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X. Fluor im Kafkspath und Aragonit; con nr. G u s t a o Jcr t z sch .

N i t der Etiquette Ein kohlensaure Kalkerde mit einigen Procent phosphorsaiirer Kalkerde enthaltendes Mineral, un- bekannten Fundorts, von der Harte des Aragous und dein spec. Gewicbte 2,830, iibergab inir Hr. Bergrath B r e i t - h a u p t gefalligst zur Untersuclnung, einige Bruchstiicke ei- nes in der methodischen Sainmlung der Bergakademie zu Freiberg befindlichen Minerals.

Es ist schneeweifs uud von sehr dunnstangliger Struc- tur : seine feinstangligen Krystallindividuen sind nicht selten nach dein bekannten ZwilIingsgesetze des Aragonit, Zwil- lingsebene parallel einer prismatischeii Flache, Drehungs- axe 180°, verwachsen. Hr. Prof. H. R o s e gestattete inir giitigst, die Analyse in seinem Laboratorium auszufuhren.

Urn inich zu iiberzeugen, ob geringe Mengen von Thon- erde uiid Eiseii in diesem Aragonite vorhandeii waren, behandelte ich eine gro tere Menge der gepulverten Sub- stanz bei erhohter Temperatur init salpetersaurem Ammo- iiiak in einem Glaskolben, wobei nur sehr geringe Men- gen voii phosphorsaurer Kalkerde und Fluorcalcium unge- lost blieben. Zur Analyse wurde die Substanz in Salz- saure geltist und auf bekannte Weise analysirt. Zur Tren- nung des Strontians wurde die Methode von S t r o m e y e r angewendet. Der Fluorgehalt wurde wie bei alleii in dieser Arbeit vorgeiiommei~en Untersuchungen durch die Aetzung des Glases nachgewiesen. Das gepulverte Mineral wurde init Schwefelsaure in einein Platintiegel iibergossen , der Tiegel aber init einer Glasplatte bedeckt , die init eineni Ueberzuge von Wachs versehen war und in welchen ich init einer Feder Schriftzuge gemacht hatte. Die Kohlen- saurebestimmung geschah auf gewohnliche Weise. Das bei der Wasserbestiminung im Chlorcalciuinrohre erhaltene Was- ser liefs eineii schwach einpyreuinatischen Geruch wahriieh- men und das Mineral wurde beim Gluhen scliwach braun-

PoggcndorWs Annal. Rd. XCVI. 10

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lich gefarbt. Man kiinnte hiernach auf das Vorhandenseyn einer geriugeii Menge organischer Suhstanz schliefsen.

Die Analyse ergab mir Sauerstoff.

Schwefelsaure 0,51 11 0,30 30,28 Kohlenslure 40,79 init 29,66

Phosphorsaure 0,57 )) 0,32 Fluor nicht bestimint Kalkerde 54,53 wit 15,51 Strontian 0,19 1' 0,03 Magnesia 033 11 0,09 Kali 0,43 'B 0,07 Natron 0,34 83 0,09

1

Wasser . 2,26 '' 2,Ol Da durch die Analyse weniger acide als basische Be-

standtheile aufgefunden sind, und wenii man den nicht un- bedeutenden Fluor-Gehalt berucksichtigt, so konnte man schliefsen, dafs ein Theil der durch die Analyse gefunde- lien Kalkerde als Fluorcalcium vorhanden sey. Die in dem Mineral enthaltene Menge von Fluorcalcium wiirde sich aber berechnen zu

entsprechend 3,27 E'luorcalcium mit 1,69 Calcium und 1,58 Fluor

2,36 Kalkerde

aber annehmen

mit 1,69 Calciuin und 0,67 Sauerstoff. Al's Bestaiidtheile des analysirten Aragoiiit konnte inan

k a C = 91,17 kohlensaurer Kalk Sr C = MgC = 0,48 kohlensaure Magnesia K C = 0,62 kohlensaures Kali h a = 0,59 kohlensaures Natron CaF1 = 3,27 Fluorcalcium C a 3 p = c a S =

0,27 kohlensaurer Strontian . ..

1,24 'Phosphorsaure Kalkerde 0,86 Schwefelsaure Kalkerde

k = 2,26 Wasser . __ -~

100,76.

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Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dafs dieses Mineral als Aragonit anzuseheu ist, wofur auch schon der, wenn- gleich geringe , Strontiangehalt spricht.

Tilt Berliner Konigl. Mineralien- Cabinete fand sich ein dieser ehen besprochenen Suhstanz seinein aufseren Habi- tus nach ganz ahnlicher Aragonit von Volterra vor, in welchein ich durch eine qualitative Untersuchung ehenfalls die Gegenwart einer nicht ganz geringen Mcoge von Fluor, Phosphorsaure und Schwefelsaure nach wies.

Obgleich es nicht unwahrscheinlich ist, dafs beide Sub- stanzen einem Fundorte angehoreii, so kaiin diefs doch nicht rnit voller Bestimmtheit ausgesprochen werden.

K n l k s p a t h von New-Jersey i n Nord-Ameri l ia .

Ferner theilte mir Hr. Bergrath B r e i t h a u p t den das Rothzinkerz begleitenden Zink-haltigen Kalkspath von New- Jersey zur Untersuchung gefalligst mit und bestimmte das spec. Gewicht eines unter der Lupe reiu erscheinenden Stucks = 2,788.

Bei Anwendung kleiner Stuckchen, in denen ich mit der Lupe ebenfalls keine fremdartigen Beimengungen erkennen konnte, erhielt ich ein noch etwas h6heres spec. Gewicht und zwar auf die grofste Dichtigkeit des Wassers zuriick- gefuhrt

2,810; 2,811 ; 2,817. I u der weifsen Kalkspathmasse liegen fast iinmer meist mikroskopisch kleine , jedoch haufig auch recht grofse Partien uiid Krystalle von Rothzinkerz und Franklinit, besonders herrschen erstere vor und ertheilen dem Mine- rale riicht selten eilte blah Rosen- bis Pfirsichbluth rothe Farbung.

Das Mineral decrepitirt heftig im Glaskblbchen, giebt Wasser ab und farbt sich schwach braualich. In Salzsaure ist das Miueral unter Kohlensaure-Entwickelung Ibslich.

Ich analysirte von dem weifsen rein erscheinenden Mine- 10 *

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rale uiid wendete liierbei die Methoden des Hrn. H. S a i 11 t e - C l a i r e D e v i l l e an. Ichibehandelte die gepulverte Sub- stanz in eiriem Kolben mit salpetersaurem Ammoniak bei erhohter Temperatur, wodurch Eisen und Mangan in Oxyde verwandelt ungelost blieben, die iibrigen Bestandtheile aber in Losung gingen.

Die Kohlensaure- Bestimmung geschah auf gewohdiche Weise, das Wasser wurde in einern Chlorcakiumrohre auf gefangen und unter den bekannten VorsicbtsmaEsregeln als solches gewogen. Der nicht unbedeutende Fluorgehalt konnte leider nicht quantitativ bestimmt werden, wurde aber sehr leicht nachgewiesen, indem Schriftziige auf einer mit Wachs bestrichenen Glasplatte in kurzer Zeit geatzt waren.

Phosphorsaure ist nicht vorhandeii , Schwefelsaure nur iu Spuren.

Die Aiialyse ergab mir: Sauerstoff.

0,92 '1 0,37 15,YZ I Zinkox yd 0,38 mit 0,07 Eisenoxydal 0,38 11 0,08 Magnesia Mangan 6,53 ' 1 1,54 Kalkerde 48,75 ') 13,86 Wasser 0,32 '1 0,28 Schwefelshure Spur 11 - Kohlensaure 40,77 )j 29,65 Fluor nicht bestimmt.

Hieraus folgt, dafs die Menge der vorhandenen Kohlen- saure zu gering ist, urn alle basischen Bestaiidtheile an sie gebunden annehmen zu konnen.

Es mochte wohl ein Theil der Kalkerde nicbt an Koh- lensaure gebiindeii und als Fluormetall vorhanden seyn. Berechnet inan nach dieser Ansicht die Resultate ineiner Analyse, so ergeben sich als Bestandtheile des Kalkspaths von New - Jersey

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Zn C = 0,58 kohlensaures Zinkoxyd Fe = 0,60 kohlensaures Eisenoxydul MgC= 1,94 kohlensaure Magnesia fMn = 11,09 kohlensaures Mangniioxydiil C a C = 79,96 kohlensaurer Kalk CaFl= 6,35 Fluorcalcium

= 0,32 Wasser ... S = Spur Schwefelsaure

99,84. Dieser Kalkspath von New-Jersey hat die Harte

Scala. 4: nach 12theiliger 3,5 " 10 "

Er spaltet sehr deutlich nach einem Rbomboeder, dessen Winkel einer der wenigst stumpfen im Genus der Carbon- spathe ist. Als Mittel von 5 sich corrigirenden Doppel- beobachtungen I ) erhielt ich den Rhomboederwinkel von

Dieser Winkel liefs sich nicht soiiderlich leicht messen, da auf den Flachen eine starke Streifung zu beobachteu ist, welche durch das am Kalkspathe bekaniite Zwillings- gesetz, Drehungsaxe senkrecht auf die Basis, Drehungs- winkel 18O0, zu erklaren ist.

A n einem Kalkspathe, wo eine bedeiiteude Menge Man- gan, aufserdem auch Zink, Magnesia und Eisen vorliandeii ist, sollte man einen sehr stumpfen Khoinboederwiukel er- warten. Durch die Messung ergiebt sich derselbe aber nur wenig mehr geschoben, als beim Plumbocalcit, welcher be- kanntlich unter sammtlichen Carbonspathen den kleinsten Rhomboeder- Winkel = 104" 53;' besitzt.

Diese unerwartete Thatsache lafst sicti nur dein nicht ganz geringen Fluorcalciiiin - Gehalte zuschreiben. Bekannt- lich ist das in der Natur als Flufsspath isolirt auftretende Fluorcalcium hexaedrisch. Der wenig stuuipfe Winkel ist daher wohl zu erkldren durch die chemische Verbindung

104" 57:'.

I ) 104' 54'; 104'' 55;; 104" 57:; 104' 59;; 105" F.

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zweier Substauzen, von delien der eiiieii e i ~ sehr stulnpfer Rhornboederwinkel, der andereii aber ein Rhomboeder- winkel voii 90" d. i. der Hexaederwinkel zukommt.

Der Umstatid, dafs sich in den beiden von niir analysir- ten Substanzen nicht ganz unhedeutende Mengen von Fluor gefuiiden habeii, veraiilafste mich noch mehrere Kalkspathe iind Aragonite von deli verschiedensten Localitaten und Lagerstatten arif Fluor zu priifen.

In s a m m t Zic hen von inir untersuchten Kalkspatlien uiid Aragoniten fand sich Fluor.

Die geatztcn Schriftziige sind bei den Fluor-reichsten Varietaten ohne weiteres dem Auge sichtbar, bei den ar- meren aber nur nach vorhergegaogenein Aiihaucheii der Glasplatte. In letzterein Falle wird die Schrift bekannt- lich desto leicliter erkennbar, je mebr die PIatte vor dem Anhaucheii abgekulilt wurde.

Nachfolgend ordne ich die von mir auf Fluor gepriif- teii Kalkspathe nacb dein Grade der DeutIiclakeit der er- haltenen Aetzung:

1 ) Kalkspath von New - Jersey; 2) Spaf tnngsgestalteu cines weifscn, zuweilen grau ge-

3 ) Krystallisirter Iialkspath vun Himinelsfurst (;rube bei

4 ) Krystallisirter auf Hormotoiii aufsitzender Kalkspath

5 ) Kalkspath von Kupferberg in Scblesien. 6 ) Vollkoinmen spaltbarer zum Theil krystallisirter Kalk-

spath aus der Adelsberger Grotte '). 7 ) Skalenoedrisch krystallisirter Kalkspath voo Junge

Hohe Birke Grube bei Freiberg. 8) Weifser Kalkspath angeblich von Sala in Schwedea. 9) Fleischrother durch seine Zwillingsstreifuog ausge-

10) Krystallisirter weingelber Kalkspath aus den1 Kupfer-

farbten , Kalkspathes von Brienz;

Freiberg, altes Vorkommen;

T O I ~ der Grube Abendrtithe ( Andreasberg).

zeichneter Kalkspath von Arendal.

schiefer- Revicr voti Sangerhausen. 1 ) 1849 von niir daselbst gesnmmelt.

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Von Aragoniten untersuchte ich auf Fluor, aufser dein analysirten von uubekanntem Fundorte,

1) den von Volterra in Toskana, 2) JJ JJ Herschina im bohmischen Mittelgebirge; 3) JJ 1) Zmejewskoj in Rufsland; 3) J) )J Alston; 5) )J vom Windschachte bei Schemnitz. B e r z e 1 i u s fand zuerst Fluorcalcium im Carlsbader

Sprudelwasser und in dem daraus abgesetzten Sprudelsteinen, welche man wohl jetzt allgemein fur Aragouit annimmt.

Nicht miichte ich aber, das Fluorcalcium in ihm, wie es bisher erklart wurde, als der Aragonit-Substanz me- chanisch beigemengten Flufsspath annehmen , sondern bin vielmehr der Ansicht, dafs dasselbe mit dem kohlensauren Kalke cbemisch verbunden sey. Dasselbe mochte fiir alle Fluor- haltige Kalkspathe und Aragonite gelten, weun man das weiter obeu entwickelte krystallographische Verhalten des Kalkspathes vou New- Jersey beriicksichtigt.

Fande sich in sammtIichen Kalkspathen und Kalkstei- lien ein, wenn auch nur aufserst geringer, der gewbhnli- chen Reobachtung vielleicht verschwindender , Fluorgehalt, so ware leicht erklarlich die Bildung der fur die Kalk- stocke so charakteristischen Fluor- haltigen Mineralien, wie Z. B. Apatit, Chondrodit, Flufsspath, einige Glimmer etc.

Uiinothig erscheint es, auf die Entstehuug dieser Fluor- haltigen Kalke iiaher einzugehen, da es ja bekannt ist, dafs die meisten krystallinischen Gesteine Fluor - haltige Ge- inengtheile besitzen.


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