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Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater Band 46 Seite 83-98 www.horvath-partners.com Dr. Peter Schentler Regional Center Austria [email protected] Hendrik Schlünsen Competence Center Organization & Operations [email protected]

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Page 1: Digitalisierung im Einkauf: Chancen, …...Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater

Fachartikel

Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung

Erschienen in:Der Controlling-BeraterBand 46Seite 83-98

www.horvath-partners.com

Dr. Peter SchentlerRegional Center Austria

[email protected]

Hendrik SchlünsenCompetence Center Organization & Operations

[email protected]

Page 2: Digitalisierung im Einkauf: Chancen, …...Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater

Digitalisierung im Einkauf: Chancen,Anwendungsbeispiele und Erfahrungen beider Umsetzung

n Neue Technologien sowie die vereinfachte Erfassung und Aufbereitung vongroßen Datenmengen unterstützen nicht nur die Automatisierung von Pro-zessen im Einkauf, sondern verbessern auch die Möglichkeiten der Daten-analyse sowie die Erstellung von Prognosen.

n Dazu stehen verschiedene Technologien zur Verfügung: Big Data &Prediction, Digitales Reporting, Cloud-basierte IT-Lösungen, Self-Service-Portale, Mobile Technologien, Social Media.

n Um die daraus resultierenden Potenziale zu nützen, ist eine digitale Einkaufs-strategie notwendig.

n Die Umsetzung einer digitalen Einkaufsstrategie erfordert auch neue Kom-petenzen und Rollen im Einkauf sowie ggf. eine Anpassung der Organisation.

n Der Beitrag zeigt Chancen und Potenziale auf, die sich durch eine Digitalisie-rung im Einkauf ergeben. Außerdem wird die Erarbeitung einer Digitalisie-rungsstrategie erläutert.

Inhalt Seite

1 Fokus der Digitalisierung häufig auf anderen Funktionen 85

2 Was bedeutet Digitalisierung? ....................................... 852.1 Die wichtigen Technologien ............................................. 862.2 Die zentralen Datenquellen ............................................. 88

3 Anwendungsbeispiele für die Digitalisierung im Einkauf 893.1 Operational Sourcing: Anwendungsbeispiel intelligente

Lieferantenerkennung ..................................................... 903.2 Process & Workflow Efficiency: Anwendungsbeispiel

Lieferanten-Performance & Risikomanagement ............... 913.3 Savings Prediction: Anwendungsbeispiel

Rohstoffpreisprognose ..................................................... 923.4 Procurement Controlling & Reporting:

Anwendungsbeispiel Mobile Berichterstattung in Echtzeit 93

4 Implementierung und Lessons Learned .......................... 954.1 Digitalisierungsstrategie für den Einkauf ......................... 954.2 Probleme in der Praxis .................................................... 964.3 Lessons Learned .............................................................. 96

83

Digitalisierung im Einkauf

Page 3: Digitalisierung im Einkauf: Chancen, …...Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater

5 Fazit ............................................................................... 97

6 Literaturhinweise ........................................................... 98

n Die AutorenHendrik Schlünsen, Managing Consultant im Competence CenterOrganization & Operations (Manufacturing Industries) bei Horváth &Partners Management Consultants in Düsseldorf.

Dr. Peter Schentler, Principal im Competence Center Controlling &Finanzen bei Horváth & Partners Management Consultants in Wien.

84

Umsetzung & Praxis

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1 Fokus der Digitalisierung häufig auf anderenFunktionen

Unter dem Titel „Digitalisierung“ oder „Industrie 4.0“ versuchen zahlrei-che Unternehmen, Prozesse durch die Nutzung neuer Technologien zuautomatisieren, zu vereinheitlichen, zu vereinfachen und transparenter zumachen. Dabei steht nicht nur die primäre Wertschöpfung eines Unter-nehmens im Fokus, sondern zunehmend auch administrative undunterstützende Aktivitäten. Die sog. vierte industrielle Revolution hatdamit Auswirkungen auf das gesamte Geschäftsmodell eines Unterneh-mens.

In der Unternehmenspraxis fokussieren aber Digitalisierungsinitiativenhäufig auf die Produktion, den Vertrieb oder den Finanzbereich, die damitverbundenen Konsequenzen für den Einkauf werden seltener betrachtet.Und dass, obwohl Digitalisierungs- und Automatisierungsstrategien ins-besondere dem Einkauf zukünftig die Chance bieten können, seinenBeitrag zur Wertschöpfung von Unternehmen weiter zu verbessern.

Der vorliegende Beitrag greift diese Thematik auf und zeigt Möglichkeitenund Potenziale, die sich durch eine Digitalisierung im Einkauf ergeben.Kapitel 2 gibt eine Übersicht über die Digitalisierung im Einkauf, Kapitel 3zeigt unterschiedliche Anwendungspotenziale. In Kapitel 4 wird dieErstellung einer Digitalisierungsstrategie kurz beschrieben und auf LessonsLearned aus der Unternehmenspraxis eingegangen.

2 Was bedeutet Digitalisierung?Der Begriff Digitalisierung beschreibt die Erfassung, Transformation undAufbereitung analoger Größen mit dem Ziel der elektronische Speiche-rung und Weiterverarbeitung. Während Informationstechnologienschon seit Mitte des letzten Jahrhunderts in Unternehmen eingesetztwerden, haben insbesondere die (Weiter-)Entwicklungen in den letztenJahren zu einer Vielzahl neuer Möglichkeiten geführt. Neue Produkteund Technologien „…will reshape the value chain yet again, by changingproduct design, marketing, manufacturing, and after-sale service and bycreating the need for new activities such as product data analytics andsecurity. This will drive yet another wave of value-chain-based pro-ductivity improvement“.1

85

Digitalisierung im Einkauf

1 Porter/Heppelmann, 2014, S. 66.

Digitalisierung imEinkauf nochnicht im Fokus

NeueMöglichkeitendurch Digita-lisierung

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Dies trifft insbesondere auf den Einkauf zu, der an der Schnittstelle zumLieferanten sowohl eine kostenoptimale Beschaffung in der benötigtenMenge zum erwartenden Zeitpunkt unter Berücksichtigung sämtlicherRisikofaktoren zu minimalen internen (Prozess-)Kosten bereitstellenmuss. Um dies zu erreichen, sind die hierfür benötigten unternehmens-internen und -externen Daten zu erfassen, zu analysieren und alsGrundlage für eine optimale Entscheidungsunterstützung sowie schlankeund automatisierte Prozesse aufzubereiten. Damit wird unter anderemdas Ziel verfolgt, historische sowie Echtzeit-Daten zeitnah so aufzube-reiten, dass prädiktive und präskriptive Analysen Möglichkeiten zueinem zukunftsorientierten Blick auf Beschaffungsthemen bieten.

2.1 Die wichtigen Technologien

Unterschiedliche Technologien rücken in das Zentrum des Geschehens,wenn Prozesse digitalisiert und große Datenmengen aufbereitet werdensollen. Die zentralen Technologien und Methoden sind nachfolgend kurzerläutert (s. auch Abb. 1):

• Big Data & Prediction: Big Data Analytics schaffen die notwendigeGrundlage für Zukunftsprognosen im Rahmen der digitalen Einkaufs-strategie. Damit können u.a. die Nachfrage, optimale (Liefer-) Kapazi-täten, Risiken oder beste Markteintrittszeitpunkte besser vorhergesagtwerden. Damit wird die strategische Planung unterstützt und Kosten-ersparnisse erzielt.

• Digital Reporting 2.0: Die Digitalisierung von Produktionsprozessensowie die Verknüpfung bestehender Daten verschiedener Unterneh-mensbereiche ermöglicht nicht nur die schnelle und einfache Durch-führung von Ad-hoc-Analysen. Vielmehr lassen sich Reaktionszeiten aufPlanabweichungen minimieren und eine bessere Qualität von Forecastsherbeiführen. Ebenfalls lassen sich bereichsübergreifende Reports erstel-len, durch die eine strategischere Ausrichtung des Einkaufs und weitererEinheiten dank Daten aus unterschiedlichen Bereichen möglich ist.

86

Umsetzung & Praxis

Rationalität stattGewohnheit für

Prognosen

Digitalisierungs-beispiele und

Methoden

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Big Data & Prediction

Big Data & Predictive Analytics ermöglichen die Identifikation von Trends und

Entwicklungen anhand strukturierter und unstrukturierter Daten

Digital Reporting 2.0

Fortgeschrittene Methoden um Daten zu analysieren, zu visualisieren und in Echtzeit

verfügbar zu machen.

Cloud-basierte IT-Lösungen

Cloud-Technologien bieten Potenzial für eine sofortige Integration zwischen

Anwendungen, Plattformen und SocialMedia und sind je nach

Unternehmensgröße skalierbar

Verwendung von Self-Service-Technologien für C-Artikel, um die interne

Kundenerfahrung zu steigern

Mobile Technologien bieten ortsunabhängig einen Zugriff für Einkaufsmanager auf

relevante und aktuelle KPIs, Workflows und notwendige Informationen

Social-Media-Technologien können im internen Austausch aber auch im RfP-

Prozess an der Schnittstelle zu Lieferanten eingesetzt werden

Self-Service-Portale

Mobile Technologien

Social Media

Abb. 1: Technologien für die Digitalisierung des Einkaufs

• Cloud-basierte IT-Lösungen: Gegenüber klassischen Inhouse-Lösun-gen bieten cloud-basierte IT-Systeme den Vorteil einer sehr kurzenImplementierungsdauer. Damit bieten sich Unternehmen nicht nurGeschwindigkeitsvorteile, da keine langwierige Softwareauswahl- undImplementierungsprojekte durchlaufen werden, sondern vielmehr aufeine größere Flexibilität durch die einfache Integration zusätzlicherFunktionen über weitere Apps und Module.

87

Digitalisierung im Einkauf

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• Self-Service-Portale: Durch die Nutzung von Self-Service-Portalen ander Schnittstelle zu Lieferanten und unternehmensinternen Kundenwerden operative Standardprozesse verschlankt, indem Aufwände vonder Einkaufsfunktion zum Lieferanten (z.B. für die Sammlung vonAnforderungen im Rahmen der Vorqualifikation) oder zum internenKunden (z.B. für die Auslösung von standardisierter Beschaffungs-anfragen im indirekten Bereich) verlagert werden. So kann ein Großteildes indirekten Einkaufs mithilfe automatisierter Genehmigungspro-zesse und einem Echtzeit-Reporting autonom bearbeitet werden. Diesermöglicht die notwendige Verlagerung von Aufwänden für operativeBeschaffungsaufgaben hin zu der Bearbeitung strategischer Fragestel-lungen.

• Mobile Technologien: Die Zugriffszeit auf Informationen lässt sichdurch den Einsatz mobiler Technologien weiter minimieren. Währendbspw. Tablets im Vertrieb mittlerweile sehr häufig eingesetzt werden,ist die Nutzung im Einkauf nur schwach ausgeprägt. Insbesondere dieKombination mit revisionssicheren digitalen Freigabeverfahren (wiez.B. E-Sign) ermöglicht die Bearbeitung von Beschaffungsanfragenwährend der Dienstreise.

• Social Media: Auf Basis von Cloud- und mobilen Technologien könnensoziale Netzwerke als Kommunikationsmittel mit dem Beschaffungs-markt dienen. So können bspw. Blogs und Chat-Anwendungen dieKommunikation sowohl zwischen bestehenden als auch potenziellenLieferanten im Rahmen eines Ausschreibungsprozesses vereinfachen,sowie auch Meinungen und Vorschläge von Experten und Kunden/Produktnutzern mit aufgreifen.

2.2 Die zentralen Datenquellen

Insbesondere die Kombination der verschiedenen Technologien sowie dieAdaption mit einer konkreten Fragestellung ermöglichen den größtmögli-chen Nutzen aus den Daten zu ziehen. Allerdings sollte im konkretenAnwendungsfall vor allem die Verknüpfung unternehmensinterner und-externer Daten (sowohl strukturiert als auch unstrukturiert) geprüftwerden, um die Informationsqualität weiter zu steigern. Abb. 2 gibt eineÜbersicht über mögliche interne und externe Datenquellen.

88

Umsetzung & Praxis

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Internet der Dinge-Daten

GPS-basierte Daten

Facebookstatus

Twitter Feeds

Intelligente Transportsysteme

Call logs Voice Audio

Email-Verläufe

Blogs und News

Crowd-basierte Abholung und Lieferung

Web logs

Maschinen-generierteDaten

OrtungsdatenWetterdaten

Verkehrsdichte

Call Center

Loyalitätsprogramme

Kundenumfragen

Beschwerdedaten

Vertriebskanal

EDI- Rechnungen/Bestellungen

Wettbewerbspreise

-bedingungen

Lieferungsbeschleunigung

Lieferzeiten und

On-Shelf-Verfügbarkeit

ERP-Transaktionsdaten

CRM-Transaktionsdaten

Nachfrageprognosen

Transportkosten

Origination and destination (OND)

RFID

Barcode-Systeme

Um

fan

gu

nd

Ges

chw

ind

igke

it

Struktur

TransaktionsdatenInterne DatenAndere Daten

+

- +Strukturierte

DatenSemi-strukturierte Daten Unstrukturierte

Daten

Abb. 2: Interne und externe Datenquellen2

3 Anwendungsbeispiele für die Digitalisierung imEinkauf

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um Nutzen aus der Digitalisierung imEinkauf zu ziehen. Abb. 3 gibt eine Übersicht und clustert Anwendungs-fälle in vier Bereiche:

• Operational Sourcing

• Process & Workflow Efficiency

• Savings Prediction

• Procurement Controlling & Reporting.

89

Digitalisierung im Einkauf

2 Rozados/Tjahjono, 2015.

Potenziale einesdigitalen Einkaufs

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Potenziale globaler

Beschaffung

Prozesskosten-Verbesserung

AutomatisierteÜberprüfungen

Dynamische Schwellen-werte bei

Entscheidungen

MehrjährigeLeistungs-prognose

Szenarien beiVerhandlungen

Einspar-prognosen bei

Ausschreibungen

Prognose vonCommodity-

Preisen

Zielpreis-bestimmung

Driving-data for eff-iciency opti-

mization

AutomatisierteStrategie-

empfehlungen beiVerhandlungen

Managementvon Lieferanten-

risiken

ElektronischeBestätigung

(e-sign)

Teilautomat.Informations-bereitstellung

Potenzial-analyse

DDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDrriiiving-rrrrr eeeeeeffffffffffffffffff --

nnnccccccyyyyyyy ooooooppppppppttttttttiiiiii--mmiiiiizzzzzzaaaaaatttttiiiiiooooooooooonnnnnnnn

gdddddddddddddddddddddddddddddaaaaaattttttaaaaaaaa ffffffoooooorrriicciiiieeeeeennnnnncc

mmm

Performance-orientiertes

Pricing

FlexiblesReporting

Echtzeit-Kontrolle(z.B. von

Transporten)

Lieferanten Performance-management

AutomatisierteNewsPreisverhalten

von Lieferanten

t E

Transparenzüber

Beschaffungs-initiativen

n

Verhandlungs-Dashboard AA

Betrugs-aufdeckung

(FraudDetection)

Savings Predictions

Complexity

Operational Sourcing

Procurement Controlling &

Reporting

Complexity

Process & Workflow Efficiency

IntelligenteLieferanten-identifikation

Abb. 3: Anwendungsfälle im Einkauf

Um die Potenziale greifbar zu machen, wird nachfolgend ein Beispiel fürjeden der vier Bereiche vorgestellt. Damit werden die Anwendungsfälleneuer Technologien für klassische Fragestellungen im Einkauf illustriert.

3.1 Operational Sourcing: Anwendungsbeispiel intelligenteLieferantenerkennung

Ausgangssituation: Individuelle Suche nach potenziellen Lieferanten,zeitaufwendige Prozedur, geringe Berücksichtigung mehrsprachiger undsynonymverwendender Suchansätze.

Lösung: Intelligentes Lieferanten-Identifikationstool, das Daten verschie-denster Quellen sucht, aufbereitet und analysiert, um für die Anfrage/dasProjekt ein Portfolio qualifizierter Lieferanten zu erstellen.

Notwendige Daten: Interner Lieferantendatenbestand inkl. strategischerAspekte sowie Sperrungen von Lieferanten, externe Lieferantendaten-bestände (öffentliche Datenbanken, Handelskammern, Wirtschaftsforen,Blogs etc.), öffentliche Suchmaschinen, übersetzte Suchinhalte, Syno-nyme und abweichende Beschreibungen der eingegebenen Daten, Datenvon Lieferantenselbstauskünften und sozialen Netzwerken.

90

Umsetzung & Praxis

ZeitaufwändigeLieferantensuche

SystematischeLieferanten-

analysen

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Nutzen: Automatische Suche geeigneter Lieferanten, Nutzung künstlicherIntelligenz zur Vermittlung geeigneter Handelspartner und zum Aufbaueines strategischen Lieferantennetzwerks, Miteinbeziehung externer Daten(z.B. Blogs, Webpages), Miteinbeziehung mehrsprachiger Daten undInformationen, automatische Identifikation von (Begriffs-)Ähnlichkeiten,kontinuierliche Entwicklung des Lieferantennetzwerks.

3.2 Process & Workflow Efficiency: AnwendungsbeispielLieferanten-Performance & Risikomanagement

Ausgangssituation: Uneinheitliche Lieferantenbewertung und Risikoana-lyse, geringe Betrachtung möglicher Einflüsse durch die politische, recht-liche, geografische und wirtschaftliche Situation unterschiedlicher Länder,keine Berücksichtigung von 2nd-/3rd-Tier-Lieferanten, reaktive Maßnah-men statt proaktiver Mitigationsmaßnahmen.

Lösung: Integration in Lieferantenbewertungstools, in Risikoanalysen inden Ausschreibungsprozess, automatisches Warnsystem, automatisierteAnpassung der Lieferantenbewertung durch Ergebnisse der Risikoanalyse,Definition von Early Warning Indicators, Transparenz über Zulieferkettedes Lieferanten, Integration von Länderratings in die Bewertung derZulieferkette.

Notwendige Daten: KPIs, Lieferantenbewertungen (aus vergangenen Auf-trägen), veröffentlichte Finanzdaten und Pressemitteilungen des Lieferan-ten, geografische Lage der Lieferanten, politische, rechtliche, wirtschaftlicheund geografische Situation im Lieferantenland, Echtzeit-Daten undInformationen über Märkte und Lieferanten, Informationen über Liefe-ranten des Lieferanten.

Nutzen: rechtzeitige Information über ein potenzielles Ausfallrisiko desLieferanten kann als Verhandlungsbasis mit Lieferanten dienen, Berück-sichtigung interner und externer Faktoren in Echtzeit, Echtzeitanalyseländerspezifischer Nachrichten und Lieferanteninformationen, Alarm-modus, um auf potenzielle Risiken hinzuweisen (s. auch Abb. 4).

91

Digitalisierung im Einkauf

StrategischesLieferanten-netzwerk

UneinheitlicheRisiko-einschätzung

Lieferanten-bewertungstoolsundRisikoanalysen

Besseres Risiko-management fürPrognosen

Page 11: Digitalisierung im Einkauf: Chancen, …...Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater

1. Lieferantendaten

Sammlung aller internen Lieferantendaten, um Klarheit über Verhandlungshebel zu erhalten

NegotiationDashboard

Verhandlungsdashboard 2.0

Preisindikatoranalyse, um Transparenz über Rohmaterialentwicklungen zu bekommen

2. Verkaufs- & operative Daten

Verwendung von internen Planungen und Forecasts, um Verhandlungsmengen zu validieren

Verwendung von intelligentemText-Mining, um alle relevanten Lieferanteninformationen zu erhalten

Finanzielle Kennzahlen, Preisentwicklung, Liefermengen, Leistungsevaluierung

Produktionsplanung, Kapazitätssteuerung, Sales Forecasts, Inventuranalysen

Makroökonomie, Kosten-treiber, Indizes für Commodities,Technische Analysen

Interne Daten

Externe Daten

Analystenberichte, Investor Relations, regulatorische Berichte, Pressemitteilungen

Sammlung von Verhandlungsdaten

Prognose von Lieferantenaktivitäten

3. Material-Informationen

4. Echtzeit-Newsfeed

ivratstIllu

Abb. 4: Illustrative Darstellung eines Verhandlungs-Dashboards

3.3 Savings Prediction: AnwendungsbeispielRohstoffpreisprognose

Ausgangssituation: Mittelfristige Beschaffungsstrategien für Rohstoffeerfolgen anhand von mittelfristiger Unternehmensplanung, historischerPreisentwicklung, Anwendung ökonometrischer Methoden sowie derVereinbarung von Preisgleitklauseln in Verträgen.

Lösung: Aufbau eines Dashboards, das strukturierte und unstruktu-rierte Daten über den Rohstoff sowie Kopplungsprodukten aus un-terschiedlichen Quellen sammelt, aggregiert und analysiert und ineinen Zusammenhang zu der historischen Preisentwicklung stellt. Aufdieser Basis lassen sich mithilfe präskriptiver Verfahren Szenarien fürdie Preisschwankungen und deren Konsequenzen ableiten und damiteine langfristige Absicherungsstrategie entwickeln. Verbindung histori-scher unternehmensinterner Daten mit aktuellen Forecasts des Ver-triebs zur Ableitung benötigter Mengen.

Notwendige Daten: Historische Preisentwicklungen von Rohstoffen, wirt-schaftliche, politische, geografische und rechtliche Informationen zu unter-

92

Umsetzung & Praxis

Grobe Planung

Langfristige,datenbasierte

Strategie

Page 12: Digitalisierung im Einkauf: Chancen, …...Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater

schiedlichen Ländern, Expertenaussagen, Rohstoffreserven und angeforderteVolumina, aktuelle Nachfragesituation der Rohstoffe, Transportkosten etc.

Nutzen: Möglichkeit zur Erarbeitung einer langfristigen Rohstoffstrate-gie und idealen Kaufzeitpunkten und Mengen. Definition von Ansatz-punkten für ein Natural Hedging und verbesserte Abschätzung zukünf-tiger Kosten.

Abb. 5 stellt beispielhaft eine Expertenschätzung und einen PredictiveForecast für einen Rohstoff gegenüber, woraus (auch unter Berück-sichtigung von Working-Capital-Überlegungen) optimale Kaufzeitpunkteabgeleitet werden können.

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

550

600

650

700

750

800

850

900

950

1.000

1.050

01.02. 01.03. 01.04.01.12.01.11.01.03. 01.04. 01.05. 01.06. 01.07 01.08. 01.09. 01.10. 01.01.01.02.01.01.

Preis

Zeit

-

EmpfohleneKaufzeitpunkte

Vereinfacht

Predictive(automatisiert)

Expertenschätzung

Abb. 5: Gegenüberstellung Predictive Forecast mit Expertenschätzung und Ableitung empfohlener

Kaufzeitpunkte

3.4 Procurement Controlling & Reporting: AnwendungsbeispielMobile Berichterstattung in Echtzeit

Ausgangssituation: Unterschiedliches Reporting in verschiedenen Un-ternehmensfunktionen, unterschiedliche Messgrößen, kein einheitlichesVerständnis über den Wertbeitrag des Einkaufs, keine Verbindung zuEchtzeitdaten, langsame Reaktionen auf Planabweichungen aufgrundvergangenheitsorientierter Berichtserstattung.

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Digitalisierung im Einkauf

KostenanalysenverbessernStrategiequalität

FehlendeEinheitlichkeit

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Lösung: Entwicklung eines einheitlichen kaskadierten Kennzahlensets, daskontinuierlich mit Echtzeitdaten aus Produktion, Logistik, Lagerhäusernetc. aktualisiert wird und über verschiedene mobile Endgeräte abgerufenwerden kann. Stetiger Abgleich mit Prognosedaten aus Vertrieb zurIdentifikation von Beschaffungsengpässen.

Notwendige Daten: Echtzeitdaten über Ortsangaben, Transportrouten,Lagerkapazitäten, produzierte bzw. verbrauchte Mengen pro Stunde,Verkehrssituation, Warenein- und -ausgänge.

Nutzen: Echtzeit-Datensynchronisierung, Verfolgung von Produktions-und Absatzmengen, Abfrage von Echtzeit-Lagerbeständen, Zeitersparnisdurch ungebundenen Zugriff, sofortige Berichterstattung über Fehler,Verspätungen oder Verzug, reduzierte Reaktionszeiten, verknüpfte Be-richterstattung mehrerer Bereiche, durchgängige Einbindung unterschied-lichster Datenquellen.

Abb. 6 und Abb. 7 zeigen Beispiele für Berichte.

Juni 2012

Gesamtes Einkaufsvolumen (T€)

Direktes Einkaufsvolumen (T€)

Indirektes Einkaufsvolumen (T€)

Kommentar

Übersicht

PreiseMinder-menge

PreiseMehr-menge

Direktes Einkaufsvolumen (T€)

Controlling-Bericht Einkauf

Veränderung (T€)

Veränderung (%)

Preisveränderung vergleichbarer Warengruppen

Kommentar

Kommentar

Erwartete Einsparungen (T€)

Härtegrad 5: Prognose GuV-Wirksamkeit (T€)

Härtegrad 4: Umsetzung (T€)

Härtegrad 3: Maßnahme freigegeben (T€)

Härtegrad 2: Maßnahme bewertet (T€)

Härtegrad 1: Idee (T€)

Kommentar

Rahmenvertragsquote (%)

Single Sourcing-Quote (%)

Maverick Buying-Quote (%)

Boni (T€)

TCO (T€)

Verhandlungserfolge (T€)

Ist2011

Ist2012

Plan2012

deltaIst-Plan (%)

4. Kennzahlen

Ist2012

01 - 06

Anteilvergleichb.

mit VJ

Istvergleichb.

mit VJ

deltaPreisIst-VJ

KeineVeränd.

Preiserhöhungen PreissenkungenSonstige

Ist2011

Plan2012

Ist2012

2. Einkaufspreisveränderung zum Vorjahr (vergleichbare Warengruppen)

deltaIst-Plan (%)

3. Maßnahmentracking Einkauf

Ist2011

01 - 06

% des Umsatzes

Ist2012

01 - 06

% des Umsatzes

deltaIst-VJ

deltaIst-VJ (%)

1. Einkaufsvolumen Gesamt

2,1%

-3,2%

-0,6% -0,8%-1,6%

-4,1%

-2,5%

-6,7%

-0,8% -0,8%

-3,0%-2,2% -2,2%

Ant

rieb

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Zei

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ng

Nor

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ile

Pne

umat

ik

Ver

fah

rens

-te

chni

k

Ges

amt

One-Pager für Überblick und einkaufsexternes Reporting

Überblick direktes und indirektes Einkaufsvolumen

Detailberichte zu einzelnen Gruppen

Einkaufsvolumen

Einkaufspreisveränderungzum Vorjahr

Maßnahmenverfolgung im Einkauf

Ausgewählte Kennzahlen

nach Warengruppeninkl. Überblick überVeränderung zum Vorjahr

� nach Warengruppen und� Sparten

Einkaufspreisveränderung im Detail

Maßnahmenverfolgung� nach Warengruppen sowie� Top-Maßnahmen

� gegliedert nach WarengruppenKennzahlen im Detail,

Abb. 6: Beispielbericht „Überblick Einkauf“3

94

Umsetzung & Praxis

3 Entnommen aus Schentler et al., 2014.

HarmonisiertesKennzahlenset

StrategischesLieferanten-

netzwerk

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Abb. 7: Beispielbericht „Einsparungen“4

4 Implementierung und Lessons Learned4.1 Digitalisierungsstrategie für den Einkauf

Die verschiedenen Anwendungsfälle verdeutlichen die Potenziale einerkonsequenten Anwendung der Digitalisierung im Einkauf. Um jedocheine systematische Weiterentwicklung des Einkaufes zu betreiben undnicht Insellösungen für einzelne Probleme zu schaffen, sollte eineDigitalisierungsstrategie erarbeitet werden.

Die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie startet mit der Definitioneines Zielbilds für den digitalisierten Einkauf. Dieses beschreibt u.a.,welche Technologien zukünftig verwendet werden sollen und welcheEinkaufsprozesse mithilfe einer Digitalisierung verbessert werden sollen.Damit gibt das Zielbild eine langfristige Orientierung und schafft klareLeitplanken für die Erarbeitung konkreter Anwendungsszenarien. Einewichtige Grundvoraussetzung ist dabei die Verfügbarkeit von funktions-übergreifenden und harmonisierten Daten, die sich zur Erfassung,Aufbereitung und Analyse durch die Systeme eignen.

Anhand klarer Meilensteine lassen sich der Fortschritt sowie die Erfolgs-wahrscheinlichkeit einzelner Anwendungsszenarien kontinuierlich be-werten und eine Reallokation von Entwicklungskapazitäten vornehmen.Durch die schnelle und frühzeitige Erarbeitung von Prototypen lassensich die Auswirkungen und Potenziale neuer Technologien frühzeitigbewerten und fördern zugleich die Akzeptanz im Einkauf.

95

Digitalisierung im Einkauf

4 Entnommen aus Schentler et al., 2014.

Implementierungdurch parallellaufende UseCases

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Neben der Erarbeitung von Prototypen ist aber gleichzeitig die Einkaufs-organisation für den Einsatz neuer Technologien und Arbeitsweisenvorzubereiten. Je nach Bedarf und Organisation können Umstrukturie-rungen der Aufgaben oder Verantwortlichkeiten notwendig sein. Auchdas Personal bedarf intensiver Schulungen und Anwendungsworkshops,damit die Nutzung der neuen Möglichkeiten im Einvernehmen mit denMöglichkeiten der Systeme steht.

4.2 Probleme in der Praxis

Nach wie vor gestaltet sich die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategieschwierig; häufig insbesondere aufgrund der Komplexität der Anwen-dungstools. Als gängiges Problem erweist sich des Öfteren das reibungs-lose Zusammenspiel sowie die Verknüpfung verschiedener interner undexterner Systeme. Bei mangelnder Kompatibilität kann der Datenaus-tausch nicht reibungslos funktionieren und das Potenzial der Analysennicht voll ausgeschöpft werden, wodurch sich evtl. Verfälschungen derAnalyseergebnisse ergeben könnten.

Eine weitere Problematik können nicht vorhandene Kompetenzen undFertigkeiten der Mitarbeiter darstellen, wodurch sich die Implementie-rung einer digitalen Einkaufsstrategie verzögern oder die alltäglicheAnwendung der Systeme schlicht verhindert werden kann. Änderungenin den benötigten Rollen oder Kompetenzen von Personen sind durchPersonalentwicklungsmaßnahmen konsequent zu begleiten.

Auch im Bereich Datenschutz können Erschwernisse durch den internenund externen Datentransfer auftreten, wenn Regulierungen den Austauschund die Verarbeitung der Daten blockieren.

4.3 Lessons Learned

Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass insbesondere ein Vorgehenmithilfe kleiner Projektteams, die individuelle Prototypen entwickeln, dieallgemeine Neugier gefördert und die Nutzerakzeptanz deutlich gesteigertwerden. Gleichzeitig werden Erfolge schneller sichtbar und es müssen keinelangwierigen Implementierungszeiträume überdauern. Darüber hinauskann damit der Dynamik der Unternehmensumwelt Rechnung getragenwerden, die die Adaptionsfähigkeit neuer Systeme stets vor große Heraus-forderungen stellt (s. Abb. 8).

96

Umsetzung & Praxis

Umstrukturierungzur globalen

Einkaufs-organisation

FehlendeKompatibilität

GeschulteMitarbeiter sind

notwendig

Steigerung derNutzerakzeptanz

durchProjektteams

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Frühzeitige Kooperation mit der IT-Abteilung

Wichtig für den Zugang zu Massendaten und Integration von parallel laufenden Projekten

Controller als wichtige Ansprechpartner

Controller liefern wichtigen Input hinsichtlich Planung und Forecasts und sind essentiell für die Identifikation und Verständnis geeigneter Daten

Frühzeitige Kooperation mit dem Verantwortlichen

Es muss genug Zeit für die Lieferung der Daten eingeplant werden (parallel zum Alltagsgeschäft)

Daten und Modelle

Detailwissen über die Geschäftseinheit

Das Wissen über Geschäftseigenheiten (in diesem Fall Einkauf) ist wichtig für die Wahl der richtigen Inputfaktoren und für das Datenverständnis

Strukturmodelle sind zeitintensiv

Hoher Pflegeaufwand aufgrund von regelmäßigen Strukturveränderungen

Interne Projekt-Partner

70% der Arbeit ist Datenaufbereitung

Berichte sind stark aggregiert und strukturiert. Da dahinter liegenden Daten sind in der Regel vielschichtig und müssen adäquat aufbereitet werden

Abb. 8: Lessons Learned aus Big-Data-Projekten

Darüber hinaus ist im Vorfeld einer Digitalisierungsstrategie der interdis-ziplinäre Charakter der Projektzusammensetzung für eine erfolgreiche Umset-zung von entscheidender Bedeutung. Durch die Partizipation verschiedenerFachbereiche werden unterschiedliche Perspektiven sowie Datenquellen zu-sammengeführt. Dadurch wird das Entstehen einer Lösung gefördert, derenAnwendungsbereich nicht ausschließlich auf den Einkauf begrenzt ist, sondernauch anderen Unternehmensfunktionen Nutzen stiftet.

Die digitale Einkaufsstrategie sowie die Organisation und Kultur des Unter-nehmens müssen miteinander harmonisieren, damit eine Umstellung aufdigitalisierte und automatisierte Prozesse möglich ist. Es ist notwendig zuverstehen, dass die Technologie nicht den kompletten Beschaffungsprozessersetzen kann. Die strategische Steuerung der Prozesse ist wichtig und kannnur funktionieren, wenn Mensch und Technologie zusammenarbeiten unddas Potenzial ausschöpfen, das sich aus dem Zusammenspiel ergibt. DieNotwendigkeit zur Erhaltung persönlicher Kontakte zu Lieferanten undKunden darf deshalb nicht unterschätzt werden, da Technologien keinenErsatz für das Netzwerk in persona darstellen.

5 FazitUnternehmen sollten frühzeitig das Potenzial der Digitalisierung im Einkauferkennen und in eine konkrete Digitalisierungsstrategie transformieren. Nur

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Digitalisierung im Einkauf

InterdisziplinäreProjekt-zusammen-setzung erfolgs-entscheidend

Zusammenarbeitvon Mensch undTechnologieessenziell

Page 17: Digitalisierung im Einkauf: Chancen, …...Fachartikel Digitalisierung im Einkauf: Chancen, Anwendungsbeispiele und Erfahrungen bei der Umsetzung Erschienen in: Der Controlling-Berater

eine frühzeitige Implementierung, die alle Bedürfnisse des Bereichs berück-sichtigt, führt dazu, dass das gesamte Potenzial neuer Technologien unddigitalisierter Prozesse konsequent genutzt wird. Durch den Gewinn anneuen Erkenntnissen, die durch die Datenerfassungen und -analysengeliefert werden können, entwickeln sich für den Einkauf neue Potenziale,um zukünftig den Fokus mehr auf eine strategischere Ausrichtung zu legenund aus den Zeitersparnissen durch digitalisierte und automatisierteProzesse Vorteile zu generieren. Das Aufgabenspektrum des Einkäufersverschiebt sich somit langfristig weiter zu strategischeren Tätigkeiten.

Die Position des Einkaufs als interne und externe Schnittstelle des Unter-nehmens öffnet die Chance, die Innovationen und Möglichkeiten einerdigitalen Einkaufsstrategie gewinnbringend in die Prozesse des gesamtenUnternehmens einzubringen. Die externe Vernetzung sowie die Nutzungexterner Daten für Echtzeit-Analysen bieten Möglichkeiten zur Etablierungneuer Geschäftsprozesse und -modelle und können zur Steigerung derProzesseffizienz beitragen. Beschaffungsprozesse können so direkt durchden Einkauf strategisch innoviert werden und haben großen Einfluss auf alleweiteren Unternehmensprozesse.

Bei der Umsetzung der Implementierungsstrategie gilt es durch eineParallelisierung verschiedener Initiativen mehrere Anwendungsfälle inkonkrete Prototypen zu transformieren, um dadurch frühzeitig Nutzen-vorteile zu erschließen und die Nutzerakzeptanz zu maximieren. Zusätzlichsind die Konsequenzen für die fachliche Weiterentwicklung der Einkaufs-mitarbeiter sowie der Organisation zu fokussieren, um eine nachhaltigeund langfristige Anwendung entwickelter Lösungen zu gewährleisten.

6 LiteraturhinweisePorter/Heppelmann, How smart, connected products are transformingcompetition, Harvard Business Review, Nr. 11, 92. Jg., 2014, S. 64–88.

Rozados/Tjahjono, Big Data Analytics in Supply Chain Management:Trends and Related Research, 6th International Conference on Operati-ons and Supply Chain Management, 2014, https://www.researchgate.net/publication/270506965_Big_Data_Analytics_in_Supply_Chain_Manage-ment_Trends_and_Related_Research, Abrufdatum 1.9.2016.

Schentler/Weick/Heisel/Nadilo, Steuerung des Einkaufs direkter undindirekter Materialien bei der KRONES AG, in Keuper/Sauter (Hrsg.),Unternehmenssteuerung in der produzierenden Industrie – Konzepteund Best Practices, 2014, S. 301–320.

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Umsetzung & Praxis

FrühzeitigeDigitalisierungbringt Vorteile

EntscheidendeFaktoren