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Page 1: Geleitwort: Vom postindustriellen ins nachhaltige Zeitalter · IX Bereits im Jahr 1969 hat Alain Touraine darauf hingewiesen, dass neue Gesellschaften im Entstehen seien, die er postindustrielle

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Bereits im Jahr 1969 hat Alain Touraine darauf hingewiesen, dass neue Gesellschaften im Entstehen seien, die er postindustrielle Gesellschaften nannte. Damit wollte er andeuten, dass schon damals die Zeit gekommen war, vom Industriezeitalter Abschied zu nehmen. Aber wohin die wirtschaftlich soziale Reise gehen sollte war unklar. Heute, mehr als 40 Jahre spä-ter, scheint die neue Ära allmählich Konturen anzunehmen, wobei die wachsenden Krisen, ob Klima- oder Wirtschaftskrise, Ressourcenknappheit oder Vergreisung der westlichen Industriegesellschaften, diesen Prozess beschleunigen, weil sich die BIP-Wachstumsmodelle oder die Priorisierung der Ökonomie als nicht mehr tragfähig herausstellen.

Zumindest in Europa nimmt der Konsens darüber zu, dass unser künftiges Wirt-schafts- und Sozialmodell aus einem robusten Gleichgewicht zwischen Ökonomie, Öko-logie und Sozialem bestehen muss. Um ein solches Gleichgewicht dauerhaft zu erzielen, braucht es ein neues Verständnis von Wachstum. Es geht um qualitatives Wachstum, dessen Qualität nach Auffassung der EU darin besteht, dass es smart – das heißt innova-tiv, inklusive – das heißt alle gesellschaftlichen Gruppen erfassend und grün – das heißt ressourcenschonend und umweltfreundlich sein muss. Ein solches Wachstum lässt sich dann auch nicht mehr in simplen BIP-Zahlen ausdrücken.

Aus dieser Notwendigkeit entstehen jedoch nicht primär Einschränkungen, sondern in erster Linie jede Menge Chancen, die es innovativ zu nutzen gilt. Auf diese Weise entsteht nicht mehr eine primär BIP-Wachstumsinduzierte wirtschaftliche Dynamik, sondern eine innovationsinduzierte Dynamik verbunden mit einem Zuwachs an Lebens-qualität als neuem Begriff für Wohlstand.

Die Akzeptanz dieses Grundkonzepts ist in unseren europäischen Gesellschaften bereits so weit gediehen, dass es in seinen Grundzügen sogar in den Lissabonvertrag Ein-gang gefunden hat. Aber dieser Konsens hilft in der Praxis wenig weiter, solange nicht die Träger der Wirtschaft und das sind zuallererst die UnternehmerInnen, mit an Bord sind.

Nun gibt es ja schon seit einiger Zeit das Konzept von CSR, das letztlich nichts ande-res will, als zu beschreiben und zu messen, in welchem Maße sich ein Unternehmen dem neuen Verständnis des Wirtschaftens verschrieben hat. Die Aufgabe der Gesellschaft und des Staates ist es, dazu beizutragen, dass die CSR-Standards vergleichbar werden und noch viel mehr, dass die vielen Incentives und auch die Steuergesetzgebung diejenigen fördert,

Geleitwort: Vom postindustriellen ins nachhaltige Zeitalter

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X Geleitwort: Vom postindustriellen ins nachhaltige Zeitalter

die CSR umsetzen und nicht diejenigen, die immer noch in rückwärtsgewandten Leitbil-dern verhaftet sind.

Es muss sich für die Unternehmen lohnen, CSR zu leben und es muss in unser aller Interesse sein, Hürden auf dem Weg zu einer nachhaltigen Gesellschaft aus dem Weg zu räumen.

Unternehmen, die sich CSR verschrieben oder noch besser CSR in ihre zentrale Manage-mentstrategie eingebaut haben, stoßen nämlich häufig an Umsetzungsgrenzen, einerseits weil sie keine fairen Wettbewerbsverhältnisse vorfinden und andererseits, weil die immer weiter wachsende Verflechtung der Wirtschaft es für ein einzelnes Unternehmen schwer macht, CSR voll zu praktizieren. Deshalb ist es als weiterer Schritt nur logisch sich zu Pro-duktions- und Wertschöpfungsketten zusammenzuschließen, um die in der Kette mögli-chen vielfältigen Synergien nutzen zu können.

Das vorliegende Buch bringt eine solide Analyse dessen, was mit Hilfe von CSR und einem guten Management von Wertschöpfungsketten möglich wird. Die zahlreichen praktischen Beispiele sollen dazu anregen, dass immer mehr UnternehmerInnen sich auf den Weg in die neue Wirtschaftswelt machen.

Franz FischlerPräsident des Europäischen Forums Alpbach


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