Hans-Michael Schäfer - Arbeitsbereich Lehre
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Motto: präventiv …
… statt kurativ
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Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Lerninhalte
1. Definition: Vorbeugung – Früherkennung
2. Realisierungsebenen von Prävention
3. Gesetzlich empfohlene Maßnahmen der
Gesundheitsvorsorge
4. Möglichkeiten der Prävention und Früherkennung in
der Hausarztpraxis, „Settings“
5. Weitere Präventionsmöglichkeiten in der
Hausarztpraxis
6. Private Vorsorgeuntersuchungen
7. Krankheiten und Verhalten mit Präventionspotential
8. Salutogenese – ein neuer Ansatz?
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1. Definition
Prävention: – „zuvorkommen“
…Krankheit oder die Verschlechterung des
Gesundheitszustandes vermeiden
Früherkennung:
...Krankheit in möglichst frühem Stadium
erkennen
Vorbeugung
Vorsorge
Früh-
erkennung
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1.1 Primärprävention
Erkennen von Risikofaktoren für eine Erkrankung
Krankheitsentstehung vorbeugen
Bewusstsein für Schädigungspotential erzeugen
Vorhandene Ressourcen nutzen
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Primärprävention – Screening?
Vorverlegung der Diagnose, bessere Therapiechance
Cave!!!
1. Falsch positive Ergebnisse
2. Vorformen/Risiken ohne Auswirkung
3. Tod durch Intervention
4. Tod durch konkurrierende Todesursache
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1.2 Sekundärprävention
Folgen des Eintritts eines „Ereignisses“ minimieren
Bewusstsein für vorhandene Risiken schaffen
Risikofaktoren für das erneute Auftreten eines
Ereignisses minimieren
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1.3 Tertiärprävention
Wiedereingliederung nach stattgehabtem Ereignis
Soziale Reintegration
Erhalt bestmöglicher Unabhängigkeit von
Versorgung durch andere
Vermeidung von „Pflegebedürftigkeit“
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2. Realisierungsebenen präventiver Maßnahmen
Individuelle Beratung
Gruppenarbeit / Gruppenprogramme
Gemeindeebene
(z.B. Vortragsreihe an einem Kurort)
Nationale Gesundheitsprogramme
(z.B. HIV – „.. Gib AIDS eine Chance“)
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3. Gesetzlich empfohlene Vorsorgeleistungen
Medizinische Vorsorgeleistungen (Check up,
Krebsvorsorge)
Beratung zur Antikonzeption
Mutterschaftsvorsorge
Impfprogramme
Arbeitsschutzmaßnahmen
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4. Möglichkeiten der Prävention in der
Hausarztpraxis
Kindervorsorgeuntersuchung
(U3 … 6 Wo postpartal,
bis U9 … Schulreife)
Jugendgesundheits-
untersuchung U10 bzw.
„J1“ 13.-14.Lbj.
Jugendarbeitschutz
(Eintritt ins Berufsleben)
Check-up (35)
Hautkrebs-Screening (35)
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4. Möglichkeiten der Prävention in der
Hausarztpraxis
Krebsvorsorge-Untersuchung
beim Mann ab 45. Lbj.
Test auf okkultes Blut im Stuhl ab
50. Lbj.
Aufklärung Vorsorge-Koloskopie
ab 55. Lbj.
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4.1 Übersicht Kindervorsorge
U 1 Klinik
U 2 3. - 4. Lebenstag
U 3 4. - 6. Lebenswoche
U 4 3. - 4. Lebensmonat
U 5 6. - 7. Lebensmonat
U 6 10. - 12. Lebensmonat
U 7 21. - 24. Lebensmonat
U 7a 34. - 36. Lebensmonat
U 8 3,5. - 4. Lebensjahr
U 9 5.- 5,5. Lebensjahr (Einschulung)
U 10 (J1) 13. - 14. Lebensjahr „Jugendgesundheitsuntersuchung“
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4.2 Jugend-Gesundheitsuntersuchung
13.-14. Lebensjahr:
Anamnese (Chronische Erkrankungen, Impfstatus,
Gesundheitsverhalten)
Körperliche Untersuchung (Gewicht, Größe, Blutdruck,
Struma, Wirbelsäule, Genitalentwicklung nach Tanner)
ggf. Labor bei familiärer Vorbelastung (Cholesterin)
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Tanner Stadien
B = Brust P = Pubes P = Pubes T=Testes
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4.3 Eine weitere gesetzliche Maßnahme der
Gesundheitsvorsorge:
Jugendarbeitsschutzuntersuchung „JuSchu“(JASchu):
... in der Hausarztpraxis
beim Arbeitsmediziner/Betriebsarzt
beim Gesundheitsamt
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„JArbSchG“
Pflichtuntersuchung für Jugendliche, die vor Berufsbeginn
noch nicht 18 Jahre alt sind, umfasst:
1. Erstuntersuchung (§32 JArbSchG)
2. Erste Nachuntersuchung (§33 JArbSchG)
3. Weitere Nachuntersuchungen (§34 JArbSchG)
4. Außerordentliche Nachuntersuchung
(§35 JArbSchG)
5. Ergänzungsuntersuchung (§38 JArbSchG)
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Inhalt der Jugendarbeitsschutzuntersuchung
1. Familien- und Eigenanamnese (schriftliche Angaben
des Jugendlichen und ärztliches Gespräch)
2. Körperliche Untersuchung einschließlich Blutdruck-
u. Pulskontrolle
3. Orientierende neurologische Untersuchung
4. Untersuchung der Sinnesorgane
5. Urinschnelltest
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„JArbSchG“
Kostenträger:
Staatliches Gewerbeaufsichtsamt!
(Regierungspräsidium)
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4.4 Gesundheitsuntersuchung „GU 35“
35. Lbj. vollendet
alle 2 Jahre
standardisierte Anamnese
Körperliche Untersuchung
Laboruntersuchung: Gesamtcholesterin, Glucose im Serum, Urin
Beratung zu Gesundheitsrisiken
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„Check-up? … Ja! Sie bekommen einen Termin zu
Blutentnahme (und EKG), danach will Sie der Doktor zur
Auswertung sehen …“
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Organisation einer Gesundheitsuntersuchung
Termin 1: Labor, (EKG) (Helferin)
Termin 2: Anamnese, körperliche
Untersuchung, Besprechung
Laborergebnisse, weitere
Konsequenzen – diagnostisch
wie therapeutisch
(ca. 15-20 min Arzttermin)
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Fallvorstellung!
- verheiratet, war von Beruf Gastwirt, lebt jetzt mit seiner Frau im
Ruhestand
- wenig Bewegung, im Sommer Gartenbau in der Kleingartenanlage
- raucht seit der Jugend 20-25 Zig/Tag, trinkt 2-3 Flaschen Bier/Tag
- Mutter im Alter von 60 Jahren „Alterszucker“, hoher Blutdruck erlitt
im Alter von 81 Jahren einen Schlaganfall und starb, nachdem sie ein
Jahr als Pflegefall in einem Altenheim gelegen hatte
- beim Check-up Nüchtern-Bz von 143 mg/dl, postprandial gemessener
Wert jetzt 189 mg/dl
- Blutdruck aktuell 165/100 mmHg, Puls 76/min, absolute Arrhythmie
- mäßiges Übergewicht (BMI 27)
- EKG: normfrequente absolute Arrhythmie
- übrige Laborwerte bis auf den Bz und 270 mg/dl Ges.-Cholesterin
(LDL 168 mg/dl) und Triglyceride von 290 mg/dl normal
Herr Klein, 65 Jahre alt
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Preisfrage:
Wie hoch ist das Risiko
von Herrn Klein,
innerhalb der nächsten
10 Jahre einen
Schlaganfall oder
Herzinfarkt zu
erleiden?
? über 30%!
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Instrumente zur Risiko-Abwägung
Sheffield-Tabellen (aus: Framingham-Studie, 1948 ff.) Risk factor scoring for coronary heart disease
BMJ 2003;327:1238
Procam-Rechner (Prospective Cardiovascular Study
Münster) seit 1978 Erhebungen Stadt Münster und 100 km Umkreis, Assmann-Stiftung
ARRIBA-Programm entwickelt von den Universitäten Marburg, Düsseldorf, Rostock,
Instrument für Hausärzte seit 2008
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Sheffield-Tabelle 1996
Autoren:
M. Berger et al.,
Klinik für Stoffwechselkrankheiten und
Ernährung (WHO Collaborating Center for
Diabetes), Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf, 1996
Zusammenfassung:
- Hinsichtlich der Gesamtmortalität ergibt sich kein Nachweis für einen Nutzen der primärpräventiven Lipidsenkung
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PROCAM Risikorechner
Nach Resultaten der Framingham-Studie
Schnelltest für Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko
Für Frauen im Alter von 45 bis 65 Jahren und Männer
im Alter von 35 bis 65 Jahren.
Identifiziert über 90 % aller Personen mit einem
besonders hohen Herzinfarktrisiko
Auf Basis dieses Tests wird jedem Fünften eine
ärztliche Untersuchung empfohlen
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PROCAM als Risikorechner in der Praxissoftware
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ARRIBA … ein Instrument für den Hausarzt
„...Blutdruck, Cholesterin, Rauchen – das sieht man
heute nicht mehr für sich. Vielmehr muss man das in
einem Zusammenhang sehen, und das wollte ich mit
Ihnen zusammen berechnen. Man kann mit den
heutigen medizinischen Erkenntnissen ganz gut für den
einzelnen Menschen abschätzen, was auf ihn
zukommt.”
ARRIBA Konzept, Allgemeinmedizin,
Universität Marburg
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ARRIBA
Aufgabe gemeinsam definieren
Risiko subjektiv besprechen
Risiko objektiv messen, berechnen
Information des Patienten über
Präventionsmöglichkeiten
Bewertung der Präventionsmöglichkeiten
Absprache über weiteres Vorgehen
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4.5 Krebsfrüherkennung
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„Krebsvorsorge“ Männer
ab 45. Lbj. jährlich
Anamnese (Stuhlverhalten, Urinieren,
Hautveränderungen)
Untersuchung des äußeren Genitale
Digitale rektale Austastung
Urin-Untersuchung
Test auf okkultes Blut im Stuhl (ab 50 Jahre)
Koloskopie (ab 55. Lbj. alle 10 Jahre)
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Stadien einer BPH beim Mann
Stad. 1 : Reizstadium: verzögerter
Miktionsbeginn, Harnstrahl <
Stad. 2 : Restharnstadium: Pollakisurie,
Nykturie 3-5x
Stad. 3 : Dekompensationsstadium,
Überlaufblase, Harnstauungsniere
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„Krebsvorsorge“ Frauen
Ab 20. Lebensjahr: Anamnese, Untersuchung
Abdomen, vaginal, Portio, Abstrich, bimanuelle
Palpation
Ab 30. Lebensjahr: dto. + Mammae, Axillen
Ab 50. Lebensjahr: dto. + Test auf Blut im Stuhl,
Urinuntersuchung, rektale Untersuchung
Ab 55. Lebensjahr: Koloskopie
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„Krebsvorsorge“ bei der Frau
Ergebnisse der Abstrichuntersuchung nach
Papanicolaou
Stad. Pap. 1 = Normalbefund
Stad. Pap. 2 = leichte Anomalien
Stad. Pap. 3 = unklarer Befund
Stad. Pap. 4 = verdächtiger Befund
Stad. Pap. 5 = Zellen eines malignen Tumors
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Hautkrebs-Screening
seit 2008 bei Haus- und Hautarzt durchführbar
Inanspruchnahme ab 35. Lebensjahr alle 2 Jahre
Zusatzqualifizierung (Seminar) notwendig
Anamnese standardisiert
Inspektion gesamtes Hautorgan
einfache Dokumentation
Verdachtsdiagnose formulieren: Melanom, Basaliom,
Spinaliom
bei Verdacht Überweisung zum Hautarzt
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5. Weitere Präventionsmöglichkeiten in der
Hausarztpraxis
Kontinuierliche Betreuung!
Impfung (Vorlesung „Impfen“)
Allgemeine Hygieneberatung („Vorlesung Hygiene“)
Tauglichkeitsuntersuchung („IGeL-Leistung“)
Ernährungsberatung (individuell, Gruppe, Gemeinde)
Bewegungstherapie/Stressbewältigung
....
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6. Private Vorsorgeuntersuchungen:
„Tauglichkeitsuntersuchungen“
Sport(boot)- Tauglichkeit
Breiten- und Leistungssport
Wettkampfsport
Lebensversicherungsgutachten
„IGeL-Leistungen“: vom Vorsorgeultraschall über PSA-
Wert bis hin zu allen sinnvollen (?) aber nicht
notwendigen Untersuchungen
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Ergometrie in der Prävention bei
beschwerdefreien Patienten?
Nur als IGeL z.B. bei
Sporttauglichkeitsuntersuchungen!
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Ein Vorsorge – Ultraschall ?
Wird diskutiert
zur Früherkennung des
Bauchaortenaneurysmas!
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7. Krankheiten und Verhalten mit
Präventionspotential
1. Adipositas
2. Metabolisches Syndrom
3. Diabetes mellitus Typ II
4. Berufliche Gefährdung
5. Riskantes Freizeitverhalten
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... das sollten Sie heute gelernt haben:
1. Definition: Vorbeugung – Früherkennung
2. Realisierungsebenen von Prävention
3. Gesetzliche Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge
4. Möglichkeiten der Prävention und Früherkennung in
der Hausarztpraxis, „Settings“
5. Weitere Präventionsmöglichkeiten in der
Hausarztpraxis
6. Private Vorsorgeuntersuchungen „IGeL“ u.a.
7. Krankheiten und Verhalten mit Präventionspotential