ein beitrag zur intelligenzprüfung niederer affen

59
(Aus dem Physiologischen Institut in Tiibingen.) EIN BEITRAG ZUR INTELLIGENZPRUFUNG NIEDERER AFFEN. (Ausgefiihrt mit Unterstiitzung des Universit~tsbundes Tfibingen.) Von H. NELLMANI~I und W. TRENDELENBURG. Mit 29 Textabbildungen. (Eingegangen am 14. Februar 1926.) Inhaltsiibersicht. SeRe Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Versuchstiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Bisher vorliegende Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Eigene Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Versuchc im L~boratorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Der Reichweitenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Der Taschenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Der HandSffnungsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Der Fadenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Der Harkenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Der Kastenversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Versuche im Freikafig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Klettern und Springen nach h~ngender Frucht . . . . . . . . . 165 I)er Umwegversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Versuch mit dcr Hinderniskiste . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Das Schnurdurchhange]n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 :Durchhangeln mit einer Stangc . . . . . . ; . . . . . . . . . 171 Der Pendelversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Der Blumentopfversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Der Drehscheibenversucb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Der Spiegelversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Herunterziehen einer unsichtbaren Frucht . . . . . . . . . . . 180 Versuch mit Glasrohr und Stock . . . . . . . . . . . . . . . 181 Versuch mit der Laufringschnur . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Versuch mit dem Turnseil . . . . . . . . . . . . . . .... 186 Versuche mit Kistenverwendung zum Erreichen des Zieles . . . 188 Vergleich mit hSheren Affen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Schlul~bemerkungen . . . . . . . . . . : . . . . . . . . . . . . . 196 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Schriftenverzeichnis . . . . . . . : . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Einleitung. Untersuchungen fiber Intelligenz sind an den verschiedensten Tier- formen durchgefiihrt worden. Eine besondere Bedeutung kommt den Untersuchungen yon KSHLER und yon u an ~nthropoiden Allen zu.

Upload: h-nellmann

Post on 06-Jul-2016

213 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

(Aus dem Phys io logischen Ins t i tu t in Tiibingen.)

E I N B E I T R A G Z U R I N T E L L I G E N Z P R U F U N G N I E D E R E R A F F E N .

(Ausgefiihrt mi t Unters t i i tzung des Univers i t~ t sbundes Tfibingen.)

Von

H. NELLMANI~I und W. TRENDELENBURG.

Mit 29 Textabbildungen.

(Eingegangen am 14. Februar 1926.)

I n h a l t s i i b e r s i c h t . SeRe E in le i tung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 2 Versuchs t i e re . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Bisher vor l iegende U n t e r s u c h u n g e n . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Eigene U n t e r s u c h u n g e n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Versuchc im L ~ b o r a t o r i u m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Der Re i chwe i t enve r such . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Der T a s c h e n v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Der H a n d S f f n u n g s v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Der F a d e n v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Der H a r k e n v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Der K a s t e n v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Versuche im Fre ikaf ig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 K l e t t e r n u n d Spr ingen nach h~ngender F r u c h t . . . . . . . . . 165 I )e r U m w e g v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Ver such mi t dcr H inde rn i sk i s t e . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Das S c h n u r d u r c h h a n g e ] n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 :Durchhangeln mi t einer S tangc . . . . . . ; . . . . . . . . . 171 Der P e n d e l v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Der B l u m e n t o p f v e r s u c h . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 D e r D r e h s c h e i b e n v e r s u c b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Der Spiege lversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 H e r u n t e r z i e h e n einer u n s i c h t b a r e n F r u c h t . . . . . . . . . . . 180 Ver such m i t Glas rohr u n d Stock . . . . . . . . . . . . . . . 181 Ver such mi t der L a u f r i n g s c h n u r . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Ve r such mi t dem Turnse i l . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Versuche m i t K i s t e n v e r w e n d u n g z u m Er re i chen des Zieles . . . 188

Vergleich mi t hSheren Affen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Schlu l~bemerkungen . . . . . . . . . . : . . . . . . . . . . . . . 196 Z u s a m m e n f a s s u n g der Ergebn i s se . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Schr i f tenverze ichnis . . . . . . . : . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Einleitung. U n t e r s u c h u n g e n f i be r I n t e l l i g e n z s i n d a n d e n v e r s c h i e d e n s t e n T i e r -

f o r m e n d u r c h g e f i i h r t w o r d e n . E i n e b e s o n d e r e B e d e u t u n g k o m m t d e n

U n t e r s u c h u n g e n y o n K S H L E R u n d y o n u a n ~ n t h r o p o i d e n A l l e n z u .

Page 2: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

H. Netlmann u. W. Trendelenburg: Ein Beitrag zur Intelligenzprfifung usw. 143

Auch an niederen Allen sind viele Studien ausgefiihrt. Doch sind hier bisher meist nut bestimmte Teilfragen in den Vordergrund gestellt worden, andere noch nicht system~tiseh untersucht. So liegt noeh nieht geniigend Material vor, um das Verh~lten der hOheren Affen mit den niederen hinreiehend vergleichen za kSnnen.

Bei unserer Arbeit, mit der wir einen Beitrag zu dieser Frage liefern mOehten, gehen wit zunaehst yon keinerlei theoretischen Vorstellungen aus, sondern w~ren in erster Linie bemiiht, genaae Beobachtungen zu liefern und das Beobachtete m6gliehst objektiv d~rzastellen. Alle Fragen der Definition der Intelligenz, der Einsieht u. a. m., Fragen, die seit der K0~L~Rsohen Arbeit besonders lebhuit erSrtert warden, wollen wit hier zurtickstellen. Die gelegentlieh gew~hlte ~nthropozentrische Ausdrucksweise sell bei uns n u r d e r Anseh~uliehkeit der Darstetlung dienen. Liegt sin gutes Beob~ehtungsmaterial vet, so bleibt es der psychologisehen Analyse unbenommen, das Verhalten der Tiere uls ,,intelligent", ,,einsiohtig" oder anders aas~alegen, "oder alles veto Standpunkt v. UEXKOLLS der ,Merkwel~ der Tiere" zur D~rste lhng zu bringen. Ftir die t~iohtung, in weleher wit unsere Beobachtungen an- stellen, sind diese mehr theoretischen Gesichtspunkte nicht ausschlag- gebend. Das Hauptziel unserer Arbeit ist die Beschaffang neuer Tat- sachem So bedeutet fiir uns die Benutzung einer bestimmten Ausdrueks- weise keine Festlegung auf einen bestimmten theoretischen Standpunkt, sondern nat die Wahl eines passenden Verstgndigungsmittels.

Die Pr~ifungen auf die sogenannte Intelligenz der hSheren Tiere, insbesondere der A/fen, werden auf versehiedene Weise vorgenommen ~). Es handel t sich immer datum, dab dem Tier die Aufgabe gestellt wird, unter erschwerteh Umst~nden zur Nahrung za gelangen. Die Nahrung kann nat erreieht werden, wenn eine Aufgabe gel6st wh'd. Diese Au/- gabenldsung, z. B. 0ffnen eines den Fut terkasten verseMiel~enden R iegels, kann primgr oder selcundiir erfolgen, je naehdem ob der LSsang ein Lern- vorgang voranging, oder nieht. Wit setzen zun~chst voraus, dab das untersuchte Tier frisch aus dem Urwald stanamt, yon Menscheneinflul~ unberiihrt. Der Lernvorgang bei selcund~irer Au]gabenldsung kann ein verschiedener sein. Entweder lernt das Tier darch hTachahmung eines ihm vorgezeigten Vorganges, also etwa der l~iegelSffnung, den Vorgang selbst~ndig auszufiihren. Dabei kann der Vormaehe.nde entweder der Menseh sein, oder ein ~nderes Tier gleieher (oder anderer) Art, welches die Aafgabe sehon zu ]Ssen versteht. Eine andere sekund~ire Aufgaben- 16sung ist die, bei welcher der Lernvorgang dareh ,,trial and error" erfolgt, wie der Kunstausdruek der amerikanisehen Forseher lautet, welche sich vorwiegend mit dieser Methode beseh~ftigt haben. Hier

1) Vgl. hierzu auch die methodischen Ausftihrungen yon KSHLE~ (2).

Page 3: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

144 H, Nellmann und W. Trendelenburg:

wird das Tier sich selbst iiberlassen. Es kommt durch Zu/all auf die LSsung, und zwar bei verwieketten Aufgaben (z. B. mehrere Versehlfisse, die in bestimmter Reihenfolge ge6ffnet werden miissen) naeh und nach; die MaBnahmen des Tieres sind yon keiner Einsicht in den Zusammen- hang der Binge geleitet, sondern entspringen nur dem Bet~tigungstrieb. Das Tier bemerkt, welehe MaBnahmen Effolg haben und welehe nieh~ und wendet allm~hlieh nur die ersteren an. Eine dritte Art der se- kund~ren Aufgabenl6sung durch Vermittlung eines durch das Experi- ment hervorgerufenen Lernvorganges besteht in dem Veffahren des ,,put through", wie ebenfaUs wieder der amerikanische Faehausdruek lautet. Wir k6nnen das Veffahren aueh als das der Passivbewegungen bezeiehnen. Die Bewegungen, welche das Tier aktiv auszufiihren lernen soll, z .B. Anziehen eines J~ekchens, werden zun~chst an ihm passiv ausgeffihrt.

Wir haben uns nun in erster Linie mit der Methode der t)rimSren Au]gabenl6sung besch~ftigt, die auch bei KSHLE~ ganz im Vordergrund steht. Hier wird untersucht, was das Tier yon selbst kann. Besser gesagt: was es ohne Mitwirkung eines durch das Experiment hervorgerufenen Lernvorganges kann, Aufgaben gegenfiber, die ihm im t~glichen Leben seines Urwaldzustandes nieht begegnet sind. Das Tier 15st unsere Auf- gaben also dureh Einsicht in den Zusammenhang der Sachlage und durch Voraussieht des Effolges seines Handelns, so k6nnen wit zun~ehst sagen, um die Vorg~nge ansehaulieh zu machen. Gerade diese Methode der prim~ren Aufgabenl6sung ist an niederen Affen noch nicht systema- tisch, sondern nur gelegentlich, angewendet worden, so da~ KSttLER sagen konnte, dab wir die Systemnachb~rn der Anthropoiden, also die niederen Allen, noeh wenig kennen.

Haben wit im vorigen versucht, die verschiedenen Veffahren klar einander gegeniiber zu stellen, so ist sogleieh zu sagen, dab man aueh dann, wenn es auf Efforschung der prim~ren Leistungen (in unserem Sinne dieses Ausdruckes) ankommt, den experimentellen Lernvorgang zu Hilfe nehmen kann. Man kann dem Tier durch einen der n~her angegebenen Lernvorg~nge beibringen, eine verwiekelte Aufgabe zu 15sen. Nun kann man diese Aufgabe mehr oder weniger stark ab~ndern und zusehen, welche dieser Ab~nderungen (dureh welche ffir den Affen eine neue Saehlage hergestellt wird) yon dem Tier wieder primer, ohne neuen Lernvorgang, bew~ltigt werden kann. Der vorausgehende experi- mentelle Lernvorgang ist die gegebene und sehr fruchtbare l~e~hode, das K6nnen des Tieres zu erweitern und seiner Intelligenz neue Aufgaben zu stellen. Der erw~hnte Lernvorgang bietet also die M6glichkeit fiir die weitere Ausdehnung der Methode der prim~ren AufgabenlSsung. Der Anschauliehkeit wegen sei gleich ein Beispiel aus unseren eigenen Versuchen. gegeben. Der Affe hat gelernt, ein mit zwei seiflieh links

Page 4: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzprfifung niederer Affen. 145

angebrachten Riegeln verschlossenes K~stchen zu 5ffnen. Wir bringen nun die gleichen Riegel rechts seitlich an, bieten also eine spiegelbildlich gleiche Situation und sehen zu, ob der Affe nun auch diese nur wenig ver~nderte Aufgabe 15st. Es ist klar, dal~ ein Tier um so grSl~ere Ab- wandlungen der naeh Lernen lSsbaren Aufgabe bew~ltigt, je intelli- genter es ist.

Aber es besteht noch ein ganz anderer Zusammenhang zwischen unseren prim~ren und sekund~ren AufgabenlSsungen. Wir betonten, da~ bei ersteren kein experimentell hervorgerufener Lernvorgang vor- ausgeht. Es fragt sieh abet, ob nicht ein natiirlicher Lernvorgang voraus- ging, d. h. ein irgendwie geartetes Lernen des Tieres in seinem Urwa]d- zustand. Wenn wir z. B. eine Kirsche an eine Lat te binden, mit ttilfe derer das Tier die Frucht heranhangeln kann, so stellt dieser Versuch eine Abwandlung der natiirliehen Saehl~ge dar, dal~ der Affe eine nicht unmittelbar erreichbare Frucht des Urwaldbaumes dadureh heranzieht, dab er den Zweig oder Ast, welcher mit der Frucht in Verbindung steht, sich heranlangt. Unsere Aufgaben wfirden also danaeh oft nur eine Ab~nderung (oft freilich eine sehr tiefgreifende) einer lqaturaufgabe darstellen, welche der Affe vie]leieht durch natfirlichen Lernvorgang zu 15sen ]ernte.

Von prim~rer AufgubenlSsung kSnnen wir deshalb, wie nochmals hervorzuheben ist, nur in bezug auf Fehlen oder Vorhandensein eines dutch das Experiment bedingten Lernvorganges spreehen. ]~ber die natfirliehen Lernvorg~nge eines Allen wissen wir noch zu wenig. PFUNGS~ hat einen sehr bedeutsamen Anfang der n~heren Untersuchung gemaeht, indem er ein junges Affchen sehr frfihzeitig aus seiner natiirlichen ~ffischen Umgebung herausnahm und in menschliche Umgebung brachte. So waren alle natiirlichen Lernvorg~nge ausgesehaltet.

Wir kSnnen nun annehmen, dal~ mehrere Allen gleicher Art und gleichen Alters, in gleicher Weise dutch natiirliehe Lernvorg~nge vor- gebildet sind. So haben w~r trotz unserer geringen Kenntnis dieser Vorg~nge doch eine siehere Grundlage ffir vergleichende Studien.

Sehwieriger abet liegt der Fall, wenn wit auf Grund der Methode der prim~ren Aufgabenl5sung die Intelligenz versehiedener Tierarten, etwa Hund und Affe, miteinander vergleichen wollen. Da k5nnte es sein, dal~ unsere Aufgabe fiir den Affen eine Abwandlung einer Natur- saehlage darstellt, fiir den Hund seiner ganz anderen Lebensweise wegen aber nicht. Kein Wunder darum, dab der Hund unsere Aufgabe nicht lSst; nicht weft er weniger intelligent ist, sondern well er fiir eben diese Aufgabe nicht so gut vorgeschult ist - - nicht im Experiment, sondern im Freileben. Andererseits kann wieder der Hund einen gro~en, nicht auf seine Intelligenz zu setzenden Vorsprung dadureh haben, dal~ er als Haustier viele vorausgegangene LernmSglichkeiten hatte, welche be-

Page 5: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

146 tI. Nellmann und W. Trendelenburg:

wirken k5nnten, dab ein anderer Versuch, welcher fiir den Allen ganz aus dem Rahmen vorhergehender Effahrungen her~usf~llt, ffir den Hund nut die leichte Abw~ndlung bek~nnter Sachlagen darstellt.

Noch ein anderer Umst~nd macht den Vergleich der In~elligenz ver- schiedener Arten hSherer Tiere so schwierig, n~mlich die so verschiedene Ausstattung mit Naturwerkzeugen. Es ist klar, dal~ ein Hund eine Auf- gabe nich~ 15sen kann, die so grol~es Bewegungsgeschick und Be- wegungsfreihei~ der oberen Extremit~t verlangt, wie sie der Affe be- sitzt, nicht ~ber der Hund. Auch die Katze ist in dieser Hinsicht dem Hund motorisch sehr tiberlegen.

Bei vergleichenden Intelligenzuntersuchungen sind die Vergleiche mithin am siohersten bei Individuen derselben Tierart, f~st ebenso sicher bei Tieren verschiedener Art mit mSglichst ~hnlicher mo~orischer Lei- stungsf~higkeit (e~wa Wolf und Fuchs, oder hShere und niedere Allen), sowie mSgtichst ~hnlichem Freileben. Auch ist daran zu denken, dab vielleicht eine Tierart eine Aufgabe nur deshalb nich~ 15sen karm, weil dafiir eine Sinnesleis~ung, etwa Sehsch~rfe, nStig ist, die ihr nicht zur Verfiigung steht. Dabei kSnnte die geringere Sehleis~ung rein peripher bedingt sein. Je mehr sich die Tiere in allen diesen Hinsichten unter- scheiden, desto unsioherer wird die Grundlage eines Vergleiches.

Aber ~uch im gfins~igsten Fall kalm noch eine erhebliche Schwierig- keit fiir die vergleichende Betrachtung vorliegen, die sich nicht immer umgehen l~l~t. Man sollte die Untersuchungen fiir verschiedene Tier- arten in mSglichst gleicher oder entsprechender Umgebung ausfiihren. Das l~$t sich nun leider nicht immer durchfiihren. Anthropoide kSnnen wit nicht im Institut untersuchen. Zudem h~t~e es keinen Sinn, sie in dieselben fiir sie viel zu kleinen Drahtgehege zu bringen, die fiir niedere Allen ausreichen. Man wird aber annehmen diirfen, dal~ eine tunlichst gro~e Angleichung der ~ul~eren Bedingungen an die anderer Unter- suoher dooh eine geniigende Grundlage fiir einen Vergleich bietet.

WJr haben, wie schon angedeutet, unsere Aufgabe in erster Linie darin gesehen, den Vergleioh zwischen Anthropoiden und niederen Affen weiter fortzusetzen. Ferner haben wir ~uch ttunde und Katzen gelegentlich mit in den Kreis der Beobachtung gezogen.

Urn die Beobachtungen mSglichst eindeutig festzulegen, haben wir ausgiebigen Gebrauch yon photographischen und kinematogr~phischen Aufnahmen gemachtl); yon letzteren geben wir einige Proben wieder.

u Wir haben unsere Versuche in erster Linie an einem frisch einge-

ffihrfen erwaohsenen m~nnlichen Rhesus (,,Beppo") vorgenommen, den

1) Ein l~ngerer Film wurde auf der Rostocker Physiologentagung, August ]925, vorgeftihrt.

Page 6: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 147

wit un t e r e iner gr613eren ZahI yon j i ingeren u n d E l t e ren Rhesusa f fen als besonders geeignet aussuchen konnten . F e r n e r u n t e r s u c h t e n wir e inen jungen weibl . Pavian (P. cynoceph.), der ebenfal ls f r isch e ingef t ihr t war.

Die Eignung liegt vor allem darin, dab das Tier nieht zu scheu ist und daB es nicht zu leieht abgelenkt wird, wenn irgendein zufiilliges Gerfiuseh oder irgendein optiseher Eindruck auftritt , den man besonders bei Untersuchung in einem Gehege nicht immer aussehliegen kann. Das Tier muB also, wie etwa ein Kind, die n6tige Auf.merksamkeit seiner Aufg~be entgegenbringen; sonst wird es, wie dieses, trotz aller etwa vorhandenen Intelligenz niehts leisten. Gerade hierin liegen bei versehiedenen Exemplaren yon Rhesus sehr grote Untersehiede vor. Damit das Tier m6gliehst unbefangen uns gegeniiber blieb, haben wit es niemals eingefangen - - vom Tage seiner sehweren t6tlieh endenden Erkrankung ab- gesehen - - , sondern haben es immer mit List in denjenigen Kiifig geloekt, in welehem es sieh a.ufhalten sollte, und haben es im Sommer aus demLaboratorium in das Gehege mit ansehlieBendem Stall ebenfalls in einem Kiifig hintibergetragen. Wit konnten uns stets im Gehege frei bewegen, ohne dab das Tier, welches wir niemals anfa[~ten oder t a r straften, sieh behelligt fiihlte, oder gar, wie spgter ein anderes Tier (das sehon anderwfirts in Gefangensehaft gehalten war) sieh sehleunigst aus dem Gehege in den anseh[iel3enden inneren K~ifig verzog.

Bisher vorliegende gntersuchungen. W i r miissen es uns hier versagen, auf die Re ihe de r jen igen Unte r -

suehungen einzugehen, welehe sich an A l l e n vorwiegend oder aus- schlieGlich m i t den Methoden der sekundfi ren AufgabenlSsung be fag ten . W i r nennen die A r b e i t e n yon ]~UYTENDI.JK, HAOGEI~TY, HASIILTON, HOBHOUSE, KINNANIAN, ~I-IEPI4ERD, TI-IORNDIXE, WATSON, YEI~KES. Sowei t in diesen A r b e i t e n auch die F r a g e n der pr im/ i ren Aufgaben- 15sung be r i ih r t werden, k o m m e n wi t auf E inze lhe i t en bei Gelegenhei t der Sch i lderung unserer e igenen Versuehe noch zuri ick.

E r s t wei te r u n t e n aber m6eh ten wir auch auf die U n t e r s u e h u n g e n yon K(5~LER an a n t h r o p o i d e n A l l e n n~iher eingehen, in welehen es sieh hn wesen t l i ehen u m primfire AufgabenlSsung hande l t . Sie gaben uns, wie erw~hnt , die Anregung zu unseren Versuehen an n iederen Al len . Wei s t doeh K 6 H ~ R selbst , wie gesagt , auf eine wfiuschenswerte Fo r t - se tzung der Un te r suehung hin. Auch im e inze lnen is t es be rech t ig t und unumgangl ieh , sich an sehon vor l iegende Versuehe anzulehnen. Auf e inem so engbegrenz ten Gebiet , w i t es die In te l l igenz der A l l e n ist , k a n n die Zahl der m6gl iehen Prf i fungen ebenfal ls nur begrenz t sein - - aueh abgesehen yon den aueh einer regen Phan t a s i e des Unte r sueher s gezogenen Grenzen,

Eigene Untersuchang'en. Unsere e igenen U n t e r s u c h u n g e n wurden zun~chs t im F r i i h j a h r im

L a b o r a t o r i u m vorgenommen . I n der w a r m e n J a h r e s z e i t k o n n t e n wir die Versuche in e inem Fre ik~f ig for t se tzen . W i r wol len uns im io lgenden an diese E in t e i l ung ha l ten , ohne d a m i t sagen zu wollen, dab die Labo ra - t o r iumsve r suche n i ch t aueh im Freik~ifig anges te l l t werden k6nnten .

Page 7: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

148 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

Die Abbi ldungen , welche wir bier br ingen, s t a m m e n sogar Mle aus e inem im zweiten Tell der Versuche im Fre ien yon uns au fgenommenen Fi lm.

I. Versuche im Labora tor ium.

a) Der ];leichweitenversuch. Reich t m a n unserem Rhesusaffen eine nahe vor dem Git ter gehal tene

l~rucht (ira folgenden stets ein kle~nes Apfelsti ick oder eine Kirsche), so greift er durch das Gi t te r u n d n i m m t das Sttick. Legt m a n das Apfel- stfick aul~erhalb des KKfigs auf e inen Scheme1 (so dab es in der zum K~figgi t ter senkrecht l aufenden Medianebene des Affen vor ihm liege), so beobach te t m a n n u n , dab das Tier nu r d a n n durch das Gi t ter durch- greift, wenn das Fruch t s t i i ck eben noch in Reichweite l iegt (Abb. 1). Vergebliche Greifversuche k o m m e n n ich t vor. Der Affe vermag also sehr genau zu schhtzen, ob die E n t f e r n u n g des Fruchts t f icks eben noch seiner Reichweite entspr icht , oder n ich t mehr. HOchstens k a n n im

Abb. 1. Reichweitenversuch. a) Kirsche liegt auBer Reichweite, Affe greift nicht. b und c) Affe greift nach Kirsche~ welche jetzt in Reichweite liege.

Grenzfall der Greifversuch dadurch vergeblich werden, dab die Finger- spi tzen die F r u c h t e r r e i chen , diese abet zurf ickspringt und dadurch

au6er Reichweite gelangt. Bei einem Cercopithecus/ascicularis fanden wir, dab gegriffen wurde bis zu

einer Entfernung yon 17 cm, nicht aber bei einer Entfernung yon 18,5 cm. Seine Armlange, yon Fingerspitze des gestreckten Fingers bis zur Achselh6hle ge- messen, betrug 23,5 cml). Bedenkt man, dab das Tier den Arm nicht ganz bis zur Achselh6hle durchschieben wird und dab die Finger beim Greifen im Mittel- und Endgelenk gebeugt werden, so sieht man die gute Ubereinstimmung.

Der Bhesusa]]e Beppo mit der Arml~inge 32 cm yon der Spitze des ge- streckten Fingers bis zur Achsel (Humeruskopf) verhielt sich folgendermaSen: Bei Enffernung des Apfelsttieks yon 27 cm Senkrechtabstand zum Gitter blickt er aufmerksam hin, bewegt Arm und Hand aber nicht. Bei 25 em Entfernung steckt er die Hand yon innen bis an die Gitterstabe vor, zieht sie aber dann zu- riick. Bei 23 cm Abstand maeht er einen Schritt gegen das Gitter, steckt Hand und Arm dureh und ergrei/t blitzschnell die eben erreiehbare Frucht.

1) Die ArmlSnge wurde an der spannungslosen Leiche gemessen.

Page 8: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur IntelligenzprSfung niederer Affen. 149

Bisher wurde vorausgese tz t , dais die F r u c h t so v e t dem Affen lag,

dab sein nach ihr ausges t reckter A r m senkrecht du tch die Gi t te rs t~be

ges teekt wurde. W u r d e nun das F rueh t s t i i ek sehrag vor den Affen

Beppo gelegt, und zwar so, dab er bei u n v e r a n d e r t e m S tando r t sehriig

dureh das Gi t te r l angend die F r u e h t night fassen konnte , dab sie aber

bei senkreeh tem Durehgref fen bei ve r i inder tem S tandor t eben gerade

in Re iehwei te lag, so versueh te das Tier merkwii rdigerweise zun~chst

yon seinem Standor~ aus schr~g zu greifen und n~iherte sigh erst all-

m~hlieh, framer wieder zu greifen versuehend, der dem Frueh t s t i i ek

senkrech t gegeni iber l iegenden Stelle.

I m einzelnen war das Verha l t en folgendes:

Am 1. Beobachtungstag greift der Affe bei unver~ndertem Standort zSgernd in sehr~iger Riehtung naeh dem Apfelstiiek, zieht aber die Hand sogleich zuriick und gibt den weiteren Versuch auf. Obwohl er auf das Apfelstiick sehr gierig ist, kommt er nieht auf die Idee, den Standort 10assend zu weehseln und nun in der ktirzesten Entfernung zum Apfelstiiek zu greifen. Bei mehrmaliger Wiederholung des Versuehes trit t immer der gleiehe Erfolg ein. Wird aber das zungehst sehr~g vor dem Tier liegende Stiick bis senk~eoht vor das Tier geschoben, so greift der Mfe nun blitzschnell zu und erfailt das Apfelstfick.

Am 3. Beobaehtungstag maeht der Affe die Sache schon besser. Das Alofel- stiiek wird wieder links vom Affen an der Grenze der senkrechten Reichweite hingelegt. I)er Affe steekt zun~ichst, ohne seinen Standort zu ~ndern, die rechte Hand (er ist angedeutet ,,Reohtsh~inder") 1) sehrag dutch das Gitter, zieht sie aber sogleieh zuriiek. Dann geht er um einen Gitterspalt (5 era) welter naeh links (veto Besehauer aus naeh reehts), streckt den Vorderarm zSgernd dureh und zieht sogleieh wieder zuriick. Er geht jetzt etwas weiter nach links und kann mm in framer noeh sehr~ger l%ichtung mit dem weft ausgestreckten reehten Arm das Apfelstiiek eben schon beriihren; es rutscht aber weg, so daI~ es nicht ge- griffen werden kann. Mehr nach links kann der Affe nieht gehen, da er an der seitlichen Kiifigwand angetangt ist. Er macht nun schnell eine kleine Drehung des lZumpfes an gleicher Sitzstelle um die senkreehte Achse, so dal3 die linke Sehulter dem Gitter naher kommt, steckt sehnell den linken Arm in nun senk- rechter lZichtung durehs Gitter und kann das Apfelsttick ergreifen.

Bei noehmaliger Wiederholung des Versuohes wird der Apfel weniger weft nach links gelegt, so dait der Affe alles mit dem rechten Arm ausfiihren kann. Er verlagert bei dreimaligem vergebliehen I)urchgreifen den Durehsteokort all- mi%hlieh nach links, so dal~ sich die Durchgreifrichtung mehr und mehr der Senk- rechten n~ihert, und ergreift dann das Stfick aus fast senkrechter Richtung.

Bei der n~chsten Ausffihrung l~l~t die Umstandliehkeit der allm~ihlichen Ann~herungen an den e r r des senkreehten Durehgreifens schon naeh. Am 8. Beobaehtungstag wurde etwa 75 cm links veto Affen, der wie framer in Er- wartung und aufmerksam vorn am K~ifiggitter sitzt, ein Apfelstiiek so auf den Schemel aul3erhalb des Gitters gelegt, dal~ es in senkrechter l%ichtung eben er- reiehbar ist; der Affe geht heute sofort nach links, so weft, bis er mit dem linken Arm an der senkreoht dem Apfel gegeniiberliegenden Stelle durchgreifen und das Stfiek erfassen kann. t~ei Wiederholung wird ein Apfelstiick bis an die ~ufterste Reichweite 1 m links yore Affen gelegt. Der Affe geht naeh links, steckt dann

~) Uber die Frage der Rechtshandigkeit nsw. bei Affen vgl. aueh YERXES, S. 116.

Page 9: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

150 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

den rechten Arm noch ein wenig schr/ig durehs Gigter, kann das Apfelstfick eben berfihren aber noch nicht fassen, zieht den Arm zurfick und steekt ihn zwei Gitterspalten (10 cm) weiter links noehmals dureh und kann das Apfelstfick in genau senkreehter Richgung nun gut fassen.

Am 9. Beobaehtungstag geht der Affe stets sogleieh so weit seitw/trts, dab er das ungef~hr an tier Grenze der senkrechten l~ichtung lJegende Apfelstfiek sofort sicher erfassen kann.

Naoh Apfelstfieken, die nur wenig fiber die senkreohte Reiehweite hinaus- liegen, wird aueh jetzt hie gegriffen.

Etwas anders war das Verhalten des Pavian. Bei ihm war yon vornherein die Beaehtung der Reichweitengrenze nicht so scharf aus- gelor~gt, wie bei unserem Rhesus. Der Par ian versuehte auch dann das Apfelstiick zu erreichen, wenn es einige Centimeter auBer Reiehweite lag. Interessant war, das sei nebenbei bemerkt, dab er das Fruehtstfick etwas anders faint als der Rhesus. Letzterer ergreift den Gegenstand dureh Oppositionsbewegung aller Finger, ersterer mit zierlioher Be- nutzung nur yon Daumen und Zeigefinger. Dabei waren aber im ganzen die Bewegungen des Rhesus eher zielsieherer und wesentlieh gesehwinder, als die des Pavian, der fiberhaupt einen gem~ichlieheren Eindruck maeht, und zutraulicher ist. Bei sehrager Lagerung des Fruchtstiickes begab sieh der Par ian gleich das erste Mal an den neuen Standort, yon dem aus das Stfick in Reiehweite lag, w~ihrend es vom ursprfingliehen Stand- err nieht sehrag gegriffen wurde.

b) Der Taschenversuch. An einem der ersten Beobaehtungstage wird dem Affen Beppo eine

Erdnu~ nahe am Gitter gezeigt. Er nimmt sie, da er sehr hungrig ist, gierig mit der Hand.

Nun setzt sich der Beobachter so auf den Sehemel, dal3 er dem Tier seine rechte Seite zuwendet. Man zeigt dem Affen eine Nu6 und steckt sie, ehe er sie ergreift, vor seinen Augen in die reehte Roektasche, welche keine Klappe hat.. Der Affe beobachtet aufmerksam, unterl~tl3t aber seinen beim Vorzeigen schon begonnenen Greifversueh. Er wendet sieh dann ,verst~ndnislos" ab.

Der Versueh wird sogleieh wiederholt und so ver~ndert, dal3 die Nul~ nur zur H~lfte in den Taschenspalt geschoben wird und das obere Tell zu sehen bleibt. Der Affe nimmt die NuB sofort. Ein zweites Mal wird die Nul3 etwas tiefer eingesehoben, so da6 nur der obere Pol sichtbar bleibt. Aueh jetzt ergreift der Affe die Nuf3 sofort yon oben und zieht sie heraus.

Nun wird sogleieh der ursprfingliche Versuch mit dem Einsteeken der Nu{~ in die Tiefe der Tasche wiederholt. Der Affe zieht jetzt die Tasche mit der einen Hand an sich und holt die Nu~ mit der anderen unter Leitung des Auges heraus. Der Versuch kann oft mit dem gleichen Effolg wiederholt werden.

Page 10: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzprfifung niederer Affen. 151

~Nun wird die 1NuB in ein oberes kleines Brusttgsehchen vor den Augen des Tieres gesehoben: Aueh bier holt es die RuB sofort heraus.

Setzte man sich jetzt mit der linken KSrperseite zum Allen, so wurden auch aus den linksseitigen Tasehen Niisse sofort herausgeholt.

Nach einiger Zeit tauscht der Beobachter seine Jacke mit einem Laborator iumsmantel , dessen Taschen ebenfalls keine Klappen haben. Es ist iiberraschend, dab der Aife sich nun bei dem Versuch des RuB- suchens recht ungeschickt benimmt. Obwohl er das Einstecken in die Tasche wieder genau beobaehtet , k o m m t er an dieser nicht zurecht gibt das Suchen gleich auf und sueht vorn am Schlitz, wo der Rock iibereinandergeknSpft ist. Offenbar war der Taschenspalt am Leinen- mantel nicht auffgllig genug, so dab an dem auffglligen Rocksehlitz gesucht wird.

Nach 2 Tagen wird der wieder mi t dem Laborator iumsmantel be- kleidete Beobachter, als er zufgllig dem K~fig nahe kommt , vom Allen am Mantel ergriffen und dessen Tasche dutch Aufziehen, Hineinblicken und Hineingreifen untersucht.

I n der Fo]gezeit holt der Affe die ~Niisse im allgemeinen stets glat t aus der Manteltasehe, leiste~ sich aber gelegentlich die Unart , die yon augen befiihlte und inhaltsreich befundene Tasehe yon auBen anzu- beigen, um so an die NuB zu gelangen.

Recht merkwiirdig verlief der Versuch mi t der Tasche bei unserem Pavian. LieB man die NuB vor den Augen des Tieres und unter seiner aufmerksamen Beobachtung aus geringer H6he in die weft often ge- haltene Tasche des Laborator iumsmantel fallen, so glaubte das Tier, sie sei auf den Boden seines KEfigs gefallen und suchte sie dort intensiv. Der Vorgang spielte sich offenbar zu schnell ab, als dag der Affe den Ort des Verschwindens der Frueht hat te wahrnehmen kbnnen.

c) Der Hand6[/nungsversuch. Man zeigt dem Affen eine in der dicht vor dem Gitter gehaltenen

Hohlhand liegende NuB1). Ehe er sie ergreifen konnt% wird die Hand geschlossen. Das Tier wendet sieh darauf, nicht mehr interessiert, ab. Dutch leichtes Offnen der I-Iand erregt man wieder seine Aufmerksam- keit fiir die nun wieder siehtbare NuB und schlieBt darauf die Hand sofort wieder. Der Affe versucht nun mi t seiner rechten Hand die Finger des Beobachters (der etwas nachgibt) zu 6ffnen und ergreift nun die NuB mit seiner linken Hand.

Eines eigentliehen Unterrichtes ha t es hier also nicht bedurft, ob- wohl der Affe zun~iehst keine Findigkeit bewies. Doch war eine leichte Beihilfe nStig, um das Tier auf die L6sung zu bringen.

1) Dieser Versuch wurde am Tage nach dem ersten Taschenversuch angestellt. Z. f. vergl. Physiologie Bd. 4. 11

Page 11: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

152 I t . N e l l m a n n u n d W . T r e n d e l e n b u r g :

d) Der Fadenversuch. Ehe wir zu den Versuchen mit eigentlichem Werkzeuggebrauch fiber-

gehen, mSehten wir den Fadenversuch besprechen. Bei diesem soll der Affe ein an einem Faden befestigtes Apfelstiick mit tIilfe des Fadens heranziehen. Es ist darauf hinzuweisen, daI3 der Faden wohl ein Werk- zeug im Sinne eines Mittels zur Erreiehung des Zweckes ist, nicht aber ein selbst~ndig vom Affen hantiertes Instrument. Von einem eigent- lichen Werkzeuggebrauch m5chten wir deshalb bier nicht reden. Es wurde vom Affen bei diesem Versuch weniger Initiative (wie sic bei

Abb. "2. Fadenversuch. a) Faden wird neben die F ruch t gelegt, b) Affe greift nieht nach Faden neben Frucht . c~ Faden ist vor den Augen des Tieres nu t locker auf die F ruch t aufgelegt, Affe greift nicht , d) Faden wird in das Apfelsttick eingekerbt, e) Affe zieht am 'e ingekerb ten Faden.

f) Affe n immt die Frucht .

Gebrauch eines Werkzeuges erste Bedingung ist), als Unterscheidungs- f~higkeit und Wahl des passenden Verhaltens verlangt.

Das Ergebnis des Versuches an Beppo kann zusammenfassend fol- gendermal~en geschildert werden: Der Affe zieht ein an einen Faden gebundenes (bzw. mit dem Faden durch Einkerben desselben fes~ ver- bundenes) Apfelstfick heran, wenn das ni~here Fadenende in seiner Reichweite und das fernere dem Apfet verbundene Fadenende aul3er- halb der Reichweite ]iegt. Dagegen zieht er nicht an einem deutlich neben das Apfelstfiek gelegten Faden. Wird jetzt der Faden vor seinen

Page 12: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 153

Augen mi t deut l icher Geste locker auf das Apfelst i ick gelegt, so zieht der Affe gleichfalls n ich t am Faden . Er zieht aber sogleich, wcnn der Faden , mi t ebenso deut l icher Geste, vor se inen Augen in das Apfelstfick e ingekerbt wird (Abb. 2). W i r d d as E inke rben oder Lockerauflegen des Fadens h ingegen h in te r e inem sein Zuschauen ve rh inde rnden Papp- schirm vorgenommen, so zieht der Affe je tz t auch am locker aufgelegten F a d e n mi t derselben Entschlossenhei t wie am e ingeklemmten. Der Mfe is t also n ich t imstande , sein Verha l ten naeh dem doch ffir seine scharfen Augen wohl un te r sche idbaren ta ts~chl ichen Beziehungen zwischen F a d e n u n d Apfel zu regeln, sondcrn er b r auch t dazu als ~uf3ere Hi l fen die e rw~hnten H a n t i e r u n g e n des Versuchsleiters. Offenbar entseheidet er sein Verha l ten n ich t nach dem opt ischen E i n d r u c k der ]ertigen Sachlage, sondern er vermag nu r die vor seinen Augen werdende Saehlage zu

erfassen. Gelegentlieh macht der Affe auch dann einen Fehler, wenn der Faden ,,vor

seinen Augen" locker aufgelegt wird. Es ist dann aber stets deutlich, dab er night aufmerksam war, sondern info]ge irgendwelcher Ablenkung wo anders hinblickte.

Jim einzelnen gingen En twick lung u n d Verlauf des Versuches fol- gendermal~en vor sich:

Am 1. Beobachtungstag (wenige Tage nach Eintreffen des Tieres) wird auf einen vor den K~fig gerfickten hellen Scherael eine etwa 15 cm lange dunkle Schnur gelegt, und zwar so, dab ihr eines Endc in bequemer ~eichweite licgt. Der Affe beobachtet den Vorgang lcbhaft, unternimmt abet niehts. ])ann wird die Schnur weggGnommen und ein Apfelstiiek aul~er Reichweite gelegt. Der Affe greift gleichfalls nicht. Jetzt wird die Sehnur an das Apfe]stiick angebunden und das nahere Sehnurende wieder in Reichweite gelegt: - - Beppo greift sofort lebhaft and zicht die Schnur mit Apfel herein. Der Faden als solcher inter- essiert ihn also gar nicht, er nimmt nur Notiz yon ihm, wenn er ihn in Beziehung zum Apfel sieht. Als die Sehnur das erste Mal nur locker auf den Apfel gelegt wird, zieht Beppo mit der gleichen Entschlossenheit, l~13t abet die Schnur sofort los, als dcr Apfel nicht folgt. Wird die Sehnur jetzt in den Apfel eingekerbt (was dem Anbinden entspricht), so zieht er den ApfG1 herein. An der Schnur allein zieht er nicht. Liegt aber die Schnur etwa 3 cm neben dem Apfel, so zieht er, wenn auch z6gernd, an der Schnur. Er zieht auch sogar - - gleichfalls z6gernd - - , wenn der Abstand zwischen Faden und danebenliegender Schnur 10 cm betr/~gt; erst bei 20 cm Zwischenraum macht er keinerlei Versuch. Nach einigen weiteren Versuchen zieht er seltener am neben dem Apfel liegenden Faden (urn so seltener, je grOBer der Abstand ist) und bald iiberhaupt night mehr. Wohl aber zieht er noeh, wenn das Fadenende auf oder unter dem Apfel liegt.

Nach einigen Tagen wird angefangen, den Affen auf den Unterschied des eingekerbten und locker aufgelegten Fadens hinzuweisen, indem die Bewegungen des Einkerbens und des locker Auflegens zun~chst iibertrieben werden; seine Aufmerksamkeit und sein Interesse am Versuch ist dabei immer rege. Nachdem er nochmals z6gernd am locker aufgelegten l~aden gezogen hat, unterl&l~t er es unter dem Eindruck der ihm deutlich vorgemaehten Bewegung jetzt zum erstenmal und riehtet auch in der Folgezeit sein Verhalten meistens nach der vorausgehenden Bewegung des Versuehsleiters.

11"

Page 13: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

154 It. Nellmann und W. Trendelenburg:

Mit dem Pavian wurden die gleichen Versuche angestel l t . Fes tzu- s te l len ist zun/ichst, dab dieser n ich t sofort den e ingekerbten Faden heranzieht , es bedarf dazu mehrfacher Versuche u n d A u f m u n t e r u n g ; vorgemach t wurde i'hm der Ak t jedoch nicht . Mit seinen sehr langen N~igeln iaBt u n d zieht er den F a d e n ungeschickter he ran als Beppo, der F a d e n scheint ihm auch unsympa th i sch , d e n n er zieht ihn jedesmal erst aus dem Fruch t s t i i ck heraus, ehe er dieses ins Maul steckt, wahrend i hn Beppo gleichmtit ig wahrend des Verspeisens der Fruch~ durchs Maul herauszog. A m neben dem Apfel l iegenden F a d e n zieht der P a r i a n nie, auch n i ch t am F a d e n allein. Wohl aber zieht er am locker aufgelegten Faden , u n d ist auch durch die deut l ichen Gestcn des F a d e n h a n t i e r e n s t rotz viel Ze i taufwand n ich t mi t Sicherheit auf die Unte r sche idung

zu br ingen.

Ober ~hnliche Versuche an niederen. Affen mit Herbeiziehen yon Futter bringt die Literatur wenig. S ~ P ~ D beriehtet, dab yon niederen Allen ein an eine Schnur gebundener Futtereimer sofort (prim/Jr) hereingezogen wurde. Weiter abgeandert wurde die an sich einfache Aufgabe nicht; doeh zieht er Hunde zum Vergleich heran (siehe nnten).

K6HL~R hat bei den Anthropoiden mit dem Fadenversuch Beobachtungen gemaeht, die sieh mit nnseren Ergebnissen an niederen Affen vergleichen lassen.

Der Versuch, eine Frneht aul3er Reiehweite an einem gut erreichbaren Faden bzw. Seil heranzuziehen, wird im Hinbliek auf das Ziel yon allen Schim- pansen sofort gel6st. Liegt das Ziel 15 can yore distalen Fadenende ab, so zieht der Schimpanse erst nieht, dann sichtlich aus Interesse am leaden, mit dean er spielt. Liegt das Ziel 2 em vom distalen Fadenende ab, so zieht er z6gernd, mit defitlichem Interesse am Ziel. Wenn Faden und Ziel einander optisch berfihren (o~ne dal3 die Frucht am Faden befestigt zu sein braucht), so zieht der Sehim- panse stets lebhaft. Bei geringem Abstand zwischen Fadenende und Frncht zieht er bei grol3em Hunger, sonst nicht. Daraus geht hervor, da[3 die Schim- pansen in der Unterscheidungsf~higkeit ftir den locker aufgelegten oder mit Frucht verkniipften Faden unseren Rhesus nicht tibertreffen.

An Hunden fiel der Fadenversuch bei S H ~ R D negativ aus. Wir haben eigene Versuche dar/iber mit einer deutschen Schitferhiindin angestellt, die ein an einem Faden befestigtes Wurststiick (jenseits des Gitters) durch einen ant diesseitigen Fadenende befestigten breiten grol3en Ring bequem h/itte heran- scharren k6nnen. Der Hund hat aber niemals an dem Ring gezogen; er be- schnuppert dureh das Gitter die Wurst, ignoriert den Faden v61]ig. Als einmal die Wurst am Faden ziemlich nab am Gitter liegt, seharrt er mit der Pfote ver- langend und vergebens nach der Wurst, trifft beim Zuriickscharren der lPfote zuf/~llig den Faden, wodurch die Wurst folgt; bei allen Wiederhohmgen ist er wieder ratlos. Es wurde dann der Versueh so abgeandert, dab das Wurststfick auf den Stiel der bei den Mfen benutzten Harke (siehe Harkenversueh) gelegt wurde, und zwar jenseits des Gitters; diesseits itir den Hund befindet sich das rechtwinklig befestigte Harkenbrettchen; er k6nnte bequem mit der Pfote die Harke und Wurst durch das Gitter hereinscharren, er reagiert aber gar nicht. (Dieser Versueh ist nieht mit dem ,,Harkenversueh" zu verwechseln, er stellt eine Abart des Fadenversuehs dar.)

Page 14: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 155

e) Der Harkenversuch.

Der Harkenversueh wurde angestellt, um zu untersuchen, ob der Affe eh~ Werkzeug zur Verl~ngerung seiner Reichweite selbst~ndig be- nutzt. Zu diesem Zweck wurde eine kleine Harke aus einem Bret tchen ( 4 , 5 : 8 cm) hergestellt, in welchem senkrecht ein 16 cm langer Stiel befestigt war. Mit dieser Harke so]l der Affe ein Fruchtstiick, d~s ~ul3erhalb der Reichweite vor seinem K~fig liegt, heranbefSrdern. Je nach der Lage der Harke zum ApfelstLick ergeben sich verschiedene, ]eichtere oder schwerere Aufgaben: so erfordert z. B. eine Sachlage, bei welcher das Apfelstiick direkt vor dem Harkenbre t t und damit in der einfachen Zugrichtung des Armes liegt, weniger Intelligenz zur LSsung, a]s erschwerte Sachlagen, in denen das Fruchtst i ick neben oder hinter das Harkenbre t t gelegt wurde. I m ersteren Falle handelt es sich um ein ~hnliches mit telbares Heranziehen des Zieles wie beim Fadenversuch. Harke und Frucht stehen in direkter Richtungsbeziehung, 5hnlich dem Faden. Vom Affen wird eigentlich m~r das optische Verst~ndnis ftir die

Abb. 3. t t a rkenve r such , a) 'At[e gre i f t n icht nach der Harke . b) Die Ha rke wird so gelegt , dal3 eiae :Frucht vor d e m t t a r k e n b r e t t zu l iegen k o m m t , c) Affe ha rk t mi t rechter H a n d die F r u c h t heran .

Sachlage verlangt. Eine gewisse Komplizierung gegenfiber dem Faden- versuch in seiner einfachsten Form liegt nur darin, dal~ Harkenbre t t und Frucht nicht in unmit te lbarem Kontakt stehen, wie etwa der ein- gekerbte Faden mit der Frucht. Anders ist es, wenn die t ta rke selb- st~ndig yore Affen hant ier t werden mul~ um in Beziehung, und zwar in eine nu~zbringende Beziehnng, zur Frucht gebraeht zu werden. Hier wird die I t a rke zum Werkzeug im eigentlichen Sinn.

AI~ Ergebnis unserer Harkenversuche mit dem Rhesusaffe~ Bepl0O kSnnen wir berichten, dab ihm die oben charakterisier~e leichte Aufgabo (Fruchtst~ck direkt ~or t Ia rke liegend), keine Schwierigkeiten bereitet; (tab er hingegen zu der akt iven Leistung, die zu dem Gebrauch der Harke als Werkzeug zum Heranharken eines seitlich oder hinter der Harke liegenden Fruchtst~ckes notwendig w~r% nioht bef~higt ist. In diesem Fall (und zwar bei neben der Harke liegendem Fruchtstiick) k6nnen aber leise Andeutungen eines Versuches zu einer richt.igen LSsung

Page 15: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

156 H. Iqellmann und W. Trendelenburg:

w a h r g e n o m m e n w e r d e n , wobe i es d a h i n g e s t e l l t b l e i b e n muf] , ob

m a n u e l l e U n g e s c h i c k l i c h k e i t , ode r l i i c k e n h a f t e s V e r s t ~ n d n i s ffir die

nS t ige B e w e g u n g d e n E n d e r f o l g b e e i n t r ~ c h t i g e n .

Im einzelnen verlief der Harkenversuch folgenderma~en (Abb. 3): Der Affe beobaehtet , wie die Harke (Grill in bequemer Reichweite) vor seinen K~fig gelegt wLrd, un te rn immt aber nichts; sobald erstmals ein Fruchts t i ick vor das Harkenbre t tehen gelegt wird, zieht er es sehnell am Harkenst iel heran . Dies Verhalten ha t sich nie ge~ndert. Auch wenn das Fruehtst i ick nieht dicht vor dem Harkenbre t t liegt, sondern einige Zent imeter weiter vorn, abet noch immer senkrecht vor dem Brettehen, zieht er es prompt nnd ohne Unterweisung am Stiel heran. Liegt dagegen das Fruchtstf ick hinter dem Harkenbre t t , so ist er rat los; wohl zieht er ein- oder zweimal die leere Harke heran, abe t so zSgernd und abweiehend vom Vorhergesehilderten, dal3 man es eher ffir einen Akt der Unsehliissigkeit als ffir eine falsehe LOsung hal ten mul3; er wei ] eben keine LSsung in diesem Fall. Meist un te rn immt er in dieser Situation gar nichts: hie ha t er unter Streckung des Armes mit der Harke eine Riickwartsbewegung ge- macht , um hinter das Stiick zu kommen u n d e s so heranziehen zu kSnnen. HOchstens wurde die Harke am Stiel gefal3t, und, wenn das Apfelstiiek nicht mi tkam, losgelassen und nieht weiter beaehtet.

Wurde nun aber das Fruchtst i ick sehrag vor das Harkenbre t t gelegt, also etwa links seitlieh vor das Harkenbre t t (alles vom Allen aus), so greift Beppo den Harkenst iel mi t tier reehten Hand und macht mit der Harke eine nach links bogenfSrmig verlaufende Bewegung, die das Apfelstiiek tats~ehlich heranbefSr- der t ; er n immt es dann mi t der linken Hand. Liegt das Apfelstfiek reehts seit- lich, so t r i t t dasselbe mi t ver tausehten Rollen der H~nde ein. Aber schon wenn das Fruchts t i iek seitlich neben (nicht mehr seitlich vor) dem Harkenbre t t ]iegt, werden die Ergebnisse wieder sehleeht. Auch sparer im Freik~fig wird ihm diese Aufgabe vergebens mit der gleiehen und mit einer noeh grSl3eren Harke gestellt. Er bringt es wohl so weit, daft er mi t der neben der Frueht liegenden Harke e i n e einzige - - meist zSgernde - - Bewegung in der Richtung zur Frueht ausffihrt; doeh gerat er immer mit der t ta rke sehrag vor die Frueh t ans ta t t dahinter, und laI3t die Harke dann liegen, um sie erst wieder in der gleichen zSgernden Weise zu handhaben, wenn sie yore Beobaehter wieder neben ein Frnehtstf iek gelegt worden war. Immerhin bleibt gegen fr~iher zu bemerken, dal~ er die Harke, wenn sie nur in Nahe der Frueh t liegt, je tz t stets handhabt , wenn auch nicht richtig. Er bringt sie immer sofort in Beziehung zur Frucht , auch sogar wenn die Frucht hinter dem Harkenbre t t liegt, w~hrend er das frfiher regelmd'[3ig nut ta t , wenn die Fruch t in der Zugriehtung der Harke lag. Aber er geht mit der Harke zOgernd und ratlos urn, wie mit einem Ding, dessen eigentliche Bedeutung er nicht versteht .

N~her einzugehen ware noch auf die geschilderte bogenfOrmige Bewegung mi t der rechten bzw. linken Hand, mit der er das vorn seitlieh liegende Frueht- stiiek heranharkt . Die immer riehtige Wahl der rechten oder linken Hand kSnnte als gewisse Einsieht in die Saehlage und Sehlu13folgerung aus ihr aufgefal3t werden. Hinsichtl ich der Bogensehwenkung wurde uns aber dureh Beobachtung deut- lieh, da~ der Affe die GrSfle der Innenschwenkung nieht der jeweiligen Sachlage (Entfernung Apfel-Harke) anpal3t, sondern dal3 sie vielmehr ein ur/ver~nder- licher und elementarer Bestandteil der ganzen Heranziehbewegung zu sein scheint. Wird der Arm seitlich-von und parallel zur Medianebene des Tieres ausgestreckt und nun gebeugt (was die natiirliehe Bewegungsfolge beim Heranziehen ist), so gelangt die Hand bei der Beugung etwas naher an die Medianebene des Tieres

Page 16: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzprfifung niederer Affen. 157

heran; um so mehr das den Arm verl~ngernde Harkenbrett. Deshalb kann dieses beim Heranziehen die Frucht erreiehen und mitnehmen. Es kann also der bogenf6rmige Verlau~ der Armbewegung kaum als Verstandesleistung des Affen gedeutet werden, h6chstens die richtige Wahl der Hand. DaB der Affe an sieh nicht imstande w~re, auch eine I~iickw~rtsbewegung der Harke oder eine gr6Bere Sehwenkung auszuftihren, ist bei seiner groBcn Bewegungsf~higkeit ausgeschlossen. Es fehlt eben Uberlegung und Einsieht, dab nur eine ganz geringe _~nderung der Instrumentftihrung zum Ziele fiihren wiirde.

Unternehmender verhielt sich der Parian. Aueh er zog eine vor der Harke liegende Frucht heran. Welter aber wurde schon anf~tnglieh mehrmals beobachtet, dab er mit der Harke deutliche, scharrende l~iickwiirtsbewegungen maehte, wenn auch nicht bis hinter die Frueht. Meist fuhr er auf dem Boden mit der Harke unermiidlich im Hinblick auf die Frucht hin und her, und zwar mehr von rechts nach links als yon vorn nach hinten. Er fa~te die Harke bald am Stiel, bald am Harkenbrett, gebrauchte sic also lediglich als Stock. Die Bemiihungen, die Frucht heranzusehlagen, waren oft erfolgreich, oft wieder so un- geschickt, dal~ der Apfel unerreichbar weir fortgestoBen, anstatt heran- getrieben wurde. Nach zahlreichen Beobaehtungen soleher Szenen m6chten wir die Mil~crfolge zum Teil auf Kosten seiner Ungeschicklich- keit setzen; sieherlich lag in seinem eifrigen Hantieren mit der Ilarke, das nie erfolgte, wenn keine Frucht dalag, ein richtiger Ansatz zu wirk- lichem Werkzeuggebrauch vor.

Statt dcr Harke wurde ein in der Zielregion liegender Stock in gleicher Weise benutzt. Anfangs kam es wohl vor, dal~ der Stock in den K~.fig hereingeholt und dort zerbissen und weggeworfen wurde. Sparer wurde dieses nieht mehr beobaehtet, sondern der Stock wird mit Beziehung auf die Frucht gehandhabt. Einmal fand sieh ein gekrtimmter Stock, der dem Zweck des Fruchtherantreibens besser gedient h~tte, als ein gerader. Der Pavian hatte aber kein Verst~ndnis ftir diesen Vorteil, sondern fuhr sogar racist mit der konvexen Seite des Stockes nach der Frucht.

Beppo hat den Stock, nach mehreren Tagen des Niehtbeachtens, in derselben z6gernden Weise bewegt, wie er zuletzt die Harke zu bewegen pflegte. Der Pavian hatte mindestens soviel positive Erfolge mit dcm Stock, wie mit der Harke zu verzeichnen.

Versuche mit der ttarke bzw. Stock linden sich mehrfach in der Literatur. An niederen Allen beriehten SHEPHERD, WATSO~ und ]~UYTE~DIJK iiberein- stimmend ~hnliche Ergebnisse.

Die Allen WATSO_WS griffen wohl naeh der Harke, wenn die Frucht davor lag, griffen aber auch ohne Frucht nach ihr. Sic bissen an der Harke herum und warren sic weg. Nie hakten sic mit der I-Iarke hinter die Frucht, sondern zwangten sich dich tans Gitter, um die Frucht mit der Piote zu erreichen. Vor- :mlchen des Beobachters war ergebnislos.

Auch BU:C~ENnIJKS Affe macht immer vergebliehe Anstrengungen, die ~u, Ber Reiehweite liegende Frucht mit der Hand (statt mit Stock oder ttarke)

Page 17: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

158 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

zu erlangen (vgl. dagegen unseren Reichweitenversuch). Ein Stock wird beknab- bert, berochen, aber nie damit hantiert. An der Harke wird nur gezogen, wenn die Frucht direkt dicht vor dem Harkenbrett liegt. Liegt sic etwa 10 cm welter vorn (aber immer noch genau vor dem Harkenbrettchen), oder liegt sic halb seit- lich, so ist das Tier ratios. Niemals nimmt es die Harke von se]bst auf, um sic yon neuem auszustrecken. S~EP~E~D bcriehtet /~hnliches. Bei seinen Harken- versuehcn waren fast alle Affen effolglos. Keiner langte mit der Harke ord- nungsgem/~B hinter die Frucht. Dagegen lernten zwei Affen mit der Harke herumzufahren, und durch eifriges aber ~uBerst ungesehicktes Herumsehlagen mit dem T-Ende gelang as ihnen manchmal, die Frueht zu bekommen. Ein Tier stie] die Frueht fort, anstatt sie heranzuziehen.

HO~HOVSE erzielte Erfolge, die im Gegensatz zu den Beobachtungen anderer Autoren stehen. Sein Rhesus zog die in eine Stockkriicke hineingelegte Frucht sofort heran; das wfirde sich mit den vorliegenden Beobachtungen noch decken. Sp/~ter aber langt er mit dem Stock nach der l~u] durch Bewegung won sich fort. Er lernte auch, einen kurzen Stock zum Heranholen eines 1/~ngeren zu benutzen. Stets brachte er das distalc Stockende hinter die heranzubewegende Frueht, stieB nie die Frueht yon sich weg. Er benutzt ohne Unterweisung aueh Draht oder Decke als Stoekersatz. Ein Cebusaffe soll dasselbe geleistet haben: Zwei weitere A/fen lernten es trotz Unterweisung nieht.

Ein Schimpanse, den HO~HOVS]~ im Stockgebrauch untersuehte, verhielt sich wesentlich gesehickter als der Rhesus. Bei K6HLE~ linden sieh ~hnliche Ergebnisse an Schimpansen. Sie alle kommen darauf (zum Teil erst naeh Ver- z6gerung und aus Angst vor Rivalen, die ihncn die Frucht wegnehmen k6nnten), einen im Blickfeld des Zieles liegenden Stock zum Heranhoten des Zieles richtig zu verwenden. Start des Stocks nehmen sie sparer auch Decken, Futtern/~pfe usw. um das Ziel ,,heranzuschlagen". Liegt der Stock nicht ,,im Bliekfeld des Zieles", so wird seine Verwendung verhindert odor sehr verzSgert; statt dessen werden minder geeignete Ersatzmittel, die in der Zielregion liegen, sofort benutzt.

u der sowohl anthropoide wie niedere Affen untersuchte, berichtet, dab ein junger Orang-Utang die in Frage stehende Aufgabe (bei ihm ,,draw~in experiment" genannt) 16sen lernte, indem er erst vcrgeblich mit der Hand nach der Frueht greift, dann mit dem Stock danach sehl/~gt und daranf mit dem Stock die l~rucht entschlossen und geschickt herantreibt. u mSchte Naehah- mung eines gclegentlichen menschlichen Vorbildcs hier nicht sicher ausschlieBen. Die von ibm untersuchten Allen (Makak und Rhesus) haben beide den Stockge- braueh hie gelernt; beide greifen mit der Hand nach auBer Reichweite liegender Frucht und machen gar keinen Versuch mit dem Stock.

Erw~hnen m6chten wir noch, was fiber vertikale Stoekverwendung in der Literatur zu finden ist; mit dem Stock soll hierbei nieht ein vor dem K~fig un- erreichbar weir liegendes Ziel, sondern ein unerreichbar hoehgeh~ngtes ZieI geholt, und zwar heruntergeschlagen werden. K6HL~ berichtet yon seinen Schimpansen, dab sic auch diese Aufgabe 15sten. Dasselbe berichtet YERKES yon dem jungen Orang-Utang; in beiden FAllen wird der vertikale Stoekgebrauch aueh kombiniert mit Kistenverwendung (siehe diese). Ein junger Sehimpanse, den u sp/~ter untersuchte und der sich z. B. beim Kistenbauen findi~er zeigte als der Orang, hat den vertikalen Stockgebrauch nicht zustande gebracht.

/) Kastenversuche. Ein K a s t e n mi t Deckelsehlu~ ist ein sehr geeignetes Mitre], dem Tier

leiehte und schwerere Aufgaben zu stellen, die es dann je nach seinen

F~higke i ten bean twor t en kann. Zun~chst prf if ten wir die e infachste

Page 18: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 159

Reakt ion des Allen auf den Kasten, ersehwerten dann die Aufgaben, unterwiesen ihn zum Teit in der L6sung yon Aufgaben, fiir die er yon selbst eine primare L6sung nicht Iand, um dann das Gelernte wieder zu erschweren und ihm von neuem Gelegenheit zu prim~irer Findigkeit zu geben.

Wir benutzten iolgende einfaehe Anordnung : Es wurde ein sehwarzer Holzkasten yon den MaBen 10 : 12 : 7 cm hergestellt, der mit einem Klappdeekel versehlossen wird; dieser laBt sich dureh ein einfaehes, augen nieht sichtbares Seharnier bewegen und hat auch im fibrigen keinerlei i~uBere Merkmale, die seine Klappseite oder Seharnierseite kenntlich machen. In den Kasten wird vor den Augen der Alien ein Fruehtsti iek gelegt, das dutch Zuklappen des Deekels seinem Bliek wieder entzogen wird. Die vom Alien verlangte einfaehste Handlung ist also die Wiederer6ffnung des Klappdeekels, die er aueh sogleich ge- sehickt ausifihrt, i n d e m er mit seinen spitzen N~geln zierlieh an die

Abb. 4. Ve/such mi t gedrehtem Kasten. a) F ruch t wird vor den Augen des Affen in (lea Kasten gelegt, Scharnier l iegt auf der dem Affen al~gewandten Seite des Kastens. b} Kasten wird noeh auBerhalb der Reichweite des Affen gedreht, Affe sieht aufmerks~m zu. c) Affe 5ffnet den ge-

drehten Kasten riehtig.

Klappseite des Deekels greift, ihn anhebt u n d ' m i t der zweiten Hand die Frueht herausholt. Wir ersehwerten die Aufgabe nun dadurch, dab nieht mehr die Klappseite des Deekels dem Affen zugewendet ist, sondern dab ibm naeh einer vor dem Affen ausgeftihrten Drehbewegung nunmehr die Seharnierseite gegeniiberliegt. Naehdem der Affe sieh aueh auf diese Ersehwerung eingestellt hat, wird eine Zeitpause yon ~/4 und 1/2 Minute zwisehen Drehung des Kastens und Offmmg dureh den Affen eingesehaltet; dadureh wird die Aufgabe ersehwert, indem eine Ged/iehtnisleistung yore Affen verlangt wird. Es zeigt sieh, dab sein Ged~ehtnis kurz ist, denn naeh einer halben Minute hat er meist vergessen, dab und wie der Kas ten gedreht wurde. Bei geringerer oder gar keiner Zeitpause ist der Affe jedoeh imstande, sehnelle und langsame, halbe und ganze Drehungen des Kastens (immer in der Horizentalebene) riehtig zu erkennen (Abb. 4).

Page 19: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

160 H. N e l l m a n n u n d W. T r e n d e l e n b u r g . :

Eine weitere Ab~nderung wurde dadurch vorgenommen, dab der Klappdeckel mit einem Riegel versehen wurde (Abb. 5). Dazu wird der Kasten auf einem Grundbret t mit Anschlagleisten aufmontiert; auf dem Grundbret t befindet sich vor der Klappseite des Kastens ein kleiner senk- rechter Pflock, durch den mittels wagerechter Durchbohrung ein Bolzen (Riegel) l~uft. Wird der Kasten auf das Grundbrett in die Anschiag- leisten geschoben, so ist der Kasten verriegelt; an dem dem Allen zu- gewandten Ende des Riegelbolzens befindet sieh ein in einer 0se beweg- lieh h~ngender Ring.

Es wird der Mfe nun gepriift, ob er yon sich aus die Aufgabe des Riegelziehens 16st. Es ergab sich sogleieh, dab er diese LSsung primar nieht fand. Er wird erst dutch Hinweise des Versuchsleiters (Spielen am bewegliehen Riegelring) dazu gebracht, den Riegel anzufassen und er zieht ihn anfangs nur sichtlieh in dem Bestreben, dadureh die ganze Vorriehtung n~her an sieh heranzuzerren. Das geht daraus hervor, dab der Affe naeh seinem energisehen Riegelzug im Anfang die Kasten-

6ffnung nie unmittelbar ausfiihrte. Allm~hlich lernt er durch Erfahrung den Zusammenhang verstehen und 15st die Aufgabe yon nun an fehlerlos durch die unmittelbar aneinander- sehlieBenden Handlungen des Riegel- zugs und der Kasten6ffnung.

Wir konnten nun die Sachlage ab- ~ndern und dadurch neue Aufgaben stellen, an denen der Mfe seine pri-

Abb. 5. Kasten mi t Riegelanordnung. Der mare LeistungsfKhigkeit bet~tigen Kasten lgl3t sich gegen die l~iegel hin vor-

schieben und zuriickziehen. SO]Ite. In manchem benahm er sich reeht ungeschiekt. So 6ffnet er z. B.

den schr~ig vor ihn gestellten Riegelkaste n nicht durch eine schr~g ge- richtete Zugbewegung, sondern er zieht, unter Beharrung beim Gewohn- ten, an dem schr~gen ~iegel in der bisherigen geraden (zum K~fig senk- rechten!) Zugriehtung, wobei der l~iegel natiirlich nieht aufgeht, da er sich klemmt. Bei weiteren Versuchen ~ndert er umstandlich seine Sitz- richtung zu dem Kasten, indem er sich nun schr~g in den K~fig und gerade vor den schrag zum K~fig stehenden Riegelkasten setzt, so dab er den Riegel wieder durch Zugbewegung direkt auf ~ieh zu 5ffnen konnte. Auf einsichtsvolles Uberlegen wies hierbei nichts bin: die Stel- lung des Tieres ~nderte sieh stufenweise; durch lJberlegen h~tte sofort die passende Endstellung erreicht werden miissen. Das VerhMten des Tieres ist wohl so aufzufassen, dab die Widerstandsempfindung bei der Zugbewegung maBgebend ~st. Das Tier ~ndert seine Stellung nach und nach in Richtung des abnehmei~den Widerstands gegen die Zugbewegung;

Page 20: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Afien. 161

es wird hingegen durch die optische Wahrnehmung der Riegelrichtung nicht in seinem Verhalten bestimmt.

Eine weitere Aufgabe ist das Riegelstofien. Es wird das ganze Kasten- bre t t so gedreht, dab der Riegel sich jetzt auf der dem Allen abge- wandten Seite befindet. Bag Tier k5nnte dutch leichtes Zurtickschieben des Riegels yon sich fort den Kasten 5linen. Das Tier hat diese Aufgabe weder primgr noeh durch Lernvorgang 15sen kSnnen. Sich selbst fiber- lassen saB es ratlos der Aufgabe gegeniiber. Trotz vielfacher Bemiihun- gen unsererseits und h&ufigen Vormaehens der Bewegung des Riegelfort- sehiebens war das Tier nicht ein einziges Mal dazu zu bewegen, auch nur einen Versuch zur Bewegung des Riegels zu machen. HOchstens rib der Affe in einem unbewachten Augenblick das K/~stchen unter dem Riegel heraus und an sich heran. Vielleieht wird bier eine Bewegung yon dera Allen verlangt, die seinen natiirlichen Gewohnheiten wider- spricht; er ist nicht gewohnt, Fortstogbewegungen auszufiihren. Auch beim Harkenversuch war ja auffMlig, dag er niemals mit dem Werkzeug in der Hand eine ausgesprochene Bewegung yon sich fort ausffihrt. Die Ausstreekbewegung der Hand ,,von sich for t" ist bei ihm nur Ein- leitung und Bestandteil einer Greifbewegung. Aus dem Greifkomplex herausgenommen, um einen selbst~ndigen Zweck damit zu erreichen (RiegelstoBen), oder um ein Werkzeug sinnreieh anzuwenden (Harke), wird die Ausstreckbewegung nicht gemaeht.

Wird nun der Riegel wieder in die gewohnte Zugrichtung gebracht, so kann die Aufgabe durch Sperrung des Riegels erschwert werden. Durch den Ring des Riegels wird ein senkreehter Pfloek gesteckt, der unten in einem Loch des Grundbrettes steht. Die Aufgabe besteht darin, erst den Pfloek in senkrechter Richtung herauszuheben, dann den Riegel in gewohnter Weise zu ziehen und den Kasten zu 5ffnen. Der Affe fiihrt aber die zur Erreichung des Zieles n6tige Zwisehenbewegung, das Heben des Piloekes, nie aus. Durch wildes Zerren am Pfloek und RiegeMng in der Riehtung zu sich bin gelingt es ihm schlieglieh, den Pfloek herauszuhebeln.

Neue Aufgaben konnten weiterhin dadurch gestellt werden, dat? ein zweiter und sp~ter noeh ein dritter Riegel am Kasten angebraeht wurden (Abb. 5). Der Riegel I I wurde seitlieh vom bisherigen mittleren Riegel I angeordnet. Die bewegliehen Riegelringe wurden nunmehr angelStet, um das Ziehen mehrerer Riegel zu erleiehtern. Zusammenfassend w~re fiber die Versuehe mit mehreren Riegeln (Abb. 6) zu sagen, dab der Affe sein Verhalten zun~ehst nieht dureh die optisehe Wahrnehmung des so einfaehen SaehverhMts bestimmen 1/iBt. Vielmehr ist er durehaus geneigt, immer erst an dem Riegel zu ziehen, an den er sieh gew6hnt hatte, selbst wenn dieser often und nur der neue Riegel gesehlossen ist. Erst ein leiehtes Berfihren des Riegels I I dureh den Versuehsleiter konnte

Page 21: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

162 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

ihn dazu bestimmen, diesen Riegel erstmals zu ziehen. Nachdem er sieh e~was an den Riegel I I gewShnt hat, hat er darfiber wieder den Riegel I vergessen, denn als jetzt I I offen und I zu ist, zieht er an Riegel I I . Es bedarf einer gewissen Zeit, bis er auf die dargebotene Saehlage mi.t folgeriehtiger t tandlung antwortet . Dann aber kommen Fehler bei gleieher Anordnung nie mehr vor.

Eine neue Aufgabe ergibt sich jetzt, wenn man die eben beschriebene Anordnung spiegelbildlich vertauscht. Der Riegel I I wi rd entfernt und s t a r t dessen auf der anderen Seite yon Riegel I, der belassen wird, ein neuer Riegel I l I angebraeht. Dami t liegt Ifir den Rhesus ein neues Pro- blem vor: wieder vernachl~tssigt er den noeh ungewohnten Riegel, jetzt also den Riegel I I I , und zieht nur den gewohnten Riegel I, und zwar auch dann, wenn dieser offen und nur Riegel I I I zu ist. Immerhin k o m m t der Affe nach vergeblichem Probieren am Kasten diesmal von selber darauf, den neuen Riegel I I I zu ziehen. Aueh wenn nun alle

Abb. 6. Versuch m i t ver r iege l tem Kas ten (3 Riegel zu). a) Affe zieht die beiden ersten Riegel. b) Affe ha t die rechte H a n d v m n 1. (mit t leren) /liege/ losgelassen mid mi t dieser den 3. I/~iegel geOffnet; die l inke H a n d halt noch de~l sehon mffeezogenen 2. Riegel. c) Affe ha l t noch mi t der

rech ten I-Iand den eben gezogenen :3. Riegel trod 6ffnetlmil) de r l inken den Kas ten .

drei Riegel geschlossen sind, bahnt sieh (tie erforderliehe Hant ierung des dreimallgen Riegelziehens verh~iltnism/iBig sehnell bei ihm ein. Immerhin bleibt R I I I zun~ichst der Riegel, der, da ungewohnt, ent- weder zun~ehst vergessen und erst naeh vergebliehem 0ffnungsversueb gezogen wird, oder er wird erst als letzter yon den dreien gezogen. Nach einigen Tagen hat sich diese aus dem Lernvorgang erkl~rte l%eihenfolge verwiseht; der Affe zieht yon nun an stets riehtig die geschlossene~l Riegel in beliebiger Reihenfolge (Abb. 6).

Der Parian verhfilt sieh bei den Kastenversuehen weder so findig noeh so gelehrig wie der Rhesusaffe Beppo. Zun~chst 5ffnet er das vor seinen Augen zugeklappte Kfistehen erst naeh mehrmaligem Vorzeigen und aueh dann nieht im Sinne einer selbstverst/indliehen Folgehandlung auI das Zuklappen, sondern mit einer gewissen Umstfindliehkeit und unn6tigem KraJftaufwand und mit einer siehtliehen Verblfiffung fiber den Erfolg; dennoch holt er sieh sofort das Apfelstfiek heraus. Aueh bei

Page 22: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzprfifung niederer Affen. 163

den anschliel~enden Wiederholungen geht das einfache KastenSffnen nicht immer glatt : bald reiBt er den Kas ten gewaltsam an sich und be- wegt ihn unzweckmi~Big, wobei dieser dann freilich oft yon selbst auf- geht; bald knabber t er erst mi t den Z~hnen am Kasten, bald s t emmt er ihn gewaltsam auf mit fiberfliissigem Kraf tverbraueh, der im auf- fallenden Gegensatz zu der zierlichen Sicherheit steht, mi t der Beppo den Kastendeekel anhebt. Wenn der Kas ten vor den Augen des Pavians langsam gedreht wurde, so hat er nach einer reiehliehen Anzahl yon MiBerfolgen die Drehung so weir zu verstehen gelernt, dab er richtig 6ffnet, wenn das Seharnier hinten oder seitlich liegt ; liegt die Seharnier- seite aber vorn, also ihm zugewandt, so macht er meistens Fehler. Wie beim Fadenversuch ist sein Verhalten nieht gleichm~i~ig, er bringt oft richtige LSsungen zustande und maeht dann wieder mehrmals hinter- einander alles falsch. Dennoch mSehten wir naeh dem Eindruek, den er macht , nicht annehmen, da~ die tats~ehlich rieh tigen LSsungen nut Zufall sind, sondern m(ichten die Schwankungen mehr auf l%echnung seiner Jugend und seines spielerisehen Wesens setzen.

Beim Riegelziehen konnten wir mi t dem Par i an nichts Brauchbares erreichen. Er ha t am Riegel sichtlich nie mit Voraussicht gezogen; zog er ihn einmal zui~llig, so unterblieb die KastenSffnung nach dem Riegel- zug. lV[eist erlahmte sein Interesse, wodurch die Fortsetzung der Ver- suehe unmSglieh wurde.

DaB die Aufgabe, einen zun~chst nut m i t einfach aufklappbarem VersehluBdeckel versehenen Kas ten zu 5ffnen, nieht von allen dressur- ~ h i g e n S~ugetieren ohne weiteres pr imer gel6st wird, k6nnen wir an Hand unserer Parallelversuche mi t zwei Hunden best~tigen. Wir haben einen einfachen Holzkasten, wenig grSBer Ms unser vorher besehriebener Riegelkasten, mit einer fiber den Vorderrand des Deekels betr~ehtlieh herausstehenden einfaehen Holzleiste versehen, damit ein Hund ihn durch HeraufstoBen der Leiste mi t der Schnauze bequem 6ffnen kSnne. An diesem Kas ten 1)riiften wir zwei Hunde. Wit zeigten ihnen ein Sttick Wurst, lieBen sie es im offenen Kas ten berieehen und auch einmal aus dem offenen Kas ten ffessen. Sobald abet der Deckel zu war (er wurde vor den Augen des Hundes zugemacht), waren beide Tiere vSllig ratlos, beschnupperten den Kasten, zeigten aber nicht den mindesten Ansatz zur AufgabentSsung. Auch das geh~ufte Vormachen der LSsung blieb erfolglos. Bei einem im Prinzip gleiehen Versueh mi t einem gro~en Koehtopf, in den die Wurst gelegt wurde und auf den der Deckel nicht einmal dicht sehlie~end aufgesetzt wurde, blieb das Ergebnis ebenfalls negativ.

Diese Versuche wurden yon uns als beliebige Stichproben an beliebigen Hunden ausgeffihrt; wir haben uns mit 3 Versuchstagen und mehrm~tigem Zeigen der primer nicht gefundenen LCisung begniigt. Dal~ bei l~ngerem Be-

Page 23: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

164 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

miihen auch diese Hunde das 0ffnen des Kastens h/itten lernen k6nnen, is$ wahrscheinlich, wenn man vergleicht, was von Tierpsyehologen und Laien durch Dressur an Hunden erreicht worden ist. Wo uns wlssenschaftliche Arbeiten dariiber zug/~nglich waren, haben wir immer feststellen k6nnen, dab es sich nie um prim6re L6sung dieser und /~hnlieher Aufgaben handelt.

Mit VerschluBk~sten sind yon verschiedenen Autoren Versuehe an Mfen, t tunden und anderen Tieren gemaeht. Es wiirde zu welt fiihren, alle die versehie- denenVersuche, die unter dem Namen der THo~DIKEschen ,,Puzzle-box"-Methode viel zitiert und variiert .worden sind, anzufiihren, zumal da die L6sung dieser Aufgaben immer durch Trial und Error gefunden wurde. Selbstverstandlich konnten aueh wir nieht ganz au f ein Lernen dureh Versuch u n d Irrtum ver- zichten, wenn es sich darum handelte, das vorhandene K6nnen des Tieres zu erweitern, wie einleitend erw~ihnt wurde Fiir uns war das Lernen beispie]sweise des Riegelziehens in erster Linie Mittel zum Zweck der Feststellung, welehe Ab~nderung des Yersuches das Tier durch primare Intelligenzleistung tiber- briicken kann.

Dber den unserigen in der Anordnung i~hnliche Riegelversuche berichtet /-IoBHousE, der t tund , /4atze und Eleiant dabei untersucht ha~. :Nirgends land sieh primiire AufgabenlSsung. In ~bereinstimmung mi~ unseren Beob- achtungen berichtet ttoB~ovs~, daB, nachdem das Riegelziehen gelernt, das Lernen des Zuriieksehiebens des l~iegels (vgl. bei uns ,,RiegelstoBen") auf gr6Bere Schwierigkeiten stieB; ein Rhesusaffe hat es aber nach Angabe yon HOBHOVSE gelernt.

DaB die spiegelbildliche Anordnung zweier eben erlernter Riegelverschlfisse bei Affen auf Schwierigkeiten st6Bt, fanden wir durch Versuche yon K I ~ i M A ~ bestatigt; er hat diese Versuche zu Messungen der l~eaktionszeit des Tieres benutzt.

HOB~OVSE hat den Riegel, dessert Ziehen gelernt worden war, zur Er- schwerung fixiert, d.h. er hat. in seinem Fall den geschlossenen Riegel durch eine angehakte Schnur festgehalten. Einsicht in den Zusammenhang scheint nieht vorhanden, denn die Schnur wird sehlieBlich zufallig losgehakt, ohne dab der Affe jetzt am l~iegel zieht.

lI . Versuche im Freikitfig.

Nach dre imonat iger Beobach tung im Zimmerks wurde Beppo zu giinstiger Jahreszei t in den Freik~fig gebracht . Selbstvcrst~ind- lich lieBen sich dor t manche Versuche a~sfiihren, die unm6gl ich sind, wenn das Tier im Zimmer in e inem Kiifig gehal ten werden muB.

Es sei zun~chst der neue Aufen tha l t n~her beschrieben.

Der Freikafig (Abb. 7) besteht aus einem eingezaunten Raum yon etwa 2 m L~nge, 21/,z m Breite und 2 m tt6he und ist durch ein Fenster F mit eine.m dahinter]iegenden Stallk~fig St verbunden. Diese Fensterwand sowie die rechte Seitenwand sind gemauert, whhrend die Seitenwand, die Vorderwand und das Dach des Freiki~figs aus Drahtmaschengitter bestehen. :Die linke Drahtmaschen- seitenwand grenzt an einen Kaninchenfreik~fig. Zwischen ihr und der Vorder- wand ist dutch Gitterw~nde ein kleiner ,,Vork~fig" mit Tiire nach auBen und zum Hauptk~fig (T 1 und Te) abgeteilt. Der Vork~fig hat in erster Linie den Zweck, einem Entweichen der Allen, etwa beim Hinausgehen der Beobachter aus dem K~fig, vorzubeugen. Neben dem Vork~fig war ein Stfick der vorderen Drahtmaschenwand (etwa 50 em hoch yore Boden aus und ebenso breit) durch

Page 24: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 165

ein eingelassenes Stabgitter G, yon 5 em Zwisehenraum zwisehen den Sthben, ersetzt, um ein bequemes I)urehgreifen der Alien zu gestatten. ])as Fenster des Stalles war mit einem Tuehvorhang und mit h61zernen Klapplhden L L versehen, (lie im offenen und gesehlossenen Zustand angeriegelt werden konnten. Sl)fih,r wurde auL~er den sieh nach seitwftrts 6ffnenden Klappli~den ein neuer Laden (,.Pendeltiire") angebraeht (SoKoLOWSKY), der die Gr6ge des Fenster- rahmens hat und in demselben dureh ein oben befindliehes Scharnier bewegt werden kann ; die Affen gew6hnten sieh sehnell daran, diese HolzMappe zu heben und unter ihr herein m~d heraus zu sehl/ipfen, sie haben be| Naeht und be| Unwetter stets freiwillig den Stall aufgesueht und morgens naeh eigenem Gut- (liinken wieder verlassen.

Beppo wird in e inem k le inen Kaf ig in den Sta l l gebraeht , die an das I%nster grenzende W a n d des Transpor tk / i f igs wi rd e n t f e r n t : er n immt sofort den Weg durehs F e n s t e r und spr ing t m i t groBem Satz vom f e n s t e r b r e t t an die seit- lie, he ( ; i t t e rwand . Zuni ichst k l e t t e r t er vorsi(.htig sp~hend an den Gi t terwi in( ten i lermn; eine hoeh am G i t t e r d a e h aufge- h~ingte Frueh t holt er du tch Tu rnen an diesem l)aeh. E r s t naeh einer ge raumen Zeit s teigt er iiul3erst vors ieh t ig auf d e n Zementful.~l)oden des Freik~ifigs: er be- taste, t ih~t miBtrauiseh, tin(| t a p p t d a n n mit groBer Vors ieht auf den Bo(ten und in alle Eeken. wie ein auf dem Kr iegsp fad s( 'hleiehender Ind ianer .

Es seien nmt (lit, e inzelnen Versuehs- ver fahren und ihre Ergebnisse besproehen.

a) Kletiern, umt Springe~t nach Mingen- der Fro, cht.

l)ie ers te Aufgabe , die Beppo im Fre i - kfifig gestel l t wurde, war folgende. E ine Frueht (in dieser J ahresze i t me | s t K i r sehen ,

M ' 5]" ', J

o.,-~;.;.~ F _~,,~,... M L L

M

~ O

Abb. 7. Freik/ifig. Ansicht yon oben. St Stallki~fig, M Mauer, F Fenster, L L~.den, D Drahtmaschenwand, VVor- kKfig, G Gi t te rs tabwand, T Tiiren, 1 ituBere Tiir, 2 inhere Tiir, die I'feile bedeuten die t t iehtung, in welcher die Tiiren sich 5ffnen, D v Drahtr i ickwand

des Vork/ifigs.

(lie be | den Affen sich besondere r Be l i eb the i t e r f reuten) wi rd a m D r a h t - masehen( lach des Kgf igs an einer Schnur von va r i ab l e r L~nge aufgeh~ngt . Beppo soil einen W e g zu d iesem Ziel he raus f inden (Abb. 8). E r w~hl t zwei ihm naturgemg[.~e Wege, auf denen er seine na t i i r l i ehen F~ihigkei ten im Turnen, K le t t e rn , Spr ingen en t f a l t en k a n n : ba ld hol t er die F r u e h t , i ndem er ans D r a h t d a e h k l e t t e r t u n d sieh do r t an den H i n t e r b e i n e n kopfabw~r t s aufhi ingt ; die F i ige u m k l a m m e r n die D r a h t m a s e h e n , (lie Hiinde s ind frei zum Beu te maehen. Oder er sp r ing t vom Boden aus m i t e inem e legan ten I - lochsprung nach der h~ngenden F r u c h t . Nach d e m Gesag ten k6nn te m a n geneigt sein, anzunehmen , dab das Tier" diese

Page 25: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

166 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

Aufgabe gar nicht als ,,Aufgabe" und der ,,L6sung" bedfirftig ans/~he, sondern vielmehr als die willkommene Anregung zur Gymnastik, die ihm in seinem Freileben naturgem/il] war. Wenn man ihn aber beobachtet, so fi~llt die erstaunliche Sicherheit auf, mit der das Tier die immer wieder durch Schnurverl/ingerung oder-verkiirzung ver~nderte H6he der h~n- genden Frucht absch/~tz~ und sich danach fiir den Weg vom Dach oder vom Boden aus ohne einen einzigen Fehlversuch sofort entscheidet (Abb. 9).

Ffir den Fall, dal3 die Frucht ihm zum unmittelbaren Greifen yore Dach aus, bei h~ngendem KSrper, zu tier, zum Springen vom Boden aus aber zu hoch hing, hat der Affe als besondere LSsung Klettern und nachfolgendes Herau/hangeln der Schnur angewendet. Zuerst be- trachtet er die Sachlage mit distanzsch~tzenden Blicken, ohne einen

Dd

D

+A

M

K Abb. 8. Klet tern und Springen nach h~ngender Frucht . Ansicht5 yon vorn. MMauer, DdDrahtmaschendach, D Draht- maschenwand, KK~figboden, S Schnur,

F r Frucht , + A Ausgangsstellung des Affen.

Sprungversuch zu machen. Dann klet- tert er am Dach entlang und streckt vergeblich seine Hand nach der Frucht aus. Sodann steig$ er ab und unterl/~l]t zun/ichst weitere Versuche. Nach etwa 1/~ Stunde klettert Beppo, der sich solange um die h/ingende Frucht nicht kfimmerte, mit sicherer Entschlossen- heir an das Drahtdach, h/~ngt sich mit den FilBert in die Maschen, zieht mit den H/~nden die Schnur zu sich heran (bzw. herauf) und erreicht so die Frucht. Als am folgenden Tag die Frucht wieder in der gleichen Weise befestigt wird, vergehen 5 Minuten, bis er sich zu der LSsung entschliel~t. Bei abermaliger

Wiederholung dauert es 3 Minuten. Nach der dritten Wiederholung erfolgt d ie oben beschriebene LSsung stets sogleich ohne ZSgern.

Bei allen diesen Versuehen ist keine Spur yon Lernen dureh Trial und Error vorhanden. Unser Rhesus hantiert fiberhaupt offenbar nieht gern erfolglos. So greift er nicht nach einer auBer Reiehweite liegenden Frueht. Trotz seiner grol3en Interessiertheit und seines Eifers haben wir ihn selten mit einer so- zusagen tSrichten Hartn/ickigkeit, wie sie unser Pavian oft genug zeigte, diesen oder jenen falsehen LSsungsversuch probieren sehen. Wul~te er keinen gang- baren Weg, oder stellte sich die Ungangbarkeit dutch nut einen Mil3erfolg heraus, so wandte er sieh anscheinend ratlos ab, bis ihm plStzlieh eine LSsung kam.

In den vorliegenden VerSffentliehungen linden sieh wenige Angaben fiber das Verhalten niederer Affen in ~hnliehen wie den beschriebenen Sachlagen. Nur bei KI~AMAN fanden wir eine Beschreibung, wie die Allen (zwei Macaccen) naeh Frfichten klettern, wie sie sich mit den FfiBen festhalten und Kopf und Rumpf vOllig h~ngen lassen, um eine sehwer zug/~ngliche Frucht zu erreichen,

Page 26: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 167

wie sie ein andermal eine Frueht vom ]3aum holen dureh Besteigen eines 3ar(iber- liegendenAstes, der sieh herunterbiegt. Auf eine Priifung der Urteilsfahigkeit iiber den Erfolg und Auswahl des Weges (Klet~ern oder Springen), wie bei unseren Affen, wurden diese Beobaehtungen bei KI~.X~A~ nioht ausgedehnt.

Abb. 9. K le t t e rn und Spr ingen nach h~ingender F ruch t . a) F r u c h t wird an h~ngender Schnur befes t ig t , Afro s i tz t auf d e m ]~ensterbret t . b) F r u c h t h i ingt an der Schnur, Affe k le t t e r t a n das D r a h t d a c h . c) Affe hi tngt m i t be iden Hi inden u n d FiiBen an] Drah tdach . schau t he run te r auE die h~tngende F ruch t . d) Affe l~{3t eine I I a n d los, faflt nach de r 'Schnur , u m sie heraufzuziehen. e) Affe h~ingt nur noch nl i t den FiiBen a m D r s h t d a c h , n imln t m i t be iden IcI~inden die F r u c h t yon der Schnur. fj Affe sp r ing t nach h~ngende r F ruch t . (In :Bitd a bis d befindet sich die F r u c h t

in der l inken un te ren Bildecke.)

b) Der UmwegversucL

Fiir ein Tier, welches gewohn$ ist, auf geradem Weg auf sein Fu t te r loseilen zu k6nnen, liegt eine Aufgabe vor, wenn dieser ktirzeste Weg durch ein uniibersteigliehes Hindernis verlegt ist. Es mug nun ein Umweg gemacht werden. Je intelligenter ein Tier ist, um so schwierigere Hindernisse wird es umgehen.

Wir stellten den zu unseren Versuchen erforderliehen Umweg in einfacher Weise so her, dab die Tiir (T2) des Vork:~ifigs in den 1Raum des Ha.uptk~figs hinein geSffnet wird (Abb. 10). Beppo wird hinter der l~iiekwand des Vork~ifigs bei A besch~iftigt. Je tz t wird vor die erwShnte

Z. f. vergl . Physiologie Bd. 4. 1~

Page 27: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

168 H. Iqellmann und W. Trendelenburg:

Rfickwand bei 2"r ein Apfelstfick hingetegt. ]3eppo, welcher den Vor- gang dutch die Drahtmaschen Dv hindurch beobachtet, versucht so- fort die Frucht durch die Masehen zu greifen, muB aber erkennen,

dab die Maschen zu eng sind. Im gleichen M M

/_

P M

D 6 D Abb. 10. Umwegversuch. Ansieht yon oben. M Mauer, ~ Fenster, Z Laden, D Drahtmasehenwand, G Gitterstab- wand~ T~ i~uBere Tiir, T~ innere Ttir,

DviDrahtrtickwand des Vorkafigs, q-A Steile, an welcher der Affe zu Be- ginn sitzt, F~- Frucht. Der veto Affen zuriickgelegte Umweg ist dutch einen

Pfeil bezeichnet.

Moment wird er durch L~rm in der Um- gebung abgelenkt, klet tert wie horchend an der offenen Vork~figtfir hoeh, an ihrer anderen (vorderen) Seite wieder herunter und finder unten den Apfel. Es mu$ leider dahingestellt bleiben, ob es sich um ein zuf~lliges Finden des Stiickes naeh dem durch die Erregung fiber den L~rm veranlaBten Klet tern an der Um- wegtfir handett, oder ob es sich um eine Absieht hande]t, die durch die gleich- zeitige Ablenkung dureh den L~rm nut verschleiert wird. Wir m6chten das ]etztere annehmen, da bei der n~chsten Wiederholung des Versuchs Beppo ohne Hast, abet auch ohne jedes Z6gern -am die Umwegtfir herumgeht und den Alofel

an der richtigen Stelle holt (Abb. 11). Bei Umkehrung des Umwegs (Tier bei /Vr, ApfeIstiiek bei A) wird die Aufgabe ebenso sicher gelSst. Bei Hunger und Bewegungslust des Tieres wird die Um- gehung oft blitzschnell gemacht.

Zum Vergleieh schildern wit das Verhalten des Pavians. Er benimmt sich denkbar unerfinderisch und seharrt hartnaekig durch die viel zu

Abb. t l . Umwegversuch. a) Affe sitzt hinter tier Rfickwand des Vork/~figs, Frncht wird vor derselben hingelegt, b) Affe liiuft um die Umwegtiir herum, c) .4fie nimmt die Frucht. (Auf- nahme aus dem Nebenk~ifig. Bei Vergleich yon Abb. 10 und 11 ist erstere um 90 Grad entgegen

dem Uhrzeiger zu drehen.)

engen Maschen nach der Frucht. Der Par ian kommt nicht auf die L6sung, obwohl Beppo wohl zehnmal vor seinen Augen den Umweg maeht und jedesmal die Frueht bekommt.

Page 28: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 169

Der Umwegversueh ist nieht zu verweehseln mit dem yon vielen, besonders aueh amerikanisehen Autoren geschilderten Labyrinthversueh. Diese Labyrinth- versuche kSnnen der Art ihrer Anordnung entsprechend nut dutch Versuch and Irrtum gelSst werden, wiihrend bei unserem Umwegversuch gerade wieder (lie primiire L6sungsmSgliehkeit im Vordergrund steht. Zu dieser ans inter- essierenden Fragestellung mSchten wir zum Vergleieh KS~LERS Berieht fiber den Umwegversueh an Sehimpansen heranziehen, dem er Versuchsergebnisse an Kinderm Hunden and Hfihnern vorausschiekt. Die Anordnung entsprieht etwa unserer Skizze. Kind, Sehimpanse, Hand 16sen den Umwegversuch primfir, der t tund mit der Einsehrs dab er, als das Fatter dicht vor der trennenden Gitterwand ]iegt, sich nicht zu dem weiten Umweg entschliegen kann, well ibm die v61]ige Inanspruehnahme seines Geruehssinns das Aufkommen anderer LSsungsmSgliehkeit anscheinend versperrt. KShler stellte aueh an Hiihnern Versuche an und land, dab sie nach ~'ielen vergeblichen Versuehen nach and nach darauf kamen, den Umweg zu nehmen, abet nur dann, wenn der Umwegbogen ein flacher war.

c) Versuch mit der Hindernislcisle.

D M

/ \x

Abb. 12. Versuch mit der Hindernisldste Ansicht yon oben. ,]I Mauer, D Draht- maschenwand, g u G Gitterst~be~

Dieser Versuch s teht dem vorigen z'~. Frucht, die ohne Vorhandensein der Kiste in Reichweite liegen wiirde. KKis te

nahe. Wurde vorher ein Hindernis u r n - in Anfangsstellung 1i' Kiste in :End-

gangen, so ist jet zt ein solehes ]~i)zweg- stellung nachAffen.WegsehiebenA .kffe. durch den

zlo 'aumen. An der Stelle der vorderen Kiif igwand (Abb. i2), an der sieh s ta r t der

D r a h t m a s e h e n ein S tabgi t te r zum Durchgrei fen bef indet , wird auBen eine Kirsche Fr in Reichweite hingelegt ; i n n e n wird eine grol3e aber leiehte

Abb. 13. Versuch mit der ]~inderniskiste. a) Affe sitzt neben der Kiste und Sl)~iht nach tier yon dort unerreiehbaren Frucht. b) Affe schiebt die Kiste beiseite, c) Affe greift nach der jetzt

gerade eHeichbaren Frucht.

I tolzkis te K vor das St~bgi t ter geschoben. Bei For t lassen der Kis te wiirde die Kirsehe bequem zu erreichen sein, wie dem Tier aus vie len Vorversuchen gel~ufig ist (s. S. 148). Beppo be t rach te t im ers ten Ver-

"lg*

Page 29: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

170 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

such die Kirsche, i ndem er erst rechts, d a n n l inks yon der Kis te schrag vorbeiguckt , d a n n schiebt er ohne weiteres die Kis te weg u n d n i m m t die Kirsche. E in ande rma l , , kan te t " cr sie sogar weg, jedenfal ls be- re i te t i hm die Besei t igung des Hindernisses nie die geringste Schwierig- kei t (Abb. 13).

Das Ergebnis ist in teressant , wenn m a n bedenkt , dab diese Aufgabe anfangs allen Schimpansen K S H L ~ S mehr oder weniger Schwierig- ke i ten machte .

Anders verhie l t sich nnser Pavian: Auch er betrachte~ die Kirsche mchrmals abwechselnd schr~g yon rechts u n d links. E r k o m m t abcr n ich t darauf , die Kis te wegzurficken. Schlie~lich steig~ er auf die Kiste , u n d als er auch y o n da aus die F r u c h t n ich t errcicht, weil die KJste zu hoch ist, gcht er intcresscIos ab.

Das Yerhalten blieb zunaehst dasselbe. Naeh Woehen abet wird der Parian wieder vor das Problem der Itinderniskiste gestellt. Er ist zunachst wieder rat- los und besteigt die Kiste. ~aoh einiger Zeit abet schiebt er plStzlich unver- mittelt die Kiste weg und holt sich die Frueht. Bet Wiederholungen schiebt er nun jedesmal die Kiste weg. Hierbei bleibt aber often, ob daran ein Lernen durch ~Iaehahmen des Rhesus beteiligt ist, der die Aufgabe in Gegen- wart des Parian 5fter gelSst hatte, allerdings ohne dal~ dieser dem Gesehehen besondere Aufmerksamkeit zuwendete. Auch waren mittlerweile Versuche ge- macht worden, die Tiere zu veranlassen, eine ahnliche leiehte Holzkiste als Absprung zum Erreiehen einer h~ngenden Frucht z u benutzen. Vielleicht war erst dadureh dem Pavian die Verschiebbarkeit der Kiste genfigend klwr geworden.

Ffir das Verhalten yon Rheshsaffen gegentiber einer ~hnliehen Hindernis- aufgabe gibt HOBHOVSE gleiehfalls ein Beispiel yon prim~rer AufgabenlSsung. Bet ibm ist die Sachlage so, dab der Affe an ether langeren Kette gehalten wird, dab diese Kette daduroh verktirzt wird, dab sie halb um eine Kiste gesehlungen ist und daher nicht mehr, wie sonst immer, lang genug ist, dab er das Futter erreiehen kSnnte. Der Rhesus schiebt die ihn hindernde Kiste ohne weiteres beiseite.

Zu K6~L~RS Versuchen mit der I-Iinderniskiste set hervorgehoben, dab die L6sung zunachst sogar dem klfigsten Schimpansen Sohwierigkeiten maeht. Dfe Saohlage ist dieselbe wie in unserem Versueh. l%st alle Sehimpansen hoeken lange auf der Kiste, ehe sie darauf kommen, sie wegzusehieben; auf das Vor- machen des Klfigeren reagieren sie nieht. ,,Das (~bernehmen der LSsung yon anderen f~llt dem Schimpansen reeht sehwer." Erst als die I-Iinderniskiste waekelt und dadurch als leieht beweglich aufgefal~t werden kann, wird die L6sung erleiehtert. Sie ist dann eine ,,eehte" ],6sung, d. h. die Kiste wird nicht zuf~llig fortgedrangt, sondern gepackt und gesehoben. Es zeigt sich also, dab in diesem Fall unser Rhesusaffe die Leistungen der intelligenteren Schimpansen miihelos erreieht.

d) Das Schnurdurchhangeln. Dieser Versuch schlieI~t in gewisser Weise an den Fadenvc r such an.

Die F r u c h t ist an einer Schnur be~estigt u n d ist nu r d a n n erreichbar, wenn die Schnur b e n u t z t wird. Nur gentigt je tz t n ich t das einfache Ziehen an d e r Schnur, sondern es mu~ das Ziehen mehrmals "in go-

Page 30: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 171

regelter Weise wiederholt werden, wobei die Sehnur stets erneut dureh die Drahtmasehen oder die Gitterstabzwisehenrgume in den Kgfig ge- zogen werden mug (Durehhangeln).

Des Ngheren ist die Anordnung folgende (Abb. 14). Augerhalb vom K~fig wird eine Sehnur an einem besehwerten

Sehemel Sch, der etwa 1 m vet der Kgfigtiir steht, festgebunden. Am ersten Drittel der Sehnur (veto K~fig aus gedaeht) wird eine Kirsehe F r angebunden. Das freie Ende der Sehnur S wird in den Winkel zwisehen vorderer Drahtmasehenwand des Freikgfigs und der Mauer augerhalb des K~figs gelegt. Die Riehtung der Sehnur ist zun~ehst sehr~tg zur vorderen K~figwand und trifft diese in einem Winkel yon etw~ 40 ~ Wird sie in dieser angegebenen l~iehtung straff angezogen, so bleibt die Kirsche unerreichbar, well sie auBer- halb der l%eiehweitengrenze liegt. Beppo zieht zuerst mit aller Kraft in dieser sehr~gen 1%iehtung. Als die Kirsche nieht Iolgt, greift er sogleich die Schnur dureh die benaehh~rte Drahtmasehe und so fort mit groBer Sieherheit und Sehnellig- keit, bis er mit der Sehnur an das Stab- gitter kommt, und, naeh liiekenlosem Durehhangeln der Sehnur durch die ersten drei Stabzwischenrgume, riohtig taxiert, dab die Kirsehe jetzt fiir ihn erreichbar ist (Abb. 15). Der Versueh land also bei Beppo eine ,,prim~re" LSsung, die bei keiner Wiederholung aus- blieb oder weniger exakt verlief.

Aueh der Parian land das Prinzip der L6sung. Dennoeh war seine Methode nieht

S

M

Abb. 14e. Durchhangeln mit einer Schnur. Ausicht yon oben. ~]/l~Iauer, D Draht- maschenwand, V Vork~tfig, G Gitter- st~be, Sch Schemel, S Lage der Schnur am Anfang, S' Lage der Schnur am Ende, l~'r und Fr ' Luge der Frucht am Anfang und am Ende, + A und A' Stelle, an welcher sich der Affe am Anfang un4 am Ende der AufgabenlSsung befand.

so exakt, denn er versueht sehon naeh wenigen ttandgriffen des I)ureh- hangelns dureh die NIasehen, ob die Frueht nieht jetzt sehon durch die Stab- zwischenr~ume zu erre-iehen ist. Immerhin verr~t er damit, dab er weiB, worauf es ankommt, und worauf die L6sung hinauszulaufen hat. Ob etwa Naehahmung vorliegt, m6ehten wir nieht entseheiden. Isoliert haben wir ihn bei der Priifung Beppos nieht. Es ist aber nie beobaehtet worden, dab er sieh um Beppos Be- mtihungen im geringsten kiimmerte, sondern er war meist intensiv mit seinem jeweiligen Spiel bescht~itigt.

e) DurchhangeIn mit einer Stange.

Der Versuch hat in der Aufgabe eine Beziehung zum Sehnurdureh- hangeln; er wird den Tieren nicht im Zusammenhang mit jenem schon primgr gel6sten Versueh, sondern nach einer Pause yon 10 Tagen vet- gelegt. Eine 2 m lange, vierkantige Holzstange St (Abb. 16) yon 2 em Durchmesser wird, ghnlich wie im vorigen Versuch die Schnur, schrgg

Page 31: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

172 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

vor (tie vordere K/if igwand gelegt. Ih r eines Ende wird in den Winke l zwisehen vorderer Kfif igwand und AuBenmauer anges temmt , so dab (tie Stange dort einen Ange lpunk t hat , um den sie bewegt werden kann . Eine Kirsche F r wird auf.~erhalb der Reichweite an der Stange be- festigt. Beppo be t rachte t , nachdem er e inmal z6gernd vergeblich durch das S tabgi t te r nach der Kirsche gegriffen hat, mi t sichtl icher Aufmerk- samkei t (lie Sachlage a n d F, iu f t d a n n an den oben beschr iebenen Winke l zur Stelle A bin, wo er die Stange beqnem durch die D r a h t m a s c h e n greifen kann . I n d e m er folgerichtig durch eine Drah tmasche naeh der a n d e r n durehgreift , bewegt er die Stange um den Ange lpunk t , so dab ihr Winke l mi t der vorderen KMigwand immer kleiner wird, zieht sie d a n n durch das S tabgi t te r greifend ganz heran and erreicht die Kirsche (Abb. 17).

Abb. 16. Durchhangeln mit einer Stange. An- sicht v0n oben. M Mauer, 1)Drahtmaschen- wand, V Vork/ilig. 3De Winkel zwischen 3[auer and Drahtmaschenwand, ,b't and ,~'t' grange am Anfang und am J~Ilde des Yersuchs, ['r und l-'r' Frucht am Anfang und am Ende des Versu('hs, ,-hA und +A Stelle, an welcher sich der Affe am Anfang und am Ende der

Aufgabenl6sung befand.

Es ha t sich also auch hier um eine prim~ire L6sung gehandel t .

Zu betonen ist, dal3 die Aufgabe des Durchhangelns mit einer Stange grund- satzlich mit der des Sehnurdurchhangelns darin iibereinstimmt, dab in beiden F:~illen yon dem Tier ein Hebel ange- wendet wird. Der wesenfliche Unterschied in beiden F~i]len besteht darin, dab bei der Schnur der Hebeldrehpunkt rechts yore Allen und weit ab yon der K~ifig- wand liegt; der Affe muB am langen Hebel- arm angreifen. Bei der Stange liegt der Drehpunkt links und dicht an der K~ifigwand;=der Affe muf~ am kurzen Hebelarm angreifen.

DaB dem Tier diese Bedingungen aus seinem Freileben genau in gleicher Weise gel~iufig seien, ist sicher nieh~ anzunehmen. Aber selbst wenn man annimmt, dab die Tiere im Urwald in die Gage kommen, das distale Ende eines sehr dtinnen Zweiges

dadurch in die H~tnde zu bekommen, dab sie es yon seinem proximalen Ende aus nach nnd nach heranbringen, so stellt doch die Uber~ragung dieser Sach- lage auf das Schema unseres Stangenversuehs eine nicht unbedeutende geistige Anpassungsfiihigkeit dar,

Der P a v i a n ha t die Aufgabe mi t der Stange ebenso gelSst wie Bepp0, doch ha t seine groBe Ungesehickl ichkei t im Han~ieren die LSsung niema]s So g la t t zus tande k o m m e n lassen. Aueh bier m6ch-

ten wir N a c h a h m u n g fiir ausgeschlossen hal ten .

In der Literatur fanden wir bei S~EI"~I~aD einen Versuch, der unserem Heran- hangeln der Stange entsprieht. Die Stange liegt sehr/ig, mi~ einem Ende in Reichweite, am anderen fernen Ende ist die Frucht befestigt. Ein Rhesusaffe 16ste dic Aufgabe primSr. S~EP-~]~D bemerkt dazu, dab es ein Beispiel ku sein scheine ,,of an understanding of a situation".

])as Durchhangcln tier Schnur entspricht einem Versuch, den KO~L]~R an-

Page 32: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Abb

. 15

. S

chuu

rdur

cifl

~an

getn

. ~t

) A

ffc

fail

( (h

~rch

di

e 3[

asch

en

nach

de

r lo

cl~e

r dM

icge

udeJ

~ ,~

chnu

r~

an

wcl

cher

~u

i3er

Rei

chw

eitc

ei

ne

]?ru

cht

bcfe

stig

t is

~.

(Eck

c ~m

le~

li~fl;

s.)

b)

Afr

o ha

ngel

t di

e S

chnu

r sc

it,w

iirL

s w

elte

r 1l

int

zich

i~ s

ic s

traf

f,

c) A

ffe

wil

l di

e S

chnu

r je

tzt

durc

h da

s S

tabg

itt,

er

hang

eln,

d)

Aff

e fa

Bt

die

Sch

nur

(lur

ch (

lus

Sl, a

bgit

tcr

und

zieh

t si

c s~

raff

, e)

Afr

o gr

cift

~ac

h ti

er ~

'ruc

ht.

Abb

. 17

. D

urch

lmri

gch~

mit

Sta

nge.

a)

Al|'

e si

tzt

vor

dem

St,

~lbg

itte

r,

Sta

nge

mit

au

f~cr

Rei

cllw

eite

be

fiud

lich

er

Fru

chl

is(

ebca

hi

tlge

lcgt

, b)

A

ffe

tAnf

t zu

de

nl K

iifig

win

kcl,

wo

er (

til~

fest

gekl

emi~

tte

Sta

nge

durc

h (l

ie 3

][as

ehei

~ fa

sscu

k;~

nu,

c) A

ffc

h~zu

gclt

(li

e St

~).n

ge (

lurc

h di

e I)

raht

, n~a

s(,h

ell

niih

cr.

(1)

Alf

e h

at

(lic

S

ta(l

gc s

o w

ei~

h(~r

a(ll

geha

ngcl

t~ (

lag

(lie

Fru

cht

vor

dem

Sta

bg

itte

r in

tl

cich

wei

te

lieg

t;

Iiiuf

t, zu

m S

tabg

itte

r.

e) A

t[c

nim

mt

die

Fru

eht

dl~r

('h (

l~s

St,

'tbgi

tter

.

ffQ

r

Page 33: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

174 H. Iqellmann und W. Trendelenburg:

stellte. R~umliche und mechanische Verh~ltnisse sind g]eiche oder ~hnliche wie bei uns. Seine Schimpansen haben zum Tell, wie unser l~hesusaffe, naeh einem kurzen vergeblichen Zug in der Schnurriehtung die LSsung des Dureh- hangelns prompt ausgef~hrt; andere Sehimpa~sen zogen erst am freien Schnur- ende parallel zur Gitterrichtung (wobei sie der Frucht direkt gegenfiber zu sitzen kamen), ehe sie die L6sung des Durehhangelns fanden. Wieder andere Schim- pansen fanden die L6sung fiberhaupt nieht, sondern kamen nicht fiber das zweeklose Ziehen in der Sehnurriehtung hinaus, woraus hervorgeht, daI] die LSsung der gestellten Aufgabe f/Jr sie keineswegs selbstverst~ndlieh ist.

[) Der Pendelversuch.

Bei diesem Versuch wird eine Frucht an einer Schnur hin- und her- gependelt. ] m Augenblick der Umkehr vom Hin- zum Rfiekschwung befindet sich die Frucht ffir das Tier in R eichweite, vorausgesetzt, dal~ es den geeigneten Ort an den Drahtmaschen, am Fensterbret t oder der- gleiehen aufsucht. Beim Passieren der Ruhelage, also bei der grSBten Bewegungsgeschwindigkeit, wfirde die Frucht durch Zugreifen vom Boden aus erreiehbar sein. Der Versuch soll fiber das AugenmaB des Tieres und seine Findigkeit in der Wahl des passenden Standortes Aus- kunf t geben. Wit r ichteten es immer so ein, dab das Tier yon seinem Ausgangsstandort aus die gependelte Frucht nicht erreichen konnte.

Der Pendelversueh wird den Affen erstmalig vorgelegt, als sie gerade die Aufgabe gelSst hatten, die hangende Frucht dureh Erkle t tern des Drahtdaehes und Her~ufziehen der Schnur zu erreichen. Deshalb wird die LSsung des Pendelversuehes beim erstenmal aueh mit dieser eben gewohnten Methode umgangen. Es wird eine lange Schnur mit Frueht am Dach befestigt und die Schnur in Schwingung versetzt, so dab sie immer zum Fensterbre t t hin- und zuriickpendelt. Es ware ein Leichtes, die Frueht yore Fensterbre t t aus abzufangen. Dennoch w/ihlt Beppo den umst/~ndliehen Weg fibers Daeh; er klet ter t hinauf, faBt die dauernd pendelnde Sehnur da, wo sie angebunden ist, zieht sie, indem er sich mi t den Ffil]en in die Drahtmaschen hangt, mi t den H~nden herauf und n immt die Frucht.

D r e i Tage sp/~ter wird der Versuch wiederholt. Diesmal wird die M5gliehkeit, das Pendel wieder vom Daeh aus heraufzuziehen, dadurch ausgesehaltet, dal3 die Schnur nieht am Dach befestigt ist, sondern vom Beobachter in die H a n d genommen nnd mi t hoeh ausgestreektem Arm bin und her gependelt wird. Beppo k o m m t jetzt sofort aui die richtige LSsung: er springt aufs Fens terbre t t und f/~ngt das Pendel ab. In gleicher Weise wendet er die LSsung an, wenn nach einer Horizontal- stange, die in einer L~nge yon etwa 1 ~/2 m den ~(inkel zwisehen zwei benachbarten K/ifigwanden fiberbrfickt, gependelt wird. Er klet ter t gesehickt auf die diinne Stange und hockt dort in sichtlicher Erwar tung des zurfickkommenden Pendels, das er im geeigneten Moment auf- fangt (Abb. 18).

Page 34: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 175

Der Pendetversuch wird aueh bei K6~LER beschrieben. Es pendelt ein Korb mit Friichten auf ein Geriist zu; die Schimpansen erklettern das Gertist und fangen den Korb ab. Die L6sung der Aufgabe erfolgt~ primer.

Abb. 18. Pendelversueh. a) Frucht wird nach einer Querstange hingependelt; (Affe sitzt am Boden). b) Affe klettert balaneierend zur Mitte der Querstange, imlner das Pendel beobachte~d.

c) Affe fiingt das Pendel yon der Mitre der Querstange aus ab.

g) Der Blumentop/versuch. BUYTENDIJK besehreib~, wie der Cercopithecus ,,Sim" einen um-

gestfilloten Blumentopf hebt, um eine d~runterliegende Frucht zu be- kommen. BuYTE~mJ~ stiillote dann fiber den ersten Blumentopf einen zweiten; Ms bemerkenswert hebt er hervor, daf5 Sim stutzt (,,dtonnd"), naehdem er den ersten gehoben, und dann aueh den zweiten Blumentopf hebt.

Wir konnten naeh unseren Erfahrun- gen mit Beploo vermuten, dag ibm die Aufgabe des Aufhebens eines oder zweier fibereinandergestiilpt, er BlumentSpfe keine Sehwierigkeiten bereitet. In der Ta t hob Beppo mit grSl3ter Selbstver- st~Lndlichkeit den ersten und den zwei- ten Topf, ohne im geringsten fiber den zweiten zu erstaunen. Er hat sieh aueh nieht, wie Sim, erst die ~{fihe gegeben, yon oben dureh das Loeb des Blumen- topfes hineinzugueken.

Wit haben abet mit den Blumen- tSpfen noeh etwas anderes unter- sueht, n/imlieh die Anpassungsf~hig- keit des Tieres gegen eine J~nderung in der 6rtliehen Anordnung (Abb. 19).

v~~"t~ D ', : ~ ~

Fr - @ BI

Abb. 19. Blumentopfversuch. knsieht yon oben. 3[ Mauer, D D r a h t m a s c h e n - wand~ (; Gitter, + A Stelle, wo der Affe sitzt, V u 11/Anfangsstellung der beiden BlumentSpfe, B F Stellung tier beiden :Blument6pfe nach IIalbkreisbe-

wegung, $5' Frucht tinter dem einen Blumentopf.

Es werden zwei Blument6pfe nebeneinander vor den K/ifig gesehoben, unter einen yon ihnen wird eine Frucht gelegt. Beppo hebt diesen, den anderen bebt er nicht. Dasselbe wird wiederholt, abet die TSpfe werden vor seinen Augen

Page 35: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

176 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

umeinandergeschoben, und zwar so, daf3 der rechts vor dem Mfen stehende Topf, unter dem die Kirsche liegt, durch Herumschieben um den urspriinglich linken nunmehr links vor dem Affen zu stehen kommt. Der Affe zieht sofor~ die richtige Folgerung aus dieser vor seinen Augen vollzogenen Vertausehung und w/~hlt den nun links stehenden Topf, unter dem er die Kirsche finder (Abb. 20). Auch eine doppelte Ver- schiebung vermag er zu durchschauen: die BlumentSpfe werden jetzt in der Weise rings umeinander herum geschoben, daf~ die Verschiebungs- linie jedes Topfes eine Kreislinie (vorher Halbkreislinie) darstellt. Da-

Abb. 20. Blumentopfversueh. a) Frucht wird unter den rechts vor dem Affen stehenden Blumen- topf gelegt, b) Der links stehende Blumentopf wird um den rechts stehenden (unter dem die Frucht liegt) herumgeschoben, c) Der anfangs links stehende Blumentopf steht jetzt rechts vor dem Affen, beide TSpfe stehen nun in Reichweite. d) Affe hebt den jetzt links stehenden Blumen-

topf~ unter dem er die Frucht findet.

naeh steht der ursprfinglich rechtsstehende Topf mi t Kirsche nun wieder rechts (nur etwas nigher am Affen): Beppo wi~hlt sofort den richtigen Topf. Er maeht aueh bei ahnlichen Wiederholungen keine Fehler, vor- ausgesetzt, dab seine Aufmerksamkei t beim Vertauschen der TSpfe nicht abgelenkt ist; er pflegt dem Vorgang meist mit Spannung zu folgen.

HOBHOVS~. hat an Katzen und ttunden ~hnliche Versuche angestellt wie BUu ]~iner Katze wurde ein Glas fiber ihr Futter gestiilpt: s'ie land die LSsung nicht primer. Ein Hund lernte die LSsung einer i~hnlichen Aufgabe ebenfalls erst, nachdem sie ihm gezeigt worden war.

Page 36: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Alien. 177

h) Der Drehscheibenversuch. Es lassen sich maneherlei Variationen des Themas ersinnen: , ,Frueht

auger I~eiehweite, verbunden mit einem sieh bis in Reiehweite erstrek- kenden Gegenstand". Hierher geh6rt sehon der Fadenversueh. Andere Ver- suehe werden noeh folgen.

In dem hier vorl!egenden Dreh- seheibenversueh ist der ftir das Tier erreiehbare Gegenstand, auf dem eine l~rueht auger Reiehweite liegt, eine Drehseheibe (Abb. 21). Diese ist dem Tier nieht bekannt und es wird ihm der Vorgang des Drehens auch nieht gezeigt. An der dem Tier abgewende- ten Seite der Seheibe befindet sieh ein kleiner Teller, auf dem die Frueht _Fr liegt. Die Frueht ist erreiehbar, wenn

Abb. 21. Drehscheibenversueh. Ansieht yon oben. M Mauer, D Drahtmasehenwand~ VVork~fig, (~ Gitter und Ort, wo der Affe sitzt, D~" Drehscheibe. Der Punkt ill der 5iitte des Kreises bedeutet die Drehaehse,

l"r Frueht auf dem Teller.

die Seheibe planmgl~ig gedreht wird. Die Seheibe hat etwa 40 em im Durehmesser und ist um eine vertikale Aehse leieht drehbar. Beppo

Abb. 22. Drehscheibenversueh. a) Frueht wird auf das Tellerchen der l)rehscheibe gelegi, b und c) Affe dreht die Drehscheibe. d) Affe fal3t die Frueht.

hat diese Aufgabe sofort rieh{ig primer gel6st. Er kommt sogleich heran, ergreift mit beiden It~inden, die Kirsehe auf der Seheibe ge-

Page 37: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

178 tI. Nellmann und W. Trendelenburg:

spannt anbliekend, den Scheibenrand, macht nur zwei bis drei ruckende, gleichsam ausprobierende, Bewegungen, und dreht dann die Scheibe richtig und geordnet, indem er mit der einen Hand fiber die andere greift. Abb. 22 gibt das Verhalten aus der ersten Versuchs- wiederholung wieder. Des weiteren blieb das Verhalten immer das gleiche.

Der Pavian ftihrte die L6sung ebenfal]s prim~Lr aus, doch waren seine an sieh riehtigen Bewegungen zSgernder.

Der positive Effolg dieses Versuchs ist um so bemerkenswerter, als seine Anordnung sich wohl weir von allen , ,Anordnungen" entfernt, welehe unseren Affen im Urwaldleben vorgelegen haben konnten, und aueh von allen bisherigen Anordnungen unserer eigenen Versuehe.

Vielleicht kann man das Drehen an der Scheibe, bei welchem die beiden H~nde an der Peripherie anfassend sieh regelmagig iibergreifen, in inhere Be- ziehung zu dem Heranhangeln der Frucht mittels einer Sehnur setzen. Die Peripherie der Scheibe stellt, wie die Sehnur, den optischen Zusammenhang zwisehen Tier und Frucht her. Aueh bei dem Heranhangeln mittels Schnur (vgl. S. 167 bei dem Versuch des Kletterns nach hangender Frucht) greifen die Hiinde in regelmaBiger Weise tibereinander. Dureh diese IJberlegung wird es verst~Lndlicher, dab die Drehscheibe, eine Vorriehtung yon nur geringer Ahn- lichkeit mit irgendeinem Umweltsgegenstand des Affen, doeh in die ,,Merkwelt" des Mien einbezogen wird.

i) Der Spiegelversuch.

Es ist ein bekanntes und mehrfaeh besehriebenes Exper iment der Tierpsychologen, Tiere auf ihr Verhalten vor einem Spiegel zu unter- suehen. Auch wir konnten es uns nicht versagen, unsere Alien bei der Bekanntschaf t mit einem Spiegel zu beobachten (Abb. 23).

Es wurde ein grSgerer Spiegel (70 : 50 cm) ftir die Alien verdeek~ in den Freik~tfig getragen und pl6tzlich enthfillt. Beppo s tutzt und n~hert sich sehr langsam dem fremden Gegenstand. Er ist sichtlich ebenso unsicher wie fiberrascht, denn seine Bewegungen sind gegen sonst auf- fallend langsam und vorsichtig; dabei ist er aufs lebhafteste interessiert. Er bleibt eine Arml~nge vor dem Spiegel sitzen und guckt hinein. Er n~thert seinen Kopf dem Spiegel, legt die Baeke direkt ans Glas und berieeht sein Spiegelbild mit h6rbarem Sehnfiffeln. 1)ann sitzt er wieder lange, wie ,,in Gedanken" vor dem Spiegel; endlich steht er auf und guckt hinter den Spiegel. Als er dort kein Tier sieht, geht er beiseite. Das Verhalten blieb bei drei oder vier getrennten Versuchen das gleiche ; stets ein mehr oder weniger staunendes Betrachten, gelegentliches Be- riechen und hinter den Spiegel gucken; dann erlischt das Interesse bald.

Der Pavian verhielt sich ghnlich. Vielleicht kSnnte man sein Ver- ha]ten etwas plumper und weniger ausdrucksvoll nennen; aueh er lguft schlieglieh hinter den Spiegel.

Page 38: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitr~g zur Intelligenzpriifung niederer Alien. 179

I rgende ine Angrif fs lust der Tiere gegeni iber dem Spiegel wurde n ieh t

beobachte t . Das Sehen h in te r den Spiegel deu t e t darauf hin, dag die

Affen ihr eigenes Spiegelbi ld fiir e inen anderen A l i en hal ten. B~TYTESDIJK berichtet ebenfalls fiber den Spiegelversueh an seinem Cereo-

pitheeus. Dieser nimmt den Spiegel erst yon der Rfiekseite und reiBt die 0se ab, dann guckt er, sehr erstaunt, yon vorn herein, dreht ihn hin und her und legt das Auge an das Glas. Dag er auf die Rfiekseite gelaufen wire, wird nieht beriehtet.

KNAVE~ schildert einen Orang vor einem Spiegel, der sich auBerhalb des Xifigs befand. Der Orang entsetzt sieh zunaehst vor seinem Spiegelbild, fordert abet dann den Spiegelaffen dutch Anspueken heraus. Er hat sieh selbst im Spiegel nieht erkannt, wohl aber ihm bekannte Personen.

Abb. 23. Spiegelversuch. a) Affe l~uft auf den ihm erstmalig gezei~ten Spiegel zu. b und c) Affe betastet und beschntiffelt den Spiegel. d) Affe lauft hinter den Spiegel.

K6ItLER (3) beriehtet ausffihrlieh tiber das Verhalten yon Schimpansen vor Spiegeln. Ein Schimpanse betrachtet einen Handspiegel mit h6ehstem Er- staunen, leekt mit der Zunge dartiber und greift mit der Hand wie nach einem KSrper hinter den Spiegel. Als er ins Leere faBt, last er den Spiegel erstaunt sinken, hebt ihn dann wieder und lauert nun gewissermaSen dem Etwas hinter dem Spiegel auf, indem er eine Weile in den Spiegel schaut und pl6tzlich blitz- schnell mit der Hand hinter den Spiegel ~ihrt. Bei den meisten Affen erliseht das Interesse am Spiegel, wenn sie sehen, dag hinter dem Spiegel nichts zu holen ist. Bei K6I~LEXS Schimpansen blieb der Spiegel ein stets beliebtes Spielzeug; die Tiere beobachteten sich lange ira Spiegel. Sie spiegelten sick spater aueh in Wasserlachen und schnitten Grimassen.

Page 39: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

180 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

k) Herunterziehen einer unsichtbaren lVrucht.

DE JOZ~G berichtet in seincr Arbeit, dab ein Hund nicht imstande ist, folgende Aufgabe zu 15sen. Auf einen Tisch wird dicht an den Rand ein Kar ton gestellt, auf den Kar ton wird ein Stfick Fleisch gelegt, an

dem ein Fadcn befestigt ist, der bis auf

D

Dd Schd I E~

+A

M

K Abb. 24. /-Ierunterholen einer F ruch t . Ans ich t yon vorn. M 1Kauer, Dd Drah t - ma~chendach , Schd Sehutzdach zur Ver- h inde rung des Kle t t e rns a m Drah tdach , K , oftener Kas t en , D ] ) r ah tmasehenwand , K Boden des K~ifigs, + A Stelle, an welcher der Afte be im Ein legen der F r u c h t s i tzt , F r F rueh t , S ~m der F r u c h t be fes t ig te

Schnur .

den Boden h~ngt. Es wird dem Hund vorgemacht, wie das Stfick Fleisch her- unterkomm% wenn man ~n dem Faden zieht. Trotzdem 15st der Hund die Auf- gabe nicht, auch dann nicht, wenn am Faden ein I~ing h~ngt, an dem cr be- quem mi t der Pfote ziehen kSnnte.

Wir selbst haben den gleichen Ver- such mit dem gleichen negativen Erfolg an einer deutschen Sch~ferhiindin an- geste l lk

Fiir unseren Rhesusaffen haben wir die cntsprechende Aufgabc in folgender Form gestellt (Abb. 24): Es wurde das S. 183 im Versuch mi t der Laufring- schnur beschriebene Schutzdach (Schd) angebracht, das den Tieren das Kle t te rn

am Drahtdach unmSg]ich macht . In der Mitte des Schutzdaches wird ein Kas ten Ka, dem der Deckel und eine 8chmalseite fehlen, so be- festigt, dab die offen~ Seite des Kastens nach dem Fensterbrett~

Abb. 25. H e n m t e r z i e h e n einer uns i ch tba r en Fruch t . a) F ruch t wird in e in se i t l ieh offenes K~ist- chen g e l e g t ; l inke ] / a n d h~ilt die yon der F r u c h t herabfa l lende Schnur. b) Affe sp r ing t naeh

der Schmlr und zieht sich die F r u e h t d a m i t herunter .

schaut. Beppo sitzt a m Stabgit ter (also der offenen Kas tenwand abge- wandt) und beobachtet scharf, wie eine Kirsche in das Kgstchen gelegt wird, d. h. also ftir Bep!ao im K~istchen verschwindet. An der Kirsche

Page 40: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 181

war eine lunge Schnur (S) befestigt, die nun bis ~],~ m fiber dem Boden herabh~ngt. Beppo kommt sofort, springt nach der Schnur, zieht die Schnur und damit die unsichtbare Frucht herunter (Abb. 25).

Bei einer Wiederholung wurde f01gendes beobachtet: Beppo sub diesmal beim Einlegen der Kirsehe auf dem Fensterbrett, die Kirsche versehwindet also nicht ffir ihn, sondern er sieht sie mit Halsrecken oben im offenen Kasten l iegen; deshalb versucht er sogleieh, der Frueht au~ direktem Weg habhaft zu werden und macht Anstalten, nach dem Kasten hinzuldettern. Das Schutzdach verhindert sein Bemfihen. Er Stutzt einen Augenblick, seiu Blick fitllt auf die herabh~ngende Schnur, worauf er sofort auf den Boden und yon da nach der Schnur springt unct so die Kirsche herunterholt.

Auch D]~ Jo~G hatte diesefi Versuch am Hund als Prfifung prlm~irer Aufgaben- 15sung ohne Erf01g angesteUt. Ebenso war es vergeblich, dem Hund gcnau zu zeigen, dal~ das Stiick durch Ziehen an der Schnur herunterkommt; er hat niemals nachgeahmt. Sparer fanden wit noch ~hnliches in der Literatur. Auch bci BV:CT~DIJK lernt ein Hund es trotz vielen Vormachens nicht, das Fleisch an der Schnur (mit Pappring fiir die Pfote) herunterzuziehen. Bei HoB~ousE lernten drei Hunde diese Aufgabenl6sung ebenfalls ~cht; andere Hunde und Katzen dagegen sotlen dutch Vormachen den ,,Trick" gelernt haben. Ein Hund sah eine Katze die Aufgabe 15sen; darauf zog er mit den Z~hnen Schnur und Fleisch herunter. Ubcr das Verhalten yon Alien haben wir in diesem Zusammen- hang nichts weiter gefunden.

l) Versuch ~nit Rohr und Stock.

In Anlehnung an Versuche anderer Autoren werden Beppo und der Paviau gleichzeitig vor folgende Aufgaben gesteHt: Es wird ein e t w a 40 cm langes Glasrohr yon 11/2 cm Durchmesser und ein ebenso tanges aber etwas weiteres Messingrohr ausgew~Mt; in beide wird ein Frueht- stfick yon der GrSl~e des Lumens vor den Augen der Affen ziemlieh fief hineingesehoben, d~s mit einem Stock yon mehr als Rohrl~nge herausgetrieben werden soll; solch ein Stock wird in jedes Rohr etwa zur H~lfte hineingestcckt. Der Par ian stfirzt sich soiort auf das Glasrohr, l~Bt den Stock vSllig achtlos herausfallen und bei~t an der Stelle, an welchcr der Apfel unter dem Glas 'sitzt, auf dem l~ohr herum. Beppo nimm~ das Metallrohr, zieht den Stock mit einer gewissen Neugier heraus und beriecht und beknabbert ihn. F fir das durehsichtige Rohr hat er kein Interesse. Als die Rohre getauscht werden, beil~t Beppo~gIeichfaIls auf dem Glasrohre herum. Der Stock wird vom Pavian beim Greifen der Rohre stets achtlos verl0ren; Beppo zieht ihn immerhin absichtIich heraus. Niemals aber steckt, er ihn wieder hinein, oder macht die ge- ringsten Versuche, mit ihm vor dem Herausziehen zu schieben oder zu bohren.

]Die erforderliehen Handgriffe werden den _A_ffen nun yore Beobachter vorgemacht. Trotzdem besonders Beppo das Vormaehen aufmerksam

Page 41: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

182 H. Nellmann und W. Treudelenburg:

verfo lg t - - na t f i r l ich in te rcss ie r t ihn das zu tage gef6rder te F ruc h t s t i i c k - - , k( innen die Tiere die LSsung n i c h t n a c h m a c h e n . N a c h d e m Beppo eine Ze i t l ang wieder auf dem Glasrohr he rumgebissen ha t , wir f t er es in ter - esselos weg: I n das Meta l l rohr guck t er h~ufig m i t Neugier hinein, b e a c h t e t abe r im wei te ren Ver lauf den ihm i m m e r wieder hinein- ges t eck ten S tock nie als Werkzeug , sondern eher als StSrung, d. h. e r wir f t i hn weg; zuwei len be r i ech t u n d b e k n a b b e r t er ihn wieder. Der P a v i a n ver l i e r t viel eher j edes !n t e re s se a m Versuch.

Uber diesen Versuch finden sich in der Literatur mehrere Angaben: S~EP- ~ER~, WATSON und Ho]~Hovs~ hatten an niederen Allen ~hnliche negative Er- gebnisse wie wir. Dabei wurden tells durchsichtige Glasrohre, tells undurch- sichtige 5~etallrohre verwendet. Ein Schimpanse, den :Ho]~HovsE untersuchte, schcint den Ak~ des Herausstoi~ens ausgeiibt zu haben~ ob es sich abet um prim~re AufgabenlSsung handclte, ist nicht Iestgestellt.

Bci B~y~E~DIJ~ finder sich eine i~teressante Variation des Vcrsuchs: Oer Kapuzineraffe Sim bekam einen Block, ,pete6 d 'un canal" unct einen passenden Stock; in der Mitre des Kanals steckte die Frucht. Sire steckte die Finger in den Block und kehrte ihn urn, steckte abet nie den Stock hinein. Man gab ibm den Block mit dem Stock darin: er wird herausgezogen, nicht hindurchgestol~en. Sim iand aber schtiel~lich eine LSsung durch trial unct error, als der Block mit dem Stock darin einmal so stand, daI3 ibm die Blockseite, nicht die. Stockseite zugekehrt war: er nahm den Block hoch und stemmte ihn senkrecht auf den Stock, wodurch die Frucht herausfuhr. Diese LSsung wurde ihm allm~hlich zur Gewohnheit.

Bei YE~KES fanden wir einen Versuch, der im Prinzip auf ~hnlichem beruht. Er benutzte eine lange Kiste mit zwei offenen Schmalseiten, die tunnelartig aufgestellt und am Boden befestig t wurde. Die untersuchten Affcn konnten die mitten in der Kiste ]iegende Frueht wohl sehen, aber nicht erre!chen; sie sollen einen Stock zum ]-Ierausstol3en benutzen. Ein junger Or~ng-Utang lernt nach gcringen Fehlversuchen und ohne Vormachen, aus der K]ste mit dem Stock die Frucht herauszustol~en; der Autor ist der Ansicht, ,,ths he was acting ideationally". Dagegen konnte bei einem Makaken und bei einem Rhesusaffen in diesem Versuch nicht die geringste :Leistung erreicht werden; nie wird der Stock als Werkzeug verwendet; auch als die obere Kistenwapd (also das Tunnel- dach) dutch Drahtgeflecht ersetzt und dadurch die Saehlage fibersichtlicher. wird, t r i t t kcine Lssung oder Andeutung yon L(isung ein.

m) Versuch mit der Lau]ringschnur.

Es wi rd eine Schnur H S quer du rch den K~f ig e twd 30 cm un te r d e m D a c h y o n der: Mi t re der se i t l ichen D r a h t m a s c h e n w a n d zur gegeni~ber- l i egepden W a n d g e s p a n n t (Abb. 26). Auf dieser Schnur l~uft e in R ing L, a n dem eine F r u c h t a n g e b u n d e n wird u n d yon d e m gleichzei t ig eine dfinne Schnur L S his auf den B0den he rabh~ng t . Zweck des Versuches ist , fes tzuste l len, ob das Tier e rkenn t , dal~ cs dureh Ziehen an der Lauf- r ingSchnur L S in schr~ger R i c h t u n g zur t t a u p t s c h n u r H S den R ing und die ~ r u c h t bis in Nhhe dcr l inken W a n d ziehen kann , wo die ~ r u c h t durch E r k l e t t e r n der D r a h t w a n d d a n n le icht e r re ichbar ist.

Page 42: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein BeRrag zur Intetligenzpriifung niederer Allen. 183

Der natiirlichen Neigung Beppos, die Fruch~ unter Umgehung der Aufgabe durch Turnen am Dach zu holen, wird durch ein ,,Schutzdach" Schd aus derber Sackleinewand Einhalt getan. Das Schutzdach ist etwa 180 cm lang und ebenso breit und wird mit Hilfe yon Eisenringen und Haken unter dem Drahtdach Dd straff ausgespannt. Der Stoff ist so lest, dab ihn die Tiere nicht zerreiBen oder zerbeigen k6nnen, und so straff gespann~, dab sie keinen Halt zum Klettern daran linden. Die Kanten sind von der in-der Mitre des Schutzdaches auf- geh/~ngten Frucht so weir entfernt, dab die Tiere auch mit Streckung s/~mtlicher GliedmaBen nicht herank6nnen.

Beppo finder sogleich eine LSsung des Laufringversuehs, wenn auch zun~chst nicht die verlangte. Er zieht zun~chst an der LS-Schnur in der Richtung senkrecht nach unten. Als die Frueht nicht Iolgt, l~Bt er die Schnur los, sitzt einen Moment unt~tig, Oa

klettert dann an der Drahtwand zur Hauptschnur H S hinauf und beiBt sie da, wo sie angebunden ist, blitzschnell dureh. Der Laufring gleitet an der Sehnur herab auf den Boden und Beppo nimmt sieh die Frucht. Die Folgerichtigkeit dieses Handelns zur L6sung der Aufgabe ist nicht zu leugnen. Beppo pflegt nieht, wie der Pavian, an jeder Schnur herumzubeiBen, so dab man einen Zufallserfolg annehmen d/irfte; ein Zufallserfolg ist auch dem ganzen Verlauf naeh v611ig ausge- schlossen.

Bei Wiederholung w/~hlt Beppo sofort denselben Weg. Darauf wird die Schnur H S an ihren Enden auf eine Strecke von je 30 cm durch

...... ', ~,;~ " Y - ~ M,,~ ,~L L̂ , 7/./5 ,,,'~Fr' ~Fr I

P +A' ~ M

,...,;~'i., ~ +A K

Abb. 26. Versuch mi t der Laufringschnur. Ansicht von obenl). M Mauer~ D Draht-

maschenwand~ Dd Drahtmaschendach, Schd Schutzdach zur Verhinderung des Kletterns am Drahtdach, K Boden des K/~flgs, HS Hauptschnur , L Laufr ing am Anfang des Versuch, L ' Laufr ing am Ende des Versuchs, L S Laufr ingschnur am Anfang des gersuchs, LS' Laufr ingschnur am Ende des Versuchs, Fr Frucht , -kA Ort des Affen zu Anfang des Versuchs, -hA' Oft des Affen

am :Ende des Versuchs.

starken Draht ersetzt; die fibrige Streeke der Sehnur kann das Tier nieht zerbeiBen, da sie zu weir abliegt. Beppo w~hlt sofort einen anderen Umweg : Er h~ngt sich an die Hauptschnur (einen vergeblichen Versuch, an der dfinnen Sehnur welter zu klettern, gibt er sogleieh auf), und schaukelt bzw. rfittelt daran mit seinem Gewicht in sichtlicher Ungeduld, bis die Hauptschnur H S schlieB!ich doch reiBt. Das Ergebnis ist dasselbe wie vorher : der Laufring gleitet yon der zerrissenen Hauptsehnur herab, das Tier holt die Kirsche. Ob diese LSsung ebenso als Absicht zu be- werten ist, wie die im vorher beschriebenen FalI des Durchbeigens, kSnnen wir nicht mit der gleichen Bestimmtheit annehmen; es war oft zu beobachten, dab Beppo seinen ~rger fiber eine ihm unerreichbare Frucht an dem Material auslieB. So r/ittelte er erbittert an der Kiste, die er als Schemel unter die Frueht schieben sollte; ~hnliche

Z. f. vergl. Physlologie Bd. 1. 13

Page 43: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

184 H. Nellmann und W. Trendele~burg:

Berichte gibt KSHLER yon seinen Schimpansen. Dennoch m6chten wir nach dem bp~schriebenen Verlauf u n d nach dem Augenschein, der du tch eine Beschreibung nie ganz zu ersetzen ist, die ]KSglichkeit e iner be- abs icht ig ten LSsung auch hier n i ch t ausschliel3en.

J e t z t w u r d e die Schnur yon uns sofort durch eine ebenso d i inne aber st~rkere ersetzt, u n d dem Tier das Schaukeln a n der H a u p t s e h n u r dadurch verleidet , dal~ bei solehen Ans t a l t en das Fruch t s t i i ck sofort en t fe rn t wurde. Auch d a m i t k o m m t m a n n ich t wei ter ; Beppo verl ier t das Interesse a m Versuch.

I)er Versuch wixd daher folgendermaflen abge~ndert (Abb. 27): Beppo wird im Vork~fig F eingesperrt; die Hauptsclmur H 8 wird yore Vork~ifig a u s durch den Hauptk~fig gespannt;

Pd - I : " -H5

H'S~/ ! . i~ - -

;I / ,

+,# ~ I " , . ~ _ ~ . . ~ ~ K

Abb. 27. Versuch ]nit der Laufringschnur. Abge~nderte Anordnung, Ansicht yon vorn0. MMauer, D Drahtmaschenwand~

Dd Drahtmaschendaeh, V Vork~flg, KK~figbodea, HSHauptschnur, LS Lauf- ringschnur, +A Ozt, wo Aife sich befindet, L .L.' L" drei nacheinander folgende Stel- lungen des Laufrings und der daran be- festigten Frucht, wenn die in den Vor- k~fig reichende Schnur an der Zwischen-

wand hochgehangelt wiirde.

er kann also die Hauptschnur nlcht mehr erreichen. Die Befestigung an der Vork~fig- ecke geschieht wieder durch Draht,um Durch- beiBen zu verhindern. Die Laufringschnur L S wird so lang gew~hIt, dab sie vom Lauf- ring aus, der zun~chst his zum rechten Ende der Hauptschnur geschoben wird, durch den ganzen K~digraum und his durch die Maschen der Vork~igtiir reicht. Die L~-Schnur wird zun~chst in halber HShe der Vork~igtiir dutch die Maschen gesteckt. Wenn Beppo daran ziehen wiirde, so wiirde der Laufring m i t der Frucht bequem yore rechten zum linken Hauptschnurende gleiten, die Frueht kSnnte dort leicht durch die Maschen des Vork~figs .geholt werden. Beppo kommt zu- n~chst nicht auf den Zusammenhang der L S-Schnur mit der Frucht; er zerrt erbittert an der Drahtbefestigung der Hauptschnur. Darauf wird ihm die Lauiringschnur L S in ihrer Richtung auf die Kirsche durch Entlang~ahren an der LS-Schnur mit einer zweiten Kirsche optisch deutlich gemacht. ])as war die einzige ihm hier erteilte tti]fe.

Beppo zOgert zungchst noch und fal3t dann plStzlich geschickt und leicht das freie Ende dor LS-Schnur und zieht daran; sobald er sieht, dab die Kirsche folgt, zieht or kraftiger und holt sofort die Frucht.

Nun wird die Aufgabe dadurch erschwert, dab die L S-Schnur nicht in halber, sondern in 1/4 HShe (vom Boden aug) durch die Maschen der Vorkgfigtiir ge- steckt wird. Dadurch wird der Winkel zur Hauptschnur grOBer als vorher, der

�9 Laufring gleitet also bei dieser Zugrichtung nicht so leicht und nicht so weir wie vorher, sondern bleibt etwa 30 cm yore linken Ende der Hauptschnur auBer Reichweite stehen. Um Jim n~her heranzuziehen, miiBte die LS-Sohnur dutch die Maschen der Vork~figtiir etwas heraufgehangelt werden. Diese Auf- gabe soll das Tier 15sen. Beppo zerrt vergebens an der Laufringschnur; als er sieht, dab die Kirsche nicht nahe genug kommt, macht er spontan zwei oder drei richtige Handgriffe des I4_Snaufhangelns der Schnur um einige Maschen. Als er wieder vergebens zieht - - die Laufringschnur h~tte ausgiebiger hinauf- gehangelt werden miissen - - verliert er die Lust. Da nach diesem richtigen

Page 44: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niede~er Affen. 185

Ansatz eine v6Uige primate L6sung nieht Stattfindet, wird der Versuch abge- brochen. =- Bei einer nach 3 Wochen erfolgenden Wiederholung zieht Beppo wieder sofort an der Laufringschnur, hangelt auch sogleich die straff gezogene Schnur um einige Masohen hinauf, abet wieder nicht hoch genug, um Erfolg zu haben. ])as ausgiebige Hinaufhangein durch die Maschen hat er nie ausgefiihrt.

Sparer w a r d e n die Versuche im Hauptki~fig (Abb. 26, S. 182 u. 183) wieder aufgenommen. Dabe i k o m m t unser Rkesus nach verschiedenen Abwegen auf die r icht ige L6sung : er k le t ter t , das Schnurende in ~ der H a n d h a l t e n d , a n der D r a h t w a n d h inauf u n d zieht die F r u c h t heran.

I m einzeinen ist das 'Verhalten Beppos folgendes. Er nimmt sofort die Laufringschnur in die Hand, zieht i n senkrechter Richtung, li~llt nach erf01g- losem Zug nicht los, sondern nimmt sie mi~ zu einem Sprung aufs Fensterbrett. Leider verliert er dabei das Laufringsehnurende. Es l&llt sich nicht sagen, ob das anfiialgliche Mitnehmen der Laufringschnur absichtlich war, also ein Er- kennen oder Wiederelrkennen ihrer Bedeutung vorlag; jedenfalls spr ingter zu- ni~chst erst einmal yore Fensterbrett auf die Haup~chnur und riittelt an ihr. Da sie night reillt, l~l~t er sofort ab, holt wieder das Laufringschnurende und nimmt es mit auf das Dach einer kleinen Schutzhiitte, die zuf~Uig giinsffig an der Wand steht. Er zieht dann die Laufringschnur riohtig n~her, und nimmt yon diesem erh6hten S~andort aus die Frucht. Die L6sung ist nicht schlecht; dab sie abet eine Zufalls]fsung ist, wird daraus deutlich, dab Beppo, als jetzt die Hiitte an der Wand verstellt wird, abermals mit dem Laufringschnurende auf das Hfittendach spring~ und jetzt ebenfalls zieht: da die Zugrichtung jetzt nicht mehr fast parallel zur Hauptschnur - - wie vorher dutch die zufMlig giinstige SSellung der Hiit~e - - sondern rechtwinklig #.u ihr li~uft, beweg~ sich der Lauf- ring natiirlich nicht yon der Stelle. Jetzt wird ein Schemel an die passende Wandstelle, direkt unter das eine Ende der Hauptschnur gestellt. Beppo spring~ sofort mi$ dem Laufringschnurende, das er nicht aus den H~nden lieB, auf den Schemel, zieht yon dort den Laufring heran, klettert, da der Schemel nicht so hoch ist wie das Hiittendach, etwas an den Drahtmaschen hinauf und nimmt die Kirsche. Nun wird der Schemel fortgenommen: Dennoch geht Beppo mit dem Laufringschnurende sofort wieder auf die richtige Wandstelle zu, versucht mit der Schnur an der Drahtwand hinaufzuklettern, verliert sie aber dabei. Er b]eibt ratios an der l)rahtwand siSzen. ])as verlorene Schnurende wird ibm gereicht; er zieht mit einer Hand daran, aber so krampfh.aft und etwas nach unten, dab der Ring nicht bis in die Reichweibe folgt. P16tzlich aber sieht er, dab der Ring jetzt gerade "con der vorspringenden Ecke des Vorkgfigs im Sprung zu erreichen ist, kletter$ blitzschnell dorthin und nimmt die Frncht, indem er yon der Ecke abspringt.

Bei weiterer l~ortse~zung der Versuche lief Beppo mit der Laufringschnur auf die Drahtmaschenwand zu, kletterte an ihr hinauf, und zog mit wachsender Geschicklichkeit und 8chneltigkeit den Laufring heran. Auch nach vielti~gigen Pausen blieb das u das gleiche.

Zum Verst~ndnis dafiir, da$ der Affe ers~ verh&ltnism&$ig sp~ auf die L6sung kam, an der Dralitwand hochzuldettern und die L~ufringschnur heran- zuziehen, kann die ]~berlegung dienen, daB' das Tier in diesem Fall nur die eine Hand zum Ziehen an der Schnur frei hat~e. Erh6hte es abet se~nen Stand0rt dutch Sitzen auf einem Sohemel oder Hfittendach, so waren beide Hgnde frei. Tats&chlich hat Beppo bei den ersten Yersuchen, die Sch~aur yon der Drahtwand aus mi$ einer Hand heranzuziehen, die Schnur aus Ungeschi0kli0hkeit verloren, was ihn an der L6sung irre machen konnte. Da$ er dennoch in verh~ltnlsm&l~ig

13"

Page 45: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

i 8 6 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

kurzer Zeit die LSsung l a n d - wir m0chten nicht sagen ,,lernte" --, ist ein neuer Beweis ffir seine F~higkeit Zur Beurteilung rgumlicher VerhMtnisse.

Schliel~lich geben wir hier noch einen Versuch wieder, der mit den vben geschilderten Versuchen in enger Beziehung der Anordnung steht und bei dem die glatte primgre L5sung bemerkenswert ist.

Es wird an einer unerkletterbaren Stelle des Schutzdaches ein Frucht- :stiick etwa 30 cm vom Dach aus aufgeh~ngt, an diesem Fruchtstiick wird eine l~nge Schnur befestigb, die lose bis auf den Boden herabh~ngt. Beppo nimmt sofort die lose Schnur, springt, ohne erst zweeklos daran :zu ziehen (wie beispielsweise der Pavian, der es bei diesem zwecklosen Ziehen bewenden l ~ t ) mit ihr auf das Fensterbrett , strafft die Schnur, wodurch sich das vorher senkrecht herunterhgngende Fruchtstiick infolge der nun schr~gen Richtung seiner Befestigungsschnur so dem Rand des Schutzdaches n~hert, da~ Beppo es, nun seinerseits an den Rand des Schutzdaches kletternd, erreichen kann.

n) Versuch mit dem Turnseil.

KS~ERS Schimpansen benutzen alle mit mehr oder weniger Geschicklichkeit ein an einem Geriist hs Turnseil, um sieh

Pd

~,,A'

5 " . r ' M l

5k K

Abb. 28. Versuch mi t dem Turnseil . _4nsicht yon vorn. Ml~auer . D Draht- maschendach, Schd Schutzdach gegen Ent l angk l e t t e rn an vorigem, K K~fig. boden, S und S ' Turnsei l am Anfang - und am Ende der AufgabenlSsung~ ' S/c Se i lkno ten , 2 ' r Frucht an einer Schnur aufgeh~ng~, A und A r Oft des Affen am Anfang und a m Ende der

Aufgabenl0sung.

daran zu einer sonst unerreichbar hoch aufgeh~ngten Frucht hinzuschwingen.

Wir haben ~hnliche Versuehe ange- stellt: Es wurde ein ziemlich dicker Strick S (Abb. 28) dort befestigt, wo das Schutz- dach aufh6rt, yon der seitlichen Draht- wand noch e~wa 30--40 cm entfernt. In der Mitre des Schutzdaches ist eine direkt unerreichbare Frucht aufgeh~ngt. Das Seil h~ngt bis auf den Boden und hat, wenn richtig gehandhabt, die geniigende Schwungweite, um die Frueht zu er- reichen.

Beppo und der Par ian stiirzen sich sofort auf das Seil. Der Par ian erreicht es zuerst und benutzt es, um unten daran herumzubei~en. Beppo jagt ihn fort, k~ettert sofort ganz am Seil hinauf, und sieht, d a~ es, da es ja a n der

Grenze des Schutzdaches h~ngt, zum Hiniibergreifen zur Frucht zu weir entfernt ist. Er klettert herunter, nimmt das 'untere Seilcnde mit auf den Schemel und zerbeif3t es beharrlich. )As jetzt zur Reizver- st~rkung star t des Fruchtstiickes ein ganzer Apfel angebunden wird, wird er sichtlich erregt: er klettert am Seil ganz hoch, tappt mehr-

Page 46: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzprfifung niederer Affen. 187

faeh mi t der Hand ans unbespannte Drahtdach, so dab man unbeding~ den Eindruek gewinnen kann, als wolle er sich absto~en. Tats~cblieh sehwingt das Seil auch etwas; da er aber ganz oben sitzt~ k o m m t er nieht weit genug. Auch beim Herunterklet tern k o m m t er nicht weir genug in Sehwung und sitzt ratlos auf dem Boden.

J e t z t wird das Sell an dem der Fensterwand parallelen Rand des Sehutzdaches aufgeh~ngt, die Entfernung zur Fens~er~vand ist halb so grog wie vorher zur seitliehen Drahtwand. Beppo springt sofort an.das Seil, e rk l e t~ r t es bis in 3/4 HShe, stSt~t richtig und techniseh einwand- frei yon der Fensterwand a b und n immt in schSnem weiten Sehwung das Fruehtst i ick vom Seil aus. D a s Seil wird je tzt wieder an der ersten Stelle befestigt und ein ganzer Apfel unter dem Sehutzdaeh angebunden. Beppo klet ter t wie eben bis in 3/4 HShe des Seiles, sehwingt ohne abzu- stoBen mi t seinem KSrpergewieht solange, bis die Sehwungweit e des Seile s grol~ genug ist und n immt im Sehwung den .Apfel.

In der Folgezeit konnten wir stets dieselben effolgreichen Turnleistungen Beppos an dem Seilbeobachten. Ab~nderungen bestanden darin, dab er einmal, um schneller in gr6Beren Schwung zu kommen, sich yon der Schulter des zuf~llig danebenstehenden Beobachters abstieB; ein andermal, als ihm das In-Sehwung~ Bringen des Sells dutch sein KSrpergewicht nicht schnell genug gliicken will, sprlngt er an die Drahtwand und yon ihr zuriick mit einem kr~ftigen Satz ans Seil; natfirlich hat es jetzt, sofort ausreichende Schwungwei~te.

Der Verlauf des Turnseilversuchs zeigt, wenn man K6HL~Rs Ver- suehsschilderungen zum Vergleieh heranzieht, da~ unser Rhesus Sieh dieser Aufgabe gegenfiber ebenso erfinderisch und gewandt verh~lt, wie die untersuehten Sehimpansen. Bei dem Pavian konnten wir, wie so oft, keinen Erfolg erreichen. Die Leidenschaft zum Spielen und Sieh:Aus- toben fiberdeekt bei ihm jeden Ehrgeiz und oft genug aueh den Wunsch zum Ziel. So sehen wir, wie er sich gar nicht um den Apfel ki immert , wie er aber an dem dieken unteren Seilknoten, der wenig fiber dem Erdboden h~ngt, mi t Eifer herumbei~t oder herumtanzt , indem er m i t H~nden und Ffi~en den Knoten umklammernd mit dem Rficken nach unten die Drehungen und Sehwingungen des Seiles mitmaeht . ~ Diesen Sport t re ibt er, sobald ihn Beppo heranl~Bt. Er klet ter t aueh zuweilen am Sefl empor; niemals aber verbindet er dieses Klet tern mit einem Greifen oder dem Versuch eines Greifens nach der Frueht.

In der Literatur finden sich neben K6HLV, P~ Schilderungen auch Angabe n von SoKoLowsxY, nach denen ein Schimpanse das im Ki~fig h~ngende Klettertau primer benutzt, um sich mit kr~ftigem Schwung auf ein erh6htes Gesims zu schwingen. ~ber niedere Affen haben wir in dieser Richtung nichts gefunden; Sparer bekamen wir noch eine Arbei$ yon u in die H~nde, in der aus~iihr- lich beschrieben wird, wie sich ein junger Schimpanse gegeniiber dieser Turnseil- aufgabe verh~lt und wie er'verschiedene richtig~ Formen einer LSsung selbst~ndig finder. Die Vielseitigkeit der Methoden, v0n denen ihn jede einzelne zum Ziel geftihrt hat, sprechen fiir die geistige Beweglichkeit dieses (noch nicht aus- gewachsenen) Schimpansen.

Page 47: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

~88 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

o) Versuche mit Kistenverwendung zum Erreichen einer hochMingenden $~rucht.

K6HLER hat tiber Kistenverwendtmg be i seinen Sehimpansen mannlgfaehe Versuche angesteUt, bei denen es sich im wesentlichen um Erreichung eines hochgeh~ngten urud auf sonstigen Umwegen unerreieh- bareh Z ieles dureh Herunterschieben einer als Schemel oder zum er- hShten Absprung benutzten Kiste handelt. Diese spgterhin erschwerte Aufgabe wurcle yon sgmtliehen ffinf untersuehten Schimpansen gel6st, wenn auch bei manehen erst nach vielen Versuchen und bei einem erst am 19. Versuehstag.

Aueh wir liaben uns mit dieser Aufgabenstellung beschgftigt. 'Wir haben bei diesen Versuchen, die an 14 verschiedenen Versuehstagen im Verlauf yon etwa einem Monat stattfanden, eine Reihe yon interessanten und bemerkenswerten Beobachtungen gemacht, die allein schon die nghere Sehilderung des Versuchsverlaufs re~htfertigen. Leider blieb uns der endgfiltige Erfolg dutch ein unglfickliches Zusammentreffen gul~erer Umst~nde (Ein~reten der Herbstwitterung, unzureiehende Gr6Be des Freik~figs, Tod des Rhesusaffen vor VergrSBerung des Kgfigs) versagt.

Die Anordnung der Versuche war im wesentlichen folgende: Es wurde stets das auf S. 183 beschriebene Schutzdach verwendet, das den beliebten Umweg fiber das Drahtdach zur Frucht ausschaltete;: die ~Frucht hgngt wieder in der Mitre des Scht~tzdaches; sie kann dort nach menschliehem Ermessen yon keinem Punkt des Kgfigs erreicht werden. DaB es d era Affen dennoch (wenn seine Begehrliehkeit durch lange Mi~e~folge mit der Kiste aufs guBerste angestaehelt war) in seltenen Fgllen gelang, die Frucht durch einen besonders kfihnen Sprung zu erobern, mug auf Reehnung der zu geringen KgfiggrSl3e gesetzt werden, kann aber unsere Ergebnisse in ihrem Weft rdeht beeintr~chtigen. An- gestellt warden die Kistenversuche nur mit dem Rhesusaffe n Beppo; der Par ian schien uns fiir diese immerhin hohen Ansprfiche an die Intelligenz eines niederen A/fen nieht geeignet, was wenige Stiehproben bestgtigten.

Am ersten Versuchs~ag zeigt Beppo fiberhaupt kein Verstgndnis ffir den Zusammenhang yon Kiste und Fruchk Zur Erklgrung sei gesagt, dab ihn in diesem Fall die Kiste aUein schon interessieren mu~te. Es war ngmlich eine zufgllig bereitstehende leieht verschiebliehe Pappkiste gewghlt worden, die zugebunden und noch mit Holzwolle geffillt war. Natfirlieh geniig%e das, um Beppos Interesse ganz an das ZerbeiBen der Pappe und an das Heraus- lind Herumzerren der Holzwolle zu fesseln; die Frueht war vergessen.

Das n~chste Mal steht eine leiehte Holzkiste abseits im K~fig; ihre MaBe sind etwa 60 : 40:45, sieist auf einer Seite often. Beppo beil3t

Page 48: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Alien. 189

daran, spielt und sehiebt damit, bringt sie aber in keine Beziehung zur Kirsche. Als ihm die Kirsche yon neuem gezeigt wird, klet tert er ohne Erfolg am Dach. Die Kiste wird nun yon dem Affen zuf~llig hochkant und damit zum Absprung geeignet in der Richtung zur Frucht ver- schoben, ohne dag Beppo den Vorteil bemerkt. Als aber jetzt erneut auf das Ziel aufmerksam gemacht wird, springt der Affe sofort auf die Kiste und yon d~ zur Frueht. Je tz t wird die Kiste abseits und flach- kan t hingestellt; Beppo blickt, ohne dab seine Aufmerksamkeit be- sonders hingelenkt wurde, zur Frucht, schiebt sofort spontan die Ilaehe Kiste heran und besteigt sie zum Sprung; da sic f laehkant steht, ist sie zu niedrig. Darauf versucht er zu klettern, stellt dann die Kiste hochkant, wohl ohne Einsieht, denn er zieht keinen Vorteil daraus, sondern wendet sich interesselos ab.

Die Ve~..~uche werden nun nach 14 Tagen wieder systematiseh auf- genommen und fast tiiglich fortgeset, zt. I m Gegensatz zu den ersten Versuchstagen ist Beppo ]etzt dauernd mit seinem Interesse auf die

h~ngende Frucht eingestellt und spielt mi t der Kiste nur nebenbei. Ein- mal springt er mit Effolg yon der zufiillig schrgg unter der Frucht stehenden Kiste. Die Kiste wird nun yore Beobachter abseits gestellt: Beppo rtickt deutlich daran in Riehtung zur Frucht ; sie steht nun etwas niiher, aber noch nicht nah genug, deshalb s p r i n g t e r vergeblich. Ein andermal besteigt er, sobald eine Frucht angehi~ngt wird, die abseits flach stehende Kiste und rtittelt daran, rfiekt sie dann etwas nigher, stiilpt sic urn, setzt sieh hinein und riittelt wieder daran mit allen Zeichen sichtbarer Ungeduld, dabei fixiert er die Frucht. Es ist, als ob er einen Zusammenhang ahnt. Er versucht nun einen Absprung yon der naeh oben offenen Kiste; da er natiirlieh auf den schmalen Kanten denkbar ungesehiekt steht und sieh auch zu weir ab befindet~ unterliiBt er den sichtlich geplanten Absprung in riehtigem Absch/itzungsvermSgen. Nach einigen ~hnliehen unvolt~'kommenen Versuchen (immer rtickt er ein wenig an der Kiste) kt immert er sich wiihrend einer halben Stunde nicht um Kiste und Frucht.

Der Beobachter verschliegt darauf den Kgfig und entfernt sich. Als er nach kurzer Abwesenheit zurtiekkommt, steht die Kiste hoehkant unter der Fruchtschnur, die Frueht ist verschwunden! Sofort wird die Kiste abseits gestellt und eine Wiederholung versueht. Beppo unter- n immt zun~ehst niehts. Als dann ein besonders schSner Apfel befestigt wird, klet ter t Beppo pl6tzlieh am Beobachter in die HShe und IaBt sich an seiner Sehulter haltend, blitzschnell die Fruchto Diesen Trick wiederholt er 4---5mal mit unglaublicher Behendigkeit; als der Beob- achter einmal abseits steht, zupft er ihn wie auffordernd am Mantel.

Es ist dies das erstemal, dab Bepp0 seine Scheu und gewisse Unnahbarkeit selbst den Personen gegentiber, die sich t~iglich mit ihm beseh~ftigen (er lieB sieh z. B.

Page 49: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

190 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

nie anfassen oder gar streicheln und wir haben diesc seine Scheu auch immer berfieksichtigt, um ihn nicht zu reizen), iiberwand und yon sich aus eine k6rper- liche Beriihrung nicht nut ertrug, sondern direkt herbeiffihrte. Wit m6chten die ~berwindung dieser Scheu als ein bei der Psyche unserer Rhesusaffen be- merkenswertes Momen~ hervorheben. K6~L]~R hat bei seinen Schimpansen diesen pers6nlichen Kontakt oft geschildert (vgl. der als ,,Ersatzschemel" heran- gezerrte W/~rter n. a.). Wir hatten his zu dieser durchaus selbst/~ndigen Annahe- rung unseres Rhesusaffen die Unm6glichkeit der ~berwindung dieser pers6n- lichen Diss ffir ein Zeichen der psychisehen oder intellektuellen Unterlegen- heit (bzw. Andersgeartetheit) der Rhesusaffen gehalten. Mehrere anderc yon uns im Laufe der Zeit in den K~ifigen fliichtig beobachtete friseh eingeffihrte Rhesusaffen zeigten diese auBerordentliche Scheu. Bemerkenswert ist noch, dal3 Beppo das Emporklettern, das nunmehr als L6sung nie mehr verloren ging, n u n , a m Beobachter Unternahm, nicht etwa auch am W~rter (der sich naturgem/~13 viel weniger mit ibm besch~iftigte, obwohl er ihn t~glich sah und stets freundlich

zu ihm war); er verzichtete auf den sch6nsten F

L~ /

Abb. 29. Benutzung des Fenster]adens zum ]~rreichen der Frucht. Ansicht yon oben. J~ Fenster, F r Frucht~ L unbe- nutzte H~ilfte des Ladens, Let und Lr Anfangs- und Endstellung der be-

nutzten Ladenhfilfte.

Apfel, den er v o n d e r Schulter des Warters aus bequem h~tte erreichen kSnne~., nahm ihn aber sparer sofort yon der Schulter des Beobachters. Ferner ist zu erwahnen, dal~ er stets am .Ri~cIcen des Beobaehters kletterte und seinem Gesieht bzw. ]3lick immer ~ngstlich auswich.

E in anderma] f inde t Beppo wieder einen neuen Ausweg; es wird yon neuem versuch~, ihn auf das selbst~ndige Ver- schieben der K i s t e k o m m e n zu lassen; er k o m m t aber wieder n ieh t zum Ziel, son: dern b le ib t bei den schon geschi lder ten r ich t igen Ans~tzen zur LSsung (geringes

abe r deut l iches Ni iherr t icken der Kis te) s tecken, wird schliel31ich i iber- drfissig und spr ing t aufs Fens t e rb r e t t . E in Fens~er laden i s t zufiillig n ich t anger iegel t , so~dern l iegt der W a n d nu t an (Abb. 29); Beppo b e m e r k t es da ran , da~ der L a d e n sich zufal l ig e twas bewegt . Sofor t i s t sein Verha l t en ge spann t : er sp r ing t auf den beweglichen Laden , f~hr t auf ihm yon der W a n d ab, bis er r ech twink l ig zur W a n d und d a m i t der F r u c h t a m n~ehs ten s t eh t und n i m m t mi t ausges t r eck tem A r m die F r u c h t . Der ganze Vorgang ver l~uf t b l i tzschnel l und wi rk t durchaus p lanvol l , fi ir den Beobach te r gewissermai3en als Ube r ra schung ; denn es i s t diese L6sung ebenso wie das E m p o r k l e t t e r n a m Beobaehter , keine yore Beobach te r vorausgesehene , sondern eine vom Al l en frei erfundene, d a r u m abe r nich~ weniger r icht ige Fo lge rung aus einer vor t ibergehenden SacMage.

Als der •ensterladen nach der anderen Seite (also ~or das'Fenster) angelehnt wird, benutzt ihn Beppo in der gleichen Weise. Als der Laden darau~ an der Wand ange.iegelt wird, l/~Bt er nach vergeblichem Ziehen davon ab; den Riegel bemerkt er nicht. Es sind diese Versuche mit dem Fensterladen in Uberein- stimmung mit den K6HLERschen ,,Ti~ffliigelversuchen" zu betrachten und zu

Page 50: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Aifen. 191

bewerten. Was die Schimpansen beim Erklettern und beim Hin- und Herfahren auf einer nur angelehnten Ttir bis in Zieln~he leisteten, leistet Beppo ebenfalls aus eigener Initiative mit entsprechenden Hilfsmitteln.

~r Anriegeln der Fensterl/s an der Wand wendet sich Beppo ohne Aufforderung wieder der Kiste zu. Diese steht jetzt nicht so welt abseits wie v0rher, und ist schrdig an die eine Seitenwand des K/ifigs an- gelehnt. Sie stellt in dieser Schr~glehnung erstens ein ungeschicktes und zweitens ein gerade noch zu weit entferntes Sprungbrett zur Frueht dar. Wfirde sie aufgerichtet, so w/~re sie brauchbar zum Absprung. Der Zweck dieser Anordnung ist, Beppo die Handhabung der Kiste zu erleichter.n und ihm den dureh ein Heranbewegen der Kiste zu erreichenden Er- folg gewissermal~en n~her zu bringen. Er scheiterte ja mit seinen Be- mfihungen bis jetzt immer deshalb, weft er die an sich richtigen Ans/~tze zur LSsung nicht mit der genfigenden Ausgiebigkeit weiterffihrte, wo- durch er dann wohl hinsichtlieh der Zweckm/~l~igkeit dieser LSsungs- ans/~tze unsicher wurde:

Beppo begibt sieh nun ohne Hinweis und gleich beim ersten Versueh zur schr~g angelehnten Kiste, umfaf~t iHre eine schr~ge Seitenwand und richtet sie dadureh auf. Es handelt sich sichtlieh um eine durchaus planvolle Bewegung, nicht um eine spielerische Zufallshandlung. Es mul~ allerdings dahingestellt bleiben, ob er die Kiste v~elteicht nur des- halb aufrichtet, weft sie ihn in dieser ungewohnten Schr~glehnung be- ffemdet. Durch das Aufklappen der Kiste erschreckt, springt, er davon und betrachtet sie mil~trauisch und probiert wieder an dem angeriegelten Laden herum. Dann f/~ll.t aber sein Blick wieder auf die nach dem Aufriehten sprunggerecht stehende Kiste; er besteigt sie und holt die Frueht im Sprung. Die Kiste wird wieder schr~g gelehnt, das Ergebnis ist/~hnlieh: nach sichtlieh beabsiehtigtem Aufrichten ein Ersehrecken, dadureh momentane Ablenkung, dann sofort neue Zuwendung der Auf- merksamkeit zur Kiste u~d Erfolg. Einmal springt Beppo im Schreck fiber die Umw/~lzung der Kiste auf einen neben der Kiste stehende.n Sehemel, yon diesem dann ohne Pause auf die Kiste und yon der Kiste ~ ~ur Frueht.

Naeh 3 Tagen Pause wird der Versueh wiederholt ; Beppo bevorzugt zun~ehst die anderen schon beschriebenen Hilfsmitte]: er f~hrt auf dem angelehnten Laden, er klet tert dem Beobachter auf die Sehulter. Erst als beides ausgeschaltet ist, wendet er sich der Kiste zu. Er richter sie jetzt ohne Erschrecken auf, besteigt sie und springt erfolgreich ab; auch bei Wiederholungen holt er jedesmal die Frucht.

Bei der dritten Wiederholung nimmt plStzlich der Parian mit einem ge- waltigen Sprung vom Fensterbrett aus die Frucht ! Nun ist die Kistenverwen- dung fiir Beppo gestSrt. Er versucht sofort in Nachahmung yore Fensterbrett aus mehrmals nach der Frucht zu springen; es gelingt ihm der Sprung aber nur sehr selten. Mit der Kiste verf/~hrt er nur nebens~chlich und wahllos, springt

Page 51: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

192 H. :Nellmann und W. Trendelenburg:

einmal, ohne sie aUfgerichtet zu haben,, yon ihren schr/~gen Kanten, ein andermal wirft er sie urn, so da$ sie flachkant steht, und versucht so zu springen; beide

�9 Male vergeblieh. Er unterl~l~t es v611ig, die Kiste, wie vorher, riehtig hochkant aufzurichten.

In der Folgezeit hat er sich wieder an die richtige Handhabung der ange- lehnten Kiste gewShnt; nur richter er sie jetzt seltener mit einer besonderen Bewegung auf, sondern springt gleich so auf die vordere Kante der Kiste, dab sie sich durch ~ sein Gewicht yon selbst aufrichtet. Dadurch ist die L6sung ab- gektirzt. DaB e~ sieh aber auch jetzt noeh um eehte LSsungen handelt, zeigt si ch dadureh, da$ er yon Zeit zu Zeit immer real wieder ein deutliches Aufriehten durch die Kraft seiner beiden Arme herbeiftihrt.

Es wi rd da rauf abe rma l s an mehreren Versuchs tagen und mi t g ro$er Geduld versucht , den Rhesus nun aueh ~ius Heransch ieben der wei te r en t fe rn ten K i s t e als LSsung l i nden zu lassen. Leider b l ieben die Er- gebnisse unvol ls t /mdig . E in Heran r i i cken auf sehr geringe Ent fe rnung , e twa dem Auf r i ch ten der K i s t e en tsprechend, wird h~ufig er re icht , ebenso hi~ufig aber v e r s u c h t er auch, 0hne Heranr t i cken yon der e twas zu wel t s t ehenden Ki s t e zu springen, was meist mif~lingt. Da es aber n ieh t immer mil~lingt, so k a n n m a n sich n ich t wundern, wenn er auf d iesen l i i r ihn e infachs ten Ausweg nie g a n z verz ich ten will. Xhnliche Schwier igkei ten e rgeben sich, wenn es sich um das Herbe isehaf fen einer wei ter en t fe rn ten K i s t e hande l t . Wie schon gesagt , wurde oft beobaeh te t , dab Beppo aueh die wel t en t fe rn te K i s t e in seine ,,~berlegungen" einbezieht , d. h. dal~ er, im Hinb l i ck a u f die begehr te F r u c h t , an der K i s t e r t iek t oder r i i t t e l t . Man kSnnte sagen~ dab er eigent l ich schon auf dem bes ten Wege ist, die L5sung dureh eine le tz te , Vielleicht schon in ihm seh lummernde E ins i ch t zu l inden. D a aber der Fre ik~f ig insofern zu kle in is~, als yon den meis ten se iner pe r ipheren Wands t e l l en die a m D a c h aufgeh~ngte F r u c h t durch e inen besonders k i ihnen und gesehickten Sprung dann und w a n n doeh er re icht werden kann, so f eh l t das zwingende Moment , dal3 die K i s t e n v e r w e n d u n g unbed ing t den einzigen Ausweg dars te l l t . W i r sag~en schon, dab der vorzei t ige Ted des Tieres uns le ider h inder te , d ie Versuche in e inem grSl~eren K~fig for tzusetzen. Wi r werden sie an ge- e igneten Tieren wieder aufnehmen.

Was andere Autoren an niederen Affen in diesem Zusammenhang heraus- gebracht haben, 151eibt hinter den Leistungen unseres Rhesusaffen anseheinend zuriick. Alh~rdings scheint ein Affe von HOBHOUS~. schlielMich Erfolg gehabt und die Kiste unter die Frucht geschoben zu haben; doeh sind die Angaben unbestimmt und lassen keinen Sehlul3 auf eine prim/~re; Leistung des Affen zu. Es wird z. B. betont, dab dem Tier zuerst die Kiste riehtig hingestellt wt/rde; wie oft das geschah und wle der Afro die L6sung fand, ist nieht genau angeg~ben. Sieher ist, dal~ die prim~ren Aufgabenl6sungen des Tieres n ieht ebenso im Vordergrund des Interesses yon ItOBHOVSE standen, wie es bei uns der Fall war. SHePHErD berichtet hingegen ausdriieklieh, dal~ seine Rhesusaffen nie die Kiste unter die Frueht .gesehoben haben, sie nahmen aueh keine Notiz yon der Kiste; dab sie nicht zu schwer oder ihnen fremd war, geht daraus hervor, dab sie in einem Nebenk~fig mit einer gleich groBen Kiste spielten und sie herumzusehieben

Page 52: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Allen. 193

pflegten. Aber eine Bez iehungswahrnenmung zwischen Kiste u n d F r u c h t ha t SH~PEERD bei ihnen nie beobacbte t .

Da$ die Ergebnisse des Versuchs mi t h6heren Affen wesentl ich posi t iver waren, geht schon aus unseren diesen Versuch einle i tenden Wor ten fiber K6~rLERS Versuche zur Kis t enverwendung hervor. Hervorzuheber l ware, dab die L6sung bei allen Sch impansen ruckweise mi t pl6tzl ichem Auf leuchten zus tande kam. Als Ersa tzschemel wird alles Denkbare , besonders gern andere Sehimpansen oder War t e r benu tz t . Wir mSchten dabei auf den von unserem Allen selbst gefundenen Ausweg des t t e rau fk le t t e rns am Beobach te r hinweisen. Auch zu dem ebenfalls von unserem M f e n selbst e r fundenen Fens te r ladenversuch fa;nden wit, wie e rwahnt , bei •6HLER eine Paral lele: es ist der im Pr inzip ahnl iche Tfir- flfigelversuch, yon KOHLER mi t Abs ich t angeste!l t ; die nur angelehnte Tfir f ah r t bei ihrer Offnung un te r dem hochgehang ten Ziel vorbei , so dab sie als Hilfe dienen kann . Die Seh impansen l inden p r imar die L6sung, drfieken die Tfir auf und fahren darauf bzw. stol~en sich ab.

I m Bauen mi t mehreren Kis ten h a b e n die Sch impansen unseren Rhesus schon deshalb weit i ibertroffen, well wir bei ihm nicht e inmal den Versuch mi t einer Kiste zu Ende br ingen konnten . Auch SOKOLOWSKY ber ieh te t yon einem Sehimpansen , der mehrere Gegenst/~nde aufe inander t f i rmte bzw. einen anderen Affen als Schemel benutz te , u m eine hochgehangt~ F r u c h t zu erreichen.

Kurz vor Abschlul3 unseres Manuskr ip tes bekamen wir endlich zwei Arbe i ten yon YERKES, in denen die Aufgabe der Kis tenverwendung , bei ihm ,,box s tacking expe r imen t " genannt , eine gr6f~ere Rolle spielt. I m Gegensatz zu unseren Ver- suchen hande l t es sieh bei ihm eigentl ieh immer schon um die erweiter te Aufgabe der Verwendung mehrerer Kisten, die aufe inandergese tz t werden mfis~en, um das hohe Ziel zu erreichen. u Untersucht zuerst e inen Orang-Utang, bei dem die pr imare L6sung in einer s ta t t l i chen Re ihe yon Versuehs tagen n ich t erfolgte; um das Interesse des Tieres ffir den Versuch neu anzus tacheln , mul3 der Beobachte r dem Tier die L6sung 6fter vormachen , worauf d a n n nach aber- reals einigen Tagen das Tier erfolgreich ist. Der Verfasser l ehn t Mitwirkung yon Trial und Error bei dieser L6sung ab, be ton t dagegen, dal3 das Tier am L6sungs- tag selbst mi t einer regeren, wachsameren Aufmerksamkei t das V o r m a e h e n . des Beobachters beobach te t habe. E in Sehimpanse, den YERKV~S sparer unter - suehte , ha t , nach einer Periode des vielseit igen Ausprobierens und Ersch6pfens aller anderen M6glichkeiten und nach einer wei teren Periode der Rat losigkei t und des beobach tenden Abwartens , die L6sung selbst~indig gefunden. Wi t z i t ieren: , , the ut i l izat ion of two or more boxes came suddenly and wi thout warn- ing'~ und spa te r : , , the only reasonable exp lana t ion of such sudden and radical change in behavior is ins ight" . - - Wei ter interessieren uns besonders die Kisten- bauversuehe , die YEI~KES an zwei niederen A][en, einem Makaken und cinem Rhesus, anstel l te . Beide Tiere l inden ihre wei taus gr613te Genug tuung darin, die Kis ten ohne Zielbeziehung zu zerst6ren, ein Akt , den wir z. B. bei unserem P a v i a n s tets beobach te t haben . In beiden :Fallen blieb die L6sung aus, aber in beiden F~llen sind die falsehen und die r icht igen Ansatze zur L6sung interessant . Der Makak mach t zweimal den Versuch, die zweite leichte Kiste, die auf die niedrige gestell t werden soll, anzuheben ; aueh s i tz t er oft auf den Kis ten u n d b e t r a c h t e t die Fruoht , die yon jeder Kiste allein uner re ichbar ist. Der Rhesus, dem die Aufgabe zuerst so gestell t wird, dal3 drei Kis ten aufe inander d i rek t un t e r der F r u c h t s tehen, k le t te r t , obwohl er die F r u e h t sofort bemerk t , erst nach 5 Minuten h inauf ; der Verfasser h a t Grund, dar in MiBtrauen des Tieres zu erblieken. Das nachs temal schiebt er, a n s t a t t die dr i t te Kiste zu besteigen, diese he run te r , wodurch er sieh ~ati]rl ieh der M6glichkeit verschliel3t, die F r u c h t zu bekommen. S tehen die beiden oberen Kis ten so auf der grol3en unteren , dal~

Page 53: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

194 /-I. Nellmann und W. Trendelenburg:

sie auf dieser vom Affen erst zieln~her verschoben werden miissen, so bleibt ebenfalls die beabsichtigte LSsung durch den Allen aus. Er weft] aber, wie unser Rhesus, durch seine erstaunliche Sprunggeschickliehkeit die Aufgabe zu um- gehen, indem er oft genug erfolgreieh yon der zweiten Kiste nach der Frueht springt, ohne sie erst zieln/iher zu rfieken..Es wird versucht, ob er wohl eine einzelne Kiste als Sprungbrett heranschiebt; dieser Versuch ist ein genaues Analogon zu dem unsrigen. Der Versueh fiel bei YZRK~.S negativ aus; h6chstens besteigt der Rhesus die abseits stehende Kiste und spaht yon da zur Frucht, springt aber nicht und riiekt nicht daran. Dennoch glaubt der Verfasser, dab bei 1/~ngerer Fortsetzung der Versuehe sowohl der Makak wie der Rhesus die Auf- gabe gel6st h/itten, denn der Makak zeigte groBe Neigung, Kisten zu bewegen, und der Rhesus war viel]eieht nur zu miBtrauisch und seheu.

Vergleich zwischen niederen and hiiheren Affen auf Grand unserer Ergebnisse an ersterea.

Gerade die zuletzt geschilderte Versuchsreihe riiekt mit ihren inter- essanten Vergleichspunkten ei~e l~rage in den Vordergrund, zu deren L5sung beizutragen wir uns mit dieser A rbeit bemfiht haben : die Frage, ob der Inte]ligenzgra d d e r niederen Affen um ein Bemerkenswertes tiefer steht als der hSherer A/fen.

Aus dem Tatsaehenmaterial mSehten wir gleich das hervorheben, worin die Anthropoiden den niederen Affen unbedingt fiberlegen zu sein scheinen. Es handelt sich d~ in erster Linie um den Werkzeug- gebrauch; verschiedene Autoren beriehten iibereinstimmend, wie hShere Affen einen Stock zweckvoll nicht nur gebrauchen, sondern ihn sich aueh besonders aus irgendeiner Kiifigecke dazu heranholen, um sich da- mit eine auBer Reichweite befindliche Frucht herab- oder heranzuschlagen. Statt eines nicht vorhandenen Stockes benutzen sie zuf/~llig vorhandene Gegenstiinde (Decken, Draht usw.), die sie selbst~ndig in ihrer Ver- wertbarkeit als Ersatzmittel erkennen. Es gibt auch F~lle, ir~ d e n e n sie mit einem kfirzeren Stock, der das Ziel nieht .erreicht, einen vor dem K~fig liegenden l~ngeren Stock heranholen, oder sogar zwei StScke ineinanderstecken, damit das ganze Werkzeug die erforder- liche L~nge hat. In diesen Fallen handelt es sich nicht nur um Werk- zeugverwendung, sondern um Werkzeugherstellung zweeks unmittelbar folgender Verwendung. Auch werden yon hSheren Affen St6cke benutz~; um ein begehrtes Ziel aus einem Rohr oder einer rohr~hnlichen Vor- richtung, in die das Tier mit dem Arm nieht hineinlangen kann, heraus. zutreiben. Aile diese Beispiele der Werkzeugverwendung kSnnen naeh den Literaturberi5hten und auch nach unseren eigenen Erfahrungen den niederen Allen nicht zugesehrieben werden. Als Werkzeugverwendung, bei der die hSheren Allen eine wesentlich grSl3ere und leichter auszu- 15sende Aktivitat entfalten und grSl~eren Erfolg haben, als die niederen, kann auch der Kistenversueh gelten. Zumal das Bauen mehrerer Kisten aufeinander mul3 wohl eindeutig Ms eine vorl~ufig unerreichte Lei.stung hSherer Affen anerkannt werden, w~hrend die Grundaufgabe dieses

Page 54: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzprtifung niederer Affen. 195

Versuches, n~imlieh das Heranschieben e~ner Kiste als Sehemel oder Sprungbrett zu einer hochh:~ingendei~ Frucht, sicherlich auch yon nie- deren Affen gel6st werden kann, geeignete Exemplare und geeignete ~iui~ere Umst~inde vorausgesetzt. Wie welt fiir den Erfolg bei den Kisten- und den Stockversuchen das Urwaldvorleben~der Affen und seine ver- schiedenen Anforderungen an die verschiedenen Gattungen vorstellung- bildend und anpassungsf6rdernd gewirkt haben mag, m6chten wir offen lassen. Eine deutliche 5[ehrleistung der Schimpansen zeigt sich darin, dal3 diese, wie KOHLER besehreibt, fahig sind, zur Erreichung einer Frucht yon dee gewohnten Aktionsriehtung (zu sich heran) unter besonderen Bedingungen abzugehen. Unser Rhesus hat zur Erreichung eines Zieles Bewegungen ,,yon sich fort" mit Anzeichen yon Einsicht nie ausgefiihrt (vgl. Harkenversuche, Riegelstol~en).

Ein anderes w~ire noch beim Vergleich h6herer und niederer Mfen zu erw~ihnen: das ist das Verhalten, bzw. die psyehische Einstellung der Tiere zum Mensehen. W~hrend bei einem Schimpansen oder einem Orang-Utang das Stadium verh~ltnismh~ig leicht zu erreichen sein mag, wo sich eine gewisse Vertraulichkeit des Tieres gegentiber Menschen, die sich t~glich mit ibm beschhftigen, herausbildet, sind die niederen Affen, und in erster Linie die Rhesusaffen, dauernd mil~trauisch und scheu. Ausschliefien mhchten wir dabei die ,,Zutrauenserfolge", die durch Dressuren und Zwangsmittel wohl auch bei l~hesusaffen erreichbar sein m6gen. Uns kommt es darauf an, die Psyche der ~mabgerichteten Tiere zu vergleichen. Es mag sein, dal3 die raschere Zutraulichkeit der Anthro- poiden nnd auch die Bereitwilligkeit, mit der k6rperliche Berfihrung geduldet oder gar yon den Tieren selbst herbeigeffihrt wird, auf Kosten ihrer hhheren Intelligenz zu setzen ist, die sie den homo sapiens nicht als Feind betraehten l~i~t. Einen undressierten Rhesusaffen anzufassen oder ihn zu streicheln, ist fast unm6glich; er ger~t sofort in Abwehr- ste]lung oder flieht. Wenn es auch dahingestellt bleiben mul~, ob diese Scheu und dieses Mi[.~trauen durchaus Ausdruck einer primitiver organi- sierten Psyche ist, so ist jedenfalls sieher, da~ sie das Experimentieren mit den Tieren erschwert und manche Erfolge beeintrhchtigt. Bei unse- rein Par ian erschien uns eine gr61~ere psychische BeeinfluBbarkeit durch den Menschen zu bestehen.

Wesentlicher als diese generellen Unterschiede der Affenarten er- schienen uns die individuellen Verschiedenlieiten der einzelnen Tiere, die sich gerade bei Inte]ligenzprfifungen bemerkbar maehen. In dieser tt:.nsicht khnflen wir z. B. durchaus behaupten, da[~ unser Rhesusaffe Beppo einer Anzahl yon Sehimpansen a.nderer Autoren sieher iiber- legen war, Steht es doch fest, dal~ solche weniger kluge Anthropoide die Aufgaben des Werkzeuggebranchs und Kistenbauens keineswegs gclhst haben, ebensowenig wie sie ohne weiteres manche Aufgaben 15sen,

Page 55: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

196 H. Nellmann und W. Trendelenburg:

die unser Rhesusaffe spielend bew$1tigte. Es sei beispielsweise auf die Aufgaben des Schnurdurchhangelns und der ttinderniskiste hingewiesen. Aus K6HLERS ~Arbeit kann man das zeitweilige oder dauernde Versagen mancher Sehimpansen dieser Aufgabe gegenfiber entnehmen. Often lassen miissen wir den Vergleich zwisehen h6heren und niederen Allen hinsicht- lich yon Aufgaben, die unseres Wissens bisher an hShere Allen noch nicht gestellt worden sind: es w~re z. B. noch zu untersuehen, wie die Auf- gaben mit der HandSffnung, mit der Tasche, mit der Drehscheibe, mit der Lauffingschnur, mit der unsiehtbaren Frucht bei einer Reihe von Anthropoiden ausfallen~ ob sie ebenso prompt und primer gel6st werden, wie yon unserem Rhesus. Jedenfalls haben wir Belege ffir ~hnliehe Leistungen h6herer und niederer Affen, die bei dem augenblicklichen Stand der Forsehung zugunsten der niederen sprechen mfissen, t i ler kann z .B . beim Rhesusaffen auf das konsequente ~Nichtgreifen nach Frfiehten, die etwas auBerhalb der Reichweite liegen, wie fiberhaupt das Unterlassen von hartn~ekig erfolglosen Bemfihungen hingewiesen werden.

Eine eigentliehe psychologische Ausdeutung des Tatsachenmaterials mSchten wit schon aus dem Grunde unterlassen, weft aueh bei den bisher ersehienenen Untersuchungen fiber Menschenaffen die Frage der psy- chologisehen Einordnung noeh viel umstri t ten Jstl).

Schlui~bemerkungen. Mit den vorausgegangenen Versuehsberichten miissen wir den experi-

mentellen Tell unserer Arbeit zuns absehliel~en. Wie schon ange- deutet, haben uns die ~ul~eren Verhi~ltnisse, besonders der in den ersten Oktobertagen an einer Darminfektion eingetreten e Tod des Rhesusaffen Beppo und das Eintreten des Winterwetters, zu einem vorl~ufigen Ab- sehlul~ der Arbeit gezwungen. Die Witterung machte auch die .Fort- setzung der Untersuchungen am Pavian unmSglich, da gerade bei ihm in Berficksiehtigung seines spielerisehen und oft unanfmerksamen Wesens ~Sl~te Geduld und Zeitaufwendung bei einer erspriel~lichen Beobachtung im Freien erstes Erfordernis ist. Auch ist es yon Interesse, die Versuehe sp~ter an dem herangewachsenen Tier wieder aufzunehmen. Einen zweiten Rhesusaffen v o n d e r Eignung und den F~ihigkeiten unseres Beppo zu bekommen~ an dem wit noch often gebliebene Fragen zu lSsen suchen wollen, mfissen wir der Zeit und dem Zufall fiberlassen; die nicht wenigen Rhesusaffen, die in jenen Monaten durch unsere Hand gingen, waren meist sehr scheu und unzug~nglich, oder vom Trans- port oder dutch bei der Ankunft schon bestehende chronische schwere Erkrankungen gesundheit]ich gesch~idigt.

Dennoch glauben wir den AbsehluI~ der Arbeit auch inhaltlieh recht- fertigen zu k6nnen, da sie manehes neue Tatsachenmaterial zur Frage

1) Vgl. die Arbeiten yon Bi?HL]~, ETTLINGER, KAFKA und SCHnEIDer.

Page 56: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur Intelligenzpriifung niederer Affen. 197

der Intelligenzleistungen niederer Atfen, insbesondere zu der ~rage der prim~ren Aufgabenl6sung bringt. Wie weit man in das in Angriff genommene Gebiet noeh fruehtbar und klgrend vordringen kann, miissen weitere Arbeiten zeigen. Jedenfalls m6chten wir daran festhalten, dab die Systemnaehbarn der Menschenaffen, obwohl sie nieht das gleiehe ehrenvolle Prgdikat tragen noeh verdienen, auch im Intelligenzgrad naehbarlieh neben die Anthropoiden gestellt warden diiffen.

Zusammenfassung der Ergebnisse. Vorliegende Untersuehungen geben einen Beitrag zur Intelligenz-

priifung niederer Alien und vergleichen die Ergebnisse mit den schon vorliegenden Versuehen an Anthropoiden. Als Methode wird vorwiegend die der prim~ren Aufgaben]6sung verwendet. Hierunter verstehen wir eine Aufgabenl6sung, die ganz ohne Mitwirken eines im Experiment geschaffenen Lernvorganges erfolgt. Lernvorg/~nge im vorausgegangenen UrwMdleben sind naturgem/~g nieht auszusehliegen. Aufgabenl6sung nach Vorausgehen eines im Experiment hervorgerufenen Lernvorganges, der durch Nachahmung, Versuch und I r r tum oder durch Passivbewegung bewirkt sein kann, wird als sekund/~re Aufgabenl6sung bezeichnet.

Die Versuehe werden vorwiegend an einem erwaehsenen dutch Auf- merksamkeit und ruhiges Verhalten besonders geeigneten Rhesusaffen ausgefiihrt, sowie an einem jiingeren Parian. Von den Ergebnissen sei zusammenfassend folgendes hervorgehoben, wobei wir vorwiegend den Rhesus beriicksichtigen.

Naeh einer vor dem Kiifig liegenden Frucht wird vom Rhesus nur gegri//en, wenn sie in Reichweite liegt. Das Tier hat dabei eine sehr siehere Entfernungsseh~tzung. Das gleiehe gilt fiir den Versuch des Kletterns oder Springens nach einer h~ingenden Frucht.

Ein zur Frucht hinzielender Faden wird nur ergriffen, were1 er auf �9 der Frucht liegt oder in sie eingekerbt ist. Diese beiden Ffi.lle warden rein optisch naeh dem Verhalten des Fadens zum Fruchtstiiek nicht unterschieden, sondern nur, were1 der Atfe. die Handhabungen des Ver- suehsleiters beobachten kann.

Ein harkeniihnliches Werkzeug wird nur dann benutzt, wenn die Frueht vom Allen aus gesehen in der Richtung vor dem Harkenbret tchen liegt. Eine planm~Bige Benutzung mit IIintergreifen und IIeranziehen findet bei dem Rhesusaffen nieht, bei einem jungen Par ian nur ange- deutet start.

Ein Kasten mit Klappdect:el wird riehtig an der auBen unkenntlichen Klappseite ge6ffnet, wenn er vor den Augen des Tieres um 90, 180 oder 360 o gedreht wird. Ein am Ka:sten befestigter Riegel wird nieht prim/~r gezogen, es bedarI zur L6sung dieser Aufgabe eines lgngeren Lern- vorganges. Aueh mehrere Riegel bereiten anfangs Schwierigkeiten, des-

Page 57: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

198 H. Neltmann und W. Trendelenburg:

gleichen die ,,spiegelbildliche" Anordnung zweier Riegel, d ie der Affe vorher zu ziehen gelernt hatte. Mit der Zeit werden auch drei Riegel ohne Stockung gezogen und der Kas t en richtig geSffnet.

I m Freik~ifig, in welchem eine Frucht hSngend befestigt wird, findet der Affe prim~re LSsungen der Aufgabe, indem er entweder das K~fig- dach aus Drahtmaschen erklet ter t und die Frucht selbst oder den Faden mi t der Frucht heraufzieht, oder, wenn die Frucht tiefer herabh~ingt, sie im Sprung vom Boden aus nimmt. Bemerkenswert ist dabei die fehlerlose Absch~tzung der Entfernung, die der Affe vornimmt und nach der er sich immer fiir die Wahl des sicheren Weges entscheidet.

Ein Umweg, der mit Hilfe einer Drahtmaschenwand und dazu recht- winkligen Drahtmaschentt ir hergestellt wird, wird yon dem Rhesusaffen �9 in folgerichtiger Weise zuriickgelegt; sein Verhalten unterscheidet sich merklich yon dem des Par ian, der die Umwegsituati0n nicht sofort durehschaut.

Ein Hindernis, das in Gestalt einer gr513eren Holz~'iste vor das K~fig- gitter und damit vor die durch das K~figgitter bequem erreiehbare Frucht gestellt wird, schiebt der Rhesusaffe ohne weiteres primer bei- seite; der Pavian braucht langcre Zeit, bis er die gleieh~ LSsung findet.

Eine aul~erhalb des K~ifigs befestigte Schn~r, die schr~ig geriehtet auf eine K~figecke zul~uft und an der eine Frucht unerreichbar ange- bunden ist, wird yon beiden Affen pr imer durch das K~figgitter hindurch. gehangelt, wodurch die daran angebundene Frucht al]m~hlich in Reich- weite gelangt. J~hnlich verhalten sieh die Tiere, wenn stat t der Schnur eine Stange verwendet wird, die ihren Angelpunkt an der K~ifigwand hat.

Wird ein Fruchtstiiclc an einer langen Schnur yore Beobachter nach einem best immten Punkt des K~figs immer wieder hingependelt, so begibt sich der Rhesus sofort an diesen Punkt, erwartet dort die Frucht und f~ingt sie ab.

Wird unter den einen yon zwei BlumentSp/en eine Frueht gelegt und werden diese T6pfe dann vor den Augen des Allen in der Horizontal- ebene umeinander verschoben (urn 180 oder 360~ so hebt der Rhesus stets den richtigen Topf auf, unter dem die Frucht ]iegt.

Eine Drehscheibe, die horizontal vor dem K~figgitter liegt und am gitterfernsten Punkt ihrer Peripherie ein Tellerchen mit einem Frucht- stfick tr~gt, wird y o n beiden Affen sofort riehtig gedreht, so dal~ die Frueht in Reiehweite gelangt.

Vor einem Spiegel hat sieh der.Rhesus im Wesentliehen so bendmmen, wie es yon hSheren Affen berichtet wird; er beschniiffelt und be~astet sein Spiegelbild und guckt darauf hinter d e n Spiegel, sichtlich um den Spiegelaffen zu suchen.

Eine Frucht, die am unerklet terbaren Dach in einen dort befestigten offenen Kasten so gelegt wird, dal~ der A/fe sie nicht mehr sieht, und

Page 58: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

Ein Beitrag zur InteUigenzprfifung niederer Allen. 199

yon der eine Schnur herabh~ngt, wird vom Allen pr imar durch Ziehen an dieser Schnur heruntergeholt.

Ein lgngeres Rohr aus Glas oder Metall, aus dessen Lumen mittels eines Stockes eine Frucht herausgestol~en werden soll, wird yon den Alien berochen und benagt, der Stock wird hie gehandhabt.

Wenn eine Frueht an einem Ring h~ngt, der seinerseits auf einer quer dutch den K~fig gespannten Schnur mittels einer zweiten, yore Ring herabhgngenden Schnur hin- und herbewegt werden kann, so finder der Rhesus nach ErschSpfung aller anderen 5ISglichkeiten die LSsung der Aufgabe, die darin besteht, den Ring mittels der Laufringschnur an die Stelle der Hauptsehnur zu ziehen, wo diese an der Drahtwand an- gebunden ist und wo der .~fe dureh Emporkle t tern an der Wand nun die Frucht erreiehen kann.

Ein Turnseil wird yon dem Rhesusaffen pr imer richtig dazu benutzt, sieh so welt in den K~figraum hineinzuschwingen, dab er eine yon der Dachmit te herabh~ingende Frucht gerade erreiehen kann.

Ob der Affe selbst~ndig eine leichte Holzkiste als Sc]~emel oder Spr~tng- brett unter eine am Dach aufgehgngte Frucht sehiebt, die ohne dies nieht erreiehbar ist, ist Gegenstand ]gngerer Untersuchungen gewesen. ~uBere Umstgnde haben nicht gestattet , diesen Versuch zu Ende zu ffihren. Wenn wir desh~lb nicht sagen k6nnen, daf~ unser Rhesus die Aufgabe gelSst habe, so kSnnen wir doch behaupten, dab er der LSsung sehr nahe gewesen ist. Bei diesem Kistenversueh improvisierte der Affe zwei selbstSndige L5sungen, die zwar yore Beobaehter nicht gefordert, aber so zweckmS[tig waren, dal~ sic glcichfatls als Intetligenzteistung im Sinne einer primiire~l AufgabenlSsung zu bewerten sind: erstens benutzte er spontan den zufallig giinstig stehenden Beobachter, um dureh Klet- tern auf seine Schulter die Frueht erreichen zu kSnnen; zweitens benutzte er einen zufi~llig ]osgeriegelten Fensterladen, um sieh auf diesem in die K~ifigmitte hineinzufahren und so die Frucht gerade zu erwischen.

Es l~I~t sich ~us unseren Versuchen der Sehlul~ ziehen, dab die anthropoiden Allen den niederen Affen im Werkzeuggebrauch unbe- dingt iiberlegen sind und dab sic such bei der Kistenverwendung Erfolge erzielten , die wir an niederen Affen nicht erreichen konnten . Dagegen br ingen wir abet andere Beispiele, in welchen der niedere Affe durchaus mit dem hSheren Schritt h~tlt und die Leistungen muncher Exemplare yon Menschenaffen zum mindesten erreieht (vgl. z. B. Versuche mit Faden: Turnseil , Hinderniskiste, Schnurdurchhangeln). Ferner bringen wir einige neue Aufgaben (z. B. Drehscheibe, Laufringschnur, Herunter- ziehen einer unsichtbaren Frueht), die an hShere Affen noch nieht ge- stelIt worden sind und fiir die unser Rhesus primgre LSsungen brachte.

Z. f. vergl. Physiologic Bd. 4. 14

Page 59: Ein Beitrag zur Intelligenzprüfung niederer Affen

2 0 0 H. Nel lmann und W. Trendelenburg : E in Beitrag zur Intell igenzprlifung usw.

Schriftefi~erzeichnis. Biihler, K.: Die geistige En twick lung des Kindes. J e n a : G. Fischer 1918. - -

Buytendi jk , F. J. ;I.: 1. Considerat ions de psychologie compar~e b. propos d 'ex- p~riences fai tes avec le singe cercopithecus. Axch. n@erland, de physiol, de l ' h o m m e et des anim. 5, 42--88. 1921. - - Ders.: 2. Exp@riences sur la fo rmat ion d 'hab i tudes chez les an imaux. Ams te rdam 1918. Ber icht darfiber: Arch: n6er- land. de physiol, de l ' h o m m e et des anim. 3, 597--692. 1919 von van Rynberk . - - Haggerty, M. E.: I m i t a t i o n in monkeys. Journ . of comp. neurol, a. psychol. 19, 337--455. 1909. - - Ders.: I m i t a t i o n and animal behavior . Journ . of philos., psychol, a n d scient, me thods 9, 265--272. 1912. - - Hamil ton, G. V.: A s tudy of t r ia l and error react ions in mammals . Journ . of an imal behav io r 1, 33--66. 1911. - - Hobhou, se, L. T.: Mind in evolution. 2. Aufl. London: Macmil lan and Co. 1915. - - de Jong, H.: l~echerches sur la fo rmat ion d'id~es chez le chien. Arch. n~erland, de physiol, de F h o m m e et des anim: 3, 491--527. 1919. - - Kalka, G.: Tierpsychologie. I-Iandb. d. vergl. Psychol. 1, 9--144. 1922. - - Kinna- man, A. J.: Mental life of two Macacus Rhesus monkeys in capt ivi ty . I und II . Amcric. j ou rn of psychol. 13, 98- -148 u. 173--218. 1902. - - K6hler, W.: 1. In- tel l igenzprfifungen an Menschenaffen. Berl in: Ju l ius Springer 1921. - - D e r ~ : 2. Methoden der psychologischen Forschung an Affen. Abderha ldens Handb . d. Methodik, Abt. VI, Teil D, H. l , Lief. 49. - - Ders.: 3. Zur Psychologic der Schimpansen. Psychol. Forsch. 1, 1--46. 1 9 2 1 . - Knaue r , F t . : Menschenaffen, ihr Frei- und Gefangenenleben. Dtsch. naturwiss . Ges. Leipzig: Thomas 1915. - - Piungst , 0 . : Zur Psychologic der Allen. Ber. fib. d. 5. Kongr. f. exp. Psychol. 1912. 200--203. - - Ders. : Vor t rag fiber einen solit~r aufgezogenen Affen, gehal ten a. d. Naturf . -Vers . I n n s b r u c k 1924. Ber. in Mitt. d. Ges. d. Naturf . u. J~rzte, 1. Nov. 1924. 49. - - Schneider, K. L.: Vorlesungen fiber Tierpsychologie. Leipzig: E n g e l m a n n 1909. - - Shepherd, W. T.: I. Some men ta l processes of the Rhesus monkey. Psychol. monography 12, ~[r. 5, 1--61. ]910. - - Ders.: 2. Tests on adap t ive intel l igence in dogs a n d cats, as compared wi th adap t ive intel l igence in Rhesus monkeys. Americ. journ, of psychol. '26, 211--216. 1915. - - Soko- lowsky, A.: Beobach tungen fiber die Psyche der Menschenaffen. F r a n k f u r t a. M. : Neuer Frankf . Verlag 1908. - - Thorndike, E. L.: 1. Animal intelligence. New York: Macmil lan Co. 1909. t~ef. in d. Zeitschr. L Psychol. u. Physiol. d. Sinnes- org. 63, 344--346. 1913. - - Ders.: 2. Animal intelligence, Expe r imen ta l studies. The an imal behavior series. New York: Macmil lan 1911. Ref. von W a s h b u r n in: Journ . of philos., psychol, and scient, methods 9, 193--198. 1912. - - v. Uex- kiill, ;I.: Umwel t und Innenwc l t der Tiere. 2. Aufl. Berl in: Ju l ius Springer 1921. Vgl. ErSr te rung a. d. Tagung d. physiol. Ges., Rostock 1925, bci Vor t rag Tren- delenburg. - - Watson, I. B. : 1. I m i t a t i o n in monkeys. Psychol. bull. 5, 169--178. 1908. - - Ders.: 2. Behavior . An In t rod ,mt ion to Compara t ive Ps:v-ehology. New York: H e n r y Hol t and Co (Copyright 19"14). - - Yerkes, It . M.: The Menta l Life of M6nkeys and Apes: A S tudy o f Idea t iona l Behavior , Behavior mono- graphs 8, 1. 1916, serial n u m b e r 12, 1--145. - - Ders. u. Learned; B. W.: Chim- panzee Intel l igence (and its vocal expressions). Bal t imore: The Will iams and Wilkins Comp. 1925.