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Update zum LehrbuchDeutsche Bearbeitung von Gerhard Walter (Update der Kapitel 4, 14, 15,21) Thomas Oliver Zugck (Update der Kapitel 4, 5, 8, Anhang 17) Davina Seidel (Koordination und Bearbeitung, Update des Kapitels 2) In Zusammenarbeit mit ITLS Germany e.V. (www.iTrauma.de)

GERMANY

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InhaltsbersichtKapitel 2 Kapitel 4 Kapitel 5 Kapitel 8 Untersuchung und initiale Manahmen bei Traumapatienten Update Initiales Atemwegsmanagement Update Manahmen zum Atemwegsmanagement Update Schock Untersuchung und Behandlung Update

Kapitel 14 Extremittentrauma Update Kapitel 15 Manahmen beim Extremittentrauma Update Kapitel 21 Herz-Kreislaufstillstand nach Trauma Update Anhang

III

Untersuchung und initiale Manahmen bei Traumapatienten Update2.1 Untersuchung von Traumapatienten. .... ....... ....... ..

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2BERBLICK

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UNTERSUCHUNG UND INITIALE MASSNAHMEN BEI TRAUMAPATIENTEN UPDATE

Untersuchung von Traumapatienten

2.1

Die Einschtzung und Behandlung von Traumapatienten erfolgt nach einem Algorithmus, der im zweiten Kapitel des Buches Prklinische Traumatologie beschrieben wird. Hier hat ITLS einige nderungen vorgenommen. Allerdings bleibt es das Ziel des Algorithmus, dass Sie lebensbedrohliche Traumapatienten schnell identizieren und deren Behandlung zeitlich optimieren knnen. Es wird mehr Wert auf den Verletzungsmechanismus gelegt. Wenn Sie dem ITLS-Algorithmus folgen, sollen Sie sich nach der Ersteinschtzung noch mal die Frage stellen, ob es sich entweder um einen generalisierten oder unbekannten Verletzungsmechanismus handelt oder um einen lokal wirkenden Verletzungsmechanismus. Diese berlegung bietet Ihnen zustzlich eine Entscheidungshilfe, ob Sie im weiteren Verlauf eine Schnelle TraumaUntersuchung oder eine Gezielte Untersuchung durchfhren mssen ( Abbildung 2.1). Die nderungen betreffen weiterhin die Flle, in denen Sie den ersten Abschnitt des Algorithmus (Primary Survey) als Untersuchender unterbrechen drfen. Es sind hierbei nur 3 Situationen denkbar. Erstens bei Atemwegsverlegung, (die nicht durch Ihren Teampartner behoben werden kann), zweitens bei Reanimation und drittens bei Gefahren an der Einsatzstelle. Auch in punkto Beatmung gibt es nach ITLS Neuerungen. Sie fhren die assistierte Beatmung nun bei Patienten mit einer Atemfrequenz von unter 8 pro Minute durch. Haben Sie eine Kapnograe zur Messung des expiratorischen CO2 -Gehalt verfgbar sollte unter Beatmung ein Wert von 3540 mmHg erzielt werden. Auch ossen neue Erkenntnisse bei der Behandlung von Blutungen, die Sie nicht durch direkten Druck stoppen knnen, in die neue Auage ein. ITLS schlgt nun die sofortige Benutzung von kommerziell gefertigten Abbindern (Tourniquets) vor. Sollten Sie Blutungen gerade an Hals, Leiste oder den Achseln nicht stoppen knnen, kann Quick Clot verwendet werden. Dieses Granulat wirkt, indem es die Koagulation des Blutes in der Wunde frdert. Zur Bewegungseinschrnkung und Befrderung des Patienten sind einige Schaufeltragen (z. B. Ferno) genauso geeignet wie Spineboards. Wenn Sie die Schaufeltrage benutzen, sollen Sie jedoch darauf achteten, dass der Rcken auch hier bestmglich untersucht wird. Die neurologische Untersuchung bei bewusststeinseingeschrnkten Patienten erfolgt als Erstes, nachdem Sie den Patienten in den Rettungswagen gebracht haben. Sie dient dazu Patienten mit mglicherweise erhhtem Hirndruck (ICP) zu identizieren. Diese Untersuchung beinhaltet die Pupillenkontrolle, GCS, Blutzuckerkontrolle aus Kapillarblut sowie Zeichen cerebraler Einklemmung. Die Regelmige Verlaufskontrolle fhren Sie direkt im Anschluss, bei Load-go-treatPatienten immer whrend der Befrderung durch. Der seit ber 25 Jahren unvernderte ITLS-Algorithmus wurde nun aktueller Wissenschaft angepasst und stellt somit auch weiterhin eine gute Untersttzung bei der Behandlung von Traumapatienten dar.

LITERATURHINWEISEAlam, H.B., et al. 2005. Hemorrhage control in the battleeld: Role of new hemostatic agents. Military Medicine 170: 6369. Krell, J.M., et al. 2006. Comparison of the Ferno scoop stretcher with the long backboard for spinal immobilization. Prehospital Emergency Care 10: 4651.

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Untersuchung von Traumapatienten

ITLS-AlgorithmusBeurteilung der Einsatzstelle Persnliche Schutzausrstung Gefahren an der Einsatzstelle Patientenanzahl Weitere Einsatzkrfte oder Ausrstung erforderlich Verletzungsmechanismus

Abschnitt 1 - Primary survey

Ersteinschtzung Gesamteindruck Bewusstseinslage Atemwege Atmung Kreislauf

Verletzungsmechanismus?

generalisiert oder unbekannt

lokal

Schnelle Trauma Untersuchung

Gezielte Untersuchung

Load-go-and-treat Entscheidung

Abschnitt 2

Erweiterte Untersuchung Secondary survey

Regelmige Verlaufskontrolle

Abbildung 2.1: Schritte der Untersuchung und Behandlung von Traumapatienten nach dem ITLS-Algorithmus.

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Initiales Atemwegsmanagement Update4.1 4.2 Abschtzen von Schwierigkeiten bei der Beatmung mit einem Beutel-Masken-System . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschtzung einer erschwerten endotrachealen Intubation . . . ......

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4BERBLICK

....... ....... ...... .....

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INITIALES ATEMWEGSMANAGEMENT UPDATE

Abschtzen von Schwierigkeiten bei der Beatmung mit einem Beutel-Masken-System

4.1

Die Beutel-Masken-Beatmung ist ein Beatmungsgert, das ein festes Volumen von durchschnittlich 800 ml liefert. Wenn Sie den Beutel mit beiden Hnden entleeren, dann sind sogar Volumina von ber einem Liter mglich. Weil ein Masken-Beutel-System mit Sauerstoffanschluss die Einatemluft nur um 4050 % mit Sauerstoff anreichern kann, ist es erforderlich solch einfache Systeme mit einem Reservoirbeutel zu bestcken, um Ihrem Traumapatienten die grtmgliche Menge an O2 anzubieten. Das grte Problem bei dieser Beatmungsform stellt allerdings die Maskenleckage dar. Sie kann das angebotene Volumen um bis zu 40 % und mehr reduzieren. Abhngig vom Maskendesign ist es somit oftmals eine Herausforderung Ihren Patienten mit einem adquaten Volumen zu ventilieren. Neuere Masken versuchen diesem Problem durch Reduktion des Totraums oder bessere Abdichtungsmglichkeiten zu begegnen. Diese Maskentypen haben in Untersuchungen an bungsphantomen dies auch bewiesen und sind deshalb empfehlenswert fr den Einsatz am traumatisierten Patienten. Eine Verbesserung der Maskendichtigkeit kann auch durch das Zwischenschalten einer Gnsegurgel erreicht werden. Dies hilf dabei, die Maske sicherer und fester um die Nase und den Mund abzudichten, wobei Bewegungen des Beutels nicht sofort die Dichtigkeit der Maske beeinussen. Mit einer solchen Verlngerung knnen Sie den Beutel besser auf Ihrem Oberschenkel oder Knie ausdrcken und so das applizierte Volumen besser dosieren. Eine gute Beutel-Masken-Beatmung erfordert ein hohes Ma an Geschick und bung und ist nicht bei jedem Patienten problemlos mglich. Sie als Mitarbeiter im Rettungsdienst mssen diese Probleme kennen und vorbereitet sein. Um eventuelle Schwierigkeiten bei der Beatmung mit dem Beutel und der Maske abschtzen zu knnen hat sich die Eselsbrcke MASKE bewhrt: M Maske schwierig abzudichten A S K E Alte Menschen Schnarcher, Stridor Keine Zhne Erhhtes Krpergewicht Barttrger, Kiefer-, Gesichtsschdelfrakturen Kiefergelenksarthrose, Anatomische Vernderungen COPD, obstruierte Atemwege (Trauma, Fremdkrper, Verbrennungen) Fest sitzende Prothesen bei Intubation belassen Hohe Beatmungsdrcke

All diese Zeichen knnen darauf hinweisen, dass Ihr Patient schwierig mit der Maske zu beatmen sein knnte. So ist die Kombination aus Gesichtbehaarung und Zahnlosigkeit ein sicherer Prdiktor fr eine erschwerte Maskenbeatmung. Adipositas erhht sowohl die Lungen-, als auch die Thoraxcompliance. Bei lteren Patienten, bei denen es auch auf eine Bewegungseinschrnkung der Halswirbelsule ankommt, kann es schwierig werden die optimale Kopfposition zu nden. Und zu guter Letzt sollte Sie ein schnarchendes oder stridorses Atemgerusche aufmerksam fr eine Atemwegsobstruktion machen. Wenn Sie Schwierigkeiten haben Ihren Patienten mit der Maske zu beatmen sollte der erste Schritt sein, die Maske neu zu positionieren und den Einsatz eines naso-, bzw. oropharyngealen Tubus zu erwgen. Ist die Beatmung weiterhin ineffektiv, dann sollte der nchste Schritt sein, eine 2-Helfer-Beatmung durchzufhren. Das heit, dass ein Helfer versucht die Maske mit einem doppelten C-Griff abzudichten whrend der zweite Helfer das Ausdrcken des Beatmungsbeutels bernimmt. Hierbei sollten Sie ein besonderes Augenmerk auf den Esmarch-

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4.2 Abschtzung einer erschwerten endotrachealen Intubation

oder modizierten Esmarch-Handgriff legen, um die Atemwege optimal zu ffnen. Sollten Sie jetzt weiterhin Ihren Patienten insufzient ventilieren, liegt der Verdacht einer Atemwegsobstruktion nahe. Dann ist die Intubation oder eine blind einzufhrende Atemwegshilfe das Mittel der Wahl, um Ihren Patienten in diesem worst-case Scenario berhaupt mit Sauerstoff versorgen zu knnen.

Abschtzung einer erschwerten endotrachealen Intubation

4.2

Die endotracheale Intubation ist der Goldstandard fr Patienten mit erloschenen Schutzreexen oder diejenigen, deren Atembemhungen nicht ausreichend sind. Viele Probleme knnen Ihnen begegnen, wenn Sie sich dazu entschlieen einen traumatisierten Patienten zu intubieren. Das erlernen verschiedenster Methoden kann hilfreich sein, wenn Sie die Atemwege eines Patienten am Straenrand oder unter schwierigsten Umstnden, z.B. eingeklemmt in einen Fahrzeug oder unter einem Zug mittels der endotrachealen Intubation sichern wollen. Erschwerend kommt bei den meisten ernsthaft verletzten Menschen hinzu, dass die Halswirbelsule zu jedem Zeitpunkt der Atemwegsmanipulation in ihrer Bewegung eingeschrnkt werden soll. Sie schrnkt die Darstellbarkeit der Glottis oftmals erheblich ein, so dass hug ein alternativer Atemwegszugang gewhlt werden muss. Die ursprngliche Methode der endotrachealen Intubation war die digital-taktil-blinde Intubation, die mit der Erndung des Laryngoskops und damit der Mglichkeit der direkten Sicht auf die Glottis, zunehmend in Vergessenheit geraten ist. Es existieren verschiedene Wege einen Traumapatienten zu intubieren. Diese reichen von der Wachintubation mit topisch angewendeten Rachenansthetika, ber die Intubation in tiefer Sedierung bis hin zur Rapid-Sequence Intubation (RSI) oder auch Blitzintubation. Die Rapid Sequence Intubation beschreibt eine feste Abfolge von Medikamenten und Manahmen um das Aspirationsrisiko unter der Intubation zu minimieren (siehe Anhang A Optionale Fhigkeiten). Ihnen als Anwender sollte klar sein, dass sowohl die tiefe Sedierung, als auch die RSI den physiologischen Muskeltonus der Atemwege herabsetzt und die Beutel-Masken-Beatmung erschwert, ja sogar verhindern kann. In solch einer Situation ist es immens wichtig, dass der Patient endotracheal intubiert wird, um eine sichere Oxygenierung wieder herzustellen. Aus diesem Grund sollten Sie mgliche Intubationsschwierigkeiten erkennen und abschtzen knnen bevor Sie sich entschlieen einen Patienten, der noch selbststndig, ausreichend atmet, zu intubieren. Es ist allemal besser einen Patienten zu betreuen, der inadquat aber spontan atmet, als einen Patienten, den Sie weder mit dem Beutel-Masken-System beatmen knnen, noch zu intubieren vermgen (Cannot ventilate, cannot intubate!). Trotz aller Vorsicht ist es oftmals nicht einfach abzuschtzen, welcher Patient Schwierigkeiten bei der Atemwegssicherung bieten wird. Einige physiognomische Parameter geben uns allerdings Hinweise darauf, ob bei der Laryngoskopie oder der Intubation mit Problemen gerechnet werden kann. Die Abkrzung MMAP fasst diese Parameter zusammen. M Mallampati Die Mallampati-Einteilung reicht von IIV und ist abhngig von den sichtbaren Strukturen im Rachen, wenn der Mund geffnet wird. Je hher der Grad, desto wahrscheinlicher ist mit Intubationsschwierigkeiten zu rechnen.

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4

INITIALES ATEMWEGSMANAGEMENT UPDATE

M

Messung 3-3-1 Diese Messung dient ebenfalls zur Abschtzung mglicher Intubationsschwierigkeiten: Idealerweisesollte der Untersucher drei (3) Finger zwischen das Patientenkinn und das Zungenbein legen knnen. Wenn der Patient den Mund ffnet, sollte es mglich sein, dass der Untersucher drei (3) Finger zwischen die oberen und unteren Schneidezhne legen knnte. Und letztendlich sollte der Unterkiefer so weit nach vorne geschoben werden knnen, dass die untere Zahnreihe ein (1) Zentimeter vor der oberen steht.

A

Atlanto-occipital Gelenk Bei Patienten ohne HWS Beteiligung sollte der Kopf im atlanto-occipital Gelenk so beweglich sein, dass der Kopf in Schnffelposition gebracht werden kann.

P

Pathologie Zuletzt sollte auf Umstnde geachtet werden, die Hinweise auf Atemwegsobstruktion geben knnten. Atemwegsobstuktionen knnen sowohl aus medizinischen, als auch traumatischen Begleitumstnden entstehen. Diese sind dembildung, Infektion,Verbrennungen, penetrierende oder stumpfe Verletzungen. Das Wissen um die Pathologie ist deshalb wichtig, weil die obere Atemwegsobstruktion als relative Kontraindikation fr die RSI gilt.

Das prklinische Atemwegsmanagement und die Entscheidung welcher Patient zu welchem Zeitpunkt intubiert werden soll, sind abhngig von den verschiedensten Faktoren; diese sind unter anderem die Zugnglichkeit zum Patienten, der momentane klinische Zustand, die Fertigkeiten des anwesenden Rettungsdienstpersonals und das System, in dem Sie gerade arbeiten. Ein entscheidender Faktor allerdings im prklinischen Bereich bleibt die Zeit. Eine sufziente Beutel-Masken-Beatmung und eine unverzgliche Befrderung des Traumapatienten ist oft eine bessere Lsung, als die Durchfhrung einer zeitraubenden Rapid Sequence Intubation.

LITERATURHINWEISEStockinger, Z.T., N.E. Mc Swain. 2004. Prehospital endotracheal intubation for trauma does not improve survival over bag-valve-mask ventilation. Journal of Trauma 56(3): 53136. Ufbert, J., J. Bushra, D. Karras, et al. 2005. Aspiration of gastric contents: Association with prehospital intubation. The American Journal of Emergency Medicine 23: 37982. Langeron, O., E. Masso, C. Huraux, M. Guggiari, A. Bianchi, B.Coriat, et al. 2000. Prediction of difcult mask ventilation. Anesthesiology 92(5): 122936. Stockinger, Z.T., N. E. McSwain 2004. Prehospital endotracheal intubation for trauma does not improve survival over bag-valve-mask ventilation. Journal of Trauma 56(3): 53136.

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Manahmen zum Atemwegsmanagement Update5.1 5.2 5.3 5.4 Gebrauch der Kapnograe zur Kontrolle von Tubuslage und Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Farbindikatoren (qualitative Messung) Quantitative Kapnometrie Kapnograe... ....... ....... ..

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5BERBLICK

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MASSNAHMEN ZUM ATEMWEGSMANAGEMENT UPDATE

Gebrauch der Kapnograe zur Kontrolle von Tubuslage und Beatmung

5.1

In immer mehr Rettungsdienstbereichen werden neben den CO2 - Detektoren auch Monitore mit integrierter Kapnometrie eingefhrt. Das bedeutet eine deutliche Verbesserung fr die Beurteilung und Therapie des beatmeten Patienten, sofern Sie die folgenden Grundbegriffe beherrschen: Luft muss rein und raus, denn wenn Ihr Patient nicht atmet oder beatmet wird, ist auch kein C02 zu messen! Denken Sie daran, dass ein positiver C02 -Nachweis eine auch im Verlauf auftretende Hauptstammintubation nicht ausschliet. Genau wie die akzidentielle Extubation fllt sie nur durch kontinuierliche Beobachtung des Parameters oder der Kurve auf.

Farbindikatoren (qualitative Messung)

5.2

Die qualitative C02 -Messung, zum Beispiel mit dem Einmalprodukt Easy-Cap II basiert auf der Verfrbung des Indikatorpapiers von pink (=Problem) nach gelb (=gut) und zeigt so das Vorhandensein von C02 an. Zur berprfung der Tubuslage sind diese Indikatoren ein einfaches, billiges und lebensrettendes Hilfsmittel, sofern man folgende Fallstricke kennt. 1. Minderperfusion: bei Schock oder Herzstillstand wird nur wenig C02 -zur Abatmung in die Lunge transportiert. Es bedarf also anderer, nicht C02 -basierter Tubuslagekontrollen. C02 -Nachweis bei Herzstillstand beweist aber eine effektive Herzdruckmassage. 2. Gerade im Fall einer vorhergegangenen Mund-zu-Mund-Beatmung bedarf es sechs Atemzge vor der sicheren Beurteilung der Tubuslage. 3. Ist der Detektor nass, schmeien Sie ihn weg! Adrenalin oder Erbrochenes im Filter sorgen sogar fr eine falsch positive C02 -Anzeige! 4. ndert sich die Frbung nicht mehr atemsynchron, bleibt die Anzeige gelb, ist der Detektor verbraucht. 5. C02 -Konzentration in Prozent statt des bei uns huger angegebenen Partialdrucks (mmHg).

Quantitative Kapnometrie

5.3

ber den bloen Nachweis hinaus, gibt die Kapnometrie Auskunft ber die genaue Konzentration von C02 in der Ausatemluft. Sie wird angegeben als Partialdruck in mmHg oder seltener als prozentualer Anteil. Mittels der Kapnometrie kann so die Beatmung dem Patienten angepasst erfolgen. Gerade bei Schdel-Hirn-Traumatisierten ist die Normokapnie (C02 30 40 mmHg) wichtig, ( Kapitel 10). Wird das Kapnometer zur Tubuslagekontrolle eingesetzt, beachten Sie Folgendes. 1. Bei Minderperfusion der Lunge oder Kreislaufstillstand ist das exspiratorische C02 niedrig, es kann bis zu 30 Sekunden dauern, bis berhaupt ein Wert erscheint. Whlen Sie alternative Tubuslagekontrolle, belassen Sie die Kapnometrie zur Verlaufskontrolle. 2. 3. Normale C02 -Werte unter Herzdruckmassage sprechen fr deren sufziente Ausfhrung. Genau wie bei den Farbindikatoren: Tubuslagekontrolle erst nach 6 Atemzgen sicher.

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5.4 Kapnograe

Kapnograe

5.4

Die Darstellung der C02 -Konzentration als Kurve auf einer Zeitachse ist Standard in der Ansthesie und ndet immer grere Verbreitung auch im Rettungsdienst. Die Ausatmung des Patienten mit dem dabei ansteigenden C02 -Gehalt sorgt fr die charakteristische, eckige Wellenform, die wie das Prol eines Elefanten oder einer umgedrehten Badewanne aussieht. Sie erscheint etwa zwei Sekunden nach jedem Atemzug bzw. Atemhub. Diese Wellenform kann eine sichere Tubuslage auch bei Minderperfusion anzeigen.

Abbildung 5.1: Monitor mit integrierter Kapnograe.

1.

Minderperfusion oder Hyperventilation fhrt zu niedrigen exspiratorischen C02 -Werten und somit zu einer achen Welle. Vernderung der typischen Wellenform bei Gegenatmen des Patienten (Elefant wird zum Kamel) oder Atemwegsobstruktion.

2.

3.

Je nach Gert bedarf die Kapnograeeinheit einer Aufwrmzeit von 10 bis 30 Sekunden. In manchen Monitoreinheiten muss die Kapnograe erst im Display aktiviert werden.

Seien Sie also mit der Technik vertraut und benutzen Sie die Kapnograe routinemig. Stellen Sie den Monitor also nicht erst an, wenn Sie intubiert haben und sich ber die Tubuslage im Zweifel sind. Weder Sie (noch Ihr hypoxischer Patient) haben die Zeit dazu, jetzt erst das Gert kennen zu lernen.

Schritt fr SchrittKontrolle und Verlaufsbeobachtung von korrekter Tubuslage und Beatmung mittels Kapnograe1

Ausrstung zur Intubation vorbereiten, testen und ordnen. Monitor einschalten. Kvette, Kabel oder Schlauchleitung am Monitor anschlieen.

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Platzieren und blocken des Endotrachealtubus. Anschlieen der Kapnograekvette patientennah an den Tubus, dann Gnsegurgel, Beatmungsbeutel.

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Patienten beatmen. Das erscheinen der typischen eckigen Wellenform zeigt die sichere endotracheale Intubation an, die durch Ausdruck dokumentiert werden sollte. Erscheinen stattdessen irregulre oder kleiner werdende Kurven, bendet sich der Tubus vielleicht in Oesophagus oder Rachen.

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Auskultieren beidseits, um einseitige Hauptstammintubation auszuschlieen. Tubus sichern und kontinuierlich die Wellenform der C02 -Kurve beobachten, insbesondere nach Umlagerung und bei der regelmigen Verlaufskontrolle.

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MASSNAHMEN ZUM ATEMWEGSMANAGEMENT UPDATE

7

Bei der bergabe im Krankenhaus, an Notarzt oder anderes Rettungsmittel: abschlieender Ausdruck der C02 -Kurve als Beweis der korrekten Tubuslage. In der Einsatzdokumentation ferner Einsehbarkeit der Stimmbandebene und Auskultation der Lungen beidseits notieren.

Abbildung 5.2: Diese eckige Wellenform (Elefant im Prol oder umgedrehte Badewanne) ist normal und sollte dokumentiert werden.

LITERATURHINWEISESivestri, S., G. Ralls, B. Krauss, et al. 2005. The effectiveness of out-of-hospital use of continuous end-tidal carbon dioxide monitoring on the rate of unrecognized misplaced intubation within a regional emergency medical services system. Annals of Emergency Medicine 45 (5): 497503.

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Schock Untersuchung und Behandlung UpdateBERBLICK

8.1

Kapnograe

. ..... ....... ...... ....... ....... ....... ..

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8

8

SCHOCK UNTERSUCHUNG UND BEHANDLUNG UPDATE

Kapnograe

8.1

Das Herz pumpt ber die Strae der Blutgefe Sauerstoff und Nhrstoffe zu den Zellen. Die Zelle verbrennt die Nhrstoffe in Anwesenheit von Sauerstoff und produziert neben Energie auch Wasser und Kohlendioxid, die wieder in den Blutstrom gelangen. Das C02 wird von den Erythrozyten zur Lunge transportiert, wo es durch Abatmung entsorgt wird. Die Menge des exspiratorischen C02 als Nebenprodukt des Stoffwechsels, zeigt also, wie krftig das Feuer des Stoffwechsels in den Zellen brennt. Der normale endexspiratorische C02 -Gehalt der Ausatemluft betrgt im Mittel etwa um 40 mmHg. Ein niedrigeres C02 (Hypokapnie) spricht fr Hyperventilation, sei es durch Angst, Schmerz oder Azidose. Ein Sauerstoffmangel der Zellen, etwa im Schock, lsst das oben genannte Feuer des Stoffwechsels mangels Brennstoff nur mde ackern. Es entstehen weniger Stoffwechselprodukte und somit fllt das abgeatmete C02 ebenfalls ab. Ein Abfall des exspiratorischen C02 weit unter 30 oder sogar bis 20 mmHg kann also Ausdruck eines Kreislaufversagens mit progredientem Schockgeschehen sein. Ein Anstieg des C02 nach einer Schockphase kann andererseits Zeichen einer erfolgreichen Kreislaufstabilisierung sein.

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Extremittentrauma Update14.1 Einsatz der Schaufeltrage. ..... ....... ....... ....... ..

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14BERBLICK

14

EXTREMITTENTRAUMA UPDATE

Bei der Versorgung von polytraumatisierten Patienten sollten Sie sich nie durch deformierte oder stark blutend verwundete Extremitten ablenken lassen, solange der Patient noch andere lebensbedrohliche Verletzungen hat. Diese dramatisch aussehenden Verletzungen stechen bereits beim ersten Kontakt mit Ihrem Patienten ins Auge. Sie knnen Behinderungen nach sich ziehen, sind aber nur sehr selten wirklich lebensbedrohlich. Es ist fr Ihren Patienten wichtiger, dass er ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, Blut sufzient im Gefsystem zirkuliert und damit eine adquate Schockbekmpfung beginnt. Dies sind die Behandlungsprioritten vor der Schienung von Extremitten. Der hmorrhagische Schock stellt eine groe Gefahr bei nur wenigen Verletzungen des Bewegungsapparates dar. Lediglich ausgedehnte Weichteilverletzungen mit zerrissenen Arterien, Frakturen des Beckens oder des Oberschenkels knnen einen so starken Blutverlust verursachen, dass Ihr Patient einen Schock erleidet. Nur bei groen Wunden, bei denen der Patient offensichtlich droht auszubluten, drfen Sie die ABC-Reihenfolge der Ersteinschtzung in CAB umdrehen. In den meisten Fllen kann direkter Druck auf die Wunde, entweder manuell oder mit Hilfe eines Druckverbandes oder pneumatischer Schienen kontrolliert werden. Sollten Sie jedoch nicht in der Lage sein, massive Blutung an Extremitten mit Druck zum Stillstand zu bringen, drfen Sie nicht zgern, kommerziell gefertigte Abbinder (Tourniquets) anzuwenden. Diese sind einfach in der Anwendung und ben den geeigneten Druck auf das Gewebe aus. Wenn Sie mit Blutungen konfrontiert werden, die nicht durch direkten Druck, oder Tourniquets gestoppt werden knnen, wie z.B. Blutungen aus der Achselhhle oder der Leiste, sollten Sie neuere hmostatische Substanzen z. B.Abbildung 14.1: Quick Clot 1st Response.

Quick Clot oder Celox zum Einsatz bringen. Diese Substanzen werden in die Wunde eingebracht. Daraufhin wird Druck

auf die Wunde ausgebt. Kontraindikation fr den Einsatz von Quick Clot oder Celox sind offene Wunden des Abdomens oder des Thorax. Mit Frakturen der unteren Extremitten gehen hug auch Beckenfrakturen einher. Diese treten meist bei Verletzungsmechanismen mit hohem Energietransfer auf, wie zum Beispiel Fahrzeugkollisionen oder Sturz aus groer Hhe. Sie knnen whrend des ersten Teils des ITLS-Algorithmus leicht durch Druck auf die Beckenschaufeln, die Hfte und das Schambein

Abbildung 14.2: Kommerziell gefertigte Beckenschlinge (Sam Sling).

Abbildung 14.3: Angelegte Beckenschlinge.

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14.1 Einsatz der Schaufeltrage

identiziert werden. Frakturen des Beckens stellen immer eine Load-go-and-treat-Situation dar, weil Sie hierbei immer mit einem erheblichen Blutverlust und Schock rechen mssen. Innere Blutungen bei instabilen Beckenfrakturen knnen durch die Anlage einer zirkulren Schlinge um die Hfte reduziert werden. In der Vergangenheit wurden hierfr Schlingen aus Laken oder die Antischockhose genutzt. Mittlerweile existieren kommerziell gefertigte Beckenschlingen. Patienten mit Beckenfrakturen bentigen eine komplette Bewegungseinschrnkung. Die achsengerechte Drehung bei Patienten mit instabiler Beckenfraktur kann die Verletzung verschlimmern. Die Schaufeltrage oder aber auch viele Helfer sind ntzlich, um Ihren Patienten auf das Spineboard oder die Vakuummatratze umzulagern. Die Vakuummatratze ist in diesem Fall zu bevorzugen, weil es komfortabler ist als das harte Spineboard. Vergessen Sie aber nicht den Rcken Ihres Patienten zu untersuchen, wenn Sie die Schaufeltrage nutzen.

Einsatz der Schaufeltrage

14.1

blicherweise erfolgt die Bewegungseinschnkung der kompletten Wirbelsule bei Patienten, die nach ITLS versorgt werden, auf einem langen Spineboard. Wenn die Schnelle Trauma-Untersuchung ergibt, dass Ihr Patient eine instabile Beckenfraktur, oder eine bilaterale Femurschaftfraktur erlitten hat, dann sollten Sie den Einsatz der Schaufeltrage erwgen, um weiteren Verletzungen vorzubeugen und den Patienten auf ein langes Spineboard oder die Vakuummatratze umzulagern. Eine Untersuchung hat fr einen Typ von Schaufeltragen (Ferno) gezeigt, dass Sie gleichwertige wenn nicht sogar bessere Stabilisierung der Wirbelsule bietet, sodass dieses auch alleinig zur Bewegungseinschnkung der kompletten Wirbelsule genutzt werden kann. Vergewissern Sie sich allerdings immer wenn Sie eine Schaufeltrage nutzen, dass Sie die Rckseite des Patienten untersuchen.

Abbildung 14.4: Schaufeltrage Ferno 65EXL.

Schaufeltragen knnen dazu genutzt werden Patienten, die nicht achsengerecht gedreht werden sollen auf ein Spineboard umzulagern. Neuere, stabilere Schaufeltragen knnen das herkmmliche Spineboard ersetzen.

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14

EXTREMITTENTRAUMA UPDATE

LITERATURHINWEISEFriese, G., G. LeMay. 2005. Emergency stabilization of unstable pelvic fractures. Emergency Medical Services 34 (5): 27074. Krell, J.M., et al. 2006. Comparison of the Ferno scoop stretcher with the long backboard for spinal immobilization. Prehospital Emergency Care 10: 4651.

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Manahmen beim Extremittentrauma Update15.1 Beckenstabilisierung. .... ...... ....... ....... ....... ..

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15BERBLICK

15

MASSNAHMEN BEIM EXTREMITTENTRAUMA UPDATE

Beckenstabilisierung

15.1

Beckenfrakturen betreffen entweder die Beckenschaufeln oder den Beckenring. Frakturen der Beckenschaufeln verursachen schwerwiegende Verletzungen, die oft nicht lebensbedrohlich sind. Dies kann man von Frakturen des Beckenrings nicht behaupten, weil sie oft mit einem erheblichen Blutverlust einhergehen. In beiden Fllen unterscheiden sich die gngigen Techniken zur Stabilisierung nicht.

Schritt fr SchrittBeckenstabilisierung mit einem Stecklaken oder einer Decke1

Legen Sie ein Stecklaken oder eine Decke auf das Spineboard oder die Vakuummatratze, bevor Sie Ihren Patienten darauf lagern.

2

Nutzen Sie die Schaufeltrage um Ihren Patienten umzulagern. Sollte diese nicht verfgbar sein, muss Ihr Patient so schonend und vorsichtig wie mglich achsengerecht gedreht werden. Wenn Sie eine der neueren, stabileren Schaufeltragen haben (z. B. Ferno 65 EXL) knnen Sie diese auch anstelle des Spineboards nutzen. Dann mssen Sie das Laken allerdings erst nach dem Lagern auf der Schaufeltrage vorsichtig von den Fen her unter Ihren Patienten schieben.

Abbildung 15.1: Manuelle Stabilisierung eines instabilen Beckens mithilfe eines Stecklakens.

3

Knoten Sie nun zwei diagonal gegenberliegenden Ecken des Lakens mit dem Knoten ber der einen Hfte zusammen. Die Abbil-

beiden anderen Ecken verknoten Sie ber der anderen Hfte. Erhhen Sie vorsichtig und sanft den Druck auf das Becken whrend des Knotens bis eine feste Stabilisierung entsteht ( dung 14.4).

Schritt fr SchrittBeckenstabilisierung mit einer kommerziellen Beckenschlinge1

ffnen Sie die Schlinge und legen Sie sie horizontal auf das Spineboard oder die Vakuummatratze, bevor Sie Ihren Patienten darauf lagern.

2

Nutzen Sie die Schaufeltrage um Ihren Patienten umzulagern. Sollte diese nicht verfgbar sein, muss Ihr Patient so schonend und vorsichtig wie mglich achsengerecht gedreht werden. Wenn Sie eine der neueren, stabileren Schaufeltragen haben (z. B. Ferno 65 EXL) knnen Sie diese auch anstelle des Spineboards nutzen. Dann mssen Sie die Beckenschlinge allerdings erst nach dem Lagern auf der Schaufeltrage vorsichtig von den Fen her unter Ihren Patienten schieben.

3

Schlieen Sie die Schlinge und straffen Sie nach Vorgaben des Herstellers. Erhhen Sie vorsichtig und sanft den Druck auf das Becken bis eine feste Stabilisierung entsteht.

Abbildung 15.2: Stabilisierung eines instabilen Beckens mithilfe einer kommerziell gefertigten Beckenschlinge.

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Beckenstabilisierung

LITERATURHINWEISEFriese, G., G. LeMay. 2005. Emergency stabilization of unstable pelvic fractures. Emergency Medical Services 34 (5): 27074.

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Herz-Kreislaufstillstand nach Trauma Update21.1 Der nicht zu rettende Patient... ....... ....... ....... ..

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21BERBLICK

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HERZ-KREISLAUFSTILLSTAND NACH TRAUMA UPDATE

Der nicht zu rettende Patient

21.1

Patienten im Kreislaufstillstand nach einem traumatischen Ereignis zu retten, kann unter Umstnden ein gefhrliches Unterfangen sein (zgige Befrderung, Kontakt mit potentiell infektisem Material etc.). Versuchen Sie deshalb nicht einen Patienten retten zu wollen, fr den keinerlei Chance besteht, dass er berleben wird. Eine Untersuchung an 195 traumatisierten Patienten, die initial bewusstlos waren und einen fhlbaren Puls oder Spontanatmung hatten fand heraus, dass die Patienten, mit einem Sinusrhythmus und nicht erweiterten, auf Licht reagierende Pupillen (< 4 mm) eine gute berlebenschance haben. Jedoch gab es unter den Patienten, die eine Asystolie, einen agonalen Rhythmus, Kammerimmern oder Kammertachykardie hatten, keine berlebenden. Der kardio-pulmonale Reanimation liegt im der Regel auch eine kardiale Ursache fr die Pulslosigkeit Ihres Patienten zu Grunde. Im Falle des traumatisch bedingten Kreislaufstillstands ndet man die Ursache meist nicht auf kardialer Ebene oder als Folge einer primren kardialen Vorerkrankung, wie zum Beispiel die koronare Herzkrankheit mit akutem Myokardinfarkt. In diesem Fall mssen Sie die direkte Ursache fr die Pulslosigkeit behandeln, sonst werden Sie bei der Rettung Ihres Patienten niemals erfolgreich sein. Nutzen Sie den ersten Teil des ITLS-Algorithmus, um die Ursache fr den Kreislaufstillstand zu nden, um die Patienten, die Sie retten wollen auch retten zu knnen. In der folgenden Tabelle sind Empfehlungen zusammengefasst, die Ihnen helfen im Falle eines Kreislaufstillstands die richtige Entscheidung zu treffen. 1. Eine kardiopulmonale Reanimation ist sinnlos, bei a. Patienten nach penetrierendem Trauma ohne Spontanatmung und Spontanbewegung, mit Pulslosigkeit, lichtstarren Pupillen oder unorganisierter EKG Aktivitt. b. Patienten nach stumpfem Trauma ohne Spontanatmung, fhlbaren Puls, oder organisiertem Rhythmus im EKG beim Eintreffen des Rettungsdienstes. c. Verletzungen, die mit dem Leben nicht zu vereinbaren sind. d. Allen Traumasituationen, in denen nachweislich erhebliche Zeit vergangen ist zwischen dem Eintreten des Kreislaufstillstands und dem Aufnden des Patienten. Darin eingeschlossen sind livide Verfrbungen an abhngigen Krperregionen, Totenstarre etc. 2. Bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand, bei denen der Verletzungs-mechanismus nicht mit dem klinischen Zustand korreliert, sollten Sie annehmen, dass hier eine nichttraumatische Ursache zu Grunde liegt. Diese Patienten bentigen eine Wiederbelebung nach Empfehlungen des ERC. 3. Das Beenden der Reanimationsbemhungen sollte in Erwgung gezogen werden, bei a. rettungsdienstlich beobachtetem Kreislaufstillstand und 15-mintigen, erfolglosen Reanimationsbemhungen. b. wenn die Befrderungszeit in den nchstgeeigneten Schockraum 15 Minuten berschreiten wird. 4. Besondere berlegungen gelten bei Patienten nach Ertrinkungsunfllen, Blitzschlag und Hypothermie (siehe hierzu auch ITLS Lehrbuch Prklinische Traumatologie).

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Der nicht zu rettende Patient

LITERATURHINWEISECera, S., G. Mostafa, R. Sing, et al. 2003. Physiologic predictors of survival in posttraumatic arrest. The American Surgeon 69: 14044. Hopsen, L., E. Hirsh, J. Delgado, et al. 2003. Guidelines for withholding or termination of resuscitation in prehospital traumatic cardiopulmonary arrest: Joint position statement of the National Association of EMS Pysicians and the American College of Surgeons Committee on Trauma. Journal of the American College of Surgeons 196: 10612.

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AnhangA.7 Optionale Fhigkeiten.... ...... ....... ....... ....... ..

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22BERBLICK

1

ANHANG

Anhang A.7 Optionale Fhigkeiten

A.7 Rapid Sequence Intubation (RSI)Als Crash-Intubation wird die Sicherung des Atemwegs bei bewusstlosen Notfallpatienten, z.B. im Kreislaufstillstand, bezeichnet. Sie erfordert keinerlei Medikamente und ist unbestritten die zuverlssigste Art der Atemwegssicherung. Ein Schema fr die RSI (Rapid Sequence Intubation) einer Narkose ergnzt als Anhang die neueste, revidierte Auage unseres ITLS- Kursbuches. Bei dieser auch als Crush-, Blitz- oder Ileuseinleitung bezeichneten, schnellen Sequenz der einzelnen Schritte erfolgt die Intubation des aspirationsgefhrdeten Patienten unmittelbar nach Applikation von Hypnotikum und Relaxans ohne Maskenbeatmung. Dieses dargestellte Schema soll als Muster einer standardisierten Vorgehensweise dienen. Jeder ITLS Advanced Anwender sollte das Verfahren der RSI zumindest kennen. Die Durchfhrung ist vom jeweiligen Ausbildungsstand des Anwenders abhngig und darf nie leichtfertig oder von ungebten Helfern eingesetzt werden. Die Betonung darauf, dass das richtige Herangehen an die Sicherung der Atemwege von entscheidender Bedeutung ist, kann nicht berbewertet werden. Die Kontrolle ber den Atemweg zu verlieren ist weiterhin eine der hugsten frh vermeidbaren Todesursachen bei schwer verletzten Patienten. Hypoxie ist weitestgehend mitverantwortlich dafr das Outcome dieser Patienten und im Besonderen von Patienten mit geschlossenen Schdel-Hirn-Verletzungen dramatisch zu verschlechtern. Die grundlegenden Manahmen fr eine aktive Atemwegsicherung sind ausfhrlich in den Kapiteln 4 und 5 beschrieben, und sollten von jedem erfahrenen ITLS Advanced Anwender beherrscht werden. Allein durch Einfhrung eines RSI-Protokolls erhhte sich bei einer prklinischen Untersuchung der Intubationserfolg von 73 auf 96% (10). Dieses Kapitel soll andererseits gewiss Niemanden, sei er nun Rettungsassistent oder unerfahrene Notarzt ermuntern, Dinge zu tun, deren Ausgang fatal sein kann. Bleiben Sie dabei: Sicher sind die Manahmen und gegebenenfalls Medikamente, mit denen Sie vertraut sind! Zudem wird die zwingende Intubation des spontan atmenden Polytraumatisierten am Einsatzort von neueren Untersuchungen immer huger in Frage gestellt. Gerade Kinder entsttigen schnell. Sie protieren bei RSI eher von einer schonenden, intermittierenden Maskenbeatmung als von dogmatischen Verzicht derselben unter Hypoxie und hektischen Intubationsversuchen. Wird Ihr Patient also hypoxisch innerhalb der folgenden 6P- Sequenz, haben Sie keine Angst vor der Maskenbeatmung! Bei Nichtgelingen der Intubation, brauchen Sie stets eine Rckfallebene, bzw. einen Ausweg im Hinterkopf. 1. Prparation:Schtzen Sie den Atemweg des Patienten zur Laryngoskopie nach uerem Eindruck, 3-3-1-Regel, Mallampati-Klassikation und Obstruktion ein. In Abwgung Ihres realistisch eingeschtzten Erfahrungs- und Ausbildungsstands denken Sie frhzeitig daran, Untersttzung anzufordern oder auf die RSI zu verzichten. Primr (oder als Ausweg) alternative Atemwege wie LT, LMA, Combitubus oder hnliches einzusetzen oder selbst eine sufziente Maskenbeatmung sind besser, als mit einem relaxiertem, apnoeischem, hypoxischem Patienten berfordert zu sein. Bereiten Sie Ihre Atemwegsausrstung inklusive der Absaugung und Hilfsmittel (Bougie, Fhrungsstab) vor. Die Medikamentendosierungen und Konzentrationen mssen klar sein. Benutzen Sie bei Kindern das Broselow-Band und rechnen Sie die Dosierung jetzt aus. Positionieren Sie den Patienten so, dass Sie bequem an die Atemwege gelangen. Lagerung in Schnffelposition. Das ff-

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Anhang A.7: Optionale Fhigkeiten

Rapid Sequence Intubation / BlitzeinleitungABCs 100% O2 per Maske/ Prfe Notwendigkeit der RSI Monitoring: SpO2 , ETCO2 , RR, EKG 1 Prparation: IV- Zugang, Ausrstung und Medikamente/ Dosierungen prfen (Broselow). Alternativer Atemweg? 2 Proxygenieren: 3 min. 100% O2 oder 8 tiefe Atemzge/ Hbe Indikationen zur Blitzeinleitung: SpO2 > 90 nicht erreichbar bei Bewusstlosem mit SHT Instabiles Thoraxsegment mit Ateminsuffizienz und erhaltenen Schutzreflexen Indikation vorgegeben durch LRD

Bradykardie oder Kind < 10 Jahre?

Ja

3 Prmedikation: Atropin 0,01 mg/Kg

Nein Induktion: Etmoidate 0,3 mg/ Kg i.v. (Midazolam 0,1 mg/Kg i.v.) Cricoiddruck erwgen 5 Platzierung: Intubationsversuch Nicht einstellbar 4 Paralyse: Relaxierung Succinylcholin 1-- 1,5 mg/Kg Nicht erfolgreich Ausweg:

Prfen der Tubuslage: Untersuchung, SpO2, ETCO2 Anhaltende Paralyse; Vecuronium 0.1 mg/kg IV 6 Postintubationsmanagement: Beatmung/ Ventilator einstellen Sedierung: Midazolam 0,1 mg/ Kg Analgesie: Ketamin oder Opiat, (ggfs. Relaxierung Vecuronium 0,1 mg/Kg) Regelmige Verlaufskontrolle mit Pulsoxymeter und KapnografieAbbildung A.1: Schritte der Rapid Sequenz Intubation.

Erfolgreich

Intubationsversuch

1.) Maskenbeatmung, Alternativer Atemweg: LT, LMA, Combitubus 2.) Wenn nicht erfolgreich: Koniotomie

Wrmeerhalt! Narkose strt die Thermoregulation

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ANHANG

Tabelle A.1

Kontraindikationen fr die Anwendung von SuccinylcholinAbsolute KI fr Succinylcholin: Maligne Hyperthermie in der Anamnese Verbrennungen ber 24 h alt Verschttete/Eingeklemmte nach 48 Stunden Immobilisation/Lhmungen > 7 Tage < 6 Monate z. B.: Apoplex, Querschnittslhmung, Nervenschden, Muskelerkrankungen Septische Patienten, Intensivpatienten > 7 Tage

nen der HWS- Bewegungseinschrnkung unter Inline-Immobilisation whrend der Intubation ermglicht das Vorziehen des Kinns und verbessert die Sichtbedingungen. Schlieen Sie das Monitoring (Sp02 , EKG, Sp02 ) an, bereiten Sie die Kapnograe vor. 2. Proxygenierung: Lassen Sie den Patienten 3 Minuten oder 8 tiefe Atemzge reinen Sauerstoff atmen oder beatmen Sie. Durch Denitrogenisierung und Aufsttigung mit Sauerstoff verlngert sich die tolerierte Apnoezeit beim (gesunden) Patient bis zu 5 Minuten, bei Kindern auf 23 Minuten. 3. Prmedikation: Intubationsreiz oder Relaxantien knnen den Hirndruck erhhen. Die intravense Gabe von Lidocain bei Hirndruck hat sich in der Prklinik nicht bewhrt. Die als Defaszikulation bezeichnete Gabe von nicht-depolarisierenden Muskelrelaxantien vor der Depolarisation durch Succinylcholin wird ebenfalls zunehmend verlassen. Das Ausbleiben der Muskelfaszikulation erkauft man sich mit Hypoventilation und Aspirationsgefahr des anrelaxierten Patienten. Kinder < 10 Jahren neigen nach Succinylcholin oder Intubationsreiz zur Bradykardie und sollten vorweg 0,01 mg/kg Atropin erhalten. Im ITLS-Algorithmus folgt die Sedierung, bzw. Induktion der Narkose mit Etomidate (alternativ Midazolam) und einem Intubationsversuch vor Paralyse oder man appliziert klassisch: 4. Paralyse mit Induktion: Hypnose durch Etomidate (0,3 mg/kg), Midazolam (0,1 mg/kg). Gleichzeitige Muskelrelaxierung mit depolarisierendem Succinylcholin (1,01,5 mg/kg, bei Kindern 2 mg/kg) sorgt fr schnelle Anschlagszeit und kurze Wirkdauer. Bei Kontraindikationen stellt das schnellste nicht-depolarisierende Rocuronium eine Alternative dar. Selbst im hohen Dosierungsbereich (0,5 mg/kg0,75 mg/kg bei Kindern) ist die Anschlagszeit jedoch lnger und die Wirkdauer im Bereich von einer Stunde. 5. Platzierung: des Tubus unter Sicht und Prfung der Tubuslage durch Auskultation, CO2 Messung und Sp02 -Kontrolle. Durch Druck auf den Kehlkopf kann die Sicht verbessert werden (BURP= backwards, upwards., rightwards pressure). Denken Sie an Hilfsmittel wie Bougie, Fhrungsstab. 6. Postintubationsmanagement: Ist Ihr Patient erfolgreich intubiert, fhren Sie die Beutelbeatmung fort oder schlieen ein Beatmungsgert an. Sedieren Sie Ihren Patienten zum Beispiel mit Midazolam bolusweise oder via Perfusor. Zur Analgesie sind Opiate (z. B. Fentanyl, Sufentanil, Morphin) oder Ketamin geeignet. Eine Relaxierung erfolgt prkli-

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Rapid Sequence Intubation (RSI)

Tabelle A.2

Schritt fr Schritt: Die zeitliche Abfolge der sechs Ps der Rapid Sequence IntubationSchichtbeginn Ausrstung checken Atemwegsset, Sauerstoffvorrat, Gerte Monitoring (Sp02 , EKG, RR, ETCO2 vorbereiten), sicherer Venenzugang, Medikamente, Alternativen O minus 5 min. Proxygenieren 8 tiefe Atemzge oder 3 Minuten reinen Sauerstoff ber dichte Maske/ Reservoir atmen oder beatmen O minus 3 min Null Prmedikation Induktion und Paralyse Bradykardie / Kind < 10? Atropin 0,1 mg/ kg Hypnotikum: z.B. Etomidate 0,3 mg/kg (Midazolam 0,1 mg/kg) Relaxans: Succinylcholin 1 -1,5 mg/kg Bei KI alternativ: Rocuronium 1 mg/kg O+ 45 sec. Platzierung Tubus Prfung Tubuslage O+ 60 sec. PostintubationsManagement BURP (backward, upward ,rightward, Pressure) hilft ETCO2 , EDD, Auskultation Analgosedierung (Opiat/ Ketamin, Hypnotikum) Monitoring (Sp02 , EKG, RR, ETCO2 ), Ventilator

O minus 10 min Prparieren

nisch immer seltener. Hinterfragen Sie bei unerwnschtem Husten/Pressen bei Hirndruck oder Abwehr immer zuerst Ihre Analgosedierung. Bei austretenden Darmanteilen nden zum Beispiel Rocuronium (0,5 mg/kg) oder Vecuronium (0,1 mg/kg) Verwendung. berprfen Sie die Tubuslage, Beatmung und Analgosedierung bei der Regelmigen Verlaufskontrolle durch Beobachtung des Patienten und Monitoring von Sp02 , EKG, RR, ETCO2 .

LITERATURHINWEISEDavis, D.P., D. Hoyt, M. Ochs, et al. 2003. The effect of paramedic rapid sequence intubation on outcome in patients with severe traumatic brain injury. Journal of Trauma 54 (3): 44453. Nowicki, T., S. London. 2005 Management of the difcult airway. EM Reports, American Health Consultants 26: 20822. Robinson, N., M. Clancy. 2001. In patients with head injury undergoing rapid sequence intubation, does pre-treatment with intravenous lignocaine/Lidocain lead to an improved neurological outcome? A review of the literature. Emergency Medicine Journal 18 (6): 45357. Sivestri, S., G. Ralls, B. Krauss, et al. 2005. The effectiveness of out- of- hospital use of continous end- tidal carbon dioxide monitoring on the rate of unrecognized misplaced intubation within a regional emercency medical services system. Annals of Emergency Medicine 45 (5) 497503. Steward, C. 2002. Advanced airway management. Upper Saddle River, NJ: Brady- Pearson Education.

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ANHANG

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