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Tim Berresheim

released on the occasion of the exhibitionFuture Gipsy Antifolklore (What?!)

Marc Jancou Contemporary

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Marc Jancou Contemporary 

Folklore AntiFolklo

seeing / sehenconstrue / deutenPage 90 / Seite 90

Page 185 / Seite 185

order : viewer - imagereihenfolge : betrachter - bild

disbandment of detail

auflösung des details

Page 185 / Seite 185

detailed informationdetailierte information

Page 59 / Seite 59

true / falsewahr / falsch

Page 182 / Seite 182

illusionillusion

detail & precision

detail & präzision

van eyck - tizian - leonardo da vinci

van eyck - tizian - leonardo da vinci

Page 225 / Seite 225

shade

schatten

dali - de chirico - ernstdali - de chirico - ernst

Page 17 / Seite 17

technical mastery

technisches können

scientist

forscher

additive knowledge

additives wissen

falsehood

falschheit

effecteffekt

Page 9 / Seite 9

division of work

arbeitsteilung

problemproblem

advertising

werbungconvention & scheme & adjustment

konvention & schema & korrektur

Page 20 / Seite 20

formula compulsion

formelzwang

Page 20 / Seite 20

art child art

kunst kind kunst

Page 181 / Seite 181

suggestion etcetera

suggestion etcetera

withoutohne

connectionzusammenhang

Page XI / Seite XI

experimentation with effects

experimentieren mit effekten

Page 224 / Seite 224

tridimensional unambiguous

dreidimensional unzweideutig

Wolfgang Brauneis Tim Berresheim 

2010 

inspiriert/inspiredvon/by

Art&Illusion/Kunst und Illusion

E.H.Gombrich

technical limittechnische beschränkung

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S. XI

Ein Stein des Anstoßes war trotz allem die vorschnelle Annahme, ein Buch über die Entwicklung derillusionistischen Kunst müsse die künstlerische Vollendung eines Bildes am Grade der Naturtreuemessen. Selbst wenn meine ausdrücklichen Beteuerungen nicht genügten, d ieses Missverständniszu verhindern, so hätten doch die Kapitel über Karikatur und andere nichtillusionistische Aspekte derDarstellung eine solche Fehldeutung ausschließen sollen. Es ist eine interessante Tatsache, an dernicht zu zweifeln ist, dass viele große Künstler der Vergangenheit von Problemen der naturgetreuenWiedergabe gefesselt waren; aber doch wäre es keinem von ihnen eingefallen, zu glauben, dass natur-getreue Wiedergabe allein ein Bild zum Kunstwerk mache.

Andere Leser wieder suchten in dem Buch eine Stütze für d ie gegenteilige Meinung, nämlich,dass die Forderung nach Naturtreue unstatthaft sei, da jeder die Natur anders sehe. In Wirklichkeitversuchte ich zu zeigen, dass die unleugbare Subjektivität des Sehens objektive Kriterien der Entspre-chung nicht ausschließt. Eine Wachspuppe etwa kann manchmal von ihrem Modell nicht zu unters-cheiden sein, und einem Blick durch ein Guckloch kann ein Bild und ein dreidimensionaler Gegenstandvöllig gleich erscheinen. Dabei ist es ganz gleichgültig, wer der Beobachter ist und ob er die Täuschungbewundert oder verachtet.

Ich vermute, dass dieses Missverständnis hauptsächlich auf meine wiederholte Behauptungzurückzuführen ist, dass kein Künstler kopiert, was er sieht. Aber das ist kein Widerspruch. Dennsowohl das gelungene “trompe l’œil” als auch die frappante Karikatur sind nicht nur das Resultatsorgfältiger Beobachtung, sondern auch das Produkt von Experimenten mit malerischen Effekten.Die Erfindung dieser Effekte wurde, wie ich zu zeigen versuchte, dadurch ins Rollen gebracht, dass inunserem westlichen Kulturkreis zu gewissen Zeiten Bilder, die nicht naturgetreu waren, den Menschennicht mehr genügten. Die allmähliche Abwandlung überkommener Konventionen und Schemata unterdem Drucke neuer Forderungen, die an die Künstler gestellt werden, ist eines der Hauptthemen diesesBuches.

Hier ist vielleicht auch der Ort, auf eine Schwierigkeit hinzuweisen, die nicht so eindeutig auf ei-nem Missverständnis beruht, die aber, hoffe ich, verhältnismäßig leicht überwunden werden kann. AlsKunsthistoriker ging ich ohne weiteres von der Existenz und allgemeinen Verbreitung schematischerFormelschätze aus, ohne das im einzelnen zu beweisen. Es liegt in der Natur der Sache, dass es einerunverhältnismäßig großen Anzahl von Illustrationen bedürfte, um durch die Abbildung zahlloser ägyp-tischer Dienerfiguren, chinesischer Bambusdarstellungen, gothischer Engel oder b arocker Putti zu be-weisen, was man in Museen und aus Kunstbüchern bei einiger Aufmerksamkeit leicht feststellen kann:nämlich, wie klein die Variationen und wie subtil die Abwandlungen sind, innerhalb derer die Künstlerund Handwerker vergangener Epochen ihre Meisterwerke schufen. Denn meine Absicht mit diesemBuch war nicht, die Kunst der Vergangenheit zu beschreiben, sondern die Gründe für die unerwartetenProbleme aufzuzeigen, denen sich Künstler gegenübersahen, wenn sie ihre Bilder naturgetreu machenwollten.Ich muss zugeben, dass eine solche Absicht nich immer leicht zu beweisen ist. Ein befreundeter Malerbat mich, ihm ganz einfach zu sagen, was das Gegenteil der Ansicht sei, die ich vertrete und half mirdadurch das Problem neu zu formulieren. Das Gegenteil wäre eine Welt, in der jedermann, der einen

Pinsel handhaben kann, jederzeit volle Naturtreue zustande bringen könnte. Der Wunsch allein, ein Ab-bild einer geliebten Person oder einer schönen Aussicht zu besitzen, würde dazu führen, dass der Kün-stler “das, was er sieht, nachahmt”. Dann würden alle jene recht haben, die die Abweichungen von derRealität in nichtnaturalistischen Stilen für beabsichtigt halten. Diese Ansicht klingt in unserer heutigenzivilisierten Welt durchaus plausibel, weil die meisten Stadtmenschen, ohne es zu wollen, enorm vielWissen über malerische Effekte von Plakaten, Ansichtskarten und so weiter absorbiert haben. 

S.9

Die Zeiten seien eben andere geworden, und mit den Zeiten h ätten sich auch unsere Ohren gewandso dass wir nach einem anderen Redestil verlangten. Die soeben zitierte Bemerkung über den Wandder Zeiten und die Verschiedenheit der “Ohren” ist vielleicht die erste flüchtige Berührung zwischender Psychologie des Stils und der Wahrnehmungspsychologie.Mir ist aus klassischen Schriften über bildende Kunst keine derart bestimmte Äußerung bekannt. Dawill alllerdings nicht besagen, dass der Zusammenhang zwischen der technischen Fertigkeit des Maers und der Psychologie der Wahrnehmung den klassischen Autoren entgangen wäre. In einem derphilosophischen Dialoge Ciceros, den Academica, wird d ie Bedeutung der Sinneseindrücke als eine

Erkenntnisquelle untersucht. Dem Skeptiker, welcher die Möglichkeit jeder Erkenntnis leugnet, wirddie Schärfe und Vervollkommnungsmöglichkeit unserer Augen entgegengehalten: “Wieviel sieht nichein Maler in Schatten und Erhebungen, was wir nicht sehen!” ruft einer der Teilnehmer aus. Allerdinwird ihm sofort erwidert, dass dieses Argument nur beweise, wie schlecht es mit dem Sehvermögendes durchschnittlichen Römers bestellt sein müsste, denn wie viele Römer seien schon Maler?

Wir haben jedoch keinen Beweis, das sich das klassische Altertum der Tragweite dieserBeobachtung völlig bewusst gewesen wäre. Genaugenommen wird hier eine Frage angeschnitten, dbis heute unbeantwortet geblieben ist: Sind Maler imstande, die Wirkllichkeit nachzuahmen, weil si“mehr sehen” als unsereiner, oder sehen sie mehr, weil sie die Kunst der Nachahmung erlernt h abenBeide Ansichten finden bis zu einem gewissen Grade eine Stütze in den Erfahrungen des täglichen Lens. Alle Künstler bestätigen, dass sie durch intensives Betrachten der Natur lernen. Aber es ist ebesicher, dass dass noch niemand durch intensives Betrachten der Natur allein zum Maler wurde. ImAltertum war die Errungenschaft der Illusion in der bildenden Kunst noch so neu, dass der Begriff deNachahmung, der “mimesis”, zwangsläufig im Mittelpunkt aller Diskussion über Malerei und Bildhauerei stehen musste.Für das Altertum dasselbe bedeutete wie für uns der Fortschritt der Technik, d.h. den Inbegriff desFortschritts an sich. So kommt es, dass Plinius die Geschichte der bildenden Kunst als eine Geschicvon Erfindungen darstellt, in der bestimmte Errungenschaften in der Wiedergabe der Natur bestim-mten Künstlern zugeschrieben werden: Der Maler Polygnot war d er erste, der Menschen mit offeneMund und Zähnen darstellte; der Bildhauer Py thagoras, der erste der Adern und Muskeln wiedergabder Maler Nikias malte als erster Licht und Schatten. In d er Renaissance war es Vasari, der dieselbeMethode auf die Geschichte der Kunst Italiens vom dreizehnten zum sechszehnten Jahrhundert an-wandte. Er unterlässt es niemals, Künstlern seine Anerkennung zu Zollen, die so betrachtet einenBeitrag geleistet hatten zur Erreichung des erstrebten Zieles d er naturgetreuen Darstellung. “Die Kuerhob sich von kleinen Anfängen zum Gipfel der Vollendung”, weil Naturgenies wie Giotto den Wegbahnten und andere in den Stand setzten, auf ihren Errungenschaften weiterzubauen. So lesen wirzum Beispiel von dem rätselhaften Maler Stefano, von dem sonst nichts bekannt ist: “Obwohl seineVerkürzungen noch recht fehlerhaft sind, was in der Schwierigkeit der Ausführung begründet ist, soverdient er doch, da er als erster diese Schwierigkeiten zu erforschen begann, viel größeren Ruhmals andere, die sich nach ihm in klarerer, mehr den Regeln entsprechender Manier behandelten.” Mianderen Worten, Vasari betrachtete die Erarbeitung der Mittel d er naturgetreuen Darstellung als ein

schwieriges Kollektivunternehmen, das eine gewisse Arbeitsteilung unvermeidlich war. So erzählt ezum Beispiel von Taddeo Gaddi: “ Taddeo wandte immer Giottos Manier an, jedoch ohne sie wesentzu verbessern, ausser was das Kolorit anlangt, das er frischer und lebhafter machte. 

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S.17

Daraus folgt für Sedlmayr, dass wir auch den Glauben an die Einheit und Unwandelbarkeit der men-schlichen Natur und des menschlichen Intellekts aufgeben müssen und ebenso die Idee, “dass derKünstler eine an sich gleichbleibende Natur entweder “imitiere” oder “stilisierte””. Und schliesslichmüssen wir auch die kausale Betrachtung der Geschichte aufgeben, “dass die ganze Bewegung derGeschichte nur die Resultierende aus blind zusammenwirkenden Einzelkräften, ein Netz einzelnerKausalfäden sei”, und müssen einsehen, “dass es echte historische Geschehensganzheiten und sin-nvolle Eigenbewegung des Geistes gibt”.

Nun bin ich aber ein leidenschaftlicher Anhänger jener altmodischen Ideen, deren Aufgabezugunsten eines Spenglerischen Historizismus Sedlmayr im Jahre 1927 einem leicht beeinflussbaren

Publikum zumutete. Wie K. R. Popper, an dessen Worten in The Poverty of Historicism (Das Elend desHistorizismus) ich keine Silbe ändern möchte: “...habe ich nicht die geringste Sympathie mit diesenGeistern, weder in ihrer ursprünglichen idealistischen Form noch in ihrer späteren dialektisch-mate-rialistischen Gestalt, und ich bin eines Sinnes mit denen, die sie mit Verachtung behandeln. Und dochbin ich der Überzeungung, dass sie zumindest das Bestehen eines Vakuums andeuten und dass es dieAufgabe der Soziologie ist, an ihre Stelle etwas Sinnvolleres zu setzten, etwa die Analyse von Proble-men, die innerhalb einer Überlieferung entstehen.” Ich glaube nun, das Stile Beispiele einer solchenÜberlieferung sind. Solange wir selbst keine besseren Erklärungen zu bieten haben für das Bestehenverschiedener in sich einheitlicher Arten und Weisen, die Welt darzustellen, werden diese immer vonneuem die plausible Erklärung herausfordern, solche Einheitlichkeit sei auf einen überindividuellenGeist zurückzuführen, sei es nun der Zeitgeist, der Volksgeist oder “das Blut”.

Ich möchte nicht missverstanden werden. Es lliegt mir fern, zu leugnen, dass Historiker, ebensowie andere Sozialwissenschaftler, oft Haltungen, Ansichten oder Geschmacksrichtungen vorfinden,die vielen Menschen gemein sind und die man sehr wohl als die herrschende Mentalität oder die An-schauung einer Klasse, Generation oder Nation beschreiben kann.Ebensowenig zweifle ich daran, das Änderungen in der “Zeitstimmung”, Wechsel der Mode oder desGeschmacks oft auf soziale Veränderungen hinweisen oder dass das Studium solcher Zusammhängeunter Umständen sehr lohnend sein kann. Sowohl in den Schriften Riegels als auch in denen seinerSchüler und Ausleger, wie etwa Worringer, Dvorák und Sedlmayr, findet sich eine große Anzahl hochin-teressanter historischer Probleme und Anregungen dieser Art.Aber ich möchte behaupten, dass das, was diese Autoren als ihre größte Errungenschaft betrachteten,ihre größte Schwäche ist: die Ausschaltung der Idee des technischen Könnens.Damit haben sie nicht nur auf wertvollstes Beweismaterial freiwillig verzichtet, sondern sich die Er-reichung ihres Ziels, einer psychologischen Erklärung der Stilwandlungen, von vorneherein unmöglichgemacht.

Die Geschichte des Geschmacks und der Mode ist die Geschichte von Entscheidungen für odergegen gewisse Alternativen. Die Ablehnung der akademischen Konventionen ihrer Zeit d urch die Präraf-faeliten wäre ein Beispiel für eine solche Wandlung, oder die Vorliebe für alles Japanische zur Zeit desJugendstils. Derartige Stilwandlungen beziehungsweise Änderungen in der Wertung eines Stils könnteman gewiss, wenn auch kaum erschöpfend, vom Standpunkt des “Kunstwollens” her behandeln.Niemand zweifelt daran, dass die Symptome für Veränderungen in einer vielzahl geistiger Einstellun-

gen darstellen. Worauf es aber hier vom Standpunkt der Methodik ankommt, ist, dass ein Wahlakt nurdann symptomatische Bedeutung haben kann, nur dann als Ausdruck gewertet werden kann, wennwir imstande sind, die Wahlsituation zu rekonstruieren. Vom Kapitän, der, obwohl er das Schiff hätteverlassen können, den Tod auf der Kommandobrücke wählte, wissen wir, er sei ein Held gewesen. DerPassagier, der, in seiner Kajüte abgeschnitten, mit dem Schiff unterging, war es vielleicht auch.

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In seinem fesselnden Werk die Psychologie der Kunst betonte André Malraux die Bedeutung dieserErkenntnisse. Wenn auch seine rhapsodischen Hymnen zur Verherrlichung des Mythos und der Wanlung viel vom Geiste Hegels und Spenglers in sich tragen, so gebührt ihm doch, d as Verdienst, endlicmit jenem Missverständnis aufgeräumt zu haben, das Alain zur Zielscheibe seines Witzes wählte, nämlich der Vorstellung, dass die Stile der Vergangenheit buchstäblich die Welt so wiedergaben, wie dieKünstler dieser Zeit sie “sahen”. Malraux ist sich darüber klar, dass Kunst jedesmal das Kind der Kunund nicht das Kind der Natur ist. Jedoch trotz all seiner fesselnden Darlegungen und geistvollen psychologischen Bemerkungen hält das Buch nicht, was der Titel verspricht. Es gibt uns keine Psycholoder Kunst, und wir sind nach wie vor weit entfernt von der Lösung des Rätsels, das Alains Zeichnung

uns aufgibt. Und doch sind wir wahrscheinlich heute besser in der Lage, eine Lösung zu suchen, alsRiegl es war.Wir haben viel dazugelernt über den Formelzwang und über die Macht der Üb erlieferung auf allenmöglichen Gebieten. So weiß d er Historiker heute, wie oft eine literarische Formel mitteralterlicheChronisten auch dort in ihren Bann schloss, wo sie Selbsterlebtes zu berichten hatten. Gleichzeitighaben Literaturhistoriker vom Range Ernst Robert Curtius’ uns bewiesen, dass der “Topos”, der rherische Gemeinplatz, selbst aus dem Gewebe der Dichtung nicht wegzudenken ist. Es sind diese neuErkenntnisse über die Macht einmal geprägter Formen, die es mir nahelegten, das Problem des Stilsihrem Lichte neu zu untersuchen.

Ich bin mir durchaus klar darüber, dass die Betonung der Beharrlichkeit bestehender kün-stlerischer Konventionen und der Rolle von Typen und Formen in der Kunst von seiten derer, die nicselbst auf diesem Gebiete gearbeitet haben, mit großem Skeptizismus aufgenommen werden wird. ist in der Tat einer der häufigsten Vorwürfe gegen die Kunstgeschichte, dass sie stehts nach Einflüsssuche und so am Geheimnis des Schöpferischen verständnislos vorübergehe. Und doch schliesst deine das andere nicht aus.Je mehr wir uns des psychologischen Zwangs bewusst werden, der den Menschen treibt, zu wiederlen, was er gelernt hat, desto mehr werden wir jene aussergewöhnlichen Gestalten bewundern lerndie diesen Zwang durchbrachen und neues schufen, auf dem andere weiterbauen konnten.

Nichtsdestoweniger habe ich mich manchmal selbst gefragt, ob meine Theorie wirkllich richsein könne und ob ich die Notwendigkeit von Formeln in der Kunst nicht doch überschätzt hätte. Ichinnerte mich einer schönen Stelle im Quintilian, wo er von der Schöpferkraft des menschlichen Geisspricht und die Künstler als Beispiel anführt: “Es ist nicht möglich, dass alles, was die Kunst zu leisteimstande ist, überliefert werde. Welchem Maler wurde je die Darstellung alles dessen, was es in dertur gibt, gelehrt? Wenn er aber die Prinzipien der Nachahmung gemeistert hat, wird er darstellen, waihm unterkommt. Hat nicht jeder Töpfer schon ein Gefäß gemacht, desgleichen er nie gesehen hatte

Gewiss tun wir gut daran, das nicht zu vergessen. Doch fehlt hier die Erklärung für den Um-stand, dass auch die Form des neuen Gefäßes eine Verwandtschaft aufweisen wird zu Formen, die dTöpfer geläufig waren, und dass des Malers Darstellung von allem, “was es in der Natur gibt”, sich andie Darstellung anlehnen wird, die ihn sein Lehrer gelehrt hat. Wir stehen vor demselben hartnäckigRätsel, das Alains ägyptische Malschüler repräsentieren. Kein Kunsthistoriker wird dazu neigen, dieMacht des Stilzwangs zu unterschätzen; am allerwenigsten ein Historiker, der den langen Weg zur na

ralistischen Darstellung nachzuziehen bestrebt ist.

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Damals gab es nur einen einzigen Schienenstrang, der in das runde Heizhaus im Hintergrund führte,aber der Präsident der Eisenbahngesellschaft bestand darauf, dass das Bild vier oder fünf zeigen sollte,wobei er wohl, um sein Gewissen zu beruhigen, hinzufügte, dass die anderen Gleise nach und nachgebaut werden würden. Zuerst wollte Inness durchaus nichts davon wissen. Als er dann, wohl seinerFamilie zuliebe, doch einwilligte, hüllte er die Stelle mit den nicht existierenden Gleisen aus Schamge-fühl in eine Rauchwolke, die aus dem Schornstein einer Lokomotive aufsteigt. Die Stelle in dem Bildwar für ihn eine Lüge, und keine noch so scharfsinnigen ästethischen Argumente von höherer kün-stlerischer Wahrheit, Vorstellungsbildern und dergleichen hätten ihn wohl vom Gegenteil überzeugenkönnen.

Und doch lag genaugenommen die Lüge nicht im Bild oder in einem Teil des Bildes. Was log, war höch-stens der Text der Reklame, wenn er ausdrücklich oder auch nur stillschweigend zu verstehen gab,dass das Bild genaue Auskunft über die technischen Einrichtungen dieses Heizhauses gebe. Unter an-deren Umständen hätte dasselbe Bild vielleicht einen wahren Tatbestand illustrieren können, wenn esetwa der Präsident der Gesellschaft zur Generalversammlung mitgebracht hätte, um daran zu zeigen,wie er sich den Ausbau des Heizhauses vorstelle. In einem solchen Falle hätte Inness’ Darstellung derimaginären Schienen möglicherweise sogar den Ingenieuren gewisse Anhaltspunkte geben können, wosie zu legen seien. Das Bild hätte eben dann die Funktion einer Planskizze, ja fast die eines Blaudrucksgehabt.

Die Logiker versichern uns – und wer würde es wagen, sich mit ihnen in einen Disput einzulas-sen –, dass das Attribut “wahr oder falsch” nur Aussagen oder Sätzen zukommen kann.Und was immer auch Kunstkritiker schreiben oder sagen mögen, so besteht doch wohl kein Zweifeldarüber, dass ein Bild niemals Aussage in diesem logischen Sinn sein kann. Es kann daher so wenigwahr oder falsch sein, wie eine Aussage rot oder grün sein kann. Die Außerachtlassung dieser ein-fachen Unterscheidung hat in d er Ästhetik zu großer Verwirrung geführt. Allerdings ist diese Verwirrungentschuldbar, denn die Bilder, denen wir begegnen, sind gewöhnlich - wenigstens in dem abendlän-dischen Kulturkreis, in dem wir leben - mit irgendwelchen Aufschriften oder Beschriftungen versehen,die nichts anderes sind als abgekürzte Aussagen. Als solche können sie auch wahr oder falsch sein. Ambesten können wir uns vielleicht diese Unterscheidungen klar machen, wenn wir etwa dem Ausspruch“Die Kamera lügt nicht” den verbrecherischen Missbrauch entgegenhalten, der im Krieg und im Kampf der Parteien mit falsch beschrifteten Pho tographien betrieben wurde, um die feindliche Seite anzuk-lagen oder die eigene zu entlasten. Ja, selbst bei der wissenschaftlichen Illustration ist es die Unter-schrift, die über Wahrheit und Unwahrheit entscheidet. In einer “cause celèbre” des 19. Jahrhundertsbezeichnete einst ein berühmter Forscher das Bild eines Schweineembryos als das einer menschli-chen Leibesfrucht, um einen Streitpunkt in der Evolutionstheorie zu seinen Gunsten zu entscheiden,und ruinierte damit seine Reputation. Ohne besonders nachzudenken, verwandeln wir die lakonischenBildbezeichnungen in Museen oder Büchern in die ihnen entsprechenden Sätze: Wenn wir unter einemBild den Namen “Ludwig Richter” lesen, so ist dies für uns gleichbedeutend mit dem Satz: “Dieses Bildist von Ludwig Richter gemalt”, und wir können dann entscheiden, ob diese Aussage wahr oder falschsei. Dasselbe gilt, wenn unten an dem Bild ein Täfelchen angebracht ist, auf dem steht: “Ansicht vonTivoli”. Wir können wieder der Behauptung, dieses Bild stelle eine Ansicht von Tivoli dar, zustimmen

oder sie anzweifeln.Inwiefern wir das tun werden, wird in hohem Maße davon abhängen, was wir von dem dargestelltenGegenstand erfahren wollen. Der Bildteppich von Bayeux zum Beispiel macht die historisch belegteAussage, dass bei Hastings eine Schlacht stattfand. Aber darüber, wie Hastings im Jahre 1066 ausge-sehen hat, sagt er nichts aus.

Historiker wissen, dass die Informationen, die man von Bildern erwartete, sich im Laufe derJahrhunderte sehr verändert hat. Nicht nur gab es selbstverständlich in früheren Zeiten unvergleichlichviel weniger Bilder als heute, es gab außerdem auch sehr viel weniger Möglichkeiten, die Betitelung zuüberprüfen.

Rorschach selbst legte Wert auf die Feststellung, dass zwischen einer alltäglichen Wahrnehmuheißt der geistigen Einordnung von Sinneseindrücken, und der Deutung durch “Projektion” nugradueller Unterschied bestehe. Wenn wir uns des Einordnungsprozesses bewusst sind, sagedeuten. Im umgekehrten Fall sagen wir einfach, “wir sehen”. Von diesem Standpunkt aus bestnur ein gradueller, nicht ein qualitativer Unterschied zwischen einem Gegenstand, der zufälliganderen ähnlich ist, und einer bewussten Nachbildung und schließlich zwischen dieser und degebildeten Gegenstand selbst. Für einen Primitiven kann ein Baumstamm oder ein Felsblock, dein Tier aussieht, zu einem Tier werden.

Der Gedanke, dass der Ursprung der Kunst in jenem Vorgang der Projektion zu finden s

ziemlich weit zurück. Er wurde zum ersten mal vor ca. 500 Jahren von Leon Battista Alberti auchen. Die Stelle ist nicht sehr bekannt, denn sie findet sich nicht in seinem berühmten Werk übMalerei, sondern in einer weniger gelesenen kleinen S chrift über die BIldhauerkunst, De statu

“Ich glaube, dass die Künste, die danach streben, die Schöpfung der Natur nachzuahmgendermaßen entstanden sind: Man entdeckte eines Tages in einem Baumstamm, in einem KluTon oder sonst einem natürlichen Gegenstand gewisse Umrisse, die nur ganz weniger Verändebedurften, um irgendeinem natürlichen Objekt verblüffend zu gleichen. Als sie das bemerktensuchten nun die Menschen, ob sie nicht durch Hinzufügen oder Wegnehmen eine vollkommenlichkeit herstellen könnten. Durch solches Verändern und Wegnehmen von Konturen und Fläcsie der Gegenstand selbst zu verlangen schien, erreichten sie schliesslich, was sie wollten, undGefallen daran. Von diesem Tage wuchs die Fähigkeit des Menschen, Bilder zu schaffen, rascher imstande war, alles nachzuahmen, auch wenn im Material gar keine Andeutung mehr gegebeihn leiten könnte.”

Heute sind wir etwas vorsichtiger als Alberti in unseren Spekulationen über die AnfängKunst. Denn schließlich waren wir ja n icht dabei, als das erste Bildwerk geschaffen wurde.Nichtsdestoweniger erscheint mir seine Theorie über den Ursprung der Kunst aus der Projektwichtig und beachtenswert. Und es fügt sich, dass wir auf einem benachbarten Gebiet die Beddie solche zufällig entdeckten Ähnlichkeiten für primitive Menschen besaßen, noch heute festimstande sind: Ich meine die Bilder von Tieren, die alle Völker in die Konfigurationen des Sternmels projizieren. Diese Projektionen haben von jeher einen ungeheuren Einfluss auf den Geistschen ausgeübt. Mit der entdeckung eines Tierbildes in den zerstreuten Lichtpunkten des Himwar unzertrennlich die Vorstellung verknüpft, dass das Tier dort oben über seinen Teil des Himherrsche und über alle Geschöpfe, die unter seinem Einfluss geboren werden, seine Macht auWir wissen, dass diese Identifikationen d urch ganz vage Ähnlichkeiten ausgelöst worden sein mZwar haben die Sterne in den tausenden von Jahren, die verflossen sind, seitdem die Sternendes Tierkreises ihre Namen erhielten, ihre Stellung zueinander nicht unbedeutend verändert.Aber es kann niemals leicht gewesen sein, den Widder oder den Skorpion, den Löwen oder deam Himmelszelt zu finden. Wir wissen auch, dass verschiedene Völker verschiedene Bilder in dUr-Rorschach hineinprojizierten. Ein solcher Vergleich verschiedener Deutungen, die dieselbepierung von Sternen erhalten haben, ist ungemein aufschlussreich. Das Sternbild des Tierkreiwelches unsere Ahnen den Löwen benannten, ist dafür ein gutes Beispiel. Wenn man sich die g

dieser Sterne mit Linien verbunden denkt, kann man ohne allzu große Schwierigkeit einen Löwdoch wenigstens ein vierfüßiges Tier in diese Gruppe von Sternen hineinlesen {73}. Die IndianSüdamerikas reagieren jedoch anders. Sie sehen nicht einen Löwen oder ein ähnliches Tier inSeitenansicht, weil sie die Sterne, die für uns den Schweif und die Hinterfüße des Tieres ausmnicht mit dazurechnen.

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Wenn in einer vielleicht gar nicht so fernen Zukunft Pferderennen aufgehört haben zu existieren undPferde so ausgestorben sein werden wie Mammuts, wird man aus Manets lebendiger Skizze {176}sicher weniger über dieses seltsame alte Ritual erfahren können als aus dem berühmten, für seineEpoche repräsentativen Genrebild Derby Day des englischen Modemalers Frith {177}. Auf den erstenBlick scheint es, als ob Frith, im Gegensatz zu Manet, nichts der Phantasie üb erlasse, aber wir wissen ja schon, dass es keine Form der Darstellung gibt, auf die das zutrifft. Schon der amerikanische MalerWhistler hat die Hintergründe der beiden Bilder miteinander verglichen; so ein Vergleich ist in der Tathöchst aufschlussreich. Es stellt sich nämlich heraus, dass Frith genau wie Manet mit unserer Kenntnisder Situation rechnet und sich ebenso auf unsere Fähigkeit, zu projizieren und Undeutliches zu ergän-

zen, verlässt. Wenn man die Einzelheiten analysiert, ist die drängende Menschenmenge auf der Tribünebei Frith nicht um ein Haar detailierter behandelt als bei Manet , sie ist nur eben malerisch viel wenigerinteressant. Denn nur in das Bild Manets können wir die Erregung und das sprühende Leben einerwogenden Menschenmenge projizieren, da er durch die flimmernde Mehrdeutigkeit seiner Formenbewusst eine Vielzahl von Lesarten suggeriert und das Fehlen der Bewegung im Bild auf eine Art undWeise kompensiert, die Hildebrand nicht in Betracht gezogen hatte.

Wenn man einmal in einer Galerie sich ein paar Stunden lang diesem Problem der abgekürztenDarstellung und der damit übermittelten I nformation widmet - ein vergnüglicher und lehrreicher Zeit-vertreib -, wird man bald bestätigt finden, was wir im vorigen Kapitel festgestellt haben, dass nämlichdie Impressionisten durchaus nicht die ersten waren, die den Reiz unvollständiger Darstellung erkannt-en und ausnützten. Aber während frühere Meister den Beschauer auf diesen Kunstgriff vorbereitetenund ihm die Projektion erleichterten, war die Wirkung, auf die die Impressionisten abzielten, vielmehrdie Freude an einem schwierigen, doch spannenden Erlebnis, einem visuellen Schock. Es ist kaum einZufall, dass moderne Kunstbücher gerne Details aus den Hintergründen alter Gemälde abbilden, dieuns durch ihre unerwartete Kühnheit in Staunen versetzt. Allerdings liegt die Kühnheit vielfach in derMethode der Auswahl durch die modernen Interpreten, die uns diese Bildstellen isoliert vorführen, dasheißt, ohne jene allmählichen Übergänge, die den alten Meistern selbstverständlich waren.

Nehmen wir zum Beispiel ein Detail {179} aus einem Gemälde Altdorfers {178}. Man kann sichkaum etwas Kühneres und Gewagteres denken als diese Art, die Gestalten von Engeln zu einer Reiheleuchtender Punkte zu reduzieren, die wir, ohne den Zusammenhang zu kennen, gewiss nicht als Engelerkennen könnten. Aber wie hätte Altdorfer sonst das Undarstellbare darstellen können, wie die Ideeder Unendlichkeit sichtbar machen? So führt der Künstler den Beschauer in leichtem Übergang vonden reizenden Englein des Vordergrunds zu immer undeutlicheren Gestalten und bringt ihn auf dieseWeise dazu, in die leuchtenden Punkte, die in der Ferne verschwimmen, die Vision der himmlischenHeerscharen in ihrer Unerschöpflichkeit hineinzuprojizieren.

In Altdorfers Gemälde verleiht der religiöse Gegenstand der Idee der Unendlichkeit besondersinnige und erhebende Obertöne. Aber im Prinzip ist die Darstellung des Unendlichen, wie Nietzschehervorhob, in jeder Nachahmung der Natur als Aufgabe immanent. Die Gesamtheit aller visuellen Erleb-nisse ist unermesslich groß, während die technischen Mittel des Künstlers notwendigerweise bes-chränkt sind, sei es auch nur durch das Korn der von ihm verwendeten Pigmente. Auch die liebevollsteKleinmalerei kann nur eine endliche Zahl von Pinselstrichen auf den Malgrund setzten, und selbst wenn

es dem Künstler gelingt, die Üb ergänge zwischen den einzelnen Farbflecken so fein zu gestalten, dasssie unter der Wahrnehmungsschwelle liegen, wird er sich schließlich doch der Suggestion bedienenmüssen, wenn er unendlich Kleines d arstellen will.

S

Wir unterliegen dieser Art von Suggestion in ganz besonderem Maße vor Meisterwerken wie dJan van Eyck. Hier, meinen wir, ist es dem Künstler gelungen, jeden Faden des reichen BrokatsHaar am Haupte der Engel und jede feinste Maserung des Holzes einzeln wiederzugeben {180}

Und doch konnte er das ganz bestimmt nicht tun, selbst wenn er noch so geduldig und mit einer Lupe arbeitete. Mögen wir auch über die Geheimnisse, die solchen Effekten zu Grundnoch sehr wenig wissen, so ist es doch sicher, dass sie auf Illusion aufgebaut sein müssen.

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Psychologische Untersuchungen haben gezeigt, dass diese unsere Neigung, übers Ziel zu schiessen,tatsächlich zu sehr merkwürdigen Illusionen führen kann, wenn wir durch geschickte Anordnungendazu gebracht werden, den Tatsachen vorauszueilen und angedeutete Serien nach einer bestimmtenErwartungsvorstellung zu ergänzen, die der Kompliziertheit der Zusammenhänge nicht genug Rech-nung trägt. Die berühmteste Illusion dieser Art ist die Frasersche Spirale {181}, die in Wirklichkeit garke-ine Spirale ist, sondern eine Serie konzentrischer Kreise. Nur dadurch, dass wir sie mit dem Bleistiftnachziehen, können wir uns davon überzeugen, das wir nicht eine sich ins unendliche fortsetztendeSpirale vor uns haben. Mit dem Bleistift in der Hand sind wir auch imstande, die optische Täuschungzu analysieren: Es handelt sich um eine Unzahl separater Bewegungen zum Zentrum hin, die wir nicht

koordinieren können, weil die vielen sich zirkelblumenartig überschneidenden Linien und das darausentstehende Schachbrettmuster des Hintergrunds uns daran hindern. So nehmen wir denn unsereZuflucht zu dem Etcetera-Prinzip und schließen, d ass die vielen in sich spiralig verschlungenen Linienin ihrer Gesamtheit eine Spirale ergeben müssen. Die Illusion einer bis ins unendlich Kleine fortsch-reitenden Progression, die auf Bildern wie d enen van Eycks eine bemalte Tafel in ein Stück Pelz oderBrokat verwandelt, beruht vielleicht auf ganz ähnlichen Reaktionen. Gleichzeitig bedient sich der Maleraber auch noch anderer Hinweise, die uns im täglichen Leben am besten und sichersten über die Be-schaffenheit des Materials informieren, dass wir nicht befühlen können: Ich meine die Art und Weise,wie das Licht absorbiert, reflektiert oder in ungezählte leuchtende Punkte aufgelöst wird. ProfessorJ.J. Gibson, der in seinem Werk The Perception of the Visual World (Die Wahrnehmung des Sichbaren)unendlich viel zum Verständnis unserer Reaktionen auf Oberflächenstrukturen beigetragen hat, be-merkt in einer Fussnote, was der Maler darstelle, sei eben “die Mikrostruktur des Lichts, wie es von denverschiedenen Oberflächen zurückgeworfen wird”. Wahrscheinlich müssen mehrere Effekte zusam-menwirken, damit eine geschickte Verteilung von Pigmenten “stellvertretend für das Ganze sein” kann,das man sich vorzustellen hat. Wie dem auch sei, eines ist sicher: Ohne die Mitwirkung des Betrachterskönnte die Illusion niemals zustande kommen. Wo die Natur der dargestellten Oberfläche dem Bes-chauer nicht bekannt ist, kann seine Deutung trotz aller Kunst der Darstellung noch sehr weit dane-bengehen. In einer Schilderung des ersten Winters, den er in England verbrachte, schreibt der südafri-kanische Dichter Roy Campbell: “Noch etwas, was mich sehr verwunderte, war d ie seltsam prickelnde,salzkörnige Beschaffenheit des Schnees. Nach Bildern hatte ich mir vorgestellt, Schnee sehe aus wieWachs und Schneeflocken wie geschabte Kerzen.” Die wenigsten Künstler, die Schneelandschaftenmalten, dürften sich klar darüber gewesen sein, dass sie damit rechneten, die Nachahmungsgabe derBeschauer - um mit Philostratus zu sprechen - werde die Illusion für sie vollenden.

Wenn man diese Zusammenhänge einmal klar erfasst hat, wird man auch eher verstehen,warum die Darbietung von sehr viel detaillierter Information in einem Bild der Illusion ebenso ofthinderlich wie förderlich ist. Die Ursache hierfür liegt in eben jenen grundsätzlichen technischenBeschränkungen, die manchmal sehr auffällig werden und dann den Eindruck, den der Künstler her-vorzuzaubern suchte, geradezu zerstören. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Leonardo, dergrößte Vorkämpfer naturalistischer Illusion in der Malerei, auch der Erfinder bewusst verschwom-mener Umrisse ist, jenes “sfumato” - der durch Rauch verschleierten Form -, das die auf der Leinwandvorhandene Information reduziert und dadurch den Prozess der Projektion in uns anregt. In seinerBeschreibung dieser Errungenschaft der perfekten Manier in der Malerei preist Vasari solche Konturenals “zwischen dem Sichtbaren und d em Unsichtbaren schwebend”. Im gleichen Zusammenhang suchtDaniel Barbaro, ein Zeitgenosse Tizians, Plinius’ bewundernde Beschreibung der Konturen d es Parrha-sios auf die Technik des “sfumato” anzuwenden, welche uns ermöglicht, “das, was wir nicht sehen, zuerfassen”.

S

Da wir Mehrdeutigkeit niemals direkt wahrnehmen können, kommt es uns oft nicht zum Bewudass “reine” Formen eine beliebige Anzahl von räumlichen Deutungen ermöglichen. Nichtsdesger erregt die Dynamik von Form und Farbe immer größeres Interesse, und man wäre gern davzeugt, dass auch auf ungegenständlichen Bildern dreidimensionale Formen unzweideutig dargwerden können. Aber leider ist das, was man wünscht, deshalb noch nicht immer wahr, und ices bedürfe noch vieler exakter psychologischer Versuche, um die subjektive Üb erzeugung derdass sie eine abstrakte dreidimensionale Gestalt “darstellen” können, zu bestätigen oder zu wlegen. Denn obwohl das Prinzip der guten Gestalt gewiss am Werke ist, wenn wir einfachen visSituationen gegenüberstehen, kann man leicht beweisen, dass sein Anwendungsbereich ziem

chränkt ist. Dazu muss man nicht einmal Beispiele aus der abstrakten Kunst heranziehen.Wir können es an jeder Darstellung von Bäumen nachweisen. Blättern wir zurück und betrachteinmal Hobbemas Dorf und Mühle {30}. Was können wir über die gegenseitige Stellung der Äsabgebildeten Bäumen aussagen? Im Grunde sind diese Beziehungen alles eher als eindeutig. Ubehaupte ich, sehen wir die Bäume in der Ferne nicht als flache Silhouetten, sondern wir entsuns für eine Anordnung, die dem Bilde entspricht, oh ne dass uns im allgemeinen die besteheneutigkeit zum Bewusstsein kommt. Man müsste einer Anzahl von Versuchspersonen den Auftrben, ein Drahtmodell der Bäume anzufertigen, um die verschiedenen möglichen Lesarten mitevergleichen zu können.Ich möchte den Unterschied dieser Auffassungen an Hand von einigen Plakaten noch klarer hebeiten: Man betrachte ersteinmal das wirksame Plakat der United States Lines {219}. Obwohl niemand etwas Ähnliches wirklich gesehen hat, sehen es die meisten Leute als einen Pfeil, dernach rückwärts über den Antlantischen Ozean weist. Diese Deutung entspricht den ErwartungGestaltpsychologen, denn sie erfüllt das Kriterium der Einfachheit: Wir nehmen an, dass die Stparallel sind, und deuten daher ihre Konvergenz als Rezission in die Tiefe. Nach Ansicht dieserist dies eine so unmittelbare, grundlegende Reaktion, dass man sich unmöglich als auf AnnahmInterpretation beruhend auffassen könnte. Und doch versagt diese Erklärung an unserem nächBeispiel {220}, einer Werbung für ein Handbuch der englischen Post. Nach dem Kriterium der heit müssten wir, infolge der Gleichheit der Buchstaben auf den Pfeilen, die Pfeile selbst als mBuch in einer Ebene liegend sehen.

 

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Ich glaube aber nicht, dass das die gewöhnlichste Lesart ist. Dazu ergibt es sich aus der Situation zudeutlich, dass die Pfeile als auf das Buch hinweisend gedacht sind, ganz ähnlich wie der Pfeil in demamerikanischen Plakat nach der anderen Seite des Ozeans gerichtet ist. Sobald wir uns jedoch fürdiese Lesart entschieden haben, müssen wir feststellen, dass wir keinen Anhaltspunkt haben, der unssagen könnte, in welchem Winkel die Pfeile gebogen sind. Es ist klar, dass sie sich nach oben zu verjün-gen, und daher lässt uns hier das Einfachheitskriterium im Stich. Doch bedeutet das keineswegs, dasswir deshalb auf eine Deutung des Bildes verzichten. Wir akzeptieren rein willkürlich irgendeine Lösung,die mit der dargestellten Situation n icht in Konflikt kommt. Vermutlich werden wir das Ganze als eineArt Auslagenarrangement sehen, in dem bunte Pfeile aus Pappe oder Papier auf das Buch gerichtet

sind. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass mehrere Beschauer ihre Eindrücke vergleichen sollten,würden sie wahrscheinlich mit Erstaunen feststellen, dass jeder von ihnen eine andere räumliche Anor-dnung sieht.

VIII

Trotz gewisser oberflächlicher Ähnlichkeiten - hier wie da handelt es sich um sich verjüngende Formen- könnte das bei dem Plakat der Grazer Messe {221} wohl kaum vorkommen, obwohl wir uns auch hiereinem eher fremdartigen Objekt gegenüberstehen. Der hauptunterschied scheint mir darin zu liegen,dass bei dieser Darstellung ein Faktor mitspielt, den wir un unserer Diskussion der räumlichen Darstel-lung bisher bewusst nicht ins Kalkül gezogen haben: nämlich das Modellieren in Licht und Schatten.In der Andeutung von Licht und Schatten hatte die abendländische Kunst schon in griechischer Zeitein Mittel gefunden, das es ihr ermöglichte, die Mehrdeutigkeit, die der Darstellung von Figuren voneiner einzigen Seite innewohnt, auf ein Mindestmaß herabzudrücken. Dem großen Empiriker Hogarth,dessen witziges Blatt {206} die Folgen einer falschen Perspektive so geistvoll entlarvte, verdanken wirauch eine bewundernswert klare Formulierung eines “raumanweisenden Schattens”. “Ebenso wiedie Konvergenz der Linien zeigen solche Schatten, wie weit bestimmte Objekte oder Teile von Objek-ten zurücktreten und in die Tiefe gehen: ohne sie würde ein Fussboden oder eine andere horizontaleFläche oft vertikal zu stehen scheinen wie eine Wand. Und trotz all der anderen Anzeichen, aus denenwir den Abstand zwischen uns und den d argestellten Dingen entnehmen können, wird das Auge oftgetäuscht, wenn derartige Schatten aus irgendeinem Grunde fehlen: denn wenn zufällig das Licht soangeordnet ist, dass die Schatten nicht in ihren richtigen Abstufungen erscheinen, verwirrt sich nichtnur unsere räumliche Vorstellung, sondern wir sehen auch leicht runde Gegenstände flach und flacheGegenstände rund. “Hogarth wusste auch, dass Schattierung nur dort die Wirkung haben kann, eineräumliche Situation schärfer zu definieren, wo sie dazu beiträgt, eine Verkürzung verständlich zu ma-chen, das heißt, wo beide technische Mittel gemeinsam eine Tiefenwirkung hervorrufen - gemeinsam“eine Idee verwirklichen” -, was keines von beiden allein zustande bringen könnte. Er betonte überdies,dass in gewissen Situationen, um jede Mehrdeutigkeit auszuschließen, als drittes die Glanzlichter da-zukommen müssten. “Als ein Beispiel für d ie Tatsache, das konvex und konkav nicht zu unterscheidensind, wenn nicht der konvexe Körper ein Glanzlicht hat, betrachte man die erhabenen und vertieftenTeile (ovolo und cavetto) eines p rofilierten Kranzgesimses.

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was a stumbling block in spite of all the hasty adoption of a b ook on the development of illusiohad to measure the artistic perfection of an image on th e degrees of fidelity to nature. Even if mplicit assurances were not enough to prevent this misunderstanding, yet the chapter on caricanichtillusionistische other aspects of presentation should have excluded such a misinterpretaan interesting fact, not to doubt the proposition that many great artists of the past problems oreproduction were tied, but yet it would none of them occurred to believe that natural reproduonly one image to the artwork making.Other readers searched again in the book provide support for the opposite view, namely, that is inadmissible for truth to nature, because every nature do not agree. In fact, I tried to show th

undeniable subjectivity of seeing non-objective criteria excludes the correlation. A wax doll fostance, can sometimes not be distinguished by their model, and a look through a peephole canan image and a three-dimensional object completely equal. It does not matter who the observethat he admires the deception or despised.I suspect that this misunderstanding is mainly due to my repeated assertion that no artist copihe sees. But this is not a contradiction. For both the successful “trompe l’oeil” and the cartoonstriking not only the result of careful observation, but also th e product of experiments with paeffects. The invention of these effects was, as I tried to show thus set in motion that in our wesculture at certain times of images that were not true to life, the people no longer enough. The gmodification of traditional conventions and schemes under the pressure of new demands thatplaced on the artist, is one of the main themes of this book.Here is perhaps the place to point out a difficulty that is not based so clearly on a misunderstabut which, I hope can b e overcome relatively easily. As an art historian, I went straight from thetence and general circulation schematic formula treasures to prove without the details. It is thof things that would require a disproportionately large number of vo illustrations to demonstramapping of numerous Egyptian servant figures, Chinese Bamboo Images, Gothic angel, or Barputti, which you can easily see in museums and in art books with a little attention namely, howthe variations and how subtle the variations are within which the artists and craftsmen createterpieces of bygone eras. For my intention with this book was not to describe the art of the passhow the reasons for the unexpected problems that faced artists, if they wanted to make theirfaithfully.I must admit that such an intention is to prove to Niche always easy. A painter friend of mine asto tell him simply what is the o pposite of the view that I represent, and thereby helped me to relate the problem. The opposite would be a world in which anyone who can handle a brush, migalways full truth to nature about. The desire to own alone, an image of a loved one or a nice viemean that the artist “that mimics what he sees,”. Then all that would be right, the d eviations frreality in non-naturalistic styles hold for plans. This view may sound in to day’s civilized world eplausible, because most city people, without intending it, an enormous amount of knowledge picturesque effects of posters, postcards and have absorbed so on.

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Times have changed and so have our ears. We demand a different style of oratory. This reference to theconditions of the time and the diversity of “ears” is perhaps the first fleeting contact between the psy-chology of style and that of perception. I know of no such explicit reference in ancient writings on art.Not that the bearing of the painter’s skill on the psychology of perception was lost on antiquity. In oneof Cicero’s philosophical dialogues, the Academica, the argument turns on the status of sense percep-tions as a source of knowledge. The skeptic who denies the po ssibility of any knowledge is remindedof the acuteness and perfectibility of our eyes: “How much painters see in shade and protrusions thatwe do not see!” exclaims the speaker, only to be reminded later that this argument merely proves howfeeble the version of an ordinary Roman must be, for how many painters are Romans?

There is no evidence, however, that classical antiquity fully realized the implications of thisobservation. Strictly speaking, it poses a question which is still unsolved. Are painters successful in theimitation of reality because they “see more”, or do they see more because they have acquired the skillof imitation? Both views are somehow supported by commonsense experience. Artists know that theylearn by looking intensely at nature, but obviously looking alone has never sufficed to teach an artist histrade. In antiquity the conquest of illusion by art was such a recent achievement that the discussion of painting and sculpture inevitably centred on imitation, mimesis. Indeed it may be said that the progressof art toward that goal was to the ancient world what the progress of technics is to the modern: themodel of progress as such. Thus Pliny told the history of sculpture and painting as the h istory of inven-tions, assigning definite achievements in the rendering of nature to individual artists: the painter Polyg-notus was the first to represent people with open mouths and with teeth, the sculptor P ythagoras wasthe first to render nervs and veins, the p ainter Nicias was concerned with light and shade. In the Re-naissance it was Vasari who applied this technique to the history of the arts of Italy from the thirteenthto the sixteenth century. Vasari never fails to pay tribute to those artists of the past who made a distinctcontribution, as he saw it, to the mastery of representation. “Art rose from humble beginnings to thesummit of perfection” because such natural geniuses as Giotto blazed the trail and others were thusenabled to build on their achievements. Thus we read of the mysterious Stefano: “Although the fore-shortenings which he made are faulty in manner... owing to the difficulty of execution, yet, as the firstinvestigator of these difficulties, he deserves much greater fame than those who follow after him with amore orderlys and regulated style.” Vasari, in other words, saw the invention of the means of represen-tation as a graet collective enterprise of such difficulty that a certain division of labour was inevitable.Thus he says of Taddeo Gaddi: “Taddeo always adopted Giotto’s manner but did not greatly improve itexcept in the colouring, which he made fresher and more vivid.

Pa

It follows for Sedlmayr that we must also “reject the belief in the unity and immutability of humture and human reason” no less than the idea that the “nature remains the same and is only ‘reed’ in different modes”. Finally, we must renounce the causal analysis of history “which concehistorical change merely as a resultant of blind and isolated chains of causation”. There is suchas the “meaningful self - movement of the spirit which results in genuine historical totalities of

It happened to b e a passionate believer in all those outmoded ideas which Sedlmayr inasked a gullible public to discard in favour of a Spenglerian historicism. Like K.R. Popper, on wwords in The Poverty of Historicism I cannot improve, “I have not the slightest sympathy with t“spirits”; neither with their idealistic prototype nor with their dialectical and materialistic inca

and I am in full sympathy with those who treat them with contempt.And yet I feel that they indicate, at least, the existence of a vacuum, of a place which it is the taciology to fill with something more sensible, such as an analysis of problems arising within a t r“Styles, I believe, are instances of such traditions. As long as we have no better hypothesis to oexistence of uniform modes of representing the world must invite the facile explanation that suunity must - be due t o some supraindividual spirit, the “spirit of the age” or the “spirit of the ra

Not that I deny that historians, like other students of groups, often find attitudes, belieftastes that are shared by many and might well be described “as the mentality or outlook dominclass, generation, or nation. Nor do I doubt that changes in the intellectual climate and changeion or taste are, often symptomatic of social change, or that an investigation of these connectibe worth while. Both in the writings of Riegl himself and in those of his followers and interpretas Worringer, Dvorak, and Sedlmayr, there is a wealth of challenging historical problems and stions, but I would assert that what is their greatest pride is in fact their vital flaw; by throwing oidea of skill they have not only surrendered vital evidence, they have made it impossible to reaambition, a valid psychology of stylistic change.

The history of taste and fashion is the history of preferences, of various acts of choke bgiven alternatives. The rejection by the Pre-Raphaelites of the academic conventions of their dan example, and so is the Japonism of art nouveau. Such changes in style and in the prestige omight be described (through hardly exhaustively) in terms of a “will-to-form”; no one doubts t hsymptomatic of a whole cluster of attitudes. But what matters here from the point of view of mis that an act of choice is only of symptomatic significance, is expressive of something only if wreconstruct the choice situation. The captain on the bridge who could have left the sinking shistayed must have been a hero; the man who was trapped in his sleep and drowned may also haheroic, but we shall n ever know. 

 

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It was André Malraux who seized upon the significance of these findings in his captivating volumes onThe Psychology of Art . There is much of Hegel and Spengler in Malraux’s rhapsodic hymns to myth andto change, but he has at last disposed of the misunderstanding which comes in for its share of ridiculein Alain’s cartoon, the idea that the styles of the past literally reflect the way these artists “saw” theworld. Malraux knows that art is born of art, not of nature. Yet, for all its fascination and its brilliantpsychological asides, Malraux’s book fails to give us what its title promises, a psychology of art. We stillhave no satisfactory explanation for the puzzle of Alain’s cartoon. But we may be better prepared thanRiegl was to attempt such an explanation. We have learned a good d eal about the grip of conventionsand the power of traditions in more fields than one. Historians have investigated the hold which the for-

mula has over the chronicler who means to record recent events students of literature, such as ErnstRobert Curtius, have demonstrated the role of the “topos”, the traditional commonplace, in the warpand Woof of poetry. The time seems ripe to approach the problem of style once more, fortified by thisknowledge of the force of traditions.

I realize that this insistence on the tenacity of conventions, on the role of types and stereotypesin art, will be met with scepticism by those who have not worked in this field. It has almost become thestock accusation against art history that it concentrates on a search for influences and th ereby missesthe mystery of creativity. But this is not necessarily the ease. The more we become aware of the enor-mous pull in man to repeat what h e has learned, the greater will be our admiration for those exceptionalbeings who could break this spell and make a significant advance on which others could build.

Even so, I have sometimes asked myself whether my assumptions are really borne out by thefacts of art history, whether the need for a formula is as universal as I postulated it to be. I remembereda beautiful passage from Quintilian where he speaks of the creativity of the human mind and usesthe artist as an illustration: “Not everything that art can achieve can be passed on. What painter everlearned to represent everything that exists in nature? But once he has grasped the principles of imita-tion, he will portray whatever presents itself. Which craftsman has not made a vessel of a shape he has

never seen?It is an important reminder, but it does not account for the fact that even the shape of the new

vessel will somehow belong to the same family of forms as those the craftsman has seen, that his rep-resentation of “everything that exists in nature” will still be linked with those representations that werehanded on to him by his teachers. It is once more the stubborn fact of Alain’s Egyptian boys that has tobe accounted for, and no historian of art will be inclined to underrate the sway of style, least of all thehistorian who maps the long road to illusion.

Pag

At the time there was only one track running into t he round-house, “but the president insisted having four or five painted in, easing his conscience by explaining that the road would would evally have them”. Innes protested, we can see that when he finally gave in for the sake of his famshamefacedly hid the patch with the nonexistent track behind puffs of smoke. To him this patclie, and no aesthetic explanation about mental images or higher truth could have disputed this

But, strictly speaking, the lie was not in th e painting. It was in the advertisement, if it clcaption or implication that the painting gave accurate information about the facilities of the rairoundhouses. In a different context same picture might have illustrated a true statement - for inif the president had taken it to a shareholders’ meeting to demonstrate improvements in anxio

make. Indeed in that case, Iness’ rendering of the nonexistent tracks might conceivably have gengineer some hints about where to lay them. It would have served as a sketch or blueprint.

Logicians tell us - and they are not people to be easily gainsaid - that the terms “true” ancan only be applied to statements, propositions. And whatever may be the usage of critical papicture is never a statement in that sense of the term. It can no more be true or false than a stacan be blue or green. Much confusion has b een caused in aesthetics by disregarding this simpis an understandable confusion because in our culture pictures are usually labelled, and labelstions, can be understood as abbreviated statement when it is said “the camera cannot lie”, thision is apparent. Propaganda in wartime often made use of p hotographs falsely labelled to accexculpate one of the warring parties. Even in scientific illustrations it is the caption which detethe truth of the picture. In a cause celebre of the last century, the embryo of a pig, labelled as aembryo to prove a theory of evolution, brought about the downfall of a great reputation. Withoreflection, we can all expand into statements the laconic captions we find in museums and boWhen we read the name “Ludwig Richter” under a landscape painting, we know we are thus inthat he painted it and can begin arguing whether this information is true or false. When we readwe infer the picture is to be taken as a view of that spot, and we can again agree or disagree wi

label, how and when we agree, in such a case, will largely depend on what we want to know abobject represented. The Bayeux tapestry, for instance, tell us there was a battle at Hastings. It tell us what Hastings “looked like”. 

 

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Rorschach himself stressed that there is only a difference of degree between ordinary perception, therilling of impressions in our mind, and the interpretations due to “projection”. When we are aware of the process of filing we say we “interpret”, where we are not we say “we see”. From this point of view,there is also a difference of degree rather than of kind between what we call a “representation” andwhat we call an “object of nature”. To the primitive, the tree trunk or rock which looks like an animalmay become a kind of animal.

The idea that we may find the roots of art in this mechanism of projection, in the filing systemsof our mind, is not of recent origin. It was first expressed more than five hundred years ago in the writ-ings of Leon Battista Alberti. The passage is little known because it occurs, not in Alberti’s famous

book on painting, but in his little treatise on sculpture, De Statua: “I believe that the arts which aim atimitating the creations of nature originated in the following way: in a tree trunk, a lump of earth, or insome other thing were accidentally discovered one day certain contours that needed only a very slightchange to look strikingly like some natural object. Noticing this, people tried to see if it were not possi-ble by addition or subtraction to complete what still was lacking for a perfect likeness. Thus by adjust-ing and removing outlines and planes in the way demanded by the object itself, men achieved what theywanted, and not without pleasure. From that day, man’s capacity to create images grew apace until hewas able to create any likeness, even when there was no vague outline in the material to aid him.”Today we lack Alberti’s boldness in speculating about origins. Nobody was present when “the first im-age was made”. And yet I think Alberti’s theory abo ut the role of projection in the origins of art deservesto be taken seriously. There is one area at least where we can check and confirm the importance whichthe discovery of accidental similarity has for the mind of primitive man: the images which all peoplesproject onto the night sky. I need hardly enlarge on the spell these discoveries cast over the mind of man. To find the image of an animal in the scattered pattern of luminous points in heaven was to imag-ine it ruling over that part of the sky and over all creatures which came under its influence. We knowthat the slightest resemblance sufficed to suggest such identification. The constellations have changed

since the time when the names of the zodiac were first given them several thousand years ago. But atno time can it have been easy to find the ram or the scorpion, the lion or the bull. We know in fact thatdifferent tribes projected different images into this first Rorschach test. And nothing is more instructivethan to compare the different interpretations given to the same group of stars.

The constellation of the zodiac which the ancients called the lion provides a good example: if you approach it with the appropriate mental set you can read a lion, ar at least a quadruped, into thatgroup by drawing lines bet ween the main stars {76}. I ndians of South America react differently. Theydo not see a lion shown sideways because they disregard what we would call the animal’s tail and hindlegs and make of the rest a lobster seen from above.

Pag

When horse racing becomes a dimly remembered ritual and the horse is as extinct as the dodonet’s spirited sketch of a race {179} certainly will tell the historian less about those b ygone daywill that famous showpiece of Victorian realism, Derby Day, by Frith {180}. One is tempted to sin contrast to Manet, Frith leaves nothing to the imagination, but in fact, as we have seen, thererepresentation of which this can ever be true. It was Whistler who compared Frith’s backgrounManet’s, and such a comparison is indeed instructive, Frith, it turns out, relies no less on our kedge, on our faculty to project and to supplement what he has left indistinct. Taken in isolationtreatment of the grandstand with its seething crowd is not more detailed than that by Manet - iless interesting pictorially. Into the Manet we can project the sparkle and movement of an exci

of people. He uses the very ambiguity of his flickering forms to suggest a variety of readings anpensate thereby for the absence of movement in the painting in a way Hildebrand never thoug

There are worse ways of spending an afternoon in a gallery than in concentrating on thilem of abbreviation and information. We shall soon confirm the result of the last chapter, that timpressionists were by no means the first to discover and exploit the charm and challenge of iplete representation as such. But where the earlier masters prepared the beholder for this artfaciliated the projection, the impressionists wanted him to enjoy the challenge of a visual shoctherefore no accident that twentieth-century art books like to show us details from the backgrold paintings that startle us by the unexpected daring of these old masters. The daring, of coufrequently that of their modern interpreters who present such images in isolation without thattransition which the earlier masters insisted upon. Take the detail {182} from one of Altdorfer’sings {181}. Nothing could be more daring than the way he reduces the shapes of angels to a serluminous dots which we surely could not read without knowing their context. But how else cosuggest what is in fact unrepresentable, the idea of the infinite? In t he context of his beautiful pthe artist leads the willing beholder from the charming angels in the foreground to more and mdistinct shapes and thus makes him project a vision of infinite multitudes of the heavenly host

sparkling dots that fade into the distance. In Altdorfer’s painting, infinitude acquires a special and beauty through its religious associations, but in principle, as Nietzsche knew, all claims to ture must lead to the demand of representing the infinite. The amount of information reachingthe visible world is incalculably large, and the artist’s medium is inevitably restricted and granuthe most meticulous realist can accommodate only a limited number of marks on his panel, anhe may try to smooth o ut the transition between his dabs of paint beyond the threshold of visithe end he will always have to rely on suggestion when it comes to representing the infinitely s

 

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While standing in front of a painting by Jan van Eyck we fall under this very spell. We believe he suc-ceeded in rendering the inexhaustible wealth of detail that belongs to the visible world.We have the impression that he painted every stitch of the golden damask, every hair of the angels, ev-ery fibre of the wood {183}. Yet he clearly could not have done that, however patiently he worked witha magnifying glass. Little though we may know about the secrets of such effects, they must be b ased onan illusion.

Pag

The most famous illusion of this kind is the Fraser spiral {184}, which is not a spiral at all but reseries of concentric circles. Only the tracing pencil will convince us that we are not confronteda spiral moving toward the infinite. Pencil in hand we will also understand the illusion. There arnumerable movements toward the centre, and since we are baffled by the crisscross pattern obackground, we resort to the etc. principle and assume that the spiralling lines add up to a spirlusion of a progression to infinitude that turns a painted panel into the semblance of fur or damwell be based on similar reactions. In addition, the p ainter relies on those clues which give us treliable information about texture in real life: the way light behaves when it hits a surface and ireflected, absorbed. or dissolved into innummerable light points. No one has done more to fur

understanding of the way we react to texture than Professor J.J. Gibson in his bo ok The Percethe Visual World.In a footnote he refers to th e fact that what the painter reproduced was “the microstructure oreflected from these surfaces”. It may be an interaction of these various effects that makes a dtion of pigments “stand for the whole to be imagined”. But the trick certainly could not work wour contribution to the illusion. Where we have no knowledge of the type of surface representeinterpretation may still go very wrong. Writing of his experience when he came to England fromAfrica, Roy Campbell says, “The strange, crisp, salty consistency of snow was another puzzle. paintings I had imagined it to b e like wax, and snowflakes to be like shavings of candle grease.”ists who have painted snow scenes can have realized that they relied on what Philostratus calimitative faculty”, our knowledge of snow, for the illusion to work.

Once this fact is understood it may be easier to see why the amount of information pacthe picture may hinder the illusion as frequently as it helps it. The reason lies precisely in the liof the medium that may occasionally obtrude themselves and contradict the impression the pwanted to conjure up. No wonder, therefore, that the greatest protagonist of naturalistic illusiopainting, Leonardo da Vinci, is also the inventor of the deliberately blurred image, the sfumato

form, that cuts down the information on the canvas and thereby stimulates the mechanism of tion. In describing this achievement of the “perfect manner” in painting, Vasari praises those o“hovering between the seen and the unseen”. In the same context, Titian’s contemporary, Danbaro, adapts Pliny’s praise of Parrhasios’ outline to the technique of sfumato that leads us to “stand what one does not see”.

 

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Our inability to see ambiguity often protects us from the knowledge that “pure” shapes allow of aninfinity of spatial readings. Even so, the dynamics of form and colour as such have naturally arousedincreasing interest, and it would be comforting to know that three-dimensional forms can still be sug-gested unambiguously in a non-representational context. But what is comforting is not necessarilytrue, and I feel that much more research is needed to confirm or refute the artist’s subjective feelingthat he has “represented” an abstract three-dimensional shape. For though the simplicity criterioncertainly guides our reading in certain cases that happen to be simple, it is easy to show that its appli-cation is limited. We need not go to abstract art to make this demonstration. Any picture of a tree willdemonstrate the dilemma more or less. Turn back to Hobbemann’s Village with Watermill {33}. How

much can we tell about the spatial relations of its tree branches? And yet, I contend, we do not see thedistant trees as a flat silhouette - rather we accept any one reading that would fit the image and rarelyeven notice its ambiguities. One would have to ask a number of ob servers to make a wire model of thetrees concerned to bring out the different readings of the same image.

A series of simple p osters may serve to bring these conflicting views into focus. Take the effec-tive design for the United State Lines {222}. Though nobody has ever seen such a sight, most people,I find, confidently read it as an arrow pointing obliquely backward across the Atlantic. This readingconforms to the expectations of the Gestalt psychologists, for it tallies with the simplicity criterion. Wetake the stripes on the arrow to be parallel and therefore read thier convergence as recession. We aretold this reaction is so basic that it cannot be put down to assumptions and interpretations. And yet theexplanation breaks down in another simple poster for the Post Office Guide {223}. The simplicity crite-rion would compel us to accept the lettering on the arrows as uniform and therefore to see the arrowsas lying parallel to the book. I doubt if many readers will see the arrangement this way.

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The situation indicates too strongly that the arrows are meant to point toward the book, mucharrow in the previous poster pointed across the ocean. But as soo n as we adopt this reading, where no clue as to the exact angles in which the arrows are supposed to be pointing. They are oto be imagined as tapering off towards the arrowhead, and therefore the simplicity criterion ledown. Yet here, as always, we will not leave the picture uninterpreted; rather we will adopt at rany reading that is not inconsistent with the situational clues and be satisfied with some imageboard arrows in a window display. Few of those who have seen the poster are likely ever to comnotes and discover that their illusions differed because each of them contributed a different sh“space” to the arrangement.

Why is it different with the Graz trade fair poster {214}, which also represents a tapering shapeus has seen? Merely to ask this question is to remind the reader at last of the gigantic over-simtion that lies in discussing the rendering of space without reference to modelling, that is, the reof light and shade. In light and shade Western artists have discovered a means of vastly reduciambiguity of shapes as seen from one side. Hogarth, the great empiricist who so wittily workeeffects of “false perspective”, explained with admirable lucidity what he meant by “the retiring“It is equally instrumental with converging lines, in showing how much objects, or any parts of tire or recede fro the eye; without which, a floor, or horizontal-plane, would often seem to stanlike a wall. And notwithstanding all the other ways by which we learn to know at what distanceare from us, frequent deceptions happen to the eye on account of deficiencies in this shade: folight chances to be so disposed on objects as not to give this shade its true gradating appearanonly spaces are confounded, but round things ap pear flat, and flat ones round.”

Hogarth knew that shade had a defining character only where it is used to plot a foreshing, “thus mutually completing the idea of those recessions which neither of them alone couldhe also knew that in given situations even these t wo clues together will not rule out ambiguity uthird, “reflection”, completes the definition: “As an instance that convex and concave would a

same, if the former were to have no reflection thrown upon it, observe the ovolo and cavetto, onel, in a cornice, placed near together, and seen by a front light, when they will each of them, bappear either concave, or convex, as fancy shall direct”.


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