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#173 / April 2016

VAKUUMBESCHICHTUNG FÜR ARCHITEKTURGLAS Eine Silberschicht reflektiert die Wärmestrahlung

FOKUS

PIERBURG AUS DEUTSCHLAND Eine Hightechfabrik für den Aluminium-Druckguss

WIE BÜHLER DEN CO2-AUSSTOSS SENKT

MODIFIZIERTE MEHLE UND FLEISCHANALOGE Mit Extrusionstechnologie neue Märkte erschliessen

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AnywarePro™

33 �Die�Leistung�überwachen�DankeinerzentralenDatenanalysekönnenReisverarbeiterihreProduktivitäterhöhen.

#173FOKUS: NOCH NICHT AUSGEREIZTEIN REDUZIERTER ENERGIEVERBRAUCH IST NACHHALTIG UND ZAHLT SICH AUS.

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Energieeffizienz

Die Emissionen reduzierenEnergieeffizienteVerarbeitungslösungenfürKunden,Ver-fahrenfürdieBatterieherstellung,denFahrzeug-LeichtbauoderdieArchitekturglas-Beschichtung:BühlersetztsichaktivfüreineSenkungdesweltweitenCO2-Ausstossesein.

Infografik

14 Den�Fussabdruck�verkleinern�� ÖkologischeNachhaltigkeitistauch fürBühlereinThema.

Druckguss

16 Energieberatung�BühlerSpezialistennehmendieDruckgussprozessevonKundenunterdieLupe.

Glasbeschichtung

18 Effizient�heizen�oder�kühlen�EinedünneSilberschichtaufdemGlasreflektiertdieWärmestrahlung.

Technologie & Lösungen

Extrusionstechnologie

Neue Märkte erschliessenMitExtrudernkönnenNebenprodukteausderGetreideverarbeitungzuhöherwertigenProduktenverarbeitetwerden.

Interview20 �Den�Klimawandel�eindämmen�

SaubereTechnologiensetzensichnurdurch,wennsiesichauchrechnen,glaubtETH-PräsidentLinoGuzzella.

In Kürze

24 Bühler�weltweit

Revision

32 �Besser�riffeln�DieneueRiffelmaschineWAFAverbessertdiePräzisiondeutlich.

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Inhalt

3 Editorial

Information der Redaktion

Liebe Leserinnen und Leser, wir möchten Sie darüber informieren, dass unser Magazin diagramm ab der aktuellen Ausgabe nur noch auf Deutsch und Englisch gedruckt wird. Wir wünschen Ihnen weiterhin eine unterhaltsame und inspirierende Lektüre.

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3diagramm #173

Liebe Leser,das Licht löschen, sobald man das Zimmer verlässt, den Kühlschrank sofort schlies­sen, nachdem man etwas her­ausgenommen hat, oder kurze Strecken zu Fuss statt mit dem Auto zurücklegen. In unserem Alltag können wir viele kleine Dinge tun, um Energie zu sparen.

Wir in der Indu s­trie aber haben einen viel grösseren Hebel, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Energie ist ein gewichtiger Kostenfaktor bei allen industriellen Prozessen. Energieeffizienz ist deshalb seit Jahren ein Kernthema bei Bühler: Energie sparen können wir bei uns selber (S. 14), aber vor allem können wir den Energieverbrauch unserer Anlagen deutlich reduzieren und so unseren Kunden ökonomischen Mehwert bieten.

Jeder Prozess und jedes Produkt ent­wickeln wir deshalb von Beginn weg unter dem Gesichtspunkt eines reduzierten Energiever­brauchs. Sei es im Geschäft Grains & Food oder Advanced Materials: Lesen Sie in unserem Fokus­teil (ab S. 4), wie Bühler in all seinen Geschäftsfel­dern das Thema Energieeffizienz vorantreibt – von der Müllerei über die Futterindustrie bis hin zur Pasta­ und Reisverarbeitung oder dem Nassmahlen & Dispergieren. Um die Energieeffizienz von Anla­gen oder Systemen zu verbessern, bietet Bühler spezielle Beratungsdienstleistungen an, um unse­ren Kunden eine externe Sicht auf ihre Abläufe zu bieten (S. 16).

Die Industrie sollte das Energiethema als Katalysator nehmen, um Fertigungsprozesse und Produktdesign weiter zu verbessern, davon zeigt sich auch ETH­Präsident Prof. Dr. Lino Guz­zella im Interview überzeugt (S. 20). Energieeffizi­enz ist also alles andere als ein Selbstzweck: Eine bessere Energieeffizienz führt zu optimierten Pro­duktionsabläufen bei unseren Kunden und steigert am Ende des Tages deren Profitabilität.

Und vor allem wird es ihnen auch die Umwelt danken.

Freundliche Grüsse,

Calvin Grieder, CEO

Calvin Grieder, CEO

Goel International Indien

40 Mehr und schneller trocknen Mit einer Paddy­Verarbeitungs­ und Trock­ nungslinie von Bühler konnte der indische Reisverarbeiter seine Kapazität mehr als verdreifachen.

Kundengeschichten

Agrana Österreich

46 Maximale Ausbeute Dank einer Weizenstärkeanlage kann Agrana das Überschussgetreide zu 100 % verwerten.

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CTO-Kolumne58 Alternative Proteine

Bühler entwickelt industrielle Verarbei­tungslösungen für Algen und Insekten.

Akademie

59 Wissenschaftliche Publikationen

Pierburg Deutschland

Nachhaltige Hightech-FabrikBühler hat den Autozulieferer dabei unterstützt, eine topmoderne Giesserei hochzufahren.

People34 Prinz Löwenherz Was den Bühler Automationsingenieur moti­ vierte, in Zeiten Ebolas nach Guinea zu reisen.

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FOKUS / Headline

diagramm #173

40 % weniger Wärme für die Pastatrocknung, ein 50 % geringerer Strom-verbrauch für eine Futtermühle, isolierende Gebäudeverglasung oder Leicht-bauweise für Fahrzeuge: Energieeffizienz ist für Bühler ein Top-Thema. Ein reduzierter Energieverbrauch ist nicht nur nachhaltig. Er bringt den Kunden auch enorme wirtschaftliche Vorteile.

Noch lange nicht ausgereiztFOKUS: ENERGIEEFFIZIENZ

FOKUS / Energieeffizienz

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Teigwaren werden feucht verarbeitet, müssen am Schluss aber wieder trocken und lagerungsfähig sein. Dafür wird viel Energie aufgewendet. Der Lang­waren­Trockner Ecothermatik von Bühler braucht dank eines innovativen Wärmetauscher­Konzepts rund 40 % weniger thermische und 20 % weniger Kühlungsenergie.

Dieses Beispiel steht stellver­tretend für viele: Für Bühler ist eine hohe Energieeffizienz gleich in mehr­facher Hinsicht relevant. «Jeder Prozess und jedes Produkt wird schon unter dem Gesichtspunkt eines reduzierten Energieverbrauchs entwickelt», macht Ian Roberts, CTO von Bühler, deutlich. Aber das ist noch nicht alles: Auch mit Batterietechnologie für Elektroautos, mit Druckgusslösungen für den Fahr­zeug­Leichtbau oder mit Beschichtungs­anlagen für isolierendes Architekturglas trägt Bühler zu einer Reduktion der CO2­Emissionen bei.

UPGRADE-PAKET FÜR RÜHRWERKSMÜHLEN S. 6 Kleinere Mahlkörper sorgen für mehr Effizienz

PELLET-KÜHLER COOLEX™ S. 7Spezielle Ventilatoren senken den Energiebedarf

LANGWAREN-TROCKNER ECOTHERMATIK S. 8Energieoptimierte Teigwarentrocknung

WALZENSTUHL ANTARES PLUS S. 9Höhere Ausbeute und geringerer Energieverbrauch

REISVERARBEITUNGSANLAGE ULTRALINE™ S. 10 16 Tonnen Reis pro Stunde effzient verarbeiten

PERFORMANCE-DRUM FÜR TORNADO-RÖSTER S. 11 Kürzere Zykluszeit und geringerer Energiebedarf

SPARFUNKTIONEN FÜR DRUCKGIESSMASCHINEN S. 12Den Energieverbrauch im Druckguss senken

ECOMODE FÜR BESCHICHTUNGSANLAGEN S. 13Sparsamer Betriebsmodus verringert Verbrauch

INFOGRAFIK S. 14Ökologische Nachhaltigkeit bei Bühler

DRUCKGUSS S. 16Beratung für mehr Effizienz

ARCHITEKTURGLAS-BESCHICHTUNG S. 18Glasscheibe mit Spezialeffekten

INTERVIEW MIT DEM ETH-PRÄSIDENTEN S. 20 Cleantech muss sich rechnen

«Jeder Prozess und jedes Produkt wird schon unter dem Gesichtspunkt eines reduzierten Energie- verbrauchs entwickelt.»Ian Roberts, CTO Bühler

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FOKUS / Energieeffizienz

Und das ist heute nötiger als je zuvor, denn der weltweite Durst nach Energie wächst unaufhaltsam: Über 13 000 Millionen Tonnen Erdöläquivalente Primärenergie nutzt die Menschheit jedes Jahr. Die UN­Klimakonferenz in Paris hat einmal mehr gezeigt, dass die Bekämpfung der Erd­erwärmung die wichtigste Aufgabe unse­rer Zeit ist. Neben der Nutzung von erneu­erbaren Energien sind dafür vor allem eine hohe Energieeffizienz und das Nut­zen von Sparpotentialen entscheidend.

20 % weniger Energie für KernprozesseBühler und seine Kunden leisten dazu einen substantiellen Beitrag: «Wir wol­len den Energiebedarf in allen unseren Kernprozessen bis 2020 um mindestens

20 % reduzieren und dadurch auch den Verbrauch unserer Kunden deutlich verringern», hält Roberts fest. Und das Potential ist noch längst nicht ausge­schöpft. Davon ist auch Lino Guzella, Präsident der ETH Zürich, überzeugt: «Die Industrie sollte das Energiethema als Katalysator nehmen, um Fertigungs­prozesse und Produktdesign weiter zu verbessern», fordert er (S. 20).

Eine hohe Energieeffizienz ist unter den Gesichtspunkten von Nach­haltigkeit und Wirtschaftlichkeit zen­tral. Einerseits werden Kaufentscheide heute zunehmend auch von Nachhal­tigkeitsüberlegungen gesteuert. Wer beispielsweise Frühstücks­Cerealien, Snacks oder Tierfutter klimaschonend

Mit Rührwerksmühlen von Bühler werden etwa hochwertige Druckfarben für Verpackungen herge-stellt. Dabei werden Farbpigmente durch die stän-dige Beanspruchung zwischen unzähligen kleinen Mahlkörpern so fein wie möglich in ein Trägerme-dium dispergiert. Je kleiner die Mahlkörper, desto geringer ist auch die spezifische Energie, die für den Dispergiervorgang benötigt wird. Damit auch Besit-zer einer älteren Mühle von den Effizienzvorteilen kleinerer Mahlkörper profitieren können, bietet Büh-ler ein spezielles Retrofit-Paket an. Damit können ältere Maschinen wie SuperFlow™ und Advantis™ zu einer MicroMedia™ umgerüstet werden, welche speziell für Kleinstmahlkörper von 20 bis 800 Mikro-

metern entwickelt wurde. Dank dieser Mikro-Mahl-perlen lässt sich die gleiche Produktmenge in kürze-rer Zeit mit weniger Energie herstellen. Je nach konkreter Anwendung resultiert daraus eine Effi-zienzsteigerung und Energieersparnis von zwischen 30 und 50 %.

Kleinere Mahlkörper sorgen für mehr Effizienz

UPGRADE-PAKET FÜR RÜHRWERKSMÜHLEN

Bis zu 50 %mehr Effizienz

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FOKUS / Energieeffizienz

herstellen und dies mittels einer Zertifi­zierung oder eines Labels belegen kann, verfügt bei den immer stärker für das Thema sensibilisierten Endkunden über einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Andererseits ist ein reduzier­ter Energieverbrauch wirtschaftlich sinnvoll. In der Kostenstruktur der ver­arbeitenden Industrie haben zwar die Rohmaterialien den grössten Anteil, aber auch die Ausgaben für Energie schlagen mit bis zu 10 % zu Buche. Ein geringerer Energieverbrauch senkt direkt die operativen Kosten, wodurch sich die Profitabilität verbessert. In der getreideverarbeitenden Industrie etwa, wo die Margen tendenziell sehr niedrig sind, ist das ein entscheidender Faktor.

Bei der Herstellung von Tierfutter müssen die noch heissen Pellets nach der Pelletierung gekühlt werden. Mit Coolex™ hat Bühler eine hocheffiziente Kühlungs-lösung entwickelt, mit der die Futtermittelhersteller die Produktqualität und Hygiene steigern sowie gleichzeitig die Kosten senken können. Coolex™ besticht mit einem innovativen, nach dem Funktions-prinzip der Gegenstromkühlung entwickelten Design und zeichnet sich durch einen kontinuierlichen Pro-duktaustrag aus. Dadurch kann die Feuchteschwan-kung im Produkt gegenüber konventionellen Kühlern um bis zu 50 % reduziert werden. Weil zudem für die Kühlung eine geringere spezifische Luftmenge pro Tonne Endprodukt benötigt wird, ist die Anlage deut-lich energieeffizienter als konventionelle Kühler. Dank

der intelligenten Konstruktion kommt Coolex™ mit kleineren Ventilatoren aus. Im Vergleich zu anderen Gegenstromkühlern sinkt der Energieverbrauch dadurch um bis zu 10 %. Auch die einfache Reinigung, eine geringe Anzahl von Verschleissteilen sowie lang-lebige Luftkissen tragen zur Minimierung von Ausfall-zeiten, zu einem wartungsarmen Betrieb und einer hohen Produktivität bei.

Spezielle Ventilatoren senken den Energiebedarf

PELLET-KÜHLER COOLEX™

«Wir wollen den Energie- bedarf in allen unseren Kern- prozessen bis 2020 um mindestens 20 % reduzieren.»

Ian Roberts, CTO Bühler

Bis zu 10 %geringerer Energieverbrauch

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FOKUS / Energieeffizienz

Zur Steigerung der Produktivität tragen aber auch andere Massnahmen bei: Etwa kürzere Stillstandszeiten durch schnelle Produktwechsel, eine einfache Reinigung oder eine proaktive Wartung. Und dank Retrofit­Packages können auch Besitzer einer älteren Maschine von den Effizienz­vorteilen einer neueren Anlagengeneration profitieren. Ein zentrales Thema ist zudem das Vermeiden von Verlusten: «Wenn etwa Getreide aufgrund einer unsachgemässen Lagerung oder Reinigung verdirbt, ist die gesamte in seinen Anbau gesteckte Energie nutzlos verwirkt», so umreisst der Bühler CTO die Problematik.

Die grössten Energieeinspa­rungen lassen sich durch die richtige Auslegung eines Verarbeitungsprozesses

Bei der Teigwarenherstellung wird Hartweizen-griess mit Wasser vermischt, zu einem Teig verar-beitet und durch eine Form gepresst. Anschliessend müssen die feuchten Teigwaren wieder getrocknet werden. Dieser Trocknungsprozess ist qualitätsbe-stimmend, aber auch energieintensiv. Der neue Langwaren-Trockner Ecothermatik verfügt über eine prozessinterne Wärmerückgewinnung: Feuchte, heisse und somit energiebeladene Abluft aus dem Trocknungsprozess wird einem Wärmetau-scher zugeleitet, der das Wasser kondensiert und die Energie aus der Abluft zurück in den Prozess führt. So wird rund 40 % weniger thermische Ener-gie benötigt. Eine optimierte Führung der Umluft,

effizientere Ventilatoren sowie eine intelligente ther-mische Installation reduzieren zusätzlich den Bedarf an elektrischer Energie um 10 % und jenen an Küh-lungsenergie um 20 %. Das Trocknen einer Tonne Teigwaren braucht so statt 250 kWh nur 150 kWh thermische Energie. Es sind bereits mehrere Anla-gen mit Ecothermatik in Betrieb.

Energieoptimierte Teigwarentrocknung

LANGWAREN-TROCKNER ECOTHERMATIK

Effizienz kommt in kleinen SchrittenFür Energieeffizienz gibt es allerdings kein Patentrezept. Vielmehr ist sie das Resultat vieler Massnahmen und Opti­mierungen auf teilweise unterschied­lichen Ebenen. Ein zentraler Aspekt ist die Produktivität: Wenn eine Mühle in 24 Stunden 10 % mehr Mehl herstellen kann, dann sinkt auch der Energiebedarf pro Tonne. Eine hohe Qualität und Pro­duktivität stehen auch im Druckguss im Zen trum: «Je kleiner der Ausschuss, desto geringer ist die pro Werkstück aufgewen­dete Energie», sagt Roberts. Zentral ist aber auch die Verkürzung der Zykluszei­ten. Kann ein Motorblock in 90 anstatt in 120 Sekunden hergestellt werden, sinkt auch der Energiebedarf pro Stück.

«Kann ein Motorblock in 90 anstatt in 120 Sekun- den hergestellt werden, sinkt auch der Energie- bedarf pro Stück.»Ian Roberts, CTO Bühler

Bis zu 40 % weniger thermische Energie

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FOKUS / Energieeffizienz

realisieren. Dabei müssen die verschie­denen Parameter exakt auf das Rohma­terial und das Endprodukt abgestimmt werden. «Bühler verfügt über erfahrene Spezialisten, welche das Aufsetzen von Prozessen etwa in der Vermahlung, der Extrusion, im Druckguss oder der Beschichtung perfekt beherrschen», macht Roberts deutlich. Dieses Applika­tions­ und Prozess­Know­how ist denn auch das wichtigste Differenzierungs­merkmal des Uzwiler Konzerns.

Prozesswärme ist der grösste VerbraucherAber auch Optimierungen an Maschinen und Anlagen können einen Unterschied machen. So entfallen über 60 % des Ener­gieverbrauchs in der verarbeitenden

Industrie auf Prozesswärme. «Produkte wie etwa Futterpellets, Frühstücks­Cerealien oder Teigwaren werden in der Regel mit einem bestimmten Feuchtig­keitsgehalt verarbeitet, müssen jedoch am Ende wieder vollständig lagerungs­fähig sein», beschreibt Roberts die Aufgabe. Entsprechend viel Energie wird deshalb für Trocknungsprozesse aufgewendet.

Der Cerealien­Trockner CeresTM etwa ist so konzipiert, dass Wärme schneller in die Cerealien ein­dringt. Das verkürzt die Trocknungszeit und spart Energie. Weiteres Potential steckt auch in der Nutzung von Abwärme: Wie beim Langwaren­Trock­ner Ecothermatik sorgt auch in den

Eine konstante Produktqualität, eine höhere Ausbeute und ein reduzierter Energieverbrauch: Mit dem Wal-zenstuhl Antares Plus hat Bühler eine Lösung entwi-ckelt, welche die Getreidevermahlung in jeder Hinsicht effizienter und einfacher macht. Die intelligente Sen-sortechnologie ist die Schlüsselfunktion. Jede Mahl-passage wird durch einen Sensor überwacht, welcher die Partikelgrössenverteilung ständig misst. Weicht die Granulation vom Sollwert ab, wird der Mahlspalt mittels eines Servomotors automatisch und in Echt-zeit angepasst. Diese integrierte Online-Messung und Überwachung sorgt dafür, dass Antares Plus zu jeder Zeit mit dem optimalen Mahlgrad arbeitet. So wird

eine konstante Produktqualität sichergestellt und auch eine höhere Ausbeute erzielt. Weil der Vermah-lungsprozess stets im optimalen Bereich gefahren werden kann, wird unter dem Strich aber auch weniger Energie benötigt.

Höhere Ausbeute und geringerer Energieverbrauch

WALZENSTUHL ANTARES PLUS

Weniger Energie pro Tonne Mehl

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FOKUS / Energieeffizienz

Kakaobohnenröstern von Bühler ein Heizsystem mit Wärmerückgewinnung für einen geringeren Energieverbrauch.

Neben Prozesswärme ist mechanische Energie der zweite grosse Verbraucher in der Industrie. Laut einer Studie der Internationalen Energieagen­tur (IEA) haben Elektromotoren und die von ihnen angetriebenen Systeme einen Anteil von über 40 % am weltweiten Stromverbrauch. Die Einsparpotentiale sind riesig: Mit Motoren der besten Effi­zienzklasse könnten global pro Jahr 2800 Terawattstunden Strom gespart und 1,8 Milliarden Tonnen CO2­Ausstoss vermieden werden. Bühler versucht des­halb gemeinsam mit den Motorenliefe­ranten, die Effizienz der Elektroantriebe

zu verbessern. Ein Beispiel für eine ge ­lungene Prozessoptimierung ist die Mischfutterproduktion der UFA: Dank des Einsatzes von Synchronreluktanz­Motoren konnte der elektrische Energie­bedarf der Anlage um mehr als 50 % verringert werden.

«Ein anderes Mittel ist auch die Verwendung von alternativen Antrie­ben. Beispielsweise sind Direktantriebe deutlich effizienter als Riemenantriebe», weiss Roberts. Ein Beispiel dafür ist die Pelletpresse Kubex T. Ihr Motor ist direkt an die Hauptwelle gekoppelt, was Über­tragungsverluste signifikant verringert. Diese Bauart erlaubt unter anderem Kunden wie dem grössten italienischen Futtermittelhersteller Veronesi, im Ver­

Reis ist für Milliarden von Menschen das wichtigste Grundnahrungsmittel. Umso wichtiger ist eine effizi-ente und nachhaltige Verarbeitung. Mit der neuen UltraLine™ Reismühle setzt Bühler erneut Standards in der Reisindustrie: Eine bisher ungekannte Verar-beitungskapazität von bis zu 16 Tonnen Reis pro Stunde auf einer einzigen Linie und eine hohe Pro-duktqualität bei gleichzeitig reduzierten Betriebskos-ten. Die Anlage integriert verschiedene Komponen-ten wie den Polierer UltraPoly™, den Reisaufheller UltraWhite™ und die Sortieranlage SORTEX S Ultra-Vision™. Alle Maschinen bieten nicht nur die höchs-ten je realisierten Verarbeitungskapazitäten, sondern

bestechen auch durch ein besonders hygienisches und energieeffizientes Design. Das Resultat ist ein um 20 % reduzierter Energieverbrauch pro Tonne Reis. Sri Krishna Metcom Ltd in Indien war der Erste, der diese Technologie 2013 in Betrieb genommen hat, um hochqualitativen, «Super-Silky-Finish»-Reis liefern zu können.

16 Tonnen Reis pro Stunde effzient verarbeiten

REISVERARBEITUNGSANLAGE ULTRALINE™

20 % geringerer Energieverbrauch pro Tonne Reis

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FOKUS / Energieeffizienz

gleich mit konventionellen Pelletpressen bis zu 20 % Energie ein zu sparen.

Lösungen mit grosser HebelwirkungMit energieeffizienten Anlagen und Pro­zessen, mit weltweiten Serviceleistun­gen oder mit Retrofit­Packages trägt Bühler dazu bei, die Energieeffizienz seiner Kunden zu verbessern. Doch eine in der Summe noch grössere Wirkung in Bezug auf die Reduktion von CO2 erzielt der Konzern mit Technologien, welche den Energieverbrauch von abertausen­den Endanwendern beeinflussen: Batte­rietechnologie für Elektrofahrzeuge, Druckguss­Lösungen für den Fahrzeug­Leichtbau sowie Beschichtungsanlagen für isolierendes Architekturglas.

Nebem dem Conchieren ist das Rösten der wichtigste geschmacksbestimmende Prozess bei der Herstellung von Schokolade. Es entzieht den Kakaobruchkernen – Nibs genannt – die Bitterstoffe und reduziert gleich-zeitig den Wassergehalt für die weitere Verarbeitung. Beim konventionellen Verfahren wird eine doppelwan-dige Rösttrommel mit grossem Energieaufwand von aussen aufgeheizt. Die Wärme überträgt sich dann vom Trommelmantel auf die Nibs, und ein Röstzyklus dauert 45 bis 60 Minuten. Mit der Performance-Röst-trommel hat Bühler eine energieeffizientere Alterna-tive dazu entwickelt: Darin werden die Nibs nicht nur über den Mantel beheizt, sondern gleichzeitig auch über heisse Luft im Inneren der Trommel. Je nach

Ausgangsfeuchtigkeit des Rohstoffs reduziert sich die Zykluszeit um bis zu 20 % bei gleichzeitiger Einspa-rung von thermischer Energie von bis zu 25 Prozent. Die RSX Technologie wird als Standard bei neuen Maschinen realisiert, wogegen sich die Performance-Drum auch auf älteren Tornado-Röstern einfach nach-rüsten lässt.

Kürzere Zykluszeit und geringerer Energiebedarf

PERFORMANCE-DRUM FÜR TORNADO-RÖSTER

«Mit Motoren der besten Effizienz-klasse könnten global pro Jahr 2800 Terawattstunden Strom ge- spart und 1,8 Milliarden Tonnen CO2- Ausstoss vermieden werden.»Ian Roberts, CTO Bühler

Bis zu 20 % kürzere Zykluszeit

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FOKUS / Energieeffizienz

So hat Bühler in den vergangenen Jahren ein neues Verfahren für die Aufbereitung von Elektrodenmasse für Lithium­Ionen­Batterien entwickelt, womit Hersteller, im Vergleich zu ursprünglichen Misch­prozessen, mehr als 50 % Energie einspa­ren können. «Effiziente und kostengüns­tig produzierte Batterien sind nicht nur die Voraussetzung für eine stärkere Ver­breitung von Elektrofahrzeugen. Weil sie die Zwischenspeicherung von Sonnen­ oder Windstrom erlauben, fördern sie auch die Nutzung von erneuerbaren Energien», lautet Roberts' Bilanz.

Bühler trägt auch zu einer Reduktion des CO2­Ausstosses im Ver­kehr bei. Hier kommt die Druckguss­Technologie des Unternehmens ins

Druckgiessmaschinen von Bühler verfügen über umfassende Funktionalitäten für die Verbesserung der Energieeffizienz. So sind die Anlagen mit Moni-toring-Funktionen ausgestattet, welche den Energie-verbrauch aller Komponenten erfassen und am Bild-schirm visualisieren. Diese Messungen schaffen die Grundlage für energietechnische Prozessoptimierungen. Eine weitere Funktionalität erlaubt es die genaue Anpassung der Energieaufnahme der Maschine prä-zise auf die Anforderungen des herzustellenden Teils einzustellen. Eine einfach konfigurierbare Start-Stopp-Automatik-Funktion sorgt dafür, dass sich einzelne Komponenten oder Peripheriegeräte im Fall

von Produktionsunterbrüchen oder Störungen auto-matisch ausschalten. Dadurch lässt sich ein energie-intensiver Leerlauf der gesamten Giesszelle verhin-dern. Schliesslich sind die Maschinen von Bühler auch mit effizienten Hydraulik- und Antriebssyste-men ausgestattet, welche den Energieverbrauch entscheidend reduzieren.

Den Energieverbrauch im Druckguss senken

Spiel. Immer mehr Fahrzeugteile wie etwa Motorblöcke oder Strukturteile werden aus leichtem Aluminium anstatt aus Stahl gefertigt. Je leichter ein Fahr­zeug ist, desto weniger Kraftstoff ver­braucht es. Das Potential ist dabei noch längst nicht ausgeschöpft: «Heute ent­hält ein Auto im Durchschnitt 150 Kilo­gramm Aluminium, bis 2025 werden es bereits 250 Kilogramm sein», sagt Roberts vorausblickend.

Effizienteres Heizen oder KühlenEin anderes Mittel, mit dem sich CO2­Reduktionen erzielen lassen, ist die Gebäudeverglasung. Beschichtetes Architekturglas wirkt isolierend und senkt den Energieverbrauch für das Hei­

SPARFUNKTIONEN FÜR DRUCKGIESSMASCHINEN

«Im letzten Oktober haben wir eine Energy Challenge gestartet, um mit Forschern der besten Hochschulen neue Lösungsansätze für mehr Energieeffizienz zu entwickeln.»

Ian Roberts, CTO Bühler

Automatik verhindert energieintensiven Leerlauf

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FOKUS / Energieeffizienz

Der ökologische Fussabdruck von grossen Produkti-onsanlagen rückt immer stärker in den Fokus. Dieser Entwicklung verleiht in vielen Ländern auch der Regu-lator zusätzlichen Schub: So hat die Europäische Union schon 2012 ihre Gesetzgebungen zur Energie-effizienz verschärft. Bühler Leybold Optics erweitert deshalb das Angebot an besonders energieeffizienten Beschichtungsmaschinen. So werden einige Anlagen für optische Beschichtungen mit einem sogenannten Ecomode angeboten. Dieser Betriebsmodus sorgt dafür, dass einzelne Komponenten nur dann hochfah-ren, wenn der Prozess sie auch effektiv benötigt. Dadurch wird der Verbrauch der Gesamtmaschine

optimiert und es kann wie bei den Augenoptik-Maschinen eine Energieersparnis von rund 30 % erzielt werden. Ein weiteres Beispiel für Energieeffi-zienz ist die Beschichtungsmaschine DynaJet: Durch das Ersetzen von Diffusionspumpen mit Turbopumpen sparen die Kunden rund 8000 Euro Energiekosten pro Maschine und Jahr.

Sparsamer Betriebsmodus reduziert Verbrauch

ECOMODE FÜR BESCHICHTUNGSANLAGEN

zen und Kühlen signifikant. Eine einzige Glasbeschichtungsanlage von Bühler verarbeitet bis zu 12 Millionen Quadrat­meter Glas pro Jahr. Ist dieses verbaut, entspricht die damit erzielte Energieer­sparnis einem wesentlichen Teil der Energieproduktion eines mittleren Kernkraftwerks.

Ob es um energieeffiziente Verarbeitungslösungen für die Kunden oder um Verfahren für die Batterieher­stellung, den Fahrzeug­Leichtbau oder die Beschichtung von Architekturglas geht: Bühler setzt sich aktiv dafür ein, um den weltweiten CO2­Ausstoss zu sen­ken. Dafür spannt CTO Ian Roberts jetzt einmal mehr die intelligentesten Köpfe ein: «Im letzten Oktober haben wir eine

Energy Challenge gestartet, um mit For­schern der besten Hochschulen neue Lösungsansätze für mehr Energieeffi­zienz zu entwickeln», sagt er. Auf die Resultate darf man gespannt sein.

Bis zu 30 % Energieersparnis für Vakuum-Beschichtungsmaschinen

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Licht aus – Herz und Verstand ein.

MINNEAPOLIS

GRI G4Unsere Nachhaltigkeitsziele wurden 2015 komplett über-arbeitet und auf die Vorgaben der Global Reporting Initiative der vierten Generation (GRI G4), des führenden internatio-nalen Standards, ausgerichtet.

ENERGIEVERBRAUCH2015: –8,25 %2014: –3,03 %2013: –3,95 %

WASSERVERBRAUCH2015: –9,54 %2014: +5,95 %2013: –8,91 %

CO2 -EMISSIONEN2015 –4,9 %2014 +2,3 %2013 –3,0 %

Reduktion des Verbrauchs und der Emissionen pro produktive Stunde(relativ zum Vorjahr)

Ziel: –5 % pro Jahr

2015 haben 17 von 27 Produktionsstandorten ihren ökologischen Fussabdruck überwacht.

2014

2013

HOLLAND

RALEIGH LONDON BERGNEUSTADT BRAUNSCHWEIG BEILNGRIES

ZAMBERK

HEFEI

CHANGZHOU

WUXI (I)

WUXI (II)

BANGALOREJOINVILLE UZWIL JOHANNESBURG ALZENAU

TOTAL PRODUKTIVESTUNDEN (IN MIO.)2015: 5,1 2014: 5,0 2013: 4,5

Marco Lewe, Beauftragter für Energieeffizienz bei Bühler Braunschweig.

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15

Ein ökologischer Fussabdruck beeindruckt.Die grossen Themen unserer Zeit sind heute medial allgegenwärtig. Es vergeht kein Tag, an dem wir nichts hören, lesen oder sehen über Klimaerwär­mung, über die Überbevölkerung. Wir lesen über Erdöläquivalente, über Klimakonferenzen und über Millionen von Tonnen CO2 – wobei wir doch eigent­lich immer dachten, das Gas sei ganz leicht.

Aber betrifft uns das? Wirklich? In unse­rem alltäglichen Leben? Wir können all das denken und verstehen, aber wir spüren es nicht. Da ist der Begriff des «ökologischen Fussabdrucks» doch so etwas herrlich Konkretes, fast so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck. Unternehmen haben ihn, Nationen, Regionen, aber eben auch Menschen, jeder Mensch, auch du und ich – und manche haben eben grössere Füsse und andere kleinere.

Marco Lewe hat nach all den Kriterien eines «ökologischen Fussabdrucks» sicher sehr kleine Füsse. Er ist 47 Jahre alt, verheiratet, hat drei Kinder und lebt bei Braunschweig in Norddeutschland. Seit August 2011 ist er nun bei Bühler, erst als Facharbeiter Elektrotech­nik und nun seit Anfang des Jahres auch als Beauftrag­ter für Energieeffizienz im Braunschweiger Werk.

Diesen Job hat er sich redlich verdient. Schon immer drehte er Extrarunden durch die Werkshallen, um dort das Licht auszumachen, wo es nun wirklich nicht mehr brennen musste, wo die Schicht längst zu Ende war. «Zuhause mache ich das

doch auch so, ist doch Verschwendung von Energie und Geld. Ich gebe mein Gehirn doch nicht am Werks ­ tor ab.» Klar und deutlich bezieht er Stellung.

Für Marco Lewe sind die Werkshallen in Braunschweig die zweite Heimat. Die kleine Werks­halle, in der er steht, hat 350 Leuchten, die grosse nebenan 1276. Das seien eben schon Grössenordnun­gen, bei denen man nachdenken könne über einen Ersatz durch LED. Aber lohnen müsse es sich schon, immerhin würden die 350 LED schon 60 000 Euro kosten – ohne Installation und Programmierung. Im Sinne des Unternehmens rechnet er das Ganze durch und gibt Empfehlungen. Das Licht ist ja aber nur ein Beispiel, ist aber so schön einleuchtend.

Marco Lewe ist in seiner Rolle richtig authentisch und deshalb so glaubwürdig. Mit Emotio­nen und echtem Engagement erzählt er aus seiner Arbeitswelt und zieht immer wieder Vergleiche zu sei­nem privaten Leben. Er regt sich auf über eine zu hoch eingestellte Heizung in einem Flur zwischen Werks­halle und Hof. «Das macht man doch zuhause auch nicht», ereifert er sich. Einer von ihnen ist er in seinem Blaumann, einer, der lebt, was er sagt und denkt.

In einem Edelstahl­Kompetenzzentrum schlummern sicher noch ganz andere Potentiale für Marco Lewe, den Beauftragten für Energieeffizienz im Bühler Werk Braunschweig. Und jeder Erfolg macht seinen ganz persönlichen «ökologischen Fuss­abdruck» etwas kleiner und auch den von Bühler.

FOKUS / Energieeffizienz

MINNEAPOLIS

GRI G4Unsere Nachhaltigkeitsziele wurden 2015 komplett über-arbeitet und auf die Vorgaben der Global Reporting Initiative der vierten Generation (GRI G4), des führenden internatio-nalen Standards, ausgerichtet.

ENERGIEVERBRAUCH2015: –8,25 %2014: –3,03 %2013: –3,95 %

WASSERVERBRAUCH2015: –9,54 %2014: +5,95 %2013: –8,91 %

CO2 -EMISSIONEN2015 –4,9 %2014 +2,3 %2013 –3,0 %

Reduktion des Verbrauchs und der Emissionen pro produktive Stunde(relativ zum Vorjahr)

Ziel: –5 % pro Jahr

2015 haben 17 von 27 Produktionsstandorten ihren ökologischen Fussabdruck überwacht.

2014

2013

HOLLAND

RALEIGH LONDON BERGNEUSTADT BRAUNSCHWEIG BEILNGRIES

ZAMBERK

HEFEI

CHANGZHOU

WUXI (I)

WUXI (II)

BANGALOREJOINVILLE UZWIL JOHANNESBURG ALZENAU

TOTAL PRODUKTIVESTUNDEN (IN MIO.)2015: 5,1 2014: 5,0 2013: 4,5

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16 diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

lionen Euro pro Jahr», weiss Martin Lagler, Process Engineer Applications bei Bühler.

Um die Energieeffizienz von Druckgiessanlagen zu verbessern, bietet Bühler eine spezielle Beratung an: «Wir führen detaillierte Messungen durch, nehmen eine ganzheitliche Betrachtung der Druckgussprozesse vor und zeigen unseren Kunden verschiedene Optimie­rungspotentiale auf», erklärt Lagler. In einer typischen Druckgiesserei entfällt mit 54 % über die Hälfte des Energie­verbrauchs auf die Schmelzöfen. Der zweite grosse Verbraucher ist mit 34 % die Gebäudeinfrastruktur. Die eigentli­che Druckgiesszelle schlägt mit 12 % der Gesamtenergie zu Buche.

Fahrzeugteile werden immer häufiger im Druckgussverfahren aus leichtem Aluminium anstatt aus Stahl gefertigt. Die sogenannte Leichtbauweise trägt dazu bei, den Kraftstoffverbrauch von Autos und damit die CO2­Emissionen zu reduzieren. Eine Gewichtsverringe­rung von 100 kg führt zu einer Treib­stoffeinsparung von 0,4 Litern auf 100 km. Aber auch für die Druckgiesse­reien selber rückt die Energieeffizienz zunehmend in den Fokus. Einerseits wächst weltweit der Druck auf Indust­rieunternehmen, ökologisch nachhaltig zu produzieren. Andererseits rechnet sich ein reduzierter Energieverbrauch auch wirtschaftlich: «In grossen Gie­ssereien summieren sich die Energieko­sten schnell einmal auf mehrere Mil­

Qualität steigern und Ausschuss reduzieren«Der Schlüssel zu einer nachhaltigen Sen­kung des Verbrauchs liegt in einer Opti­mierung des Gesamtprozesses: Schon eine geringfügige Verbesserung der sogenann­ten Overall Equipment Effectiveness (OEE) schlägt sich in niedrigeren Betriebskosten und einem reduzierten Energieverbrauch pro Gutteil nieder», macht Lagler deutlich. Zentrale Erfolgs­faktoren sind etwa eine Steigerung der Qualität und eine Verringerung des Aus­schusses. Ein mangelhafter Motorblock ist nicht nur unverkäufl ich, sondern muss auch wieder eingeschmolzen werden. Jedes mangelhafte Teil verschlechtert deshalb die Energiebilanz. Enormes Potential für Einsparungen bietet aber auch die Verkürzung der Zykluszeit:

Mit effizienten Hydraulik- und Antriebskonzepten können bis zu 20 % Energie eingespart werden.

Beratung für mehr EffizienzSpezialisten von Bühler nehmen Druckgiessanlagen von Kunden genau unter die Lupe und zeigen Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz auf.

DRUCKGUSS

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17diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

«Wer einen Motorblock in 90 anstatt in 120 Sekunden herstellt, benötigt für ein Stück unter dem Strich auch deutlich weniger Energie», rechnet Lagler vor.

Zentral ist zudem die Mini­mierung von Stillstandszeiten. Auch wenn gerade nichts produziert wird, bleibt die energetische Grundlast einer Druckgiess­zelle bestehen. «Mit dem Event Analyzer bieten wir ein Software­Werkzeug für die Analyse von Stillstandszeiten der Zelle an. Dadurch lassen sich Fehler gezielt behe­ben und die Verfügbarkeit einer Anlage erhöhen», erklärt Lagler.

Die Effizienz der Maschinen verbessernAuch bei den Maschinen gibt es Raum für Verbesserungen: Angetrieben wird die Maschine durch einen kraftvollen Elek­tromotor, der über ein Hydrauliksystem sämtliche Bewegungen steuert. «Mit effi­zienten Hydraulik­ und Antriebskonzep­ten können bis zu 20 % Energie eingespart werden», verdeutlicht Lagler. Grosse Ver­braucher sind zudem die Temperierge­räte, welche die Giessform auf Mindest­temperatur halten, sowie das Sprühgerät für das Aufbringen des Trennmittels und das Kühlen der Giessform mittels Druck­luft. «Eine in die Form integrierte Küh­lung reduziert den Druckluftverbrauch signifikant, wodurch sich der Energiever­brauch für den Sprühprozess um bis zu

Über die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs einer typischen Giesserei entfällt auf den Betrieb der Schmelzöfen.

90 % reduziert und gleichzeitig auch die Zykluszeit verkürzt», hält Lagler fest.

Oft stossen die Bühler Spe­zialisten auch in unerwarteten Berei­chen auf Optimierungspotentiale: So fiel ihnen beispielsweise auf, dass das flüs­sige Aluminium beim Transport vom Schmelzofen zur Druckgiesszelle oft unter die Solltemperatur fällt und dann im Warmhalteofen mit grossem Energie­aufwand und tieferem Wirkungsgrad wieder aufgeheizt werden muss. «Ab­ hilfe konnten wir in diesem Fall durch eine optimierte Fahrroute für die Gabel­stapler schaffen, die das flüssige Metall zu den Zellen transportieren», so erin­nert sich Lagler. Oft stossen die Prozess­Ingenieure Verbesserungen in Bereichen an, wo ein Kunde sie gar nicht vermuten würde. «Deshalb ist es auch wichtig, dass wir eine externe Sicht auf die Abläufe hineinbringen», meint Lagler abschliessend.

«Der Schlüssel zu einer nachhaltigen Senkung des Verbrauchs liegt in einer Optimierung des Gesamtprozesses.»Martin Lagler, Process Engineer Applications

SchmelzöfenGebäudeinfrastrukturDruckgiesszelle

TemperiergeräteEntgratpresseExtraktionKühlung

DosierofenDruckgiessmaschineSprühgerät

Fabrik: ~5600 kWh/t 840-Tonnen-Druckgiesszelle für Ölwannen: ~509 kWh/t

Weitere Informationen:Martin LaglerProcess Engineer ApplicationsBühler Uzwil+41 71 955 13 75martin.lagler@ buhlergroup.com

1,3 %7,7 %

2 %14 %25 %

13,5 %

36,6 %

34 %

12 %

54 %

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18 diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

Glasscheibe mit SpezialeffektenEine hauchdünne Silberschicht auf Fensterscheiben reflek-tiert die Wärmestrahlung, lässt aber das sichtbare Licht hin-durch. Das verbessert die Energieeffizienz von Gebäuden.

Grosse Mengen Energie werden welt­weit für das Heizen oder Kühlen von Gebäuden aufgewendet. Aus Gründen des Klimaschutzes schreiben deshalb immer mehr Länder eine hohe Energie­effizienz für Neubauten vor. Aber auch Bauherren oder Immobilieninvestoren setzen auf ökologische Nachhaltigkeit: Bürogebäude mit niedrigen Energiekos­ten lassen sich einfacher vermieten und versprechen eine höhere Rendite.

Eine Möglichkeit, den Bedarf an Heiz­ oder Kühlenergie zu reduzieren, ist die Verwendung von beschichteten Wärmeschutzgläsern: «Eine beschich­tete Zweifach­Isolierverglasung kann den Energieverlust über die Verglasung im Vergleich zu einer nicht beschichte­ten um rund 50 Prozent reduzieren», macht André Herzog, Product Manager Large­Area Coating bei Bühler, deut­ lich.

Die Silberschicht reflektiert die WärmeFür den Isolationseffekt sorgen in der Regel eine oder mehrere hauchdünne Schichten aus Silber. Das Edelmetall wirkt auf die unsichtbare Wärmestrah­lung wie ein Spiegel und reflektiert sie. Gleichzeitig lässt es den sichtbaren Teil des Sonnenlichts nahezu verlustfrei passieren. «Die Wärme verbleibt somit im Winter im Inneren des Gebäudes, wodurch sich Heizkosten sparen lassen», fasst Herzog zusammen. In heissen Re ­ gionen der Erde reduziert die gleiche Glasbeschichtung das Aufheizen des Gebäudeinneren. Gerade in subtropi­schen Ländern sinkt dadurch der Ener­gieverbrauch für die Klimatisierung signifikant. Bühler beliefert Glashersteller auf der ganzen Welt mit seinen Grossflächen-Vakuumbeschichtungsanlagen.

ARCHITEKTURGLAS-BESCHICHTUNG

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19diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

Bühler ist in diesem Wachstumsbereich als führender Ausrüstungshersteller aktiv. Der Konzern beliefert Glasherstel­ler auf der ganzen Welt mit seinen Gross­flächen­Vakuumbeschichtungsanlagen. Die Aufbringung der Schicht erfolgt mit dem sogenannten Magnetron­Sputter­Verfahren – auch Kathodenzerstäubung genannt. In einer Vakuumkammer wird das Beschichtungsmaterial durch Erzeu­gung eines Plasmas und den Beschuss mit Ionen zerstäubt. Anschliessend schlägt es sich als rund zehn Nanometer

Weitere Informationen:André HerzogProduct Manager Large-Area CoatingBühler AlzenauT +496023500472 andre.herzog@ buhlergroup.com

sich höchste und kontinuierliche Qualität erreichen. Zum anderen ist die Gestal­tungsfreiheit in Bezug auf die Wahl und Kombination der Beschichtungsmateria­lien nahezu unbegrenzt. So können opti­sche und physikalische Eigenschaften flexibel angepasst werden», erklärt Herzog.

Mehrere Schichten bilden ein SystemEine Low­E­Beschichtung (Low­E steht für Low Emissivity) besteht typischer­weise aus mehreren Einzelschichten, die ein System von etwa 100 Nanome­tern Gesamtdicke bilden. Während die Silberschicht reflektierend auf die Wär­mestrahlung wirkt, sorgen zusätzliche Schichten etwa aus Aluminium­ oder Titanoxid für eine hohe Transparenz und Lichtdurchlässigkeit. Spezielle Barriereschichten schützen zudem das Silber wirksam vor unerwünschter Oxidation.

Genauso, wie es bei Fenster­scheiben einen Trend zu Mehrfach­ Verglasungen gibt, werden zur Effizienz­steigerung häufig auch doppelte oder dreifache Low­E­Beschichtungen ange­fertigt. Zusätzlich lässt sich durch den Schichtaufbau auch die Farbgebung des Glases beeinflussen. Die auf diese Weise erzeugten Farbnuancen werden von Architekten gerne als Designelement eingesetzt.

Nun da beschichtetes Wärme­schutzglas bei Neubauten eigentlich Standard ist, erobert es auch den Auto­mobilbereich. «Durch die Scheiben eines Autos dringt vor allem im Sommer viel Wärmestrahlung. Der Innenraum muss deshalb mit hohem Energieaufwand gekühlt werden», führt Herzog aus. Vor allem bei E­Fahrzeugen geht dadurch jedoch wertvolle und knappe Energie verloren. Be schichtetes Glas wird des­halb künftig auch im Auto vermehrt für ein besseres – und ökologischeres – Innenraum­Klima sorgen.

dünne, gleichmässige Schicht auf dem Glas nieder, und das auf einem Jumbo­Glas­Beschichtungsuntergrund von 6 × 3,3 Meter.

Gegenüber pyrolytischen Be ­schichtungen, bei denen die Schicht direkt nach dem Schmelzofen unter Atmosphäre wie ein Sprühlack auf der Float­Anlage aufgebracht wird, bietet das vakuumbasierte Verfahren eine Reihe von Vorteilen: «Weil Umgebungsein­flüsse oder die Verschmutzung durch Fremdpartikel ausgeschlossen sind, lässt

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diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

Cleantech muss sich rechnenDen Klimawandel eindämmen und sich ihm anpassen: Für beide Strategien brauchte es technische Innovationen, sagt Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich. Neue Technologien könnten sich schliesslich nur dann durchsetzen, wenn sie sich auch ökonomisch rechneten.

INTERVIEW: BURKHARD BÖNDEL – FOTOS: ANJA METZGER

INTERVIEW MIT DEM ETH-PRÄSIDENTEN

20

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21diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

fern ist das auch ein grosses Thema für uns als technische Hochschule. Die ETH ist am neuen National Centre for Climate Services des Bundes beteiligt, das solche Informationen Behörden, der Politik oder der Wirtschaft zur Verfügung stellen will. Je exakter wir die Abläufe verstehen und die Veränderungsprozesse vorherse­hen können, je besser können wir techni­sche Lösungen entwickeln und konstruk­tiver mit diesem Wandel umgehen.

Haben Sie ein Beispiel, wie die ETH kons-truktiv mit dem Wandel umgeht? Wir bauen auf unserem Campus am Hönggerberg ein dynamisches Erdspei­chersystem, das aus hunderten von Erd­sonden in 200 Metern Tiefe besteht.

Im Sommer ernten wir die Wärme ab und speichern diese in der Erde, im Win­ter holen wir die Energie mit Wärme­pumpen wieder nach oben. Dynamisch heisst der Erdspeicher deshalb, weil er sowohl fürs Heizen wie auch fürs Kühlen verwendet wird. Bis 2025 wollen wir das ganze Areal von 320 000 m2 mit mehr als 30 Gebäuden an das System anschliessen und so praktisch kein CO2 mehr emittie­ren (S. 23). Dieses Prinzip lässt sich auf ganze Wohngebiete, Bürogebäude und Fabriken übertragen. Die eingesetzte Technik ist zum Teil neu. Dies ist ein Beispiel, wie aus wissenschaftlichen Er kenntnissen neue technische Lösun­gen entwickelt werden können, die zu mehr Nachhaltigkeit beitragen und auch wirtschaftlich Vorteile erzielen. Wir sparen damit bis zu CHF 1 Mio. Energiekosten.

diagramm: Im Dezember fand in Paris der Weltklimagipfel statt. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse dieses Mega-Ereignisses? Prof. Guzzella: Die Resultate dieses politi­schen Treffens sehe ich positiv. Erstmals hat sich die ganze Weltgemeinschaft mit einem völkerrechtlich bindenden Vertrag verpflichtet, den Klimawandel zu begren­zen und die Folgen zu mildern. Das frü­here Kyoto­Protokoll umfasste nur die Industriestaaten. Insofern schafft das Abkommen von Paris eine neue Qualität. Die konkreten Ziele, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu limitieren, halte ich für äusserst ambitioniert. Aber diese Ziele setzen jetzt eine fruchtbare Diskussion darüber in Gang, wie das umgesetzt werden kann. In diesem Sinne hoffe ich auch, dass in der Bevölkerung und bei den wirtschaftlichen Akteuren das Bewusstsein geschärft wird.

Wo sollten Ihrer Meinung nach Schwer-punkte gelegt werden, um den Ausstoss von Treibhausgasen einzudämmen? Es gibt generell drei Möglichkeiten, den menschlichen Ausstoss von CO2 zu ver­ringern: Erstens der Einsatz nicht fossi ­ler Energieträger; zweitens eine höhere Energieeffizienz; und drittens die Ver­meidung des Energieeinsatzes generell. Also, sie fliegen mit einem Flugzeug in die USA, das Biotreibstoff verbrennt, sie flie­gen mit einem Flugzeug, das weniger Treibstoff braucht, oder sie fliegen über­haupt nicht. Wir stehen an einem Punkt, wo wir alle Optionen berücksichtigen müssen. Die Zeit drängt.

Was bedeutet das konkret in der Umset-zung der Ziele?Wir müssen uns auch in der Forschung vermehrt mit den Auswirkungen befas­sen und besser verstehen, wo sich die Kli­maerwärmung wie auswirken wird. Wo wird es stärker regnen, wo nicht? Wo wird es Überschwemmungen geben? Wie werden sich Anbaugebiete verschieben? Wo werden welche Bäume, welche Getreidesorten neu wachsen können und wo werden welche verdrängt? Da ist noch sehr viel Forschung erforderlich. Inso­

«Die Industrie sollte das Energiethema als Katalysator nehmen, Fertigungsprozesse und Produktdesign weiter zu verbessern.»Professor Dr. Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich

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22 diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

Klimaschutz und wirtschaftlicher Ertrag müssen also keine Gegensätze sein? Ich bin davon überzeugt, dass im Klima­schutz jetzt das ökonomische Zeitalter einsetzen wird.

Was verstehen Sie darunter? Wenn wir die Ziele von Paris umsetzen wollen, geht das nur, wenn wir jeden Franken optimal investieren. Erneuer­bare Energien können auf die Dauer nicht über staatliche Subventionen gefördert werden, sondern müssen sich am Markt durchsetzen. Es braucht Kostenwahrheit für alle Energieformen. Neue Technolo­gien müssen sich schliesslich sowohl für den Hersteller wie auch für den Endver­braucher rechnen.

Welche Rolle spielt hierbei die Industrie? Welchen Chancen sehen Sie hier? Die Industrie sollte das Energiethema als Katalysator nehmen, Fertigungsprozesse und Produktdesign weiter zu verbessern, um etwa durch eine bessere Energieeffi­zienz gleichzeitig zu optimierten Produk­tions­ und Betriebsabläufen zu kommen. Es gibt natürlich auch hier bereits Berei­che, die schon ausgereizt sind, wie etwa im Kraftwerksbau. Wenn Kombikraft­werke heute einen Wirkungsgrad von fast 60 % haben, bewegt man sich dicht am thermodynamischen Maximum. In ande­ren Bereichen aber halte ich das Potenzial noch für längst nicht ausgeschöpft. Ein Anbieter, der seinen Kunden energieeffi­ziente Maschinen und Anlagen liefern kann, wird in Zukunft noch stärker für sich einen Wettbewerbsvorteil verbuchen können. Bühler ist ja in dieser Thematik auch sehr aktiv. Gerade für einen Indus­triestandort wie die Schweiz ist es wich­tig, dass sich die hier ansässigen Unter­nehmen mit solchen Eigenschaften dif fe­ renzieren.

Wie kommen wir zu besseren Lösungen, die weniger Energie brauchen? Wir müssen dazu übergehen, nicht nur einzelne Aggregate anzugehen, sondern ganze Systeme. Da wurde in den vergan­genen Jahren bereits viel geleistet, und zwar sowohl bei den Konsumgütern als auch bei Industrieprodukten. Doch der Systemgedanke beginnt jetzt erst, sich

PROF. DR. LINO GUZZELLALino Guzzella ist seit 1999 ordentlicher

Professor für Thermotronik und war

von August 2012 bis Dezember 2014

zudem Rektor der ETH Zürich. Seit

Januar 2015 ist er Präsident der ETH

Zürich.

Lino Guzzella, am 13. Oktober

1957 in Zürich geboren, studierte an

der Abteilung für Maschineningenieur-

wesen der ETH Zürich. Nach seiner

Promotion 1986 arbeitete er in der

Konzernforschung der Firma Sulzer in

Winterthur und übernahm danach die

Leitung der Entwicklungsabteilung für

Mechatronik der Firma Hilti in Schaan,

bis er 1993 als Assistenzprofessor ans

Departement für Maschinenbau und

Verfahrenstechnik der ETH Zürich

berufen wurde. Von Mitte 2003 bis

Mitte 2004 war er «Honda Visiting

Professor» an der Ohio State University

in Columbus (OH).

Lino Guzzella wurde unter ande-

rem mit den folgenden Preisen ausge-

zeichnet: dem IEEE Industry Award for

Excellence in Translational Control

Research, dem IEEE Control Systems

Magazine Outstanding Paper Award,

dem SAE Arch T. Colwell Merit Award,

dem Ralph R. Teetor Educational

Award, der IMechE Thomas Hawksley

Medal, der Crompton Lancaster Medal,

dem Energy Globe Award und der Goldenen Eule 2011.

durchzusetzen. Bei unserem Campus­Beispiel etwa arbeiten Bauingenieure, Maschinenbauingenieure, Informatiker, Architekten und andere Fachbereiche eng zusammen. Das ist wie im Verkehr. Selbst wenn jedes einzelne Fahrzeug für sich die

höchste Effizienz aufweist, heisst das nicht, dass der Verkehr bestmöglich läuft und am wenigsten CO2 ausstösst. Und darauf kommt es letztlich an.

Was bedeutet das für die Qualifikation in der Forschung, die F&E-Abteilungen von Unternehmen und den Anwender? Dass wir über den Tellerrand hinausbli­cken müssen. An der ETH bilden wir sehr gründlich in den einzelnen Fachdiszipli­nen aus, haben aber auch Professuren ins Leben gerufen, die sich an den Schnitt­stellen zu andern Gebieten bewegen. Nehmen wir das Beispiel der digitalen Architektur. Es geht einerseits um die Frage des Entwerfens und Bauens von Gebäuden, anderseits mehr und mehr auch um die Integration digitaler Tech­nologien in den ganzen Bauprozess bis hin zum Einsatz von Robotern in der Fabri kation. Wir kooperieren eng mit der Industrie und messen der praktischen Ausbildung einen hohen Stellenwert zu. Albert Einstein, der wohl berühmteste ehemalige ETH­Student, sagte, es gäbe nichts Praktischeres als eine gute Theo­rie. Und für uns gibt es keinen besseren Wissenstransfer von der Hochschule in die Wirtschaft als unsere Studienabgän­ger, die dann mit diesem Systemwissen und Bewusstsein in die Unternehmen gehen und dort arbeiten.

«Wir müssen dazu über- gehen, nicht nur einzelne Aggregate anzugehen, sondern ganze Systeme.»Professor Dr. Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich

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diagramm #173

FOKUS / Energieeffizienz

ETH Zürich: Mit Erdspeichern kühlen und heizen

Sommer lässt sich dann der Prozess umkehren, indem man das kühlere Wasser nutzt, um die Gebäude zu küh-len. Der Erdspeicher funktioniert wie eine Batterie, die je nach Saison aufge- oder entladen wird. Dynamisch heisst das System deshalb, weil es sowohl für Heizung wie Kühlung sorgt.

Das Herzstück ist der grosse Energiekanal, eine Ringleitung. Daran hängen Unterstationen, welche die Energie veredeln beziehungsweise umwandeln. Von den Unterstationen geht die Energie in die angeschlosse-nen Gebäude oder zurück in die Ring-leitung. Über die Ringleitung sind die Unterstationen und Erdsondenfelder miteinander und untereinander ver - bunden.

Die Idee hinter dem dynamischen Erd-speicher der ETH am Campus Höng-gerberg ist so einfach wie raffiniert: Während die einen Gebäude im Winter beheizt werden, geben andere – vor allem dort, wo Server oder Laborgeräte für die Forschung stehen – während des ganzen Jahres Wärme ab und müssen gekühlt werden. Bislang verpuffte die Abwärme ungenutzt. Mit dem Erdspeichersystem wird nun überschüssige Wärme mithilfe von wassergefüllten Erdsonden 150–200 Meter tief im Erdreich eingelagert, um sie im Winter für das Heizen zu nutzen. Durch das Heizen wird dem Speicher in kühlen Monaten Wärme entzogen, und die Temperatur des darin zirkulierenden Wassers sinkt. Im

Die Ringleitung, Unterstationen und Sonden werden zum grossen Teil vor 2025 fertiggestellt sein. Doch der Campus wächst, und jede Unterstation versorgt mehrere Gebäude (soge-nannte Cluster), die zum Teil erst noch gebaut oder saniert werden müssen. Die Herausforderung besteht vor allem darin, die Erweiterung des Speicher-systems unter der Erde mit dem schrittweisen Ausbau des Campus über der Erde synchron zu bewerkstel-ligen. Als Nächstes werden die neuen Wohnbauten für Studierende und das Chemiegebäude an das Anergienetz angeschlossen.

CHF 37 Mio. wird das Erdspeicher-projekt kosten, verteilt über 15 Jahre. CHF 17 Mio. davon sind eigentliche

Mehrkosten. Denn die ETH hätte das bestehende Heizsystem ohnehin sanie-ren müssen. Sie rechnet mit Einsparun-gen bei den Energiekosten von jährlich CHF 1 Mio. durch das innovative Erd-speichersystem. Die CO2-Emissionen lassen sich bereits bis 2020 halbieren. Bis 2025 sollen für Heizung und Küh-lung dann praktisch keine CO2-Emis-sionen mehr anfallen.

ETH Zurich, Campus HönggerbergAnergienetz

HEZ Heizzentrale und Kältezentrale– Abführen von überschüssiger Wärme durch freie Kühlung– Redundante Wärme (Erdgas und Kälteerzeungung) 1

VerbraucherGebäude & Infrastruktur

heute in Zukunft

Erdspeicher

Erdsondenfeld HWOca. 200 Erdsonden geplant

Erdsondenfeld HC126 Erdsonden

Erdsondenfeld HPL101 Erdsonden

freie Kühlung

Verteilnetzunterirdische Verteilringe sind je ca. 900m lang

warm kalt freie Kühlung

Verteilzentralen (Unterstationen)in Betrieb HPZ 2

HPL 3

in Planung HWO (2015/16) HCI (2014/15)

1 in Zukunft wird nur noch eine minimale Menge bezogen2 1000 kW heizen, 1170 kW kühlen3 900 kW heizen, 3900 kW kühlen

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Page 24: Diagramm 173

24 diagramm #173

IN KÜRZE / Bühler weltweit

Aufschwung für Schweizer Start-upsMASSCHALLENGE SCHWEIZ

Laut dem «Swiss Venture Capital Report 2016», erlebt die Schweizer Start-up-Szene eine überaus positive Entwicklung. Seit 2012 hat sich der in Start-ups investierte Gesamtbetrag mehr als verdoppelt und 2015 einen Höchstwert von CHF 676 Mio. erreicht. Die kürz-lich angekündigte Expansion von MassChallenge – dem gemeinnützigen und beteili-gungsfreien Start-up Accele-rator aus Boston – in die Schweiz treibt diesen Auf-schwung im Schweizer In - novations-Ökosystem weiter voran.

An ihrem Launch-Event in Genf am 10. Februar 2016 eröffnete MassChallenge offiziell die Anmelde-phase für ihr viermonatiges Accelera-tion-Programm. Dabei erhalten Start-ups in der Schweiz, in Europa und

darüber hinaus den Zugang zu der florie-renden Schweizer Innovationswirt-schaft, zu professioneller Betreuung, Büroräumen, Ausbildung und einem breiten globalen Netzwerk. Das erste Programm beginnt im Juni 2016 und wird bis im Oktober laufen. Am Ende des

Programms vergibt Mass-Challenge einen Zu schuss von über USD 2 Mio. an die-jenigen Start-ups, die die stärkste Wirkung und das grösste Potential aufweisen. Ian Roberts, CTO bei Bühler, erklärt: «Das Bühler Innova-tionsmodell stellt Zusam-menarbeit und Unternehmer-tum in den Mittelpunkt. Wir sind überzeugt, dass ein bewährter, globaler Accelera-tor, der auch eine gewisse Dringlichkeit und einen kom-merziellen Fokus mit sich bringt, Start-ups eine hervor-ragende Möglichkeit bietet,

erfolgreiche Unter nehmen zu werden.» Bühler Group, Nestlé, die Inartis-Stif-tung, das Swiss Economic Forum und Givaudan sind Gründungspartner von MassChallenge Schweiz.

Wir stehen in der Lebensmittelproduktion vor enormen Herausforderungen. Auf dem Weg, den Nahrungsmittel vom Feld bis auf den Teller zurücklegen, gehen heute immer noch unnötig viele Nahrungs-mittel, Ressourcen und Energie verloren.

Nachhaltig produzieren Nur zwei Drittel des Getreides beispiels-weise, das jedes Jahr wächst und reift, er- nähren am Ende tatsächlich Menschen.

Der Befund ist eindeutig: Die wachsende Weltbevölkerung wird sich im Jahr 2050 nicht mehr so wie heute ernäh-ren lassen. Dann werden etwa 9 Milliar-den Menschen auf der Erde leben. All diese Menschen benötigen ausreichend und sichere Grundnahrungsmittel.

Um die Erforschung und Ent-wicklung von Verfahren zur umwelt-freundlichen und nachhaltigen Pro-duktion von Lebensmitteln voran zu- treiben, sponsert Bühler zusammen mit den Migros-Industrieunternehmen CHF 5 Mio. an eine neu eingerichtete Assistenzprofessur für nachhaltige Lebensmittelverarbeitung der Eidge-nössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich). Umweltfreundlich und nachhaltig produzieren.

ETH ZÜRICH

Bühler nutzt MassChallenge für sein internes Innovationsprogramm.

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25diagramm #173

IN KÜRZE / Bühler weltweit

Gesund und umweltschonendINTERNATIONALES JAHR DER HÜLSENFRÜCHTE

Die UNO hat 2016 zum «Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte» erklärt, um auf die Bedeutung und Vorteile von Hülsen-früchten aufmerksam zu machen. Denn um eine wachsende Weltbevölkerung mit Pflanzenproteinen zu versorgen, stehen Hülsenfrüchte ganz weit oben auf der Liste. Sie gehören zu den nachhaltigsten landwirtschaftlichen Rohmaterialien: Sie brauchen nur wenig Wasser sowie Dün-ger und halten Äcker fruchtbar, indem sie Stickstoff im Boden binden. Hülsen-früchte besitzen zudem einen hohen Nährstoffgehalt und sind reich an Protei-nen, Kohlenhydraten, Nahrungsfasern, Vitaminen und Mineralstoffen. Deshalb gewinnen sie auch in Industrienationen zunehmend an Beliebtheit. Hülsen-früchte werden auch vermehrt als attrak-tive proteinreiche Zutaten in glutenfreien

und veganen Nahrungsmitteln einge-setzt. Ihre Beiprodukte, dazu zählt ins-besondere das Mehl, finden zunehmend in Nudeln, Brot, Tortillas oder Snacks Verwendung. Diese Trends dürften 2016 weiter an Fahrt aufnehmen. Bühler unterstützt Verarbeiter weltweit bei der gesamten Nachernteverarbeitung, der Reinigung, dem Schälen, Sortieren, Mah-len und weiteren Verarbeitungsschritten, um einen höheren Wert aus Hülsenfrüch-ten zu schöpfen.

Futtermittelsicherheit ist SchlüsselthemaDie neue spezialisierte «Feed-to-Meat-Messe» (VIV MEA) für die Geflügel-, Aquakultur- und milchverarbeitende Industrie im Mittleren Osten, Nordaf-rika, Indien und Zentraleurasien hat zum ersten Mal ihre Tore in Abu Dhabi geöff-net (Vereinigte Arabische Emirate). Mehr als 6000 Besucher und über 200 Aus-steller waren am Anlass Ende Februar in Abu Dhabi zugegen.

Die Experten von Bühler zogen mit ihrem Fachwissen zu aktuel-len Themen in der Futter- und Aquakul-turindustrie zahlreiche Besucher an, z. B. mit ihren Ausführungen zu den Herausforderungen in der Futtermittel-sicherheit bezüglich biologischer oder chemischer Gefahren. Insbesondere die Lösungen von Bühler zur Reduktion von Mykotoxin entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie die Er - kenntnisse aus der Extrusionstechno-logie und die daraus resultierenden

Effekte auf die Qualität von extrudier-tem Fischfutter stiessen auf reges Inte-resse bei den Zuhörern.

Das Feedback der Kunden hat den Status von Bühler als Technologie-führer im Bereich Prozesse, Ernährung und Kundenservice unterstrichen: «Ein verlässlicher und leistungsfähiger Ser-

BÜHLER AN DER VIV MEA 2016

Bühler Experte erläutert die Effekte der Extrusionstechnologie auf die Qualität der Endprodukte.

vice in der Nähe unserer Anlagen ist ein starkes Argument für unsere Kunden und ein klares Alleinstellungsmerkmal gegen-über unserer Konkurrenz», sagt Raphael Krucker, Leiter Bühler Kundendienst und Geschäftsentwicklung Mittlerer Osten und Afrika.

72 Millionen Hülsenfrüchte werden weltlweit produziert.

Page 26: Diagramm 173

TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Subtheme

26 diagramm #173

Mehr Wert extrudierenMit Extrusionstechnologie werden vor allem Frühstücks-Cerealien oder Tierfutter hergestellt. Anwendungen mit hohem Wachstumspotential sind aber auch modifizierte Mehle und texturierte Proteine als Fleischersatzprodukte.TEXT: BORIS SCHNEIDER

EXTRUSIONSTECHNOLOGIE

TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Extrusionstechnologie

26

Page 27: Diagramm 173

TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Subtheme

27diagramm #173

Extruder sind wahre Alleskönner: Nach dem Funk-tionsprinzip der Schneckenförderung pressen sie feste bis dickflüssige Massen unter hohem Druck und bei hoher Temperatur aus einer formgebenden Öffnung heraus. Der Clou dabei ist: Sie integrieren verschiedene Verarbeitungsschritte wie das Mischen, Kneten, Pressen und Formen in einem einzigen, kontinuierlichen Prozess. Gegenüber tra-ditionellen Herstellungsverfahren ist das deutlich günstiger und auch wesentlich energieeffizienter. Ein zentraler Aspekt ist zudem die präzise Prozess-kontrolle: «Alle Parameter wie etwa der Feuchtig-

keitsgehalt, die Temperatur oder die spezifische mechanische Energie lassen sich flexibel einstellen und steuern. Mit der gleichen Anlage können dadurch verschiedene Endprodukte mit unter-schiedlichen Eigenschaften hergestellt werden», macht Konrad Munz, Process Engineer Nutrition bei Bühler, deutlich. Ein zusätzlicher Pluspunkt ist, dass die Extrusionsprozesse sehr gut reproduzier-bar sind.

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Page 28: Diagramm 173

diagramm #17328

TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Extrusionstechnologie

Effizient und vielfältig einsetzbarIm Bereich von Lebens- und Futtermitteln wird vor allem die Heiss- oder Kochextrusion eingesetzt. Dabei wird die Masse kurzzeitig auf weit über 100 Grad erhitzt. Beim Austritt aus der Düse ver-flüchtigt sich der Wasserdampf, und das Extrudat expandiert schlagartig. So werden beispielsweise Erdnussflips hergestellt. Häufige Anwendungen neben Snacks sind auch Frühstücks-Cerealien oder Tierfutter. «Durch das Kochen im Extruder wird die in den Rohstoffen enthaltene Stärke verkleistert. Erst durch diese Strukturveränderung werden die Kohlenhydratbausteine für Mensch und Tier über-haupt verdaubar», erklärt Munz.

Seit einigen Jahren entdecken immer mehr Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie die Extrusion als kosteneffizienten und zuverlässi-gen Veredelungsprozess für verschiedene kohlen-hydrat- oder proteinbasierte Rohmaterialien. Die Anzahl der Anwendungen ist deshalb sprunghaft gestiegen. «In der Getreideverarbeitung beispiels-weise sind die Margen tendenziell sehr niedrig. Mit einem Extruder können Müllereibetriebe einen Teil ihrer Nebenprodukte mit verhältnismässig geringem Aufwand zu höherwertigen Produkten verarbeiten und mit einer zusätzlichen Funktionalität zu einem höheren Gewinn verkaufen», ergänzt Carsten Petry, Product Manager Nutrition bei Bühler.

«Alle Parameter wie etwa der Feuchtigkeitsgehalt, die Tem­peratur oder die spezifische mechanische Energie lassen sich flexibel einstellen und steuern.» Konrad Munz, Process Engineer Nutrition, Bühler

Haustierfutter

Snacks

Fischfutter

Modifizierte Mehle und Stärken

Textrudate

Page 29: Diagramm 173

TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Subtheme

diagramm #173 29

Modifizierte Mehle bringen mehr einEine Anwendung ist etwa die Herstellung von modifizierten Mehlen. Diese Quellmehle spielen als Rohstoff, Halbfertigprodukt oder Zusatzstoff von verarbeiteten Lebensmitteln eine wichtige Rolle. Sie zeichnen sich primär durch ihre verän-derte Wasseraufnahmekapazität sowie durch ihre Löslichkeitseigenschaften aus und kommen in einer breiten Palette von Endprodukten zum Ein-satz – etwa als Bindemittel, Füllmaterial oder Frischeverlängerer für Backwaren, als Bindemittel für Suppen oder Saucen oder als Verdickungsmit-tel für Instant-Getränke.

Bei der Herstellung wird das Mehl zunächst in einem Vorkonditionierer aufgeheizt und vorgequellt. Anschliessend wird die Masse im Extruder verarbeitet und nach dem Trocknen bis zur gewünschten Granulationsstufe vermahlen. «Die Viskosität von Wasser-Mehl-Suspensionen kann während des Extrusionsprozesses exakt an den späteren Verwendungszweck des Quellmehls angepasst werden», beschreibt Munz den wich-tigsten Vorteil.

Innovative neue Produkten extrudierenNeben modifizierten Mehlen lassen sich mittels Extrusion aber auch innovative neue Produkte herstellen – beispielsweise ein nahrhaftes Erbsen-mehl, das besonders reich an Nahrungsfasern und hochwertigem Eiweiss ist. Wird ein Erbsenmehl traditionell durch die Vermahlung von getrockne-ten Erbsen hergestellt, hat es einen unangenehm bitteren Geschmack. Es enthält aber auch schädli-che Stoffe wie Proteaseinhibitoren und Lektine. Erst durch die Verarbeitung der Erbsen in einem Extruder und das anschliessende Vermahlen lässt sich ein Mehl herstellen, das die kritischen Stoffe reduziert und gleichzeitig auch geschmacklich überzeugt. «Extrudiertes Erbsenmehl kann bei-spielsweise als proteinreiche Ergänzung verschie-denen Backwaren beigemischt oder als Grundlage für ein Convenience-Produkt wie Instant-Humus verwendet werden», skizziert Petry mögliche Anwendungen.

Mit einem Extruder kann sogar aus einem eigentlichen Abfallprodukt wie etwa der Weizenkleie Wert gewonnen werden. Heute ver-kaufen Müllereibetriebe die Kleie in der Regel an

Mit Kochextrusion werden höchstwertige Nahrungsmittel für Mensch und Tier hergestellt.

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30 diagramm #173

TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Extrusionstechnologie

Dabei wird im Extruder ein Konzentrat aus Protei-nen stark erhitzt. Bei hoher Temperatur denaturie-ren die nativen Eiweissketten, und antinutritive Komponenten werden abgebaut. Beim Austritt aus der Düse richten sich die Eiweisse neu aus und vernetzen sich wieder. «Diese als Trocken- oder Nassextrudate hergestellten Fleischanaloge haben eine Faserstruktur, die jener von Tierfleisch sehr nahe kommt. Anders als beispielsweise Tofu fühlen sie sich im Mund und beim Kauen wie Muskelfleisch an», führt Munz aus. Interessant sind diese Pro-dukte vor allem für diejenigen Konsumenten, die zwar weniger Fleisch essen, aber nicht auf das mit seinem Verzehr verbundene sensorische Erlebnis verzichten möchten. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich nahezu alle pflanzlichen Proteine auf diese Weise verarbeiten lassen – etwa Erbsen, Gluten, Reis, Sonnenblumen oder Kartoffeln. Das ist wich-tig, weil immer mehr Menschen auf der Suche nach Alternativen zu Soja sind.

Ob modifiziertes Mehl, die Verwertung von Nebenprodukten aus der Getreidevermahlung oder die Herstellung von Fleischersatzprodukten:

die Futtermittelindustrie. Alternativ lassen sich daraus aber auch gesunde und bekömmliche Snacks oder Frühstücks-Cerealien – sogenannte «Bran Flakes» – mit einem hohen Anteil an Ballast-stoffen extrudieren. Durch die Heissbehandlung im Extruder werden nicht nur Bakterien abgetötet, sondern gleichzeitig wichtige Nährstoffe freige-setzt und die geschmacklichen Eigenschaften ver-bessert. Einen Müller dürfte indes vor allem die bessere Marge überzeugen: Für extrudierte Pro-dukte aus Kleie lässt sich ein höherer Verkaufs-preis erzielen als für native Weizenkleie.

Fleischanaloge sind ein wachsender MarktEin noch junges Einsatzgebiet für Extruder sind auch texturierte Proteine, sogenannte Textruda-tes™. Angesichts der Tatsache, dass eine wach-sende Weltbevölkerung mit Eiweissen versorgt werden muss, sind Fleischersatzprodukte auf Pflanzenbasis ein Wachstumsmarkt. Auch Bühler arbeitet an der Weiterentwicklung dieses Verfah-ren für die Herstellung von Fleischanalogen aus pflanzlichen Rohstoffen.

Wie können Lebensmittelproduzenten neue Produkte entwickeln und sich neue Märkte erschliessen? Wie können Unternehmen aus der Getreideverarbeitung zweitrangige Erzeugnisse oder Nebenprodukte wie Weizenkleie zu höherwertigen Produkten verarbeiten und mit einer besseren Marge verkaufen? Diese und ähn-liche Fragen standen im Zentrum der Nutrition Open House Days, die vom 3. bis 5. November zum ersten Mal durchgeführt wurden. Rund 50 Bühler-Kunden aus der ganzen Welt haben den Hauptsitz von Bühler in Uzwil besucht und sich aus erster Hand über die Möglichkeiten vor allem der Extrusionstechnologie informiert. Auf dem Programm standen verschiedene Vorträge und viele praktische Demons-trationen. So informierten die Spezialisten von Bühler aus erster Hand über die Herstellung von modifizierten Mehlen, Paniermehl oder Maismehl. Einen thema-tischen Schwerpunkt bildete auch die Verarbeitung von Hülsenfrüchten mittels Extrusion sowie die Herstellung von Fleischersatzprodukten auf der Basis von Soja sowie von anderen pflanzlichen Proteinen. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch Vorträge über Trends in der Nahrungsmittelindustrie und der Lebensmittel- sicherheit.

Nutrition Open House Days zeigten neue Geschäftsmöglichkeiten

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TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Extrusionstechnologie

Weitere Informationen:Dr. Carsten PetryProduct Manager Human NutritionBusiness Unit Nutrition, UzwilT +41 71 955 28 78 [email protected]

Mit einem Extruder kann etwa ein Getreideverarbeiter aus einem Nebenprodukt wie Kleie zusätzlichen Wert gewinnen.

ADDED VALUE +++

+ Günstig und energieeffizient + Breites Anwendungsspektrum+ Höherwertige Produkte herstellen

Bühler verfügt über eine führende Anlagentechno-logie und ein jahrelanges Know-how im Bereich von Extrusionsprozessen. «In unseren Anwendungs-zentren und Extrusion Labs unterstützen wir unsere Kunden dabei, völlig neuartige und auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmte Produkte zu entwickeln und sich neue Märkte zu erschliessen», hält Petry abschliessend fest.

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TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Subtheme

32 diagramm #173

Präzise Walzenriffel ermöglichen Müllern, eine bestmögliche Produktausbeute zu erzielen. Mit der neuen WAFA-Innovation unter-stützt Bühler seine Kunden beim Erreichen dieses Ziels.

Neues Level

Müllereikunden können dank genau nachgeriffelter Walzen ihre Ausbeute massgeblich erhöhen: Glatte Riffeloberflächen mit scharfen Kanten führen zu bes-seren Mahleigenschaften von Walzen im Betrieb.

Um eine konstante Qualität von Walzen-riffeln zu gewährleisten, haben Riffelspezialisten von Bühler Braunschweig den Walzenservice- Prozess auf den Prüfstand gestellt. Sie analysierten dazu die benutzten Schneidwerkzeuge, Materialien und die Maschinensteuerung und entwickelten diese weiter. So entstand eine neue Riffelmaschine: die WAFA. Dank des ausgeklügelten Werkzeugkon-zeptes arbeitet sie Walzen sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg im gleichen Riffel mass-schonend nach. Das Resultat sind präzise Winkel und qualitativ hochwertige Oberflächen der Riffel.

Die neue Maschine ist dank modernster Steuerung wie auch Werkzeugführung präziser, und die Qua li- tät ist einfacher reproduzierbar. Die ersten drei WAFA-Maschinen sind seit Ende letzten Jahres exklusiv in den Bühler Riffelzentren im Einsatz; weitere Standorte auf der ganzen Welt folgen.

Weitere Informationen:Markus BrockfeldTeamleiter Manufacturing & LogisticsEngineeringBühler Braunschweig+49 5315 942 [email protected]

WAFA

Die Riffelmaschine WAFA arbeitet Walzen sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg im gleichen Riffel massschonend nach.

ADDED VALUE +++

+ Massschonende Riffelung + Exakte Walzengenauigkeit+ Lokaler Service

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33diagramm #173

Dank der zentralen Verwaltung und Analyse der Betriebsdaten von optischen Sortieranlagen können Reisverarbeiter ihre Produk-tivität und Ausbeute erhöhen.

Analyse in Echtzeit

Optische Sortieranlagen untersuchen Rohstoffe wie Reis auf Fremdkörper oder mangelhafte Körner und entfernen diese blitzschnell und zuverlässig. Durch die Überwachung und Kontrolle der Leistungsdaten einer solchen Anlage können die Verarbeiter ihre Produktivität erhöhen und die Ausbeute maximie-ren. Bisher musste dafür jede Sortieranlage – falls möglich – einzeln überwacht werden. Deshalb hat Bühler AnywareProTM entwickelt: Diese Soft-ware-Applikation führt alle relevanten Daten wie etwa den Maschinenstatus oder die Sortierleistung, Fehlermeldungen oder Informationen über die Lebensdauer von Komponenten von mehreren Sor-tieranlagen zusammen – und stellt sie übersichtlich auf Computer, Tablet oder Smartphone dar.

Statistiken zur Sortierleistung wie histo-rischer Durchsatz oder Auswurfdaten können nach spezifischen Modi und Defekten gefiltert und ange-zeigt werden. Wenn zwei oder mehrere Sortierer mit AnywarePro™ verbunden und beim gleichen Kunden im Einsatz sind, kann die Leistung der bei-den verglichen und die relative Effizienz gemessen werden – auch wenn sie in verschiedenen Anlagen installiert sind.

Durch die einfache und rasche Verfügbar-keit dieser Informationen lässt sich der Betrieb opti-mieren, etwa indem lokal die Einstellungen ange-passt werden. Die Überwachung der Sortierleistung und der Häufigkeit von Defekten über die Zeit lässt aber auch verlässliche Aussagen über die Qualität von Lieferanten zu. Ein zentraler Aspekt ist zudem die Rückverfolgbarkeit: Weil sämtliche Betriebsdaten auf sicheren Servern zentral aufbewahrt werden, kann

Weitere Informationen:Neil DyerGlobal Product Manager Optical SortingBuhler Sortex Ltd. LondonT +44 (0)20 7055 [email protected]

TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / AnywareProTM

In Echtzeit unterstützen und Stillstandszeiten vermeiden.

ein Verarbeiter im Fall von Reklamationen die Quali-tät seines Produkts später gegenüber dem Endkunden jederzeit verbindlich belegen.

AnywarePro ermöglicht auch innova-tive, vorausschauende Servicemodelle: Mit dem Einverständnis des Kunden können Bühler Inge-nieure die Sortierleistung aus der Ferne überwa-chen oder im Problemfall in Echtzeit Unterstützung bieten. Deuten die Betriebsdaten auf den baldigen Ausfall einer Komponente hin, kann rechtzeitig die Lieferung eines Ersatzteils ausgelöst und so Still-standszeit vermieden werden. In einer ersten Phase ist AnywareProTM für SORTEX S Ultravision erhältlich. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Software auch für weitere SORTEX-Maschinen lanciert.

ANYWAREPROTM

ADDED VALUE +++

+ Darstellung aller revanten Daten auf Computer, Tablet oder Smartphone

+ Rückverfolgbarkeit der Betriebsdaten+ Vorausschauende Wartung

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PEOPLE / Prinz Löwenherz

Ein Sonnyboy ist Mike. 28 Jahre alt, ein läs-siger Typ – und das Gegenteil von nachläs-sig. Er ist überlegt. Ruhig. Kalkuliert. Schon als Kind begann er zu kneten, zu bauen, zu gestalten. Das Engineering liegt ihm im Blut. Die Mathematik fliegt ihm zu. Als kleiner Junge quengelte er bei Tisch, um von seiner Mutter noch mehr Ogali, den afrikanischen Maisbrei, zu bekommen. Nicht um ihn zu essen. Der Brei war Mikes erster Werkstoff. Damit formte er Häuser, Autos, Gesichter – so lebensecht, dass seine Familie und Freunde immer wieder staun-ten. Nach erfolgreich bestandener Schule studierte Mike in Nairobi Maschinenbau und Mechatronics. Hier konnte er seinen Gestaltungstrieb professionell ausleben. Einen nationalen Wissenschaftswettbewerb

Ende 2014 schien die Welt dem Untergang geweiht. Schon wurde Ebola medial zur Pest des Jahrhunderts erklärt. Die Bilderflut des Elends war Tsunami-gleich. Täglich wurde die globale Fieberkurve ver-messen, mit Westafrika als Zentrum der Epidemie. Jeder Verdachtsfall landete in Echtzeit unter dem Weltmikroskop. Als zum Jahresende die Ebola-Fieberkurve heiss lief, blieb einer cool: Mike Muriithi, Automations-Ingenieur mit Sitz in Nai-robi, Kenia. Auf Mikes Schreibtisch lag die Anfrage, genau jetzt für einige Wochen nach Guinea zu gehen. In das Epizentrum des Krankheitsherdes. Der Sonoco-Kon-zern baute eine Mühlenanlage mit vier Mühlen – nun sollten sie in Betrieb genom-men werden. Würde er gehen?

PEOPLE

BEST PEOPLE

Wir von Bühler sind überzeugt, dass der Erfolg unseres Unternehmens auf der Leis-tung unserer Mitarbeitenden beruht – engagierte Mitarbeitende, die auch in her-ausfordernden Zeiten mit kühlem Kopf, warmem Herz und starken Händen agie-ren. Wir haben im Geschäftsbericht 2015 Persön lichkeiten aus verschiedensten Regionen vorgestellt, die Bühler tagtäglich vorwärtsbringen. Dies ist das erste von acht Mit arbeiter-Portraits, die wir ihnen in den kommenden Diagramm-Ausgaben vorstellen möchten.

Prinz LöwenherzDas ist die Geschichte von Mike Muriithi, dem «cool boy», der in den Zeiten von Ebola nach Guinea ging, um eine Mühle in Betrieb zu nehmen – und mit dem Schrecken davonkam.

TEXT: BURKHARD BÖNDEL – FOTOS: RALPH RICHTER

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PEOPLE / Prinz Löwenherz

Glückliche KundenMikes Reisen zu unserem Kunden Sonoco in Guinea sind nur ein Beispiel, wie Bühler sein Motto «Dem Kundenerfolg verpflichtet» täglich lebt. Wir versetzen uns in das Denken unserer Kunden, nehmen ihre Perspektive ein und agie-ren entsprechend. Deshalb werden Dienstleis-tungen immer bedeutender, um Maschinenlauf-zeiten zu erhöhen, eine konstante Qualität und hohe Ausbeute zu gewährleisten und den Ener-giekonsum zu verringern.

Top-Service

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diagramm #173 37

PEOPLE / Prinz Löwenherz

Familienunternehmen mit globaler Präsenz ist Bühler in vielen Krisen regionen vor Ort. Gerade wurde in Pakis tan eine neue Service-Station errichtet. In Teheran unterhält das Unternehmen seit Jahrzehnten eine Fabrik, die auch während des Embargos weiter pro-duzierte. «Gerade wenn es schwierig ist, ste-hen wir unseren Kunden zur Seite», sagt Mike. Das ist Bühler. Und die Sonoco- Mühle in Conakry, Guinea, war nicht irgendeine. Für die Versorgung des Krisenlandes war die Mühle fest eingeplant. «Vor Ort haben wir gesehen, dass die Silos nahezu leer waren», berichtet Mike. Mehrmals kamen Re gie-rungs ver treter, um sich über den Baufort-schritt der Mühle zu informieren. «Die Mühle nicht in Betrieb zu nehmen, hätte die Not der Menschen in Guinea weiter verschärft», sagt Mike. Und für ihn selbst, der seit zwei Jahren bei Bühler arbeitet, bot das Projekt die Mög-lichkeit, erstmals Teil eines internationalen Teams unter Schweizer Leitung zu werden.

gewann er mit dem Bau eines Roboters, der sich selbständig durch ein unbekanntes Gelände bewegen konnte.

Würde er gehen? Ins Ebolaland? Seine Mutter ermutigte ihn, sein Vater riet davon ab, seine Freundin bekam einen Anfall. «Ich wusste, dass die Epidemie gefährlich war», sagt Mike. Auch ihn hatte die Bilderflut erfasst. Die Reise in Gefah-renländer stellt Bühler seinen Mitarbeiten-den frei. Es war seine Entscheidung. Um zu einem Entschluss zu kommen, kalkulierte Mike sein Risiko, setzte die Zahl der Krank-heitsfälle mit der Bevölkerungszahl ins Ver-hältnis. Informierte sich bei unabhängigen Stellen über die Wege der Ansteckung. Stellte dem Risiko Chancen gegenüber.Und Mike ging.

Drei Dinge trieben ihn an: die Verpflichtung gegenüber dem Kunden, die Not der Menschen in Guinea und die einma-lige Chance für ihn persönlich. Als Schweizer

Zudem sollte ein Automations system – Win-Cos – installiert werden, mit dem er bislang noch nicht gearbeitet hatte. «Dieses Projekt war für mich die richtige Herausforderung zur richtigen Zeit», so Mike.

Akribisch wurde die Reise vor-bereitet, um das Risiko zu beherrschen. Büh-ler kooperiert dafür eng mit SOS Internati-onal, einer Einrichtung, die sich auf solche Fälle spezialisiert hat. Das Team erhielt genaue Verhaltensinstruktionen: täglich Temperatur messen; definierte Routen zwi-schen Hotel und Mühle einhalten; im Notfall kein Krankenhaus aufsuchen, sondern umgehend SOS International informieren. Evakuierungspläne wurden aufgestellt, um die Betroffenen innerhalb weniger Stunden ausser Landes bringen zu können. Die Kon-zernleitung von Bühler, die jede Reise in ein Land der höchsten Gefahrenstufe genehmi-gen muss, gab grünes Licht.

Und Mike ging

«Dieses Projekt war für mich die richtige Herausforderung zur richtigen Zeit.»Mike Muriithi

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PEOPLE / Prinz Löwenherz

Er war nicht allein. Mike war eingebunden in ein Projektteam, das von Uzwil, Schweiz, aus geleitet wurde und in dem Automations-spezialisten aus Bangalore, Indien, Unter-stützung leisteten. Der Obermüller Olivier Galy, der Mike bei seinem Einsatz vor Ort begleitete, kam aus Casablanca, Marokko. «Ich war Teil der globalen Bühler Familie», sagt Mike. Über einen Zwischenstopp an der Elfenbeinküste – Direktflüge von Kenia nach Guinea waren eingestellt – gelangte er an den Ort des Geschehens. «Als ich die Grenzkontrolle passierte, war mir schon etwas mulmig zumute», sagt Mike.

Doch Zeit, sich grauen Gefüh-len hinzugeben, blieb nicht. Das Projekt rief. Die Aufgabe des Teams bestand darin, vier fertiggestellte Mühlen mit einer Tages-leistung von insgesamt 600 Tonnen in Gang zu setzen. 600 Tonnen Getreide ent-sprechen 480 Tonnen Mehl, was knapp einer Million Ein-Kilogramm-Brote ent-

spricht. Brot für die Menschen im von Ebola geplagten Guinea. Die Hardware -Silos, Gebäude, Walzens tühle, Plansich-ter, Absackstationen – stand parat, dieses Vorhaben umzusetzen.

Und Mike legt los. Unterstützt von seinen Kollegen bei Bühler und dem Kunden Sonoco, begleitet von Obermüller Olivier Galy, der für das Hochfahren und den Testbetrieb zuständig ist. Software ins-tallieren und in Betrieb nehmen, In- / Out-Tests durchführen, Sensoren prüfen, die ersten Getreidechargen vermahlen, die Mehlqualität prüfen, Optimierungen vor-nehmen, weitermahlen, prüfen und anpas-sen – bis der Betrieb zuverlässig läuft und die Mühle dem Kunden mit gutem Gewis-sen übergeben werden kann.

Zweimal reist Mike nach Gui-nea, um das Werk zu vollenden. Das Hotel gespenstisch, in dem er mit seinem Kollegen wohnt. Sein Kollege und er selbst sind die

«Als ich die Grenz- kontrolle passierte, war mir schon etwas mulmig zumute.»Mike Muriithi

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PEOPLE / Prinz Löwenherz

einzigen Gäste. Ihm fällt auf, wie wenig seine eigenen Erlebnisse mit der Medien realität übereinstimmen. Ihm wird kein einziger Krankheitsfall bekannt. Selbst im Umfeld der Kunden-Mitarbeiter, mit denen er Freundschaft schliesst und die ihn zu sich nach Hause einl aden, ist der Ebola-Virus nicht angekommen. Dennoch bleibt das beklemmende Gefühl präsent. «Das kannst du nicht ausschalten», sagt Mike. Endlich, am 25. Januar 2015, werden Mut, Kompetenz und Engagement belohnt: Bühler übergibt feierlich die Mühle an Sonoco.

Mike fährt heim – mit Erleich-terung, Erfahrungen und Erfolg im Gepäck. «Das ist die beste Installation, die ich bis-lang gemacht habe», sagt er. Er ist stolz. Er steigt ins Flugzeug. Sein Einsatz ist zu Ende. Fast. Ein Tag später. Mike fühlt sich unwohl. Fiebrig. Er muss sich im Krankenhaus melden. Sofort nehmen ihn die Ärzte in Quarantäne. Totale Kontaktsperre. Sie treten ihm nur noch mit Schutzanzügen

ge genüber. Machen Tests. Am Nachmittag verschlimmert sich sein Zustand. Mike bekommt Nasenbluten. Er ist beunruhigt. Die längsten Stunden seines jungen Lebens beginnen. Am Abend betreten die Ärzte sein Zimmer. Noch immer vermummt. Plötzlich nehmen sie ihre Masken ab und lachen Mike an: «Bei dir ist alles okay.»

Jetzt ist Mikes Einsatz zu Ende. Wirklich.

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KUNDENSTORIES / Headline

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Drei Mal für Bühler Goel International, ein Verarbeiter von Basmatireis und ein treuer Bühler Kunde, steigerte nicht nur die Produktionskapazitäten von 10 auf 40 Tonnen pro Stunde, sondern erhöhte auch die Exportrate auf 50 Prozent innerhalb von wenigen Jahren. Wie ist das möglich?

TEXT: GÉRARD MOINAT – FOTOS: GOEL INTERNATIONAL / GÉRARD MOINAT

GOEL INTERNATIONAL AUS INDIEN

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KUNDENGESCHICHTEN / Goel International

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KUNDENSTORIES / Headline

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2010, fanden sich die drei Brüder Vinod, Vijay und Krishan Goel an einem Scheideweg wieder. Ihr Geschäft, das sie zusammen führen, Goel Inter­national Pvt. Ltd., ein Hersteller von Basmatireis, lief zwar rund. Aber konfrontiert mit einem über­sättigten Inlandmarkt und Produktionskapazitäten am Limit, war für die drei die Zeit gekommen, sich zu entscheiden, ob sie ein riesiges Investment tätigen wollten: Sollten sie eine Paddy­Verarbei­tungs­ und ­Trocknungslinie von Bühler mit einer Mühleneingangsleistung von 12 Tonnen pro Stunde kaufen oder nicht?

«Die Entscheidung ist uns damals nicht leichtgefallen», räumen die drei Brüder heute ein. Die anfänglichen Investitionskosten für die Bühler Trocknungsanlage lagen deutlich über denen der

lokalen Lösungen. Aber sie waren sich auch be ­ wusst, dass die Überwachung des traditionellen Trocknungsprozesses von ihnen, vor allem aber von Vijay, der diesen Prozess verantwortete, zeitlich wie psychisch alles abforderte.

Würde sich das riesige Investment aus­zahlen? Würde sich die Entwicklung der ausländi­schen Märkte lohnen?

Gleichförmige Qualität des EndproduktesBasmati – oder der König des Dufts, wie der lang­körnige Reis in Hindi heisst – wird am Fuss des Himalayas in der Indus­Ganges­Ebene angebaut. Entsprechend viele Reisverarbeiter, wie Goel Inter­national, die in Taraori (Haryana) im Norden Delhis zu Hause sind, finden sich in dieser Gegend.

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KUNDENSTORIES / Headline

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Das Unternehmen verarbeitet Parboiled Reis, der unter der Marke Galaxy Rice verkauft wird. Par­boiled Reis ist Reis, der teilweise gekocht ist: zum Parboiling­Vorgang gehört die Behandlung des Reises mit heissem Dampf vor seiner Weiterverar­beitung. Die drei Verarbeitungsschritte des Par­boiling sind: Einweichen, Dampfbehandlung und Trocknen. Dieser Prozess verbessert die Nähr­stoffbilanz des Reises.

Der Trocknungsschritt ist kritisch: für die gleichförmige Qualität des Endprodukts und vor allem für die Länge und Textur des Reises nach der Verarbeitung. Der Anteil an Bruch ist insbe­sondere deshalb entscheidend, weil Hersteller für Bruchreis nur einen massiv tieferen Preis verlan­gen können. Im Fall von Goel liegt die Preisdiffe­renz im Verhältnis 5:2. Sprich: 50 Rupien (ca. USD 0.75) pro Kilogramm erhalten sie für ganze Reis­körner, 20 für ein Kilo Bruchreis (ca. USD 0.30). Das hat immense Auswirkungen auf die Gesamt­betriebskosten, wie auch die Grafik zeigt (siehe rechte Seite).

Ineffizientes ChargentrocknenReis wird in Indien traditionell chargenweise getrocknet. Die grösste Herausforderung her­kömmlicher Chargentrocknungssysteme ist, dass der Reis ungleichmässig getrocknet wird. Der Pro­zess ist kaum automatisiert und stark von den

Fähigkeiten des Bedieners abhängig. Dies lässt den Prozentsatz an Bruch stark schwanken, und die Anlage verschlingt Unmengen an Energie.

Auch die Kapazitäten sind stark ein­geschränkt: Der Trocknungsprozess ist von der Umgebungstemperatur und der relativen Luft­feuchtigkeit abhängig. Deshalb schwankt der Durchsatz mit der Jahreszeit. Um dies auszuglei­chen, müssen mehr Chargen­Trocknungssysteme installiert oder die Kapazitäten heruntergefahren werden. Moderne Systeme, die vollautomatisiert und auf optimale Bedingungen ausgelegt sind, stel­len sicher, dass der Reisverarbeiter die bestmögli­chen Resultate erzielt.

Bei Bühler EcoDry Trocknern wird der Prozess im Gegensatz zum Chargentrocknen in mehreren Trocknungs­ und Temperierstufen durchgeführt, sodass der Reis schonend getrock­net wird, zwischen den Trocknungsschritten in den Temperzellen zur Ruhe kommt und ein Bre­chen aufgrund von Feuchtigkeitsunterschieden vermieden wird. Die Verweilzeit kann in einem kontinuierlichen System genau eingestellt werden, was insgesamt zu einem sehr gleichmässigen Trock nungs ergebnis führt. Die Anlage liefert kon­sistent gleiche Resultate – ohne dass sie konstant reguliert und überwacht werden muss. Und der Durchsatz ist erst noch deutlich höher. Ein weite­rer grosser Vorteil ist die Energieeffizienz, die vor

Der Geschäftsführer von Goel International, Vijay Goel, in seinem Element: Basmatireis.

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KUNDENGESCHICHTEN / Goel International

allem durch die Einsparung von Dampf erzielt wird: Bühler Trockner sind auf den optimalen Dampfverbrauch zur Reistrocknung ausgelegt. Deshalb ist die Energieverbrauch vergleichsweise tiefer als bei Chargentrocknern.

Goel wächst mit BühlerAll diese Argumente überzeugten Goel Inter ­ natio nal, 2010 eine erste Paddy Verarbeitungs­ und ­Trocknungslinie mit einer Mühleneingangs­leistung von 12 Tonnen pro Stunde zu kaufen. Und ihre Entscheidung hat sich ausbezahlt: Die Produktions resultate konnten maximiert und die Kontrolle über den Trocknungsprozess massiv gesteigert werden – dies auch noch mit weniger Über wachungs aufwand.

Die Leistung der Bühler Anlage stellte die drei Brüder so zufrieden, dass sie sich 2012 ent­schieden, ihre Verarbeitungslinien mit weiteren Dächerschachttrocknern zu ergänzen. Die Expan­sion der Linie 2 wurde 2012 abgeschlossen. 2013 folgte die Linie 3 – beide mit je einer Kapazität von 12 Tonnen pro Stunde. Und dies an 24 Stunden am Tag, 340 Tage im Jahr. Goels setzten die Bühler EcoDry Trockner nicht nur zum Trocknen von Par­boiled Reis ein, sondern verwenden sie auch in

«Nachdem wir die Bühler Maschinen in Betrieb genommen hatten, hatten wir endlich den Kopf frei, um uns auf unsere Marktexpansion zu konzen- trieren.»Vijay Goel, Geschäftsführer von Goel International

BIS ZU 25 PROZENT WENIGER ENERGIEKOSTEN

Ein Blick auf den Energieverbrauch der Trocknungs­lösungen von Bühler im Vergleich zu herkömm­lichen Lösungen zeigt, dass Bühler ein riesiges Potenzial für Einsparungen ermöglicht. Bis zu 25 Prozent weniger Energiekosten ergeben sich durch die optimale Einstellung folgender Parameter:

– die Dächeranordnung und Produktstromteilung– das Design des Austragsystems– die optionale Feuchtigkeitsregelung Ecomation– die optimierte Prozessführung (wie beispiels­

weise die Einstellung der Verweilzeit in den Temperzellen)

– die Dimensionierung des Trockners– die entsprechenden Ventilatoren, Lüfter und

Wärmetauscher – sowie durch die Isolierung der Trockner

Und das ist noch nicht alles. Zusätzlich zu einem niedrigeren Energieverbrauch verbessert die Reduktion von Bruch den Return on Investment einer Bühler Trockneranlage zusätzlich: Den Anteil an unversehrten Körnern um lediglich 0,5 % zu steigern generiert einen zusätz­lichen Ertrag von USD 270 000.(Berechnungen basieren auf einer Reismühle mit 20 Tonnen Austragsleistung pro Stunde, die an 300 Tagen für 20 Stunden täglich in Betrieb ist.)

Eine durchschnittliche Trocknungslinie verbraucht mehr als 9/10 der Energiekosten für die Erzeugung von Heissluft.

Betriebskosten – Aufteilung:

100 %

Bet

riebs

kost

en

97,5

% E

nerg

ieko

sten

4 % Energie für Ventilatoren

1,5 % Energieverluste

2,5 % Service­ und Wartungsarbeiten

92 % Energie für Heisslufterzeuger

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KUNDENGESCHICHTEN / Goel International

Beruhigt konnten die drei Brüder nach der Inbe­triebnahme der Bühler Anlagen ihre Expansions­pläne weiter vorantreiben. Und diese Anstrengun­gen tragen nun Früchte: Mittlerweile setzt das Unternehmen 50 Prozent des Reises im Inland, 50 im Ausland – insbesondere am Persischen Golf, vor allem im Iran – ab.

Investition in die AutomationAls Wärmequelle nutzt die Familie Goel, seit sie vor 25 Jahren ins Reisgeschäft eingestiegen ist, alterna­tive Energiequellen. In einem Kraftwerk werden die ohnehin anfallenden Reisschalen zur Energie­erzeugung verbrannt. Die so erzeugte Energie wird für die Erwärmung der Trocknungsluft benötigt. Die Nutzung von Dampfwärmetauschern und eine gute Isolation sind weitere Massnahmen, um die Energieeffizienz zu erhöhen.

Als die Goels die erste Anlage gekauft hatten, wurden Sie von ihren Konkurrenten noch belächelt. «Zu diesem Zeitpunkt war die Anlage noch absoluter Luxus», erinnert sich Vijay Goel. Doch die Investition in die Automation hat sich gelohnt: Die Anforderungen an Produktivitätsstei­gerungen steigen heute schneller als die Verfügbar­keit von Arbeitskräften. Denn die Reisverarbeitung erfordert in Indien vielerorts noch viel Handarbeit. Im Fall von Goel sind es über 500 Personen, die das Unternehmen beschäftigt. Vor allem personalinten­siv ist das Entladen der Lastwagen, das Transpor­tieren der Reissäcke im Werk und das Überwachen der Chargentrockner.

50 Prozent seines Reises setzt das Unternehmen im Ausland ab.

Für die Inder ist Reis ein Grundnahrungsmittel.

ihrem spezialisiertem Prozess, bei dem sie Rohreis in gedämpften Reis umwandeln. Dabei profitierten sie in Form eines uniformen Resultats und Durch­satzes massiv.

Innerhalb von wenigen Jahren steigerte Goel International die Reisproduktion von 10 auf 40 Tonnen pro Stunde. «Nachdem wir die Bühler Maschinen in Betrieb genommen hatten, hatten wir endlich den Kopf frei, um uns auf unsere Markt­expansion zu konzentrieren», sagt Vijay Goel, Geschäftsführer von Goel International. Der Pro­duktionsprozess war der einzige Bereich, den sie an Drittpersonen weitergeben konnten und wollten, wie er sagt. «Und dank Bühler können wir dies nun mit einem guten Gewissen in die Hände Dritter geben.»

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KUNDENGESCHICHTEN / Goel International

Doch beim letztgenannten Arbeitsschritt konnten dank der Trockner von Bühler bereits massive Fort­schritte erzielt werden: Wurden früher noch 20 Per­sonen für den Trocknungsprozess gebraucht, sind es heute noch deren sechs, die die Bühler Anlagen über­wachen. Und auch die Landpreise sind in den letzten Jahren massiv angestiegen. Die Bühler Lösung hin­gegen schafft bessere Resultate auf engstem Raum.

Nun planen die Brüder, noch weiter zu expandieren. Was sie sich von Bühler noch wün­schen würden? Nichts, sie seien im Moment rundum glücklich, sagt Geschäftsführer Vijay Goel. Goel ist mittlerweile Bühlers strategischer Kunde für Paddy ­Trockner in Indien. Und ein Beispiel dafür, was mit den Bühler Lösungen in der Reisverarbei­tung noch alles möglich ist.

Goel ist einer von vielen Reisverarbeitern, die sich in der Indus-Ganges-Ebene niedergelassen haben.

Weitere Informationen:Devaraj SHead of Sales Grain LogisticsBühler BangaloreT +91 98459 [email protected]

BÜHLER WIRD NUMMER 1 IN DER REISVERARBEITUNGDank bedeutender Vertragsabschlüsse in den letzten Monaten hat Bühler die Führung in der globalen industriellen Reisverarbeitung übernommen. Zählt man den Umsatz in Reisverarbeitung und Logistik inklusive Umschlag und Lagerung zusammen, hat Bühler sei­nen engsten Mitbewerber damit hin ­ ter sich gelassen. Heute werden gut 30 Prozent der globalen Reisernte auf Anlagen von Bühler verarbeitet. Dieser Erfolg gründet auf der Einsatzbereit­schaft und dem Erfolg von Bühler bei der Bereitstellung globaler Expertise, untermauert von Innovationen, lokalem Kundenservice und der Fähigkeit, alle Schritte entlang der Wertschöpfungs­kette zu begleiten.

#1

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KUNDENSTORIES / Headline

diagramm #173

100 Prozent AusbeuteAgrana ist das führende Zuckerunternehmen in Zentral- und Osteuropa. Auf das absehbare Ende der Zuckermarktordnung hat Agrana mit dem Ausbau des Bereiches Stärke reagiert. Im neuen Weizenstärkewerk in Pischelsdorf (Österreich) wird Überschussweizen auch dank Bühler zu 100 Prozent zu Stärke, Gluten, Kleie und Bioethanol-Produkten verarbeitet.

TEXT: HERBERT BOSSHART – FOTOS: AGRANA

AGRANA AUS ÖSTERREICH

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KUNDENGESCHICHTEN / Agrana

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Zucker zählt weltweit zu den wichtigen Lebensmit­teln. In Südamerika wird Zucker aus Zuckerrohr, in Europa aus Zuckerrüben gewonnen. Pro Jahr (2012) werden weltweit rund 270 Millionen. Tonnen Zuckerrüben und 1,7 Milliarden Tonnen Zucker­rohr geerntet. Der europäische Zuckermarkt ist seit 1968 mit Quoten, Zöllen und Subventionen stark reguliert. 2014/2015 stellten in den EU­Ländern ins­gesamt 109 Zuckerfarbriken aus den auf 1,6 Millio­nen Hektaren Land angebauten Zuckerrüben insge­samt gegen 19 Millionen Tonnen Zucker her. Die seit 1968 geltende Zuckermarktordnung der EU läuft jedoch 2017 aus. Die europäischen Zuckerprodu­zenten rechnen deshalb mit zunehmendem Preis­druck und einem verstärkten Konkurrenzdruck.

Wachstum bei Frucht und StärkeDie Agrana­Gruppe, mit rund 8 500 Mitarbeiten­den an 56 Produktionsstandorten das führende Zuckerunternehmen in Zentral­ und Osteuropa, hat angesichts der sich abzeichnenden Verände­rungen im Zuckermarkt schon vor Jahren damit begonnen, neben dem ursprünglichen Hauptseg­ment Zucker die beiden Bereiche Früchte und Stärke zu forcieren.

Im Segment Frucht ist Agrana diesem Ziel bereits ein gutes Stück näher gekommen. Heute steuert das Frucht­Segment – mit der Agrana Fruit S.A.S. – bereits mehr als einen Drittel an den Kon­zernumsatz von über EUR 3 Mrd. bei. Agrana ist damit zum Weltmarktführer in der Herstellung von Fruchtzubereitungen für die Molkereiindustrie und zu einem der führenden Hersteller von Fruchtsaft­konzentraten in Europa aufgestiegen.

Industrielle Stärke aus WeizenUm auch das Segment Stärke voranzutreiben, beschloss die Agrana­Konzernleitung 2011, die Aktivitäten der Agrana Stärke GmbH zu erweitern und die bisherige Herstellung industrieller Stärke aus Kartoffeln und Mais um den Rohstoff Weizen zu erweitern. Als Ergänzung zu den bisher in Österreich und Ungarn betriebenen Fabriken für Mais­ und Kartoffelstärke wurde der Neubau eine spe zifischen Weizenstärkefabrik auf dem Agrana­Werkgelände Pischelsdorf an der Donau beschlossen. Diesen Standort im Bundesland Niederösterreich wählte der Veredler landwirt­schaftlicher Rohstoffe aus Synergiegründen. Dort betreibt Agrana seit 2007 eine spezielle Fabrik zur Herstellung von Bioethanol.

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Von 2011 bis 2013 wurde das Werk Pischelsdorf um eine Weizenstärkeanlage erweitert. Für die Reali­sierung des 70­Millionen­Euro­Projektes war Josef Eisenschenk verantwortlich. Er leitet seit 2009 das Agrana­Werk Pischelsdorf. «Unser Ziel war es, eine Fabrik zu bauen, in der wir den Rohstoff Weizen intern zu 100 Prozent verwerten können», erläutert er. An der Realisierung der neuen Weizenstärke­mühle war Bühler massgeblich beteiligt: Der Technologiekonzern hat beim Bau das komplette Engineering übernommen – vom gesamten Reini­gungs­ über den Vermahlungsprozess bis hin zur Kleie­Pelletierung.

Verarbeitung von überschüssigem WeizenDie neue Weizenstärkefabrik in Pischelsdorf be­steht aus vier Teilen. In den vier Rohstoffsilos mit einer Gesamtkapazität von 9000 Tonnen wird der per Schiff, Bahn und Lastwagen angelieferte Wei­zen zwischengelagert. Der Weizen selbst stammt aus dem Länderviereck Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn. Dort werden pro Jahr rund 28,5 Millionen Tonnen Getreide geerntet – davon gelten 5 bis 9 Millionen Tonnen als Überschuss. Eine Teil dieses überschüssigen Weizens verarbei­tet Agrana im neuen Werk in Pischelsdorf.

In der Weizenmühle mit einer Leistung von 735 Tonnen pro Tag wird der Weizen nach der Anlieferung in mehreren Stufen auf einer Linie gereinigt, gescheuert, gewogen und auf zwei Linien auf Vier­ und Achtwalzenstühlen von Bühler zu Mehl vermahlen. Die Kleie wird pelletiert, ge ­ kühlt und geht dann ins Kleieflachlager. Die Mehle werden in Silos zwischengelagert, bevor sie im Nass­stärkeprozess zu einem Teig verarbeitet und im Separator in A­Stärke, Gluten/B­Stärke und C­Stärke aufgeteilt wird. Die A­Stärke wird schliesslich im grossen Trockner getrocknet und gelagert.

Das verbleibende Gemisch aus Gluten und B­Stärke wird in einem Bogensieb getrennt; der separierte Kleber – wie das Gluten auch genannt wird – wird ebenfalls getrocknet und gelagert. Die Restpro­dukte (B­ und C­Stärke und Fasern) des Nasstärke­prozesses werden direkt in die Bioethanol­Produk­tion übergeführt.

0 Prozent AbfallDie gewonnene Weizenstärke wird zum einen in überwiegend technischen Einsatzgebieten wie der Papierindustrie und zum anderen in der Lebens­mittelindustrie – beispielsweise für die Herstel­lung von Teigwaren, Brot oder anderen Back­ waren – verwendet. Weizengluten dient in der Backwarenindustrie zur Mehlverbesserung oder zur Herstellung von Heimtiernahrung sowie zur Erzeugung von Fischfutter. Die Weizenkleie wird als Futtermittel verwendet.

Durch die enge Integration der Weizen­stärkeanlage und der bestehenden Bioethanolfabrik kann Agrana das Überschussgetreide zu 100 Pro­zent im «eigenen Haus» verwerten. So gehen die bei der Herstellung von Weizenstärke und Gluten un genutzt bleibenden Rohstoffbestandteile in die

Josef Eisenschenk, Leiter Agrana-Werk Pischelsdorf.

Die Bühler-Anlage produziert 900 Tonnen Mehl pro Tag.

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KUNDENGESCHICHTEN / Agrana

Bio ethanolerzeugung sowie in die Herstellung des hochwertigen, gentechnikfreien Eiweissfuttermit­tels «ActiProt». Zusammen mit hochreinem CO2, welches der Industriegaskonzern Air Liquide aus den Gärtanks der Bioethanolanlage gewinnt, wer­den am Standort Pischelsdorf aus nur einem Roh­stoff somit vier hochwertige Produkte hergestellt.

Anlage hat sich bezahlt gemachtDie Bühler Anlage läuft seit der Inbetriebnahme im Juni 2013 problemlos. «Wir haben die Firma Bühler wegen ihres Know­hows und ihrer Erfah­rung als Partner gewählt», erklärt Eisenschenk. «Und nicht zuletzt auch, weil sie weltweit die Nummer 1 im Mühlenbau ist.» Die Zusammenar­beit habe bestens geklappt, kommentiert Eisen­schenk. «Unsere Erwartungen wurden nicht ent­täuscht – im Gegenteil.»

Das Werk produziert seit der Inbetrieb­nahme in drei Schichten 24 Stunden am Tag und an 340 Tagen im Jahr. Unterbrochen werde die Produk­tion nur für kurze Reinigungsintervalle. «Aktuell produzieren wir auf der Anlage 900 Tonnen Mehl pro Tag, obwohl die Weizenmühle eigentlich nur für 735 Tonnen ausgelegt ist», so Eisenschenk. «Das ist nur möglich, weil sie aus dem Hause Bühler stammt!»

Im Werk Pischelsdorf produziert Agrana mittler­weile aus 250 000 Tonnen Weizen jährlich rund 105 000 Tonnen Weizenstärke, 23 500 Tonnen Weizengluten, 55 000 Tonnen Weizenkleie. Weiter werden 240 000 m3 Bioethanol, 180 000 Tonnen Eiweissfuttermittel und 100 000 Tonnen C02 pro ­ duziert.

Die Erweiterung der Agrana Stärke GmbH um die Verwertung des Überschussweizens hat sich bereits bezahlt gemacht. Das Unternehmen hat sich mittlerweile – auch dank Bühler – zu einem europaweit führenden Anbieter von Stärke­Spezial­produkten sowie zum grössten Bioethanolproduzen­ten in Österreich und Ungarn entwickelt.

15.5 %

3.5 %

81%

43.5 % 46.5 %

10 %

GRAFIKAus einem Getreidekorn werden durch die Verarbeitung bei Agrana: 15 – 16 % Kleie 3 – 4 % Nachmehl 81 – 82 % Mehlhergestellt.

Aus dem Mehl wird extrahiert: 45 – 48 % A­Stärke 9,5 – 10,5 % Gluten Rest: B­ und C­Stärke

Kleiepellets, Gluten und Weizenstärke (v. l.).

Weitere Informationen:Dirk-Michael FleckAccount Manager BiorefineryGrain MillingBühler AG, Uzwil+41 71 955 27 [email protected]

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KUNDENSTORIES / Headline

Einmal im LebenMit dem Bau seiner neuen Fertigung mit integrierter Aluminium-Giesserei in Neuss hat der Automobilzulieferer Pierburg eine nachhaltige Hightech-Fabrik geschaffen – und konnte sich auf Bühler auch in kritischen Situationen absolut verlassen.

TEXT: BURKHARD BÖNDEL – FOTOS: RALPH RICHTER

PIERBURG AUS DEUTSCHLAND

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KUNDENGESCHICHTEN / Pierburg

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KUNDENSTORIES / Headline

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KUNDENGESCHICHTEN / Pierburg

Als Rolf Linsen am 1. August 2014 seine neue Arbeitsstelle beim Automobilzulieferer Pierburg antrat, wartete eine ganz besondere Herausforde­rung auf ihn. Seine Aufgabe: den Umzug der Gies­serei aus Nettetal nach Neuss vorzubereiten und die neue Giesserei in Neuss hochzufahren. Im Indust­riehafen von Neuss, einer Vorstadt von Düsseldorf, direkt neben der Innenstadt. Die Konzernleitung der Muttergesellschaft KSPG hatte 2012 entschie­den, zwei ältere Werke in der Region in einer neuen Fabrik zusammenzulegen, um so Synergien zu schaffen – eine Investition von rund EUR 50 Mio. 2013 begann der Bau, ab 2014 wurde umgezogen, Mitte 2015 startete die Giesserei mit der Produk­tion. «Für mich war das die Chance meines Lebens», sagt der 39­jährige Ingenieur und Leiter der Gies­serei und mechanischen Bearbeitung. Sein Kollege Lutz Plasmeier, der als Senior Manager Industrial Engineering Casting & Machining für die Anlagen­technik verantwortlich zeichnet, sagt: «Das machst du in Deinem Leben nur einmal».

Plasmeier hatte die Aufgabe, die neue Giesserei von Grund auf zu planen; die unterschied­lichen Vorstellungen in Einklang zu bekommen; den Abbau und Umzug der bestehenden Anlagen zu organisieren; zu entscheiden, welche neuen Zellen benötigt werden; die Teams an den Standorten zu begeistern und mitzuziehen. Vor allem: sicherzu­

Rolf Linsen und Lutz Plasmeier: schwören auf Bühler.

stellen, dass die Kunden ohne Unterbruch mit Bau­teilen versorgt werden können und die neue Fabrik wie geplant hochfährt. Hinzu kam, dass gleichzei­tig mit dem Einzug in die neue Giesserei auch neue Serienprodukte anlaufen sollten. Ob das reibungslos funktionieren würde?

Im weltweiten Verbund der Pierburg­ Produktion – Teil der KSPG­Gruppe – spielt das Werk Niederrhein eine zentrale Rolle. Zwar ist der Standort mit 700 Mitarbeitenden und einer Ver­arbeitung von bis zu 30 Tonnen Aluminium pro Tag auf 8 Druckgiesszellen in der Endausbaustufe nicht der Grösste. Doch mit 125 000 Magnetven­tilen, die pro Tag das Werk verlassen, hält es für diese wichtige Mechatronic­Komponente eine Schlüsselkompetenz. Und auch für Pumpenge­häuse, Kühlermodule und Abgasrückführsysteme ist das Werk Niederrhein in Neuss ein wichtiger Produktionsstandort.

Absolute VerlässlichkeitDabei schwört der Automobilzulieferer seit Jahr­zehnten auf Bühler: Schon im Altwerk Nettetal kamen ausschliesslich Maschinen des Schweizer Ausrüsters in allen Grössenordnungen zum Ein­satz. Die Konzentration auf einen Ausrüster habe sich bewährt, sagt Plasmeier. «Technologisch ist der Druckgiessprozess von Bühler mit dem gere­

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KUNDENGESCHICHTEN / Pierburg

«Technologisch ist der Druck-giessprozess von Bühler mit dem geregelten Schuss unerreicht.»

Rolf Linsen, Ingenieur und Leiter der Giesserei und mechanischen Bearbeitung

gelten Schuss unerreicht», urteilt der Enginee­ring­Spezialist: «So reproduzierbar bekommt das ausser Bühler niemand hin». Auch die zahlreichen Service­ und Trainingsangebote des Unterneh­mens seien ein wichtiger Pluspunkt: «Unsere Leute haben an so ziemlich jedem Ausbildungspro­gramm teilgenommen». Und, so Plasmeier weiter: «Auf Bühler können wir uns in jeder Situation absolut verlassen.»

Bei einem solchen Mammutprojekt ist diese Verlässlichkeit elementar. Vier Monate muss­ten 2 Standorte parallel betrieben werden, mit einer Mannschaft, die nur auf einen Standort aus­gelegt war. Neu konzipierte Giesszellen wurden angefahren, die Produkte für die Kunden neu bemustert. Um diesen Zeitraum zu überbrücken, fuhr Linsen in den Wochen vorher den Ausstoss in extreme Höhen und baute entsprechende Lager­bestände auf, um daraus die Kunden zu bedienen.

Im Endausbau werden acht Druckgiessmaschinen im Einsatz sein.

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KUNDENGESCHICHTEN / Pierburg

Das Unternehmen Pierburg zählt seit seinen Anfängen vor mehr als 100 Jahren zu den Innova­tionstreibern der Automobilindustrie. 1909 in Berlin als Stahlhandelsgesellschaft gegründet, begann Pierburg 1928 mit der Vergaserproduktion und war in diesem Produktbereich bald nahezu Alleinlieferant für alle deutschen Automobilfirmen und viele internationale Fahrzeug produzenten und Motorenhersteller. 1986 erfolgte die Übernahme der Gesellschaft durch den Rheinmetall­Konzern und 1998 die Verschmelzung mit Kolbenschmidt zur heutigen KSPG AG.

Heute ist Pierburg innerhalb der KSPG­Gruppe Spezialist für die Bereiche Schadstoffre­duzierung, Drosselklappen und Pumpen. Von immer stärkerer Bedeutung bei der Entwicklung neuer Motor generationen ist die Senkung des Verbrauchs sowie die Reduktion der Schadstoffe­

missionen verbunden mit der Optimierung von Leistung, Komfort und Sicherheit. Bauteile aus Aluminium­Druckguss spielen hier eine zuneh­mend wichtige Rolle, da sie einerseits Gewicht einsparen und das Verfahren zudem komplexe Geometrien erlaubt.

Bühler und Pierburg, respektive KSPG, ver­bindet eine langjährige und vertrauensvolle Partnerschaft. Seit 1982 hat die KSPG­Gruppe 68 Kaltkammer­Druckgiessmaschinen geordert. Hochleistungs­Druckgusszellen, kompetenter und umfassender technischer Support sowie ein star­ker Kundenservice vor Ort überzeugten KSPG, wieder und wieder in Bühler Technologie zu in ­ vestieren.

Pierburg: ein enger Partner

Vier neue Bühler Maschinen wurden nach Neuss bei Düsseldorf geliefert.

Bei Pierburg gefertigte Bauteile.

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KUNDENGESCHICHTEN / Pierburg

Die Herausforderung: Aus den Altanlagen, die teil­weise über 25 Jahre alt waren, musste im Drei­schichtbetrieb alles rausgeholt werden. «Die Maschinenverfügbarkeit war ein besonders kriti­scher Faktor», so erinnert sich Linsen.

Dann, im Juni 2015 läuteten die Alarm­glocken: Kurz vor Torschluss stand eine Druckguss­maschine der SC­Serie aus dem Baujahr 1992 still. Das Stetigventil streikte. Es ist das Herzstück der Maschine und steuert das Einschiessen des Alumi­niums in Echtzeit. Wenn dieses Ventil seinen Dienst versagt, steht die Produktion. Altersbedingt sind nur noch wenige Personen mit dem Innenleben der Steuerung vertraut. Einer davon ist Helmut Heiken, Servicetechniker bei Bühler. Sofort war der Spezi­alist da und brachte die Maschine tatsächlich wie­der zum Laufen. Das Beispiel, so Linsen, stehe stell­vertretend für die Kooperation zwischen Pierburg und Bühler. Um den Umzug und Neubau zu bewerk­stelligen, waren mehrere Bühler Kollegen über ein halbes Jahr vor Ort. «Die enge Zusammenarbeit und die Bewältigung dieser Aufgabe haben Bühler und Pierburg Mitarbeiter zu Kollegen gemacht».

«Unsere Leute haben an so ziemlich jedem Ausbildungspro-gramm teilgenommen. Auf Bühler können wir uns in jeder Situation absolut verlassen.»Lutz Plasmeier, Senior Manager Industrial Engineering Casting & Machining und verantwortlich für die Anlagentechnik

Am neuen Standort fertigt Pierburg 16 000 Gussteile pro Tag.

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KUNDENSTORIES / Headline

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Wie angejahrte Anlagen auf Vordermann gebracht werden

Druckgiessmaschinen stellen eine enorme Investi­tion dar: sie kosten zwischen USD 0,5 und 3 Mio. Richtig gewartet, können sie mehr als 20  Jahre uneingeschränkt und klaglos Teile für die Automobil­, Bau­ oder Elektronikindustrie giessen. Praktisch lässt jedoch nach gut 10 Jahren die Genauigkeit nach und die kostenintensive Nachbearbeitung nimmt zu. Jetzt ist es Zeit für eine Entscheidung: neu kaufen oder überholen? Letzteres, eine sogenannte Revi­sion, kostet normalerweise nur die Hälfte der ursprünglichen Investition. Das ist immer noch sehr viel Geld. Aber der Preis erklärt sich sehr leicht, wenn man bedenkt, wie viele hochspezialisierte und erfah­rene Experten an der Revision beteiligt sind. Die Arbeit ist sehr anspruchsvoll und dauert acht bis sechzehn Wochen. Die Experten von Bühler Brescia

nehmen jede einzelne Komponente, jeden Zylinder sowie jede einzelne Schraube in die Hand. Mit Fin­gerspitzengefühl und Expertenwissen demontieren, reinigen, begutachten und vermessen die Bühler Spezialisten jedes einzelne Teil, nachdem die Maschine in Brescia eingetroffen ist. Sie schleifen, glätten, polieren die Komponenten, die noch verwen­det werden können. Andernfalls besorgen sie Ersatz­teile. Für sehr alte Maschinen existieren meistens keine Ersatzteile mehr, so dass die Bühler Fachleute diese manuell anfertigen müssen. In einigen Fällen bekommen sie noch nicht einmal mehr Konstrukti­onszeichnungen und müssen diese zunächst rekon­struieren. Häufig tauscht Bühler Software und Elek­tronik komplett aus. Abschlies send baut das Team in Brescia die Maschine wieder zusammen und testet

sie, bis sie einwandfrei funktioniert. «Behält man bei einer Revision die Originalsteuereinheit, kann man die Maschine weitere sechs bis zehn Jahre nutzen. Wird zusätzlich die neuste Generation von Software und Elektronik eingebaut, verlängert sich der Lebens­zyklus der Maschine sogar um 10 bis 15 Jahre», sagt Paul Stucki, Produktionsleiter bei Bühler Brescia.

So werden die alten Maschinen angeliefert ...

... und so sehen sie nach der Generalüberholung aus.

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KUNDENGESCHICHTEN / Pierburg

Erwartungen wurden mehr als erfülltIn dieser Verbindung gelang das Vorhaben. Im Dezember 2014 begann der Einzug in die neue Fabrik. Inzwischen giessen 6 Bühler Druckgiess­maschinen pro Tag im Dreischichtbetrieb rund 16 000 Teile – mit einer Produktivität, die die Erwartungen an die neue, hochmoderne Giesserei mehr als erfüllt. Rund 75 % der Zeit sind die Aggregate in Betrieb – sprich die Maschinen sind im Durchschnitt 16 Stunden produktiv. Modernste Anlagentechnik mit State­of­the­Art­Steuerungen und einem maximalen Automationsgrad sorgen zudem für höchste Effizienz.

Im Endausbau, der im Frühjahr 2016 erreicht wird, werden es 8 Maschinen der Typen Carat, Evolution, SC mit einer Schliesskraft von 660 bis 1050 Tonnen sein. Vier Maschinen hat Pier­burg bei Bühler neu geordert, vier Maschinen wur­den im europäischen Bühler Revisionswerk in Brescia, Italien, im Retrofit­Verfahren general­überholt und auf den aktuellsten Stand gebracht (siehe Kasten).

Goldmedaille für nachhaltiges BauenUnd zu bewundern ist eine Fabrik, die mit den stau­bigen und schmutzigen Giessereien alter Tage nichts mehr gemein hat. Denn auch in puncto Nachhaltigkeit ist die Neusser Giesserei von Pier­burg ein echtes Vorzeigeobjekt. Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) hat denn auch dem Standort eine Goldmedaille verlie­hen. Ihr Zertifizierungsverfahren berücksichtigt die sechs Themenfelder Ökologie, Ökonomie, sozio­

Weitere Informationen:Michael ParbelArea Sales ManagerBühler GmbH – DruckgussT +49 6023 9194 [email protected]

Rolf Linsen, Lutz Plasmeier: Die neue Fabrik macht viel Freude.

kulturelle Aspekte sowie Technik, Prozesse und Standort. So durften beim Bau ausschliesslich umweltverträgliche Materialien verwendet wer­den, die zuvor von Spezialisten freigegeben werden mussten. Wärme­Rückgewinnung, Luftreinhal­tung, Lärmpegel, Lichtqualität in den Hallen, Abfallbehandlung – überall erhielt Pierburg Best­noten. Selbst die Verschalungsbretter, mit denen der Beton in Form gebracht wurde, stammten aus nach­haltigem Anbau.

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CTO-KOLUMNE / Ian Roberts

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Alternative ProteineEine wachsende Weltbevölkerung fragt immer mehr Proteine nach. Bühler engagiert sich in der Entwicklung von industriellen Ver­arbeitungslösungen für alternative Proteine wie Hülsenfrüchte, Algen oder Insekten.

Die Menschheit benötigt jedes Jahr 525 Millionen Tonnen Proteine. 65 Prozent als Futtermittel für Zuchttiere, 35 Prozent als Nahrungsmittel für Menschen. Wenn die Weltbevölkerung 2050 die Schwelle von 9 Milliarden überschreitet, wird der jährliche Bedarf mehr als 700 Millionen Tonnen betragen. Unsere Systeme für die Lebens- und Fut-termittelproduktion, die Landwirtschaft sowie die Wasserressourcen drohen zu kollabieren.

Um die steigende Nachfrage zu decken, entwickelt Bühler skalierbare und wirtschaftliche Verarbeitungslösungen für alternative Proteine – kurzfristig sind dies vor allem Hülsenfrüchte, langfristig auch alternative Eiweissquellen wie etwa Algen oder Insekten.

2016 ist das internationale Jahr der Hül-senfrüchte. Hülsenfrüchte binden Stickstoff im Boden, benötigen deshalb wenig Dünger und ent-halten besonders hochwertiges Eiweiss. Mit der bewährten Sortier-, Vermahlungs- und Extrusionstechnologie von Bühler lassen sich Hülsenfrüchte effizient zu Nahrungsmittelzu-sätzen etwa für Backwaren, Teig-waren oder Snacks sowie zu Fleischanalogen verarbeiten.

Mit der holländischen Forschungsanstalt TNO arbeiten wir auf dem Gebiet der Algenver-arbeitung zusammen. Wir haben heraus ge- funden, dass sich die Algenzellen mit unse-rer Rührwerkskugel-mühle Cenomic be-sonders effizient auf- brechen lassen und ihre Bestandteile dabei exakt die ge - wünschte Funktio-nalität behalten. Unsere robuste und industriell bewährte Tech-

nologie bildet somit die Grundlage für neue An -wendungen in der Bio technologie.

Attraktive Proteinquellen sind zudem Insekten. Sie ernähren sich primär von Abfällen und sind dank ihrem hohen Gehalt an hochwertigen Eiweissen und Fetten sowohl als Tierfutter als auch als Nahrungsmittel für Men-schen geeignet. In einem ersten Schritt werden wir gemeinsam mit Partnern Lösungen ent-wickeln, um auf der Basis dieses nachhaltigen Rohstoffs Futtermittel für die Fisch- oder Ge -flügelzucht herzustellen.

Bühler ist stolz darauf, die neu geschaffene Professur für nahchhaltige Lebens-mittelverarbeitung am World Food System Center der ETH Zürich mitzufinanzieren. Alexander Mathys hat seine Arbeit am 1. Januar 2016 aufge-nommen. Ein Schlüsselthema ist die Forschung auf dem Gebiet der nachhaltigen Proteinversor-

gung. Wir freuen uns auf fruchtbare Diskus-sionen und die weitere Zusammenarbeit.

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AKADEMIE / Exkurs

Wissenschaftliche Publikationen

Impressum

NEBEN IHRER TÄGLICHEN ARBEIT VERFASSEN BÜHLER SPEZIALISTEN AUCH WISSENSCHAFTLICHE ARBEITEN. NACHSTEHEND STELLEN WIR EINE AUSWAHL VOR.

#173 Herausgegeben von Bühler AG, Corporate Communications, CH-9240 Uzwil (Schweiz) Layout: Calydo, Steinhausen (Schweiz)Produktion: gateB AG, Steinhausen (Schweiz) Druckerei: Körner Premium GmbH, Sindelfingen (Deutschland) Ausgabe: 1/2016

1Vereinigung traditioneller Produkte mit dem urbanen Lebensstil�AufJamswurzel(Dioscoreassp.)basierendeSpei-sen sind für viele Menschen in Westafrika einewichtigeNahrungsquelleundwerdenhauptsäch-lichinFormvon«Foutou»konsumiert,einerteig-artigen Paste, die zu Kugeln gerollt wird. ZurReduktion von Jamswurzelverlusten nach derErnteundzurBereitstellungvonFertignahrungfürStadtbewohner werden trommelgetrocknete Flo-ckenalswertvolleAlternativezurfrischenJams-wurzelvorgeschlagen.DieAutorenverglichenaustrommelgetrocknetenFlockenhergestelltePastenmit dem Standard-Foutou und analysierten dieQualitätderProdukte.

Quelle:A. Konan, J. Brunnschweiler-Beez, J. Nuessli-Guth, F. Escher, B. Conde-Petit, Texture and Microstructure Characterization of Pastes Reconstituted from Drum-dried Flakes of Yam (Dioscorea ssp.), European Scientific Journal, Vol. 10, S. 558 – 570, 2014.Internet:http://eujournal.org/index.php/esj/article/view/2650

2Die perfekte Mühle für Lacke und Farben�DieHerstellungvonLackenundFarbeninhoherQualitätwirdzunehmendteurer.DieAutorenerör-terndenStellenwertunddieVorteilederAuswahlder passenden Mahlausrüstung und Grösse derMahlkörperfürspezifischeMahlaufgaben.Sieana-lysierenverschiedeneKostenfaktorenundverglei-chen die Bühler Cenomic-Vollraumrührwerks-mühlemitdemBranchenstandard.

Quelle:A smart way to cost-efficiently produce coatings and ink, Mark Traber, Asia Pacific Coatings Journal, S. 38/39, 2014.Internet:http://www.asiapacificcoatingsjournal.com/issues/view/october-2014

3Bessere Produkteigenschaften dank Teilkeimung�DasKonsumenteninteresseangekeimtemGetreidenimmtzu,dadiesesGetreidesowohlernährungs-physiologischeVorteilegegenübernichtgekeimtemGetreideaufweist,alsauchvielseitiganwendbaristundüberwünschenswerteGeschmacks-undTex-tureigenschaften verfügt. In dieser AbhandlungwirdeinIndustrievorgangfürdieTeilkeimungvor-gestellt,deraufeinegrosseAuswahlanKörnernundSaatgutanwendbarist.

Quelle:Partially Germinated Ingredients for Naturally Healthy and Tasty Products, S. Bellaio, S. Kappeler, E. Zamprogna Rosenfeld, M Jacobs, Cereal Foods World, S. 55 – 59, AACC, 2013.Internet:http://www.aaccnet.org/publications/plexus/cfw/pastissues/ 2013/Pages/CFW-58-2-0055.aspx

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gedruckt

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