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EXTRA: ABfALL UND VERSCHWENDUNG

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IMPRESSUM

Der FLEISCHATLAS EXTRA: ABFALL UND VERSCHWENDUNG 2014 wird von der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlicht.

Inhaltliche Leitung: Christine ChemnitzAgrarökonomische Fachberatung: Jonas Luckmann

Projektmanagement: Dietmar BartzArt Direktion und Herstellung: Ellen Stockmar

Textchefin: Elisabeth Schmidt-Landenberger Dokumentation und Schlussredaktion: Bernd Cornely, Stefan Mahlke

V. i. S. d. P.: Annette Maennel, Heinrich-Böll-Stiftung

1. Auflage, Oktober 2014

Dieses Werk steht unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ (CC BY-SA 3.0 DE). Der Text der Lizenz ist unter http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode abrufbar. Eine Zusammenfassung (kein Ersatz) ist unter http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ nachzulesen.

Download-Adresse: www.boell.de/fleischatlas

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VORWORT UND INHALT

E ssen ist wertvoll. Aber häufig gehen wir so nicht damit um. Wenn

nur noch die Filetstückchen auf unseren Tellern landen und der Rest des Tieres zur Energieproduktion oder als Düngemittel eingesetzt wird, hat das mit Wertschätzung wenig zu tun.

Dabei hat ein schonender Umgang mit Nahrungsmit-teln eine Schlüsselfunktion im Kampf gegen Hunger und Umweltzerstörung. Gerade der heutige Fleischkonsum aus industrieller Produkti-on zehrt an den Ressourcen

der Erde. Und er verschärft die Ungleichheit zwischen denen, die verschwenden können, und denen, die zu wenig haben, um satt zu werden.

Um wertzuschätzen, ist Wissen nötig. Daher stellen wir Ihnen in diesem „Fleisch-atlas extra“ über Abfall und Verschwendung vor allem Informationen über die Tiere bereit, die Sie nicht essen.

Barbara Unmüßig Heinrich-Böll-Stiftung

4 DIE GROSSE VERGEUDUNG von Christine Chemnitz Nur knapp die Hälfte eines zur Schlachtung vorgesehenen Tieres landet als Fleisch und Wurst bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Und selbst bei ihnen wird noch viel weggeworfen.

11 DER TIERVERBRAUCH IM LEBENSVERLAUf von Dietmar Bartz Wie viele Tiere verzehrt ein Mensch in seinem Leben? Eine Frage, die mehrere Antworten erlaubt – und einen Blick in die Statistiken erzwingt.

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W elche Teile eines Tieres von Menschen konsumiert werden, ist von kulturellen

Gewohnheiten geprägt. Ein Blick in die Kühlregale der Supermärk-te in Deutschland zeigt, wie wenig von einem geschlachteten Tier ge-gessen wird. Koteletts, Schnitzel, Filets, ein paar Schenkel und Flügel

machen – neben diversen Wurstwaren – einen

großen Anteil des Angebots aus. Das

war in vielen In-dustrieländern bis vor wenigen Jahrzehnten an-

ders, und ist es bis heute in den

meisten Regionen der Welt. Vielerorts

wurde und wird möglichst viel vom Tier verzehrt. Vor allem arme Konsumentinnen und Kon-sumenten können es sich gar nicht leisten, auf diese Nahrung zu ver-zichten.

In Deutschland gab es noch in den 1960er und 1970er Jahren in Privathaushalten, aber auch in Kan-tinen und Gaststätten jede Menge Rezepte, die auf maximaler Verar-beitung frischer Produkte basierten – für Blutwurst und Kuttelsuppe,

Hirn und Zunge bis zu Leber und Niere, Eisbein und Ochsenschwanz. Dann sanken die Preise für Fleisch im Vergleich zum Einkommen. Die „Arme-Leute“-Produkte wurden verdrängt; Supermärkte zerstörten mit ihren Frischfleischtheken die Infrastruktur der kleinen Metzge-reien; Tierseuchen und Fleischskan-dale mehrten sich; die Menschen begannen, sich vor den Nebenpro-dukten der Schlachterei zu ekeln. Die Nachfrage ging rapide zurück: 1984 aß jeder Westdeutsche im Durchschnitt noch 1,5 Kilo Innerei-en. Im Jahr 2002 waren es (in ganz Deutschland) noch 650 Gramm, im Jahr 2013 noch 150. Insgesamt sank der Fleischkonsum in diesem Zeit-raum um 10 Prozent.

Auch wenn die Deutschen nur noch die ihnen hochwertig schei-nenden Teile essen, werden alle geschlachteten Tiere vollständig verwertet, allerdings auf andere Art und Weise. Je nach Art verzehrt der Mensch jeweils 40 bis 55 Prozent, etwa ein Drittel machen die „edlen“ Fleischteile – vor allem die sprich-wörtlichen Filetstücke – aus.

Der Rest wird exportiert oder mit den traditionellen Schlachtres-ten an Haustiere verfüttert, in der Chemie- und Düngemittelindustrie

Nur knapp die Hälfte eines zur Schlachtung vorgesehenen Tieres landet als Fleisch und Wurst bei den Konsumentinnen undKonsumenten. Und selbst bei ihnen wird noch viel weggeworfen.

DIE GROSSE VERGEUDUNG

Arme Leuteverzehren möglichst

viel vom Tier, Reiche nur das

Wenigste

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verwendet oder als „Biokraftstoff“ in den Tank gefüllt. Im Jahr 2013 ent-standen bei 11,4 Millionen Tonnen Lebendgewicht der geschlachteten Tiere rund 4,9 Millionen Tonnen „tierische Nebenprodukte“ – worun-ter alles fällt, was für den menschli-chen Verzehr nicht geeignet ist oder nicht nachgefragt wird: Borsten, Fette, Knochen, Innereien, Magen- und Darminhalte und vieles mehr. Der größte Anteil davon wird für die industrielle Produktion genutzt: als Basis für Seifen, Waschmittel, Kosmetika, Arzneimittel, Farben, Kunststoffe, Druckertinte, Gummi, Textilien, Altpapier-Recycling, or-ganischen Dünger und unzählige weitere Gegenstände, denen ihre tierischen Inhaltsstoffe nicht anzu-sehen sind.

Durch die Debatte um die Emis-sionen von Kohlendioxid hat sich ein neuer Trend entwickelt: Fach-betriebe und Politiker preisen tie-

rische Produkte als klimaneutrale Alternative zu fossilem Heizöl und Treibstoff an. Kohlenstoffneutrales Fleischknochenmehl als Brennstoff in Kraftwerken und Zementfabri-ken, kohlenstoffneutrales Talgöl als Biokraftstoff – so sieht die angeblich „grüne Ökonomie“ von heute aus. Klimaneutral sind diese Produkte nur, weil alle negativen ökologi-schen Effekte der industriellen Tier-produktion schlichtweg ignoriert werden – als käme das Material aus dem Nichts. Jede Ökobilanz, die die-sen Zusammenhang nicht berück-sichtigt, muss als wertlos betrachtet werden.

Ein großer Teil der „tierischen Nebenprodukte“ wird zu Futtermit-

DAS SCHWEINESySTEMVor der Schlachtung verendete TiereFL

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Eine Zuchtsau bekommt in ihrem Leben durchschnittlich 55 Ferkel.

Tot geborenTod in der SäugephaseTod in der FerkelmastTod in der Schweinemast

Tod durch Schlachtung

Bereits vor dem Schlachthof sterben 20 Prozent aller Schweine. Und das ist nur ein Durchschnittswert.

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TIERVERLUSTE WäHREND DER PRODUkTIONNach Tierarten, in Prozent

Durchschnittswerte, Richtwerte der Fachliteratur

Minimum, MaximumSchätzungen

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 K

TBL

/ LK

V /

EIG

. BER

Mutterkuhhaltung Kälberverlust Bullenmast Totalverluste vorzeitige Abgänge Gesamtverluste

Ferkelerzeugung Saugferkelverluste Ferkelaufzucht Tierverluste Schweinemast Tierverluste Gesamtverluste

Lämmerverluste Totgeburten

Kurzmast Tierverluste Splitting-Verfahren Tierverluste verlängerte Mast Tierverluste Langmast (ökologisch) Tierverluste

Babyputenmast Tierverluste Langmast konventionell Tierverluste (Hennen) Tierverluste (Hähne) Langmast ökologisch Tierverluste (Hennen) Tierverluste (Hähne)

Pekingentenmast Tierverluste

0 5 10 15Nicht erfasst: Tod von Mutter-/Zuchttieren, Verluste von Küken vor der Einstallung, Gänse, Ziegen. Balken ohne Durchschnittswerte: keine Angaben

Schwein

Schaf

Huhn

Pute

Ente

Rind 2,5

3,5

2

1

3,53,5

3

3

3

4

3,5

3,3

7

2,5

22,9

26,9

15,1

9,7

21,4

4,2

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tel für Haustiere oder zu Mehl in der Fischzucht verarbeitet. Bis 2001 bo-ten Verarbeiter große Mengen Mehl und Öl geschlachteter und verende-ter Tieren an, um mit diesen Eiweiß- und Energielieferanten die Mast zu beschleunigen. Verfüttert wurden diese Substanzen nicht nur an Alles-fresser wie Schweine und Geflügel, sondern sogar an sonst nur Pflanzen fressende Wiederkäuer, also vor al-lem Rinder. So breitete sich über das Futter der „Rinderwahnsinn“, die Seuche BSE, in den 1990er Jahren immer mehr aus. Seit die EU die Ver-fütterung von Tiermehl in der Mast verboten hat, sind die Zahlen dras-tisch gesunken. Im Jahr 2014 gab es in Deutschland zwei Fälle von BSE.

Heute werden die Tiere, die vor Schlachtung verenden oder getötet werden, in drei Kategorien einge-teilt. Die Tiere der Kategorie I sind zumeist an Seuchen gestorben und müssen gesondert entsorgt wer-den, damit die Kadaver nicht wei-tere Infektionen verursachen. Tiere der Kategorie II sind während der Mast verendet, aber nicht an einer Tierseuche, heißen in der Branche „Falltiere“ und werden meist durch die Industrie verwertet. Nur die tie-rischen Produkte der Kategorie III – die von ungefährlich eingestuften und deswegen regulär geschlach-teten Tieren – dürfen frei vermark-

tet und auch zu Futter verarbeitet werden, allerdings nur für Pelz- und Haustiere. Die Verfütterung von Proteinen der Gruppe III ist seit 2013 zudem in der außereuropäi-schen Aquakultur erlaubt.

Aus wirtschaftlichen Gründen will die Fleischindustrie nun wieder Tiermehl in der Mast verwenden, allerdings nur für Allesfresser, nicht für Wie-derkäuer. Eine Tonne tierischer Proteine, schät-zen die Produzen-ten, ließe sich um etwa 50 Euro teurer verkaufen, wenn die Produk-te wieder in der Schweine- und Ge-flügelmast verwendet würden, statt unter Wert als Düngemittel auf den Äckern ausgebracht zu werden.

Unterstützung bekommt die Fleischindustrie dabei von uner-warteter Seite. Einige zivilgesell-schaftliche Organisationen fordern, Abfälle von Nahrungsmitteln aus ökologischen Gründen wieder in der Schweinemast zu verwenden, und rechnen vor: Um eine Tonne tierisches Eiweiß adäquat zu erset-zen, müssten derzeit 1,7 Tonnen Sojabohnen produziert und dafür jeweils 0,66 Hektar Regenwald in Brasilien geopfert werden – bei der steigenden Nachfrage nach Fleisch und damit nach Futter eine unheil-volle Entwicklung. Dabei ginge es ohne das eine und das andere: Der ökologische Landbau verzichtet auf

Zu wertvoll als Düngemittel – die Industrie will Tiermehl wieder

verfüttern

Die landwirtschaftliche Fachliteratur benennt die Verluste vor der Schlachtung, die ein Viehzüchter von vornherein einkalkulieren sollte.

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importiertes und gentechnisch ver-ändertes Futter wie schon immer auf die Fütterung mit Tiermehl.

Der Anteil der Tiere, die die Mast nicht überleben und vor der Schlachtung sterben, ist unter-schiedlich, aber in jedem Fall er-staunlich hoch. Mehr als 20 Prozent aller Schweine fallen in die Katego-rie II, bei Rindern und Puten beträgt der Anteil bis über 20 Prozent. Diese Kadaver zu beseitigen obliegt nicht dem Halter der Tiere, sondern der öffentlichen Hand, weil sie für Si-cherheit und Ordnung zuständig ist – etwa so, wie sie auch die Polizei-einsätze bei Fußballspielen bezahlt.

Zum Schutz vor Seuchen müs-sen Tierkörperbeseitigungsunter-nehmen alle toten Tiere abholen.

Beauftragt damit werden private Unternehmen

nach ganz unein-heitlichen Aus-

s c h r e i b u n g e n der Kreisver-waltungen. Den Großteil der

Kosten müssen die Landkreise

übernehmen, die von Massentierhaltung

geprägt sind. Hinter der Ver-wertung von verendeten Tieren der Kategorie I und II, die nicht mehr am Markt gehandelt werden dür-fen, verbirgt sich ein lukrativer und intransparenter Wirtschaftszweig. Über eine Million Tonnen werden mit Steuergeldern entsorgt.

Das Landwirtschaftliche Wo-chenblatt hat 2011 die wenigen

erhältlichen Informationen über diesen Markt zusammengetragen. In Nordrhein-Westfalen waren 2010 drei Unternehmen tätig: Hin-ter der SecAnim GmbH steht der Entsorgungskonzern Rethmann; er hat Verträge mit 34 Landkreisen in NRW, ist auch in anderen Bun-desländern tätig und damit die Nummer 1. Die Nummer 2 mit elf Landkreisen ist die mittelständi-sche Firmengruppe Denzin/Schaap. Die Nummer 3 mit acht Landkrei-sen ist Rendac Icker, hinter der Eu-ropas größter Fleischproduzent Vion steht. Allein für Nordrhein-Westfalen liegen die Kosten für die Entsorgung angeblich bei 5 Millio-nen Euro. Den Rinderbestand nach Bundesländern zugrunde gelegt, läge diese Subvention deutschland-weit bei 45 Millionen Euro – aber Erhebungen fehlen, und es könnten auch deutlich mehr sein.

Auch das Fleisch, das schließlich in den deutschen Durchschnitts-haushalt kommt, wird nicht voll-ständig verwertet. Die Welternäh-rungsorganisation FAO geht davon aus, dass fast ein Drittel aller Lebens-mittel entweder verdirbt oder un-verdorben weggeworfen wird. Ver-glichen mit den Verlusten bei Obst, Gemüse oder Brot wird nur ein re-lativ geringer Teil Fleisch und Fisch in Deutschland auf diese Weise

Über eine Million Tonnen Tierkadaver

werden jährlich mit Steuergeldern

entsorgt

Mehr als vier Kilo Fleisch und Wurst werfen Deutsche pro Kopf

und Jahr weg – das entspricht 7,2 Prozent aller Schlachtungen.

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fLEISCH UND WURST fÜR DIE ABfALLTONNE Schlachtungen in Deutschland, 1 Million Tiere pro Symbol, 2011/12

Hühner 627.941.000 45.000.000

Puten 37.700.000 2.700.000

Enten

25.460.0001.800.000

Schweine 58.350.000 4.100.000

Rinder3.244.000

230.000

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 D

ESTA

TIS/

BMEL

V

entsorgt. Auf 6 Prozent beziffert das Bundesministerium für Landwirt-schaft und Ernährung diesen An-teil an den 82 Kilogramm pro Kopf vermeidbarer Lebensmittelabfälle,

also rund 4,9 Kilogramm. Den An-teil des Fischs im Durchschnittsver-zehr herausgerechnet, bleiben aber immerhin 4,3 Kilogramm – volle 7,1 Prozent des durchschnittlichen

Gesamtzahl Anteil durch Vergeudung in deutschen Privathaushalten

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ZWISCHEN SCHLACHTUNG UND VERZEHR Essbarer Anteil eines ganzen Tiers in Deutschland, in Prozent, 2012

SchweinEnte Gans

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 B

MEL

V

Pro-Kopf-Fleischverzehrs von 60,3 Kilogramm (2013). Auf die deut-

schen Schlachttierzahlen umgerechnet sind es

also etwa 45 Milli-onen Hühnchen,

4,1 Millionen Schweine und 230.000 Rinder, die nicht hätten

gefüttert und getötet werden

müssen. Aus ökologischer

und moralischer Sicht ist es wichtig, alle Ebenen der Verarbei-tungs- und Wertschöpfungskette

zu betrachten. Nur auf den Endkon-sumenten zu schauen reicht nicht aus. Auch Produktionssysteme, in denen weniger Tiere während der Mast sterben, und Einzelhandelsfir-men, die den Wert von Fleisch und Wurst schätzen, können die Preis-kämpfe der Discounter unterlaufen – und damit Zeichen gegen die gro-ße Vergeudung setzen.

In vielen armen Ländern werden Tiere so vollständig wie möglich verzehrt. In Deutschland ist das anders: Hier liegt dieser Anteil nur zwischen einem und zwei Dritteln.

Über 7 Prozent aller

Wurst- und fleisch-käufe landen

im Abfall

Rind

37

Huhn

58

6262

Schaf, Ziege

33

62

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E s scheint recht verlockend, mit Hilfe aktueller statistischer An-gaben zu errechnen, wie viele

Tiere hierzulande ein Durchschnitts-mensch in seinem Leben verzehrt. Eine solche Zahl führt vor Augen, dass für die Massentier haltung nicht allein die Tierzüchter und die Ernäh-rungsindustrie verantwortlich sind, sondern auch die Konsumentinnen und Konsu menten, die schließlich die Nach frage nach den gewalti-gen Mengen an Fleisch und Wurst aufrecht erhalten.

Doch so einfach ist diese Rech-nung nicht. Der Verbrauch ändert sich von Jahr zu Jahr, nahm erst lange zu, nimmt jetzt langsam ab. Und die Vorlieben ändern sich: Über Jahrzehnte aß man gerne Schwein, heute ist es Huhn. Lebensmit-telskandale können eine Branche innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf stellen. Lassen sich Trends von heute beliebig für die Zukunft fort-schreiben? Wohl eher nicht. Und

überhaupt: Wer ist denn der Durch-schnittsdeutsche, dessen Lebensver-brauch hier kalkuliert werden soll?

Zunächst: Nicht bei allen Tieren lässt sich aus dem Gesamtgewicht des Jahresverbrauchs die Zahl ihrer verzehrten Exemplare errechnen. Bei den bekannten Arten ist es kniff-lig, aber machbar: bei Rindern und Kälbern, Schweinen, Schafen und Ziegen. Auch beim Geflügel – Hühn-chen und Hähnchen, Puten und Pu-

Wie viele Tiere verzehrt ein Mensch in seinem Leben? Eine Frage, die mehrere Antworten erlaubt – und einen Blick in die Statistiken erzwingt.

DER TIERVERBRAUCHIM LEBENSVERLAUf

DEUTSCHE fLEISCH-SySTEMATIk

globaler Handel

Schlachtung

Zubereitung

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4

Erzeugung/Produktion

aufgenommene Nahrung

Verbrauch/konsum

Verzehr

Vier Stufen einer kniffligen Statistik: der Weg des Fleisches

vom Stall bis auf den Teller.

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ter, Enten und Gänse. Bei anderen geht das kaum, oder es kommen teilweise sehr hohe Stückzahlen zu-sammen. Fische und Krustentiere, Muscheln und Schnecken, Vögel und Insekten werden nur in Kilo-gramm und Tonnen erfasst und des-wegen bei solchen Untersuchungen nicht berücksichtigt.

Um alle sich verändernden Werte berücksichtigen zu können, ist zunächst ein Blick in die Fleisch-statistik ratsam. Hier geht es um die Produktion, noch nicht um die Konsumenten. In vier Stufen zeich-nen die amtlich veröffentlichten Da-ten den Weg von der Tiermast zur Fleischmahlzeit nach.

Die erste Stufe ist die Erzeugung – in Deutschland wurden 2013 rund 8,8 Millionen Tonnen Fleisch pro-duziert. Mit der wachsenden Inte-gration innerhalb Europas und der zunehmenden Globalisierung der Fleischproduktion hat der grenz-überschreitende Handel an Bedeu-tung gewonnen. 2,1 Millionen Ton-nen Fleisch wurden importiert, 4,1 Millionen Tonnen exportiert.

Der Verbrauch ist die zweite Stu-fe der Fleischstatistik. Er lag 2013 nach Abzug der Handelsströme bei 7,1 Millionen Tonnen. Nach den wichtigsten Tierarten aufgeteilt entfällt das meiste Gewicht mit 4,3 Millionen Tonnen auf Schweine, ge-folgt von Geflügel mit 1,6 Millionen sowie Kälbern und Rindern mit 1 Million. Geteilt durch die 80,7 Mil-lionen Einwohner in Deutschland ergibt sich der amtliche Pro-Kopf-und-Jahr-Verbrauch von 88,2 Kilo-gramm. Davon entfallen 52,8 Kilo auf Schwein, 19,4 Kilo auf Geflügel sowie 12,9 Kilo auf Rind und Kalb.

Die Fleischstatistiken von BRD und DDR sind nur schwer vergleichbar. Ganz unterschiedliche Systematiken führten zu ganz ähnlichen Trends.

DEUTSCH-DEUTSCHER fLEISCHVERBRAUCHAmtliche Angaben im Vergleich

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 S

TATI

STIS

CHE

JAH

RBÜ

CHER

19630

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

1968 1973 1978 1983 1988 1993 1998 2003 2008 2013

Fleisch insgesamtRind, KalbInnereien, Schaf, Ziege, Pferd, Wild, Kaninchen u. a.SchweinGeflügel

BRD DDR

Fleisch und FleischerzeugnisseRind, Kalb, Hammel, Ziege, Kaninchen, WildSchweinGeflügel

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Aber diese Zahlen beziffern noch nicht den menschlichen Verzehr, das ist erst die dritte Stufe. Nach der Schlachtung geht ein enormer Teil des Tiergewichts, etwa Knochen, Schwarten und Fett, direkt an die chemische Industrie und andere Abnehmer, die es weiterverarbei-ten. Auch die in ihrem Ausmaß oft unterschätzte Fertignahrung für Haustiere wird hier abgezogen. In Deutschland lag der Pro-Kopf-und-Jahr-Verzehr im Jahr 2013 bei 60,3 Kilogramm. Davon sind es 38,1 Kilo Schwein, 11,6 Kilo Gefl ügel und 8,9 Kilo Rind und Kalb.

Der Verzehr ist noch nicht gleichzusetzen mit der aufgenom-men Nahrung, der 4. und endgülti-gen Stufe. Abgezogen werden noch Abfälle bei der Zubereitung, Speise-reste, alles, was im Supermarkt oder Haushalt verdirbt oder aus anderen Gründen weggeworfen wird; außer-dem das von den privaten Haushal-ten gekaufte Frischfutter für Haus-tiere, beispielsweise Innereien. Um diese Mengen zu kalkulieren, helfen nur Umfragen und Konsumbeob-achtungen weiter. Das Bundesmi-nisterium für Ernährung und Land-wirtschaft teilt diese Verluste in drei Bereiche ein: unvermeidbare, teil-weise vermeidbare und vermeidba-re. Allein für die beiden letzten Pos-ten spricht die Behörde von mehr

als 4 Kilo vergeudetem Fleisch pro Kopf und Jahr (siehe S. 9–10).

Mit dem Pro-Kopf-Verbrauch und dem Pro-Kopf-Verzehr ließe sich nun eigentlich die Zahl der während eines Menschenlebens verzehrten Tiere berechnen. Die durchschnitt-liche Lebenserwartung liegt zur-zeit bei 80,89 Jahren. Bei 52,8 Kilo

SCHWERGEWICHTIGE RINDERZUCHTEntwicklung der Schlachtgewichte, in Kilogramm

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 S

TATI

STIS

CHE

JAH

RBÜ

CHER

Ente

Rind

kalb

Schwein

Gans

Pute

Suppenhuhn

Jungmasthuhn

Schlachtgewicht von Masttieren in Kilogramm, 2012

50

100

150

200

250

300

350

1964 1969 1974 1979 1984 1989 1994 1999 2004 20090

Rinder Kälber Schweine

Wenn die Schlachtgewichte steigen, sind weniger Tiere

nötig, um die gleiche Menge Fleisch zu erzeugen.

Schaf

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Schweinefleischverbrauch pro Jahr kommen im Laufe des Lebens fast 4,3 Tonnen zusammen. Weil das durchschnittliche Schlachtgewicht eines Schweins im Jahr 2013 bei 94,6 Kilogramm lag, verzehrt ein Mensch rein rechnerisch während seines Le-bens 45 Schweine.

Doch diese aktuellen Angaben sind keinesfalls repräsentativ für ein durchschnittliches Menschenle-ben. Zum einen verändert sich der Fleischverbrauch der Deutschen immer wieder: Vom Ende des Zwei-ten Weltkriegs an ist er pro Kopf bis in die 1980er Jahre stetig gestiegen und verlief in der DDR wieder an-ders als in der BRD. Zum anderen

beeinflusst das Schlachtgewicht der Tiere die Rechnung: Wird das Vieh schwerer – bei Rindern etwa liegt der langfristige Zuwachs bei mehr als einem Kilogramm pro Jahr –, sinkt bei stagnierendem Verbrauch (in Kilogramm pro Kopf) die Zahl

VERZEHR TIERISCHER PRODUkTE BEI MäNNERN UND fRAUEN in Gramm pro Tag

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 N

VS

ButterMilch/-mischgetränkeMilcherzeugnisse

Käse und QuarkGerichte auf Basis von Milch/-erzeugnissen

EierGerichte auf Basis von Eiern

FleischFleischerzeugnisse, WurstwarenGerichte auf Basis von Fleisch

frauenMänner

Ost und West, Männer und Frauen, Junge und Alte unterscheiden

sich beim Fleischverzehr erheblich.

Geschlechtsspezifisch ist nicht nur, wie viel insgesamt gegessen wird, sondern auch, welche Produkte beliebt sind und welche nicht.

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der dafür erforderlichen Tiere. Be-sonders stark wird die Rechnung aber durch die Konsumgewohnhei-ten beeinflusst: Hühner haben ihr Schlachtgewicht über die Jahrzehn-te nicht so stark verändert wie die Rinder, aber ihr Anteil auf der Liste

der verzehrten Tiere nimmt immer weiter zu.

Hinzu kommen gruppenspe-zifische Eigenheiten. Ostdeutsche verzehren rund 25 Prozent mehr Fleisch und Wurst als Westdeutsche – das ergaben die Umfragen der

ESSGEWOHNHEITEN IN DEUTSCHLANDFleisch- und Wurstverzehr, in Gramm pro Tag

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 N

VS

frauen

45

60

Männer

117

92

14–18 19–24 25–34 35–50 51–64 65–80 Durchschnitt

53

103

57 5058 56 54

46

105120 114 110

9879

40–4546–50

51–55über 55

unter 9090–95

96–100101–105

über 105

nach Geschlecht und Altersgruppen

nach Geschlecht und Bundesländern

frauen

Männer

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„Nationalen Verzehrstudien“, die bisher zweimal erhoben wurden; aus dem Vergleich alter BRD- und DDR-Statistiken war das noch nicht zu erkennen. Ein wichtiger Faktor ist auch das Alter, der wohl wich-tigste aber ist die Geschlechtszuge-

hörigkeit. Frauen essen nur halb so viel Fleisch und

Wurst wie Männer. Auch bei anderen

tierischen Er-zeugnissen sind die unterschied-lichen Gewohn-

heiten auffällig. Männer trinken

mehr Milch, Frauen greifen mehr zu Kefir,

Joghurt und Sahne; im But-terverbrauch liegen Männer gar um 60 Prozent über den Frauen. Solche Konsumgewohnheiten haben nur

wenig mit dem oft beschworenen unterschiedlichen Körpergewicht von Männern und Frauen zu tun: Die Kombination der Werte von Ost/West mit Mann/Frau und Jung/Alt ergibt, dass junge Männer in Thürin-gen etwa dreimal so viel Fleisch und Wurst verzehren wie junge Frauen in Rheinland-Pfalz – ohne dreimal so viel zu wiegen.

Kaum relevant ist die soziale Stellung. Deutlich erkennbar halten sich nur Oberschichtmänner im Ver-gleich zu Männern der Unter- und Mittelschicht zurück. Bei Frauen sind die Unterschiede quer durch die Schichten minimal.

Wenn aber, um zahllose Spe-zialtabellen zu vermeiden, doch ein durchschnittlicher „Lebensver-brauch“ an Tieren errechnet wer-den soll – ist es da sinnvoll, die 80,9 Jahre der aktuellen Lebenserwar-tung als Größe zu bemühen? Diese Zahl gilt für heute Neugeborene, die also durchschnittlich in den 2090er

DER UMGEkEHRTE WOHLSTANDSfAkTORVerzehr von Fleisch, Wurst und Gerichten auf Fleisch-basis, nach sozialer Stellung, in Gramm pro Tag

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 N

VS

0

50

100

150

200

frauenMänner

Mittelschicht Obere Mittelschicht Oberschicht

Untere Schicht Untere Mittelschicht

Beim Fleischverzehr sind alle gleich – im Großen und Ganzen jedenfalls. Nur die reichsten Männer essen deutlich weniger.

Welches Leben ist gemeint? Der „Tierverbrauch im Verlauf des Lebens“

kann sich an der Lebenserwartung von Neugeborenen orientieren oder an

der von soeben Verstorbenen. Reali-tätsnäher ist es, Prognosen ab dem bisherigen Verbrauch eines Durch-

schnittsmenschen zu stellen.

Dass Männer schwerer als frauen

sind, ist beim fleischkonsum nicht erheblich

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LEBENSERWARTUNG, DURCHSCHNITTSALTER UND fLEISCHVERBRAUCH Deutschland, Basisjahr 2012

281,9 Hühner

11,8 Puten

14,5 Enten

27,3 Schweine

3 Rinder

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 E

IG. B

ER.

3,2 Gänse

1,8 Schafe, Ziegen

Bisheriger Lebensverbrauch einer 44-jährigen Person

Lebenserwartung bis 2012 Lebenserwartung ab 2012 Durchschnittsalter

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050 2060 2070 2080 2090

2012

Geburtsjahrgänge Todesjahrgänge

7964

8368

8166

3643

3945

3744

Männer

Männer

frauen

frauen

Durchschnitt

Durchschnitt

Basierend auf dem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch der Gesamtbevölkerung (BRD, Gesamtdeutschland), Änderungen der Altersstruktur nicht berücksichtigt

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18

Jahren sterben werden – abwegig, für die Babys Prognosen über ihren lebenslangen Fleischkonsum auf-zustellen. Für die mit dem Ende ih-rer Lebenserwartung Verstorbenen ist der Verbrauch zwar halbwegs sicher zu bestimmen – aber eine solche Zahl ist für die heutige politi-sche Diskussion ebenfalls nicht hilf-reich, denn die „Fleischbiografie“ dieser Gruppe ist heute nicht mehr repräsentativ.

Bleibt für den Moment, eine durchschnittlich alte Person zu mo-dellieren, die etwa Ende der 1960er Jahre geboren ist, und ihren tatsäch-lichen, sich ändernden Verbrauch bis in die Gegenwart zu berechnen. Prognosen über ihren weiteren Konsumverlauf bis zu ihrem Todes-jahr um 2050 herum sind realisti-scher als eine Rechnung bis zum

Jahr 2090.Für die Heinrich-

Böll-Stiftung hat der Agraröko-

nom Jonas Luck-mann von der Universität Ho-henheim nach-

gerechnet und dazu die aktuelle

Fachliteratur und die Daten der Bundes-

anstalt für Ernährung her-angezogen. Luckmann kommt auf zwei Zahlen. Wenn eine um 1960 geborene Durchschnittsperson ih-ren bisherigen Fleischkonsum für den Rest ihres Lebens beibehält, wird sie am Ende 635 Tiere verzehrt haben. Dieser Konsum, geprägt

von den fleischreichen 1970er und 1980er Jahren, ist höher als der aktuelle Pro-Kopf-Verbrauch der Gesamtbevölkerung. Hätte sich un-sere Durchschnittsperson an die-sen Trend angepasst, würde sie ein geringeres Fleischgewicht verzeh-ren, aber mehr Tiere – nämlich 715. Paradox ist dies nur auf den ersten Blick: Die „alten“ Essgewohnheiten basierten auf deutlich mehr Rind und Kalb, die neuen auf deutlich mehr Huhn.

Seuchen wie der Rinderwahn-sinn oder die Vogelgrippe können Konsumgewohnheiten schlagartig verändern. Spektakulär waren die Massenkeulungen in Massentier-haltungsbetrieben, um die weitere Verbreitung von Infektionen und die Gefährdung von Menschen auszuschließen: Hunderttausende Rinder in Großbritannien, Abermil-lionen Hühner, Enten und Gänse in ganz Europa. Auch wenn solche Tie-re erst gar nicht in der Statistik der Fleischproduktion auftauchen – der Statistik über den „Tierverbrauch im Lebensverlauf“ sollten sie das nächs-te Mal gleichwohl zugeschlagen werden.

Aus der Pro-kopf-fleischstatistik

werden Vegetarier nicht heraus-

gerechnet

Es liegt an den Hühnchen. Wer in den 1960ern geboren wurde und sich

seine Konsumgewohnheiten bewahrt, isst bis an sein Lebensende mehr als der Bevölkerungsdurchschnitt – vor

allem Schwein und Rind. Passt er sich hingegen den aktuellen Trends an, isst

er insgesamt weniger, aber mehr Ge-flügelfleisch – und damit mehr Tiere.

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19

ZWEI PROGNOSEN ZUM LEBENSVERBRAUCHZahl der durchschnittlich verzehrten Tiere, Verbrauch bis 2012 plus Fortschreibungen

FLEI

SCH

ATLA

S EX

TRA

201

4 E

IG. B

ER.

5,5 4,5

50,4 48,5

3,4 3,5

521,5 594,3

26,8 28,5

5,9 5,7

21,8 30,3

Konsum wie im Lebensverlauf: 635 Tiere (nach den von hohem Konsum geprägten jungen Jahren) Konsum auf aktuellem Niveau: 715 Tiere (in Anpassung an die aktuellen Essgewohnheiten)

Basierend auf dem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch der Gesamtbevölkerung (BRD, Gesamtdeutschland), Änderungen der Altersstruktur nicht berücksichtigt

Rinder Schafe, Ziegen Gänse

Enten

Puten

Schweine

Hühner

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20

S. 5: B. Hörning: Zum Einsatz von Hormonen in der intensiven Sau-enhaltung, BUND 2014. J. Müller: Betriebswirtschaftliche Richtwerte der konventionellen Ferkelproduk-tion, TLL 2008 (http://bit.ly/1qkqfvI). VIT: Bericht aus Verden Ferkelerzeu-gung und Schweinemast, 2008

S. 6: LKV Bayern, 2013 (http://bit.ly/1toYZTz). J. Müller (http://bit.ly/1qkqfvI). LWK Niedersachsen, Land und Forst, agrarforum V, Heft 3 (2009). KTBL: Datensamm-lung Betriebsplanung 2004/05; M. Gauly: Grunddaten und Arbeits-zeitbedarfe für die Schafhaltung, In: Abschlussbericht Arbeitspro-gramm Kalkulationsunterlagen, KTBL, Darmstadt 2007. Schierhold/Pieper, Leitfaden Geflügelhaltung (2008). Geflügeljahrbuch 2004. M. Schmitz-Du-Mont, Arbeitskreis Pu-tenmast (2008). LWK Niedersach-sen, Nährstoffkreisläufe beim Geflü-gel, Oldenburg 2009. Arbeitskreis Putenmast: Horizontaler Betriebs-vergleich in der Putenmast, 2009. S. Gramzow, Produktionsverfahren Entenmast, Geflügeljahrbuch 2005. Eigene Berechnungen

S. 9: Destatis. BMEL: Zugutfuerdi-etonne.de (http://bit.ly/11fHKHO). ISWA: Ermittlung der weggewor-

fenen Lebensmittelmengen und Vorschläge zur Verminderung der Wegwerfrate bei Lebensmitteln in Deutschland, Kurzfassung, S. 18, Abb. 8. Eigene Berechnungen

S. 10: BMELV-Statistik. www.schwei-zerfleisch.ch. Universität Göttingen: Geflügelfleischproduktion/Rah-menbedingungen, o. J. (http://bit.ly/1tp5xBK). Eigene Berechnungen

S. 12: Statistische Jahrbücher des Bundesministeriums für Landwirt-schaft. ZMP Marktbilanz Vieh und Fleisch 2000 (Verzehrsdaten). Statis-tische Jahrbücher der DDR

S. 13: Statistische Jahrbücher des Bundesministeriums für Landwirt-schaft

S. 14: Nationale Verzehrsstudie II, Er-gebnisbericht Teil 2, S. 178–179

S. 15: Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht Teil 2, S. 179, S. 187, S. 199–230

S.16: Nationale Verzehrsstudie II, Ergebnisbericht Teil 2, S. 196, S. 198

S. 17: Eigene Berechnungen

S. 19: Eigene Berechnungen

QUELLEN VON DATEN UND GRAfIkEN

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FLEISCHATLASDaten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel 2013

EXTRA: ABFALL UND VERSCHWENDUNG

FLEISCHATLASDaten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel 2014

NEUE THEMEN

MEAT ATLASFacts and fi gures about the animals we eat

FLEISCHATLAS 2013

FLEISCHATLAS EXTRA 2014

FLEISCHATLAS 2014

INTERNATIONALEAUSGABEN 2014

FLEISCHPLAKATE Satz von acht Motiven, DIN A1 2013

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

HüHner, DAS KAPITAL AfrIKAnIScHer frAuen Zwischen rechtlosigkeit und Marktbeherrschung

InEntwicklungsländernstammtvielGeflügelfleischausHinterhof-oderkleinbäuerlicherHaltung,oftnurfürdenEigenbedarf.

InvielenGesellschaftenAfrikasistdieHühnerzuchtFrauensache.EinnahmendurchEierhandel,SchlachtungundVerkaufsenkendieAbhängigkeitvomEhemann.Als„lebendigeSparkasse“dienensiederSicherheitinNotzeiten.

BrustfiletsvonHühnernundPutenboomen.AndereHühnerteilesindinderEUkaumnochverkäuflichundwerdenzuBilligpreisennachAfrikaexportiert.MitschlimmenFolgen:WodieTiefkühlschiffeanlegen,löschensiedieeinheimischeProduktionaus.

Welt-fleischpreise im Vergleich

Indices,2002–2004=100

2006 2009 2010 2011 201270

100

130

160

190

220

2008

Rindfleisch

GeflügelfleischSchweinefleisch

Schaffleisch

FAO

FAO

13

5327

7

818

74

eigentum an Hühnern

eigentum an Hühnern

Verkauf von eiern Verzehr von eiern0

20

40

60

80

100 entscheidungsfindung

0

10

20

30

40

50

60

70

Stallbau Misten füttern Tränken Verkauf von Hühnern

Verkauf von eiern

Pflege bei Krankheit

Arbeitsteilige Hühnerwirtschaft

DörflicheHaushalteinDodoma,Tansania

159

76

Kauf und Verkauf von Hühnern

VerteilungvonArbeit,EntscheidungenundEigentumsrechtenanHühnerninAfrika,nachGeschlechtundFamilienbeziehungen,in%

DörflicheHaushalteinderWesternDivision,Gambia

FrauenMännerKinderFamilieFrauenundKinderFrauenundMänner

Größte afrikanische Importländer für Geflügel

in1.000Tonnen,2011Schätzung,2012Prognose

thep

oultr

ysite

.com

2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 20120

50

100

150

200

250

300

Angola Benin D.R.Kongo Ghana Südafrika

259 513 612680 705

763995

1.233

1.300

alleGeflügelimportenachAfrikaAngolaBeninD.R.KongoGhanaSüdafrikaalleGeflügel-importenachAfrika

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

Massentierhaltungverschwendetdas Regen-undTrinkwasser,überdüngtdie GewässerundemittiertTreibhausgase. AusWeiden,wichtigenCO2-Speichern, werdenÄckerfürdenFutteranbau.

RinderstoßendenKlimakillerMethanaus.StimmenFuttermix,DüngungundBestandsdichteaufderWeide,kanndieÖkobilanzneutralwerden.Undpositiv,fallsdieWeidefrühereinAckerwar.

Wasser, Klima, artenvielfalt

Stickstoffbelastung

niedrigmittelhochsehrhoch

11

2

Belgien

17

1

Dänemark

56

12

Deutschland

25

irland

35

6

spanien

2016

frankreich16

10

italien

13

4

niederlande

62

Österreich

18

4

Polen

89

Großbritannien

Produktionin100.000Tonnen,2011

RindfleischSchweinefleisch

Euro

stat

fleischerzeugung und stickstoffbelastung in europa

emissionen durch tierische nahrungsmittel in Deutschland

DirekteEmissioneninProzentundKilogrammCO2-ÄquivalentproPersonundJahr

WW

F

virtuelles Wasser

ZurHerstellungvon1kgoder1LwirdanWasserbenötigt:

wat

erfo

otpr

int.o

rg

reis

eier

Zucker

Weizen

milch

Äpfel 700 l

Bier300 l

Kartoffeln 255 l

tomaten 184 l

möhren 131 l

Käse

rind-fleisch

3.400 l

3.300 l

1.500 l

1.300 l

1.000 l

15.455 l

5.000 l

1Badewanneentsprichtetwa140LiterWasser.

435 kg

260 kg

82 kg

149 kg

29 kg

89 kg

milchpulver179 kg

Käse

Butter

frischmilcherzeugnisse

schweinefleisch

rind- und Kalbfleisch

Geflügelfleisch

26 kgeier

40,7 %

23,6 %

1,3 %fleisch, fleischerzeugnisse

pflanzlich

milch, milchprodukte

eier, eierwaren

fisch3,2 %

31,2 %

2.003 kg

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

Gentechnikprodukte und ihre Kritiker

Anbauflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen, in Millionen Hektar

Futtermittel Für milliarden

Verbot

Kennzeichnungspflicht

für die meisten Produkte, bis 1 Prozent einer Zutat ungekennzeichnet; in der EU bis 0,9 Prozent, wenn gentechnische Verunreinigung zufällig oder technisch unvermeidbar; die absichtliche Zufügung ist verboten für viele Produkte, bis 1 Prozent des Gesamt produkts ungekennzeichnet für wenige Produkte, mit vielen Ausnahmen

Regelungen für genmanipulierte Nahrungsmittel

FAO,

cen

terf

orfo

odsa

fety

.org

Millionen Tonnen, 2010

ProduktionExportImport

argentinien

14

53

Brasilien

26

69

China

15

57

indien

13

uSa

42

91

Kanada

34eu-27

16

Sojabohnen – Produktion und Welthandel Vieh ist hungrig. In Deutschland frisst es mehr als die Hälfte der Ernte. Aber das reicht nicht: Zusätzliches Kraftfutter soll die Mast beschleunigen. Es wird aus Übersee importiert.

In Lateinamerika wächst der Eiweißlieferant Soja für die EU-Tierproduktion auf 17 Millionen Hektar – so viel wie alle

Agrarflächen Deutschlands. Das Soja ist meist gentechnisch verändert. Aus Flugzeugen werden die Felder mit Pestiziden besprüht, die auch die Anwohner vergiften.

Der Soja-Anbau fördert das Abholzen: Auch der Verlust von Weiden treibt Brasiliens Rinderzüchter in den Regenwald.

rinder drängen an den amazonas

Rinder pro km2

01 – 300> 300historische Grenze des Regenwaldes

FAO,

WW

F

FAO

STAT

über 93 – 91 – 30,01 – 10

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

EinE FragE dEr Haltungder lange Weg zu mehr Bewegung

Zentren der Massenhaltung von Schweinen

immer resistenter, immer gefährlicher

Häufige Erreger und die Anzahl der Anti-biotika-Klassen, gegen die sie resistent sind: über 4 3 2 1

Erreger sind noch nicht resistent: sensibel

Proben in Prozent

BVL

Je enger, desto profitabler: Die industrielle Tierhaltung nimmt zu, wenn Betriebe weniger für Boden, Arbeit und Heizung aufwenden wollen. Auch Tierschutz gilt als Kostenfaktor. Und das lebensgefährliche Geschäft mit den Antibiotika boomt.

Vorschriften über die Bedingungen in den Ställen der Fleisch-industrie müssen nicht nur vorhanden sein, sondern auch eingehalten und kontrolliert werden. Selbst dann kann von artgerechter Haltung oft nicht die Rede sein. Hilfreich wäre, Fleisch so zu etikettieren, dass die Haltungsbedingungen des Tieres daraus ersehen werden können.

0

20

40

60

80

100

Putenfleisch Mastpute (Halshaut)

Mastpute (gesamt)

Masthähnchen Putenfleisch Mastpute (Halshaut)

Putenfleisch Mastpute (gesamt)

Masthähnchen Mastkalb

Salmonellen Campylobacter jejuni Escherichia coli

FAO

Entwicklung der Haltungsflächen von Hühnern in der EU, in cm2 pro Tier

BUN

D

Bodenhaltung

Käfighaltung (bis 2009)

Käfighaltung (bis 2003)

1.111

550450

624

a4-Blatt (21,0 x 29,7 cm)

Ökohaltung

1.667

und 4 m2 auslauf im Freien

Ökohaltung

Freilandhaltung

Bodenhaltung

Käfighaltung

Eierstempelcodes

1

2

0

3

0

und 4 m2 auslauf im Freien

Freilandhaltung

1.111

Käfighaltung

800

900 cm2 bei über 2 kg gewicht

1

32

100.000 Tiere10 Millionen Tiere

Viele Erreger dieser Bakteriengruppen können bei Menschen zu schweren, auch tödlichen Durchfallerkrankungen führen

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

Vegetarier – relativ und absolut

Gal

lup,

NVS

, SN

S, V

EBU

USADeutschlandIndien

USA

Deutschland

Indien

15

4 7

2 1

2,20,1

31

Millionen Vegetarier

375

MännerFrauenMänner und FrauenVeganer (Männer und Frauen)

Selbst- oder Fremdbezeichnung als Vegetarier oder Veganer, in Prozent der Bevölkerung

InDIVIDUelle AlternAtIVen Die Biobauern kommen

Kaum eine Kantine oder Uni-Mensa verzichtet heute noch auf fleischlose Gerichte. In den Industrieländern ist es für jüngere Leute nicht mehr ungewöhnlich, vegetarisch oder vegan zu leben. Produkte und Rezepte stehen reichlich zur Verfügung.

Für den Verzicht auf jede Nutzung tierischer Produkte nennt der Veganismus ethische, ökologische und politische Gründe: Tiere dürfen nicht genutzt, ausgebeutet und getötet werden.

Wer weder auf Fleisch verzichten noch die Massentierhaltung fördern und die Umwelt belasten will, findet Angebote aus

regionaler, ökologischer Haltung. Im städtischen Umkreis sind Erzeuger-/Käufergemeinschaften für Fleisch eine Alternative.

April 2009 April 2010 April 2011 April 2012 April 20130

5

10

15

20

25

30

19.00016.000

19.00016.000

24.000

19.00023.000

26.000

Zertifizierte Ökolandwirtschaft, Anteil an der Gesamtanbaufläche

neugier: „Vegetarismus“ und „Veganismus“ in der Wikipedia

stat

s.gr

ok.s

e

Seitenaufrufe pro Monat

„Vegetarismus“ „Veganismus“

8,5* * 2012, lt. Vegetarierbund

FAO

31.000

21.000

35

über 10 Prozent5 – 101 – 50,5 – 1weniger als 0,5

1,5 7*

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

SpeiSeplan der MittelSchichtauf den tellern der Welt

Fleischverbrauch pro Kopf 2012, Schätzung, in kg,Karkassengewicht (nach Ausweidung)

Verbrauch

Welt, Prognose 2012, kg pro Kopf

eigenverbrauch und handel

Welt, Prognose 2012, in Millionen Tonnen

handel

Welt, Prognose 2012, in Prozent

produktion

Welt, Prognose 2012, in Millionen Tonnen

IndustrieländerWelt (gewichteter Durchschnitt)

104,5

110,8

66,813,9

13,0

7,48,0

0,8

79,0

32,7

Verbrauch Export

10

90

FAO

42,5301,8 29,4

Schweinefleisch GeflügelfleischRindfleisch Schaffleisch andere

Schweinefleisch GeflügelfleischRindfleisch Schaffleisch andere

100

Entwicklungs- und Schwellenländer

Wo in den Schwellen- und Entwicklungsländern der Wohlstand wächst, entstehen neue Mittelschichten. Sie orientieren sich an den reichen Ländern. Fleisch gilt als Proteinlieferant und Kraftspender, aber auch als Symbol für Aufstieg und Luxus. Daher steigt der weltweite Verbrauch. Anders ist die Lage in den Industrieländern. Hier stagniert die Nachfrage, allerdings auf viel zu hohem Niveau.

Das Schwein gilt in weiten Teilen Nordafrikas und Asiens als unrein. Dennoch dominiert es die Teller der Welt. Bald wird es vom Huhn überflügelt, dem billigsten aller Fleischlieferanten.

Kleine tiere in großen Massen – Geflügel boomt

Erzeugung, Trends und Prognosen, in Mio. Tonnen

RindfleischSchweinefleischGeflügelfleischSchaffleisch

OEC

D/FA

O

1995 1999 2003 2007 2011 2015 20190

20

40

60

80

100

120

140

2021

FAO

FAO

FAO

Geflügel

Schwein

rind

38,7

23,0

50,5

australien

31,0

17,0

14,9

Mexiko

27,6

36,8

50,1

USa

36,530,7

28,3

Kanada

argentinien

38,6

59,7

8,1

38,5

40,7

13,3

Brasilien

37,8

18,6

6,9

Südafrika

41,3

15,5 23,6

eU-27

17,9

24,1

25,3

russland

38,8

5,0 14,0

china

20,0

9,819,1

Japan

7,37,8

2,9

indonesien

32,7

12,7 16,9

Südkorea

2,4

0,21,5

indien

DSW

, FAO

FLEISCHATLAS 2013 Download: www.boell.de/fleischatlas

Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel

Fleischkonsum in deutschland1094 tiere auf dem teller essverhalten nach Bundesländern

Wort und tat – eine systematik

NVS

Fleisch- und Wurstverzehr in Gramm/Tag

VEBU

Deutscher Durchschnittsverbrauch im Laufe des Lebens

46 schweine

46 Puten

37 enten

12 Gänse4 schafe4 Rinder

945 hühner

Früher galt Fleisch in Deutschland als gesund und lebenswichtig. Heute ist dieses Vertrauen verschwunden. Nach den vielen Skandalen haben die Fleischkonzerne ein schlechteres Image als die Chemische Industrie.

Dennoch: Der Verzehr sinkt kaum. Die meisten Deutschen essen täglich oder fast täglich Fleisch und Wurst, Männer

mehr als Frauen, Jüngere mehr als Alte und Ostler mehr als Westler. Übrigens sind inzwischen rund zwei Drittel aller Fleischeinkäufe in Plastik abgepackt.

Traditionelle Supermärkte bieten noch wenig Alternativen. Ob dort, beim Öko-Metzger oder im Bioladen: Wer Fleisch aus Massentierhaltung meidet, fördert nachhaltige Landwirtschaft.

Fleischverzehr und -skandale

Frauen

40 – 4546 – 50

51 – 55über 55

45

60

männer

90 – 9596 – 100

101 – 105über 105

117

92

Verzehr in Deutschland pro Kopf, in Kilogramm

DPA,

BVD

F

2013

• Die Vogelgrippe mit Massenkeulungen in ganz Deutschland flaut ab

• Schweinefleisch aus Irland ist mit Dioxin vergiftet

• Eine neuer Schweinegrippe- Virus ängstigt die Welt, ist dann aber harmlos

2009

• Dioxin in „Bio-Mais“ erschüttert die Glaubwür-digkeit der Bio-Höfe

• TV-Berichte über „Klebe-fleisch“ aus Schinkenteilen

2010

• Hygienemängel beim Geflügel-Marktführer Wiesenhof

• Gammelfleischskandal von 2006 vor Gericht

• Pferdefleischskandal mit europäischen Ausmaßen

2008 2011

• Ekelfleischskandal von 2007 vor Gericht

• Dioxin in konventionel-lem Tierfutter von bis zu 5.000 Höfen

2012

60,7 60,7 61,3 61 59,5

Rind, KalbSchweinGeflügelSonstiges

0

10

20

30

40

Gesamtkonsum/ Verbrauch

Verzehr

aufgenommene nahrung

Schlachtung

Zubereitung

• minus Knochen, Schwarten, Fett und untaugliches Fleisch

• minus Futter, Tierfertignahrung, industrielle Weiterverarbeitung

• insgesamt ca. minus 20 Prozent

• minus Abfälle bei der Zubereitung und Speisereste

• minus Haustier-Frischfutter• insgesamt ca. minus 5 Prozent

• Deutschland ist Netto-Exporteur von Fleisch und Fleischwaren. Auch Zu- und Abnahmen von Lagermengen werden bilanziert.

• insgesamt ca. minus 10 Prozent

Produktion/ erzeugung globaler Handel

ATLAS MASAPříběhy a fakta o zvířatech, která jíme

ET ATLASIYediğimiz hayvanlar hakkında gerçekler ve rakamlar

La réalité et les chiffres sur les animaux que nous consommons

ATLAS CARNEHechos y cifras sobre los animales que comemos

DELA

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22 627.941.000 Hühner 45.000.000

37.700.000 Puten 2.700.000

25.460.000 Enten1.800.000

58.350.000 Schweine 4.000.000

3.244.000 Rinder 200.000

Ohne Vergeudung im Haushaltmüssten Millionen Tiere nicht sterben.

aus: DIE GROSSE VERGEUDUNG, Seite 10

Der aktuelle Fleischverbrauch pro Person erlaubt keine langfristigen Prognosen. aus: DER TIERVERBRAUCH IM LEBENSVERLAUf, Seite 18


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