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ANNALEN DER PHYSIK 5 . F O L G E B A N D 4 0 H E F T 7 1 9 4 1

Versuch einer Synthese xwlechen Weltenmechathih? wnd Eorpusfiu larirt ech anik

(Zweite Bittedlung)

Vorn M a x Plamclc

Einleitung und Zusammenfassung

Wie ich in einer friiheren Arbeitl) gezeigt habe, fiihrt die Forderung, da0 die (nichtrelatiristische) Wellenmechanik bei uii-

begrenzt abnehmendem h in die klassische Korpuskularmeclianik ubergeht, mit Notwendigkeit zur Einfuhrung einer gebvissen Jlodi- fikation der gegenwiirtigen Theorie, deren Grundziige ich darzulegen versuchte. Da die weitere Verfolgung des eingeschlagenen Weges jetzt einen gewissen AbschluW erreicht hat, so liegt mir daran, das erhaltene Resultat hier mitzuteilen. Die Darstellung unterscheidet sich von der des vorigen Aufsatzes hauptsachlich dadurch, da0 hier neben der als Grundlage der Wellenmechanik dieneuden SchrG- dingerschen Differentialgleichung die fur die motlitizierte Kellen- niechanik charakteristische Hypothese an die Spitze gestellt wird, und da0 daraus dann die Ausdrucke fur die Wellenfunktion und als Grenzfall, fur h ~ t 0, die Gleichungen der Korpuskular- mechanik abgeleitet nerden. Daran schlieBt sich die Behandlung einiger spezieller Gebilde (kraftefreies Elektron, linearw harmonischer Oszillator). Jedesmal werden die Aussageii der modifizierten denen der gegenwartigen Quantentheorie gegeuubergestellt.

Das Wesentliche des Problems, um das es sich hier handelt, sei no& an einem einfachen Beispiel erlautert. Denken wir uns in einem angeregten Atom ein Elektron auf einer hohen Energie- stufe befindlich, entsprechend einer grogen Quantenzahl, so wird es sich nahezu korpusknlar verhalten, d. h. es wird sich niit Gruppen- geschwindigkeit um den Atomkern bewegen. Diesem Umstand triigt die gewohnliche Wellentheorie nach dem Vorgang von Schrod inge r dadurch Rechnung, daB sie eine groBe Anzahl von Partialwellen mit annahernd gleichen Frequenzen passend einander superponiert

1) 31. Planck, Ann. d. Phys. [5] 37. S. 261. 1940; 38. S. 272. 1940. Annalen der Physik. 6. Fdge. 40 33

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und daraus ein Wellenpaket bildet. Das ist mathematisch ohne weiteres zulassig, weil die Wellengleichung linear und homogen ist. Aber mit den verschiedenen Frequenzen werden dem Elektron auch verschiedene Energiestufen gleichzeitig zugeschrieben, und das steht in Widersprnch zum Verhalten des Elektrons auf einer tiefen Anregungsstufe, entsprechend einer niedrigen Quantenzahl. Denn hier befindet sich das Elektron jeweils auf einem einzigen bestimmten und genau angebbaren Energieniveau, niemals auf mehreren zu- gleich, entsprechend dem Umstand, daB ein einzelnes Atom in jedem Augenblick immer nur eine einzige Spektrallinie, niemals mehrere gleichzeitig emittiert. Dieser Satz gehort zu den Grund- lagen der Spektraltheorie.

Die Schwierigkeit spitzt sich also auf die folgende grundsatzliche Frage zu: Kann ein im Atom gebundenes Elektron im stationlren Zustand mehrere Energiestufen zugleich einnehmen oder besitzt es jeweils nur eine einzige Energie? Nach der gewohnlichen Quanten- mechanik ist bei einer groBen Quantenzahl das erstere der Fall, bei einer kleinen Quantenzahl das letztere. DaB dieser Standpuokt befriedigend ist, wird niemand behaupten, solange man nicht Rechenschaft dariiber geben kann, wie sich die Sache bei einer Quantenzahl verhalt, die weder als groB noch als klein bezeichnet werden kann. Solange diese Frage nicht geklart ist, wird man der Quantenmechanik nicht den Charakter einer vollkommen durch- gebildeten Theorie zuschreiben diirfen.

Der von mir unternommene Versuch lauft darauf hinaus, die Voraussetzung, daB ein im stationaren Zustand befindliches Elektron immer nur eine einzige Energie besitzt, allgemein durchzufiihren und dabei dennoch den flbergang in die Korpuskulartheorie fiir groBe Quantenzahlen zu sichern. Gestiitzt wird diese Hypothese durch das ja auch fiir atomare Vorgange jetzt wohl allgemein als giiltig angenommene Prinzip der Erhaltung der Energie, welches wohl keinen Sinn haben wiirde, wenn die Energie nicht einen bestimmten Wert hesiiBe. Die Heisenbergsche Unscharferelation steht der Hypothese nicht im Wege. Denn von dem Ort des Elektrons ist hier iiberhaupt nicht die Rede, und da bei einem stationaren Vorgang auch die Zeit keine Rolle spielt, so IkBt die Unscharfe- relation fiir die der Zeit komplementiire Energie sehr wohl einen genau bestimmbaren Wert zu.

Falls der hier durchgefiihrte Versuch im weiteren Verlauf zu keinem fruchtbaren Ergebnis leiten sollte, so wiirde nach meiner Meinung noch der Ausweg iibrig bleiben, dab der Satz von der Eiudeutigkeit der Energie zwar beibehalten wird, daS aber die oben

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gestellte Frage deshalb als physikalisch sinnlos ausgeschieden wird, weil es unzulassig ist, den Zustand eines angeregten Atoms als dauernd station& zu behandeln, oder mit anderen Worten, weil _die vohtllndige Beschreibung eines angeregten Zustandes nicht mBglich ist ohne Beriicksichtigung der Ausstrahlung, die doch jedenfds im Verlauf einer endlichen Zeit einmal s ta t thdet , und zwar desto friiher, je hoher die Anregungsstufe ist. Dann wiirden in der Rechnung zwei Energiestufen des Elektrons nebeneinander auftreten: die ' Anfangsstufe und die Endstufe der Emission, und dadnrch kannte, wegen der verschiedenen Frequenzen, die Gruppen- geschwindigkeit ihre Erklarung finden.

#ber die endgiiltige Klirung dieser Fragen mu& die Zukunft entscheiden. Aber daB sie einmal aufgeworfen werden, erscheint mir im Hinblick auf die Wichtigkeit einer in sich geschlossenen Formulierung der Wellenmechanik unerl'iBlich.

I. Die modiflsierte Wellenmeabenik

Die Grundlage aller folgenden Betrachtungen ist die nichtrela- tivistische zeitabhangige Schrodingergleichung der Wellenmechanik:

2v 2 i aw div grad v' - - 31, + - - = 0, i' h a t

wo die Wellenfunktion v' und die (zeitunabhbgige) potentielle Energie V abhangig gedacht sind yon den Koordinaten eines be- liebigen Konfigurationsraums, dessen Matlbestimmung durch den quadratisohen Ausdruck der kinetischen Energie gegeben ist I),

In der gewohnlichen Wellenmechanik tritt zu dieser Differential- gleichung die Bedinguug hinzu, daB v' im ganzen Konfigurations- raum eindeutig und stetig ist. In der modifizierten Wellenmechanik dagegen wird verlangt, daB fiir R--to in jedqm Punkt des Kon- figurationsraums dor Quotient 9:

Urn diese Forderung erfiillen zu konnen, muS von den Bedingnngen der Eindeutigkeit und Stetigkeit von v' mindestens eine fallen gelaasen werden. Nun ist die Bedingung der Eindentigkeit von Vr durch keinen physikalischen Grund zu rechtfertigen. Im Gegenteil mu0 beachtet werden, daS bei einer bestimmten gegebenen Energie sehr wohl zwei entgegengesetzte Richtungen eines Vorgangs m6glich sind.

1) E. Schrodinger, Ann. d. Pbys. 79. €3. 491. 1926. 2) M. Planck, Ann. d. Php. [5] b. 6.273. 1940.

33.

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I)aher steht nichts ini Wege, die Bedingung der Eindeutigkeit von !P fallen zu lassen, wenn daniit die Forderung (2) erfullt werden kann.

Zuerst sol1 nun nacbgewiesen werden, dab, wenn die Beziehung (2) gilt, die Wellenmechanik bei unbegrenzt abnehmendem k stets in die Korpuskularmechanik iibergeht. Setzen wir:

(3) V = e h , S = - i k l o g v ' ,

so gehen die Gl. (1) und (3) iiber in:

.s

as 1 itL + -51gr;dS/2 + V - -divgradS = 0 (4) a t 2 unrl

(5 1 ii div grad S -. jS'"d -s I-?- - t o

Daraus folgt fur h Kontigurationsraum :

t 0 als Di~erentialgleicliung von S im ganzen

a s 1 - + TjgradSj:! + 'v = 0 .

Das ist die H a m i l t o n - Jacobische Differentialgleichung, welclie den inhalt der Korpuskularmechanik bildet. Dabei ist S die ffiikungsfunktion. Wenn also in eineni Gehilde von f Freiheits- graden fur die \Tellenfunktion v' eine Losung der Wellengleichung(1) gefunden ist, welche autler den f Koordinaten q l , q a , . . . q, und der Zeit i noch f Konstaute cl, c2, . . . cf enthllt, so sind

(6) 6 t

die f Bewegungsgleichungen, welche die Koordinaten a. . . . q, nls Furiktion der Zeit t darstellen. -

Eine partikulare Losung von (1) und (2) ist:

(8) V =

wenn q~ der zeitunabhangigen

(9) div grad ,yf + und wenn

ict - __ e b Tf' 7

- (c - V ) . lp = 0 ,

Schrodingergleichung geniigt: 2 h'

-t 1 fur h ~ -t 0 .

Die Wirkungsfunktion ergibt sich dann nach (3) als:

(11) s = - c t - ih log y,

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und die f Bewegungsgleichungen nach (7), indem wir c, die Energie des Qebildes, mit cr identifizieren:

(12) -- a'og* - - const, - a log w = const, . . . t + i~- - 1% w = const. a c1 a c* a c

Durch Differentiation nach t kann man hieraus die Geschwindigkeits- komponenten q,, q, , . . . q, (Korpuskulargeschwindigkeit, Gruppen- geschwindigkeit) der Bewegung ableiten. -

Fur einen einzigen Massenpunkt m im Euklidischen Raum mit den rechtwinkligen Koordinaten 2, y, z geht die Schrodingergleichung (9) uber in:

(13)

und die fiir die modifizierte Wellenmechanik charakteristische Be- dingung (10) in:

apv asty v * (g + aye + T j (%)* + (s)2+ (z)

+ 1 fur h --f 0 . aw * (14)

11. Dse kriiftefreie Elektron

Fur ein kraftefreies Elektron ist V = 0 und nach (13):

Eine Losung dieser Differentialgleichung ist : 2y = e i h z t CSY t el%), (16)

c,* + c22 + c,z = -- (17) A'

wenn 2m c

Die Bedingung (14) ist identisch erfiillt, gibt also keinerlei Ver- anlassung zu einer Modifikation der gewohnlichen Theorie.

Die Wellenfunktion P ergibt sich aus (8) als:

1. - i (G-42- cay - c.2 (18) ! P = e

Daher ist c/h die Frequenz, c, , c2, cs die Wellenzahlen der deBroglie- welle. Die Phasengeschwindigkeit der Welle betragt

1( ]/CIS + cn*'+ c,*

- U = c -=v'&. (1 9)

Fiir R + 0 ergibt sich die korpuskulare Bewegung des Elektrons aus den 01. (7) mit f = 3, .wobei wir wegen der Symmetrie cl, c ~ , cs

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als unabhilngig, und c nach (17) als abhhngig behandeln. Dann folgt aus ihnen mit den Ausdriicken von 8 und !P nach (3) und (18):

t + x = const, - - I r C 1 c* m m m - s t + 2 = const, --st + y = const,

und daraus durch Differentiation nach t die korpuskulare oder Qrnppengeschwindigkeit :

also dae Doppelte der Phasengeschwindigkeit u, wie es dem Wert 1 der Energie c = B m w 2 ent~pricht~).

Die gewiihnliche Wellenmechanik, welcher * die Bewegungs- gleichungeu (7) fremd sind, vermag von der Korpuskulargeschwindig- keit v nur durch die Superposition mehrerer Partialwellen mit ver- schiedenen Frequenzen Rechenschaft zu geben. Damit wird aber die Bestimmtheit der Energie c aufgehoben. Daher ist in der gegen- wiirtigen Wellenmechanik eine bestimmte Korpuskulargeschwindigkeit unvertriiglich mit einer bestimmten Energie.

111. Der lineere hermonisohe Ossillator

E’iir einen linearen harmonischen Oszillator mit der Masse m ist die potentielle Energie bei der Elongation 5:

k T‘ =-a?, a also die Wellengleichung (13)

In ‘dieser Dieerentialgleichung besitzt die Energie bekanntlicha) die Eigenwerte:

(n P 0, 1, 2, 3, . : .).’ Die Bedeutung der Quadratwurzel als Frequenz der korpuskularen Eigenschwingung des Oszillatora wird sich. erst beim obergang zur Korpuskularbewegung heransstellen, da hier allein von der Wellen- theorie ausgegangen wird.

1) Der Unterechied gegeniiber der de Broglieschen’ Beziehung u v = c* (c Lichtgeechrindigkeit) riihrt natiirlich davon her, da8 hier nichtrelativistiach gerechnet wird., Der Wed von v wird durch dieaen Gegenaata nicht weeent- lich betroffen, wohl aher der von u.

2) E. Schrtidinger, Naturw. 14. 8.664. 1926.

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Wenn man statt R die Quantenzahl n einfiihrt, so lautet die Differentialgleichung (21):

123)

- wobei zur Abkiirzung gesetzt ist:

(24) v = 2 n + 1 und ' a = i $ -

und reell. gultig ftir den ganzen Raum'):

In der gewiihnlichen Wellenmechanik 1st q iiberall eindeutig Dann ergibt sich aus der Differentialgleichung (23) als

0' -- (25) v=e a . H , ( t ) ,

(26) .g=+-- wobei:

X -

und das B e r m i t e sche Polynom :

Der Nomierun@;sfaktor ist hier und auch bei dlen folgenden Be- trachtungen ohne Belang. & ist daher stete unberiicksichtigt gelassen.

In der modifizierten Wellenmechanik dagegen muB w nach (14) der Bedinguhg

(28) a'* v * a , I

--3 1 fiir R - 0

genligen. Daher ist zunbhet zu prtifen, wie sich der Wert ton q~ verhalt, wenn bei festgehdtenen Werten von m, k, c, a und x dsa 'Wirkungsquantum R unbegrenzt gegen Null geht, oder, was nach (22) das niirdiche ist, wenn die Ordaungszahl n bzw. Y unbegrenzt ins Unendliche wiichst. Diem Untersuohung allgemein an dem Hermiteschen * Polynom vorzunehmen ist schwierig, weil g nach (26) mit wachsendem v ins Unendliche wilchst. Daher wollen wir die PrUfang zuniichst fiir einige spezielle FBlle anstellen, und gehen dabei am bequemsten direkt von der Differentialgleichnng ('13) Bus.

Nehmen wir zuerst den Fall z>a. Dann geht (23) ilber in:

(2)'

1) A. Sommerfeld, Atombau und Spektrallinien. 11. Bd. S. 35. 1939; C1. Schsefer, Einfiihrung in die theoretische Physitr. ILL Bd. 2. ail. 8.281. 1937.

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Hieraus folgt, fur beliebige w, bis auf Glieder hoherer Ordnung:

Setzt man diese Ausdrucke in (28) ein, so ergibt sich tatsachlich der Wert 1. Also bleibt fur x >> a der polynomische Ausdruck (25) der Wellenfunktion y auch in der modifizierten Wellenmechanik gultig.

Nehmen wir nun aber den anderen extremen Fall 5 << a. Dann geht (23) uber in.:

Hieraus folgen fur beliebige Y zwei verschiedene reelle Losungen:

(32) a Sie entsprechen den Ausdriicken, in welche das Hermitesche Polynom (27) fur E < 1 ubergeht, je nachdem n gerade oder nn- gerade ist. Ein Vergleich mit (28) zeigt aber, da6 keiner von beiden fur Y --f 00 der Bedingung genugt, and daraus folgt, da6 hier die modifizierte Wellenmechanik von der gewohnlichen abweicht.

Um nun die Bedingung (28) erfullen zu konnen, miissen wir von der allgemeinen Losung der Differentialgleichung (31) ausgehen:

Y X . YX 7~ = C 0 8 - und y = 51D -.

(33) Y X YX y = Acos- + B sin-, a

wo A und B die Integrationskonstanten sind I). Dann nimmt die Bedingung (28) die Form an:

( A c o s a YX

,-• 1 . v x

1) Man wende gegen diesen Ansatz nicht ein, daB die beiden parti- kulken Losungen unmoglich augleich giiltig sein konnen, sondern immer nur eine einaige: entweder, wenn 11. gerade, der cos, oder, wenn n ungerade, der sin. Denn eine solche Behauptung beruht &uf der unautreffenden Voraussetzung, daB fur x < a die Wellenfunktion ry durch das Hermitesche Polynom aus- gedriickt wird. Notwendig ist nur die Vorausseteung, daB y der Differential- gleichung (31) geniigt, und das tut sowohl der COB als auch der sin, einerlei, ob n gerade oder ungerade ist.

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Sie ist immer dann und nur dann erfiillt, wenn B = f i A .

Daraus ergibt sich nach (33) in der morlifizierten Wellenmechanik fa r x < a ein doppeldeutiger Ausdruck der Wellenfunktion, abgesehen von dem belanglosen (reellen oder komplexen) Normierungsfaktor:

(34) a a Nachdem wir so die in der modifizierten Wellenmechanik

gtiltige Wellenfunktion y fiir die extremen Falle x > a und x < a festgestellt haben, wollen wir das namliche fur einen beliebigen Wert von x tun. Dabei mu6 sich, wie wir gesehen haben, eio wesent- licher Unterschied ergeben, je nachdem z s a , und es liegt nahe, fiir x > a den eindeutigen Ausdruck (25) der gewbhnlichen Wellen- mechanik beizubehalteo, dagegen fur x < a, in Analogie zu (34), den doppeldeutigen komplexen Ausdruck zu setzen:

wo I,O, und ips die beiden reellen Lbsungen der Differential- gleichung (23) sind:

i V 5 v r . . Y x *T y = cos- f z sin- = e

(35) Y = w1 f%,

(37)

(v - 3) (v - 7) (v - 11). . . (v + 1 - 44 b, = (- l ) * ~ * + ' -. i = O

Es sind dies die beiden unendlichen Reihen, die entstehen, je nachdem n gerade oder ungerade ist, wenn man in dem Ausdruck(25) von I,D die Exponentialfunktion nach Potenzen von ga entwickelt und die Multiplikation mit dem psesend normierten Hermitesohen Polynom gliedweise ausftihrt. Filr x Q a wird:

q~~ =COB-, q2 = sin-, vx . Y O

a a

und damit geht 9 in (32) tiber, wie es s e h md.

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Die beiden Reiheneotwicklungen (36) und (37) sind aber nur fiir endliche Werte von Y branchbar. Urn die Wellenfunktion 9 fiir unbegrenzt wachsende Y zu ermitteln, geht man am besten wieder direkt von drr Differentialgleichung (23) aus und integriert sie far v > 1 und beliebige x. Venn wir zu diesem Zweck, in Verallgemeinerung von (34, setzen: (88) y = e * w ,

wobei wir die Funktion w unabhangig von v annebmen, und wenn wir auBerdem statt x < a a18 unabhiingige Variable den Winkel qj einfiihren zwischen $ und - ;): (

so geht die Differentialgleichung (23) uber in:

Fiir v> 1 ergibt sioh daraus als erste Nhhernng:

Darans:

w =-fT(rp+sinycosq)+const, i (42)

and nach (38b bei willkiirlicher Normierung:

Urn zu priifen, ob dieser Ausdruck der Wellenfunktion der Forde- rung (28) geniigt, bilden wir mit Benntzung Ton (38), (39) und (41):

and in erster Nlihernng:

Da diese Werte die Bedingung (28) identisch befriedigen, so stellt der doppeldeutige komplexe Ausdpck (43) von q~ die Wellenfunktian flir 2 < a und v > 1 in der modifizierten Wellenmechanik dar.

In der gewohnlichen Wellenmechanik ist dagegen 1 stets ein- deutig und reell. Nun sind in (43) zwei verschiedene reelle Lasungen enthdten, n h l i c h :

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(44) cos + (sp + sin sp cos y ) = cos (arc sin 2 + 4 d q ) = q+ 2 a a

und

(45) sin-( b +sinycosrp)=

Die Unbestimmtheit, die hierin liegt, wird dadurch behoben, daS nach (25) die Wellenfunktion fur gerade n eine gerade Funktion, fur ungerade n eine ungerade Funktion von 5 ist. Deher wird in der gewohnlichen Wellenmechanik fur z < a und v > 1 die Wellen- funktion bei geradem n durch yl, bei ungeradem n durch q2 dar- gestellt. Fur. den speziellen Fall z Q a geht ihr Wert, wie es sein mu6, in die friiher bei beliebigem Y gefundeiien Ausdrucke (32) iiher.

Der Vollstiindigkeit halber berechnen wir die Wellenfunktion fur v > 1 noch in dem Falle, da6 z > a. Dann liegt es nahe, mit Beibehaltung von (38) zu setzen:

X a'p.=- 1 (46) Y -Qfy? as aGincp 7

wodurch die Differentialgleichuug (23) iibe:geht in: - ~ i n 4 y + - - ( ~ - t ~ t Q y J = ) 1 asw 8 W = o . &)'

Fiir v> 1 ergibt sich daraus als erste Niiherung:

Daher:

(47) 1

(48) UJ -f T ( y - 6iny6ofrp) + const

und nach (38), da q~ auch im Unendlichen (5 = 00, y = a) etetig iet:

Dieser eindeutige reelle Ausdruck gilt, wie wir allgemein fur 5 > a gesehen haben, in der modifizierten ebenso wie in der gewohnlichen Wellenmechanik. . Er befriedigt die Bedingung (28) und geht fur z > u , wie es sein md, in den Ausdruck (30) iiber, da dann Gin9 = ~ o f y = + > y .

Der Vorzug der modifizierten Wellenmechanik beruht damuf, da6 man von ihr aus fiir h--t 0 unmittelbar zur Korpuskular- mechanik gelangt, ohne erst den Umweg uber die Einfiihrung von Wellen verechiedener Frequenzen bzw. Energien mkchen zu miissen.

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Aue dem Ausdruck (43) der Wellenfunktion y fur v > 1 ergeben sich nwlich die Bewegungsgleichuugen (1 2):

oder mit Rucksicht auf (22) und (24):

Die Differentiation von rp nach c ist bei konstant gehaltener Kon- figurationskoordinate x auszufuhren. Es gilt daher nach (39):

und nach (24):

Mit diesen Werten lauten die Bewegungegleichungen:

t f: vF - sp = const

- oder nach (39):

(62) z = a sin [ -+ i+ t + const).

Die korpuskulare Bewegung ist also eine harmonische Schdngung

mit der Amplitude a und der Frequenz G. Urn vom Standpunkte der gewohnlichen Wellenmechanik zu

diesem Resultat zu gelaugen, muS man bekanntlich, wie Schro- d inger a. a. 0. gezeigt hat, ein passendes Wellenpaket billten. Dabei werden dem schwingenden Elektron verechiedene Frequenzen oder Energiestufen gleichzeitig zngefichrieben, und in der Verteilung der Schwingungsamplituden auf die verschiedenen Frequenzen herrscht von vornherein eine gro6e Unbestimmtheit, die nur durch einen besonderen Kunstgriff iiberwunden werden kann, wiihrend in der modifizierten Wellenmechanik die Operationen alle nach ein- dentigen Vorschriften verlaufen.

Ber l in-Grunewald , Oktober 1941.

(Emgegangen 17. Oktober 1941)


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