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ECCE LIBER - die Gedichte des Grenzgängers - 1994 2019 Juli 2019 Dirk David

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ECCE LIBER

- die Gedichte des Grenzgängers -

1994 – 2019 Juli 2019

Dirk David

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 2 -

ECCE LIBER - die Skizzen des Grenzgängers ECCE LIBER Bd. 1: Theorie und Praxis

ECCE LIBER Bd. 2: Gedanken und Weisheiten ECCE LIBER Bd. 3: Abhandlungen und Gleichnisse ECCE LIBER Bd. 4: Schreiber und Buch ECCE LIBER Bd. 5: Grafiken und Tabellen ECCE LIBER - die Gedichte des Grenzgängers

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 3 -

Inhalt:

mein gedicht ......................................................................... 10

elastic heart .......................................................................... 11

zum Tode .............................................................................. 12

Kleiner Mann ......................................................................... 13

Wer? ..................................................................................... 14

Wechselwesen ...................................................................... 15

Rette mich!............................................................................ 16

im leben ................................................................................ 17

Schäfers Weile ...................................................................... 18

Der Mensch vergisst ............................................................. 19

Es bleibt dabei (Teil1) ........................................................... 20

Es bleibt dabei (Teil 2) .......................................................... 21

Es bleibt dabei (Teil 3) .......................................................... 22

Es bleibt dabei (Teil 4) .......................................................... 23

Konverter-Tier ....................................................................... 24

Glaube, Liebe, Hoffnung ....................................................... 25

Schicksal .............................................................................. 26

es täuscht ............................................................................. 27

Du riechst so gut ................................................................... 28

Frühling ................................................................................. 29

Leben .................................................................................... 30

Reiz ...................................................................................... 31

Du (1) .................................................................................... 32

Zuspruch ............................................................................... 33

Fragen .................................................................................. 34

Wirrungen ............................................................................. 35

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 4 -

Traum (1) .............................................................................. 36

Weihnachten naht… ............................................................. 37

Einsamkeit ............................................................................ 40

Traum (2) .............................................................................. 41

Haltung ................................................................................. 42

L I E B E ............................................................................... 43

Du (2) .................................................................................... 44

Entgegen (dafür) ................................................................... 45

Dafür (entgegen) ................................................................... 46

Leidenschaft ......................................................................... 47

Zeit ....................................................................................... 48

Zueignung ............................................................................. 49

Leere .................................................................................... 50

Verbindungsbrückendichtung ................................................ 51

Ohne Titel (4) ........................................................................ 52

Maxime ................................................................................. 53

Kind ...................................................................................... 54

Verlassen .............................................................................. 55

Warten (1) ............................................................................. 56

Angst .................................................................................... 57

Schönheit .............................................................................. 58

Nacht .................................................................................... 59

Geburtstagsgedicht ............................................................... 60

Überzeugungen .................................................................... 61

liebesLeben .......................................................................... 62

Zeilen .................................................................................... 63

Wanderung ........................................................................... 64

Schatten ............................................................................... 65

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 5 -

Hoffnung ............................................................................... 66

So ......................................................................................... 67

Unentschlossen .................................................................... 68

Verfehlung ............................................................................ 69

Sommertag ........................................................................... 70

Grenzenlos ........................................................................... 71

Flucht .................................................................................... 72

Fatum ................................................................................... 73

Stille ...................................................................................... 74

Hundeleben .......................................................................... 75

Noch ..................................................................................... 76

Glück .................................................................................... 77

Insel ...................................................................................... 78

Wohl ..................................................................................... 79

Sternengeflüster ................................................................... 80

Ode an den großen Stinker ................................................... 81

See ....................................................................................... 83

Tiere ..................................................................................... 84

Fahrt ..................................................................................... 86

Tod ....................................................................................... 87

Geborgenheit ........................................................................ 88

Weltenschmerz ..................................................................... 89

Jagd ...................................................................................... 90

Prüfung ................................................................................. 91

Entscheidung ........................................................................ 92

Bahnreise ............................................................................. 93

Dunkelheit ............................................................................. 95

Brie-Apps-Berg ..................................................................... 96

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 6 -

Eifersucht .............................................................................. 98

Narr....................................................................................... 99

Nachtigall ............................................................................ 100

Warten (2) ........................................................................... 101

Die große WiederUmkehr ................................................... 102

Schmerz ............................................................................. 104

Zeit-Kreis ............................................................................ 105

Mädchen ............................................................................. 106

Zimmer ............................................................................... 107

Liebesqual .......................................................................... 108

Erinnerungen ...................................................................... 109

Unvollendet ......................................................................... 110

ohne Titel (1) ....................................................................... 111

Weltenschlag (Kosmologiegedicht 1) .................................. 112

Des Lebens Güte ................................................................ 114

Wenn wir lieben... ............................................................... 115

Brief an mein Herz .............................................................. 117

Touring the Grenzgänger (Notizen einer Reise) .................. 118

In der Nacht (mit allen Sinnen) ............................................ 120

Elendig ................................................................................ 122

Chronos oder Kairos ........................................................... 123

Launen ................................................................................ 124

Vom Suchen und Entdecken ............................................... 125

Meine Zeilen... .................................................................... 126

Schmetterling ...................................................................... 127

Die Wahl der Qual ............................................................... 128

Warum Gott? ...................................................................... 129

Der Schäfer ......................................................................... 130

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 7 -

ICH ..................................................................................... 131

Semantik ............................................................................. 132

Mein Garten ........................................................................ 133

Sonne. Pool und Meer ........................................................ 134

LEBEN GEBEN .................................................................. 135

Dauerregen ......................................................................... 136

Zack, zack, zack ................................................................. 137

Federfelsen ......................................................................... 138

11 ....................................................................................... 139

Zurück ................................................................................. 140

meine träume ...................................................................... 141

endlich ................................................................................ 142

Bestand. ............................................................................. 143

leben. .................................................................................. 144

Wider und Wieder ............................................................... 145

Neun Monate ...................................................................... 146

Ein Gefühl! .......................................................................... 148

Du ....................................................................................... 149

ohne Titel (3) ....................................................................... 150

Die Wickelkommode ........................................................... 151

leere Leere.......................................................................... 152

09 ....................................................................................... 153

ohne Titel (2) ....................................................................... 154

wicht dicht GE licht sicht ..................................................... 155

Irgendwie Entropie (Kosmologiegedicht 2) .......................... 156

warten (3) ........................................................................... 157

der mensch allein ................................................................ 158

Heroin ................................................................................. 159

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 8 -

VerGehen ........................................................................... 162

Sternengriff (Kosmologiegedicht 3) ..................................... 163

Ich sitze vor dem Internet .................................................... 164

gefügig ................................................................................ 166

so (a) .................................................................................. 167

so (b) .................................................................................. 168

100 Gedichte ...................................................................... 169

Lied ..................................................................................... 170

Seele .................................................................................. 171

Pendel ................................................................................ 172

Und... .................................................................................. 173

Wehmut .............................................................................. 174

Fensterscheiben ................................................................. 175

Stimmungen ........................................................................ 176

Herbst ................................................................................. 177

Macher-Land ....................................................................... 178

Krumm ................................................................................ 179

ECCE LIBER ...................................................................... 180

Gründe ................................................................................ 181

Ablenkung ........................................................................... 182

Religionen ........................................................................... 183

Relation .............................................................................. 185

Persönlichkeit ..................................................................... 187

Versuchung ......................................................................... 188

Getrenntverbindung ............................................................ 189

Leb wohl! ............................................................................ 190

Musik .................................................................................. 192

Auf Wiedersehen! ............................................................... 193

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 9 -

Begehren ............................................................................ 194

Über die Jahre .................................................................... 195

Betrug ................................................................................. 196

Was das Leben ist! ............................................................. 197

Punkte... ............................................................................. 199

Der aufgeklärte Mensch ...................................................... 200

Beständigkeit ...................................................................... 201

Der allgemeine Mensch ...................................................... 202

Der müde Mensch ............................................................... 203

Dein Lachen ........................................................................ 204

Mit HotSpot ......................................................................... 205

Der perfekte Mensch ........................................................... 206

Der verliebte Mensch .......................................................... 207

Augen-Blicke ....................................................................... 208

Kosmologiegedicht 4 ........................................................... 209

In der Kneipe ...................................................................... 210

Freitod ................................................................................ 211

Einfach Liebe (in liebe mit dir) ............................................. 212

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 10 -

mein gedicht

mein gedicht

so fein

so rein

so klein

ganz mein

mein gedicht

verwischt

in augenzarte zeichen

in ohrenschmeichelnd beichten

in fingerfeine füße

in mündersame süße

mein Gedicht erlischt

--

einfach

--

so

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 11 -

elastic heart

Von allen klein- und großen Sinnen

- wohin wir GEHEN -

befreit,

bleibt STEHEN

die Beschaulichkeit.

Befreit von allen Sinnen

ist wirklich Alles zähes Rinnen.

Befreit von allem Sinn

gehn wir dahin.

Befreit.

Bereit.

Leid.

Weit.

So weit,

meine Beschaulichkeit...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 12 -

zum Tode

Versuchen Mühen Erleiden Ringen,

wie mag es gelingen?

Alles nur Scherben?

In ruhe Gelassen werden!

Ist‘s auch zerronnen,

ich habe gewonnen!

War dabei bis zum Schluss!

Kuss!

Dem Leben ergeben.

Schweben.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 13 -

Kleiner Mann

Kleiner Mann, wie sieht's bei dir aus?

geht es dir gut? bedrückt dich was?

magst du denn überhaupt da raus

aus deinem warmen wohlig Nass?

Deine Füßchen schon mal treten

und die Fäuste heftig tollen

tust du Mamis Bäuchlein kneten

statt dich richtig rum zu rollen

Kleiner Mann, wir freuen uns sehr

dass du nun zu uns kommen magst

noch sind unsere Arme leer

so lange noch bis du es wagst

Unsere Gene sind dein Grund

doch bist noch völlig unbemalt

wir zeichnen dir dein Leben bunt

bis es dir ganz von selber strahlt

Kleiner Mann, wie steht es bei dir?

das Warten fällt uns gar nicht leicht

in ein paar Wochen bist du hier

dann hast du unser Licht erreicht

Du bist des Lebens größter Schwur

als alter Code total genial

du höchste Krone der Natur

der Erden-Schöpfung ihr Fanal

Kleiner Mann, die Welt sie wartet

voller Stolz auf dich Entdecker

bis dein Mühen endlich startet

sehn wir schützend auf den Wecker...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 14 -

Wer?

Wer teilt das Leid mit mir?

Wer hilft mir tragen?

Keine Verdrängung.

Keine Ablenkung.

Wer hilft mir tragen?

Wer teilt das Leid mit mir?

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 15 -

Wechselwesen

Und also trug es sich zu

das der Grenzgänger

Pfeil und Bogen eintauschte

gegen Schild und Zaun

und sich fortan nannte:

„Der Schäfer“.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 16 -

Rette mich!

Du sitzt neben mir

spielst mit deinem Haar

und ich verbrenne

Du läufst vor mir her

mit deinem Körper

und ich verbrenne

Du stehst neben mir

mit deinen Worten

und ich verbrenne

Du isst und trinkst mit mir

mit deiner Nähe

und ich verbrenne

Du fährst neben mir

mit deinen Liedern

und ich verbrenne

Du gehst hinter mir

mit deinem Lachen

und ich verbrenne

Du liegst neben mir

in Gedanken

und ich verbrenne

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 17 -

im leben

Diese Beschränktheit in der Zeit, im Raum, im Denken...,

diese Unfähigkeit das Große und Ganze in seiner Gesamtheit erfassen zu können,

das einfach nicht in der Lage dazu sein....

und dabei diese Endlichkeit des Lebens Schönheit

erleiden zu dürfen,

stets das Vergehen vor Augen habend,

kurz: Aus einem Ozean voller Freude nur kosten zu dürfen

und dann auf immer gehen zu müssen,

das ist mein täglich während großer Schmerz!

- doch ich trage gern und schwer...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 18 -

Schäfers Weile

Des Schäfers Heimat ist die Lichtung

rings um ihn, 360 Grad, die „Richtung“.

Was dem Grenzer strebt entgegen

ist des Schäfers tollstes Leben.

Alle sind ihm untertan

ihn wirft nichts aus seiner Bahn

denn diese ja ist gar nicht existent

der Schäfer nur die Wiese kennt.

Allein er lebt im Jetzt und Hier

die Tageskrone ist ein Bier

und manchmal muss er herzlich lachen

denn Schäfchen machen lustig Sachen!

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 19 -

Der Mensch vergisst

Der Mensch vergisst

das ist die List

die die Natur einst angelegt

damit ihr Versuch stets weitergeht.

So ist denn alles rings Verblassen

Leben, Sterben, Lieben, Hassen

stets aufs Neue der Mensch sich findet

und sich an sich selber bindet...

Kleinlich bleibt er, müd und fad

plappert den lieben langen Tag

glaubt an irgendwelche Götter

liebt große Gesten, kleine Spötter.

Huldigt seinen Emotionen

der Moment soll ihn belohnen

Brot und Spiele für die Massen

Macht und Luxus für die Klassen.

Mit Adrenalin und anderen Drogen

wird er so wunderbar belogen

lenkt sich ab und will dies auch

das Denken ist ihm enger Schlauch.

Der Mensch vergisst

das ist die List

die die Natur einst angelegt

damit er nie zu(m) Grunde geht.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 20 -

Es bleibt dabei (Teil1)

wenn man für nichts wirklich brennen will

langsam geht, gelassen ist und freudsam still

nur schaut wie alles ringsum strebt

alle Wahrheit stets am Menschlein klebt

ihn ahnt, den hellen dunklen Kern

Alpha-Omega so nah, so fern

ALLES ABLENKUNG UND MIR ZU WIDER!

- senke meine Augenlider...

bis es endet

alles blendet

nichts mehr wagen

besser tragen

erkannt

enttarnt

Welt

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 21 -

Es bleibt dabei (Teil 2)

Mir geht es immer ums Ver-Stehen

der Welt jedoch ums Weiter-Gehen

ist diese auch von mir erkannt

bin ich zum Scheitern doch verdammt

denn sie dreht sich einfach weiter

wirft um mir meine kleine Leiter

es interessiert sie nicht einmal

es ist ihr einfach sch***egal.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 22 -

Es bleibt dabei (Teil 3)

was steht

vergeht, verweht

wird bewegt

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 23 -

Es bleibt dabei (Teil 4)

Es bleibt dabei:

Der Versuch, der Welt Bestand abzuringen,

muss mein Sinn sein.

Im Denken wie im Handeln, im Kleinen wie im Großen.

Ein Scheitern daran ist konsequent.

Welt:

Ich halte dich schon aus!

Denn nur:

Im Mühen der Welt Bestand zu verleihen

liegt das Gewahrwerden

(der Veränderung)

selbiger.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 24 -

Konverter-Tier

Kennst du das Konverter-Tier?

Steckt es wohl gerade grad in dir?

Ein Fuchs zum Beispiel fraß die Maus,

da kam der Wolf und Fuchs war aus.

Der Wolf dabei die Maus nie sah,

der Fuchs somit Konverter war!

Gleich nimmst auch du was auf

im Lebenslauf,

es in dir ist,

sein Fähnchen hisst.

Hast Gold und Kröte mitgeschluckt,

nur weil Konverter lieb geguckt!

Gestern Nacht erschien es mir,

mein lieb Konverter-Tier,

nach ein paar Bier,

voll von Gier,

zehn vor vier,

war‘s hier.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 25 -

Menschen, die über einen längeren Zeitraum eine Passion haben, sind mir suspekt. Ich beneide sie.

Glaube, Liebe, Hoffnung

ich glaube ich liebe ich hoffe

das Ergebnis, das Ziel immer unkonkret

irgendwo unbestimmt in der Zukunft liegend nicht selber in der Hand habend

im Kleinen, im Alltag

unterhaltsam, nützlich sozial

im Großen, im Sinn

ablenkend, irreführend unsozial

Ausdruck von

Abhängigkeit und Schwäche von Dummheit und Ignoranz

vom Prinzip her

lebensausweichend lebensverachtend

Was sind Glaube Liebe

Hoffnung?

Halt. Antrieb. Falsche Sinnstifter. Leichte und schnelle Antworten in einer unbestimmten Welt.

Überlebensstrategieunterstützer der Herde.

Der Preis? Das schöne Leben.

Dein Leben.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 26 -

Schicksal

Starke Naturen wählen den Weg als Ziel.

Bestimmt durch den Zufall

prallen ihre Wege aufeinander.

Hammer und Amboss; Schicksal ---

Sie erkennen sich - unausweichlich,

sind überströmend vor Zweisamkeit,

unerschöpflich in der Kraft, im Willen;

überglücklich, der Einsamkeit Leid entsprungen zu sein,

überwissend, der Einsamkeit Stärke nachgegeben zu haben.

- Wohlwollend -

Sie atmen sich ein, nehmen auf,

nehmen einander auf,

nehmen und geben;

überzufrieden vor reinem Glück,

übertraurig vor ehrlichem Wissen.

- Wohlwollend -

Sie spielen und kämpfen,

reiben sich gegen - reiben sich miteinander,

im Kreis der Entblößung, der Verkleidung.

Starke Naturen wählen den Weg als Ziel.

Bestimmt durch die Notwendigkeit

gleiten ihre Wege auseinander.

Hammer und Amboss; Schicksal ---

- Wohlwollend -

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 27 -

es täuscht

ein jedes Ding hat seine Zeit

warten, warten - es ist soweit

meist allein, manchmal zu zweit

warten, warten - es ist so weit

mal mit Freude, mal mit Leid

warten, warten - es ist so weit

mal hoch, mal tief, mal schmal, mal breit

warten, warten - es ist so weit

ein Gedicht mit ohne Heiterkeit

warten, warten - es ist soweit

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 28 -

Du riechst so gut

Du riechst so gut,

will mich in dir vergraben.

Duftest, strömst - trotz heißer Glut,

möcht' ich dich ohne Abstand haben.

Du bist so voller Interesse,

das was du sagst und wie.

Springst direkt mir in mein Herz,

gleich wundersamer Melodie.

So überlegt, doch herzenswarm,

tief möcht ich in dich hinein.

Schaust unabwendbar für mich aus,

schließ dich nun weg in meinem Schrein...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 29 -

Frühling

Ich laufe in dich hinein, dir entgegen. Nur geben muss man wollen, immer neu sich überwinden,

immer wieder neu empfinden! Ich sauge dich ein, atme deine Luft; diese satte und doch so seichte Luft;

angefüllt mit Erinnerungen. Jeder winzigste Lufthauch eine große Erinnerung,

und zugleich eine noch größere Hoffnung. Hoffnung auf Befriedigung -

Hoffnung auf neue Nahrung - Gier nach Leben...

Du wirfst dich mir entgegen, nimmst mich auf.

Nur nehmen muss man wollen, immer wieder neu empfinden, immer neu sich überwinden!

Ich spüre deine Kraft, Inbegriff der Macht; diese starke und doch so sanfte Kraft deiner Strahlen;

oh, wie ich sie liebe, wie ich sie vermisst habe. Aller Trübsal verfliegt,

du erhebst zu großen Hoffnungen. Hoffnung auf ewige Veränderung -

Hoffnung auf kurzes Glück - Gier nach Leben...

Wir werden eins, ich bin du, du bist ich.

Nur wollen muss man wollen, immer wieder neu empfinden, immer wieder neu-es finden!

Ich umgarne deine Farben mit meinen Blicken; dieses frische Grün, dieses leuchtende Blau;

wieder und wieder beginnt die Ewigkeit. Der Kreislauf schließt sich,

jede Knospe, jeder Blick zum Himmel eine Hoffnung. Hoffnung auf weniger -

Hoffnung auf mehr - Gier nach Leben...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 30 -

Leben

erschließen

bewusst vorerschließen

bewusst nacherschließen

bewusst beschließen

triebhaft erschließen

triebhaft leben

erschließend leben

empfinden

triebhaft vorfinden

triebhaft nachempfinden

triebhaft befinden

bewusst empfinden

bewusst leben

empfindend leben

mensch sein

beschließend erschließen

befindend empfinden

erschließend empfinden

empfindend erschließen

empfindend und erschließend leben

bewusst und triebhaft leben

- denken –

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 31 -

Reiz

Klar der Blick frech, erwartend

ohne Resignation, ohne Arglist traurig oder glücklich

niemals falsch, niemals wertend immer nur neugierig, selten verschlossen.

Sinnlich der Mund gierig, erwartend

ohne Schroffheit, ohne Routine lächelnd oder schmollend

niemals verbissen, niemals arrogant immer nur leise, selten fragend.

Samtweich die Haut

sich öffnend, erwartend ohne Zeit, ohne Erfahrung

sich gebend oder sich verwehrend niemals willig, niemals widerwillig

immer nur haltend, selten fordernd.

Lasziv der Gang anstößig, erwartend

ohne Angst, ohne Rücksicht naiv oder aufreizend

niemals endgültig, niemals absolut immer nur provokativ, selten graziös.

Rein der Gedanke

erfrischend, erwartend ohne Weisheit, ohne Dummheit

entweder - oder niemals bewusst, niemals eindeutig

immer hoffend, selten klagend.

- Unschuld der Jugend -

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 32 -

Du (1)

Wie ist mir ohne dich, wie ist mir mit dir? Ich weiß es nicht!

Du fehlst so sehr und bist doch ständig da, verwirrst mich vollendend - alles wird klar.

Warum nur? Ich kann es nicht sagen - muss mich wohl immer weiter wagen.

Muss mich in deine Welt begeben, um das: „So ist mir“, zu erstreben.

Bleibt‘s Liebe oder wird sie zum Gewicht? Ich brauche Hilfe, ein Zeichen, ein Licht!

Wie ist dir ohne mich, wie ist dir mit mir?

Das weiß ich noch weniger als nicht! Zu gerne würde ich einmal tief in dich blicken,

doch viel lieber noch lass ich mich von dir erquicken. Das Dunkel deiner Klarheit, es bringt mich fast um,

doch dein Blick, deine Lippen - sie machen mich stumm. Du bist so verschlossen und doch so weit offen, was darf ich mir noch Gutes von dir erhoffen?

Was weißt du? Wie weit geht deine Leidenschaft? Bist du Licht, so gib mir die nötige Kraft!

Wie ist uns ohne dich, wie ist uns ohne mich?

Das weiß ich zu sagen: Es gäbe uns nicht! Darum ist‘s egal, was d‘raus wird, egal wie uns ist, voran, immer weiter - wir sind, was du und ich bist.

Nur im Gehen des Weges liegt sein eigentliches Ziel, der schönen Momente dabei gibt es unzählig viel.

Solange wir noch nicht mit uns - in uns - stehen bleiben, sich unsere Körper, Geister aneinander reiben -

solange wirst du, solange werd‘ ich leben, solange können wir uns unsagbar viel geben!

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 33 -

Zuspruch

Liebe gefunden,

Liebe erhalten

- hab‘ mich lange geschunden,

ging durch viele Gewalten.

Nun herrscht die Empfindung,

die Vernunft flieht von dannen.

Bin endlich in „Bindung“,

kann die Trübsal verbannen.

Den Stolz verloren,

des Denkens beraubt

- wurde wieder neu geboren,

hab‘ in lichte Höhen geschaut.

Nun herrscht die Gefahr,

der Einsamkeit Stärke flieht von dannen.

Nichts ist mehr ganz klar,

jedoch: Liebe kann ich nicht verbannen!

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 34 -

Fragen

Wohin soll ich mit welchen Emotionen?

Wo ist der Maßstab für diese Relationen?

Bist du nur Akzidens, nur Substanz

oder gar das Ende vom: „Mehr!“?

Ich weiß es nicht, doch dass du Maßstab bist,

das hoffe ich für mich sehr!

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 35 -

Wirrungen

L-iebe?

L-IEBE!

L-iebe ich Dich!

I-ch liebe Dich?

E-igne ich Mich!

B-itte liebe Mich?

E-WIG!?

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 36 -

Traum (1)

langes Haar, blau(e) Augen - Blick, Geruch(s)-Duft

Knochen Busen Po Bauch Beine Hände Scham

temporäre Distanz (stetig?) - örtliche Distanz (gut?)

ruhige Ekstase - ekstatische Ruhe, VerTriebNunft

GROSSE[S] Liebe-s[ding] !? / Liebe Et-was?!

Versehnung --- Erfluchung --- Ver-Ge-wöhnung

(k)ein (da)nach? (wo)nach? Angst! Hoffnung!

Entwicklung Schönheit Inhalt Form Dummheit?

Sinnliche(r) Kitsch - Tiefe LiebesDeutungen

Bett Telefon Haus Auto Briefe Geld notwendig

Eigenarten Körper(kontrolle) -Akzeptanz!?

Ver((ein)ge)ständnis (Eltern?)

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 37 -

Weihnachten naht…

… und ich hänge fest.

Weiß nicht weiter.

Komm‘ nicht weg.

Nicht vor-, nicht rück-, nicht seitwärts…

So hoch der Druck,

so schwer die Last.

Ich komm‘ nicht weg.

Ich blute langsam aus…

Rausch

Entzug

Rausch

Entzug

Rausch

Entzug

Rausch

Entzug

Entzug!

Entzug…

Wie soll das gehen?

Wie enden? - ohne Anfang…

>>>

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 38 -

Wenn es heilen könnte,

kommst DU:

als Balsam,

als Salz.

Werfe mich dann in jede Möglichkeit

deiner Nähe.

Bohre genüsslich die Wunde tiefer und weiter auf

- bis mein Herz in Gänze offen vor mir liegt…

Mal um mal schlägt es wohl schwerer…

Aber für was?

FÜR WAS?

Und dann?

Bist du weg!

Bist du einfach so weg…

… und während ich falle

verschwimmst du

vor meinen Augen,

löst dich auf

in meiner Zeit

und spülst dich doch in jede Zelle meines Körpers.

>>>

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 39 -

… bleibst selbst noch in der Ferne fragmentarisch abrufbar,

gerad‘ immer so, dass es mein krankes Hirn mir nährt,

die Wunde offen hält,

es weiter lähmt und schmerzt und reißt…

Zwanghaft suche, wüte, wühle ich…,

labe mich an jeder Information.

Wie schlimm… wie schlimm…

im Netz…

Ich hänge fest.

Stets sag‘ ich mir:

Probier‘ den Anfang

das nächste Mal!

Riskier den Anfang!

- das nächste Mal…

Ich hänge fest!

Ich hänge fest…

Ich komm‘ an dir nicht weiter…

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- 40 -

Einsamkeit

So still in mir -

in Gedanken nur bei dir.

So leer in mir -

in Gedanken nur bei dir.

MEIN HERZ SCHMERZT!

Tiefe Sehnsucht in mir -

in Gedanken nur bei dir.

Tiefes Leiden in mir -

in Gedanken nur bei dir.

MEIN HERZ SCHMERZT!

Zärtliche Berührungen, geflüsterte Worte von dir -

ich vermisse es unsagbar bei mir.

Inniges Ineinander, geistige Verschmelzung mit dir -

ich vermisse es unsagbar bei mir.

MEIN HERZ SCHMERZT UNSAGBAR SEHR!

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- 41 -

Traum (2)

Liebe die Liebe wie den Tag und die Nacht,

sie allein ist‘s, die über dein Leben wacht.

Sie hebt dich empor und stößt dich hernieder,

ist Kraft der Bewegung - wieder und wieder.

Liebe die Liebe wie eine Ewigkeit,

sie allein dich von der Daseins-Qual befreit.

Sie verhilft dir zur Ruhe, verhilft dir zur Rast,

lässt dich genießen - weit ohne jegliche Last.

Liebe die Liebe wie einen guten, ehrwürdigen Wein,

in der Ruhe verändert er sich, um geschmackvoll zu sein.

Dieses Rätsel zu lösen - versuche es nie,

es wäre der Untergang der Harmonie.

Ich liebe dich so, wie ich die Liebe liebe,

du bist Stein aus Granit und Stahl in der Schmiede.

Du bist fließende Zeit, beständiger Raum,

bist Harmonie, bist wahrgewordener Traum.

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- 42 -

Haltung

Des Lebens Weh bin ich mir so bewusst,

suche ich noch jede Lust…

Des Lebens Weh bin ich mir so bewusst,

meide ich doch jede Lust…

Denn:

Was ich fand am Rand

war Wand, Bestand,

- kein neues Land…

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- 43 -

L I E B E

verstehen - was man nicht verstehen kann

musik in der haut - duftende namen

erklärungen einfordern - die keine sein können

aneinandergereihte augenblicke ohne sinn

raum - der immer auch zu weit ist

hinabsteigen in tiefen ungeahnter weltlichkeit

licht durch schatten - nähe durch distanz

nicht denken wollen - immer mehr wollen

herausragender schmerz des glückes

zärtlicher sein als die eigene phantasie

trunkenheit der sinne - wohlwollende gütige blicke

ständiges warten auf perfekte gelegenheiten

sehnsucht - erinnerungen - lachen - leiden - - Mensch sein

feuchtes lächeln - sprechende augen

empfindungen in jeder pore - wunderschöne wärme

berührungen - die worte sind - worte - die berührungen sind

gerne abhängig sein in seiner freiheit

du - als wirksamste droge gegen den alltag

lustverschmelzung der geheimnisse

innige vertrautheit von schönen neuen

zeit - fließende ewigkeit von zu kurzer dauer

atmende nacht - harrender tag

sprache - die nur stammelt

der sieg der musik über die vernunft

genommene angst bei jedem sich verstehen

Kein Mensch, der nicht weiß, was gemeint!

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- 44 -

Du (2)

Alles Denken will zu dir -

eine Forderung, die einzuhalten nicht geht!

Das Ich, es wird zum wilden Stier,

das Leben bist du, nichts Vorheriges mehr steht!

Und doch bist du nur Frau und ich bloß Mann,

ich zerstöre mich durch dich, weil ich es kann!

Meine einzige wahre Bedeutung, das bist nun du,

will mit aller Erfahrung in Geist und Körper von dir kriechen.

Ein Immer sollst du für mich werden - eine ewig‘ Ruh‘,

auch wenn dies ist mein Untergang, besser denn als siechen.

Denn ich bin bloß Mann und du bist nur Weib,

stell‘ zur Schau an dir meine Eitelkeit!

Du nimmst gefangen, kann der Leidenschaft nicht entkommen,

Angst vor Enttäuschung, Neid, Eifersucht fressen mich auf.

Aber auch nie gekannte Gipfel hab‘ ich erklommen

- eine Stunde mit dir... - was nehm‘ ich nicht dafür in Kauf!?

Ich Männlein, du Weiblein - jenes gerade ist es ja...

Ich liebe dich. Jetzt, hier - egal die Zukunft, egal das: „Es war“!

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- 45 -

Entgegen (dafür)

Ein Wunder gleich, dass ich noch bin

zieh‘n alle Tage auch so hin

dergleichen viele sind im Schluss

erst, weil ich sie erkämpfen muss!

Entgegen Kirche, Religion und Glauben

all der Hässlichkeiten Hauben

Entgegen Technik, Dummheit und Gewalt

all deren Sinnlichkeiten Halt

Entgegen Beliebig-, und -langlosigkeiten

Geschwätz und Süchten und Krankheiten

Entgegen Handlungen die dem Lebensunterhalte dienen

Entgegen Pflichten und Routinen die den Alltag schienen

Entgegen dem Zerfall und dem Vergehen

dem in der Mitte der leeren Leere Stehen

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- 46 -

Dafür (entgegen)

Dafür Momente, Augenblicke nur, Sekunden

die das Schöne mit der Lust verbunden

halten gegen das Vergehen und die Leere

wiegen auf den Schmerz der Schwere

halten gegen all die dunklen Stunden

indem sie sich stets neu erfunden

entgegen allen alten Wunden

beständig weiter, weiter

dafür

geschunden

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- 47 -

Leidenschaft

Am Leben leiden, man verlernt es schnell,

allzu rasch ist es und ebenso zu grell.

Am Lieben leiden, man tut es nicht kund,

allzu schnell ist es und ebenso zu bunt.

Man weicht aus - stellt sich keinerlei Fragen,

Leidenschaft kann sich nicht selber tragen.

Der Mensch, welcher nicht vermag zu leiden,

diesen werden Glück als auch Stärke meiden.

Der Mensch, welcher sein Schicksal nicht erträgt,

diesen werden straffe Fesseln angelegt.

Man lenkt sich ab - hört keinerlei Klagen,

Leidenschaft kann sich nicht selber tragen.

Die Leidenschaft ist, was uns menschlich nennt,

allzu oft man sie weit aus dem Leben drängt.

Die Leidenschaft ist, was uns werden lässt,

allzu oft hält man sie nicht genügend fest.

Und doch, es gibt sie - die etwas wagen,

Menschen die es vermögen, zu tragen.

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- 48 -

Zeit

Hier sitz‘ ich - zähle all‘ die vielen Stunden,

hier sitz‘ ich - ertrage all‘ meine Wunden.

Mühsam bette ich mein Haupt zur Ruh‘,

denk‘ an dich und mach‘ die Äuglein zu.

Hier sitz‘ ich - dämm‘re leidend vor mich hin,

hier sitz‘ ich - taste schwankend nach mehr Sinn.

Mühsam bette ich mein Haupt zur Ruh‘,

denk‘ an dich und mach‘ die Äuglein zu.

Hier sitz‘ ich - weiß nicht, was Kann, was Soll,

hier sitz‘ ich - bin benommen, bin toll.

Mühsam bette ich mein Haupt zur Ruh‘,

denk‘ an dich und mach‘ die Äuglein zu.

Hier sitz‘ ich - schreibe dies‘ Gedicht,

hier sitz‘ ich - alles wird Gewicht.

Mühsam bette ich mein Haupt zur Ruh‘,

denk‘ an dich und mach‘ die Äuglein zu.

Ich bin bei dir - wann waren sie noch, die langen Stunden?

Ich bin bei dir - wo waren sie noch, die vielen Wunden?

Freudsam bette ich mein Haupt, neben deiniges zur Ruh‘!

Dich in den Armen haltend, mach‘ ich meine Äuglein zu!

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- 49 -

Zueignung

18 Jahr‘ - eines konnt‘ ich teilen,

zu gerne würd‘ ich ewig weilen.

Dich mit Gold aufzuwiegen ist wahrlich vergebens,

ich suchte und suche dich noch, Zeit meines Lebens.

Für mich bist du von unschätzbarem Wert,

dich hergeben zu müssen - das entehrt.

Jahr und Tag - sie zieh‘n vorüber,

was bleibt, ist das Gewesene.

Doch die Zeit macht nicht nur klüger,

sie nimmt auch das Erlesene.

Dich zu vergöttern ist wahrlich nicht vermessen,

beständig schwebst du durch mein ewig Vergessen.

Erhellst mir mein Gemüt mit jedem Wort,

tust Gutes, auch durch Böses - immerfort.

Haus und Hof - sie kommen und gehen,

von Dauer sind nur die Gedanken.

Bleibt die Erde im Kleinen auch steh‘n,

im Großen kennt sie keine Schranken.

Dich nur möglich zu nennen ist wahrlich verhüllend,

Wünsche in der Phantasie sind immer erfüllend.

Lange Zeit warst du mir nicht gegeben,

warst nur Illusion - nun bist du Leben.

Schatz und Engel - vereint im schönsten Traum

- jenes bist du für mich!

Relativ - in der Zeit, im Raum

- darum liebe ich dich!

Die Synthesis von Substanz und Idee in einer realen Fiktion,

dass es so etwas Wunderbares gibt, das hoffte ich schon.

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- 50 -

Leere

Mein Herz - so grau,

mein Kopf - so flau...

Der Himmel dunkle Bilder weint,

und schwere Wolken mich durchzieh‘n.

Bin leidend nur mit mir geeint;

die Zeit - sie friert, lässt mich nicht flieh‘n.

Komm her! Und still mir mein Gemüt

- tu es mit deiner warmen Haut,

damit mein Blut mir wieder blüht,

damit mein Hirn mir nicht mehr graut.

Doch zu weit weg ist deine Nähe...

- und so bleibt mein Herz mir schwer im Geiste hängen.

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- 51 -

Verbindungsbrückendichtung

Ein paar Reime müssen her,

jenes fällt mir gar nicht schwer,

liest man bereits die ersten Zeilen,

denn keine Mühsal will ich meiden,

fortzuführen, was ich einst begann,

nimmt es Gestalt schon langsam an,

gleichwohl ein Wort das nächste jagt,

dieses Gedicht es nimmer wagt,

mit seinem Zwecke rauszurücken,

es lebt von seinen Deutungstücken,

die da bringen den Gewinn,

liegt im Schreiben gar sein Sinn?

Und so füllt sich dieses Blatt Papier,

indem du es liest, bin ich bei dir!

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- 52 -

Ohne Titel (4)

so weit

der Schmerz, er bleibt

--

die Welt ist dunkel dunkel ist die Welt

das Licht es bricht zerfällt

- das Wir zerfällt

zerbricht das Ich

die Welt ist dunkel dunkel ist die Welt

--

die Sehnsucht bleibt

so weit

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- 53 -

Maxime

Dem Leben ganz und gar ergeben -

auf guten - wie auf schlechten Wegen,

in der Freude - gleichsam in der Not

das soll sein: Mein oberstes Gebot!

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- 54 -

Kind

Kind wird man aufgrund der Empfindung

- aber was ist schon nicht Triebhaft?

Kind werden heißt Fatum

- aber auch Schicksale wollen geliebt werden.

Kind werden ist Nichts.

Kind ist man von Natur aus

- aber was ist schon das Paradies?

Kind sein heißt Unschuld

- aber auch diese will getragen werden.

Kind sein ist unerträglich leicht.

Kind bleibt man aufgrund der Vernunft

- aber was ist schon nicht Bewusstseinswürdig?

Kind bleiben heißt Arbeit

- aber auch Paradoxe wollen verhöhnt werden.

Kind bleiben ist fast schon eine Unmöglichkeit...

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- 55 -

Verlassen

WARUM?

Und Nichts...

Danach?

Und Nichts...

Weiter?

Und Nichts...

Fragen?

Und Nichts...

Suchen?

Und Nichts...

Und immer Nichts...

Und nichts weiter?

Und immer Weiter?

Und Weiter...

WEITER!

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- 56 -

Warten (1)

Nichts Lohnendes ringsum in Sicht,

selbst die Natur - so trist, so fad,

der Blick schon an sich selber bricht,

und ohne Ziel des Fußes Tat.

Kein Buch, kein Stift, kein Blatt Papier,

gar das Gedächtnis ist nur Stein,

welch eine Qual das Jetzt und Hier,

allein die Hoffnung ist noch mein.

Ganz langsam fließt die Zeit dahin,

zähe Leere will nicht weichen,

unendlich schwer ist aller Sinn,

ein Gedanke würd‘ schon reichen.

Kein Wein, kein Rauch, kein gutes Lied,

- wo sind die Drogen für die Nacht?

Bin selber es, der vor mir flieht,

mein Freund der Schatten hämisch lacht!

„Oh, Zeit - vergeh!“, so schreit‘s hinaus,

denn diese Lust kennt keine Stille,

„Muss weg von Allem! Muss hier raus!“

- „Muss warten noch!“, mahnt leis der Wille.

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- 57 -

Angst

zögernder Schritt - hallende Stille

endloser Fall - wehrloser Wille

zitternde Hand - brüchiges Morgen

schwärzestes Nichts - brennende Sorgen

trockener Mund - krampfendes Lächeln

schweigendes Wort - schnürendes Hecheln

irrender Blick - drückende Enge

sinnloses Jetzt - ekelnde Menge

spannendes Ohr - schmerzende Räume

nervender Ton - tötende Träume

schwitzende Haut - tragisches Denken

dauernde Nacht - zweifelndes Lenken

rasendes Blut - heimliches Lästern

einsames Selbst - nutzloses Gestern

lähmender Geist - panisches Leben

reißende Zeit - manisches Streben

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- 58 -

Schönheit

Das Holz als Baum

- empfindsam, unauffallend,

Schönheit im Natürlichen

- positiv, warm, innen.

Der Baum als Linie

- bedeutsam, abhebend,

Schönheit in der Kunst

- relativ, vermittelnd.

Die Linie als Kreis

- bewusstsam, auffallend,

Schönheit im Abstrakten

- fiktiv, kalt, außen.

Zusammen: Einfachheit, Klarheit, Liebenswürdig,

auch: Schwer, Verworren, Todbringend,

aber immer: Gut im Grundsatz.

Form oder Inhalt

- vollkommen im Und der Kunst,

Empfindsam oder Bewusstsam

- vollkommen im Bedenken der Kunst,

Selten oder Kurzweilig

- vollkommen in der Ewigkeit der Kunst.

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- 59 -

Nacht

Der Atem geht schwer in drückender Luft,

lautes Gebälk will leis‘ auf mich fallen,

der Boden teilt sich zur endlosen Kluft,

die Wände um mich scheinen zu wallen.

[Und draußen stürmt es dunkel...]

Eisige Fratzen springen auf‘s Kissen,

zwängen sich schmerzend in Kopf und Magen,

unnütz zur Stunde ist all mein Wissen,

einzig mein Wille lässt mich nicht klagen.

[Und leise sterben die Tränen...]

Ewig schon lieg‘ ich, die Augen offen,

das Laken getränkt mit frostigem Schweiß,

nun naht der Morgen und ich darf hoffen,

der Sonne Strahl verjagt das Seeleneis.

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- 60 -

Geburtstagsgedicht

Dein Geburtstag jährt sich heute, alle kommen nur zu dir,

sieh nur all die vielen Leute - freuen sich, sind gerne hier!

Was ganz besond‘res musst du sein, die Natur schmückt sich mit Farben,

ein jeder macht sich für dich fein, keiner zeigt hier seine Narben!

Die Sonne scheint mit ganzer Kraft, taucht ein den Himmel - macht ihn blau,

hat nur für dich es heut‘ geschafft, ganz abzustellen alles Grau!

Gerad‘ genug ist mir das Beste,

um es dir zu überreichen, tue kund auf deinem Feste:

„Soll das Glück dir niemals weichen!“ Auch Gesundheit immer dar,

und ein langes, langes Leben, sollen werden für dich wahr,

- leider kann ich‘s dir nicht geben. Hab‘ überlegt, was mir am meisten wert,

was dir ewig kann im Herzen weilen, will schenken dir, was dich denn bestens ehrt:

Ich schenke dir die meinigen Zeilen!

Der Schampus fließt, die Lieder klingen, selbst die Sterne funkeln extra hell, ein jeder will ‚nen Toast ausbringen,

die Zeit - sie vergeht heut‘ viel zu schnell! Diese Nacht gehört nur dir allein, nichts soll dir dein Lächeln trüben,

hebt hoch eu‘re Gläser, schwingt das Bein, auf! ihr Lahmen; auf! ihr Müden.

Und wenn dann doch der Morgen graut, und alle Gäste sind hinfort,

wenn einer nur noch zu dir schaut, dann träum dich an den schönsten Ort...

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- 61 -

Überzeugungen

Der Mensch ist selten ganz alleine,

doch wozu hat er seine Beine,

die ihm erlauben wegzugehen,

um für sich selber nur zu stehen.

Weg von allen Menschen, allen Dingen,

sollte er vorerst in sich eindringen,

sollte denken, schöpfen, zeichnen, dichten,

anstatt über anderes zu richten.

Schnell würde er sein Ja und Nein verlieren,

all seine Zweifel müssten nun regieren,

die Milde täte Einzug halten,

die Weisheit würde gütig walten.

Drum nehmt die Beine in die Hand

und macht euch mit euch selbst bekannt!

Wählt ab und an die Einsamkeit

und macht euch für euch selbst bereit!

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- 62 -

liebesLeben

Manchmal, ganz selten, für einen kurzen Augenblick nur...

bin ich ganz, ganz dicht dran an dir, du Leben...

Wir umarmen, wir lieben uns.

.... - in meiner großkleinen, feinen Einbildung.

Egal.

Manchmal braucht der Grenzgänger

das Licht in all seinen Farben.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 63 -

Zeilen

Zeilen

meiden

die beeilen

Zeilen

teilen

welche weilen

Zeilen

schneiden

und erleiden

Zeilen

weiden

wenn sie heilen

Zeilen

reiben

die verkleiden

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- 64 -

Wanderung

Das Leben - betrachtet als eine Reise,

gleicht oftmals es nur einer schmalen Schneise,

die ringsum das Dunkel kaum erahnen lässt,

hält man den Horizont mit beiden Augen fest.

Doch wie bekannt verschiebt sich der von Schritt zu Schritt,

nimmt so das letzte Glück auf seinen Fluchtweg mit,

das Menschenkind läuft immer hinterdrein,

wird stetig mit sich unzufrieden sein.

Kein letztes Ziel! Kein großes Licht!

Das WANDERN selbst ist von Gewicht!

Um Breschen in das Grün zu schlagen,

aus dem heraus Gedanken ragen.

So ist denn alles Denken auch nur Lichtung,

umhüllt vom Dunkeln kennt es nicht DIE Richtung,

alles Gerade, alles Starre uns nur scheint,

nach dem Gehen das Dickicht sich auf‘s neue eint.

AM Leben bleiben und es zu bedenken,

wird all unsere Schritte quer oft lenken,

am Ende steht nicht das: „Ich weiß!“,

am Ende steht der alte, neue Kreis!

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- 65 -

Schatten

Mein Freund der Schatten ist gar schändlich,

kriecht leis‘ auf dem Fensterbrett entlang,

flüstert böse: So spring‘ doch endlich!

Milde lächelnd nur schau‘ ich ihn an...

Sag‘ zu ihm fordernd: Mach dich hinfort!

Bist Schmarotzer nur vom Lampenlicht!

Schalte ich es aus, bist du bloß Wort,

- und die Einsamkeit würd‘ mir zur Pflicht...

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- 66 -

Hoffnung

Ein Tag - so schön, so licht, so rein,

ein Tag - an dem sich alles geben will.

Ein Tag - so gut, so mild, so fein,

dass jeder Augenblick steht für mich still.

Ein Tag - so voller Kraft und Pracht,

ein Tag - der vollends sich vor mir enthüllt.

Ein Tag - der nur für mich gemacht,

der alles ringsum mit Liebe erfüllt.

Solch Tag erst macht die Zeit vollkommen,

der Tag - der alle hat erklommen

- der alles Werden hat erschlossen

- der selbst das Gehen noch genossen.

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- 67 -

So

Des Feuers Leben ist nährender Hauch.

So liebe ich...

Der Erde Leben ist labender Quell.

So liebe ich...

Der Lüfte Leben ist himmlischer Strahl.

So liebe ich...

Des Wassers Leben ist haltender Grund.

So liebe ich...

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- 68 -

Unentschlossen

unentschlossen - oder ja

unentschlossen - Zeit verrinnt

unentschlossen - falsch und wahr

unentschlossen - eins gewinnt

unentschlossen - Zweifel nagt

unentschlossen - Trägheit grämt

unentschlossen - Wissen plagt

unentschlossen - Arbeit lähmt

unentschlossen - oder nein

unentschlossen - Zeit verrinnt

unentschlossen - Nichts und Sein

unentschlossen - keins gewinnt

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- 69 -

Verfehlung

Du begrenzt dein Denken

- spezialisierst es, reduzierst es.

Du erjagst nicht mehr das Ganze

- die dich erschaffene Natur.

Du verlorst die Horizonte deiner Kindheit

- durch Neid, durch zu frühe Verantwortung.

Du hast dich blenden lassen

- falsche Wertvorstellungen sind dir zu eigen.

Du begrenzt dein Denken

- verfällst dem Wahn der Machbarkeit.

Du erkennst nicht das rechte Maß

- wie solltest du auch!

Du zweifelst fast nie

- die Zwischentöne sind dir fremd.

Du setzt die Muße der Faulheit gleich

- und weißt nichts mit ihr anzufangen.

Du begrenzt dein Denken

- weißt du, was Denken ist?

Du bist ein gebundener Geist

- oder sollte man sagen ein toter?

Du hältst dem Leben nicht mehr die Treue

- Maschinen und Medien sind deine Herren.

Du erschaffst dich nicht mehr selber

- dein ungenannter Gott heißt „Technik“.

Du tätest mir leid, wenn es von Nutzen wäre.

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- 70 -

Sommertag

Mit dir in der großen Garten-Schaukel liegend

in den blauen Himmel sehen

Flugzeuge betrachten

wie sie dort hoch oben

ihre weißen Streifen ziehen

hin und her

Sonnenstrahlen auf meiner Haut

deine Augen leuchten mich frech an

du singst ein Lied

ich kitzle dich

du krabbelst auf mir wild herum

hin und her

wir lachen

du fragst mich etwas

ich erkläre es dir

ein Schmetterling tanzt

über unseren Nasen schöner Blumenduft

hin und her

Mama ruft zu Kaffee und Kuchen…

Ach so schön sind Hier und Jetzt!

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- 71 -

Grenzenlos

grenzenloser Spaß

Spiel als Ablenkung

grenzenlose Information

Denken als Wissensansammlung

grenzenlose Leistung

Arbeit als Selbstentfremdung

grenzenloser Mut

Extreme als Normalität

grenzenlose Kulturen

Mannigfaltigkeit als Einerlei

grenzenlose Mobilität

Veränderung als Imperativ

grenzenlose Kunst

Kultur als Betrieb

grenzenlose Freizeit

Muße als Faulheit

grenzenlose Fitness

Gesundheit als Wahn

grenzenlose Schönheit

Relation als Ideal

grenzenlose Kommunikation

Worte als Konvention

grenzenlose Machbarkeit

Beschränkung als Rückschritt

grenzenlose Freiheit

Zweck als Mittel

...

grenzenlose Menschheit

grenzenloser Niedergang

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- 72 -

Flucht

Narrenzeit - helau, helau,

einmal sich verkleiden,

einmal jemand anders sein,

einmal nichts vermeiden.

Narrenzeit - helau, helau,

einmal alles machen,

einmal jemand anders sein,

einmal auf nichts wachen.

Narrenzeit - helau, helau,

einmal an nichts denken,

einmal jemand anders sein,

einmal sich verschenken...

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- 73 -

Fatum

Und so bricht es mir das Herz,

doch mag es mir nur brechen,

und so rächt es sich mit Schmerz,

doch mag es sich nur rächen:

Dort hinweg geht‘s allemal,

glaub‘ schon lange keiner Wahl!

Denn so spür‘ ich all den Tod,

doch mag ich ihn nur spüren,

denn so führt mich all die Not,

doch mag sie mich nur führen:

Dort hinweg geht‘s allemal,

glaub‘ schon lange keiner Wahl!

Und so weine ich ganz leis‘,

denn wer will schon, was ich weiß,

und so lache ich ganz still,

denn wer weiß schon, was ich will:

Dort hinweg geht‘s allemal,

muss gut leben mit der Qual!

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- 74 -

Stille

Ganz leis‘ verführt der Sternenglanz,

Stille - hat sich rar gemacht,

ganz leis‘ umgarnt der Düfte Tanz,

Stille - unser Schlaf bewacht.

Ganz leis‘ so ruht der tiefe See,

Stille - ist kaum mehr gefragt,

ganz leis‘ so fällt der erste Schnee,

Stille - unser Leid beklagt.

Ganz leis‘ gebärt man die Gedanken,

Stille - wird zu oft verhöhnt,

ganz leis‘ verliert man seine Schranken,

Stille - unser Ohr verwöhnt.

Ganz leis‘ so fließt zumeist das Leben,

führt den großen Reigen an,

ganz leis‘ so sollte man sich geben,

lausche, wer noch lauschen kann!

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- 75 -

Hundeleben

Das Hundedasein ist gar schändlich,

auf immer muss er Sklave sein,

doch letztlich ist sein Leben endlich,

der Tod nur bringt ihm Würde ein.

Zum Haustier ist der Mensch verkommen,

hat selber sich als Hund genommen!

Ganz Puppe taumelt er ins Leere,

sind erst die Götzen ihm entzogen,

als ob das Werden Leiter wäre,

hat immer er sich stets betrogen.

Mal kläfft, mal bettelt er im Leben,

hat längst verlernt, sich scheu zu geben!

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- 76 -

Noch

Noch gehe ich mit Würde,

noch kriech‘ ich nicht am Boden,

noch nehm‘ ich jede Hürde,

noch trag‘ den Kopf ich oben.

Noch stehe ich, noch fall‘ ich nicht.

Noch bau‘ ich neue Brücken,

noch halten meine Stege,

noch brauch‘ ich keine Krücken,

noch such‘ ich andre Wege.

Noch stehe ich, noch fall‘ ich nicht.

Noch fliegen die Gedanken,

noch lass‘ ich Schweres schweben,

noch brech‘ ich alle Schranken,

noch habe ich zu geben.

Noch stehe ich, noch fall‘ ich nicht.

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 77 -

Glück

Jahre des Mühens und des Ringens,

Jahre des Suchens und des Zweifelns,

verbinden sich in einem Augenblick der feuchten Augen,

entladen sich in einer alles reinigenden Eruption,

verdichten sich in einer einzigen Sekunde der höchsten Lust,

potenzieren sich in einem alles ausfüllenden Gefühl.

Auch dafür lebt man wohl!

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- 78 -

Insel

der rauen Realität entflohen

auf einer einsamen Insel geträumt

für einander da sein, Geborgenheit und Wärme gebend

fern ab von allen Besserwissern

von allen Dummköpfen

schützender Sand, wohlwollende Wellen

klingende Luft, wärmender Strahl - betörendes Grün

selbst die Tiere sind hier weise

im Einklang mit der Natur - mit uns

vollkommene Harmonie

kommst du Schatz? ja Liebling!

lass uns ein wenig das Leben genießen

lass uns unsere Zweisamkeit feiern

lass mich dir Wein und köstlich‘ Speise sein

lass mich auch aus dir werden, was ich bin

kein Böses findet hier Zuflucht

das Denken siegt über alle Gegensätze

erhabene Gefühle wehen durch unsere Herzen

die Vögel besingen die Liebe

die Sterne tanzen einen Reigen

Was braucht der Mensch schon wirklich zum Glück?

Unsere Insel - das sind WIR!

plötzlich dunkle Wolken aus dem Nichts

fremde Schiffe mit kalten Gesellen

du winkst - sie ziehen weiter

Glück gehabt

Gib acht auf unsere Insel!

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- 79 -

Wohl

wann hat das warum gewonnen

wie wertvoll ist uns kunst ist geld

wann ist der mensch zum tier verkommen

wie die natur zur technik gestellt

was ist der letzte grund des seins

wem glückt es wahr von falsch zu scheiden

was von den welten ist meins ist deins

wem sei es vergönnt kämpfe zu meiden

wer legt fest was gut ist was schlecht

wen bestraft man mit welcher strenge

wer bestimmt welches handeln gerecht

wen nennt man freigeist wen teil der menge

wo kommt die zeit her wo der raum

wessen glück gilt uns als richtig

wo ist die weisheit nicht nur ein traum

wessen leid ist inwiefern wichtig

warum wohl etwas lebt

warum der mensch wohl ist

warum wohl alles strebt

warum wohl mensch du bist

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- 80 -

Sternengeflüster

Einen einzigen Moment sei ALLES Leben dir vergönnt!

Einen vagen Augenblick fließt ALLES Sein in dir zurück!

Würdest vieles neu ertasten,

würdest vieles anders tun!

Würdest wohl kaum eher rasten,

würdest wohl kaum früher ruh‘n,

bis du die Sterne hast erhört,

bis du die Götzen hast zerstört!

Mensch! bedenke, wie du handelst!

Töricht du auf Erden wandelst!

Sieh‘, was wahre Größe ist!

Werde endlich, der du bist!

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- 81 -

Ode an den großen Stinker

Du warst immer für uns da

Tag für Tag und Jahr um Jahr

warst leise zwar und doch stets munter

schlucktest vieles einfach runter

immer hilfsbereit, wenn‘s wirklich brannte

und jeder aus dem Zimmer rannte

stets bereit für große Sachen

bei denen mir verging das Lachen.

Nur einmal, da hast du enttäuscht

als mir schon die Hände (von was eigentlich?) feucht

Mama weg, die Kinder schrien

keine Möglichkeit zu flieh‘n

in dir drinn die Billigvariante ich erfasste

- ein paar Cent gespart, wie ich das hasste -

klemmtest du, die Tüte riss

ach, was war das für‘n Geschi**…

Doch messen lassen kann sich an dir fast keiner

du warst ein wahrhaft frequentierter Eimer

warst unser bestes Mittel der Optionen

konnten dich nie wirklich schonen

deswegen hier die kleine „Pseudo-Ode“

Ehr‘ deinem Platze bei der Kommode

und selbst wenn Papa mal verreiste

du hattest immer deine Sch****

>>>

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- 82 -

So rufe ich dir dennoch zu:

Bitte, lass uns nun in Ruh!

Weiche fort von diesem Ort

komm nie wieder zu uns nieder!

Keine Träne

keine Häme

keinen Winker

- alter Stinker!

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- 83 -

See

Umarmt von alten elementen

schreite ich barfüßig auf sandiger linie,

fundstücke und wandernde spuren

vor gänzlich entzückten augen habend:

Sehnende möwenschreie

durchschneiden salziges rauschen

zauselnde gedanken formen sich

inmitten einer stürmenden brise,

immerwährender wellenschlag GEHT

im ewigen spiel der gezeiten

brodelndes vergehen WIRD

auf unendlichem naß,

glutroter feuerball

verzehrt sich am flachen horizont

beschenkt die sinnlichkeit

mit betörendem verlangen.

Ich bin an der see!

Verstehe die spuren, verstehe die möwen...

Ich bin an der see!

Verstehe die wellen, verstehe die sonne...

DOCH:

Gibt es wirklich neue Ufer?

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- 84 -

Tiere

Ein Mensch der will und jenes auch noch weiß,

ein Mensch der geraden Schrittes geht,

ein Mensch der immer laut ist und nie leis‘,

solch Mensch sich über mich erhebt!

Rasch gehe ich die Büchse holen,

um zu erlegen diesen Tropf,

hat er mir doch die Freud‘ gestohlen,

- ist doch nur Tier in seinem Kopf!

Fast alles nehme ich in Kauf,

ertrage vieles, seh‘ nicht hin,

doch drängt er mir sein Leben auf,

bringt mich noch um mit seinem Sinn!

Immer kennt er einen Grund,

hat stetig Ziele vor den Augen,

jedes Ding malt er sich bunt,

nimmt sich nur Menschen, die was "taugen"!

Streben, streben, hasten, hasten,

selbst die Erholung wird zum Soll,

nur im Geiste tut er fasten,

hat ja den Kopf mit Zahlen voll!

Schätzt die Natur als Attraktion,

betet doch die Technik an,

Denken ist ihm nur Funktion,

alles macht er, was er kann!

>>>

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- 85 -

Feste Ansichten - die sind sein Brot

- doch diese haben Affen auch,

Überzeugungen – trotz jeder Not...

Hoch lebe ihm sein eigner Brauch!

Dreht sich nicht um, schaut nie zum Rand,

Recht und Regeln sind sein Schwert,

nennt Konvention sein fruchtbar Land,

freier Geist wird zu geteert!

Kennt nicht Muße oder Stille,

jedwede Tiefe ist ihm fremd,

Oberfläche will sein Wille,

Medienmeinung heißt sein Hemd!

Muss mich schützen vor der Larve,

muss bewahren mir mein Maß,

wenn ich wache, wenn ich schlafe

- viel zu schnell werd ich sein Aas!

Rasch nehme ich ihn ins Visier,

ein Knall – es zuckt der Bösewicht!

Doch nein – er grinst, das zähe Tier,

Gedichte töten leider nicht!

Ach – es werden immer mehr,

bewerfen mich mit ihrem Glück,

doch ich trage gern und schwer,

stolz fange ich noch jedes Stück!

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- 86 -

Fahrt

Mit meinen Augen tiefsten Schmerz

der Leben Nacht in mir geeint,

klar, ganz klar ist mir dein Sinn:

Zerstöre falsche Offenheit!

Durchschaue alle Heiterkeiten

- Vermittlung strebt dem Narr zuwider,

klar, ganz klar ist mir mein Sinn:

Gehöre einer toten Zeit!

Rausch der Küsse aus Berechnung

aufgesetztes Wissen blüht,

klar, ganz klar ist mir der Sinn:

Betöre noch das letzte Leid!

Kann nicht reden, will es nicht

viel zu viel steht schon geschrieben,

klar, ganz klar – es gibt kein Sinn:

Beschwöre dunkle Einsamkeit!

Ich rase durch die Angst der Nacht,

des Lebens Wahn mich wohl bewacht!

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- 87 -

Tod

Wenn die Hülle nur noch Qual

nicht mehr willig, müd‘ und krank,

wenn der Geist im dunklen Tal

nicht mehr Freude kennt noch Dank,

wenn das Dasein nur noch Dämmern,

wenn der Blick erstarrt im Leid,

wenn die Schmerzen endlos hämmern,

dann liegt im Abschied Leichtigkeit!

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- 88 -

Geborgenheit

Des Morgens lieg‘ ich unter unsrer Decke - alle Sorgen sind weit weg,

zwei mal zwei Meter Geborgenheit wehren erfolgreich jeden Gedanken ab.

Weiche anschmiegsame Haut wird eines mit den einfallenden wohligen Sonnenstrahlen,

mit dem erwachenden Gesang der Vögel. Vorfreude auf ein ausgedehntes Frühstück

breitet sich langsam und genüsslich aus - aber noch ist Zeit, unendlich viel Zeit,

welche nur wir uns teilen werden!

Unsre Decke gestaltet den Moment so einfach! Zwei mal zwei Meter Glück – das ist gesichertes Gebiet,

ist wünschenswerte Ewigkeit, ist Jetzt und Hier ganz ohne Angst!

Nur du und ich – so, wie wir wirklich sind, vertraut bis in die kleinste Regung, hebt sie uns auf ganz ohne Worte.

Rekeln, strecken – liegt jedes Körperteil bequem? Was für eine große Aufgabe!

Fast scheint es so, als könne man das Wachstum der Haare beobachten!

Unsre Decke – das ist unser Unser, behütet uns vor Schmutz und Kälte!

Bin ich allein, so schenkt sie mir doch dich!

- durch ihren Duft, - durch ihr Vorhandensein!

Sind wir geeint, gibt sie mir meine Ruhe

- und verschafft die Gewissheit, dass ich sie nimmer

genug zu schätzen weiß!

Wer wohl heute Frühstück macht...?

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- 89 -

Weltenschmerz

Den Weltenschmerz in mir geeint

geh ich stolz noch in der Not,

hab' noch nie mein Leid beweint

- bin ein schweres, letztes Lot.

Muss konzentrieren meine Kraft,

darf mich nicht nach Zwecken richten,

muss verbergen, was geschafft,

will mich nicht an Mitteln schlichten.

Darf nicht jeden Preis bezahlen,

bewahre mir den meinen Grund,

muss mit Dornen ihn bemalen,

auf das ich werde niemals bunt.

Muss täuschen, tricksen, mich verbergen,

nie und nimmer werd' ich weichen,

Höflichkeit hält ab die Schergen,

lasse mir den Neid nicht reichen.

Darf nicht euer Leben führen,

will nicht haben euren Sinn,

muss mein Sein mir selber schüren,

muss doch werden, der ich bin.

Und geh ich unter, so mit Würde,

grinsend wird mich niemand sehn,

der Tod - des Lebens konsequente Hürde,

aufrecht will ich mit ihm geh'n.

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- 90 -

Jagd

Grau die Zeit

und Augen trüb

seh' das Leid

doch Hatz macht müd.

Grau das Sein

und Ohren taub

hör' den Keim

doch ist schon Laub.

Grau die Welt

und Füße lahm

such' als Held

doch bin im Wahn.

Grau der Geist

und Stimme bricht

weiß, was beißt

doch täuscht das Licht.

Grau das Hier

und Hände schwer

hab' dich Tier

doch Lauf ist leer.

Grau das Blut

und rot der Wald

fühl' die Wut

doch sie verhallt.

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- 91 -

Prüfung

Mensch bin ich schon lang nicht mehr

- muss mich zähmen, das ist schwer.

Des Wissens satt, des Denkens leer

- muss zur Prüfung, das ist schwer.

Bin ganz müd' und ohne Kraft,

doch kurze Zeit noch muss ich ringen,

dann endlich, endlich ist's geschafft,

- will es gut zu Ende bringen.

Doch mehr als Hoffnung wag' ich nicht,

kann die Zukunft ja nicht lesen,

das Jetzt und Hier ist nur Gewicht,

- doch bald schon ist es nur gewesen...

Ob man wohl besteht?

Obwohl man aufrecht geht!

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- 92 -

Entscheidung

Rasend schnell die Welt sich dreht,

angepeitscht durch Geld und Macht,

kalter Wind durch Herzen weht,

zynisch nur der Mensch noch lacht.

Dabeisein oder untergehn,

jenes ist die große Wahl,

niemand kann dazwischen stehn,

es gibt nur Spitze oder Tal.

Entscheiden muss auch ich mich nun,

doch alles sträubt sich mir entgegen,

will menschlich sein in meinem Tun,

- werd' denkend mich am Hang ablegen.

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- 93 -

Bahnreise

Ich seh' dem Gleise hinterher

- endlos Stahl und ohne Schluss,

liegt es müde, trägt es schwer,

von fremder Hand bestimmt im Fluss.

Unter Schienen liegt das Bett,

sieht nie zur Seite, nur gerad'aus,

kahl an sich - vom Müll nur fett,

ist es den Schwellen ihr Zuhaus.

Jene eine folgt der andern,

kennt nur die Welt vom Weitersagen,

wenn es Nacht wird, geht sie wandern,

doch bleibt ihr Traum ans Gleis geschlagen.

Schätzt sie noch ihr hölzern Ahn?

Weiß sie um Himmel, gar vom Meer?

Ihr Schicksal ist der Schienenbahn

und in der Masse wiegt's nicht schwer!

Über Flüsse, Täler, steile Hänge,

durch laute Städte, grüne Stille

winden sich die beiden Stränge

- jeder ist des andern Wille.

>>>

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- 94 -

Gleißend harren sie dem Zug,

der Schwelle über, doch voll Leid,

denn jeder Bahnhof nimmt den Mut

auf Einsam- oder Zweisamkeit!

Doch da im Grünen - ganz vergessen,

schimmert eine rostig Spur,

will sich an langen Zügen messen,

wartet auf die große Tour!

Ahnt nicht den täglich Kampf der Großen

gegen Dreck und schwere Last,

muss sich nicht an Kahlheit stoßen,

und sehnt sich noch nach Bahnhofs-Hast!

Die Züge erst - doch hier hört's auf,

bin für heute angekommen,

bestimme selber meinen Lauf,

hab' mich selber mitgenommen.

Bin weder Bett noch Binde-Stück

- dann schon eher rostig Stahl,

doch ohne Hast und Linien-Glück

und immer auch mit einer Wahl!

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- 95 -

Dunkelheit

Der Glanz deiner Augen weist mir den Weg durch die Menge

und der Duft deiner Haare führt mich durch endlosen Raum!

Der Klang deines Schrittes weist mir den Gang aus der Enge

und die Wärme deiner Haut führt mich aus bösem Traum!

Der Geschmack deiner Küsse bestimmt mir mein Ziel

Dein Dasein ist Feuer - ist fast schon zu viel!

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- 96 -

Brie-Apps-Berg

Etwas schaffen mit der Hand,

ein Versteck soll's sein zum Denken,

Erde satt auf flachem Land,

um das herum sich Zeiten lenken.

Ist schon alt - der gute Hügel,

der da harrt an grauer Mauer,

schon als Kind gab er mir Flügel,

schenk' seinem Namen wieder Dauer.

Erde hochgekarrt und gut,

fühle meinen Körper wieder,

Sonne senkt mit ihrer Glut,

wuchte Steine auf und nieder.

Große Brocken - alt, mit Moos,

keine glatten, keine leichten,

lassen Boden kaum mehr los,

ihnen kann man Schweres beichten.

Schienen-Eisen eingetrieben,

starkes Weidenholz geschlagen

- nun kann die Hand am Lauf sich schmiegen,

kann jeder seinen Aufstieg wagen.

Am Abhang noch ein stählern Zaun,

- fest verankert mit dem Grund,

vom In-der-Zeit-Sein rostig braun

tut er von seinem Meister kund.

>>>

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- 97 -

Vier Stufen führen schon empor,

hinein ins Grün - ganz eng, ganz dicht,

Natur bewacht ihr eig'nesTor,

selbst die Schatten sind hier Licht.

Holunder, Haselnuss und Rosen,

wehren jeder Großstadthast,

nur der Wind, der darf hier tosen,

nur der Himmel ist hier Last.

Oben blickt man über Flur,

Gedanken springen in die Weiten,

rechts gräbt der Bach die seine Spur,

auf ihm alte Träume gleiten.

Manchmal hört man Blätter raunen,

von vergang'nen Liebesstunden,

als die Sterne waren Daunen,

lindert er noch alte Wunden.

Genug für heute ist geschafft,

überlasse ihn den Ranken,

gab und gibt er mir doch Kraft,

wollt‘ ihm doch nur mal Danken!

Unscheinbar? – doch nicht für mich!

Winzig klein? – ich seh‘ ihn groß!

- unabdingbar wesentlich,

feste Inseln sind mein Los!

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- 98 -

Eifersucht

Frage, die ungestellt bleiben sollte

- könnt' ich nur machen, was ich doch wollte!

Neugier, die ungestillt bleiben sollte

- könnt' ich verstehen, was ich doch wollte!

Kontrolle, die wissentlich tödlich ist,

hat heute mein Herz nur selten vermisst!

Im Innern trag ich das schneidende Feuer

- mein langsam wachsendes Ungeheuer!

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- 99 -

Narr

Des Denkers Werkzeug ist die Dichtung,

sie entbehrt der geraden Richtung!

Des Denkers Form ist die des Narren,

er vermag es auszuharren!

Nur Narr, nur Dichter - so sein Sein,

das Hakenschlagen macht ihn klein!

Nur Narr, nur Dichter – so sein Los,

im Verstellen wirklich groß...

Ein Los, das so er nie gewählt,

doch lieber Maske, denn gequält!

Ein Sein, das so er nie gesucht,

doch lieber Narr sein, denn verflucht!

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- 100 -

Nachtigall

Oh Nachtigall, du holde

besingst so schön den Abend.

Mit klaren Tönen in die Dunkelheit!?

So grau dein Kleid, so bunt ist deine Stimme.

Fast möchte man dir Antwort geben,

- wenn man nur verstehen könnte,

was dir an dunklen Wolken liegt?

- wenn man doch nur Tier wäre!

Doch Fragen dürften dich kaum interessieren.

Ist das dein Reiz, deine Überlegenheit?

Du singst für dich allein - so scheint's.

Frohen Mutes in die schwarze Nacht?

Oder verhält es sich gänzlich anders?

Besingst du gar den nächsten Morgen?

Ist's die Freude auf den ersten Sonnenstrahl?

So möcht' ich gerne einstimmen

in deinen betörenden Gesang!

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- 101 -

Warten (2)

Ich stehe am Fenster und warte auf die wehenden Haare,

trinke die Reste und rauche...

Alte Lieder stiften Wärme...

Hat sie einen schönen Tag?

Meiner gerade ist bescheiden!

Lacht sie gerade in die Sonne?

Traurigkeit zeichnet mir mein Antlitz!

Was sie wohl gerade machen mögen?

Liegen sie im Gras oder essen sie Eis?

Berühren sich gerade ihre Hände?

Bespricht sie gerade Dinge mit ihm,

die sie doch mit mir bereden sollte?

Und ich grüble, grüble, grüble...

Klinkt ihre Stimme hell zu seiner?

Mir bleibt nur das dunkle Schreiben!

Treffen sich gerade ihre Blicke?

Meiner bleibt in der Leere hängen!

Jede Überlegung ein Stich ins blutende Herz!

Jeder trübe Gedanke Anlass für zehn neue!

Jeder stumme Schrei ein Zweifel der Verzweiflung!

Jedes Nicht-Verstehen-Können,

jedes Verstehen-Wollen ein tiefer Fall!

Vermag ich es noch, sie zu erreichen...?

Ich stehe am Fenster und warte auf die wehenden Haare,

trinke die Reste und rauche...

Alte Lieder sind so deprimierend...

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- 102 -

Die große WiederUmkehr

und so geh ich meine Kreise

auf die mir eigene Art und Weise

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Rezept für ein leichtes Leben, die Grundzutaten:

ein wenig Psychologie

regelmäßig Sport, gesundes Essen, Gesundheitsvorsorge

falls erforderlich ein paar regulierende Medikamente

darüber hinaus:

ein Beruf als Berufung, zumindest ein Job als Gelddrucker

ein kleiner Glaube oder ähnliches

ein paar nette Leidenschaften (Freizeitaktivitäten, Hobbys etc.)

für das Topping:

frische Medien und sonstige Technik

mindestens ein Kind, Freunde, lose Bekanntschaften

ein paar Adrenalinkicks oder andere Drogen in Maßen

alle Zutaten vermengen und ca. 80 Jahre warmhalten

voilá, fertig ist das leichte Leben…

wem es schmecken mag…

MIR NICHT!

ich will tragen

erleiden

die volle Last

mit all meinem Sinn

>>>

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- 103 -

will mich daran zu Grunde richten

ihm all meine Aufmerksamkeit widmen

mit ihm ringen

ihm Bestand abkaufen

ich zahle gerne

in Kompromissen und Versuchen

immer Schönheit suchend

mühe mich dabei zu behalten

dreh den Regler weit auf

über die Grenze hinaus

schau was passiert

wann und wo immer es geht

wie?

im Denken

das Leben darf MICH ausHalten

es hat mich verdient

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 104 -

Schmerz

Bist nur noch Schmerz

mein edles Herz,

bist einzig Qual

im tiefen Tal.

Bist schwere Last

dir selbst als Gast,

bist nur noch Müh

mit jeder Früh'.

Bist nur noch Schmerz

mein reines Herz,

bist arg in Not

du schweres Lot.

Bist voll von Leid

in dunkler Zeit,

bist nur noch Schmerz

mein sehnend Herz.

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- 105 -

Zeit-Kreis

Die Zeit in der wir leben

sie scheint an uns zu kleben.

Doch eigentlich betrachtet

läuft sie uns gänzlich ungeachtet.

Doch schon allein dies Eigentlich

bin doch nur wieder immer ich.

So hängt die Zeit denn doch an mir

und wenn an mir, so auch an dir.

Dann aber gibt es tausend Zeiten

tausend eigentliche Weiten.

Die Zeit in der wir leben

sie scheint an uns zu kleben.

Doch eigentlich betrachtet

bist du es, der sie achtet...

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- 106 -

Mädchen

Das Mädchen mit den schönen Haaren

- würde ich gerne verstehen lernen.

Das Mädchen, das so anders ist

- so vollkommen außergewöhnlich...

Das Mädchen an dem ich mich so gerne berausche

- weil es dann dieses Leuchten in den Augen hat...

Das Mädchen, das mir Hoffnung gibt

- die lange Zeit verborgen lag...

Das Mädchen, das so bedingungslos liebt

- so unschuldig verletzt sein kann...

Das Mädchen, dessen Duft ich mit mir trage

würde ich gerne... würde ich gerne...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 107 -

Zimmer

Allein im Zimmer,

Abend für Abend.

Der Fernseher läuft,

das Telefon wartet.

Ich esse,

ich rauche,

ich trinke,

ich rauche.

Ein kurzes Gespräch,

der Fernseher läuft.

Und wieder und wieder,

und Tag um Tag.

Ich trinke,

ich rauche,

ich gehe ins Bad,

ich gehe zu Bett.

Worauf ich nur warte? Warte ich...?

Was soll schon passieren...

Alles ist möglich –

Immer!

Überall!

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- 108 -

Liebesqual

Der Morgen erwacht und mit ihm das Du,

der Tag wächst heran und mit ihm die Qual…

Jede Minute nimmt mir die Ruh’,

jede Minute fordert die Wahl!

Der Abend, er naht und mit ihm der Schmerz,

die Nacht bricht herein und die Nacht – sie bricht mich!

Jede Minute sehnt sich mein Herz,

jede Minute denk‘ ich nur dich!

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- 109 -

Erinnerungen

Düfte, Lieder, große Worte,

- jedes "Für immer" ist immer nur Moment.

Vergessene Andenken, vergessene Briefe,

- jedes "Vergessen" war immer nur Moment.

Gesichter, Namen, blasse Bilder,

- jedes "Für immer" ist immer nur Moment.

Wieder entdeckte Orte, wieder erfahrene Begebenheiten,

- jedes "Wieder" war immer nur Moment.

Glück, Freude, tiefe Schuld,

- jedes "Für immer" ist immer nur Moment.

Alte Zeiten, alte Träume,

- jedes "Alte" war immer nur Moment.

Manches Alte IST immer für immer!

Manches Wieder IST immer für immer!

Manches Vergessen IST immer für immer!

MANCHER MOMENT WAR IMMER - FÜR IMMER...

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- 110 -

Unvollendet

meine Gedanken...

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- 111 -

ohne Titel (1)

Das Sein

Das Leben

Der Mensch

zwingen mich, sie als das zu nehmen, was sie sind

Unsinn!

Denn all dies BIN ich!

Denn all dies bin ICH...

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- 112 -

Weltenschlag (Kosmologiegedicht 1)

Der Himmel fängt an...

Alles Blau läuft dem Horizont entgegen,

satte Ströme rinnen

an der Himmelsleinwand Bächen gleich hinab

- bis alles Blaue fehlt...

Dann die Wolken tropfen zäh

vom Himmel abwärts

gleich glutroten, fallenden Bändern

- mit wehenden, sengenden Feuerrändern...

So lastet der Weltengang

so manches Mal

auf meinem mutig, kleinen Herzen.

Dennoch schlägt es immer gegen an,

um nicht zerdrückt zu werden

- so scheint's...

Schlag für Schlag

Schlag auf Schlag

Sekunde um Sekunde

ein Leben lang-es Rinnen

verrinnen, dahinrinnen

klopf, klopf

klopf, klopf

seiner Bestimmung Folge leistend

für dich!

für dich!

Die Erde wird schwammig,

dann flüssig...

Die Berge strömen in die Breite,

Meere verdunsten zu pulvrigem Salz.

>>>

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- 113 -

Die Natur gibt ihre bekannte Form auf.

Sterne laufen aus ins Dunkel...

Das Licht selber versprüht zu abertausend Zeiten,

in abertausend Räumlichkeiten...

So lasten die Welten all

so manches Mal

auf meinem mutig, kleinen Herzen.

Dennoch schlägt es immer gegen an,

um sich heraus zu schlagen

- so scheint's...

Schlag auf Schlag

verlieren sich in der Menge

der Kampf um Einzigartigkeit, um Gehör

- ein Sinnen, ein Begehren

ohne Aussicht auf Erfolg

klopf, klopf - zuviel

klopf, klopf - zuviel

und muss doch, kann nicht anders

für mich!

für mich!

Aus! Stillstand!

So endet das kleine Menschenleben,

der Mensch ist nichts

- ohne sich

Ein heißer Wind: das war das Menschenkind!

Ein lauter Knall: das war der Erdenball!

Dem Gipfel entgegen, des Lebens Sonne gewonnen

und wieder zerronnen...

- in irgendwas...

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- 114 -

Des Lebens Güte

Warum sollte das Leben schön sein, wenn doch alle Schönheit im Auge des Betrachters liegt?

Warum sollte das Leben gut sein,

wenn das, was gut ist, von Menschen selber festgelegt?

Warum sollte das Leben sinnvoll sein, wenn jeder Sinn von Menschen selber gesetzt?

Warum sollte das Leben liebenswert sein,

wenn die Liebe und den Wert der Mensch allein nur kennt?

Warum sollte überhaupt etwas an sich so und so sein, wenn es doch immer auch anders sein kann?

Nur, weil es die Wissenschaft erklärt, verständlich macht?

Mein "Wissen" ist mir mehr Fluch als Freud, mehr Lebenslast als Lebenshilfe.

Nur, weil man es glaubt?

Mein Leben ist ein langsames daran zu Grunde gehen, weil jeder Schritt mir einen Glauben nimmt!

Nur, weil man es sich so erhofft?

Meine Erfahrung widerlegte mir noch jede Hoffnung! Ich bin der Hoffnungen müde...

Kann dann aber mein Leben schön und gut und sinnvoll und liebenswert sein?

Kaum, - denn ich kenne andere...

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- 115 -

Wenn wir lieben...

Wenn wir lieben, lieben wir dann nur den Anderen?

oder lieben wir uns dadurch auch ein Stück weit selber,

lieben wir uns gar ausschließlich selber - durch den Anderen?

Lieben wir den Anderen vielleicht,

weil er uns die Liebe überhaupt erst bringt?

- nach der wir uns doch so sehnen...

oder erhoffen wir dieses nicht zumindest?

Oder lieben wir gerade das Uns an der Liebe, in der Liebe?

Kann die Liebe erst durch zweier Liebe sein?

Gründet sie sich eigentlich erst im Wir?

Ist die Liebe ein Verb?

oder ein Substantiv?

Subjekt oder Prädikat?

oder Eigenschaft?

Wird also die Liebe an sich erst durch das Lieben?

oder ist die Liebe an uns?

Tragen wir die Liebe in uns oder wird sie durch uns?

Kann die Liebe ohne uns sein?

Lieben wir die Liebe

oder liebt die Liebe uns?

Gibt es eine Liebe nach dem Verliebtsein?

über das Verliebtsein hinaus?

Worauf beruht sie dann?

Auf Werte, auf Gemeinsamkeiten,

auf gemeinsame Erfahrungen, Ziele,

auch auf ein wenig Gewöhnung vielleicht?

Beruht sie auf Freude, geteilte Freude

oder auch auf geteilte Not, abgenommenes Leid?

Erleiden wir die Liebe - wenigstens manchmal?

Wie dem auch sei...

>>>

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- 116 -

Was also ist die Liebe, was das Lieben?

Ganz gleich - solange wir nur lieben...

Die Liebe hat viele Gesichter.

In der Liebe zu etwas Bestimmtem

liegt überhaupt die Fähigkeit, lieben zu können.

Und wenn wir die Liebe lieben,

liegt darin auch ein wenig die Liebe zu allen Menschen.

Die Liebe zum Menschen an sich...

Die Liebe mag viele Gesichter haben,

man selber blickt sie nur in wenigen vollkommen vereint...

...für sich!

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- 117 -

Brief an mein Herz

Mein Herz ist so weit von mir

und Stille nur ist mein...

Wie mag es meinem Herz ergehen?

- in der ach so weiten Ferne?

Es liegt in deinen Händen.

Es lebt durch deine Worte.

Es schlägt gut durch deine Güte.

Es schlägt gern durch deiner Liebe Taten und Gedanken.

Versuche es zu fühlen...

fällt schwer!

Jeder Kilometer trübt die Sicht,

jeder Tag schwächt mein Vermögen...

So versuch ich deines zu erkunden!

es liegt hier bei mir, ich seh` es an...

- ist stark, gesund und voller Kraft,

ich nähre es mit diesen Zeilen!

Ich hüte es, den meinen Schatz

- so voller Wert und Tiefe...

Lass es niemals aus den Augen,

geb` es niemals aus dem Sinn!

Meine Liebe ist bei dir,

deine hab` ich hier bei mir!

Wie mag es meinem Herz ergehen?

Deines mag bei meinem stehen!

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- 118 -

Touring the Grenzgänger (Notizen einer Reise)

Der Grenzgänger bereist

an drei Tagen drei Welten

- die voneinander niemals hörten,

gleich drei eigenen Planeten...

Mit Warp 9 von A nach B,

über C zu D, und heim nach A;

mit einem neuen Album als Bande,

so schöner Musik...

Kennt sie gut, so gut,

dass es jeweils in die Tiefe geht,

über die Gastfreundschaft hinaus

genießt er ihre Offenheit!

Stellt fest gefügte Rahmen fest,

jeweils ganz eigene, unverrückbar,

und denkt so manches Mal:

Das darf doch nicht wahr sein!

So viel Erstaunen über so viel Eigentümlichkeit,

über so viel Unwissenheit, über so viel Intoleranz,

über so viel Kleingeisterei und öffentliche Meinung!

Dabei den eigenen Rahmen über alle stellend...

Denkt: All diese fest gewachsenen Strukturen

geben diesen Menschen so viel Halt und Kraft,

all diese Eingeschränktheit im Denken und Tun

verhilft diesen Menschen zu einem "guten Leben".

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- 119 -

Wo ist mein "gutes Leben"?

Der Grenzgänger versucht zu verstehen...,

hört zu und beobachtet schweigend,

und manchmal lügt er, weil ihm angst wird...

Und manchmal mischt er sich ironisch ein,

ohne dem Gegenüber allzu nahe zu treten!

Und manchmal wirkt seine Zurückhaltung und Ironie

arrogant und befremdlich...

Und manchmal lockt er, weil er neue Nahrung braucht...

Und manchmal?...

- und manchmal wissen die Menschen dann nicht,

was sie von ihm halten sollen...

Wo ist das "gute Leben" des Grenzgängers?

Drei Welten an drei Tagen...

Meine "gute Welt" liegt im (N)Irgendwo und im Dazwischen...

- so manches Mal nur in der Schönheit der Musik,

in einem Klang...

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- 120 -

In der Nacht (mit allen Sinnen)

Du schläfst, ich wache...

Alles reduziert sich - auf das Wesentliche.

Meine fünf Sinne sind geschärft!

Was bleibt ist eine besondere Art der Wahrnehmung und

der Konzentration auf diese!

...

Und wenn einzig nur der Duft

deiner Haare bei mir mich umspielt,

so liegt doch auch darin

der bunte Duft aller Blumen dieses Planeten...

Und wenn ich einzig nur ganz sanft

deinen Rücken bei mir küsse,

so schmeck ich doch auch mit

all die 1000 Köstlichkeiten des Garten Eden...

Und wenn ich einzig nur

deinen leisen Atem bei mir lausche,

so hör ich doch auch darin

der Herzen Ruf nach Liebe und Geborgenheit...

Und wenn ich einzig nur die Wärme

deines Körpers bei mir fühle,

so spür ich doch auch mit

des Menschen Sehnen nach Zielen und Sinnhaftigkeit...

Ja wenn ich einzig nur deine Silhouette

bei mir ahne,

so seh ich doch

was der Erde Zukunft und Vergangenheit zusammenhält...

>>>

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- 121 -

Ja wenn ich einzig nur dein Dasein

hier bei mir, jetzt, bedenke,

so bist du doch mein schönstes Tor,

meine tiefste Antwort zu der Menschen-Welt…

Durch dich nur meine Liebste,

durch deine treue, einzig, tiefe, wahre Liebe

wird mir die dunkle Nacht

zu einem strahlend Frühlingstage voller Sonne

- aller schönen, frohen Sinne gleich...

Durch dich nur meine Liebste,

durch deine treue, einzig, tiefe, wahre Liebe

wird mir die ganze Welt

zu einem lebenswerten Ort voll Sinn und Wonne

- ich denke dich und ich bin reich...

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- 122 -

Elendig

Und ich weine...

- gefangen unter diesem Marmeladenglase sitzend,

fast allem und jedem ausgesetzt sein,

stets versuchend diesem jämmerlichen Dasein

einen Sinn abzuringen

und dabei seinem eigenen Verfall zusehen zu müssen....

Was für ein Mut braucht es dazu?

Oder: Welch eine Feigheit?

Das Leben eine Farce,

jeder Sinn verliert sich im "Das war's".

Das Leben eine Farce,

such stetig ich das rechte Maß.

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- 123 -

Chronos oder Kairos

Alles hat eine begrenzte Zeit!

Komm mit und folge mir!

Ich bin endlich für dich!

Ich laufe schon!

Ich bin immer neben dir!

Höher, schneller, weiter!

Komm mit und folge mir!

Alles hat eine Zeit!

alles hat seine bestimmte Zeit…

warte, aber sei stets wachsam…

ich will erkannt werden…

ich springe mal hier mal dort vor deine Füße…

ich bin die Gelegenheit…

warte, aber sei stets wachsam…

alles hat seine Zeit…

greif zu, sonst bin ich weg…

Ich nehme, raube, fresse Zeit und letztlich dich,

dringlich bin ich, dräng‘ mich in den Vordergrund!

Ich gebe, schenke Zeit, verschwende mich,

wichtig bin ich, tu es jedoch zumeist nie kund…

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- 124 -

Launen

Ich sitze hier und staune

über meine Laune

die da gleicht dem Baume

der sich bewegt im Wind

hin und her geschwind

was ich ganz schön blöde find.

Oder ist es doch ein Gut?

Brauchen Launen manchmal Mut?

Nimmt oder zieht man seinen Hut?

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- 125 -

Vom Suchen und Entdecken

Wenn man auf die Suche geht,

so muss man wissen was...,

... was einst verloren, in uns steht,

deutlich einst und heute blass.

Finden tust du immer nur,

was einst gewesen ist,

geblieben ist in dir die Spur,

das ist der Sehnsucht große List!

Doch du ahnst es irgendwie,

dass auf immer es gegangen...

und manchmal mühst du die Kopie!

- und bist in ihr, in dir gefangen.

Die Erfahrung gibt... - und nimmt...

Zeit kann man nicht verlieren!

- der Entdecker in uns, - er verschwimmt...

Willst du ein Darüberschmieren?

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- 126 -

Meine Zeilen...

Der Füllfederhalter, mein altes Ding,

- er schreibt und schreibt und schreibt...

Und manches Mal mir ein Gedanke hing,

den Gang der Worte er am kühnsten treibt!

Doch eher ist`s ein Fließen,

am besten einer Melodeie gleich...,

die Zeichen manches Mal auch schießen,

doch landen letztlich immer weich!

- im tiefen Tintenschwarz auf hellem Grund

tun sie mir Jahr um Jahr noch kund,

was einst mich hat bewegt...

das ich für Wert befunden, dass es steht!

Von Kopf und Herz über Hand und Feder aufs Papier...

Mein Füllfederhalter befriedigt meine endlos Gier!

So, wie gute Lieder schreibt er sich in Fleisch und Blut,

schreib nur, schreib nur - immer Mut,

- bist der Rost für meine Glut!

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- 127 -

Schmetterling

Einst sah ich einen Schmetterling,

so schön und voller Lust am Leben...

Überlegte lang, bis ich ihn fing,

wollte gemeinsam mit ihm schweben…

Hielt ihn lang in meinem Glase,

studierte ihn, fing an zu schmieden…

Doch schmieden kann man keine Blase,

die Blase platze, ließ ihn fliegen…

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- 128 -

Die Wahl der Qual

Wer nimmt mir meine Traurigkeit am Leben?

Wer trägt sein Licht in meine Nacht?

Wer hilft mir heben, lässt mich schweben?

Wer nur, wer nur mit mir lacht?

Du und Du und Du und Du…

süß und schön und watteweich,

ach, ihr lasst mir keine Ruh,

doch eure Nähe macht mich reich!

Doch so ganz richtig ich nie fand,

- sich selber gibt es eben nur einmal…,

und doch stand ich an der Wand und band,

mir ab die Wahl der Qual!

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- 129 -

Warum Gott?

Der Mensch macht Menschen!

Der Mensch vertraut lügenden Politikern!

Der Mensch baut auf Globuli und allerlei anderen Placebos!

Der Mensch schätzt Kunstwerke!

Der Mensch raucht, trinkt, ernährt sich ungesund!

Der Mensch stellt Fußball, Autos und allerlei anderes über alles!

Der Mensch betreibt Extremsportarten!

Der Mensch nimmt sich das Leben!

Der Mensch zerstört seine Umwelt!

Der Mensch spielt Krieg!

Der Mensch bekriegt!

Der Mensch liebt!

Der Mensch hasst, was einst er geliebt!

Der Mensch ist nur ein Mensch!

Der Mensch sollte mit sich nachsichtig sein…

zumeist

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- 130 -

Der Schäfer

Ich bin der Schäfer.

Der Schäfer pupst nie.

Der Schäfer kann zaubern.

Der Schäfer weiß alles.

Ich bin der Schäfer,

gebe die Richtung vor,

lasse die Herde laufen,

helfe in der Not.

Ich bin der Schäfer

mit Schäferhund

mit kleiner Herde

mit großer Freude.

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- 131 -

ICH

bin fertig

abgeschlossen

gerade dadurch offen

fliege durch eure Gedanken

ich verweise auf mich selbst

bin autopoietisch

bin mein eigener Kreis

schwimme zu euren Inseln

meine Welt ist einfach unbestimmt

unbestimmt einfach

radikal, kalt, formelhaft

Komplexität reduzierend

ich liebe das Schicksal

mein kleines Glück

alles Große erscheint mir nicht hinreichend logisch

ich bin gnadenlos kritisch rational

mein Sinn liegt nur in mir, in meiner Existenz

und auch mein Widerspruch

mein Nihilismus zwingt zum Konstrukt

ich bin fertig

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- 132 -

Semantik

Man müsste die Welt ERklären können...

....

Man müsste die Welt ERklären können...

.....

.....

.....

.....

um in der Lage zu sein, sie zu VERstehen.

- das Trübe vom Klaren trennen,

klären,

um endlich zu sehen, wo man sich eigentlich befindet,

wo man steht.

in dieser Buchstabensuppe

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- 133 -

Mein Garten

ist begrenzt

durch hohe Hecken

schränkt ein

und wehrt den Zecken.

Keine Fragen

hängen an den Zweigen

deren Antworten

den sicheren Boden meiden.

Ordnung, Linien, Stufen

werden durch meiner Hände Tun

Chaos und des Kreises Rund

hier beherrschend in sich ruh’n.

Der Zeitenlauf

er liegt im Grün, im Regen, in der Sonne

der Weltenraum, er rinnt

als Krume mir zur Wonne.

Ein weiter Blick, ein Horizont?

- Melancholie lässt grüßen!

Mein Glückt liegt immer schön gekonnt

unmittelbar mir vor den Füßen.

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- 134 -

Sonne. Pool und Meer

sonne, pool und meer

glück der kindertage

ach und wiegt doch schwer

mit der weltenwage

lachen, ausruh`n, sich bewegen

augenblicke eingefroren

in der sanduhr überleben

wird Bestand stets neu geboren

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- 135 -

LEBEN GEBEN

geboren

verloren

gewogen

erzogen

sehen

verstehen

reifen

begreifen

leben

vergeben

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- 136 -

Dauerregen

Es regnet immerfort ins Herz,

jeder Tropfen nährt der Ödnis Wüste,

Übersättigung als Mangelschmerz,

bin längst fertig, endlich, Büste.

Schöpfe nicht mehr, alles schon erschöpft,

nicht in Freuden, nicht in Leiden,

hab es versucht, hab selber mich bereits geköpft,

ließ mit Messern mir das Herz rauschneiden.

Wo ist der Schalter für den neuen Start?

Wo eine neue Ebene, ein neuer Schatz?

Wenn man oben auf der Pyramidenspitze harrt,

hat nicht einmal ein Ausknopf Platz!

Nichts also bringt mich zurück,

nichts weiter,

alles weiß ich, fühl ich, jedes Stück,

ALLES - selbst das Ganze - stimmt mich heiter!

Mein Hirn, es ertrinkt im Lebensglück,

- selbst oben noch auf seiner Leiter!

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- 137 -

Zack, zack, zack

So kommt ihr schön im Doppelpack,

alles geht dann zack, zack, zack.

Jedes Zack ein Kindelein,

ei das wird wohl prächtig fein.

Keiner kommt mir schon zu kurz,

- andere Dinge? völlig schnurz!

Peter, Vorhut von euch zwei,

macht den Wickelweg schon frei.

Auch dies Gedicht hier ist ‘ne Übung,

Schnelligkeit heißt bald die Fügung,

geschrieben in ‘ner viertel Stunde

Mama klingelt – aus die Runde!

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- 138 -

Federfelsen

Das Leben wiegt für jeden anders.

Dem einen schwebt es, fast unmerklich nur, als Feder.

Einem anderen lastet es als Felsbrocken auf seinem Rücken.

Warum?

Weil es für jeden seinen eigenen Grund bietet.

Das Leben wiegt gleich,

die Gründe stellen das Gewicht.

Untragbar ist es aber denen es selber Grund ist.

Einfach.

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- 139 -

11

das komische Jahr

das Jahr der vielen Gedanken und Reflexionen

das Jahr der Erinnerungen

das Jahr von Freunden die Häuser bauen

das Jahr vom Unwort "Iller und Tissen"

das Jahr von Bildungsstätten, Hospitationen und Schulungen

das Jahr von Wagenkäufen

das Jahr von Kernschmelzen und Kirschkernen

das zweifache Jahr!

das Jahr der 40

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- 140 -

Zurück

im Kinderzimmer lieg ich

zu Besuch, allein

9 qm zu zweit

hier bin ich aufgewachsen

tagträume vor mich hin

und kaum zu glauben:

in dieser Enge

weitet sich die Sicht

blickt man auf die Fesseln

der man gewahr

und mit gestärktem Geist,

schöpft man neue Puzzleteile ab:

Globalisierung,

Digitalisierung.

Alles gegen den Bestand!

Ist das das Gummiband?

Gegen das wir stetig fahren

seit den letzten 20 Jahren?

Alles für den Fluss!

Ist das des Menschen Todeskuss?

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- 141 -

meine träume

meine träume

sind meine träume

woher sie kommen

wohin sie gehen

weiß es nicht, kann sie nur sehen

meine träume

sind deine träume

woher sie kommen

wohin sie gehen

hilf du mir, zu verstehen

... das aber setzt voraus, dass du sie kennst

doch du liegst irgendwo und pennst...

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- 142 -

endlich

diese tiefe, tiefe Traurigkeit

so schön

so rein

so rührend

- sie bleibt

diese tiefe, tiefe Sehnsucht

so schön

so rein

so rührend

- sie bleibt

diese tiefe, tiefe Schwermut

so schön

so rein

so rührend

- sie bleibt

diese tiefe, tiefe Liebe

so schön

so rein

so rührend

- sie bleibt

alles unverändert

nur die Ablenkung wird perfektioniert

drängt sich mehr und mehr vor alles Tiefe

Zieh den Vorhang auf!

- so weinst du,

große Sonnenuntergangs-Wundertränen

und ziehst ihn wieder zu…

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- 143 -

Bestand.

Das Es-wird-Sein gründet im Es-war-Einmal.

Das Es-Ist gestaltet das Es-war-Einmal.

Das Es-Ist verweist auf ein Es-wird-Sein.

Von Wurzeln, Zweigen und Ästen. Holz.

Die Zeit ist das Feuer in dem wir verbrennen.

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- 144 -

leben.

UND BLÜHEN MUSST DU TROTZDEM!

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- 145 -

Wider und Wieder

In uns die Düfte,

in uns die Lieder,

alles kommt wieder,

wider und wieder!

Es ist gänzlich gleich,

im Jetzt und im Hier,

ob hart oder weich:

Ich ruhe in mir!

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- 146 -

Neun Monate 1

wenn es wahr ist

wenn es nur hoffentlich wahr ist

wenn es uns nur letztlich gelungen ist

wenn es uns doch letztlich in der tat gelungen ist

2

solange warten wir

solange reden wir von dir

solange zweifeln wir auch ab und an

solange warten wir gespannt von woche zu woche...

3

dann wird es schon gut

dann wird vieles bunter werden

dann werden wir gewissheit über dich haben

dann wird das leben in die nächste runde streben

4

wenn du da bist

wenn du endlich da bist

wenn du endlich endlich bei uns bist

wenn du endlich endlich immerendlich bei uns bist

5

solange hoffen wir

solange sehnen wir uns

solange träumen und dichten wir

solange lieben wir einfach über uns hinaus...

>>>

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- 147 -

6

dann wird es konkret

dann werden wir weiter sehen

dann werden wir wieder neu geboren

dann wird vieles nicht mehr so sein wie es war

7

wenn wir dich sehen

wenn wir dich halten werden

wenn wir dich spüren und hören können

wenn wir dich nur wohlbehalten bei uns wissen

8

solange wachen wir

solange bereiten wir uns vor

solange befragen wir unsere phantasie

solange ist es nun gar nicht mehr und doch...

9

dann wird es ein fest

dann wird es ein sonnenglückstag

dann werden wir wieder an Wunder glauben

dann werden wir die welt an dich messen und schätzen

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- 148 -

Ein Gefühl!

Es irritiert mich.

Auch wenn ich es verstehe und es erklärbar ist

und ich es prinzipiell verachte

und es dennoch trage…

Es irritiert mich einfach…

… und so frage ich mich eine Ebene darunter:

Will ich es?

Bringt es mich weiter? Oder lähmt es nicht eher?

Suche ich den Trigger? Oder vermeide ich ihn?

… und wenn ich mich dafür entscheide:

Träume

oder lebe ich es?

… und wenn ich es leben würde:

Mit welchen Konsequenzen?

Verdammt!

Es irritiert mich!

dieses Gefühl…

Es irritiert mich…

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- 149 -

Du

du sollst unser Bestes werden

all unsere Liebe aus der Vergangenheit

all unserer Glaube an die Realität

all unsere Hoffnung auf die Zukunft

du sollst unser Bestes werden

all unsere Hoffnung der Vergangenheit

all unsere Liebe zur Realität

all unserer Glaube an die Zukunft

du sollst unser Bestes werden

all unserer Glaube an die Vergangenheit

all unsere Hoffnung auf die Realität

all unsere Liebe zur Zukunft

du sollst unser Bestes sein

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- 150 -

ohne Titel (3)

Also ertrinke ich ganz leis und ohne Wehr

in Farben, Tönen, Düften - wunderschwer

ganz langsam sinke ich hernieder

des Lebens Frohsinn allzu wider.

Hinab zum Grunde, tiefer, weiter

nur Religion die stimmt mich heiter

Zweifel, Zweifel, doch ich trage

ach so schwer wiegt mir die Waage.

Das Dunkel zieht und zieht und zieht

wer in der Sonne stand, der flieht

lebe einzig, weil ich muss

amor fati bis zum Schluss...

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- 151 -

Die Wickelkommode

Nun ist es vollbracht mein Sohn

sie steht vor mir, das gute Holz

meiner Hände fleißig Lohn

verweist auf dich mit großem Stolz!

Ihre Mühe das bist du

wenn du strampelst, aufgeweckt

wenn du kommst auf ihr zur Ruh

- meine Liebe in ihr steckt!

Gesägt, geschliffen und gestrichen

geschraubt, geklebt und schwer gehoben

dem Zweifel niemals ausgewichen

soll sie noch dein Erscheinen loben!

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- 152 -

leere Leere

Du hast unser behütetes Paradies verlassen

um deine Welt dir letztlich zu verfassen

meine Welt - oh, sie fast zerbricht

und du, du bringst vorerst Wut

unser Feuer, es nun erlischt

doch ich, ich bin die Glut!

Und ich geh niemals aus

und ich strahl hinaus

scheine tief hinein

in das Lebenssein!

Wenn auch zu oft

getroffen bar

wenn auch gehofft

"Es wird, was es war"

wenn auch meine Liebe

betrunkene Wahrheit ist

wenn auch manchmal Diebe

meine stolze Fahne gehisst,

so wird es dich nicht erfüllen

es wird mit Leere dich umhüllen

die Leere dringt ganz in dich hinein

wirst letztlich selber leere Leere sein

und merkst es nicht, das ist der hohe Hohn

denn leere Leere ist der Leere einzig Lohn!

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- 153 -

09

das jahr von

marlen, melanie, anja, susi, katrin

das jahr von

sounds of the uiniverse

das jahr von

spok und kirk

das jahr von

prüfungen und bewerbungen

das jahr von

ausgeschlagenen und neuen möglichkeiten

das jahr von

neuen gedichten und zeilen

das jahr von

autos und häusern

das jahr von

schlechten und guten zahlen

das jahr von

kleinen nichten

das jahr von

kommenden wahlen

das jahr von

gesundheit und krankheit

das Jahr von

niedergängen und aufstiegen

das jahr von dir

und von dir

und mir

das jahr von erst 5 monaten

und zeit

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- 154 -

ohne Titel (2)

wir finden, was schön ist, doch Schönheit ist Licht

wir suchen, was wahr ist, doch Wahrheit ist Kunst

und Gedichte die strahlen, zerstäuben wie Gischt

und Zeilen die weisen, verschwimmen im Dunst

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- 155 -

wicht dicht GE licht sicht

peterchen du kleiner mann,

strahlst uns mit großen äugelein an

peterchen du unser held

bestaunst noch ungelenk die welt

bringst so schnell, so schöne zeit

unser herz voll liebe weit

peter, unser helles licht

peter, peter - normgewicht

schenkst so tief, so tiefe sicht

peter, peter - helles ... licht

gibst so klar, so leichte sicht

peter, unser norm... gewicht

peter, wolln dir boden sein,

trauter stein und luftig heim

kannst auf uns sähen, bauen, pflanzen

durch unsre köpfe mutig tanzen

helfen, deinen weg zu finden

das leben ganz fest an dich binden

helfen, diesen dann zu gehen

und bei gründen bei dir stehen

peter, peter kleiner mann

bis du groß bist dann und wann...

sind wir immer, immer da

versprochen, hand drauf – klar und wahr!

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- 156 -

Irgendwie Entropie (Kosmologiegedicht 2)

DIE Galaxie mit der einen strahlend Sonne,

mit dem einen warmen Planeten…

Sie wurde dunkel, sie wurde kalt

nach und nach

nach

Und trotz Dunkelheit und trotz Kälte

und gerade deshalb:

SIE EXPLODIERTE

sie zerstob in abertausend

Räume

Träume

Weiten

Zeiten

Informationen

Emotionen

--

Zeiten vergingen...

andere Sonnen waren entdeckt, andere Planeten...

neue Galaxien entstanden, einige vergingen...

und gleichsam unachtsam,

langsam, ganz langsam bewegen sich alle Teilchen

- gleich einem still innewohnenden Code -

wieder entgegen

Wollen ein neues Bild darstellen,

dieselben Puzzle-Teile!?

sie suchen sich

irgendwie

wider der

Entropie

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- 157 -

warten (3)

(Des Lebens Schönheitswunder: Das schiere Vorhandensein der

Möglichkeit des Gestaltens stellt die Freude und das Glück, welches

der Beschaulichkeit zu eigen sein kann, bei der Mehrheit der

Menschen zurück.)

ich bin ein Schwamm

ich sauge auf

lass den Dingen

den ihren Lauf

ich seh' nur zu

doch bin gespannt

in meiner Ruh

erwächst mein Land

ich fühl die Nacht

ich weiß den Tag

des Wartens Wacht

so gern ich mag

verstehe nicht:

manchmal Gewicht...

verstehe nicht:

zumeist auch Licht!

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- 158 -

der mensch allein

zeit kommt zeit geht

DER mensch allein versteht

bestand ihr abzuringen

um sich zu sich selbst zu bringen

zeit kommt zeit geht

der MENSCH allein versteht

bestand ihr zu verleihen

um sich dadurch selbst zu weihen

zeit kommt zeit geht

der mensch ALLEIN verweht

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- 159 -

Heroin

Geplanter Termin, Anreise, Ankunft, endlich.

Du überstrahlst alles.

Du überstrahlst einfach jedes verdammte Ding in Deiner Umgebung,

- jede Information, jede Person, jede Situation.

Du stahlst, scheinst, leuchtest - bist so hell für mich,

dass ich Angst habe, zu verbrennen in Deiner Nähe.

... als Schatten mit etwas Abstand, so sollte es gehen... immerhin...

irgendwie...

Ich berausche mich.

- an jedem Quadratzentimeter Deiner Haut,

- an jeder Haarsträhne, die Dir in Dein Gesicht fällt,

- an Deinem großen Zeh im offenen Schuh,

- an jedem Deiner klugen und warmherzigen Sätze.

Jede Unregelmäßigkeit Deines Körpers zieht mich an.

Jedes Kleidungsstück an Dir ist, als wäre es nur für Dich gefertigt.

Jedes Gespräch animiert mich.

Jedes Deiner Worte sauge ich auf.

Jeder Deiner Gedanken macht mich AN.

Jede Geste, jeder Blick, jedes Lachen von Dir lassen meine

Neurotransmitter explodieren.

>>>

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- 160 -

Versuche Dich zu lesen, zu enträtseln...

Bin mir nicht sicher, es misslingt wohl

irgendwie...

Und dann

geht die Reise weiter, direkt ins grüne Paradies.

Keine Netzanbindung, keine Anhänge - nur Axt und Spaten und ich

mit mir allein.

Ohne Dich...

KALTER ENTZUG.

Hölle im Paradies.

Der nächste Schuss ist fünf Tage weit entfernt...

Und danach schon wieder Entzug?

So viele lange, dunkle Nächte...

Wie ist das auszuhalten?

Wie?

Versuche das Erlebte zu analysieren, zu interpretieren...

Bin mir nicht sicher, es misslingt wohl

irgendwie...

Werde noch WahnSinnIg...

irgendwie...

>>>

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- 161 -

Alles ist fad und trist und leer...

Und mein Herz schmerzt wieder einmal unsagbar sehr...

Du bist Heroin.

----

und wenn doch alles Nichts ist

so bleiben mir doch diese Zeilen

auf ewig

stehen

jetzt laufen

...

Zuviel!

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- 162 -

VerGehen

auf dem Gipfel unserer Schönheit Fülle

der Perfektion am nächsten unsre Hülle

nehmen wir das Glück nicht wahr

zu jung der Geist, das Lebensjahr

ab da geht es bergab, bergab

langsam macht der Körper schlapp

den weitaus längsten Teil vom Leben

heißt es von nun an stetig geben

jahrzehntelanges Welken zieht

weg von dem, was so geliebt

Gegenmittel nur belehren

was einzig bleibt, ist das Begehren

und scheint alles doch so angelegt

kaum das es da ist, es schon geht

und ist also alles an mir schon Vergang:

Aufs Ende wart ich, wart ich – lebenslang.

---

(und geht‘s mal nicht von neuem los,

hakt das Leben, brauchts 'nen Stoß

und ist also alles immer noch Vergang:

Trickse ich: Ich lauf zurück, wo es begann!)

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- 163 -

Sternengriff (Kosmologiegedicht 3)

IN den Weiten des Alls

in der Leere des Schalls

bleibt nur die HOFFNUNG hier

auf ein wir

... schwebt im Raum ohne Wände

einer Dauer ohne Ende

endlos endlos

endlos groß

Gefühl einer Wahrheit

Wahnsinnigkeit

ist Formel Magie

ist Maßstab der schrie:

KOSMOS! CHAOS! ORDNUNG! FREIHEIT!

Alles bleibt anders - er schreit, er schreit!

... Klänge Bilder

gleißende Schilder

wir versuchen und suchen

die Mitte zu buchen...

PENG! - doch Musik sprengt

was engt!

BLITZ! - und kein Licht bliebe

ohne Liebe!

... HINTER den Weiten vom All

hinter dem Wissenshall

ist nur unser GLAUBE

ist Haube

ist Wall

ist Feuerspielweltenknallball

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- 164 -

Ich sitze vor dem Internet

Ich sitze vor dem Internet,

mein Geist, mein Hirn so groß, so fett.

Angereichert, aufgesogen

all die Informationen,

bin ich so schlau und super toll

mein Speicher ist noch längst nicht voll!

Ich sitze vor dem Internet,

mein Geist, mein Hirn so groß, so fett.

Offline sein, das wär mein Tod

du bist mein Wasser und mein Brot!

Fahr dich nimmer runter mehr

ohne dich bin ich doch leer?!

Vernetzt bis in die letzte Zelle

Input als globale Welle!

Will nur aus deinen Servern schöpfen,

was solln wir noch mit unseren Köpfen?

Mein Glaube und mein Liebesleben

solln durch deine Seiten schweben!

Datenschutz ist mir doch schnuppe,

anonym macht schon die Gruppe!

All die Bilder - Klick, klick, klick

heut bist du wieder extra schick!

Ich liebe dich und du mich, ohne Wahl,

nimmst mich schon, wenn ich nur zahl...

>>>

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- 165 -

Online sein, bis in den Tod,

du trägst mein Dasein, bist mein Boot!

Segle raus ins offne Meer,

du erleuchtest, nichts scheint schwer.

Deine Meinung macht mich helle,

als Freak leb ich von jeder Delle.

Will konsumieren aus deinen Töpfen,

darfst meinen Körper gerne schröpfen!

Dich Wunder will ich auf den Altar heben,

Bit um Bit werd ich an die Synapsen kleben!

Zweisamkeit ist mir doch schnuppe,

jeden Tag hol ich die Puppe!

All die Filme - fick, fick, fick

heut bin ich wieder extra schick!

Ich liebe mich und brauch die Qual,

zwischen den Gipfeln such ich das Tal...

Du sitzt vor dem Internet,

dein Geist, dein Hirn so weich, so fett.

Deine Sicht

ist blind vor Licht,

dein Verstand

ne Wabberwand,

aus der heraus nur Unsinn saftet

zu viel Glibber an ihm haftet...

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- 166 -

gefügig

Wenn die Zukunft rückwärts schaut

der Vergangenheit der Morgen graut

die Gegen und die Wart verblassen

dann wird die Zeit die Form verlassen

wenn die Masse sich nach innen dehnt

die Weite sich nach Nähe sehnt

Groß und Klein sich nicht mehr scheiden

dann wird der Raum den Inhalt meiden

wenn Zeit und Raum sich so verDrücken

alles jederzeit und voll von Lücken,

wenn Form und Halt sich so verInnen

würden Prinzipien neu beginnen!

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- 167 -

so (a)

so nah

im herz

im geist

so fern

in zeit

im raum

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- 168 -

so (b)

so nah

in zeit

im raum

so fern

im herz

im geist

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- 169 -

100 Gedichte

100 Gedichte

- sind eine Menge...

... Gedanken, Empfindungen, Zugfahrten,

Erfahrungen, Zigaretten, Buchstaben,

Hotelzimmer, Alkohol, Augenblicke,

Stunden, Vergangenheit, Eindrücke,

Freude, Computer-Kenntnisse, Entdeckungen,

Personen, Gesuchtes, Gefundenes,

Zweifel, Bemühen, Erkenntnisse,

Erinnerungen, Liebe, Angst...

100 Gedichte

- sind eine Marke,

- eine Zahl...

und doch kommt noch jedes für sich

ganz alleine auf mich zu!

unerwartet...

100 Gedichte

- das sind 10 Jahre ich!

... und ein Glas Sekt.

Perfekt!

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- 170 -

Lied

wenn alles schon gesagt

wenn alles steht geschrieben

wenn alles oft gewagt

wenn alles schon verblieben

wenn alles schon gedacht

wenn alles doch versucht

wenn alles auch verlacht

wenn alles schon verflucht

dann bleibt mitunter nur ein Lied

als ewig-wahres Bindeglied

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- 171 -

Seele

Ein altes Haus

- es spricht die Sprache seiner Meister.

Ein altes Haus

- es zeigt dir seine Kostbarkeiten.

Ein altes Haus

- es lässt dich Jahre fühlen.

Ein altes Haus

- hat seinen eigenen Duft schon längst gefunden.

Ein altes Haus

- verlangt nach GESCHMACK!

Ist voller Würde, voller Stolz

- voll von Weisheit, voll von Zeit und Raum.

Ein altes Haus

- es ist so voller Hände Liebe.

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- 172 -

Pendel

Mein Herz, es springt - doch reißt es nicht,

eher ist's ein Spiel, ein Hin, ein Her.

Gleich einem Fels - hängend an des Sehnsuchts Faden,

schwingt es mühsam voller Schmerz.

Gerad' ist es links - da schreit es rechts!

Gerad' ist es rechts - da will es links!

Doch manchmal ist die Kraft so stark,

so voller Wucht, dass es bleibt hängen.

Und auch das Links, das Rechts - es zieht so an,

dass es kommt für kurze Zeit zur Ruh'.

- Bis seine Schwere, sein eigner tiefer, dunkler Grund

es zum Pendeln wieder zwingt...

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- 173 -

Und...

... und ich denke an dich, und ich denke an dich,

und ich denke an dich...

Eine Stimmung, ein Gedanke, ein Hauch...

... und ich denke an dich...

Eine Situation, ein Gegenstand, ein Ort...

... und ich denke an dich...

Eine Handlung, eine Vorstellung, ein Brauch...

... und ich denke an dich...

Ein Datum, eine Melodie, ein Wort...

... und ich denke an dich...

Eine Erinnerung, eine Sehnsucht, ein Bild...

... ein Moment aus dem Nichts...

...raubt jedes Schild

im Zentrum des Licht‘s.

...und ich denke an dich, und ich denke an dich,

und ich denke an dich...

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- 174 -

Wehmut

Oh Wehmut - du mein Tier,

mein kleiner Wurm.

Wärst du eine reißende Bestie

welche sich und mich zerfleischen würde wollen...

Ich hätte mich gewehrt.

Dein Leid würde antreiben!

Aber Wehmut - du Kriech-Wurm...

dein Leid treibt nicht an, du hältst an...

Und doch...

Wie ich dich liebgewonnen habe,

bei jeder Windung durch meine Gedärme...

Du hältst im Leben...

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- 175 -

Fensterscheiben

Wenn die Fensterscheiben weinen

- es tut mir leid, vergiss mich doch!

Wenn die Liebe Trauer trägt

- ein schwarzer See voll Deiner Tränen…

Wenn die Gedanken sich verstecken

- es ging doch gut, so geh denn weiter!

Wenn all die Lügen Lügen werden

- sich alles dreht und dreht und dreht…,

wenn das Schicksal fällt und fleht

- es den Atem engt, das Herz zersprengt...

Dann muss einer den Dolch aus der Wunde ziehen!

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- 176 -

Stimmungen

...kommen und gehen

mal so, mal so...

Ganz unverbindlich

auf leisen Sohlen schleichend

bestimmen sie mit aller Macht.

Sind einfach so da

überlagernd, zwingend

lähmen und fordern.

Stimmungen sind Stimmen

- jedes Wehr durchbrechend

singen sie sich in die Seele

klagen sich in jedes Haar.

Wie bringt man Stimmungen zum Schweigen?

Wie lässt man sie im Gleichklang singen?

Und: Wo nur sind die Düfte der Kindheit geblieben?

...

Welch eine harte Strafe, nur von Ahnungen umweht zu sein...

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- 177 -

Herbst

Wenn die Blätter fallen

- schweigen alle Hoffnungen.

Wenn die Tage kürzer werden

- schwimmt die Traurigkeit ins offene Meer

... ist mir alle Endlichkeit zu nah.

Wenn alles grau und kahl und kalt,

der Nebel nass am Boden liegt,

die Sonne müd' und kraftlos zieht,

die Dämmerung so schwer mir wiegt

- dann spendet deine Nähe Trost...

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- 178 -

Macher-Land

Ich kenne nun das Land der Macher

- ein Monster ohne Angesicht!

Schäbig, tückisch frisst es Zeit,

gierig schlingt es Menschenfleisch.

Ist Droge einigen

und „Wirklichkeit“ der Masse.

Ein Land als Tier – dem Leben nah,

doch abgewandt der Menschenrasse...

Es lockt mit einem Schein aus Gold

- fast zwingt es als Notwendigkeit!

Der bittersüße Lohn:

Es dehnt den Geist mit Leere weit...

Dies Land beraubt sich der Personen,

gebärt den Schlamm der Einsamkeit.

Sein „War“ und „Wird“ heißt immer „Jetzt“!

sein „Hier“ und „Dort“ ist „Weit-und-breit“!

Es frisst den Sinn, den Ort, die Zeit!

Größer wird es, wuchert still...

Es nährt sich einzig durch sich selbst,

leidet den, der sagt: ICH will!

Das Macher-Land ist unbewohnt,

wer es betritt, sei auf der Hut,

EIN Tier – was nicht verschont!

... löscht es als Erstes deine Glut!

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- 179 -

Krumm

So will ich denn eckig bleiben

in meinem Grunde...

Denn alles Runde ist vollendet!

So will ich denn kantig bleiben

in meinem Grunde...

Denn alles Glatte ist langweilig!

So will ich denn krumm bleiben

in meinem Grunde!

Denn alles Gerade lügt...

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- 180 -

ECCE LIBER

Für die Nichts so scheint, wie es für Andere ist

die sich jeden Tag erneut erkämpfen UND ergeben

die den suchenden Blick haben und ihre Gedanken in den Augen tragen, weil sie zu schwer sind für die Zunge

die Kind sind, mit Horizonten hinter Schranken

die am Leben leiden, leiden, leiden

UND es dennoch tragend annehmen

die selbst noch am Zweifel zweifeln

die mehr Fragen STELLEN als Antworten GEBEN UND auf alle Fragen doch nur eine Antwort HABEN

die offen sind durch ihre Geschlossenheit

die jeden Gedanken allein durch seine Existenz

gewähren lassen

die PERSONEN SIND, die das WERK IHRER Geschichte WERDEN

die sich verständigen, aber kaum mitteilen können

die sich noch neu erfinden können

ohne sich dabei zu verlieren

also für INTER-ESSANTE Menschen

... für diese Menschen interessiere ich mich, sind diese Zeilen geschrieben...

Also wohl für mich, für mich, für mich...?

Alle anderen nur Nahrung, - nur Ablenkung???...

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- 181 -

Gründe

Der Anfang...

- bedingungslose Liebe

- Zeit des Umbruchs

- Interesse an meinen Gedanken

- ich kann das auch

- so interessant, so geheimnisvoll...

Und dann...

- Leichtgläubigkeit der Anderen

- Nicht Schluss-Machen-Können

- Angst vor ihr Danach

- der 1. Kuss

- ihre Geschichte / unsere Geschichte

- DIE UNERTRÄGLICHE LEICHTIGKEIT DES SEINS...

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- 182 -

Ablenkung

Die Zigarette zum Glück

wenn man das Leben versteht

und doch Stück um Stück

es kraftlos vergeht,

reicht genau bis zum Feuer

weil das Da-Sein doch muss

weil der Weg ist zu teuer

und die Feigheit ein Kuss.

Die Zigarette zum Glück

wenn man Passion nur verlacht

und doch Stück für Stück

aus Trieben gemacht,

hemmt die Leere vom Werden

weil die Sprache kaum reicht

weil der Sinn fließt aus Herden

und das Nichtstun so leicht...

Epilog:

Der Wille ist des Menschen stärkste Waffe,

der Trieb jedoch der andere Affe!

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- 183 -

Religionen

Sprecher tritt vor geschlossenem

Vorhang auf die Bühne:

„Der Mensch erträgt das Chaos nicht,

drum rückt er Kosmos in sein Licht!“

Geht ab...

Der Vorhang öffnet sich langsam...

Aus dem Off:

„Der Glaube

ist Haube

übers Leben gezogen,

stellt sich das Werden selbst als Verschoben!“

Gott spricht zu Affengruppe:

„Im Schrei nach dem Sinn:

‚Stellt Götzen hin!’,

ward ich erschaffen

- Glaubt! - ihr Affen...

Glaubt nur an mich!

Gebt auf, euer ich!“

Der Vorhang schließt sich für eine lange Zeit...

Der Vorhang öffnet sich langsam...

Aus dem Off:

„Die Zeit verrann,

der Luxus begann...“

>>>

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- 184 -

Technik spricht zu Affengruppe:

„Was soll schon der Sinn...

Zum Handeln hin!

Genießt mich in Zügen,

und glaubt eure Lügen!“

Das Unterbewusstsein betritt die Bühne, flüsternd:

„Vom Denken weg!

Der Zweck sei der Zweck!

Will Brot und Spiele!

... und die Technik als Liebe!“

Der Vorhang schließ sich...

Der Sprecher betritt die Bühne:

„Der Mensch tat sich die Technik schenken,

um sich vom Lebens Leide abzulenken.

Gott ist tot, es lebe der Gott!

Asche zu Asche und Schrott zu Schrott!“

Lange Pause, dann:

"Der Gott die Alte,

damit der Mensch nicht verhallte,

die Technik die Neue

Vertreib nun, statt Reue!"

Chorus im Hintergrund:

„Zwei Religionen

- oh lasset uns schonen...“

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- 185 -

Relation

wie sie sich müht

für die paar Tage

zu betören

mit ihrem Duft

und ihrem Ringen

dem Bilde gleich

perfekt zu wachsen

meine Rose

wie er flattert

diesen einen Sommer

von Blüte zu Blüte

unstet im Wind, in der Sonne

der Schönheit Zeichnung

seiner Flügel zeigend

obgleich nur Tarnung

mein Pfauenauge

>>>

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- 186 -

wie er überschätz, statt schätzt

sich oder einen Glauben - ein Leben lang

für das Maß aller Dinge hält

dabei er selber nur

ein Maßstab unter vielen

er misst mit sich selber

und sieht dies nicht

mein kleiner Prinz

wie? der Rahmen bleibt

für alle Ewigkeit

könnte man meinen

aber nein, aber nein

auch du nur im Ganzen

ein Wimpernschlag

menschlich betrachtet

meine Erdenwelt

Nur manches Mal muss man sich an sich selber erinnern!

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- 187 -

Persönlichkeit

(Wer hat mir die Welt zu Ende gedacht?

Wer hat mir sein Tiefstes selbst noch verlacht?)

---

Wenn man Geschichte nicht mehr teilen kann,

zwei Wege geht das Menschlein dann:

Weg 1 – es nennt sich Individuum,

fühlt sich schlau und ist soo dumm...

Weg 2 – es wird zum Herdentier,

das Ich, es wird ertränkt im Wir...

Persönlichkeit ist Zeit, ist Ort,

das Ich, es lebt im lebend Wort.

Als Person man langsam wächst heran,

mit Kultur, Vergangenheit, mit Wo und Wann...

Nun magst du selber tief entscheiden,

ob es persönlich ist – dein Leiden!

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- 188 -

Versuchung

Bis bald mein Freund,

bis bald in der Nacht

- wenn die Zeit stehen bleibt

bin ich es, der wacht...

... und in dir ist

und mit dir geht,

deine Träume liest

und zu dir steht...

... der Geheimnisse liebt

und nach Abgründen sucht,

der Schwächen versteht

und sich selber verflucht...

Bis bald mein Freund,

der Morgen naht,

verlasse dich jetzt

- bleib mir bewahrt!

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- 189 -

Getrenntverbindung

Die Körper geschnitten in Zeit, im Raum,

die Herzen verschmolzen im gleichen Traum.

Mein Herz träumt deines und weiß den umgekehrten Fall,

so, dass jeder Schlag ist, gleich des anderen Hall...

Beide durch dieselbe Narbe gezeichnet,

durch Bilder, die so sie sich nur selber gebeichtet,

sind sie verdammt, auf ewig einander auszutauschen,

über Welten hinweg ihren Ängsten zu lauschen...

Jedoch die Herzen können hoffen,

ist erst der Traum für Träume offen,

dass sie nicht nur geeint zur Nacht,

- ihnen auch die Sonne wacht...

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- 190 -

Leb wohl!

Du hast mein Herz mir blutig gerissen,

die Wunde - so tief, so schmutzig, so weit...

- sie klafft noch ganz rot und schmerzt so in Bildern

trotz aller Zeit - als Narbe sie bleibt!

Eine neue Liebe, eine alte, eine andere

- sie hat und hätte mit all dem NICHTS gemein an Sinn!

Nichts im Guten, nichts im Bösen,

jede Liebe steht für sich, strebt zu sich selbst nur hin!

Du hast meine Welt mir ins Nirgends gebombt,

ohne Warnung, gleich einem atomaren Schlag!

Hast meine Zukunft den Flammen übergeben,

deren Bilder ich immer noch sehnend so mag.

Mit LUST hast du tausende Tage an einem erstickt,

den Fluss meiner Erinnerungen auf immer vergiftet...,

hast mich weggeworfen, abgelegt, fertig vernutzt,

hast mein Leben zerstört und damit deines geliftet.

Und jetzt erwartest du Nähe, gar Freundschaft?

Wie taub, wie blind kann ein Mensch wohl sein?

Wie gänzlich ohne Mitgefühl, verloren die Scham?

- DU bist der Grund für all meine Pein!

Du, - DU! schenkst mir einen edlen Tropfen?

Mit wem und wann soll ich diesen wohl trinken...?

Du spielst unsere Lieder und ICH bin dabei?

Du streust Salz in Wunden und ich soll noch winken...

>>>

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 191 -

Du wünschst mir Glück, nachdem du mich erschossen hast?

Mein Glück - das warst doch du...

Jede Information über dich, ein glühendes Eisen mir zur Last!

Gib Ruh, gib Ruh, gib endlich doch Ruh...

Du willst GEFALLEN!?

Ich werde dir nicht auch noch deine letzte "List" erhellen...,

- darauf reinfallen, wie all die anderen Hunde,

die versuchen, den Schmetterling herbei zu bellen

Ach, hätte ich dich doch niemals gesehen,

mein Herz, es wäre noch heil...,

heiler als jetzt...Ich verachte dich so,

- so wie ich dich liebe...oder: Weil...?

Nie eine Chance zu erhalten, dir zu entkommen,

das ist überhaupt das schwerste Los mit!

Besser, du wärest für immer weg…

Das wäre schlussendlich ein sauberer Schnitt!

Man ringt um Verständnis, wo es Verstand nicht geben darf!

Die Tränen der Zeit heilen die Wunden der Vergangenheit?

Dann also bist du der GRUND meines salzigen Sees...

versuche, meine neuen Segel zu setzten - für eine neue Zeit,

- aber ein Teil von mir ist auf immer gegangen...

Er ist bei dir...- auf immer, in Leid...

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- 192 -

Musik

Ich möchte dich anfassen. Endlich.

Warum?

Dem Leben ergeben.

Es verführt,

ja zwingt

- zum Scheitern.

Immer wieder.

Das Leben muss.

... und ich sehe das Leben durch deine Augen - eine kleine Weile: Genuss der Beschaulichkeit...

... dann muss ich zurück, in meine wahre Welt des Scheins...

doch warte stets

auf eine Gelegenheit

ein Zeichen

doch das wärst nicht du

und ich bin nicht das Leben

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- 193 -

Auf Wiedersehen!

Nun bist du weg....

und doch noch immer hier!

- Tausend kleine Andenken hinterlassend,

ungewollte und gewollte...:

Deine Haare in der Bürste, die angebrochene Flasche Wein...,

das Tier aus Plüsch, das du mir hast vermacht...,

die Zeilen, die du mir geschrieben...

Dein Duft im Bett, dein Bild vor Augen

- so gleite ich ins Reich der Träume...

Deine Lieder hörend, deine Worte gebrauchend

- versuchend, die Welt mit deinen Augen wahrzunehmen...

Deine Andenken denkend und deine Gefühle fühlend

- so erhalte ich dich mir über die Woche...

- bis zu unserem Wiedersehen!

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- 194 -

Begehren

Gut' Nacht, gut' Nacht und wohl bewacht, schlaf ein du Held

in wirrer Welt...

Begehre nicht! Leide nicht! Giere nicht! Mäßige deine Phantasie!

Sie birgt nur Unheil!

Doch dieser Schwebezustand ist zu schön... - diese Kostbarkeit - so rar, so vergänglich...,

ein wenig nur noch halte ich dich fest... für mich... Wo nur kam plötzlich diese Zuneigung her?

Deine strahlenden Augen, dein biegsamer Körper,

deine anmutigen Bewegungen, deine Stimme, dieser ungewisse Hoffnungs-Glaube, diese Momente der offenen Blicke...

In meiner Vorstellung fühltest du wie ich...

doch keine Angst, ich denke es nur, ich tue es nicht... Habe die Möglichkeiten ungenutzt verstreichen lassen,

die Realität - macht schon so vieles kaputt und schmutzig...

Wer will schon die lodernde Flamme? - ein Feuer, welches nur verbrennen kann...

Glut und Funken sind bei weitem interessanter... ... und tun einfach gut durch ihre Wärme...

Diese Nacht, heute Nacht

seiest du nur von mir bewacht! Ich bin dein Held in meiner Welt...

... und du mein EIN, mein ALLES...

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- 195 -

Über die Jahre

„Meine Pflicht heißt mich bleiben und dulden.“

-

es flieht alles von mir fort was Bedeutung war

in Gänze verlassen werde ich vom Außen

von allem was mir wichtig schien

das Wesentliche, die Essens grenzt sich ab

zieht sich in sich, zu sich zusammen

ein Konzentrat meiner selbst

in Ruhe GELASSEN werden

sich sinnen auf sich

fällt schwer

und doch einzig Weg

zur Dauer

für mich

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- 196 -

Betrug

Betrug, Verrat - Begriffe des Verstandes...

Wie unzureichend, wenn der Körper vor Verlangen brennt,

sich das Auge mutig sehnt...

Wie hinfällig, wenn jeder Gedanke nur dich zum Inhalt hat,

jedes Gefühl nur deine Nähe fühlen will...

Wie sinnlos, wenn die Umwelt nur noch Nebel ist,

mit dir als einzig strahlend Stern...

Wie leer, wenn jeder Atemzug

nur deinen Namen formen kann,

und man von Wein und Liedern einzig lebt,

alle Arbeit liegen lässt...

Wie..., wenn Gedanken sich verirren,

sich verlaufen in Gefühlen,

Bilder aneinander klirren,

Schneekristalle Lippen kühlen...

Was nützen da Begriffe des Verstandes...???

ALLES und NICHTS!!!

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- 197 -

Was das Leben ist!

Das Leben ist Leid!

- weil jeder Sinn nur menschlich ist!

Das Leben ist Ablenkung!

- weil jeder Sinn nur menschlich ist!

Das Leben ist ein Hin, ein Her!

- weil dieser Kampf das Meer mir ist,

auf dem ich meine Segel setzte,

während neue ich bereits schon webe...

Das Leben ist mir Trieb und Vernunft!

- die sich im Kreise stetig jagen,

bestimmend sich zu Grunde liegend

in Relation von Zeit und Raum...

Was euch das Leben ist?

Ablenkung vom Am-Leben-leiden!

Ich bin mir sicher!

- mit Göttern, Götzen und Marotten!

Jeder ist für sich alleine blind,

um als sehend ja zu gelten!

Jeder nimmt sich Gründe,

statt sich selber Grund zu sein!

>>>

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- 198 -

Was das Leben ist?

Das Leben ist Musik, die traurig macht...

Jedes Leben eine bitter-süße Symphonie

und immer, immer rauscht es sehnend während allem...

... im Hintergrunde bis zum Schluss,

obgleich die Nächte immer länger währen...

Jede Tat, jeder Gedanke, jede Stunde frisst

vom dem, was Lebens-Nähe AUSgemacht!

Vielleicht nur, weil es sich nicht fangen lässt,

zerschellt früher oder später JEDER

auf seine eigene Art und Weise am Leben

als das, was es IST!

Denn:

Niemals geht das Leben an uns zu Grunde!

Immer:

Ist es selber Grund! Das Leben ist Grund!

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- 199 -

Punkte...

Ich wünsche mir ein Leben ohne Punkte... - ein Leben ohne Gedankenstriche...

- ohne Ausrufezeichen! - ohne Fragen...

Ich wünsche mir ein Leben

in dem jeder Satz genau nur EINEN Punkt am Ende trägt, in dem jeder Gedanke eineindeutig für sich selber steht,

in dem die Dinge sind, wie sie sich zeigen...

...

Manchmal - höre ich Musik so laut, dass es mir jede Überlegung aus dem Körper fetz,

sich all mein Da-Sein bündelt - auf diese eine Emotion... - dann werden Momente Punktelos...

Und manchmal - auf der Autobahn

- wenn ich richtig schnell bin, da erhebt sich die Fahrspur für mich gen Himmel,

gleich einer Rampe zur Klarheit...

Und die Versuchung ist da, es auszuprobieren, um all den Punkten zu entkommen...

- all den Gedankenstrichen, Frage- und Ausrufezeichen... - Punkt...

...

Manchmal wünsche ich mir ein Leben das einer geraden Linie gleich, vor meinen Augen liegt,

das keinen Irrtum, kein Bedenken, keine Konjunktive kennt, das Gefühle malt, als wäre die Liebe eine Zahl...

ICH WÜNSCHE MIR KEIN LEBEN OHNE PUNKTE!!!

Zu viele kenne ich, die nur sich als einzig Punkt gewahr! - und wissen nicht einmal woher...

Ich setze Punkte! ...

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- 200 -

Der aufgeklärte Mensch

Dem aufgeklärten Menschen

ist nichts mehr heilig,

nichts mehr persönlich,

nichts mehr wahrhaftig,

ehrenwert,

leidenschaftlich oder

von Bedeutung.

Der aufgeklärte Mensch

ist ohne Dauer in seinem Tun,

ohne Tiefe in seinem Denken.

Der aufgeklärte Mensch

ist der nackte Mensch,

ist der entzauberte,

der langweilige Mensch.

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- 201 -

Beständigkeit

Wenn zwei so sicher stehen,

in tosend, wankend Welt

- gemeinsam stehen,

den anderen nie stehen lassend - im Regen

und doch ihn stehend lassen - als das was er ist...

dann! ...

Wenn zwei so aufrecht gehen

durch alle Irren dieses Lebens

- gemeinsam gehen,

den anderen nie gehen lassend - in der Nacht

und doch ihn gehend lassen - für sich selbst...

dann! ...

Wenn zwei so gut sich sehen

in dunklen Spiegelräumen

- gemeinsam sehen,

den anderen nie wegsehen lassend - in der Not

und doch ihn wegsehend lassen - ab und an...

dann! ...

Wenn also zwei beständig sind

im steten Fluss von Raum und Zeit

- gemeinsam sind,

den anderen ergänzend

und doch ihm unterschieden

- ... lieben!

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- 202 -

Der allgemeine Mensch

Ich bin der allgemeine Mensch

der "Alles-Ein- Bisschen-Und-Nichts-Richtig-Könner".

Der, der jede Passion verlacht

der, der wissen will, WAS es ist

der, der wissen will, WIE es funktioniert

und der, der

- hat er es begriffen, durchschaut und verstanden

von dannen zieht - zum nächsten Grund...

Ich bin der, der stets zwischen den Stühlen sitzt

der, der überall sein kann und nie ankommt!

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- 203 -

Der müde Mensch

"Gut Nacht, gut Nacht

und wohl bewacht

schlaf ein du Held

in wirrer Welt.

Die Äuglein zu

leg dich zur Ruh

bis zum Morgen

ohne Sorgen.

Vergiss die Wahl

verdräng die Qual

von Mal zu Mal

von Berg zu Tal.

Träum stattdessen

von Stewardessen ;-)

Es geht dir gut!

Bist müde: Blut..."

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- 204 -

Dein Lachen

... ist Inspiration!

- so voller Kraft, Liebe, Lust am Leben!

Und deine Augen, ja dein ganzer Körper,

sie lachen mit dir mit!

- gleich einem sonnenleichten Frühlingstag!

Mit dir gemeinsam lachen

das ist "Glücklich-Sein"!

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- 205 -

Mit HotSpot

Das Glück fließt mir aus meinen Augen

mein Leben wünscht sich noch einmal.

Zeit und Ort und Mensch mir taugen

bewein ich doch der Meisten Qual.

Du schwimmst nur in deiner Suppe

anderes, das interessiert dich nicht.

Vieles ist dir einfach schnuppe

der Spot nur, ist dein einzig‘ Licht.

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- 206 -

Der perfekte Mensch

Ja, du bist perfekt!

Dein Hemd ist perfekt, sitzt perfekt

und dein Haarschnitt ist perfekt, liegt perfekt.

Deine Sprache und Ausdrucksweise sind perfekt

und deine Schuhe und deine Haltung

und dein Equipment und die Zeitung die du liest sind perfekt

und das Wasser was du trinkst

alles ist absolut perfekt!

Selbst deine Größe und dein Gesicht sind perfekt

dein Körper, deine Zähne sind es sowieso...

und die Uhr die du trägst,

ja selbst die Zeit, sie ist bei dir perfekt...

deine Arbeitsweise, dein Haus und Hof,

deine Versicherungspolicen und Geldanlagen,

dein Weib und Kind - perfekt!

Wahrscheinlich sind selbst deine Gedanken noch perfekt

deine Gefühle...

Man kann mit Fug und Recht von dir festhalten:

du bist absolut defekt!

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- 207 -

Der verliebte Mensch

Ich bin zutiefst in dir versunken

unerreicht, federleicht

bleiernschwer, vorsatzleer

Ich bin Riss, bin tiefe Kluft mit tiefem Grund

bin Tal, bin Gipfel

ohne Mund...

Weggerissen, verbrennend!

Einfach!

Alles!

Mein unsterbliches Gefühl!

Verliebtsein, dass die Liebe einfach wegwischt

- so absolut, dass nur ein "TU ES!" gilt!

Geißelt mich!

verachtet, ja tötet mich!

Mein Begehren bleibt der Sieger!

Alles, alles sehnt zu dir - von mir!

Und ich schließe meine Augen,

mit den deinen in den meinen...

Das Leben lebt!

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- 208 -

Augen-Blicke

Sehn-Sucht

hält AM Leben,

zerreißt!

- uns Frei-Geister...

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- 209 -

Kosmologiegedicht 4

vierzehn Milliarden Jahre

- momentan sind wir dabei

unsere Wiege unsere Bahre

vollkommen gänzlich einerlei

so rätselhaft, so groß, so weit

Antimaterie, Lichtgeschwindigkeit

warum, warum, warum

- es bringt mich um

meinen Verstand und meine Emotionen

welche Fragen sich für wen wohl lohnen:

Fußball: Wer schießt das nächste Tor?

Vierzehn Milliarden Jahre: Was war eigentlich davor?

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- 210 -

In der Kneipe

Ich sitze hier mit Laura und der Silke

und reim so wunderschlecht wie Rilke.

Trink' dabei 'nen Kaffee Latte,

schreib diese Zeilen auf dies Blatte,

rauche meine Kippe runter...

Und? Und? Und?

…schiebe es dem Glase drunter...

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 211 -

Freitod

Ich bin des Lebens satt.

Ich bin des Lebens müd', so müd'...

Vorbei die Zeit in der ich mit dir rang,

vorbei die Zeit in der ich mir dir sprang...

Vorbei die Zeit...

Kein Ort, der mich noch mal ergötzt,

kein Labsal, keine Spannung,

nichts regt, nichts legt...

Nichts, was mich noch gierig macht,

nichts, was neu mich fordert oder sucht...

Ja selbst die kleinen Freuden sind mir ach so fern,

zu nah bin ich dir wohl gewesen...

Ich habe dich durchschaut

zu sehr...

bin satt!

Du kannst mich nicht mehr locken!

Der Teller auf dem du liegst,

ist leer - für mich...

Ich habe dich durchschaut

- du Leben!

ECCE LIBER – die Gedichte des Grenzgängers ___________________________________

- 212 -

Einfach Liebe (in liebe mit dir)

in liebe mit dir

mit liebe in dir

mit dir in liebe

in dir mit liebe

verlangen verlaangsaaameeen

mein vernünftiges engelshaar

mein brausendes wasserauge

mein wechselwesen

da du bist hier

bei mir

mit liebe mit mir

in liebe in mir

leere leere

tiefe tiefe

schwere schwere

einfach liebe

endlich

immer endlich

endlich immer

mein trost mein ziel

meine hoffnung mein mut

meine zweifel meine angst

mein verstand mein grund

mein herz...