarpfen ODER Löffelstör* 500 - 1 000 g 150

Silberkarpfen 500 - 1 000 g 150

Graskarpfen 750 - 1 500 g 100 *empfohlener Ersatz für den Marmorkarpfen

Tabelle 38. Empfohlener Fischbesatz des Abschnitt C

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Abschnitt D – 'Sedimentierung': Der letzte Abschnitt dient als Sedimentfalle. Der in Teil B und C gezüchtete Fisch sorgt für eine starke Resuspension des Bodensediments, was zu einer hohen Trübung und Konzentration von gelösten Feststoffen führt. Da die gelösten Substanzen sowohl Nährstoffe als auch organischen Kohlenstoff enthalten, sollten sie nicht direkt in die Umwelt ausgeleitet werden. Der Sedimentierungsteil der Kaskade bietet dank der langen Rückhaltungszeit und dem fehlenden Fischbesatz gute Bedingungen zur Sedimentierung der gelösten Feststoffe. Die Wasseroberfläche kann dazu genutzt werden, zusätzlich Nutzpflanzen zu produzieren. Sie kann auch zu Erholungszwecken dienen. Das Fehlen von Fisch und die hohe Wassertransparenz begünstigen das Wachstum von Wasserpflanzen, wobei die gelösten Nährstoffe aus dem Wasser genutzt werden. Im Fall einer zielgerichteten Pflanzenproduktion muss für eine entsprechende Ausrüstung und Technologie gesorgt werden.

7.4.3. Betriebsparameter

Es gibt zwei Hauptfaktoren, die die Anlage einer Kaskade bestimmen: die Zufuhr von Frischwasser und Gülle. Es muss eine Balance bezüglich den Anforderungen zur Nutzung der Gülle und dem zur Verfügung stehenden Wasser und Land gewahrt werden. Außerdem müssen wirtschaftliche Berechnungen die ökologischen Vorteile dieses Moduls berücksichtigen.

Wasserzulauf

Der Wasserzulauf kann in manchen Fällen der primäre begrenzende Faktor sein. In einigen Situationen hängt die Gesamtfläche der Kaskade und somit die Kapazität zur Aufnahme von Gülle von der Wasserversorgung ab. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Teichtiefe von 1 m wird der Raumanteil des Gesamtsystems (und somit der Fläche) At durch Multiplikation der Rückhaltungszeit RT (15 Tage = 360h) und dem möglichen Wasserfluss errechnet, q [m3/h]): At=RT·q [m3=~m2].

Zufuhr von Gülle

Wo die Wasserzufuhr nicht den limitierenden Faktor darstellt, muss das System gemäß der Zufuhr organischen Materials dimensioniert werden, das aus der Gülle stammt. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Wasserzufuhr und der Zufuhr von organischem Kohlenstoff. Da die Primärproduktion in Abschnitt A wegen der Entwicklung von Zooplankton sehr begrenzt oder gar negativ ist, ist im extremsten Fall die einzige Sauerstoffquelle das eingeleitete Frischwasser. Auf jedes Gramm organischen Kohlenstoffs aus der Gülle muss ~2,7 g Sauerstoff kommen. Unter der Annahme, dass das eingeleitete Wasser ~7 gO2/m

3 enthält, können pro Kubikmeter Wasser nur 2,5 g organischer Kohlenstoff beigefügt werden, um aerobe Bedingungen im Teil A aufrecht zu erhalten. Entsprechend muss bei der Planung der Kaskade der Anteil an organischem Kohlenstoff in der Gülle bestimmt werden. Wenn die Gülle 5 kgC/m3 enthält, werden pro 1 m3 Gülle 2 000 m3 Wasser benötigt. Allerdings kann dieser Wert in Abhängigkeit von den Licht- und Temperaturverhältnissen variieren. Im Hochsommer kann weniger Wasser (~20%) eingeleitet werden (oder ~20% mehr Dung verwendet werden). Der oben genannte Wert sollte allerdings bei sinkender Sonnenlichtintensität wiederbeibehalten werden. Die Konzentration von Stickstoff und Phosphor, die mit der Gülle eingeleitet werden, ist dagegen selten der begrenzende Faktor für dieses Modul. Das Verhältnis der C-, N- und P-Konzentrationen bewegt sich bei Gülle immer innerhalb bestimmter Grenzen. Die durchgeführten Untersuchungen ergaben hier keine Begrenzungen für N und P.

7.4.4. Erwartete Ergebnisse

Der Einsatz von Gülle zur Düngung von Karpfenteichen hat eine lange Geschichte, verlor allerdings in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung und wurde durch andere Dünger ersetzt. Abgesehen davon verringerte die Intensivierung und die künstliche Fütterung in der Fischzucht die Notwendigkeit der Primärproduktion in den Teichen als Nahrungsgrundlage für die Fische. Der derzeitige Trend zur Extensivierung besinnt sich nun wieder auf die Verwendung von organischen Reststoffen und geschlossenen Produktionskreisläufen. Die Forschung in diesem Modul führte zur Entwicklung einer umweltfreundlichen Technologie, bei der organische landwirtschaftliche Reststoffe aus anderen Zweigen der Landwirtschaft (Rinder- und Schweinehaltung) für die Fischzucht eingesetzt werden. Die Anordnung von vier Abschnitten in der Kaskade bewährte sich im Rahmen der Forschungsarbeit und ermöglicht die Verwendung von 25 m3 Rindergülle pro Hektar Kaskade (Gesamtfläche). Das primäre begrenzende Faktor für die Anwendung dieses Moduls ist jedoch der Wasserbedarf. Die Kaskade benötigt große Wassermengen, um den Durchfluss an Nährstoffen durch das System gewährleisten zu können. Größe und Funktionsfähigkeit des Systems hängen stark von der erlaubten bzw. möglich Wasserzufuhr ab. Die einwandfreie Funktion des hier vorgestellten Systems ist auf ca. 7 Monate zwischen Frühjahr und Herbst beschränkt, wenn die Wassertemperatur hoch genug und die Sonneneinstrahlung intensiv genug ist, um die hydrobiologischen Prozesse auf einem ausreichenden Niveau zu halten.

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8. Neue Methoden zur Reduzierung der Emissionen von Forellenfarmen – Fallstudie Dänemark

8.1. Einführung – Allgemeine Beschreibung der Fallstudie

Regenbogenforellenzucht (Oncorhynchus mykiss) wird in Dänemark seit über 100 Jahren betrieben. Die Regenbogenforelle ist die häufigste Nutzfischart der dänischen Aquakultur. Die Gesamtproduktion liegt bei etwa 33.000 t im Süßwasser und ca. 7.000 t im Brackwasser. Das entspricht etwa 20% des Fischverbrauchs in Dänemark. Wertmäßig macht die Aquakultur aber 25% des dänischen Fischereisektors aus. Im Binnenland betreiben ca. 250 Farmen Regenbogenforellenzucht. Davon arbeiten etwa 200 Anlagen seit Jahrzehnten im Durchlaufbetrieb, d.h. sie entnehmen Wasser aus einem Fluss oberhalb eines Wehrs und benötigen deshalb relativ wenig Energie verbrauchende Ausrüstungen (Pumpen usw.). Das Wasser passiert durch natürliches Gefälle die Anlage und anschließend noch ein Absetzbecken zur Abscheidung von partikulärer Substanz, bevor es wieder in die fließende Welle eingespeist wird. Bis in die 1980er Jahre betrieb man in Dänemark Regenbogenforellenproduktion generell ohne jedwede Reinigungssysteme. Infolge des wachsenden öffentlichen Interesses an Umweltfragen wie z.B. die Nährstoffemissionen aus Forellenzuchten oder die Beeinträchtigung der Durchwanderbarkeit der Fließgewässer durch die dazu gehörigen Stauwehre wurde 1989 in Dänemark eine neue Umweltgesetzgebung in Kraft gesetzt. Es wurde jedem Farmer eine bestimmte Futterquote zugeteilt, und die Qualität des Futters musste speziellen Anforderungen genügen. Alle Farmen wurden verpflichtet, das Wasser vor der Wiedereinleitung in die fließende Welle mittels Absetzbecken von partikulärer Substanz zu reinigen. Sie mussten zur überschlägigen Dokumentation der Nährstoffemissionen auch ein Wasseranalyseprogramm durchführen Die neue Gesetzgebung veranlasste einen Teil der Züchter, sich durch die Einführung von Wasseraufbereitungsanlagen, Kreislaufnutzung des Wassers sowie Belüftung oder Sauerstoffbegasung zu modernisieren. Außerdem wurden effektive Futtermittel mit hoher Verdaulichkeit sowie moderne Fütterungstechnologien entwickelt, und das Farmmanagement wurde verbessert. Das führte zur Reduzierung des Wasserverbrauchs, die pro kg Futter erzeugte Fischmenge stieg und die spezifischen Nährstoffemissionen gingen zurück. Aber den Umweltgesetzen von 1989 folgten neue. Diese limitierten die erlaubte Wasserentnahme. Es darf heute maximal nur noch die Hälfte des Abflusses eines Fließgewässers durch eine Forellenzuchtanlage geleitet werden. Das veranlasste die Züchter, nach Wegen zu suchen, sich unabhängiger vom Oberflächenwasser zu machen, was bedingt, dass der Frischwasserverbrauch reduziert werden und das Prozesswasser gereinigt und wieder verwendet werden muss. Die begrenzen Futterquoten, die Umweltanforderungen, die limitierte Entnahme von Oberflächenwasser und die neuen Wasserqualitätsstandards der EU-Wasserrahmenrichtlinie für Oberflächengewässer machten es dringend erforderlich, die künftigen Rahmenbedingungen der dänischen Forellenzucht zu bestimmen. Nach einigen Diskussionen zwischen den Aquakulturverbänden, den Umweltbehörden und Naturschutz-verbänden wurde etwa im Jahr 2000 die Idee der sogenannten 'Modellfarmen' geboren. Das Modell-Fischfarm-Konzept zielt darauf, durch Anwendung der Kreislauftechnologie den Frischwasserverbrauch zur reduzieren und die Rückhaltung von Nährstoffen im System zu erhöhen. Einige der wichtigsten Parameter der Modellfarmen sind in Tabelle 39 aufgeführt. Alle Daten beziehen sich auf einen Futtereinsatz von 100 t/Jahr.

Parameter Modellfarm

Beckenmaterial Beton

Mindest-Kreislaufrate (%) 95

Maximaler Frischwassereinsatz (l/s) 15

Schlammfänge in den Becken Ja

Feststoffabscheidung Ja

Biofilter Ja

Pflanzenlagunen Ja

Tabelle 39: Parameter der dänischen Modellfarmen

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Eine der Modellfarmen in Dänemark (Ejstrupholm Dambrug): Links im Hintergrund befinden sich die

Pflanzenlagunen (ehemalige Erdteiche) mit den Zu- und Ablaufkanälen (Foto: DTU-Aqua)

Die Modellfarm-Strategie hat signifikante ökologische Vorteile und Perspektiven:

• Modellfarmen sind unabhängig vom Oberflächenwasser, weil sie mit örtlich gewonnenem Dränwasser und/ oder mit Grundwasser aus Brunnen gespeist werden und dieses im Kreislauf nutzen (bis zu 97% Kreislaufrate).

• Der Frischwasserbedarf bezogen auf die Jahresfuttermenge konnte bis auf 0,15 l/s * t Futter (= 3.900 l/kg Fischzuwachs) reduziert werden. Das entspricht 1/13 (7,7%) des Wasserverbrauchs in traditionellen Farmen.

• Sie ermöglichen die freie Passage der Wildfauna durch die Fließgewässer.

• Ein signifikanter Anteil der leicht abbaubaren organischen Substanz (BSB), der gesamten organischen Substanz (CSB), des Phosphors, des Ammonium-N und des Gesamt-N werden durch die Reinigungstechnologie in der Farm und durch die anschließenden Lagunen (künstliche Feuchtgebiete) eliminiert.

• Die Nutzung der Lagunen für die Produktion von Gartenteichpflanzen oder von Gemüse wie Wasserkresse bzw. von weiteren Arten kann als integratives Element Vorteile für die Modellfarmen bringen.

• Die Produktionsbedingungen werden stabilisiert (Wasserqualität usw.).

• Die Forellenproduktion kann gesteigert werden, ohne dass die negativen Auswirkungen auf die Umwelt ansteigen.

Aber die Einführung dieser Technologie erfordert auch umfangreiches Wissen und Erfahrung auf den folgenden Gebieten:

• Biologische Anforderungen der gezüchteten Fischarten,

• Design und Funktionsweise aller Einrichtungen der Farm, z.B. mechanische Filtration, Biofilter, Belüfter, Pumpen usw.,

• Mögliche Probleme bei der Fischzucht in Kreislaufanlagen,

• Fischzucht und Betreiben von Kreislaufanlagen,

• Erforderliche Wasserqualität,

• Futterqualität und Fütterungsstrategien. Die Modellfarmen haben sich sowohl vom ökologischen als auch vom ökonomischen Gesichtspunkt her als erfolgreich erwiesen. Einige Züchter berichten über kürzere Produktionszeiten. Die weitgehende Reduzierung der Nährstoffemissionen begünstigt außerdem die natürliche Fauna und deren Wanderungen in den entsprechenden Fließgewässern. Aber die Modellfarmen müssen noch weiter verbessert werden, insbesondere hinsichtlich der Stickstoffemissionen. Die dänische SustainAqua-Fallstudie hat verschiedene Aspekte und Module der Modellfarmen mit dem Ziel der weiteren Optimierung untersucht:

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• Futter und Fütterung – Emissionen aus den Farmen

• Energieverbrauch

• Kultivierung von Gartenteichpflanzen in den Lagunen

• Produktion alternativer Fischarten in den Lagunen.

8.2. Futter und Fütterung – Emissionen aus den Farmen

Das Futter ist der wichtigste Parameter für das Wachstum und für die Auswirkungen auf die Umwelt, aber auch für die Produktionskosten. Zur Bestimmung der Emissionen aus den Modellfarmen ist es entscheidend, die Belastung des Produktionswassers durch den Einsatz des Futters vor dem Eintritt des Wassers in den Reinigungsteil – die so genannte „Produktionsemission“ – präzise zu bestimmen. Die verschiedenen Reinigungseinrichtungen der Modellfarmen weisen unterschiedliche Wirkungsgrade auf, die von der Menge und Zusammensetzung der Stoffkomponenten des Prozesswassers bestimmt werden. Deshalb wird ein allgemeines Berechnungsmodell benötigt, das es ermöglicht, die Emissionen aus dem System in die Vorflut nach einzelnen Komponenten – Stickstoff (N), Phosphor (P) und organische Substanz – zu bestimmen. In das Modell gehen die relevanten Produktionsparameter (Futterart und -menge, Fischproduktion usw.), die Prozessparameter (Temperatur, Sauerstoffgehalt, usw.) sowie die Anlagendaten (Anlagenelemente, Durchflussmengen und Abmessungen) ein.

8.2.1. Allgemeine Beschreibung

Der physikalische Zustand (gelöst, suspendiert, partikulär, d.h. absetzbar) und die chemische Natur (N. P, BSB5 – biochemischer Sauerstoffbedarf, CSB – chemischer Sauerstoffbedarf) der Prozesswasser-komponenten können in Laborexperimenten bestimmt werden. Ausgehend von diesen Experimenten kann ein 'Labor-Vorhersage-Modell' für die Produktionsemissionen durch die wichtigsten in der Aquakultur üblichen kommerziellen Futtermittel entwickelt werden. Das Labormodell ist eine wichtige Eingangsgröße für die Genauigkeit des allgemeinen Emissionsmodells.

Abb. 18: Versuchsanordnung zur Bestimmung der physikalischen und chemischen Struktur der Komponenten der Emissionen und die Primär-Emissionen für die relevanten in der intensiven Aquakultur üblichen Futtermittel

Futteraufnahme

Unverdautes Futter

Nährstoffverdaulichkeit:

• Protein, Fett, NFE, P, Asche, Trockensubstanz

Kotanalysen/feste Emmissionen:

• N, P, BSB, CSB

Gesamtkörperanalysen:

• Retiniertes N & P

Wasseranalysen/gelöste Emmissionen:

• N, P, BSB, CSB

VERDAULICHKEIT

+ FQ & ZuwachsrateEMMISSION

Modifiziertes ”Guelph”-System

N&P-Bilanzen

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8.2.2. Grundprinzipien des Moduls

Das Berechnungsmodell basiert hauptsächlich auf Daten, die durch ein Dokumentations- und Messprogramm gewonnen wurden, das während der Jahre 2005-2007 in acht 'Modellfarmen' in Dänemark durchgeführt wurde. Diese Modellfarmen waren alle mit Schlammfängen, Biofiltern und künstlich angelegten Feuchtbiotopen ausgestattet. Einige von ihnen hatten auch Mikrosiebfilter installiert. Daten über Wasserverbrauch, Nährstoffkonzentration im Wasser an verschiedenen Stellen der Forellenfarm, Mengen eingesetzten Futters und Futterzusammensetzung, Biomassegewinn, usw. wurden für alle Farmen erhoben, und die wichtigsten Ergebnisse gingen anschließend in das Gesamtberechnungsmodell ein. Außerdem wurden Daten von traditionellen Forellenfarmen in Dänemark (Daten von By-og Landskabsstyrelsen 2007) im Modell verwendet. Typischerweise verfügen diese Farmen nicht über die Ausrüstung, die Modellfarmen charakterisieren; gemäß der dänischen Gesetzgebung allerdings ist für Forellenfarmen die Installation eines Absetzbeckens direkt nach den Produktionseinheiten vorgeschrieben. Durch die Integration der Daten in das Berechnungsmodell, die sowohl von Modellfarmen als auch von traditionellen Farmen mit weniger Reinigungstechnologie stammen, bietet das Modell die Möglichkeit, Schätzwerte für den Abfluss aus den Forellenfarmen mit unterschiedlichem technologischem Niveau zu erhalten. Nach der Integration der Daten wurde das Modell mit dem Ziel überprüft, eine optimale Korrelation mit den tatsächlich gemessenen Emissionen zu erreichen. Auf diese Weise wurde eine Optimierung des Modells angestrebt, soweit dies zu dieser Zeit möglich war. Die Laborversuche wurden in 18 Kunststoffbecken à 189 l durchgeführt. Sie wurden im Durchfluss betrieben und stellten ein modifiziertes „Guelph“-System2 dar, in dem das untere Drittel des Beckens konisch ausgebildet und durch ein Sieb vom Rest des Beckens getrennt war. Diese Anordnung ermöglichte eine rasche Sedimentation und Konzentrierung ungestörter Kotpartikel in speziell gekühlten speziellen Sedimentationssäulen. Für die Versuche wurden Regenbogenforellen von etwa 50 g aus lokalen dänischen Farmen in die Versuchsanlage von DTU-Aqua in Hirtshals überführt. Während der gesamten Versuchsdauer wurden die Futteraufnahme und die aufgefangenen Fäkalien kontinuierlich registriert. Die Sedimentationssäulen wurden täglich vor der Fütterung geleert und der Inhalt bei -20 °C gelagert. Die Proben wurden auf ihren Gehalt an Protein, Fett, N-freie Extraktstoffen (NFE), Asche, Rohfaser und Phosphor analysiert. Die drei geprüften Futtermittel hatten folgende mittlere Zusammensetzung (siehe rechts in Tabelle 40): Zur Bestimmung des Anteils an partikulären N- und P-Emissionen sowie der gelösten/ suspendierten N- und P-Fraktion wurden ebenfalls Proben gezogen. Die N- und P-Retention durch die Fische wurden durch die Bestimmung des N- und P-Gehaltes zu Beginn und am Ende eines jeden Versuchs ermittelt. Ein spezielles Experiment wurde zur Ermittlung der gelösten sowie partikulären BSB5- und CSB-Emissionen angesetzt. Der scheinbare Verdaulichkeitskoeffizient (ADC) der Nährstoffe und Mineralien des Futters wurde durch folgende Gleichung bestimmt: ADC i – [(Aufnahmei – Excretioni)/Aufnahmei]*100 Gl. 1

wobei i der Prozentsatz von Protein, Fett, NFE, P, Asche oder Trockensubstanz ist. Die spezifische Wachstumsrate (SGR, % d-1) wurde auf der Basis des Zuwachses in den Versuchsbecken nach folgender Gleichung bestimmt, wobei davon ausgegangen wurde, dass bei jungen Fischen in der relativ kurzen Versuchsperiode das Wachstum exponentiell verläuft:

SGR = ln[W(ti)/W(t0)]/(ti – t0 )*100 Gl. 2

Dabei sind W(ti) und W(t0) die Biomassen am Ende (ti) und zu Beginn (t0) des Versuchs, und (ti - t0) ist die Versuchsdauer in Tagen.

Der Futterquotient (FQ, g*g-1) wurde aus dem Zuwachs, der verabreichter Futtermenge und den aufgefangenen Exkrementen während der neuntätigen Versuche nach folgender Gleichung bestimmt:

FQ = Futterverbrauch (ti – t0)/Zuwachs (ti – t0) Gl. 3

Die Daten wurden einer Einweg-ANOVA-Bearbeitung mittels Sigma-Stat für Windows Version 3.10 unterzogen. Für den paarweisen Vergleich der Fütterungsansätze wurde beim Vorliegen signifikanter

2 Kammer zur Bestimmung der Verdaulichkeit von Futtermitteln

Protein: 46.3 %

Fett: 27.5 %

NFE: 12.6 %

Asche: 6.9 %

Rohfaser: 1.4 %

Trockensubstanz: 94.6 %

Phosphor: 0.98 %

Energiegehalt: 23.8 kJ/g Futter

Tabelle 40: Futterrezeptur

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Unterschiede der HOLM-SIDAK-Test verwendet. Als Signifikanzgrenze wurde eine Wahrscheinlichkeit von p < 0,05 festgelegt.

8.2.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Reduzierung der Emissionen

Es wurden folgende mittlere Verdaulichkeiten (apparent digestibility coefficient - ADC) gemessen: Rohprotein: 93,5%, Fett: 91,2%, NFE: 66,9%, Asche: 51,9%, Phosphor: 64,2%. Die spezifische Wachstumsrate (SGR) betrug durchschnittlich 1,97%/d und der mittlere FQ 0,76. Daraus ergibt sich eine mittlere Retention im Fischzuwachs für Stickstoff von 49,1% und für Phosphor von 57,6% (Tabelle 41).

Futter- komponente

BioMar Ecolife 20

Aller Aqua 576 BM XS

Dana Feed Dan-Ex2844

F2,6 P

Protein 93.9 ± 0.4a 92.8 ± 0.2b 93.7 ± 0.3a 10.81 0.010

Fett 91.4 ± 0.6ab 88.4 ± 1.8a 93.7 ± 1.0b 14.22 0.005

NFE 66.6 ± 1.1a 67.2 ± 0.9a 67.0 ± 1.0a 0.36 0.711

Asche 46.7 ± 1.8a 57.2 ± 0.4b 51.7 ± 0.8c 62.69 <0.0001

Phosphor 60.9 ± 0.7a 71.0 ± 0.9b 60.6 ± 0.7a 177.83 <0.0001

TS 84.7 ± 0.6a 84.4 ± 0.5a 85.6 ± 0.6a 4.09 0.076

TS berechnet2 85.7 ± 0.5 85.2 ± 0.5 86.3 ± 0.6 - -

1) Die Werte in den Reihen, die keinen gemeinsamen hochgestellten Buchstaben haben, wichen erheblich voneinander ab (ANOVA, Tukey HSD, P < 0.05). 2) Die Verdaulichkeit von Trockenmaterial wurde als die Summe der gemessenen Verdaulichkeit von Protein, Fett, NFE und Asche berechnet.

Tabelle 41: Scheinbare Verdauungsfähigkeitskoeffizienten von Protein, Fett, NFE, Asche, Phosphor und Trockensubstanz (TS) (%, Mittelwert ± std. Abw., n = 3) der Futterarten sowie die berechnete Verdaulichkeit von Trockensubstanz 1

Berechnungen der BSB5- und CSB-Last ergaben, dass in den Produktionsemissionen durchschnittlich 55% des Gesamt-BSB5 in gelöster und suspendierter Form und durchschnittlich 45% in partikulärer Form vorlagen. Der mittlere Anteil des gelösten/suspendieren CSB betrug 29% und der des partikulären CSB entsprechend durchschnittlich 71%. Das BSB5/CSB-Verhältnis lag bei 0,51. Die Gesamt-Stickstoffemissionen lagen überwiegend in gelöster/ suspendierter Form vor (88%). Durchschnittlich nur 12% waren partikulär gebunden. Die Phosphoremission lag dagegen überwiegend partikulär vor (im Mittel 98%), und nur durchschnittlich 2% waren gelöst bzw. suspendiert.

8.2.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die Ergebnisse der Laborversuche lieferten wichtige Eingangsgrößen für die Genauigkeit des Gesamtmodells. Bei Anwendung dieser Daten für die Modellfarmen und für traditionelle Farmen mit weniger 'Technologie' ergibt sich die Möglichkeit, Emissionen aus Forellenfarmen bei unterschiedlichem technologischem Niveau zu berechnen. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass nur dann genaue Ergebnisse erzielt werden können, wenn folgende Voraussetzungen eingehalten sind:

1. Es muss sich um Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) handeln.

2. Das Futter muss eine gute Qualität aufweisen, z. B. ausreichende Konzentration an Vitaminen und Mineralien für gutes Wachstum und Gesundheit, und die Verdaulichkeit des Proteins und der Fette darf nicht unter 85 % liegen.

3. Bei Anwendung der Kreislauftechnologie muss das Wasser eine Verweilzeit von mindestens 18,5 Stunden in der Anlage und mindestens 20 Stunden in den Lagunen aufweisen.

4. Die mechanischen (Trommelfilter o.ä.) und Biofilter müssen fachgerecht dimensioniert sein, um eine optimale Wasserreinigung zu garantieren.

5. Die tägliche Futtermenge darf nicht 800 kg überschreiten.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ergibt das Berechnungsmodell zuverlässige Ergebnisse für die Emissionen der wichtigsten Nährstoffe aus Forellenanlagen. Es muss aber betont werden, dass das Modell nur dazu dienen kann, die Nährstoffemissionen aus Forellenanlagen zu schätzen, d.h. das Modell kann nicht zur Dokumentation der Emissionen verwendet werden.

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8.3. Energieverbrauch der Modellfarmen

Die Modellfarmen sind wegen des geringen Frischwassereinsatzes darauf angewiesen, dass das Wasser innerhalb der Anlage transportiert (Kreislaufführung) und durch Belüftung/ Sauerstoffbegasung mit Sauerstoff versorgt wird. Außerdem müssen unerwünschte Gase (CO2 und N2) aus dem Produktionswasser entfernt werden. Das wichtigste technologische Glied der Modellfarmen ist die Kreislauftechnologie, d.h. Umwälzen und Reinigen des Wassers mit dem Ziel, den Frischwasserverbrauch und die Emissionen in die Umwelt zu minimieren.

8.3.1. Allgemeine Beschreibung

Die Kreislaufführung des Wassers in den Modellfarmen und die Belüftung/ Sauerstoffbegasung sind energieaufwändig. Deshalb ist es wichtig, den Sauerstoffbedarf für die Produktion sowie die dafür erforderliche Luftmenge und den Energieaufwand zu bestimmen. Der Sauerstoffbedarf ist während der Fütterung und der nachfolgenden Verdauungsphase am höchsten. Er ist aber auch abhängig von der Fischgröße und den Gesamtbestand.

8.3.2. Grundprinzipien des Moduls

Die aktuellen Technologien zur Belüftung in der Aquakultur sind:

• Beckenbelüftung

• Niederdruckdiffusoren

• Oberflächenbelüfter

• Tropfkörper

• Airlifts (Mammutpumpen) Für eine effiziente Be- und Entgasung sollte man berücksichtigen, dass:

• Die Löslichkeit des Gases bzw. seine Sättigungskonzentration im Wasser mit dem Druck ansteigt, d.h. Wasser kann unter Druck (z.B. in größeren Tiefen) mehr Sauerstoff/CO2 enthalten als im Bereich der Oberfläche.

• Je besser der Grenzflächenkontakt zwischen der Gas- und der Wasserphase ist, desto schneller löst sich das Gas im Wasser, d.h. die Porengröße der Diffusoren bestimmt die Blasengröße und damit die Grenzflächen; aber kleine Poren benötigen mehr Vordruck, d.h. mehr Energie.

Beckenbelüftung

Beckenbelüfter können als einfache Diffusoren ausgeführt werden, die in einem adäquaten Verhältnis zwischen Länge und Tiefe zur Gewährleistung einer guten Wasserzirkulation ca. 50 cm über dem Boden der Produktionseinheit angeordnet sind. Niederdruckdiffusoren

Niederdruckdiffusoren bestehen aus mehreren Diffusorrohren, die in einen Stahlrahmen montiert sind. Sie benötigen bei moderaten Wassertiefen (ca. 80 cm) einen geringen Vordruck. Die Sauerstoffeintragsleistung ist gut, wenn die Konzentrationen niedrig sind. Sie eignen sich wegen der geringen Wassertiefe gut zur Entgasung. Oberflächenbelüfter

Oberflächenbelüfter werden oft in traditionellen Farmen benutzt. Sie verspritzen Wasser in die Luft, was zu einem guten Wasser-Luft-Kontakt führt und den Wasserkörper gut durchmischt. Oberflächenbelüfter eignen sich besonders dazu, Fische bei niedrigen Sauerstoffkonzentrationen am Leben zu halten und Wasser zu entgasen. Tropfkörper

Ein Tropfkörper wird durch ein Verteilungsgitter von oben mit Wasser beschickt. Es fließt im freien Gefälle durch ein Filtermedium (z.B. Bio-Blocks), das eine große Oberfläche für die Belüftung (Sauerstoffeintrag) und Entgasung (N2-, CO2-Austrag) bietet. Tropfkörper sind aber energieaufwändig, weil das Wasser gepumpt werden muss (meist mindestens 1 m). Airlift („Mammutpumpe”)

Die Förderung und Belüftung des Wassers in den Modellfarmen erfolgt gewöhnlich durch Airlifts. Sie vereinigen beide Funktionen in einem Arbeitsschritt. Die verwendeten Airlifts bestehen aus einem langgestreckten Schacht mit einer Längstrennwand (Abb. 19). Auf der Förderseite (Abb. 19 links) befinden

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sich Diffusoren, die mit Druckluft aus Gebläsen beaufschlagt werden. Die treibende Kraft eines Airlifts ist der Dichteunterschied zwischen dem angesaugten Wasser und dem Wasser-Luft-Gemisch auf der linken Seite von Abb. 19. Begrenzende Parameter eines Airlifts sind die Luftbeaufschlagung (Gefahr von Luftkanalbildungen bei zu hoher Beaufschlagung) und die maximale Förderhöhe. Bei einer Einblastiefe der Luft von 2 m haben sich 10 cm als optimale Förderhöhe erwiesen.

8.3.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Energieverbrauch

Die Erzeugung von Druckluft ist energieintensiv. Daher ist es wichtig, den Luftbedarf zu optimieren. Der Sauerstoffbedarf der Fische ist während der Fütterung und der Verdauung des Futters, d. h. während der metabolischen Prozesse, am höchsten. Außerdem ist er abhängig von der Fischgröße und dem vorhandenen Bestand. Allerdings sind für eine optimale Nutzung der eingeleiteten Luft die Verhältnisse zwischen Luftmenge, Belüftungsprinzip, Diffusorgeometrie und Wassertiefe zu beachten, um Folgendes zu erreichen:

• Große Kontaktfläche zwischen Luftblasen und Wasser;

• Die Luftblasen sollen eine möglichst lange Verweildauer in der Wassersäule haben, bevor sie die Oberfläche erreichen;

• Der Druckverlust im System soll möglichst gering sein. Der wichtigste Faktor für die Effizienz der Airlifts ist das Verhältnis der Wasser- und Luftströme. Steigt der Luftstrom zu stark an, geht die Fördereffektivität zurück bis hin zum Kollabieren des Airlifts. Die Versuche zeigten eine direkte Beziehung zwischen Energieverbrauch und Sauerstoffeintrag. Zur weiteren Senkung des spezifischen Energieverbrauches ist es erforderlich, das Verhältnis zwischen Energieaufnahme und Gebläsedruck zu optimieren. Derzeit werden durchschnittlich 1,7 kWh/kg Fischzuwachs benötigt. Bei der Belüftung wird einerseits Energie für die Kompression der Luft und andererseits für die damit verbundene Temperaturerhöhung benötigt. Letzteres bedeutet Energieverlust. Bei den Energieverbrauchs-versuchen benötigte der Airlift insgesamt 10 199 W, davon 5 801 W für die Kompression. Zum Vergleich wurde der Energieverbrauch einer typischen Unterwasserpropellerpumpe mit maximal 0,4 m Förderhöhe und einem Gesamtwirkungsgrad von ηges.= 0,4 nach Q * dp/ηges berechnet. Für Q = 1 300 m³/h = 0,362 m³/s und dp = 0,25 m WS = 2,5 kPa beträgt der Energiebedarf 0,362*2 500/0,4 = 2 260 W. Propellerpumpen würden also nur ein Viertel der Energie benötigen wie Airlifts. Sie müssen aber noch durch ein zusätzliches Belüftungssystem ergänzt werden, für das weitere Energie erforderlich ist.

8.3.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Im Ergebnis der Untersuchungen zum Energieverbrauch in drei verschiedenen Modellfarmen können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

• Die richtige Funktionsweise eines Airlifts hängt stark von einem ausgewogenen Verhältnis der Luft- und Wasserströme ab, d. h. die Luftmenge muss an den Wasserdurchfluss angeglichen werden.

Abb. 19: Prinzipskizze eines Airlifts (Lokalenergi 2008)

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• Es bestand eine lineare Beziehung zwischen dem Energieverbrauch durch Lufteinleitung und der resultierenden Sauerstoffkonzentration des Wassers nach der Belüftung im Airlift.

• Die Energiekosten für den internen Wassertransport durch Propeller-Tauchpumpen betragen ¼ der Energiekosten für einen Airlift gleicher Umwälzleistung.

• Die Beförderung des Wassers mit Propellerpumpen ist zwar billiger als mit einem Airlift. Es müssen allerdings Energiekosten für die Belüftung durch eine zusätzliche Einrichtung (z.B. Teichbelüfter) aufgebracht werden.

• Eine geringere Luftmenge erbrachte im Bezug auf die Kosten eine größere Belüftungseffizienz als ein hoher Luftdurchfluss.

• Mit kleineren Luftblasen wird der angestrebte Sauerstoffgehalt leichter erreicht, d. h. Luftmenge und eine möglichst lange Kontaktzeit zwischen Luft und Wasser sind wichtig für eine kostengünstige Belüftung.

• Je größer die Einblastiefe, desto höher sollte der Luftstrom sein, um eine gegebene Menge Sauerstoff pro Zeiteinheit einzutragen.

• Die Energiekosten der Belüftung waren im hohen Maße abhängig von der Belüftungsmethode, d. h. von der Diffusorgeometrie.

• Der Energieverlust, der durch den erheblichen Temperaturanstieg bei Verwendung von Rotationsgebläsen entstand, sollte beachtet werden.

• Der kosteneffiziente Belüftungsprozess muss überwacht und gemäß den gegebenen Zuchtbedingungen (Tagesvariationen, Jahreszeit, etc.) gesteuert werden.

• Bei der Verwendung von Propellerpumpen als Ersatz für Airlifts müssen die Investitionskosten der Pumpen sowie für zusätzliche Einrichtungen zum Sauerstoffeintrag berücksichtigt werden.

• Es ist offensichtlich einfacher, die Energiekosten für den Wasserumlauf zu reduzieren als diejenigen für die Belüftung.

8.4. Kultivierung von Gartenteichpflanzen in den Lagunen

Die ehemaligen Erdteiche der Modellfarmen bleiben oft über die alten Gräben noch mit der Wasserführung der Anlage verbunden und entwickeln sich so zu Lagunen mit üppiger Wildvegetation. Das Prozesswasser aus der neuen (Kreislauf-)Anlage fließt nach der Behandlung im Reinigungsteil (Schlammtaschen, Biofilter) langsam durch das Lagunengebiet, wo ihm durch die dort wachsenden Pflanzen weitere Nährstoffe entzogen werden. Es findet also vor der Einleitung in den Vorfluter noch eine Nachklärung statt. Die Lagunen sind wichtig für die Umsetzung von Nitrat, BSB5 sowie für die Sedimentation von organischer Substanz und Phosphor. Wenig effektiv sind sie aber bei der Umsetzung von Ammonium zu Nitrat. Durch den Abbau der organischen Substanz können im Bodenbereich anaerobe Bedingungen auftreten, die die Denitrifikation des Nitrats zu atmosphärischen Stickstoff fördern. Die anaeroben Bedingungen begünstigen also den Abbau der organischen Substanz und die Reduzierung des Nitratgehaltes.

8.4.1. Allgemeine Beschreibung

Die Vegetation in den Lagunen hat eine große Bedeutung für den Klärprozess. Das wurde in der Anlage Ejstrupholm untersucht. Die wichtigsten wilden Pflanzenarten mit einem Bedeckungsgrad bis zu 80 % waren Wasserschwaden (Glyceria maxima), Kleine Wasserlinse (Lemna minor), Wasserminze (Mentha aquatica), Fadenalgen und Wasserstern (Callitriche stagnalis). Den Pflanzen kommt eine wichtige Rolle bei der Nährstoffeliminierung und bei der Umsetzung der Inhaltsstoffe des Prozesswassers zu. Dabei spielen sowohl die direkte Aufnahme von N und P durch die Pflanzen als auch die Stoffumsetzungen des auf dem Pflanzenmaterial siedelnden Periphytons (Biofilm) eine wichtige Rolle. Außerdem beeinflussen die Pflanzen die Strömungen und begünstigen so die Sedimentation der Schwebstoffe. Neben ihrer Funktion der Reduzierung der Emissionen aus der Forellenproduktion in die Umwelt können die Lagunen zur Sekundärproduktion von Pflanzenarten dienen, die hohe Preise erzielen. Auf diese Weise könnten zusätzlich Einkommen für die Forellenzüchter generiert werden. Das Marktpotenzial für verschiedene Pflanzenarten ist bereits untersucht worden.

8.4.2. Grundprinzipien des Moduls

Bei den meisten Arten, die geprüft wurden, handelt es sich um mehrjährige Pflanzen, die neben ihrem Potenzial zur Nährstoffadsorption auch akzeptable Preise am Markt erzielen. Insgesamt wurden neun Arten

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getestet – 4 Iridacea, 1 Butomacea, 1 Nymphacea sowie Wasserkresse (Nasturcium officinale), Fieberklee (Menyanthes trifoliata) und Sumpfdotterblume (Caltha palustris). Die Kultivierungsversuche wurden an verschiedenen Stellen der Lagunen der Modellfarm Ejstrupholm durchgeführt. Diese Stellen waren durch unterschiedliche Durchströmung, unterschiedliche Nährstoffbelastung und unterschiedliche Wasserparameter gekennzeichnet. Wegen der dichten natürlichen Teichpflanzenvegetation auf den Lagunen und an deren Ufern wurden die Gartenteichpflanzen in schwimmenden Polystyrolrahmen kultiviert.

Methode der schwimmenden Gärten auf den ungenutzten ehemaligen Produktionsteichen der Modellfarmen

(Foto: DTU-Aqua)

8.4.3. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die Lagunen stellen ein gutes Potenzial zur Reduzierung der Nährstoffeliminierung aus einer Fischfarm dar. Zum Beispiel lag der Abbau des Gesamt-Stickstoffs bei >1 g pro m2 pro Tag. Allerdings spielt die Verweildauer des Wassers in den Lagunen eine große Rolle für die Effizienz der Nährstoffrückhaltung. Die starke natürliche Vegetation auf den Flächen und Ufern der Lagunen führte zu Problemen beim Einbringen der Versuchspflanzen. Es war viel Handarbeit nötig, um erst einmal Platz für die Versuchspflanzen zu schaffen. Sogar die konkurrenzstarke Iris, die sehr einfach zu kultivieren ist, wurde zu Beginn von den rasch wachsenden Wildpflanzen überwuchert. Außerdem wurden die Wurzeln der Versuchspflanzen von Sumpfmäusen (Microtus oeconomus) abgefressen. Wasserkresse (Nasturcium officinale), Fieberklee (Menyanthes trifoliata) und Sumpfdotterblume (Caltha palustris), die sich alle rasch ausbreiten, wurden auf der Mitte eines der alten Erdteiche angesiedelt. Einige dieser Arten überlebten und wuchsen. Die Wachstumsraten waren jedoch geringer als erwartet. Das kann mit den anaeroben Bedingungen in den Teichen im Zusammenhang stehen. Eine Art wurde komplett von den Sumpfmäusen vernichtet. Die geprüften Pflanzenarten verbreiten sich entweder auf natürliche Weise durch ihre Rhizome, oder sie können manuell durch Teilung ihrer Rhizome bzw. Sprosse vermehrt werden. Die Iris-Arten bilden neben der vegetativen Reproduktion auch Samen. Pflanzen, die aus Samen gezogen werden, unterscheiden sich aber im Gegensatz zu vegetativ vermehrten Pflanzen genetisch immer etwas von den Mutterpflanzen. Sie können deshalb phänotypisch von den Elternpflanzen abweichen (z.B. in Farbe oder Blütenform), was die Verkaufsfähigkeit beeinträchtigen kann. Das Konzept 'Schwimmende Gärten' war relativ erfolgreich. Die verwendeten Schwimmrahmen können zu größeren Einheiten von einigen hundert Quadratmetern zusammengefasst werden. Die dänischen Forellenfarmen sind aber durch zahlreiche kleine und schmale stillgelegte Erdteiche charakterisiert. Sie sind deshalb meist vollständig mit natürlicher Vegetation bedeckt, die sich günstig auf die Nährstoffrückhaltung auswirkt. Das macht aber andererseits die Anwendung des Schwimmrahmenkonzepts in größeren Einheiten

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kompliziert. Zur Verbesserung der kommerziellen Produktion von Gartenteichpflanzen in der Modellfarm Ejstrupholm wäre es vorteilhaft, Teile des Lagunensystems zu rekonstruieren. Dabei müssten größere freie Flachwasserflächen geschaffen werden, auf denen entweder Schwimmrahmen ausgebracht oder Zierpflanzen direkt kultiviert werden. Einige Aspekte des Pflanzenteichbaus sollten bei der Errichtung neuer Farmen im Auge behalten werden. Dabei sollte auch die kombinierte Nutzung der Lagunen für Gartenteichpflanzen und dichte natürliche Vegetation wie Schilfrohr (Phragmites australis) oder andere Depotpflanzen angestrebt werden. Das könnte zur Verbesserung der Sauerstoffverhältnisse beitragen. Derzeit weisen die meisten Pflanzenlagunen der Modellfarm Ejstrupholm überwiegend anaerobe Bedingungen auf, die das Wachstum vieler Pflanzen hemmen können. Es muss außerdem berücksichtigt werden, dass große Einheiten von Schwimmrahmen den Sauerstoffaustausch mit der Atmosphäre behindern. Das beeinträchtigt auch die Sauerstoffversorgung der Pflanzenwurzeln. Die Untersuchungen zeigten ein gutes Wachstum einiger Teichpflanzen, besonders der Iridaceen. Aber den potenziellen Einnahmen durch den Verkauf der Pflanzen stehen hohe Arbeitsaufwendungen in der Anfangsperiode („Jäten“) und bei der Ernte gegenüber.

8.5. Kultivierung alternativer Fischarten in den Lagunen

8.5.1. Allgemeine Beschreibung

Nach seiner Aufbereitung in den Reinigungsanlagen des Produktionsteils der Farm (Schlammfänge, Biofilter) fließt das Wasser langsam durch das Lagunengebiet, wo weitere Nährstoffe durch die Pflanzen entfernt werden (Nachklärung), bevor es in die fließende Welle eingeleitet wird. Die Pflanzenlagunen können neben ihrer Klärfunktion auch noch für die Erzeugung hochpreisiger Satzfische genutzt werden und so weitere zusätzliche Einkommen ermöglichen. Die Grundidee war, die Rentabilität der Farm ohne negative Beeinflussung der Forellenproduktion und der Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems zu optimieren. Es wurde weiterhin vorausgesetzt, dass die Sekundärproduktion ausschließlich unter in den Lagunen herrschenden Bedingungen erfolgt, d.h. auch ohne zusätzliche Fütterung.

8.5.2. Grundprinzipien des Moduls

Die Grundidee war, dass Fischlarven und -setzlinge auf der Grundlage der natürlichen Zooplankton-produktion der Lagunen erzeugt werden. Deshalb wurde zuerst geprüft, ob die Zooplanktonmenge der Lagunen ausreichend für die Ernährung der Fische ist, z.B. Barsch- oder Zanderlarven. Aus den Zooplanktonproben ergab sich, dass die Lagunen weniger geeignet für die Aufzucht von Fischbrut sind. Die Produktion von Satzfischen verschiedener Arten für die weitere Mast, für Angelgewässer oder für den Zierfischsektor in Netzgehegen könnte aber eine attraktive Technologie darstellen. Die Netzgehegeversuche wurden sowohl in den Lagunen der Modellfarm Ejstrupholm als auch in zwei Angelseen (Put-and-Take-Fischerei), die eine für Fischlarven besser geeignete Wasserqualität und höhere Zooplanktonproduktion aufwiesen, durchgeführt. Als Fischarten wurden Barsch- und Zanderlarven gewählt.

8.5.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren Nährstoff-, Wasser- und Raumnutzungseffizienz

Die Beprobung des Zooplanktons im Frühling (Brutsaison) zeigte, dass die Planktondichte stark schwankt und generell unterhalb des Niveaus lag, das für das Überleben und das Wachstum von Fischlarven erforderlich ist. Außerdem war die Wasserqualität instabil mit Perioden mit niedrigen Sauerstoff-konzentrationen und Schwefelwasserstoffbildung. Deshalb werden die Lagunen als ungeeignet für die Aufzucht von Fischlarven bewertet. In den nachfolgenden Netzgehegeversuchen wurden die Gehege mit Barsch- und Zanderlarven besetzt. Die Nutzung der Lagunen der Modellfarm Ejstrupholm zur Satzfischproduktion erwies sich wegen Sauerstoffmangel und Fadenalgenentwicklung als nicht möglich. Die Belüftung des Wassers innerhalb der Netzgehege reichte nicht aus, um akzeptable Sauerstoffkonzentrationen zu erreichen. Die parallelen Versuche in sogenannten "Put-and-Take"-Seen zeigten jedoch, dass Fischlarven vom Schlupf bis zu einer Größe von 2 – 3 cm in Netzgehegen ohne menschliches Zutun erzeugt werden können.

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8.6. Zusammenfassung – Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die Ergebnisse der dänischen Fallstudie lieferten wertvolle Informationen und Instrumente zur:

• Reduzierung der Emissionen an Nährstoffen und organischer Substanz, d.h. zur Reduktion des Umwelteinflusses,

• Optimierung der Energiekosten,

• Erhöhung der Nachhaltigkeit durch Kultivierung von Gartenteichpflanzen und zur Aufzucht zusätzlicher Satzfische alternativer Arten in den Lagunen der Modellfarmen.

Auf folgende Erfolgsfaktoren und Einschränkungen kann hingewiesen werden:

• Die Nutzung der Lagunen der Modellfarm Ejstrupholm zur Satzfischproduktion erwies sich wegen Sauerstoffmangel und Fadenalgenentwicklung als nicht möglich. Aber parallele Versuche in Put-and-Take-Seen zeigten, dass Fischlarven vom Schlupf bis zu einer Größe von 2 – 3 cm in Netzgehegen ohne Zufütterung erzeugt werden können.

• Die ordnungsgemäße Funktion der Airlifts hängt in starkem Maße von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Luft- und Wasserstrom ab, d.h. die Luftmenge muss immer an die geplante Wassermenge angepasst werden.

• Die Energiekosten für die Belüftung des Wassers hängen signifikant von der technischen Ausführung ab, d.h. von der Diffusorgeometrie.

• Die Energieverluste durch die kompressionsbedingte Erwärmung der Luft sollten berücksichtigt werden.

• Der Belüftungsprozess sollte im Interesse der Kostensenkung nach den aktuellen Bedingungen in der Farm (tägliche und saisonale Schwankungen usw.) überwacht und gesteuert werden.

• Es besteht die Gefahr erhöhter CO2-Konzentrationen. Das Modellfarm-Konzept nach dem Prinzip des geschlossenen Kreislaufs kann generell vom europäischen Aquakultursektor übernommen werden.

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8.7. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Wie kann man eine Modellforellenfarm mit einer Produktion von 500 Jahrestonnen betreiben (Modellfarm Ejstrupholm)

8.7.1. Beschreibung der Modellfarm

Die Modellfarm Ejstrupholm liegt am Fluss Holtum Å in Mitteljütland, Dänemark. Sie besteht aus zwei identischen Produktionsteilen mit je 8 Sektionen. Abb. 20 zeigt eine Skizze der Modellfarm.

Kanal

Schlammtrichter

Schlamm-trichter

Schlamm-trichter

1

F

Pflanzen-

lagunen

Pflanzen-

lagunen

Kanal zur Lagune

Kanal

zur Lagune

Kanal

zur Lagune

Betonfischbecken

Schlamm-

überlauf

PflanzenteichFluss

= Richtung des Wasserstroms

= Forellenproduktion

Abb. 20: Skizze der Ejstrupholm-Modellfarm (Die Pfeile zeigen die Richtung der Wasserströme an)

Das Wasser wird durch Airlifts im Kreislauf geführt. Im Airlift werden Wasserförderung und Belüftung in einem Arbeitsschritt vereint. Er besteht aus einem Schacht mit einer Trennwand. Auf der Förderseite des getrennten Schachtes sind Diffusoren angeordnet, die mit Druckluft aus Gebläsen beaufschlagt werden. Das Funktionsprinzip wurde bereits unter 8.3.2 beschrieben. Die partikuläre Substanz aus den Produktionsteilen wird in Schlammtrichtern gesammelt, die in den Boden der Produktionsteile eingelassen sind. Der abgesetzte Schlamm wird in Sedimentationsbecken gepumpt. Das Wasser passiert danach einen Biofilter, wo die Umsetzung von Ammonium/ Ammoniak zu Nitrit und weiter zu Nitrat erfolgt. Das Ablaufwasser aus dem Produktionskreislauf und das Überstandswasser aus der Schlammsedimentation werden durch die Pflanzenlagunen (frühere Forellenteiche in Erdbauweise) geleitet, die durch die alten Kanäle noch miteinander verbunden sind und so eine Lagunenfläche mit wilder Vegetation bilden. Das in den Einrichtungen des Produktionskreislaufes (Schlammtrichter, Biofilter) bereits weitgehend geklärte Ablaufwasser wird durch die langsame Passage durch das Lagunensystem einer Nachklärung mit weiterer Eliminierung von Nährstoffen durch die Vegetation unterzogen, bevor es in den Fluss eingeleitet wird.

8.7.2. Beschreibung der Farmabläufe

Tabelle 42 zeigt die Produktionsemissionen, die Netto-Emission und die Effizienz der

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Wasseraufbereitungseinrichtungen der Modellfarm Ejstrupholm sowie den Vergleich zu den Produktions-emissionen durch die eigentliche Fischproduktion (g Nährstoff/kg Fischzuwachs) aus traditionellen dänischen Forellenfarmen. Die Ergebnisse zeigen bei den Nährstoffen eine hohe Eliminierungsrate aus dem Produktionswasser der Modellfarm. Insbesondere waren die spezifischen Emissionen bei Phosphor und organischer Substanz im Vergleich zu den traditionellen dänischen Farmen signifikant geringer. Dabei waren die Einrichtungen innerhalb der Farm besonders effektiv bei Ammonium, Phosphor und organischer Substanz und die Lagunen bei organischer Substanz, suspendiertem Phosphor und Nitrat (Details, siehe Kapitel 8.2.3).

Produktions-emissionen

Netto-Emission Reinigungsgrad Mittlere spezifische

Emissionen (Dänemark)

Vergleich Ejstrupholm zu Mittel Dänemark

(g/kg Zuwachs) (g/kg Zuwachs) (%) (g/kg Zuwachs) (% vom dänischen

Mittelwert)

Gesamt-N 33.7 15.8 53 31.2 51

Gesamt-P 4.3 0.39 91 2.9 13

BSB5 78.7 3.2 96 93.6 3

CSB 224.9 - -

Tabelle 42: Spezifische Emissionen durch die Fischproduktion, Netto-Emissionen und Reinigungsgrad der Modellfarm Ejstrupholm sowie Vergleich mit den traditionellen dänischen Forellenfarmen

8.7.3. Wasserbilanz der Farm

Das Frischwasser für die Produktionsanlage wird aus der Dränung, die unter der Anlage verlegt ist, und/ oder aus nahe gelegenen Brunnen gefördert – insgesamt etwa 45 l/s. Das entspricht einer Verweilzeit in der Anlage von 35 Stunden. Der Energieverbrauch für das Pumpen und den Sauerstoffeintrag betrug 1,7 kWh/kg Fischzuwachs.

8.7.4. Pro und Contra – traditionelle Forellenfarmen vs. Modellfarmen

Der Vergleich der traditionellen Farmen mit dem Modellfarmkonzept kann wie folgt charakterisiert werden:

Vorteile: Nachteile:

• Der Frischwasserverbrauch reduziert sich von etwa 50.000 l auf etwa 3.900 l/kg Zuwachs.

• Erhöhter Bedarf an Sicherheitssystemen: Elektroenergie, Sauerstoff, Pumpen usw.

• Geringerer Einfluss auf die Umwelt • Erhöhte Freisetzung von CO2

• Stabile Produktionsbedingungen • Risiko überhöhter Ammoniakkonzentrationen

• Geringe Schwankungen der Wasserqualität • Höherer Energieverbrauch pro kg Zuwachs

• Die Produktion erfolgt unabhängig von einem Fließgewässer

• Verbesserte Effizienz der Reinigungssysteme

• Geringere Temperaturschwankungen durch die Verwendung von Grundwasser

• Verbesserte Kontrolle von Management und Produktion

• Reduziertes Risiko durch externe Infektionen

• Reduzierter Bedarf von Fischarzneimitteln

• Verbessertes Arbeitsumfeld.

Die Investitionskosten für eine Modellfarm des Typs Ejstrupholm mit einer Leistung von 500 Jahrestonnen liegen bei ca. 1,6 Mio. €. Das sind 3.000 – 3.500 €/Jahrestonne Futter.

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9. Tilapiazucht in Kreislaufanlagen – Fallstudie in den Niederlanden

9.1. Modul – Schlammdenitrifikationsreaktor (SDR)

In den Niederlanden wird Fisch hauptsächlich in Kreislaufanlagen kultiviert. Um die Nachhaltigkeit der Fischkulturen in den Kreislaufanlagen noch weiter zu verbessern, versuchen die Fischzüchter Folgendes:

1. Reduzierung des Energie- und Wasserverbrauches 2. Reduzierung der Abwassermenge (Reduzierung der Abwassergebühren), 3. Verbesserung der Futterverwertung (Optimierung der Futtermittel und Kulturbedingungen) 4. Verringerung der Abwassergebühren (Abwasserbewertungkriterien: CSB, Kjeldahl-N und Phosphor)

Um diese Ziele zu erreichen, müssen systeminterne Innovationen entwickelt werden, die die Emissionen von gelöstem und partikulären Stickstoff, dem CSB und organischem Material verringern. In dieser Fallstudie wurde die Integration eines Schlammdenitrifikationsreaktors mit aufwärts gerichteter Strömung (SDR-AS) in Kreislaufanlagen untersucht, um den Wasserverbrauch, die damit verbunden Heizkosten und den Nährstoffgehalt im Abwasser zu reduzieren. In diesem Reaktor werden die Reststoffe aus der Fischhaltung, wie Kot und Futterreste, durch die aufwärtsgerichtete Strömung in Schwebe gehalten. Mit einem Rührwerk wird eine gleichmäßige, horizontale Durchmischung gewährleistet, ohne dabei die Schichtung innerhalb des Reaktors zu stören. Die Forschungsziele der holländischen Fallstudie umfassten folgende Untersuchungen: Effekt der Strömungsgeschwindigkeit auf die Denitrifikationsleistung des Reaktors, Einfluss des C:N-Verhältnisses im Fischfutter auf die Denitrifikation und die Wasserqualität; Effekt einer auf Pflanzenprotein basierenden Ernährung auf die Denitrifikation und die Wasserqualität; die Leistung des Reaktors beim Upscaling; Effizienz des Geotube®-Systems zur Feststoffkonzentration aus dem SDR-AS, Effekt des SDR-AS auf Gesundheit und Wohlergehen der Fische in einer mittelgroßen Versuchskreislaufanlage und ob die Integration eines SDR-AS in eine Kreislaufanlage das Aufkommen von Fremdaromen (Off-flavour) verhindert. Schließlich wurden auf der Basis der Untersuchungsergebnisse und kommerzieller Daten (ZonAquafarming B.V) zwei hypothetische 100 MT-Kreislaufanlagen mit und ohne SDR-AS berechnet und im Hinblick auf Indikatoren zur Nachhaltigkeit miteinander verglichen.

9.1.1. Allgemeine Beschreibung

Die Planung einer Fischfarm beginnt mit der Wahl der Fischart, die kultiviert werden soll. Die Wahl der Fischart bestimmt zu weiten Teilen die Planung der Produktion, die Ansprüche an Tierhaltung und Wasserqualität sowie die Produktion von Reststoffen (Kot und Futterreste). Die Produktion von Fisch ist unvermeidlich mit einer Produktion dieser Reststoffe verbunden. Diese werden in das Wasser ausgeschieden, in dem die Fische leben, und verschlechtern dabei die Wasserqualität. Deshalb ist ein konstanter Wasserfluss notwendig, der diese Reststoffe entfernt. In einem Durchflusssystem ist der Durchfluss durch die Fischbecken auch gleich dem Wasseraustausch des Systems (Abb. 21).

Abb. 21: In einem Durchflusssystem ist der Durchfluss durch das Fischbecken gleich dem Wasseraustausch des Systems. In einer Kreislaufanlage wird der Wasserfluss vom Fischbecken gereinigt und wieder verwendet. Die verschiedenen Aufbereitungseinheiten benötigen verschiedene Ströme und werden manchmal in einer separaten Schleife innerhalb des Systems betrieben.

Fisch-becken

Durchflusssystem Kreislaufanlage

Aufbereitungs- Einheit 2

Fisch- becken

Aufbereitungs- Einheit 1

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In einer Kreislaufanlage wird das Wasser, das vom Fischbecken kommt, gereinigt und wieder verwendet (Abb. 21). Feststoffe werden durch Sedimentation oder Filtration entfernt, Sauerstoff wird durch Belüftung oder Sauerstoffzufuhr zugefügt, Kohlendioxyd wird durch Entgasung entfernt und Ammonium wird meist durch Nitrifikation in aeroben biologischen Filtern in Nitrat umgewandelt. Jeder Schritt der Wasser-aufbereitung reduziert den Wasseraustausch des gesamten Systems bis zur nächsten begrenzenden Reststoffkomponente. In konventionellen Kreislaufanlagen wird der notwendige Wasseraustausch durch die Nitratkonzentration bestimmt (Abb. 22). In der neuesten Generation von Kreislaufanlagen wird das Nitrat durch Denitrifikation in anoxischen biologischen Filtern in gasförmigen Stickstoff (N2) umgewandelt. In diesen Denitrifikationsreaktoren wird organisches Material (bevorzugt aus internem Ursprung, d. h. nicht verzehrtes Futter und der Fischkot von der Feststoffentnahme) oxidiert, wobei der Sauerstoff vom Nitrat-Molekül zum Einsatz kommt. Diese Kreislaufanlagen der letzten Generation reduzieren dadurch nicht nur den Wasserverbrauch und die Stickstoffentsorgung (es muss weniger Nitrat ausgespült werden), sondern auch die anfallenden Reststoffmengen. Für alle Abschnitte einer Kreislaufanlage, die Fischhaltungs- sowie die Wasseraufbereitungseinheiten, stellen sich zwei grundlegende Fragen: (1) wie viel Wasser muss durchgeleitet werden und (2) welche Dimensionen werden benötigt (d. h. Volumen und Form). Für die Fischbecken sollte der Durchfluss groß genug sein, um die produzierte Menge an Reststoffen entfernen zu können und eine für den Fisch akzeptable Wasserqualität zu gewährleisten. Für jede Aufbereitungseinheit sollte der Durchfluss groß genug sein, um dieser Einheit die abzubauende Menge an Nährstoffen ('Abfall') zuzuführen. Verschiedene Aufbereitungseinheiten können verschiedene Durchflussraten erfordern und werden innerhalb des Systems oftmals im Beipass betrieben (Abb. 21). Das notwendige Volumen der Fischbecken hängt von der maximalen Besatzdichte der betreffenden Fischart ab. Das notwendige Volumen und die Form der Aufbereitungseinheiten hängen von deren funktionalen Eigenschaften ab. Für die Entnahme von Feststoffen spielt die Verteilung der Partikelgrößen eine wichtige Rolle. Für biologische Filter hängt das Volumen von der spezifischen Abbaurate ab, die als abgebauter 'Reststoff '/m3/d ausgedrückt wird. Folglich ist eine genaue Kenntnis der zu erwartenden Menge an Reststoffen für die Planung einer Kreislaufanlage von entscheidender Bedeutung. Da sämtliche Reststoffe aus dem Futter stammen (Reststoff = Futter, das nicht in Fischbiomasse umgesetzt wird), ist es wichtig, die Futtermenge pro Tag zu bestimmen. Wegen der Fluktuation des Fischbestandes, die durch Abfischung und neuen Besatz verursacht wird, schwankt auch die Futtermenge. Die Konzeption der Anlage sollte auf der geplanten Jahresproduktion und der damit verbundenen maximalen angenommenen Futtermenge basieren. Die maximale tägliche Futter-menge kann wiederum aus dem Kulturplan errechnet werden. Aus der maximal anzunehmenden Futtermenge kann mit dem Nährstoffbudgetmodell die Abfallproduktion berechnet werden. Dieses Nährstoff-budgetmodell berechnet aus der Futterzusammensetzung, der Futterverdaulichkeit des Futters, der Zusammensetzung des Fisches bei der Ernte und der Fischatmung die Mengen an Reststoffen; und zwar sowohl als Feststoffe, wie Fischkot, und als gelöste Reststoffe, die über die Kiemen und im Urin ausgeschieden werden.

9.1.2. Grundprinzipien des Schlammdenitrifikationsreaktors (SDR)

Ein SDR-AS ist ein zylinderförmiger, anoxischer Reaktor (ohne Sauerstoff), der mit dem zurückgehaltenen Reststoffen des Trommelfilters 1 (Abb. 22) gespeist wird. Dieser Zulauf enthält gelöste und partikuläre organische Stoffe, Bakterienflocken und anorganische Verbindungen. Der Zulauf befindet sich unten in der Mitte des Reaktors und erzeugt somit eine aufwärtsgerichtete Strömung. Die Aufwärtsströmung im Reaktor ist so eingestellt, dass sie kleiner ist als die Absetzgeschwindigkeit des Hauptanteils der partikulären Reststoffe. Damit bildet sich eine Schicht aus partikulären Reststoffen im unteren Teil des Reaktors. In dieser Schlammschicht wird der partikuläre, kohlenstoffhaltige Fischkot von denitrifizierenden Bakterien biologisch abgebaut. Das führt zu: (1) Produktion der Bakterienbiomasse, (2) Reduktion von Nitrat in gasförmigen Stickstoff und Erzeugung von Kohlendioxyd (3) Produktion von Alkalinität und (4) Erzeugung von Wärme. Die partikulären Reststoffe in der Schlammschicht dienen auch als Medium, auf dem die denitrifizierenden Bakterien wachsen können. Nach einer Absetzphase verlässt das Wasser den Reaktor durch einen V-förmigen Überlauf im oberen Bereich des Reaktors. Im Vergleich zu einer konventionellen Kreislaufanlage erlaubt eine mit einem SDR-AS ausgestattete Kreislaufanlage: eine Reduzierung der Frischwasserzufuhr zur Stickstoffkontrolle; eine Reduzierung der Nitrat-Stickstoffabgabe; eine Reduzierung des Energieverbrauchs durch die verminderte Zufuhr an Frischwasser und der Wärmebildung durch die Bakterienbiomasse im SDR-AS; eine weitere Konzentration der Feststoffe aus dem Trommelfilter; eine Reduzierung der Nachbehandlung des Produktionswassers in Menge und Umfang, da der SDR-AS die Feststoffe bereits vorkonzentriert und biologisch abbaut; Reduzierung der Gebühren für den Nährstoffaustrag (TAN, Nitrat, org-N und sonstiges organisches Material (CSB)); Anstieg der Alkalinitätsproduktion und ermöglicht einen pH-neutralen Fischkulturbetrieb. Nachteile sind: höhere

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Investitionen, die größere Notwendigkeit von Fachwissen zum Betrieb des Systems, die Anreicherung von gelösten Salzen.

9.1.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Die SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren, die in diesem Modul für eine konventionelle Kreislaufanlage ohne SDR-AS und eine hypothetische Kreislaufanlage mit SDR-AS angewendet werden, sind: Ressourcennutzung pro kg Ernte, Nährstoffverwertung in % des Eingangswerts, und Abfallmenge pro kg Ernte (siehe Tabelle 43).

Konventionelle Kreislaufanlage

SDR-AS KA

Konventionelle Kreislaufanlage

SDR-AS KA

Ressourcennutzung Abfallausleitung

Jungfisch (#/kg) 1.2 1.2 Stickstoff Futter (kg/kg) 1.22 1.22 Fest (g/kg) 8.5 2.6 Elektrizität (kWh/kg) 1.8 2.2 Gelöst (g/kg) 37.4 5.9 Heizung (kWh/kg) 10.0 0.0 Phosphor Wasser (L/kg) 238 38 Fest (g/kg) 4.5 7.2 Sauerstoff (kg/kg) 1.18 1.26 Gelöst (g/kg) 3.8 1.3 Bikarbonat (g/kg) 252 107 a CSB Arbeit (h/MT) 12.5 13.1 Fest (g/kg) 189 84

Gelöst (g/kg) 40 9 Nährstoffverwertung GSB Fest (g/kg) 227 95

Stickstoff (% des Input) 32 32 Gelöst (g/kg) 48 11 Phosphor (% des Input) 43 43 CO2 (kg/kg inkl. Gas) 1.58 1.10

CSB (% des Input) 32 32 Summe gelöster Salze (g/kg) 62 28

GSB (% des Input) 32 32 Konduktivität (µS/cm) 1060 2000

a) In der Praxis ist der Bedarf an Bikarbonat (Alkalinität) tatsächlich Null, wenn Denitrifikation angewendet wird. GSB= Gesamtsauerstoffbedarf; KA= Kreislaufanlage

Tabelle 43: Bestimmung der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren im MDR-Modul

9.1.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

In der Fallstudie 'Niederlande' zeigt die Integration eines Schlammdenitrifikationsreaktors in eine konventionelle Kreislaufanlage Folgendes: Erfolgsfaktoren

• Wasser-, Energie- und Alkalinitätsverbrauch können in konventionellen Kreislaufanlagen erheblich vermindert werden.

• Der Energieverbrauch wird im Vergleich zu konventionellen Kreislaufanlagen stark reduziert, da: (a) weniger Wasser ausgetauscht wird, um die Nitratkonzentration zu kontrollieren und folglich auch weniger geheizt werden muss, (b) ein beachtlicher Anteil der Wärme in der bakteriellen Biomasse erzeugt wird, der die Nährstoffe wiederverwertet und oxidiert, die andernfalls vergeudet würden.

• Im Vergleich mit einer konventionellen Kreislaufanlage werden die Mengen organischer Feststoffe im SDR verringert (biologischer Abbau) und innerhalb des Beipasses konzentriert. Eine weitere Reststoffkonzentration der SDR-Schlämme ist durch eine Entwässerung mittels des Geotubes®-Systems möglich.

Aussichten

• In zukünftigen Fischzuchten, wo das Nitrat-N nicht durch einen SDR-AS kontrolliert werden kann, kann eine veränderte Futtermittelzusammensetzung, mit dem Ziel eines größeren C/N-Verhältnisses im produzierten Fischkot, ein rentables Instrument zur Kontrolle der Nitratansammlung durch Denitrifikation sein. In der Folge werden Wasser-, Energie- und Alkalinitätsverbrauch verringert.

• Pflanzenproteinnahrung kann in Zukunft eingesetzt werden, um das Nachhaltigkeitsimage von Fisch, der in Kreislaufanlagen produziert wird, weiter zu verbessern. Die Studie zeigte keine nennenswerten Auswirkungen von Pflanzenproteinnahrung auf die Leistung eines SDR-AS. Allerdings war die Konzentration von Orthophosphat-P in der Kreislaufanlage erheblich höher, verglichen mit einer auf

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Fischmehl basierenden Fütterung. Einschränkungen

• Niltilapia bis zu ±150 g können in einem fast geschlossenen Kreislaufsystem mit Wasseraustauschraten von 30 l/kg Futter/Tag (mit SDR) gehalten werden, ohne dass dadurch das Wohlergehen des Fisches beeinträchtigt würde. Größere Einzelexemplare (±300 g) hingegen scheinen ein (tendenziell) verzögertes Wachstum zu zeigen, wenn sie bei einer ähnlichen Wasseraustauschrate in einer Pilotkreislaufanlage gehalten werden, die mit einem SDR-AS ausgestattet ist. Dieser Effekt wurde jedoch in kommerziellen Kreislaufanlagen nicht beobachtet (Information von ZonAquafarming B.V).

• Zum Betreiben des Systems sind höhere Investitionen und ein besseres Fachwissen notwendig.

9.1.5. Vorteile der Anwendung

Die hier zusammengefassten Vor- und Nachteile bei der Verwendung eines SDR-AS in einer konventionellen Kreislaufanlage basieren auf einer Fallstudie für eine hypothetische 100 t Tilapiafarm (=Jahresverkauf 100 t) auf Forschungsdaten (Universität Wageningen) und auf Daten einer kommerziellen Kreislaufanlage (ZonAquafarming B.V). Die geschätzten Vor- und Nachteile, für eine Kreislaufanlage mit einem SDR-AS und ein Geotube®-System sind folgende:

Vorteile

Ressourcennutzung: • Reduzierung der Energiekosten auf 9,6 kWh/kg Ernte

• Reduzierung des Wasserverbrauchs auf 200 L/kg Ernte

• Reduzierung des Bikarbonatverbrauchs auf 252 g/kg Ernte

Nährstoffrückgewinnung: • Nährstoffrückgewinnung durch Bakterien und Umwandlung in 0,5 kWh/kg produziertem Fisch

Nährstoffaustrag: • Reduzierung um 81% für N,

59% für CSB,

61% für GSB,

30% für CO2 1)

58% für Summe gelöster Salze

Schlammmenge: • Reduzierung der Schlammmenge auf 7,3 L/kg Futter bei Einsatz von Geotube®-Systemen

Nachteile

• Höhere Investitionen (± Euro 52 800 für die SDR-AS's und zusätzliches Biofiltermaterial und -volumen) im Vergleich mit konventionellen Kreislaufanlagen

• Es kann ein Trommelfilter mit einer größeren Filterkapazität notwendig sein, da nicht die gesamten sedimentierbaren Feststoffe im SDR-AS zurückgehalten werden. Die Abbaueffizienz (%) des SDR-AS für sedimentierbare Feststoffe war in Pilotversuchen 65 ± 18 % (durchschn. ± Stabw.; N=7).

• Höheres Fachwissen zum Betrieb einer Kreislaufanlage mit SDR-AS.

• C:N Verhältnis im Fischkot kann die Denitrifikationsrate limitieren. 1) Reduzierung der Kohlendioxyd-Emission aufgrund von Einsparungen an Verbrauch von fossilem Treibstoff.

Unter den wirtschaftlichen Bedingungen in den Niederlanden zeigt die Fallstudie um 10% verringerte Produktionskosten pro kg geerntetem Fisch für eine mit SDR-AS ausgestattete Kreislaufanlage, verglichen mit einer Kreislaufanlage ohne SDR-AS.

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9.2. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Integration eines SDR-AS in eine 100 t Tilapiakreislaufanlage

9.2.1. Einführung

In dieser Fallstudie werden die Auswirkungen der Integration eines SDR-AS in eine 100 t Tilapiakreislaufanlage anhand der Nachhaltigkeitsindikatoren demonstriert. Verglichen wird eine konventionelle Kreislaufanlage mit eine Anlage mit SDR-AS. Der Vergleich basiert auf dem Konzept und den Ergebnisse von ZonAquafarming B.V. mit der intensiven Zucht von Tilapia (Abb. 22).

Abb. 22: In dieser Fallstudie werden eine konventionelle Kreislaufanlage und eine Kreislaufanlage mit einem SDR-AS, beide gemäß dem ZonAquafarming B.V. Konzept, miteinander verglichen.

Die Fallstudie ist im Handbuchformat ausgeführt, um Richtlinien zur Entwicklung eines Kurses bezüglich SDR-AS-Konstruktion und -betrieb zu geben. Die notwendigen Schritte zur Konstruktion einer Kreislaufanlage sind in Tabelle 44 dargestellt. Diese Schritte werden in den folgenden Abschnitten diskutiert.

Fischart Tilapia Produktion von Reststoffen

Wachstumskurve Chem. Zusammensetzung des Fischs

Besatzgewicht 70 Gramm Futterzusammensetzung

Schlachtgewicht 845 Gramm Verdaulichkeit

Zeit 24 Wochen Sauerstoffverbrauch Fisch

Futteraufnahme Durchflussrate

Futterumsetzung 1.34 Grenzwerte für die Wasserqualität

Max. Besatzdichte 140 kg/m3 Wasseraustausch Fischbecken

Sterblichkeit 0.5 % Wasseraustausch gesamtes System

Kulturplan Durchfluss der Wasseraufbereitung

Produktionsziel 100 MT/Jahr Aufbereitungssysteme

Wachstumsphasen 2 Ergebnisse

Besatz-/Ernteschema 3 Wochen N, P und CSB

Maximale Futtermenge 349 kg/d Nachhaltigkeitsindikatoren

Tabelle 44: Schritte der Planung einer Kreislaufanlage

9.2.2. Umsetzung

Fischart

Zuerst muss die Auswahl der zu kultivierenden Fischart getroffen werden. Hier fiel die Wahl auf Niltilapia (Oreochromis niloticus). Oft wird diese Entscheidung basierend auf dem Marktpreis des Fisches getroffen. Für die wirtschaftliche Nachhaltigkeit ist jedoch die Differenz zwischen Marktpreis und Produktionskosten entscheidend, die in intensiven Systemen weitgehend durch die Produktivität (kg/m3/Jahr) bestimmt wird. Wachstumskurve

Durch die Wahl der Fischart und der vermarktbaren Größe bestimmt man weitestgehend auch den Bereich der Wachstumskurve der für die Kultur genutzt werden soll, d. h. das Besatz- und Schlachtgewicht. Die

Konventionell SDR-AS

Bewegt-bettfilter

Fischbecken

Trommel-filter

O2 Belüftung

Bewegt-bettfilter

Fischbecken

Trommel-filter

O2 Belüftung

SDR-AS

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Wachstumskurve des Fisches stellt die Gewichtszunahme über die Zeit dar, bis zum Erreichen des Schlachtgewichtes. Die Dauer dieser Zeit wird von der Futteraufnahme und der Futterverwertung bestimmt, beide Parameter sind wiederum vom Körpergewicht des Fisches abhängig. Die Sterblichkeit ist ebenfalls vom Körpergewicht abhängig und wird benötigt, um die Anzahl der Fische, die pro Zyklus eingesetzt werden sollen, zu errechnen. Schließlich bestimmt die Wahl der Fischart auch die notwendigen Kulturbedingungen, wie z.B. die maximale Besatzdichte und die notwendige Wasserqualität (die Wasserqualität wird in der Sektion Durchflussrate diskutiert).

In dieser Fallstudie wird ein Besatzgewicht von 70 g und ein Erntegewicht von 845 g gewählt, basierend auf Erfahrungswerten von ZonAquafarming B.V. bezüglich der Wachstums- und Futteraufnahme von Tilapia, wie in Abb. 23 aufgeführt. Es sollte beachtet werden, dass der Tilapiastamm von ZonAquafarming B.V. über mehrere Generationen selektiver Züchtung entwickelt wurde. Die meisten kommerziellen Tilapastämme wachsen weniger schnell und haben besonders Schwierigkeiten, unter intensiven Zuchtbedingungen Größen über 600-700 g zu erreichen. Der Tilapia in dieser Fallstudie erreicht die Marktgröße in 24 Wochen, bei einer kumulativen Überlebensrate von 99,5%. Weitere Berechnungen sind in Kasten 1 der Sektion Kulturplan aufgeführt.

Abb. 23: Wachstums- und Zuchtcharakteristiken von Tilapia von ZonAquafarming B.V.

0

200

400

600

800

0 3 6 9 12 15 18 21 24

Bo

dy

we

igh

t (g

)

Time (weeks)

SGR = 46 bw-0.61

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

0 200 400 600 800

SGR

(%

/d)

Bodyweight (g)

FC = 0.57 bw0.14

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

1.6

0 200 400 600 800

Fee

d c

on

vers

ion

(-)

Body weight (g)

Dens = 35 ln(bw) - 80

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

0 200 400 600 800

Max

imu

m d

en

sity

(kg

/m3)

Body weight (g)

96

97

98

99

100

0 3 6 9 12 15 18 21 24

Cu

mu

lati

ve s

urv

ival

(%

)

Time (weeks)

Mort = 1.75 bw-0.8

0.00

0.05

0.10

0.15

0.20

0.25

0 200 400 600 800

Mo

rtal

ity

(%/w

ee

k)

Body weight (g)

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Kulturplan

Nach der Wahl der Fischart und Bestimmung der Wachstumskurve muss der Kulturplan erarbeitet werden. Dies umfasst das Produktionsziel (hier 100 t/Jahr), die Anzahl der Wachstumsphasen (hier 2, Teilung nach der Hälfte der Zeit, d. h. nach 12 Wochen), und den Besatz-/Ernteplan (hier alle 3 Wochen). Hinweis: Mit einer 100 t Anlage ist eine Produktion von 100 t Fisch in Marktgröße gemeint. Da dies auf einem Besatz von Jungfischen von insgesamt 8,3 t basiert, beträgt die tatsächliche Produktion nur 91,7 t. Aus dem Kulturplan lässt sich entnehmen, wie viele Batches (Gruppen gleichalter Fische) gleichzeitig in der Anlage vorhanden sind. Mit dem Gewicht und der Anzahl der verschiedenen Batches lässt sich der Gesamtfutterbedarf in kg/Tag errechnen. Im Kulturplan von ZonAquafarming B.V. werden 12 Fischtanks (24 Wochen / 2 Wachstumsphasen) verwendet. Die Becken werden in Blöcken von je 3 Becken betrieben, die durch verschließbare Schwimmwege miteinander verbunden sind. Indem der Schwimmweg zu einem benachbarten leeren Tank geöffnet wird, kann der Fisch eines Tanks auf zwei Becken aufgeteilt werden. Alle 3 Wochen wird eines der 3 Becken (nicht das mittlere der 3 Becken) mit 6 862 Fischen von 70 g besetzt. Nach 12 Wochen, wenn die Fische ca. 370 g wiegen, werden sie auf die oben beschriebene Weise auf zwei Becken verteilt. Zur selben Zeit wird das dritte der 3 Becken mit einem neuen Batch von 70 g schwerem Fisch besetzt. Nach 24 Wochen werden die Fische mit Marktgröße in den ersten 2 Becken geerntet. Die Fische im dritten Becken werden wieder auf 2 Becken aufgeteilt und das erste Becken mit einem neuen Batch von 70 g schwerem Fisch besetzt. Dieser Kulturplan wird in gezeigt, zusammen mit dem sich daraus ergebenden Anlagendesign, Beckenform, Wassermenge im Fischbecken, Wassermenge im gesamten System und dem entsprechenden Arbeitsaufwand.

Nach Inbetriebnahme der Anlage steigt die Biomasse des vorhandenen Fischs aufgrund des Wachstums und des Besetzens von neuen Becken fortschreitend an. Gleichzeitig steigt die tägliche Futtermenge, d.h. die verfütterte Menge in kg/d (Tabelle 46). Die maximale Futtermenge ist dann erreicht, wenn der erste Batch nach 24 Wochen Schlachtreife erlangt. Danach folgt die tägliche Futtermenge einem so genannten Sägezahnmuster (Abb. 24). Die Planung der Anlage basiert auf der maximalen Futtermenge, in dieser Fallstudie 349 kg/d.

Abb. 24: Die maximale Futtermenge ist dann erreicht, wenn der erste Batch Marktgröße erlangt, nach 24 Wochen. In diesem Moment (siehe Tabelle 45) sind in der Farm 8 Batches vorhanden. Wenn der erste Batch geerntet und durch einen neuen Batch kleiner Fische ersetzt wird, wird der Futterbedarf zunächst vermindert und steigt dann wieder mit dem Wachstum des Fischbestands an. Dieser Prozess wird fortgesetzt und der Futterbedarf folgt einem Sägezahnmuster.

Kasten 1. Berechnungen Kulturplan.

Die Anzahl der geernteten Fische ist 100 000 (kg/Jahr)/0,845 (kg/Fisch) = 118 343 Stück/Jahr oder 118 343*(3/52) = 6 828 Stück/ Batch. 3/52 ist die Anzahl der Ernten oder Besatz pro Jahr.

Die Anzahl der eingesetzten Fische ist demnach 118 343/0.995 (kumulativ überlebend) ≈ 118 946 Stück/Jahr oder 118 946*(3/52) = 6 862 Stück/ Batch .

Für die erste Woche ist die Sterblichkeit 1,75*70 -0.8 = 0,058% und die Anzahl pro Becken nach 1 Woche ist dann 6 862*(1-0.00058)=6 858.

Das notwendige Beckenvolumen wird nach dem maximal notwendigen Beckenvolumen am Ende von Phase 1 und 2 berechnet. Hier ist das notwendige Volumen nach 12 Wochen 2 516 (kg/Becken) / (35*ln(368)-80) = 19,8m3. Aufgrund von Planungsüberlegungen ist das tatsächliche Beckenvolumen 20,5m3 und der Beckeninhalt der gesamten Anlage beträgt 246 m3.

Nach 1 Woche beträgt die Biomasse pro Becken 6,858*0,087 (kg/Fisch) = 597kg. Die Besatzdichte ist 597/20,5 = 29kg/m3.

Das Wachstum der Fische ist nach 1 Woche 87 * (46*87 -0.61)/100 = 2,6g/Fisch/d. Die Gesamtproduktion für dieses Becken ist 0,026*6.858 = 18kg/d.

Bei einer Futterverwertung von 0,57*87 0.14 = 1.07 ist der Gesamtfutterbedarf in diesem Becken 18*1,07 = 19kg/d.

0

50

100

150

200

250

300

350

400

0 10 20 30 40 50

Fee

d lo

ad (

kg/d

)

Weeks from startup

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in den Niederlanden

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Fischbecken

Anzahl der Becken (Blöcke von 3 Becken) 12 # Anzahl der geernteten Fische 6,828 #/Batch 118,343 #/Jahr Notwendiges Tankvolumen 238 m3 Notwendiges Volumen pro Tank 19.8 m3 Anzahl der eingesetzten Fische 6,862 #/Batch 118,946 #/Jahr

Tiefe des Beckens gesamt 1.6 m Stärke der Tankwand 0.2 m Arbeit Allgemein 3 h/Tag Wassertiefe im Tank 1.3 m Besatz 3 h/Batch Ernte 6 h/Batch Notwendige Oberfläche pro Tank 15 m2 Verhältnis Länge : Breite 4 Gesamt 1251 h/Jahr Geplante Länge, abgerundet auf 0,1m 7.90 m Geplante Breite, abgerundet auf 0,1m 2.00 m Tankwasseroberfläche 190 m2 Wassermenge im Tank 246 m3 Wassermenge im System 384 m3 Gesamttankfläche inkl. Wände 239 m2

SYSTEMABMESSUNGEN UND WACHSTUMSLEISTUNG TILAPIA BLÖCKE VON 3 BECKEN Inhalt: 20.5 m3/tank Becken: 12 # VERTEILUNG DES FISCHS AUF 2 BECKEN

Zeit Gewicht Dichte Bestand Besatz Wachstum Produktion Futter Tank 1 Tank 2 Tank 3

Wochen Gramm/

Fisch kg/m3 kg/Tank #/Tank Gramm/

Fisch kg/t/Tag FC kg /Tag #/Tank #/Tank #/Tank 1 87 29 597 6858 2.6 18 1.07 19 6858 3418 3418 2 106 35 727 6855 2.8 19 1.10 21 6855 3417 3417 3 126 42 863 6852 3.0 21 1.12 24 6852 3417 3417 4 147 49 1007 6849 3.2 22 1.15 25 6849 3417 3417 5 169 56 1157 6847 3.4 23 1.17 27 6847 3416 3416 6 193 64 1321 6845 3.6 25 1.19 30 6845 3416 3416 7 218 73 1492 6843 3.8 26 1.21 31 6843 3415 3415 8 245 82 1677 6842 3.9 27 1.23 33 6842 3415 3415 9 273 91 1868 6840 4.1 28 1.25 35 6840 3415 3415

10 303 101 2073 6839 4.3 29 1.27 37 6839 3414 3414 11 335 112 2291 6838 4.4 30 1.29 39 6838 3414 3414 12 368 122 2516 6836 4.6 31 1.30 40 6836 3414 3414 13 403 67 1377 3418 4.8 16 1.32 21 3418 3418 6858 14 439 73 1500 3417 4.9 17 1.34 23 3417 3417 6855 15 476 79 1626 3417 5.1 17 1.35 23 3417 3417 6852 16 514 85 1756 3417 5.2 18 1.37 25 3417 3417 6849 17 553 92 1889 3416 5.4 18 1.38 25 3416 3416 6847 18 592 98 2022 3416 5.5 19 1.39 26 3416 3416 6845 19 633 105 2162 3415 5.7 19 1.41 27 3415 3415 6843 20 674 112 2302 3415 5.8 20 1.42 28 3415 3415 6842 21 716 119 2445 3415 6.0 20 1.43 29 3415 3415 6840 22 759 126 2591 3414 6.1 21 1.44 30 3414 3414 6839 23 802 133 2738 3414 6.2 21 1.45 31 3414 3414 6838 24 845 140 2884 3414 6.4 22 1.46 32 3414 3414 6836

Tabelle 45: Planung des ZonAquafarming B.V. Kulturplans für Tilapia. Gesamtarbeit und Systemvolumen sind die Werte von konventionellen Kreislaufanlagen.

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INSG. 333 kg/d BESATZ neuer Fisch 1 Tank alle 3 Wochen MIN. 318 kg/d ERNTE Marktgrößenfisch 2 Becken pro 3 Wochen MAX. 349 kg/d

Woche kg Futter 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

1 19 19 2 21 21 3 24 24 4 44 25 19 5 48 27 21 6 53 30 24 7 76 31 25 19 8 81 33 27 21 9 88 35 30 24

10 113 37 31 25 19 11 120 39 33 27 21 12 129 40 35 30 24 13 155 21 21 19 37 31 25 14 165 23 23 21 39 33 27 15 175 23 23 24 40 35 30 16 204 25 25 25 21 21 19 37 31 17 215 25 25 27 23 23 21 39 33 18 228 26 26 30 23 23 24 40 35 19 258 27 27 31 25 25 25 21 21 19 37 20 271 28 28 33 25 25 27 23 23 21 39 21 285 29 29 35 26 26 30 23 23 24 40 22 318 30 30 37 27 27 31 25 25 25 21 21 19 23 332 31 31 39 28 28 33 25 25 27 23 23 21

24 349 32 32 40 29 29 35 26 26 30 23 23 24

25 318 19 21 21 30 30 37 27 27 31 25 25 25 26 332 21 23 23 31 31 39 28 28 33 25 25 27 27 349 24 23 23 32 32 40 29 29 35 26 26 30 28 318 25 25 25 19 21 21 30 30 37 27 27 31 29 332 27 25 25 21 23 23 31 31 39 28 28 33 30 349 30 26 26 24 23 23 32 32 40 29 29 35 31 318 31 27 27 25 25 25 19 21 21 30 30 37 32 332 33 28 28 27 25 25 21 23 23 31 31 39 33 349 35 29 29 30 26 26 24 23 23 32 32 40 34 318 37 30 30 31 27 27 25 25 25 19 21 21 35 332 39 31 31 33 28 28 27 25 25 21 23 23 36 349 40 32 32 35 29 29 30 26 26 24 23 23 37 318 21 21 19 37 30 30 31 27 27 25 25 25 38 332 23 23 21 39 31 31 33 28 28 27 25 25 39 349 23 23 24 40 32 32 35 29 29 30 26 26 40 318 25 25 25 21 21 19 37 30 30 31 27 27 41 332 25 25 27 23 23 21 39 31 31 33 28 28 42 349 26 26 30 23 23 24 40 32 32 35 29 29 43 318 27 27 31 25 25 25 21 21 19 37 30 30 44 332 28 28 33 25 25 27 23 23 21 39 31 31 45 349 29 29 35 26 26 30 23 23 24 40 32 32 46 318 30 30 37 27 27 31 25 25 25 21 21 19 47 332 31 31 39 28 28 33 25 25 27 23 23 21 48 349 32 32 40 29 29 35 26 26 30 23 23 24 49 318 19 21 21 30 30 37 27 27 31 25 25 25 50 332 21 23 23 31 31 39 28 28 33 25 25 27 51 349 24 23 23 32 32 40 29 29 35 26 26 30 52 318 25 25 25 19 21 21 30 30 37 27 27 31

Tabelle 46: Entwicklung des Futterbedarfs von Beginn an. Maximaler Futterbedarf nach 24 Wochen (rot umrandet).

SUSTAINAQUA HANDBUCH Fallstudie in den Niederlanden

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Futter

Fischkot

Ausscheidung

Atmung

Wachstum

Abb. 25: Nährstoffbudgetmodell zur Berechnung der Abfallproduktion (N, P und CSB), die aus dem verabreichten Futter stammt.

Produktion von Reststoffen

Die Produktion von Fisch verursacht unausweichlich die Produktion von Reststoffen. Beispiele dafür sind die Produktion von Fischkot, Ausscheidung von Ammonium (NH3) und Kohlendioxyd (CO2), sowie Verbrauch von Sauerstoff (O2). Diese Stoffe werden in das Wasser ausgeschieden, in dem der Fisch lebt. Dadurch verschlechtert sich konstant die Wasserqualität. Deshalb ist ein konstanter Wasserfluss notwendig, der diese Stoffe aus dem Wasser entfernt. Um die notwendigen Durchflussraten berechnen zu können (siehe Sektion Durchflussrate), muss die Menge der pro Zeiteinheit produzierten Reststoffe bekannt sein. In dieser Fallstudie wird dies für Stickstoff (N), Phosphor (P) und den Bedarf an chemischem Sauerstoff (CSB) mit Hilfe des so genannten Nährstoffbudgetmodells berechnet (Abb. 25). CSB (Chemischer Sauerstoffbedarf) ist die Menge an Sauerstoff, die zur Oxydation von 1 kg organischem Material benötigt wird. Sie kann als gemeinsamer Nenner zur Charakterisierung des organischen Anteils im Fisch, Futter, Reststoffen und bakteriellen Masse dienen. Der organische Anteil besteht aus Protein, Fett und Kohlenhydraten. Das Protein wird nicht vollständig oxydiert, der organische Stickstoff wird nicht oxydiert. Der CSB lässt sich aus der Zusammensetzung des organischen Materials berechnen als die Summe von 1.38 * Protein, 2.78 * Fett und 1.21 * Kohlenhydraten. Hinweis: Organischer Stickstoff kann ebenfalls oxydiert werden, als NH4-N, in NO3-N. Dazu sind theoretisch 4,57 g O2 /g N notwendig. Dies, plus der Menge an CSB ergibt den Gesamtsauerstoffbedarf. Im Prozess der Futterverwertung und des Wachstums oxydiert der Fisch selbst einen Teil der organischen Futteranteile. Der Sauerstoffverbrauch des Fischs (Atmung) lässt sich daher direkt in CSB (1) ausdrücken.

Fischgewicht Protein Fett Asche P E CSB DigN DigP DigCSB

Besatz Ernte % % % % kJ/g g/kg % % %

70 845 38 11 11.1 1.2 18.4 1 192 0.90 0.60 0.85

Tabelle 47: Futterzusammensetzung und Verdaulichkeit von N, P und CSB.

Um die Menge an produzierten Reststoffen pro 1 kg verfüttertem Futter zu errechnen, muss die Zusammensetzung und die Verdaulichkeit des Futters bekannt sein (Tabelle 47) sowie die chemische Zusammensetzung des Fischs (Abb. 26). Die Ausscheidung von N und P kann als die Differenz zwischen verdaulicher Aufnahme (Futter minus Kot) und Wachstum berechnet werden. Die Sauerstoffaufnahme des Fischs lässt sich folgendermaßen berechnen: CSBAtmung = (MEm + [1-kg] * ED) / OCE (1) wobei:

MEm = Energiebedarf zur Erhaltung, für Tilapia 65 kJ/kg0.8/d ED = Energiedeposition (Energieanstieg, kJ/Fisch/d) kg = marginale Effizienz der Energiedeposition, für Tilapia 0,7 OCE = oxykalorisches Äquivalent 14,2 kJ/g O2

Basierend auf diesen Schritten wird die Produktion von Reststoffen bei maximalem Futterbedarf in der 100 t Tilapiaanlage der vorliegenden Fallstudie in Tabelle 48 dargestellt. Obwohl keine direkte Ausscheidung von CSB durch den Fisch vorliegt, fehlt eine kleine Menge an CSB vom Budget (CSBrest). Diese Menge, die möglicherweise aus nicht verzehrtem Futter und Kot stammt, wird als ‘CSBAusscheidung’ behandelt.

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Abb. 26: Chemische Zusammensetzung von Tilapia von ZonAquaculture B.V. in Abhängigkeit vom Körpergewicht.

Kasten 2. Berechnung der Abfallproduktion bei maximaler Fütterung.

Die chemische Zusammensetzung des Fischs des Batch 8 ist: NFisch = 0,16 * 13,5 * 126 0.03 * 10 = 25,0 g N/kg, PFisch = 0,17 * 4,2 * 126 -0.006 * 10 = 6,9 g P/kg, CSBFisch = 275 * 126 0.1 = 446 g CSB/kg und EFisch = 4,5 * 126 0.09 = 7,0 MJ/kg. Hinweis: Fischprotein enthält 16% N und Fischasche enthält 17% P.

Zusammensetzung und Verdaulichkeit des Futters können aus Tabelle 46 entnommen werden. Futterprotein enthält auch 16% N.

Die Mengen von gefüttertem N, P und CSB lassen sich berechnen, z.B. N-gef. = 24 (kg gef.) * 0,0608 (kgN/kg Futter) ≈ 1,43 kg N/d.

Die Mengen von N, P und CSB im Fischkot lassen sich aus der Verdaulichkeit berechnen, z.B. als N-Kot = (1 – 0,9) * 1,43 = 0,14 kgN/d.

Die Mengen von 'zugewachsenem' N, P und CSB lassen sich berechnen, z.B. als NWachstum = 21 (kg Wachstum) * 0,025 (kg N-Fisch/kg) ≈ 0,52 kg N/d.

Für N und P kann die Ausscheidung berechnet werden, z.B. als N-verfütt. – N-Wachstum – N-Faeces = 1,43 – 0,52 – 0,14 = 0,76 kg N/d.

Zur Berechnung der CSB, veratmet durch den Fisch, muss zunächst die Energiedeposition berechnet werden: ED = 21 (kg Wachstum)* 7.0 (MJ/kg) = 147 MJ/d. Das CSBveratmetFisch ist dann [(65/1000 * 0,126 0.8 * 6,852) + (1 – 0.7) * 147 ]/14.2 ≈ 9,6 kg CSB/d.

Der CSB-Rest ist dann CSB-gef. – CSB-Wachstum – CSB-Kot – CSB-Fischatmung = 28,1 – 9,4 – 4,2 – 9,6 = 4,9 kg CSB/d.

protein = 13.5 bw 0.03

ash = 4.2 bw -0.006

fat = 3.1 bw 0.19

energy = 4.5 bw 0.09

COD = 275 bw 0.1

0

100

200

300

400

500

600

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

0 200 400 600 800

COD

(g/k

g)

prot

ein,

fat,

ash

(%) e

nerg

y (kJ

/g)

Body weight (g)

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Becken 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Gesamt Batch 1a 1b 5 2a 2b 6 3a 3b 7 4a 4b 8 Wochen 24 24 12 21 21 9 18 18 6 15 15 3

Körpergewicht 845 845 368 716 716 273 592 592 193 476 476 126 24.5 Max. Bestand (MT)

Anzahl 3414 3414 6836 3415 3415 6840 3416 3416 6845 3417 3417 6852 Futter 32 32 40 29 29 35 26 26 30 23 23 24 349 kg/d FC 1.46 1.46 1.30 1.43 1.43 1.25 1.39 1.39 1.19 1.35 1.35 1.12 1.34 - Wachstum 22 22 31 20 20 28 19 19 25 17 17 21 261 kg/d NFisch 26.4 26.4 25.8 26.3 26.3 25.6 26.2 26.2 25.3 26.0 26.0 25.0 PFisch 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 6.9 CSBFisch 540 540 496 531 531 482 521 521 465 509 509 446 EFisch 8.3 8.3 7.7 8.1 8.1 7.5 8.0 8.0 7.2 7.8 7.8 7.0 NFutter 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 60.8 PFutter 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 12.0 CSBFutter 1192 1192 1192 1192 1192 1192 1192 1192 1192 1192 1192 1192 VerdauungN 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 0.90 VerdauungP 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 0.60 VerdauungCSB 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 0.85 Ngefüttert 1.96 1.96 2.46 1.74 1.74 2.13 1.61 1.61 1.81 1.40 1.40 1.43 21.2 kg/d NWachstum 0.58 0.58 0.80 0.53 0.53 0.72 0.50 0.50 0.63 0.44 0.44 0.52 6.8 kg/d 32 % der Aufnahme NKot 0.20 0.20 0.25 0.17 0.17 0.21 0.16 0.16 0.18 0.14 0.14 0.14 2.1 kg/d 6 g/kg Futter NAusscheidung 1.18 1.18 1.41 1.04 1.04 1.20 0.95 0.95 1.00 0.82 0.82 0.76 12.3 kg/d 35 g/kg Futter Pgefüttert 0.39 0.39 0.48 0.34 0.34 0.42 0.32 0.32 0.36 0.28 0.28 0.28 4.2 kg/d PWachstum 0.15 0.15 0.21 0.14 0.14 0.19 0.13 0.13 0.17 0.12 0.12 0.15 1.8 kg/d 43 % der Aufnahme PKot 0.15 0.15 0.19 0.14 0.14 0.17 0.13 0.13 0.14 0.11 0.11 0.11 1.7 kg/d 5 g/kg Futter PAusscheidung 0.08 0.08 0.08 0.07 0.07 0.06 0.06 0.06 0.04 0.05 0.05 0.02 0.7 kg/d 2 g/kg Futter CSBgefüttert 38.4 38.4 48.2 34.1 34.1 41.7 31.6 31.6 35.5 27.4 27.4 28.1 416 kg/d CSBWachstum 11.9 11.9 15.4 10.6 10.6 13.5 9.9 9.9 11.6 8.7 8.7 9.4 132 kg/d 32 % der Aufnahme CSBKot 5.8 5.8 7.2 5.1 5.1 6.3 4.7 4.7 5.3 4.1 4.1 4.2 62 kg/d 179 g/kg Futter CSBFischatmung 18.1 18.1 19.9 16.0 16.0 16.2 14.0 14.0 12.9 11.9 11.9 9.6 179 kg/d 512 g/kg Futter CSBRest 43 kg/d 124 g/kg Futter

Tabelle 48: Produktion von Reststoffen bei maximaler Fütterung

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Durchflussrate

Zur Entfernung der Reststoffe und Stabilisierung der Sauerstoffkonzentration ist ein konstanter Durchfluss durch die Fischbecken notwendig, damit die Wasserqualität innerhalb akzeptabler Grenzen für den Fisch bleibt. Die Zufuhr von Reststoffen zu den Wasserraufbereitungseinheiten wird ebenfalls mit diesem Wasserstrom bewerkstelligt. Die allgemeine Formel zur Berechnung der notwendigen Durchflussrate ist folgende: Durchfluss = abs [ k * P / ∆C] (2) Durchfluss = Durchfluss durch die entsprechende Abteilung (m3/Zeit) k = Faktor zur Korrektur für die Tagesabweichung der Reststoffproduktion (k ≥ 1) P = Produktion (oder Verbrauch von O2) von Reststoffen (g/Zeit) ∆C = Differenz zwischen Climit (die begrenzende (=Austrags-) Konzentration der betreffenden

Reststoffsubstanz) und Cin (die Einleitungskonzentration dieser Reststoffsubstanz), beide in g/m3

abs = absolut Da einige Faktoren negativ sind und auch die Vorzeichen der Konzentrationsdifferenzen für die Fischbecken und die Aufbereitungseinheiten verschiedene sind, ist hier der absolute Wert zu berücksichtigen. Diese Formel funktioniert nur für mehr oder weniger ideal gemischte Substanzen und kann daher nicht auf Schwebstoffe angewendet werden, die in einer Reihe von Partikelgrößen auftreten können, von ganzen Futter- und Kotpellets in der Größe von einigen mm bis zu Partikeln im µm–Bereich. Einige Abweichungen können auch unter extremen Strömungsbedingungen (plug flow conditions) auftreten, zum Beispiel in langen rechteckigen Becken mit einer großen hydraulischen Verweildauer. In Tabelle 49 werden Grenzwerte für die Wasserqualität und k-Werte für Tilapia gegeben, zusammen mit der getroffenen Auswahl der vorliegenden Fallstudie und einigen Wasserqualitätsparameter für die Wasseraufbereitung im Bereich der Nitrifizierung und Denitrifikation (siehe auch Abschnitt Aufbereitungssysteme).

Wasserqualitätsparameter Fisch k - Wert Nitrifi-zierung

Denitrifi-kation Bereich Auswahl Bereich Auswahl

Temperatur (°C) 24-28 27 27 27

pH (-) 5.5-7.5 7 7 7

NH3-N (g/m3) 0.01-0.1 0.01

TAN (g/m3) 1.5 1-2 1.4

NO2-N (g/m3) 0.05-1 1

NO3-N (g/m3) 100-200 165 1-2 1 10

O2 (g/m3) 4-6 4.5 1-1.2 1.2 4.5

CO2 (g/m3) 15-20 15 1-1.2 1.2

CSB gelöst (g/m3) 100-300 200 1-2 1

Schwebstoffe (g/m3) 25

Tabelle 49: Wasserqualitätsgrenzen und k-Werte zur Korrektur der Tagesabweichungen bei der Abfallproduktion

Wie im Abschnitt Produktion von Reststoffen gezeigt, werden diese (P) am besten pro kg Futtereinheit ausgedrückt wird. Daraus folgt, dass die Durchflussrate gleichfalls pro kg Futter ausgedrückt wird. Die Durchflüsse der verschiedenen Abteilungen eines Rezirkulationssystems in Abhängigkeit von deren Konfiguration (Durchfluss-, Wiederverwertungs-, Kreislaufanlage) werden in Tabelle 50 dargestellt. Dabei wird deutlich, dass ein reines Durchflusssystem große Mengen Wasser benötigt, da der Wasseraustausch des gesamten Systems gleich dem Wasseraustausch der Fischbecken ist. Durch Wasseraufbereitungs-systeme kann der Wasseraustausch des gesamten Systems reduziert werden, dabei werden allerdings zusätzliche Durchflüsse durch diese Aufbereitungssysteme notwendig. Einige Wasseraufbereitungs-techniken, die im Zulauf der Fischbecken angewendet werden (Sauerstoffzufuhr) oder im Fischbecken selbst (Belüftung), bedürfen keiner zusätzlichen Durchflüsse. Sauerstoffzufuhr und Belüftung reduzieren den notwendigen Durchfluss durch die Fischbecken und daher auch den Wasseraustausch des gesamten

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Systems. Systeme mit einem verminderten Wasseraustausch bis zu 15% eines Durchflusssystems werden ‚reuse systems’ (Wiederverwendungssysteme) genannt, bei weiterer Reduzierung des Wasseraustausches spricht man von Kreislaufanlagen. Es konnte gezeigt werden, dass, wenn eine konventionelle Kreislaufanlage den notwendigen Wasseraustausch auf 1% eines Durchflusssystems reduziert, die Integration eines SDR-AS eine weitere Reduzierung auf 0,15% bewirken kann.

Durchfluss-

system

Wieder-verwendungs-

system

Konventionelle Kreislaufanlage

SDR-AS Kreislaufanlage

Austausch im Fischtank TAN 32 32 61 74 O2 204 59 59 59 CO2 94 37 70 74 Schwebstoffe ? ? ? ?

Auswahl (Maximum der Obigen) 204 59 70 74

Austausch im gesamten System Austausch im Fischtank 204 59 NO3-N 0.187 0.029

Entfernung von Schwebstoffen aus dem Fluss

Austausch im Fischtank n/a n/a 70 74

Nitrifizierung Austausch im Fischtank n/a n/a 70 74

Denitrifikation NO3-N n/a n/a n/a 0.210

n/a = nicht anwendbar

Tabelle 50: Wasserströme durch die Systemabteilungen in m3/kg Futter

Wasseraufbereitungssysteme

Im Abschnitt Durchflussrate wurde gezeigt, dass durch Aufbereitungssysteme der Wasseraustausch des gesamten Systems vermindert werden kann. Die Wahl der Wasseraufbereitungstechnik ist abhängig von der Reststoffkomponente, die sich als erstes limitierend auf die Wasserqualität auswirkt. Zum Beispiel lässt sich

Kasten 3. Berechnung der Durchflussraten einer Kreislaufanlage mit einem SDR-AS.

Austausch im Fischtank

Für Gesamtammoniak: (TAN – Total Ammonia Nitrogen) in Durchfluss- und ’reuse’-Systemen gilt ∆C = Climit (Annahme: kein TAN in der Einleitung). Daher ist der Durchfluss = abs[1,5 * 35 / 1,5] = 35 m3/kg Futter. In einer Kreislaufanlage ist der Durchfluss durch die Fischbecken für TAN der gleiche wie der notwendige Durchfluss durch den Biofilter (Kasten 7), 61 m3/kg Futter für konventionelle Kreislaufanlagen und 75 m3/kg Futter für Kreislaufanlagen mit einem SDR-AS.

Für O2: P = -512 gO2/kg Futter und ∆C = -10,5 g/m3 (Kasten 4), also ist der Durchfluss = abs[1,2 * -512 /-10,5] ≈ 59 m3/kg Futter.

Für CO2: P = 633 gCO2/kg Futter (RQFisch = 0,9) und ∆C = 10,3 g/m3 (Kasten 5), also ist der Durchfluss = abs[1,2 * 633 / 10,3] = 74 m3/kg Futter. Austausch des gesamten Systems

Für NO3-N: P verbleiben nach spontaner Denitrifikation und durch einen SDR-AS = 4,8 gN/kg Futter (= 1,7kg N/349 kg Futter) und ∆C = 165 – 0 = 165 g/m3 , also ist der Durchfluss = abs[1 * 4,8 / 165] = 0,029 m3/kg Futter. Durchfluss der Denitrifikation

Für NO3-N: P verbleibend nach spontaner Denitrifikation = (15,800/349) * 0,85 = 38,5gN/kg Futter (Kasten 10) wovon 85% denitrifiziert werden und ∆C = 10 – 165 = -155 g/m3, also ist der Durchfluss = abs [1 * (38,5 * 0,85) /-155] ≈ 0,210 m3/kg Futter.

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aus Tabelle 50 ersehen, dass eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr in einem Durchflusssystem den notwendigen Wasseraustausch von 203 auf 94 m3/kg Futter reduzieren kann, d. h. der erste limitierende Faktor ist Sauerstoff (-mangel). Anschließend folgt CO2, und so weiter. In diesem Abschnitt werden die Aufbereitungssysteme in der Reihenfolge der limitierenden (Rest-) Stoffe diskutiert. Für die meisten Auf-bereitungssysteme werden nur die Grundlagen dargestellt. Die Denitrifikation, besonders mit Verwendung eines SDR-AS, wird genauer diskutiert. Zwei Aufbereitungssysteme, die den Wasseraustausch des gesamten Systems nicht direkt vermindern, sondern die Nachhaltigkeit des Zuchtsystems verbessern, d. h. Wärmeaustausch der Belüftung und Schlammaufbereitung, werden gleichfalls kurz erwähnt.

Sauerstoffzufuhr

Der Sauerstoff kann durch Belüftung in das Wasser eingebracht werden, indem das Wasser in Kontakt mit der Luft gebracht wird, sowie durch direkte Sauerstoffzufuhr, indem das Wasser in Kontakt mit sauerstoffangereichertem Gas (technischem Sauerstoff) gebracht wird. Durch den Gebrauch von technischem Sauerstoff kann das Wasser mit Sauerstoff übersättigt werden. Dies bedeutet nicht, dass das Wasser in den Fischbecken übersättigt ist. In vollständig durchmischten Systemen ist die Sauerstoff-konzentration in den Becken gleich der Sauerstoffkonzentration im Auslauf der Becken (siehe Abschnitt Durchflussrate). In der vorliegenden Fallstudie wird das Wasser bei Eintritt in die Fischbecken durch Nieder-Druck-Sauerstoffeinheiten mit einem Gas-Flüssigkeitsgemisch im Verhältnis (G/L Verhältnis) 0,05 mit technischem Sauerstoff angereichert.

Kontrollparameter

Kontaktoberfläche, Kontaktzeit, Gas-Flüssigkeits-Verhältnis.

Entgasung von Kohlendioxyd

Das Kohlendioxyd wird durch Entgasen des Wassers, dem so genannten ‚Stripping’, bewerkstelligt. Das Stripping kann entweder durch Belüftung des Wassers oder durch Pumpen über einen Festbett-Tropfkörper vonstatten gehen. In der vorliegenden Fallstudie wird eine Blasenbelüftung verwendet, sowohl in den Fischtanks als auch im Bewegtbettbiofilter.

Kontrollparameter

Kontaktoberfläche, Kontaktzeit, Gas-Flüssigkeits-Verhältnis.

Entfernung von Feststoffen

Die Entfernung von Feststoffen aus dem Kulturwasser wird durch Gravimetrische Methoden bewerkstelligt (Sedimentation, Flotation, Hydrocyclon) oder durch Ausfiltern (Filterbett, Mikrosiebfilter). Für alle Arten der Entfernung von Feststoffen bestimmt die Verteilung der Partikelgrößen deren Konstruktion; für die Filtermethoden direkt über die Partikelgröße und für die Gravitationsmethoden indirekt durch die Gewichtsverteilung der Partikel. In der vorliegenden Fallstudie wird als Filtermethode ein Mikrosieb-trommelfilter mit 80 µm Maschenweite verwendet.

Kasten 5. CO2 Stripping

Die Belüftung der Fischbecken erhöht das effektive ∆C = Climit – Cin für CO2 , oder da Climit fest ist (15 g/m3), wird das effektive Cin abgesenkt. Mit einer Strippingeffizienz SE ist das effektive ∆C = ∆C / (1 – SE). In einer Kreislaufanlage kennen wir das tatsächliche Cin nicht. Auf der Basis der CO2-Produktion des Fischs (Kasten 3) und der Erfahrung, dass ein Durchfluss von 70 m3/kg Futter in konventionellen Kreislaufanlagen ausreichend ist, können wir eine Strippingeffizienz von 0,4 und ein effektives Cin = 4.2 g/m3 (∆C = 10.8 g/m3) berechnen. In einer Kreislaufanlage mit SDR-AS wird mehr CO2 in den Biofiltern produziert und das effektive Cin der Fischtanks ist Cin = 4.7 g/m3 (∆C = 10.3 g/m3).

Kasten 4. Sauerstoffzufuhr

Durch die Sauerstoffeinheiten wird eine O2-Konzentration im Zulauf der Fischbecken von 200% Sättigung = 15 g/m3 erreicht. Bei einer minimalen O2 Konzentration (=Auslaufkonzentration) von 4,5 g/m3 , ∆C = -10,5 g/m3 . Hinweis: Von der praktischen Verwendung von technischem Sauerstoff wird angenommen, dass sämtlicher O2 Bedarf, des Fischs und der Bakterien durch die Sauerstoffanreicherung abgedeckt wird und dass der technische Sauerstoff mit einer Effizienz von 80% eingesetzt wird (d. h. Sauerstoffverbrauch = 1,25 * O2 Bedarf).

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0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

0 1 2 3 4

Nit

rifi

cati

on

rat

e r

(g/

m2/d

)

TAN (mg/L)

O2 = 7.5 mg/L

O2 = 5 mg/L

O2 = 3 mg/L

Actual O2

Average nitrification

rate

Abb. 27: Nitrifizierungsrate (g TAN/m2/d), beeinflusst durch die Konzentrationen von TAN und O2. Die durchschnittliche Nitrifizierungsrate in der 100 MT Tilapiafarm in dieser Fallstudie wird gleichfalls gezeigt.

Kontrollparameter

Partikelgrößenverteilung.

Nitrifikation

Im Allgemeinen wird TAN (total ammonium nitrogen) durch Nitrifikation aus dem Kulturwasser entfernt. Die Nitrifikation ist die biologische Oxydation von Ammonium (NH3) zu Nitrat (NO3). Diese Reaktion geschieht in zwei Schritten durch verschiedene Bakteriengruppen mit Nitrit (NO2) als Zwischenprodukt im sog. Biofilter. Die Gesamtgleichung ist:

1g NH3-N + 4,25g O2 + 5,88g NaHCO3 � 0,26g CSB + 0,98g NO3-N + 2,72g CO2 (3)

Aus dieser Reaktion lässt sich ersehen, dass der Prozess Sauerstoff und Alkalinität verbraucht und abgesehen von NO3 auch Bakterienbiomasse und CO2 produziert. Für jedes g TAN werden 4,25 g O2 und ca. 1 Äquivalent Alkalinität verbraucht und es werden ca. 0,26 g CSB produziert. In Aquakultursystemen werden die nitrifizierenden Bakterien im Allgemeinen auf Plastikmedien als so genannter Biofilm angesiedelt. Die Nitrifikationsrate wird deshalb pro Oberfläche des Plastikmediums in g/m2/d ausgedrückt. Da für diese Reaktion TAN und O2, in den Biofilm diffundieren müssen, ist die Reaktionsrate abhängig von der Konzentration des limitierenden Substrats. Aufgrund der Diffusionskinetik ist dies eine Reaktion zweiter Ordnung und kann mit einer Funktion a ½ ausgedrückt werden; die Rate hängt von der Potenz ½ der Konzentration ab, (oder der √[Konzentration]).

Nitrifikationsrate r (g/m2/d) = a * √[TAN] + b (4)

Die Werte für a und b hängen vom Typ des verwendeten Biofilters ab. Für den Bewegtbettbiofilter, der in der vorliegenden Fallstudie ver-wendet wird, ist a = 0,65 und b = -0,1. Das Verhältnis der Konzen-trationen von O2 und TAN, bei dem das eine oder das andere das limitierende Substrat ist, beträgt 3,6. Diese Relationen werden in Abb. 27 dargestellt, wo auch ersichtlich ist, dass bei niedrigen TAN-Konzentrationen die Reak-tionsrate von dieser TAN-Konzentration abhängt, jedoch nicht bei höheren Konzentrationen. Die TAN-Konzentration, bei der die Umwandlung stattfindet, sowie die maximale Nitrifikationsrate, sind abhängig von der O2-Konzentration. Hinweis: Wenn Climit für TAN nahe [O2]/3,6 ist, ist während eines Teils des Tages die durchschnittliche TAN-Konzentration niedriger als [O2]/3,6 und die durchschnittliche Nitrifizierungsrate ist ebenfalls niedriger. Dies lässt sich korrigieren, indem [TAN]durchschn. = Climit / k angenommen wird (für k siehe Gleichung 2 in der Sektion Durchflussrate). Der notwendige Strom durch den Biofilter ist:

Durchfluss (m3/Zeit) = P / ∆C (5)

Die Kontrollparameter für die Auslegung des Biofilters sind daher die durchschnittlichen Konzentrationen von TAN und O2. Sie bestimmen die tatsächliche Nitrifikationsrate und damit die notwendige Gesamtoberfläche des Biofiltermaterials und den Durchfluss durch den Biofilter. Mit der spezifischen Oberfläche des Trägermaterials (m2/m3) kann das notwendige Volumen des Biofilters berechnet werden.

Kasten 6. Filtertrommel

Der spezifische Typ des Trommelfilters kann auf der Basis einer Matrix aus Strömung (L/s), Temperatur (°C), zu erwartender Schwebstofffracht (g/m3) und Maschengröße (µm) gewählt werden. (http://www.hydrotech.se/en/solutions/drumfilters),

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water in

water out

sludge out

stirrer

Abb. 28: Aufwärtsstromschlammbett – Schlammdenitrifizierungsreaktor (SDR-AS).

Kontrollparameter

Die Konzentrationen von TAN und O2 im Biofilter.

Denitrifikation

Die Kontrolle der Nitratkonzentration (NO3) im Kulturwasser kann durch Denitrifikation erfolgen. Die Denitrifikation ist die biologische Reduktion von NO3 zu N2-Gas durch Bakterien. Denitrifikanten sind fakultativ aerobe heterotrophe Bakterien. Die Denitrifikationsreaktion erfolgt in einer Reihe von Schritten, mit NO2, NO und N2O als Zwischenprodukten. Die Gleichung für die Gesamtreaktion ist:

1g NO3-N + 4,4g CSB � 1,54g CSB + 1g N2 + 0,085g NH4-N + 5,49g NaHCO3 + 0,88g CO2 (6)

Aus der Reaktiongleichung ist ersichtlich, dass der Prozess CSB (organische Substanz) benötigt und neben N2 Alkalinität und Bakterienbiomasse produziert. Jedes g NO3-N kann 2,86 g CSB 'oxydieren', während 0,91 Äquivalent Alkalinität und 1,54 g CSB produziert werden (0,35 g CSB/g CSB). Der Gesamtbedarf an CSB ist daher 2,86 / (1 – 0,35) = 4,4 g CSB / g N. Wenn allerdings weniger CSB zur Verfügung steht, ist die Reaktionsrate niedriger (Abb. 29). Hinweis: Auch wenn kein CSB gegeben ist, findet immer noch eine kleine, endogene NO3-N ('Verhungerungs-') Entfernung statt. Der von den Denitrifikationsbakterien genutzte CSB kann internen (Faeces und nicht gefressenes Futter) oder externen (z.B. Methanol) Ursprungs sein. Denitrifikationsbakterien lassen sich auf Plastikmedien als sogenannter Biofilm züchten oder in Lösung als Bakteriensuspension (Schlamm). In dieser Fallstudie wird ein aufgerührtes Upflow Sludge Bed – USB (Schlammbett mit aufwärtsgerichteter Strömung) benutzt. Der Reaktor wird aufgerührt, um die Freisetzung des Stickstoffgases aus dem Schlammbett zu ermöglichen. Als Kohlenstoffquelle wird der Schlamm aus der Fischzucht genutzt, daher der englische Name USB-Manure Denitrifying Reactor – auf deutsch: Schlammdenitrifikationsreaktor (SDR-AS) (Abb. 28).

Die notwendige Schlammmenge für die Denitrifikation wird durch die schlammspezifische NO3-N Abbaukapazität (gN/m3/d) bestimmt. Diese spezifische Abbaukapazität ist abhängig vom CSB/NO3-N-Verhältnis der eingeleiteten Reststoffe (Abb. 30), von der Menge der vorhandenen Bakterien und der Schlammdichte (gVSS/m3), die wiederum von der aufwärts gerichteten Strömungsgeschwindigkeit (m/h) abhängt (Abb. 29). Das Gesamtvolumen des Reaktors wird vom Verhältnis Schlammvolumen/ Gesamtvolumen bestimmt. Durchmesser und Höhe des Reaktors lassen sich aus dem Gesamtvolumen und der aufwärts gerichteten Strömungsgeschwindigkeit errechnen.

Kasten 7. Bewegtbettbiofilter.

Mit einem Climit für TAN = 1,5 g/m3 und [O2 ] = 4,5 g/m3, ist [O2] / [TAN] nahe 3,6 und daher das durchschnittliche [TAN] im Biofilter [TAN]durchschn. = 1,5 / 1,4 ≈ 1.1 g/m3. Die Nitrifikationsrate beträgt r = 0.65 * √[1,1] – 0.1 ≈ 0.58 gN/m2/d.

Der Bewegtbettfilter wird mit Bioringen mit einer spezifischen Oberfläche von 800 m2/m3befüllt, also werden bei der zu oxydierenden Menge N bei maximaler Futteranreicherung von 12,6 kgN (für konventionelle Kreislaufanlagen siehe Kasten 9), 12,600 / 0,58 / 800 = 28 m3 Bioringe benötigt. Der Bewegtbettfilter wird mit Befüllungsfaktor 0,4 befüllt, also ist das Gesamtvolumen 27 / 0,4 = 71 m3. Es wird weiterhin angenommen, dass 95% des Gesamtvolumens Wasser ist, also ist das Wasservolumen im Biofilter 0,95 * 75 = 67 m3.

Der notwendige Durchfluss durch den Bewegtbettfilter ist Durchfluss = 12,600 / 0,59 ≈ 21,360 m3/d oder 21,360 / 349 = 61 m3/kg Futter. Hinweis: ∆C und der Durchfluss wurden simultan durch Iteration bestimmt.

Für Kreislaufanlagen mit SDR-AS muss mehr N oxydiert werden (15,8 kgN/d, Kasten 10) und daher werden 34 m3 Bioringe benötigt (85 m3 Gesamtvolumen, 81 m3 Wasservolumen) und der notwendige Fluss durch den Bewegtbettfilter ist 74 m3/kg Futter.

Rührer

Ablauf (Wasser)

Ablauf (Schlamm)

Zulauf

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Kontrollparameter

CSB/NO3-N-Verhältnis der eingeleiteten Reststoffe ('Abfall'), Aufwärtsstromrate.

Wärmetausch der Ventilationsluft

Eine intensive Tilapiafarm muss ventiliert werden, um die CO2-Konzentration in der Luft innerhalb akzeptabler Grenzen zu erhalten. Der Wärmeverlust durch Ventilationsluft kann beträchtlich sein, 40 kW in der konventionellen Kreislaufanlage in der vorliegenden Fallstudie, oder umgerechnet 44,000 m3 Gas/Jahr. Die Verwendung eines Wärmetauschers für die Ventilationsluft würde ca. 11 kW (12,000 m3 Gas/Jahr) einsparen und gleichzeitig die Menge der Wasserverdunstung von 2,7 auf 0,5 L/kg Futter reduzieren.

Aufbereitung der Schlämme von Reststoffen

Um die die Entstehung großer Mengen von Schlämmen mit einem sehr hohen Wasseranteil zu vermeiden (das Rückspülwasser eines Trommelfilters enthält weniger als 0,1% Trockenmasse) und somit Entsorgungskosten einzusparen, kann der Schlamm aufkonzentriert werden. Dies kann durch die oben bereits beschrieben Methoden der Sedimentation (Becken zum biologischen Abbau), Flotation und Mikrosiebfiltration geschehen. Eine weitere Filtermethode ist der Einsatz von so genannten Geotubes. Das sind Geotextilsäcke aus hochfest gewobenem Polyprophylen, die häufig zur Aufkonzentration und Entwässerung von Schlämmen verwendet werden. In der vorliegenden Fallstudie wird die Rückspülung des Trommelfilters einer konventionellen Kreislaufanlage durch Flotation aufkonzentriert, wodurch ein endgültiger Trockenmasseanteil des Schlamms von 2% erreicht wird. Der SDR-AS-Schlamm wird mit der Hilfe von Geotubes und eines Polymers eingedickt, was einen endgültigen Trockenmasseanteil von 9% ergibt.

Kasten 8. Schlammbett mit aufwärtsgerichteter Strömung - Schlammdenitrifikationsreaktor (SDR-AS). Das Verhältnis CSB/NO3-N der in den SDR-AS eingebrachten Reststoffe ist 5,1 (Kasten 10), also über 4,4 (Gleichung 6) und demnach ist die Schlammabbaurate höchstens 45 gN/kg VSS/d (Abb. 29).

In der vorliegenden Fallstudie haben wir eine aufwärts gerichtete Strömungsgeschwindigkeit von 0,38 m/h gewählt, so dass die Schlammdichte -22,6 * 0,38 + 26,8 = 18 kg VSS/m3 ist (Abb. 30) und die schlammspezifische Abbaurate 0,045 * 18 ≈ 0,82 kg N/m3/d .

Nach spontaner Denitrifizierung sind 11,3 kg NO3-N vorhandenen. Für diese Menge N werden 11,3 / 0,82 = 13,9m3 Schlamm benötigt. Das Gesamtvolumen des SDR-AS ist 2 * 13,9 = 27,7m3, was die hydraulische Verweildauer auf HRT = 27,7 / (349/24 * 0,210) = 9h festlegt. Die Verweildauer des Schlamms lässt sich aus der Menge des vorhandenen Schlamms (13,9m3 * 18kg VSS/m3 = 250kg) und der Menge des täglich produziertem Schlamms (14,9/1,42=10,5kg, Kasten 10), als SRT = 250 / 10,5 = 24d errechnen.

Der Durchmesser des SDR-AS lässt sich aus der Querschnittsfläche errechnen, die wiederum aus dem Strom durch den SDR-AS (Kasten 3) und der aufwärts gerichteten Strömungsgeschwindigkeit errechet wird. Aus Flexibilitätsgründen wurde der SDR-AS in 3 Einheiten installiert, von denen jede einen Durchmesser von 2*√[(349/24 * 0,210/3) / π] = 1,8m hat. Die Höhe des SDR-AS ist dann (27,7/3)/[(1,8/2)2 * π] ≈ 3,4m.

0

10

20

30

40

50

0 1 2 3 4 5 6 7

Slu

dge

re

mo

val

rate

(g

N/k

g V

SS/d

)

COD / NO3-N ratio

Abb. 29: Schlammspezifische Abbaurate wird durch das Verhältnis CSB/NO3-N der eingeleiteten Reststoffe bestimmt. Beim CSB in einer intensiven Tilapiafarm ist die maximale Abbaurate 45 gN/kgVSS. Die endogene Abbaurate ist 16 gN/kgVSS. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die Schlammabbaurate bei Abnahme des Verhältnisses CSB/N linear abnimmt.

y = -22.6 x + 26.8R² = 0.662

0

5

10

15

20

25

30

0 0.2 0.4 0.6 0.8

Slu

dge

de

nsi

ty (

g V

SS/m

3)

Upflow rate (m/h)

Abb.30: Schlammdichte in Abhängigkeit von der aufwärts gerichteten Strömungsgeschwindigkeit in einem SDR-AS.

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9.2.3. Bewertung der Ergebnisse von konventionellen Kreislaufanlagen im Vergleich mit Kreislaufanlagen mit einem MDR-Modul

Ergebnisse der konventionellen Kreislaufanlage

Stoffflüsse und Abbau der Reststoffkomponenten in einer konventionellen ZonAquaculture-Kreislaufanlage (ohne SDR-AS) werden in Abb. 31 dargestellt. Anhand von Daten zur Wasserqualität in Kreislaufanlagen unter Produktionsbedingungen kann angenommen werden, dass 98% des gelösten N und 50% des gelösten CSB oxydiert wurden. Weiterhin wird eine spontane Denitrifikation von 10% des oxydierten N angenommen.

Abb. 31: Flussdiagramm für N, P und CSB in einer konventionellen Kreislaufanlage.

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Ergebnisse der Kreislaufanlage mit einem SDR-AS

Stoffflüsse und der Abbau der Reststoffe in einer Kreislaufanlage mit SDR-AS, bei maximaler Futterrate, sind in Abb.32 dargestellt. Anhand von Daten zur Wasserqualität, die im Betrieb einer ZonAquaculture-Kreislaufanlage mit Denitrifikation erhoben wurden, kann abgeleitet werden, dass 56% des gelösten CSB oxydiert wurden. Weiterhin wird eine spontane Denitrifikation von 15% des oxydieren N angenommen, während vom verbleibenden NO3-N 85% denitrifiziert werden. Der Wasseraustausch im System könnte darüber hinaus noch weiter reduziert werden, da noch immer NO3 und CSB vorhanden sind, allerdings steigt dann die Akkumulation aller bekannten und unbekannten Substanzen im Wasser exponentiell an.

Kasten 9. Berechnung der N- und CSB-Ströme in einer konventionellen Kreislaufanlage.

Die 2,1kg N-Faeces werden durch den Trommelfilter mit einer Effizienz von 0,65 entfernt, was 1,38 kg N-Feststoff und 0,74kg N-gelöst ergibt. Zusammen mit den 12,3kg N-Ausscheidung sind 13,1kg N-gelöst vorhanden. Diese 13,1 kg N-gelöst müssen im System oxidiert werden. Die Nitrifikation hat eine CSB-Rate von 0,26g CSB/g N, von denen wiederum 65% durch den Trommelfilter aufgefangen werden, wodurch 0,65*12,6*0,26*0,077 = 0,16kg N als N-Feststoff zurückgeführt wird. Der Rest der 1,0kg, die wieder zu N-fest zurückgeführt werden, stammt aus Erträgen der spontanen Denitrifizierung (Biomassewachstum) und der Oxydation von CSB (siehe unten). Von N-oxidiert werden 10% (1,3kg) spontan denitrifiziert. Somit verbleiben 10,7kg NO3-N. Damit eine NO3-N-Konzentration im System von 165 g/m3 konstant gehalten werden kann, sollte der Wasseraustausch des Systems 10,700/165 = 65 m3/d, oder 65,000/349 ≈ 186 L/kg Futter betragen.

Die 62kg CSB-Faeces werden durch den Trommelfilter mit einer Effizienz von 0,65 zurückgehalten, was 41kg CSB-fest und 22kg CSB-gelöst entspricht. Zusammen mit den 43kg CSB-Rest sind 72kg CSB-gelöst vorhanden, von denen 50% (36kg) oxydiert werden. Heterotrophe Bakterien haben einen CSB-Ertrag von 0,30g CSB/g CSB, von denen wiederum 65% durch den Trommelfilter zurückgehalten werden. Dadurch gelangen 0.65*36*0.30/(1-0.30) = 10kg CSB zurück zu CSB-fest. Weitere 3kg CSB-fest fallen bei der Nitrifikation und der spontanen Denitrifikation an (siehe oben). Der gesamte anfallende CSB beträg demnach 54kg. Mit einem CSB-Anteil am Schlamm von 21,3kg/m3 (20kg/m3 Trockenmaterial, Ascheanteil 25%), ergibt dies 54/21,3 = 2,5 m3 Schlamm/d, oder 2,500/349 ≈ 7.3 L/kg Futter.

Basierend auf einem Gesamtsystemwasseraustausch von 65 m3/d ist die Konzentration im System von CSB-gelöst 12,000/65 ≈ 177 g/m3.

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Abb.32: Flussdiagramm für N, P und CSB in der Kreislaufanlage mit SDR-AS

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Kasten 10. Auswirkung der Denitrifizierung auf die N-, P- und CSB-Ströme in der Kreislaufanlage mit SDR-AS.

In der Kreislaufanlage mit einem SDR-AS werden im SDR-AS 2,7kg N zusätzlich wieder aufgelöst (siehe unten), so dass das gesamte N-gelöst auf 15,8kg steigt. Es wird angenommen, dass das gesamte N-gelöst oxydiert wird. Nach spontanter Denitrifikation (15%, 2,4kg) und unter Berücksichtigung des gesamten N, das in Bakterienbiomasse eingebunden ist (2,1kg), wird für das verbleibende NO3-N (11,4kg) eine Denitrifikation von 85% angenommen. Daraus ergibt sich ein Rest von 1,7kg NO3-N. Um eine NO3-N Konzentration im System von 165 g/m3 aufrecht zu erhalten, sollte der Systemwasseraustausch 1,700/165 = 10 m3/d, oder 10,000/349 = 30 L/kg Futter betragen. Hinweis: der Wert von 85% wurde gewählt, um einen Systemwasseraustausch von ca. 30 L/kg Futter aufrechtzuerhalten, wie in der Praxis beobachtet.

In der Kreislaufanlage mit SDR-AS ist mehr CSB-fest vorhanden (58kg), als ohne SDR-AS. Das CSB/NO3-N Verhältnis der Reststoffe, die in den SDR-AS eingeleitetet werden, beträgt 58/11,4 = 5,1 gCSB/gN. Hinweis: Es lässt sich auch beobachten, dass der CSB-fest der eingeleiteten Reststoffe zu 70% (41kg/58kg) aus „frischem” (Kot-) Reststoffen besteht und zu 30% aus ‘recyceltem’ (Bakterienbiomasse-) Reststoffen.

Die 9,7kg denitrifiziertes NO3-N, „oxydieren” 28kg CSB (9,7 * 2,86) und produzieren dabei [2,86/(1-0,35)-2,86] * 9,7 = 14,9kg CSB, von denen wiederum 65% (ca. 10kg) im Trommelfilter zurückgehalten werden. Zusammen mit den verbleibenden 15kg CSB-fest fallen insgesamt 25kg CSB-fest an. 95% davon werden in einem Geotube aufgefangen. Mit einem Anteil von 95,9kg/m3 (90kg/m3 Trockenmaterial, Ascheanteil 25%), ergibt dies (25*0,95)/95,9 = 0,25 m3Schlamm/d, oder 250/349 ≈ 0.7 L/kg Futter.

Daten zur Wasserqualität aus dem Betrieb einer ZonAquaculture-Kreislaufanlage mit Denitrifikation zeigen eine CSB-Konzentration von ca. 200g/m3 und eine Phosphatkonzentration von ca. 35g/m3. Daraus kann rückgeschlossen werden, dass 56% des CSB-gelöst oxydiert werden. Weiterhin muss aber auch eine Phosphorsenke im System vorhanden sein, da der P-Austrag, der zur Aufrechterhaltung einer solchen Konzentration (P USB Schlamm = 0.21 gP/gCSB) notwendig ist, in der Praxis nicht nachgewiesen werden kann.

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9.2.4. Nachhaltigkeitsparameter

In Tabelle 51 werden die Nachhaltigkeitsparameter wie Ressourcenverbrauch pro geerntetem kg Fisch, Nährstoffverwertung als % vom Input und Reststoffmenge pro geerntetem kg Fisch für eine konventionelle Kreislaufanlage und für eine Kreislaufanlage mit SDR-AS gegenübergestellt. Die Kreislaufanlage mit SDR-AS hat einen wesentlich niedrigeren Bedarf an Wärme, Wasser und Bikarbonat. Obwohl die Ansprüche der Kreislaufanlage mit SDR-AS an Elektrizität, Sauerstoff, Arbeit (und Investitionen) etwas höher sind, sind die tatsächlichen Produktionskosten pro geerntetem kg um 10% niedriger als in einer konventionellen Kreislaufanlage. Die Abfallentsorgung wird durch die Integration eines SDR-AS um 81% für N, um 59 % für CSB, um 61% für GSB, um 30% für CO2 und um 58% für die Summe gelöster Salze verringert.

Konventionell SDR-AS

Konventionell SDR-AS

Ressourcennutzung Abfallausleitung

Jungfisch (#/kg) 1.2 1.2 Nitrogen Futter (kg/kg) 1.22 1.22 Fest (g/kg) 8.5 2.6 Elektrizität (kWh/kg) 1.8 2.2 Gelöst (g/kg) 37.4 5.9 Heizung (kWh/kg) 10.0 0.0 Phosphor Wasser (L/kg) 238 38 Fest (g/kg) 4.5 7.2 Sauerstoff (kg/kg) 1.18 1.26 Gelöst (g/kg) 3.8 1.3 Bikarbonat (g/kg) 252 107 a CSB Arbeit (h/MT) 12.5 13.1 Fest (g/kg) 189 84

Gelöst (g/kg) 40 9 Nährstoffverwertung GSB Fest (g/kg) 227 95

Nitrogen (% des Inputs) 32 32 Gelöst (g/kg) 48 11 Phosphor (%des Inputs) 43 43 CO2 (kg/kg inkl. Gas) 1.58 1.10

CSB (% des Inputs) 32 32 Summe gelöster Salze (g/kg)

62 28

TOD (% des Inputs) 32 32 Konduktivität (µS/cm) 1060 2000

a) In der Praxis ist der Bedarf an Bikarbonat (Alkalinität) tatsächlich Null, wenn Denitrifikation angewendet wird.

Tabelle 51: Nachhaltigkeitsparameter, Ressourcennutzung pro geerntetem kg, Nährstoffverwertung als % des Inputs, Abfallentsorgung pro geerntetem kg.

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9.3. Modul – Algenbettfilter ( PTS-Periphyton Turf Scrubber)

9.3.1. Allgemeine Beschreibung

Ein Algenbettfilter (periphyton turf scrubber - PTS) ist eine heterogene Mikrobenmatte (Periphyton), die in erster Linie aus Mikroalgen und Bakterien besteht. Das Wachstum dieser Organismen ist an Oberflächen in einem Fototropischen Umfeld (mit Licht) gebunden. Diese Mikroorganismen haben eine relativ hohe Wachstumsrate und regenerieren sich nach einer Störung rasch. Das Periphyton wird dominiert von benthischen Kieselalgen (zentrisch, gefiedert, einzellig und fadenförmig), kokkoiden und fadenförmigen Cyanobakterien und benthischen, fadenförmigen Grünalgen. Eine weitere Reihe von Bakterien, Protozoen und Vielzellern (z.B. Nematoden, kleine Ringelwürmer und Mikrocrustaceen) sind ebenfalls im Periphyton vergesellschaftet. Periphyton ist eine hervorragende Futterquelle für viele Fischarten in natürlichen Gewässern. Je mehr Nährstoffe in der Umgebung zur Verfügung stehen, desto höher ist der Nährwert dieser Mikrobenmatten. Partikuläres und gelöstes Material werden von dem Periphyton während des Wachstums aufgenommen, sowohl organisch als auch anorganisch. Auf diese Weise wirkt sich das Periphyton positiv auf die Wasserqualität aus. Wegen der konstanten Belüftung des Periphytons durch Wellenbildung innerhalb des Algenbettfilters (PTS), entwickelt sich das Periphyton in einer sauerstoffreichen Umgebung und begünstigt so die Nitrifizierung. Kurz zusammengefasst bestehen die Vorteile eines PTS in der Produktion von Mikroben als zusätzliche Futterquelle und der Verbesserung der Wasserqualität. Der Einsatz eines PTS in einer Kreislaufanlage ist innovativ. In diesem Projekt wurden die Planungskriterien für einen PTS in einer Kreislaufanlage untersucht. Zur Wasserreinigung ist die PTS-Technologie in geschlossenen Anlagen (indoor) jedoch nicht wirtschaftlich, da eine große beleuchtete Fläche benötigt wird, von der das Periphyton regelmäßig geerntet werden muss. Strom und Arbeit lassen diese Technik sehr kostenintensiv werden. Trotzdem gibt es Hinweise, dass Periphyton die Anzahl an Kolibakterien in tertiärem Abwasser vermindern und so dazu beitragen, das mikrobielle Gleichgewicht des Wassers in der Kreislaufanlage zu stabilisieren. Letzteres lässt sich durch die Integration eines kleinen PTS in die Kreislaufanlage erreichen, um exzessive Bakterienentwicklung zu verhindern, während die eigentliche Wasseraufbereitung über Feststoffentfernungs- und Biofiltereinheiten dargestellt wird. Die für die Planung einer intensiven Kreislaufanlage entwickelten Parameter erlauben die PTS-Technologie entweder als kleine Einheit in der Kreislaufanlage oder als größere Einheit in Außenbereich zu integrieren.

9.3.2. Grundprinzipien des Moduls

Die Versuche wurden in vier identische Kreislaufsysteme in Laborgröße durchgeführt. Jedes System bestand aus einem 70 l Fischbecken, einem Pumpensumpf (70 l) mit einer Tauchpumpe (Typ Eheim 1250219, 28W, 230V/50Hz, max. Leistung von 20 l/m, die den Biofilter mit einem Wasserstrom von 6 l/m beschickt) und einer Elektroheizung (Typ Heizer 300, 300W, 230V, hält Wassertemperatur von 25 ± 2 °C aufrecht), und einem 40 l PTS-Tank für das Periphyton. Die Fischbecken wurden so positioniert, dass keine Vibrationen von dem Kippeimer zur Erzeugung der Wellenbewegung im PTS übertragen werden konnten. Jedes System wurde mit Belüftersteinen ausgestattet. Zur Vermeidung von Spitzen der NO2

- Konzentrationen wurde in jedes System ein kleiner Biofilter integriert. Das Gesamtsystemvolumen eines Systems betrug 185 l. Bei allen Systemen hatte der PTS-Tank eine Oberfläche von 1,96 m2 und eine Wassertiefe von ca. 1 cm. Jeder PTS-Tank war mit einem 3 mm Edelstahlmaschensieb als Substrat für die Mikrobenmatte ausgestattet. Ein Kunststoffkippeimer, der sich 4 Mal pro Minute füllte und entleerte, erzeugte Wellen über diese Siebe (6 l/min). Das Wasser floss vom Ablauf der Fischbecken in den PTS-Tank und danach in den Pumpensumpf. Dort wurde es beheizt, bevor das Wasser zum Biofilter gepumpt wurde, um von dort zurück in die Fischbecken zu fließen. Jedes System wurde mit Niltilapia (Oreochromis niloticus) besetzt, bei einer Dichte von 2 bis 5 kg pro System. Die Fische wurden 8-11 g kg-0.8 d-1 mit einem kommerziellen Fischfutter (43-47 % Protein) gefüttert. Das Besatzgewicht der Fische betrug 30-70 g.

9.3.3. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Die Experimente zur Beschickungsrate ([m3 Wasser/m2PTS/Tag]) und dem C/N-Verhältnis wurden bei schwacher Lichtintensität durchgeführt. Ein Versuch zum Einfluss der Lichtintensität zeigte, dass Licht die Wasserqualität im System erheblich beeinflusste, und in geringerem Maße die Produktion von Periphyton. Periphyton, das auf Pfählen oder Bodenflächen bei geringer Wassertiefe in Teichen wächst, akkumuliert relativ wenig Schwebstoffe, die deshalb größtenteils auf den Boden der Teiche absinken. Auf den

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Teichböden steht weniger Sauerstoff zur Verfügung als im PTS und eine übermäßige Ansammlung von organischem Material lässt den Boden rasch anoxisch werden. Ein größeres C/N-Verhältnis (20 statt 10) beschleunigt die Mineralisierung von organischem Material und es akkumuliert weniger Sediment am Boden. Deshalb kann der Betrieb von Periphytonsystemen bei einem hohen C/N-Verhältnis empfohlen werden. Pro kg Futter (91% Trockenmasse) wurden bei geringer Lichtintensität 70 g AFTG (aschefreies Trocken-gewicht) Periphyton geerntet und 158 g AFTG bei hoher Lichtintensität. 52% des TG (Trockengewicht) war Protein, was darauf hinweist, dass das produzierte Periphyton ein qualitativ hochwertiges Fischfutter darstellt. Für Periphyton (AFTG) kann ein Futterverwertungskoeffizient von 1,34 erreichet werden. Unter Berücksichtigung der Produktivität des Periphyton kann in einem Teich von 1 ha mit einer Substratfläche für Periphyton, die genauso groß ist wie die Teichfläche, eine Tilapiaproduktion von 5000 kg ha-1 Jahr-1 erreicht werden (unter der Annahme einer Periphyton Produktion von 2,5 g m-2 d-1 und einer Nutzung von 75%). In allen Versuchen war die Kombination eines PTS und eines Biofilters ausreichend, um eine zur Produktion von Niltilapia geeignete Wasserqualität aufrecht zu erhalten. Die Nitrifizierung sowohl im Biofilter als auch im PTS trug in erheblichem Ausmaß zur Nitrifizierung des Systems bei und in allen Fällen war ein Wasseraustausch notwendig, um die NO3-N Konzentration unter 150 mg l-1 zu halten. Von dem durch das Futter zugeführten N wurden 20-30% mit dem Wasserwechsel aus dem System entfernt. Kleine Mengen des ergänzten P und N wurden durch das geerntete Periphyton zurück gewonnen. Das waren 3% im Experiment zum C/N-Verhältnis, 9% in der HSL-Studie und 5,6-9,0% in der Lichtintensitäts-studie. Beim Phosphor waren die wieder gewonnenen Mengen 1,6% in der C/N-Studie, 12% in der HSL-Studie und 3,2-4,9% in der Lichtintensitätsstudie. Offensichtlich war die Periphyton-Produktion der drei Studien sehr unterschiedlich, auch bei identischen Lichtverhältnissen. Speziell in der C/N-Studie sank die Periphytonproduktion während der Dauer der Studie, was in der Lichtintensitätsstudie nicht der Fall war. Die Gründe dafür sind vorerst unklar.

9.3.4. Vorteile der Anwendung

Der im System angesammelte Schlamm war eine wichtige Senke für Nährstoffe. Ca. 50% des Schlamms sammelte sich im PTS an, die anderen 50% im Pumpensumpf. Das Reinigungsintervall des PTS (wöchentlich oder am Ende des Versuchs) hatte nur sehr geringe Auswirkung auf die Akkumulationsraten des Schlamms. Bei näherer Betrachtung der Stickstoffmassenbilanz zeigt sich, dass 7% des eingeleiteten N in der HSL-Studie mit dem Schlamm aus dem PTS entfernt wurden, im Vergleich zu 10% in der C/N-Studie und 5-9% in der Lichtintensitätsstudie. Beim eingeleiteten P wurden 11, 7-8 und 13-17% des eingeleiteten P im PTS, C/N- bzw. Lichtintensitätsstudie entfernt. Bei einer Kombination der Schlamm- und Periphytonentnahme aus dem PTS wurden ca. 15-30% des eingeleiteten N oder P geerntet und konnten zur Wiederverwendung weiterverarbeitet werden. Dies ist ein Vorteil gegenüber offenen Systemen, in denen die Nährstoffe aus dem System verschwinden, ohne dass die Möglichkeit bestünde, sie wieder zu verwerten.

9.4. Von der Fallstudie zur Fischfarm: Wie ist ein Modellfischteich mit PTS-Modul zu betreiben, der 5 t Fisch pro Jahr produziert?

Bei der PTS-Studie wurde die Produktion von Periphyton und die Auswirkungen auf die Wasserqualität pro m2 Biofilm berechnet. Der Effekt des Periphyton auf die Produktion in extensiven Teichen wurde durch das Wageningen-Forscherteam eingehend untersucht. Die Leistungsparameter der PTS-Fallstudie wurden verwendet, um ein Konzept eines intensiven Teichs als Teil einer Kreislaufanlage zu erarbeiten.

9.4.1. Beschreibung der Produktionseinheit

Die Parameter für einen intensiven Karpfenteich als Teil einer Kreislaufanlage werden in Tabelle 52 dargestellt. Die maximale Besatzdichte im Fischbecken/ Fischteich ist 15 kg/m3, die Größe 333 m3. Die Wassertiefe beträgt 80-100 cm. Belüftung, Zirkulation und Wasseraustausch der Fischbecken/ Fischteiche wurde durch Mammutpumpen (angetrieben durch Druckluft) dargestellt. Die von den Mammutpumpen geleistete Förderhöhe ist ausreichend, damit das Wasser durch das ganze System zirkuliert. Aus dem Fischbecken/ Fischteich fließt das Wasser in einen Absetzteich mit einer Sedimentationsgrube. Die Sedimentationsgrube wird wöchentlich entleert (Volumen etwa 10 m3). Der gesammelte Schlamm kann als Dünger verwendet werden. Durch einen Überlaufbecken fließt das Wasser mit dem Gefälle in einen Periphytonteich. In dem Teich wurde eine Oberfläche installiert, die zweimal so groß ist wie die Teichoberfläche. Die maximale Besatzdichte im Periphytonteich beträgt 0,5 kg/m2.

Fischtank 333 m2

Sedimentierungsteich 300

Periphytonteich 1000

Substratfläche 2000

Wasserstrom 15 l/sek

Fischproduktion Fischtank: Karpfen

Periphytonteich: Tilapia/Karpfen

Tabelle 52: Parameter für die Produktionseinheit

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Die Kulturdauer von Karpfen beträgt ca. 6 Monate. Die Besatzdichte betrug 28-50g Fisch m3. Die Fische wachsen in 180 Tagen auf eine Größe von 500-550 g heran. Die geerntete Biomasse beträgt ± 5000 kg. Proteingehalt des Futters beträgt 40%, die anfängliche Futterrate 10,1 kg d-1, die Futterrate am Ende beträgt 67,8 kg d-1. 1,5 Monate nach dem Besatz mit Karpfen werden 25 g große, ausschließlich männliche Tilapias im Periphytonteich eingesetzt, mit einer Besatzdichte von 2 Fischen m-2. Die Fische wachsen in 4,5 Monaten auf eine Maximalgröße von 300 g heran. Es wird kein zusätzliches Futter gegeben.

Nährstoffbudget der Farm

Der vom Teichboden entfernte Schlamm ist reich an N und P und eignet sich gut als Dünger für die Landwirtschaft. Die Futtergabe in das System beträgt 6200 kg, mit einem Proteingehalt von 40%. 17% des verfütterten N und 23% des P werden im Schlamm wieder gewonnen. Im Periphytonteich werden N und P durch das Phytoplankton und das Periphyton aufgenommen. Auf Grund des Abgrasens durch die Tilapia bleiben Plankton und Periphyton in einem produktiven Zustand. (Tabelle 53).

Wasserverbrauch

Außer dem Schlamm verlässt kein Wasser die Farm. Zusätzlich wird der Wasserverlust durch Verdunstung kompensiert. Bei Neuanlagen sind sämtliche Teiche mit Folie ausgelegt, deshalb sollten Verluste durch Versickern zu vernachlässigen sein. Die Gesamtoberfläche ist beinahe 2000 m2 und der zu erwartende Verdunstungsverlust beträgt 3000 m3.

9.4.2. Vor- und Nachteile des intensiven Teichsystems/Periphytonsystems

Vorteile:

• Nährstoffrückhaltung und -wiedergewinnung für N und P im System sind sehr hoch: 38 % des zugeführten N und 60 % des zugeführten P werden im Fisch zurückgehalten. Zusätzlich dazu werden beachtliche Anteile des zugeführten N und P im Schlamm wieder gewonnen, der als hervorragender Dünger verwendet werden kann.

• Die große Biofilteroberfläche im System (Teichoberfläche + installierte Oberfläche der Pfähle) stabilisiert die Wasserqualität. Die Umsatzrate im Fischbecken/ Fischteich ist 4 Mal täglich, während die Verweil-dauer im Periphytonteich 1,6 Tage beträgt. Für die Entwicklung von Phytoplankton ist das wenig und übermäßiges Planktonwachstum wird somit vermieden, während für die beteiligten Biofilme keine Probleme entstehen.

• Sehr geringe Auswirkungen auf die Umwelt.

• Niedriges Risiko von Infektionen durch pathogene Keime und Parasiten.

• Geringer Bedarf an Medizin und chemischer Behandlung.

• Jährlicher Produktionszyklus, mit Besatz durch Tilapia während der heißesten Monate im Jahr.

• Wenn angrenzend an das Absetzbecken Land zur Verfügung steht, kann durch Pflanzenzucht eine zusätzliche Einkommensquelle erschlossen werden.

• Das Risiko durch Ammoniumintoxikation kann vernachlässigt werden.

• Die Produktion ist 5-10 Mal höher als diejenige der traditionellen, extensiven Teichzucht, folglich wird weniger Land benötigt. Es steht also mehr Landfläche für natürliche Entwicklung oder sonstige Aktivitäten zur Verfügung.

Nachteile:

• Es wird eine relativ große Produktionsfläche benötigt, mit hohen anfänglichen Investitionen.

• Konstante Belüftung ist notwendig, was hohe Energiekosten bedeutet.

• Es wird ein Notfallgenerator benötigt.

• Jedes Jahr im Frühjahr wird eine zuverlässige Quelle für Jungfische benötigt.

• Eine 5 t-Einheit ist immer noch sehr klein. Eine mittelgroße Versuchsanlage sollte in der Praxis erprobt werden.

Beschreibung kg Gesamtfutter (40% Protein, 1.2% P)

6 200

Gesamt N im Futter 397 N im Schlamm 77 N im Periphyton 40 N im Phytoplankton 24 Gesamt P im Futter 74 P im Schlamm 17.5 P im Periphyton 3.6 P im Phytoplankton 3.3 N wiedergew. im gem. Karpfen 136 P wiedergew. im gem. Karpfen 40 N wiedergew. im Tilapia 16 P wiedergew. im Tilapia 4.8 % Nicht belegtes N 104 26 Nicht belegtes P 5.7 8

Tabelle 53: N- und P-Daten für intensive gem. Karpfen-/Tilapia-Produktionseinheit

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Abb. 34: Das Tropenhaus-System

10. Das Tropenhaus: eine Polykultur zur nachhaltigen Produktion von tropischen Früchten und Fischen – Ein Fallbeispiel aus der Schweiz

10.1. Einführung – das Konzept des Schweizer Tropenhauses

Das Tropenhaus Konzept wurde entwickelt, um die Abwärme (ca. 100 GWh pro Jahr) einer im Kanton Luzern, Schweiz, gelegenen Gasverdichterstation der Gasleitung Holland - Italien ökonomisch zu nutzen. Die Produktion von frischen, nachhaltig produzierten Papaya, Guaven, Bananen, Sternfrüchten und Tilapia unter Verwendung von Abwärme und nachwachsende Rohstoffen, machen das Tropenhaus zu einem Modell für umweltbewusste Planung und Nachhaltigkeit. Die Hauptziele des Projekts sind:

• Die Berücksichtigung von Abfall als Ressource,

• Ein Ökosystem-basiertes Planungskonzept,

• Hohe Diversifizierung,

• Hohe Systemintegration und

• Die Verwendung erneuerbarer und CO2-neutraler Energiequellen.

Abb.33: Gasverdichterstation als Abwärmequelle für Polykultur Ruswil

Basierend auf den südasiatischen Polykultursystemen wurde im Jahr 1999 eine integrierte Fisch- und Tropenfruchtproduktion in einem 1 500 m2 großen Gewächshaus realisiert. Angewandte Entwicklung und Forschung war von Anbeginn ein Schlüssel zur Optimierung der Produktion hinsichtlich Qualität und Quantität. Ein Kernelement des Tropenhauskonzepts ist die Tilapiazucht. Das nährstoffreiche Wasser der Aquakultur wird zur Bewässerung und Düngung der tropischen Agrikultur genutzt. 10 Jahre praktischer Erfahrung mit dem Tropenhaus Ruswil zeigen deutlich, dass eine qualitativ hochwertige, nachhaltige Fisch- und Pflanzenproduktion basierend auf der Nutzung von Abwärme ökonomisch realisierbar ist. Hinsichtlich des Geschmacks ist die Qualität der Tropenhausprodukte auf Grund der Optimierung der Erntezeit, sowie kurzer Transportwege zwischen dem Tropenhaus und den Endkunden (Privatpersonen, Restaurants, Supermärkte, etc.) besser als die von importierten tropischen Fischen und Früchten. Basierend auf den vielversprechenden Ergebnissen des Pilotprojekts wurden in Kürze zwei Großprojekte mit einer Gesamtinvestitionssumme von rund € 40 Millionen entwickelt. Beide Projekte befinden sich zur Zeit in der Realisierungsphase und sollen Mitte 2009 in Betrieb genommen werden. Die Schweizer Supermarktkette COOP ist vom Tropenhaus-Konzept und dem SustainAqua Ansatz überzeugt und fördert aktiv die Tropenhaus-Produkte. Auf diese Art konnte bereits eine Marktentwicklung initiiert werden, die die Entscheidung von Züchtern hin zu einer nachhaltigeren Fischzucht unterstützt. Das neue Tropenhaus ist auch als Plattform zur Förderung nachhaltiger Aquakulturkonzepte sowie der Resultate von SustainAqua

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konzipiert. Insofern trägt das Tropenhaus als Beispiel für nachhaltig Produktion zur Bewusstseinsbildung bei Züchtern, Verkäufern und Konsumenten bei.

Voraussetzungen für die Implementierung eines Tropenhauskonzepts

• Abwärme aus Industrieanlagen, Biomasse basierten Wärmekraftwerken, geothermische Installationen, etc. (1.5 – 2.0 MW/10,000 m2)

• Zugang zu Märkten für tropische Fische und Pflanzen

• Boden: keine spezifischen Voraussetzungen, ungünstig sind kalte Grundwasserströme

• Topographie: flach bis leicht geneigt

• Sonneneinstrahlung: gute Aussetzung zur Sonnenstrahlung Das bestehende Tropenhaus Konzept wurde im SustainAqua Projekt erforscht und weiter entwickelt. Die Forschung fokussierte auf folgende Themen:

• Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion

• Produktion von Fischfutter aus ungenutztem pflanzlichen Material

• Anwendung von Aquaponikfiltern zur Behandlung des Prozesswassers Nach einer Zusammenfassung der Ergebnisse der Versuche zur Integration von Krebsen in die Fischzucht sowie zur Verwendung des ungenutzten Pflanzenmaterial aus dem Tropenhaus als Fischfutter (beide Versuche sind noch nicht für die kommerzielle Anwendung ausgereift) wird der Aquaponikfilter im Detail vorgestellt.

10.2. Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion sowie Herstellung von Fischfutter aus tropischen Pflanzenresten

10.2.1. Allgemeine Beschreibung

Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion

Die im Tropenhaus wachsenden Pflanzen (unter anderem: Papaya, Guave, Banane, Sternfrucht) gedeihen gut. Bedingt durch ihr schnelles und üppiges Wachstum entsteht auch viel pflanzliches Material welches bisher nicht effizient genutzt wird. Krebse sind im allgemeinen gute Verwerter von solchem Pflanzenmaterial, aber auch von Abfallprodukten aus der Fischzucht (z.B. Sedimentpartikel, Fischfäkalien oder tote Fische). Die Integration von Krebsen in die bestehende Tilapiazucht eröffnet entsprechend folgende Perspektiven:

• Diversifizierung der Produktion

• Verbesserte Nutzung der vorhandenen Nährstoffe

• Effizientere Nutzung der Wasserressourcen

• Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Systems Die Wasserassel Asselus aquaticus ist sehr tolerant gegenüber schlechter Wasserqualität und Sauerstoffmangel. Es ist dementsprechend relativ einfach, eine Zucht von Wasserasseln in eine Art "Recycling-System" zu integrieren, das mit dem Prozesswasser aus der Tilapiaproduktion gespeist wird. Wasserasseln könnten das konventionelle Fischfutter mit natürlichem Futter ergänzen, das reich an bioaktiven Verbindungen ist. Reststoffe aus der intensiven Tilapiaproduktion wie zum Beispiel Schwebstoffe und gelöste Nährstoffe können so letztendlich als ergänzendes Futtermittel verwendet werden. Wasserasseln enthalten die für die Fischentwicklung notwendigen Amin- und Fettsäuren sowie weitere Nährstoffe. Studien über das Beimengen geringer Mengen von Futtertieren (Insekten, Asseln etc.) in das Fischfutter von Regenbogenforellen zeigen z. B. eine Verbesserung der Qualität des Fischfleisches sowie eine gesteigerte Vitalität der Forellen gegenüber ausschließlich künstlicher Pelletfütterung.

Herstellung von Fischfutter aus Tropenhaus-Pflanzen

Die klimatischen Verhältnisse im Tropenhaus sind für eine Kompostierung von pflanzlichem Material ungünstig. Dies führt zu zusätzlichen Kosten für die Handhabung und Kompostierung der Pflanzenreste. Die Nutzung dieser Materialien als Fischfutter könnte den Nährstoffkreislauf des Tropenhauses verbessern und die Kosten für kommerzielles Fischfutter reduzieren.

10.2.2. Grundprinzipien des Moduls

Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion

Die Wasserasseln wurden gemeinsam mit Fadenalgen in einem seichten Becken gehalten. Ein kleiner Teil des in der Aquakultur zirkulierenden Wassers wurde in das Wasserasselbecken geleitet, von wo es in die

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Fischbecken zurückfloss (siehe Abbildung 35). Die Wasserasseln wurden mit dem sich im Fischwasser akkumulierenden Schlamm aus Fischfäkalien, nicht verbrauchtem Fischfutter, Fadenalgen sowie mit Papaya-Fallobst gefüttert.

Abb. 35: Fließschema Integration von Wasserasseln in die Tilapiaproduktion

Herstellung von Fischfutter aus Tropenhaus-Pflanzen

Ungenutztes Material der tropischen Pflanzen wurde klein gehackt oder kompostiert. In den mit Tilapia (Oreochromis niloticus) und Flusskrebsen (Astacus astacus) durchgeführten Futterexperimenten wurden Teile der kommerziellen Futterpellets durch diese pflanzlichen Nebenprodukte ersetzt.

10.2.3. Bewertung der Experimente

Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion

Die Wasserasselpopulation entwickelte sich gut und war stabil. Der Vergleich mit verschiedenen Substraten zeigte, dass eine Einbindung einer Krebszucht in die Wasseraufbereitung von Fischzuchten weitgehende Vorteile bringt. Die mit Abstand höchste Produktion von Wasserasseln wurde auf dem Substrat aus Fadenalgen (Cladophora) erreicht. Dichter Cladophora-Bewuchs kann darüber hinaus auch als effizientes Mittel zur Reduktion von Schwebstoffen (organischen Partikeln) dienen. Die zurückgehaltenen organischen Partikel stellen eine ausgezeichnete Nahrungsbasis für Wasserasseln dar. Die Fadenalgen mit den darauf lebenden Wasserasseln und den ausfiltrierten Schlammpartikeln können zusammen geerntet und direkt an die Tilapia verfüttert werden. Niedrigere, aber trotzdem ertragreiche Produktion von Wasserasseln wurde mit dem ausfiltrierten Schlamm als Substrat erreicht. Der Vorteil der Verwendung des Schlammes als Substrat liegt in der effizienten Behandlung und Nutzung der Abfälle bestimmter Kreislaufanlagen. Eine ähnliche Wasserasselproduktion wurde auch mit den Aquariums- und Zierpflanzen Ludwigia und Eichhornia als Substrat erzielt. Abgesehen von Vorteilen in der Asellus-Produktion, dem Rückhalt von Schwebstoffen (vor allem durch Eichhornia) und der Nährstoffelimination, stellen diese Pflanzen auch vermarktbare Nebenprodukte dar.

Herstellung von Fischfutter aus Tropenhaus-Pflanzen

In Abb. 36 sind die Ergebnisse dieser Versuche zusammengefasst. Der teilweise Ersatz von Skretting durch Kompost, EM-Kompost, Bokashi, Taro oder Papaya zeigt nennenswerte Ergebnisse. Nichtsdestotrotz wird empfohlen das getestete pflanzliche Futter nur als Zusatz zu Futterpellets zu verwenden.

Abb.36: Ergebnisse der Fütterungsexperimente mit Biomasse

Filter

Kreislaufpumpe

Fischbecken

Wasserasseln

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10.2.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Für beide Module ist weiterführende Forschung erforderlich. Mögliche Erfolgsfaktoren sowie Restriktionen sind untenstehend aufgezeigt:

Integration von Krebsen in die Tilapiaproduktion

Die Erfahrung aus dem Tropenhaus zusammen mit den Futterexperimenten zeigt, dass die Zucht von Wasserasseln in Warmwasseraquakulturen möglich ist. Dadurch kann das kommerzielle Fischfutter mit wertvollem, frischem tierischem Futter ergänzt werden. Wasserasseln können sowohl mit den im Prozesswasser gelösten Schweb- und Nährstoffen als auch mit Pflanzenresten gefüttert werden. Bei Verwendung von Fadenalgen als Substrat und Futter können diese gemeinsam mit den Wasserasseln an die Fische verfüttert werden. Dichte Beläge von Cladophora können erfolgreich Schwebstoffe (organische Partikel) aus dem Wasser entfernen und die zurückgehaltenen organischen Partikel sind eine ausgezeichnete Nahrungsbasis für die Wasserasseln.

Herstellung von Fischfutter aus Tropenhaus-Pflanzen

Die Nutzung von Pflanzenmaterial aus dem Tropenhaus als Fischfutter stellt eine vielversprechende Option zur Diversifizierung des Fischfutters dar. Allerdings vermag sie nicht, kommerzielles Fischfutter gänzlich zu ersetzen. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine zusätzliche Quelle pflanzlichen bzw. tierischen Futters, das reich an wertvollen natürlichen Inhaltsstoffen ist. Da die Magenkapazität von Tilapia durch konventionelle Fütterung nicht ausgenützt wird, steht das zusätzliche Futter nicht in Konkurrenz zum Trockenfutter, sondern könnte die Ernährung sogar ergänzen.

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10.3. Warmwasser-Aquaponikfilter im tropischen Polykultursystem

10.3.1. Allgemeine Beschreibung

Jedes Aquakulturmodul im Tropenhaus besteht aus:

• einem Fischbecken,

• einem Pflanzenbecken zur Prozesswasserbehandlung und

• einer Pumpe zur Rezirkulation des Wassers Bei einem der Module wurde das Pflanzenbecken durch ein Aquaponikfilter ersetzt und getestet. Der Filter besteht aus mit Blähton gefüllten, geschlitzten Kunststoffkisten. Der Filter ist mit den selben ertragsstarken Kulturpflanzen (Banane, Papaya, Guave und Sternfrucht) bepflanzt wie die übrige Gewächshausfläche. Zusätzlich werden Chili, Basilikum, Galgant, Ingwer, Taro, etc. in Unterkultur gezogen. Das Prozesswasser wird mittels flexibler Schläuche gleichmäßig auf die Oberfläche des Filters aufgebracht und fließt durch Schlitze in den Wänden und der Unterseite der Kunststoffkisten wieder ab. Die Schlitze in den Kunststoffkisten erlauben auch den Sauerstoffeintrag und ver-hindern dadurch anaerobe Verhältnisse im Filterkörper. Die Reinigung des Prozesswassers erfolgt einerseits durch den Rückhalt unerwünschter Stoffe (z. B. Fischfäkalien, Futterreste, etc.) durch die Blähtonkugeln und das Wurzelgeflecht und durch die Mikroorganismen, die darauf leben. Andererseits nehmen die Pflanzen über ihre Wurzeln gelöste Stoffe (Nährstoffe) und Wasser auf. Aquaponikfilter mit tropischen Pflanzen (Foto: IEES)

10.3.2. Grundprinzipien des Moduls

Ein System mit einem Aquaponikfilter und eines mit einem Pflanzenbecken wurden parallel betrieben, um die Ergebnisse vergleichen zu können. Jedes der Systeme bestand aus einem runden mit einer Folie ausgekleideten Stahlbecken mit Fußbodenheizung. Die Becken hatten einen Durchmesser von 5.5 m und waren mit 10 m3 Wasser gefüllt. Die Wassertemperatur betrug 25 °C. Zur Erhaltung der Wasserqualität wurde das gesamte Prozesswasser zweimal pro Stunde umgewälzt. Dazu wird das Wasser von den Fischbecken auf die bepflanzten Filter gepumpt. Die Lufttemperatur im Gewächshaus betrug tagsüber 23 °C und nachts 18 °C. Das Prozesswasser wurde zur Bewässerung des Gewächshauses verwendet. Das benötigte Wasser für die Fischzucht wurde als Regenwasser auf dem Dach des Gewächshauses gesammelt. Der Filter bestand aus 40 Kunststoffkisten mit geschlitzten Seiten- und Grundflächen. Jede Kiste war mit 60 Liter Blähton mit einem Durchmesser von 13 - 20 mm gefüllt. Das Blähtongesamtvolumen betrug 2.4 m3. Die Beschickung der Filterkisten erfolgte über flexible Schläuche. Verglichen mit dem Pflanzenbecken beinhaltet der Aquaponikfilter folgende Innovationen:

• Wasserbehandlung: Blähtonkugeln ersetzen den Wasserkörper

• Pflanzenanbau: Tropische Obstbäume und Gemüse ersetzen Wasserpflanzen

• Konstruktion: Installation auf Bodenniveau möglich

• Mehrheitlich aerobe statt anaerobe Prozesse

Das System ist in nachstehender Abbildung dargestellt.

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Abb. 37: Fließschemas mit Aquaponikfilter und mit Pflanzenbecken

10.3.3. Bewertung des Moduls anhand der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren

Tabelle 54 fasst die Ergebnisse des Vergleichs des innovativen Aquaponikfilter-Systems mit dem konventionellen Pflanzenfilter hinsichtlich der SustainAqua-Nachhaltigkeitsindikatoren zusammen. Klar ersichtlich sind die Verbesserungen hinsichtlich Nährstoffeffizienz und Ertrag sowie der Anstieg der Produktivität (resultiert in geringeren Lohnkosten).

Ergebnisse System mit Aquaponikfilter System mit Pflanzenfilter

Energieeffizienz Energieverbrauch pro produziertem Tilapia [kWh/kg]

Energieverbrauch pro produziertem Tilapia [kWh/kg]

Gesamt 214.43 Gesamt 157.41

Wärme 214.38 Wärme 157.36

Strom 0.05 Strom 0.05

Wasserbedarf Wasserbedarf pro produziertem Tilapia [m3/kg]

1.4 Wasserbedarf pro produziertem Tilapia [m3/kg]

1.4

Ablaufwasser (= Bewässerungswasser)

Ablaufwasser pro produziertem Tilapia [m3/kg]

1.4

Ablaufwasser pro produziertem Tilapia [m3/kg]

1.3

Nährstoffverwertung N in Tilapia Biomasse / N Input [kg/kg]

0.28 N in Tilapia Biomasse / N Input [kg/kg]

0.24

P in Tilapia Biomasse / P Input [kg/kg]

0.32 P in Tilapia Biomasse / P Input [kg/kg]

0.27

Nährstoffaustrag N-Fracht im Wasser / N Input (Gräte) [kg/kg]

0.21 N-Fracht im Wasser / N Input (Gräte) [kg/kg]

0.22

P-Fracht im Wasser / P Input (Gräte) [kg/kg]

0.17 P-Fracht im Wasser / P Input (Gräte) [kg/kg]

0.29

Nährstoffwiederverwendung für wertvolle Nebenprodukte

N-Gehalt in Nebenprodukten / N Input (Gräte) [kg/kg]

0.01 N-Gehalt in Nebenprodukten / N Input (Gräte) [kg/kg]

0.00

P-Gehalt in Nebenprodukten / P Input (Gräte) [kg/kg]

0.01 P-Gehalt in Nebenprodukten / P Input (Gräte) [kg/kg]

0.00

Produktivitätssteigerung pro Arbeitseinheit

Zeitaufwand für Betrieb / Produkte

0.04 Zeitaufwand für Betrieb / Produkte

0.27

Tabelle 54: Schlüsselergebnisse des Vergleich des Aquaponikfilter-Systems mit dem konventionellen Pflanzenfilter

Schwankung der Ammonium, Nitrit-, Nitrat-, O2- und CSB (chemischer Sauerstoffbedarf)-Werte

Die Ammoniumkonzentrationen sind in beiden Fischbecken auf relativ niedrigem Niveau über einen langen Zeitraum hinweg gleich hoch. Ende August kam es in beiden Becken zu einem sprunghaften Anstieg der

Aquaponikfilter

Kreislauf-pumpe

Bewässerungs-wasser

Fischbecken

Pflanzenfilter

Fischbecken

Belüftung

Belüftung

Kreislauf- pumpe

Wasser Input

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Ammoniumkonzentration, wobei die Konzentration in jenem Becken mit dem Aquaponikfilter niedriger war. Die Nitritkonzentrationen sind allgemein sehr niedrig. Es gibt jedoch auch hier einige Konzentrationsspitzen in jenem Becken mit dem konventionellen Filter. Im Becken mit dem Aquaponikfilter bleibt die Konzentration dagegen ausgeglichen. Die Nitratkonzentrationen variieren in beiden Becken annähernd im selben Bereich. Die Sauerstoffkonzentration variiert zwischen 1.5 und 7.2 im Becken mit dem alten Filter und zwischen 5.9 und 7.9 im Becken mit dem Aquaponikfilter. Die CSB-Konzentrationen sind, mit Ausnahme einer Spitze im neuen System Mitte April, in beiden Becken annähernd identisch.

Abb. 38: Gegenüberstellung der Schwankung der Nitrit-Konzentration

10.3.4. Erfolgsfaktoren und Einschränkungen

Der Aquaponikfilter erwies sich als kostengünstige und effiziente Anwendung für die Wasseraufbereitung und -nutzung in kombinierten Kreislaufsystemen wie dem Tropenhaus. Der Aquaponikfilter kann im normalen kultivierten Bereich des Gewächshauses eingerichtet werden und ermöglicht auf seiner Oberfläche denselben Ertrag wie auf der übrigen Pflanzenfläche. Im Vergleich zum Pflanzenfilter ist der Wartungsaufwand (vor allem für das Entschlammen) geringer. Für die Bewirtschaftung des neuen Aquaponikfilters ist nicht mehr Arbeitsaufwand nötig als für die übrige bewirtschaftete Fläche. Der Aquaponikfilter zeigt speziell für die Parameter Ammonium und Nitrit (welche beide fischtoxisch sind) eine bessere biologische Leistung als der konventionelle Filter. Falls der Aquaponikfilter nicht in die bewirtschaftete Fläche integriert werden kann, fällt der zusätzliche Flächenbedarf gegenüber dem normalen Filtersystem, das über den Fischbecken hängt, nachteilig ins Gewicht. Ein anderes Manko der neuen Filter ist die Notwendigkeit, das Prozesswasser gleichmäßig auf die einzelnen Kunststoffkisten zu verteilen und das daraus resultierende komplexe Wasserverteilungssystem.

10.3.5. Vorteile der Anwendung

Im Vergleich zum konventionellen Filter hat der neue Aquaponikfilter folgende Vorteile:

• Mehrwert durch höheren Ertrag

• Geringere Schwankungen der Nährstoffkonzentrationen in den Fischbecken

• Einfach und ohne kostspielige Modifikationen in das bestehend System integrierbar

• Geringerer Wartungsaufwand und damit verbunden geringere Lohnkosten

Der neue Aquaponikfilter ist ein Beispiel für eine umweltbewusste Planung, in welcher 'Ökosystemare Konzepte der Gesellschaft' dienen und 'Abfall als Ressource' angesehen wird. Kostspieliges händisches oder maschinelles Entschlammen wird durch natürliche Prozesse ersetzt. Das Abwasser aus der Tilapiaproduktion wird zur Produktion hochqualitativer Nebenprodukte (tropische Früchte und Gemüse) verwendet und verbessert die ökonomische Leistung des integrierten Produktionssystems. Der Geschäftsplan des neuen, erweiterten Tropenhauses, der die Obstproduktion auf den Filter berücksichtigt, beweist dies zusätzlich.

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10.4. Vom Pilotprojekt zur Fischfarm: Der Entwurf eines Aquaponikfilter-Systems für das Tropenhaus Wolhusen

10.4.1. Einführung Tropenhaus Wolhusen

Das Tropenhaus Wolhusen basiert auf der 10-jährigen Erfahrung mit dem Tropenhaus Ruswil, in dem industrielle Abwärme zum Betrieb eines tropischen Polykultursystems verwendet wird. Errichtet im Jahr 2009, umfasst das Tropenhaus Wolhusen ein Produktionshaus mit einer Fläche vom 5 400 m2 und einen Eventteil für ca. 55 000 Besucher pro Jahr. Die tropische Polykultur umfasst einen tropischen Garten in dem Papaya, Bananen und andere tropische Früchte gezogen werden sowie eine Aquakultur mit integriertem Aquaponikfilter zur Tilapiazucht. Die Polykultur wird durch Abwärme und Sonnenlicht angetrieben, Fischfutter dient als Nährstofflieferant. Regenwasser wird von den Dachflächen des Tropenhauses gesammelt. Das durch das Fischfutter mit Nährstoffen angereicherte Prozesswasser wird zur Bewässerung und Düngung des tropischen Gartens verwendet. Der Ertrag aus diesem System sind tropische Früchte, Fische und pflanzliche Biomasse.

Abb. 39: Grundriss des Gewächshauses Tropenhauses Wolhusen mit der Aquakultur

Das Eventhaus umfasst eine Fläche von ca. 3 100 m2 und beinhaltet einen tropischen Garten, eine Tilapia-Aquakultur, ein Restaurant und Einrichtungen in denen Besucher Zier- und die im Produktionshaus verwendeten Nutzpflanzen betrachten können. Das Tropenhaus Wolhusen befindet sich in der hügeligen Zentralschweiz auf einer Meereshöhe von 680 m.ü.M. Die Region ist durch Landwirtschaft charakterisiert und das Tropenhaus ist von Ackerland umgeben. Bei gemäßigtem Klima beträgt die jährliche Sonnenscheindauer ca. 1 300 bis 1 400 Stunden. Der durchschnittliche Niederschlag beträgt ca. 1 200 mm pro Jahr. Das Tropenhaus ist an eine industrielle Abwärmequelle angeschlossen (warmes Wasser mit einer Temperatur von ca. 60°C), die über ein geschlossenes Wärmetauschersystem zum Heizen des Gewächshauses sowie des Prozesswassers verwendet wird. Die angestrebte Lufttemperatur im Gewächshaus beträgt tagsüber 23°C und nachts 18°C. Die optimale Prozesswassertemperatur beträgt 26°C. Die Kulturfläche ist ca. 4 000 m2 groß und der jährliche Ertrag an tropischen Früchten (hauptsächlich Papaya und Bananen) beläuft sich auf mehr als 60 Tonnen.

10.4.2. Beschreibung der Aquakultur

Die Fischproduktion besteht aus sechs Aquakulturmodulen mit jeweils zwei Fischbecken und zwei Filtern. Die erforderliche Fläche für ein Modul beträgt rund 180 m2, wovon ca. 90 m2 auf den Filter entfallen. Die beiden Fischbecken eines Moduls sind hydraulisch miteinander verbunden. Das Wasser zur Bewässerung der Gewächshauses wird aus jeweils einem der Becken entnommen, in welches auch das Regenwasser nachgespeist wird. Die Bewässerungswasserentnahme wird durch einen Computer kontrolliert. Die Einspeisung von Regenwasser wird durch eine Niveaukontrolle reguliert (siehe Abb. 41 auf der nächsten Seite). Abb. 40: Schema eines Aquakulturmodules

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Abb. 41: Fließschema der Aquakulturmodule im Tropenhaus Wolhusen

Die Fischbecken bestehen aus runden, mit PE-Folien ausgelegten Stahlbecken. Der Durchmesser beträgt 5.5 m und die Höhe 1.6 m. Bei einem Wasservolumen von 30 m3 pro Becken beträgt die Wassertiefe 1.3 m. Bei einer Besatzdichte von 20 kg Fisch pro m3 Wasservolumen beträgt die erwartete Ernte 920 kg Fisch pro Becken pro Jahr.

10.4.3. Aquaponikfilter im Tropenhaus Wolhusen

Der Aquaponikfilter besteht aus mit Blähtonkugeln gefüllten Kunststoffkisten. Die Seitenflächen sowie der Boden der Kisten sind geschlitzt, um das Durchströmen von Wasser und Luft zu gewährleisten. Der Filter ist mit denselben Pflanzen (Papaya, Bananen, etc.) wie das übrige Tropenhaus bepflanzt. Darüber hinaus werden auch folgende Unterkulturen gepflanzt: Chili, Zitronengras, Taro und Galgant. Der Ertrag des Filters entspricht zumindest dem Ertrag der übrigen Pflanzenfläche. Pro Fischbecken werden 56 Filterkisten benötigt. Die Abmessungen der Kunststoffkisten betragen 60 x 40 x 32 cm, die Schlitze sind je 5 mm breit. Der Filter wird kontinuierlich mit 1 m3 Wasser pro Minute (entspricht ca. 18 Liter pro Kunststoffkiste pro Minute) beschickt. Jede Kiste ist mit rund 60 Liter Blähtonkugeln mit einem Durchmesser von 8 - 16 mm gefüllt. Die Beschickung der Kisten erfolgt über flexible Schläuche, die von einem zentralen Verteilerrohr ausgehen.

Folie

Folie

Bewässerungswasser

Becken 1

Regenwasser

Becken 2

Filter 2

: Pumen :

Filter 1

Verteilrohr

Verteilrohr

Fischbecken in der Bauphase (Foto: IEES)

Aquakulturmodul in der Bauphase (Foto: IEES)

Pumpen

Wärmeaustauscher

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links: Filterkiste mit Wasserleitung und Chili, rechts: in Filterkiste wachsende Bananenstaude (Fotos: IEES)

Die Aquakultur wurde in Hanglage errichtet. Da die Filter oberhalb der Fischbecken angeordnet wurden, fließt das Wasser nach dem Durchströmen der Filter per Schwerkraft in die Fischbecken zurück (siehe Abbildung 42).

Abb. 42: Querschnitt durch Aquakultur

10.4.4. Kosten und Arbeitsstunden

Nachfolgende Tabelle fasst die Baukosten für die oben beschriebenen Aquakulturmodule zusammen. Die Kosten sind in Material- und Lohnkosten unterteilt. Die Errichtung sollte durch einen Facharbeiter unterstützt durch Hilfskräfte erfolgen. Ingenieurkosten und Kosten für Erdaushubarbeiten sind nicht berücksichtigt. Materialkosten (in Euro) enthalten keine Steuern, aber Zollabgaben.

€ % h % Fischbecken mit Wärmedämmung, Ein-/Auslauf 12048 45% 71 29%

Aquaponikfilter 3611 14% 83 34%

Filterpumpen, Armaturen, Leitungen 7138 27% 59 24%

Fischbeckenheizung: Wärmetauscher, Pumpen, Armaturen, Leitungen 3891 15% 32 13%

Total 26687 100% 245 100%

Tabelle 55: Ausgaben für ein Aquakulturmodul

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10.4.5. Vor- und Nachteile eines Aquaponikfilter

In kombinierten Aqua- und Agrikultursystemen wie dem Tropenhaus ist der Aquaponikfilter eine kostengünstige Methode zur Wasseraufbereitung. Der Filter kann im kultivierten Bereich des Gewächshauses errichtet werden und ermöglicht somit denselben Ertrag wie auf der übrigen Pflanzenfläche. Im Vergleich zum normalen Teichfilter ist der Wartungsaufwand (vor allem für das Entschlammen) geringer. Für die Bewirtschaftung des neuen Filters ist nicht mehr Arbeitsaufwand nötig als für die übrige bewirtschaftete Fläche. Der Aquaponikfilter zeigt speziell für die Parameter Ammonium und Nitrit (welche beide fischtoxisch sind) eine bessere biologische Leistung als der konventionelle Filter. Falls der Aquaponikfilter nicht in die bewirtschaftete Fläche integriert werden kann, fällt der zusätzliche Flächenbedarf gegenüber dem normalen Filtersystem, das über den Fischbecken hängt, nachteilig ins Gewicht. Ein anderes Manko der neuen Filter ist die Notwendigkeit, das Prozesswasser gleichmäßig auf die einzelnen Kunststoffkisten zu verteilen und das daraus resultierende komplexe Wasserverteilungssystem.

Neuer Aquaponikfilter nach sieben Betriebsmonaten (Foto: IEES)

SUSTAINAQUA HANDBUCH Literatur

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Literaturempfehlungen

Allgemeine Informationen über SustainAqua

Internet:

www.sustainaqua.org Internetseite des Projekts http://wiki.sustainaqua.org Wiki-basiertes Online-Tool, das über die Projektergebnisse und nachhaltige Aquakultur im Allgemeinen informieren soll. Sie sind herzlich dazu eingeladen, mit Ihren Erfahrungen und Ihrem Wissen beizutragen, z.B. über weitere nachhaltige Aquakulturtechniken, verwandte Projekte, andere Fischarten, etc.

Nachhaltigkeit in der Aquakultur

Internet:

www.euraquaculture.info – Portal des EU-Projekts CONSENSUS, das insbesondere Aspekte der Nachhaltigkeit in der Aquakultur darstellt AGENDA 21 (1992): http://www.un.org/esa/sustdev/documents/agenda21/english/agenda21toc.htm EIFAC/EC Working Party on Market Perspectives for European Freshwater Aquaculture, Brussels, Belgium,

14 – 16 May 2001: 84-94 BELL, S. & STEPHEN MORSE (1999) - Sustainability indicators: measuring the immeasurable?. Earthscan,

ISBN 185383498X, 9781853834981, 175 pp. BEVERIDGE, M.C.M.; PHILLIPS, M.J. & MACINTOSH, D.J. (1997): Aquaculture and the environment: the

supply of and demand for environmental goods and services by Asian aquaculture and the implications for sustainability. In: Aquaculture Research 28, 797-807

CEC [COMMISSION OF THE EUROPEAN COMMUNITIES] (2005): Proposal for a Council Regulation on organic production and labelling of organic products. COM(2005)671 final. - Brussels

CEU [COUNCIL OF THE EUROPEAN UNION] (2006): Proposal for Council Regulations on organic production and labelling of organic products, amending Regulation (EC) no 2092/91, 10782/06. - Brussels

FAO [FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS] (1988): Aspects of FAOs policies, programmes, budget and activities aimed at contributing to sustainable development. Document to the ninety-fourth Session of the FAO Council, Rome, 15-25 November 1988. Rome, FAO,CL94/6.

FAO [FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS] (1995): Code of conduct for responsible fisheries. - Rome

FAO/ ICLARM/ IIRR (2003) - Integrated agriculture-aquaculture. A primer. FAO Fisheries Technical Paper, n 407. 149 p. ( in English) http://www.fao.org/DOCREP/005/Y1187E/Y1187E00.HTM

FEAP [FEDERATION OF EUROPEAN AQUACULTURE PRODUCERS] (2000): Code of conduct for European Aquaculture. - Boncelles, Belgium

FOCARDI, S.; CORSI, I.; FRANCHI, E. (2005): Safety issues and sustainable development of European aquaculture: new tools for environmentally sound aquaculture. In: Aquaculture International 13, 3-17

FRANKIC, ANAMARIJA & HERSHNER, CARL (2003): Sustainable aquaculture: developing the promise of aquaculture. In: Aquaculture International 11: 517-530

HALBERG, NIELS; VAN DER WERF, HAYO M.G.; BASSET-MENS, CLAUDINE; DALGAARD, RANDI; DE BOER, IMKE J.M. (2005): Environmental assessment tools for the evaluation and improvement of European livestock production systems. In: Livestock Production Science 96, 33-50

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MEA (2005).- Ecosystems and Human Well-being. A Framework for Assessment. http://www.millenniumassessment.org/en/Framework.aspx

SECOND INTERNATIONAL SYMPOSIUM ON SUSTAINABLE AQUACULTURE IN OSLO (1997): Holmenkollen guidelines for sustainable aquaculture. - Oslo

SUSTAINAQUA HANDBUCH Literatur

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UNEP (1992): Rio Declaration on Environment and Development; http://www.unep.org/Documents.multilingual/Default.asp?DocumentID=78&ArticleID=1163

WURTS, W. A. (2000): Sustainable Aquaculture in the Twenty-First Century. In: Reviews in Fisheries Science 8 (2), 141-150

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Rechtliche Rahmenbedingungen in der europäischen Süßwasseraquakultur

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SUSTAINAQUA HANDBUCH Autoren

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Autoren

Editoren

Dr. László Váradi (Research Institute for Fisheries, Aquaculture and Irrigation - HAKI) Tamás Bardócz (Akvapark Association) Alexandra Oberdieck (ttz Bremerhaven)

Autoren nach Kapitel

1. SustainAqua – Eine Einführung

Alexandra Oberdieck - ttz Bremerhaven

2. Nachhaltigkeit in der Aquakultur

Christian Hildmann - Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg Alexandra Oberdieck - ttz Bremerhaven

3. Technologien in der Süßwasseraquakultur in Europa

Tamás Bardócz - Akvapark Association

4. Rechtliche Rahmenbedingungen in der europäischen Süßwasseraquakultur

Tamás Bardócz - Akvapark Association László Váradi – Research Institute for Fisheries, Aquaculture and Irrigation (HAKI)

5. Hohe Produktqualität und neue Geschäftsfelder – Marktchancen für Fischprodukte höchster Qualität und Sekundärprodukte

Alexandra Oberdieck - ttz Bremerhaven

6. Wasseraufbereitung für intensive Aquakultursysteme durch künstliche Feuchtgebiete und extensive Fischteiche – Fallstudie in Ungarn

Dénes Gál, Éva Kerepeczki, Tünde Kosáros, Réka Hegedős, Ferenc Pekár, Lászlo Váradi – Research Institute for Fisheries, Aquaculture and Irrigation (HAKI)

7. Verbesserte natürliche Produktion in extensiven Fischteichen – Fallstudie in Polen

Maciej Pilarczyk, Joanna Ponicka, Magdalena Stanna - Polish Academy of Sciences, Institute of Ichthyobiology and Aquaculture (GOLYSZ)

8. New methods in trout farming to reduce the farm effluents – Case study in Denmark

Alfred Jokumsen, Per B. Pedersen, Anne Johanne T. Dalsgaard, Ivar Lund, Helge Paulsen, Richard S. Rasmussen, Grethe Hyldig - Technical University of Denmark, National Institute of Aquatic Resources (DTU Aqua) Lisbeth J. Plessner, Kaare Michelsen, Christian Laursen - Danish Aquaculture Organisation (ODA)

9. Tilapia farming using Recirculating Aquaculture Systems (RAS) - Case study in the Netherlands

Ep Eding, Marc Verdegem, Catarina Martins, Geertje Schlaman, Leon Heinsbroek, Bob Laarhoven, Stephan Ende, Johan Verreth - Aquaculture and Fisheries Group, Wageningen University (WU-AFI) Frans Aartsen, Victor Bierbooms - Viskwekerij Royaal B.V./ ZonAquafarming B.V. (ROYAAL) 10. Das Tropenhaus: eine Polykultur zur nachhaltigen Produktion von tropischen Früchten und

Fischen – Ein Fallbeispiel aus der Schweiz

Johannes Heeb, Philippe Wyss - International Ecological Engineering Society (IEES) Zdenek Adamek - Research Institute of Fish Culture and Hydrobiology, University of South Bohemia (USB)

SUSTAINAQUA HANDBUCH Danksagung

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Danksagung

Dieses Handbuch ist ein Ergebnis des Kollektiv-forschungsprojekts 'SustainAqua', das von der Europäischen Kommission als Teil des Sechsten Forschungsrahmenprogramms (RP6) mitfinanziert wurde. Die Forschung und Trainingsseminare im Rahmen von SustainAqua wurden von einem Konsortium von 23 Partnern durchgeführt: ttz Bremerhaven (ttz), Deutschland; International organisation for the development of fisheries in Eastern and Central Europe (EUROFISH), Dänemark; Akvapark Association (AKVAPARK), Ungarn; Verband der Deutschen Binnenfischerei e.V. (VDBi), Deutschland; Vattenbrukarnas Riksförbund (VRF), Schweden; Stowarzyszenie Producentów Ryb Lososiowatych (PTBA), Polen; Organización de Productores Piscicultores (OPP), Spanien; Österreichischer Fischereiverband (ÖFV), Österreich; Su Ürünleri Tanitim Dernegi (BTG), Türkei; Danish Aquaculture Organisation (ODA), Dänemark; International Ecological Engineering Society (IEES), Schweiz; AquaBio-Tech Ltd. (ABT), Malta; Aranyponty Halászati Zrt. (ARANY), Ungarn; Aquakultur Kahle (KAHLE), Deutschland; Hodowla Ryb "SALMO" (SALMO), Polen; Liman Enegre Balikçilik Sanayii ve Ticaret Ltd.STI. (LIMAN), Türkei; Viskwekerij Royaal B.V. (ROYAAL), Niederlande; University of South

Bohemia in Ceske Budejovice (USB), Tschechische Republik; Wageningen University - Aquaculture and Fisheries Group (WU-AFI), Niederlande; Polska Akademia Nauk, Zakład Ichtiobiologii i Gospodarki Rybackiej (GOLYSZ), Polen; Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg (MLU), Deutschland; Research Institute for Fisheries, Aquaculture and Irrigation (HAKI), Ungarn; Technical University of Denmark - National Institute of Aquatic Resources (DTU-AQUA), Dänemark.

Die Arbeit, die dem Erscheinen dieses Handbuchs zugrunde liegt, ist die gemeinsame Anstrengung von verschiedensten Personen, die zu zahlreich sind, als dass sie hier einzeln aufgeführt werden könnten; wir möchten jedoch an dieser Stelle einige Personen wegen ihres außergewöhnlichen Einsatzes erwähnen:

Tamás Bardócz (AKVAPARK), Alexandra Oberdieck (ttz), Dénes Gál (HAKI), Alfred Jokumsen (DTU-AQUA), Maciej Pilarczyk (GOLYSZ), Ep Eding & Marc Verdegem (WU-AFI), Johannes Heeb & Philippe Wyss (IEES)

Wir danken ihnen für ihre engagierte Arbeit.

SustainAqua Konsortium (Foto: ttz Bremerhaven)

Umschlag, Gestaltung und Layout von EUROFISH

©SustainAqua, Juni 2009. Alle Rechte vorbehalten. Freigegeben zur Verteilung. Mehr Informationen: www.sustainaqua.org

Bitte folgendermaßen zu zitieren: "SustainAqua – Integrierte Lösungswege für eine nachhaltige und gesunde Süßwasseraquakultur" (2009). SustainAqua Handbuch – Ein Handbuch für nachhaltige Aquakultur