die zukunft des alterns
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| E D I TO R I A L
© 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 3/2007 (37) | Biol. Unserer Zeit | 139
Dieses Schwerpunktheft von „Biologie in unserer Zeit“befasst sich mit einem der spannendesten For-
schungsgebiete überhaupt: Der Frage, warum wir altern,wie wir altern – und welche Antworten die Wissenschaftauf die Probleme hat, die das Altern mit sich bringt.
Zunächst einmal müssen wir das Alter differenziert be-trachten, denn besonders die späteren Lebensab-
schnitte zeichen sich nicht durch gleichbleibende Le-bensqualität aus. Während die jungen Alten, also die 60-bis 80-Jährigen, im Durchschnitt deutlich fitter sind, als esdie Generationen vor ihnen waren, sinkt im hohen Alterdie Leistungsfähigkeit geistig wie körperlich erheblich. Besonders drastisch steigt etwa dieZahl der Demenzerkrankungen:Liegt der Anteil der an Demenz Er-krankten bei den 70-Jährigen nochbei fünf Prozent und bei den 80-Jährigen zwischen zehn und fünf-zehn Prozent, so leidet unter den 90-Jährigen bereits jederZweite an einer Erkrankung wie beispielsweise Alzheimer.
Und selbst wer mit 90 Jahren noch nicht erkrankt ist,muss einen zunehmend größeren Teil seiner geistigen
Leistungen auf die Steuerung der alltäglichen Bewegun-gen verwenden. Der alternde Körper stellt eine große Hypothek für den Geist dar. So unterbrechen alte Men-schen eine Unterhaltung, wenn sie eine Straße überque-ren oder sich auch nur eine Tasse Kaffee einschenken. Mitzunehmendem Alter muss der Mensch also mehr von sei-nen geistigen Ressourcen für den körperlichen Alltag auf-wenden.
Angesichts dieser Entwicklung erstaunt es, wie wenig bisher über die biologischen Ursachen des Alterns be-
kannt ist. Warum altern Zellen? Wie erneuert sich unserGewebe? Warum treten bestimmte Krankheiten mit demAlter häufiger auf? Die Artikel dieses Schwerpunkthefteserläutern, wie Pflanzen und Pilze altern, zeigen, welcheHoffnungen auf einer Gewebeersatztherapie mit Stamm-zellen ruhen, befassen sich mit den zellbiologischenGrundlagen des Alterns – und diskutieren auch die ver-schiedenen Theorien, mit denen Forscher das Rätsel desAlterns bereits lösen wollten.
Eines steht heute schon fest: Es gibt kein magic bullet,kein Gelée royale, keine Impfung gegen das Altwer-
Die Zukunft des Alterns
den. Stattdessen trägt ein komplexes Netzwerk von Genaktivitäten im gesamten Lebensverlauf dazu bei, freieRadikale zu reduzieren oder Schäden im Erbmaterial zu reparieren. Trotz dieser Komplexität gibt es Hoffnung – zumindest langfristig – über ein Verständnis dieser Pro-zesse bei Schäden regulierend eingreifen zu können. Zielist, die Voraussetzung für das langfristige intakte Zusam-menleben des Zellstaates zum Wohle des gesamten Kör-pers zu schaffen.
Ein altersbedingter Verfall könnte – grundsätzlich be-trachtet – vermeidbar sein, denn biologische Systeme
besitzen viele Mechanismen, um Schäden zu reparierenbeziehungsweise defekte Zellen zuersetzen. Ein genaues Verständnisdieser Prozesse wäre ein Aus-gangspunkt, um regenerative The-rapien zu entwickeln.
Mit diesen Erkenntnissen lassen sich auch Daten er-klären, die zeigen, dass eine kalorienreduzierte Diät
die Lebensspanne von Modellorganismen und möglicher-weise auch die von Primaten verlängert. „Dinner Cance-ling“ könnte also unter Umständen auch beim Menscheneine Verzögerung des Alterungsprozesses bewirken. Dochwas bedeutet das für die Realität – nur noch jeden drittenTag zu essen? Das Ziel sollte ein anderes sein: Es geht nichtum mehr Jahre im Leben, sondern um mehr Leben in denJahren!
Wir müssen also die Bedingungen für ein gesundes Altern – auch noch in den späten Lebensjahren – ver-
stehen und Wege finden, sie zu beeinflussen. Deswegengründet die Max-Planck-Gesellschaft ein neues Institut fürdie Biologie des Alterns. Es wird sich dem Wechselspielzwischen genetischen Steuerungsprogrammen und exo-genen Einflüssen widmen, die für altersbedingte Erschei-nungen ausschlaggebend sind.
Interessante Lesestunden wünscht Ihnen Ihr
„ZIEL IST NICHT: MEHR JAHRE
IM LEBEN. SONDERN:
MEHR LEBEN IN DEN JAHREN!“
PETER GRUSS
Peter Gruss ist Präsident der Max-Planck-Gesellschaftund Kurator von Biologie in unsererZeit.
Weitere Artikel zumThema finden Sie in dem von PeterGruss herausgege-benen Buch: „DieZukunft des Alterns– Die Antwort derWissenschaft“, EinReport der Max-Planck-Gesellschaft,C.H. Beck München,2007. 334 Seiten, R 16,90. ISBN: 978 3 406 55746 0.
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Alter schützt vor Liebe nicht, aber Liebe schütztbis zu einem gewissen Grade vor Alter.
Jeanne Moreau
Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit,und neues Leben blüht aus den Ruinen.
Friedrich v. Schiller
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Vom Standpunkt der Jugend aus gesehen, ist das Leben eine unendlich lange Zukunft; vom Standpunkt des Alters aus, eine sehr kurze Vergangenheit... Man muss alt geworden sein, also lange gelebt haben, um zu erkennen, wie kurz das Leben ist.
Arthur Schopenhauer
Altern ist eine ungute Gewohnheit, die ein beschäftigter Mensch gar nicht erst aufkommenlässt.
André Maurois
Bilder: Diana Lundin,
Piotr Sikora, Franz Pfluegl,
Laurin Rinder – FOTOLIA.