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MD LESEPROBE Dieses Kapitel ist ein Auszug aus dem Abenteuer-Fachroman „Kita KITOPIA“ – *Einladung zu einer Reise in die Welt der spannenden Pädagogik*, der voraussichtlich 2015 erscheinen wird. © Mariele Diekhof 2014. All rights reserved. Fortsetzung nächste Seite … www. kita-beraterin.de DIE TÜR ZUR MÄRCHEN-STUBE * * * *Tausend und eine Geschichte – Das Geheimnis der uralten Erzähldecke* *Knusel-Busel- die lustigste Geschichte der Welt* * * * Tausend und eine Geschichte – Das Geheimnis der uralten Erzähldecke Wenn Sie sich noch etwas Zeit nehmen, dann zeige ich Ihnen noch etwas ganz Besonderes, wendet sich Ingrid Ed- wards uns zu und erhebt sich. Ich bin in fünf Minuten zurück, Sie dürfen währenddessen gerne noch der Harfenmusik lauschen und ein wenig in der Märchenkiste wühlen, ruft sie zurück während sie beschwingt den Raum verlässt. Was mag sie uns Schönes zeigen wollen? Haben Sie eine Ahnung, liebe Leserin? Ich auch nicht. Ich spüre, wie meine Spannung wächst. Nach kurzer Zeit kommt die Erzieherin zurück und setzt sich mit einer dicken Tasche unter dem Arm zu uns. Gleich werden Sie ins Staunen geraten, sagt sie leise und zieht mit einer Hand eine uralte flauschige Decke aus der Tasche. Sorgfältig, fast schon ein wenig feierlich bereitet sie die Decke vor uns aus. Es ist keine gewöhnliche Decke. Sie ist mit vielen Gegenständen bedeckt, die alle aufgenäht zu sein scheinen. Frau Edwards wandert mit der Taschenlampe über die Decke und bringt so die kleinen Dinge zum Strahlen. Wir sehen einen goldenen Knopf, der etwa mittig der Decke einen festen Platz hat und im Licht funkelt. Gleich daneben fällt uns ein gelber Topfschwamm ins Auge. . * * *

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LeseprobeDieses Kapitel ist ein Auszug aus dem Abenteuer-Fachroman „Kita KITOPIA“ – *Einladung zu einer Reise in die Welt der spannenden Pädagogik*, der voraussichtlich 2015 erscheinen wird.

© Mariele Diekhof 2014. All rights reserved.

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Die Tür Zur

Märchen-sTube * * *

*Tausend und eine Geschichte – Das Geheimnis der uralten Erzähldecke*

*Knusel-Busel- die lustigste Geschichte der Welt*

* * *

Tausend und eine Geschichte – Das Geheimnis der uralten Erzähldecke Wenn Sie sich noch etwas Zeit nehmen, dann zeige ich Ihnen noch etwas ganz Besonderes, wendet sich Ingrid Ed-wards uns zu und erhebt sich. Ich bin in fünf Minuten zurück, Sie dürfen währenddessen gerne noch der Harfenmusik lauschen und ein wenig in der Märchenkiste wühlen, ruft sie zurück während sie beschwingt den Raum verlässt.Was mag sie uns Schönes zeigen wollen? Haben Sie eine Ahnung, liebe Leserin? Ich auch nicht. Ich spüre, wie meine Spannung wächst.

Nach kurzer Zeit kommt die Erzieherin zurück und setzt sich mit einer dicken Tasche unter dem Arm zu uns. Gleich werden Sie ins Staunen geraten, sagt sie leise und zieht mit einer Hand eine uralte flauschige Decke aus der Tasche. Sorgfältig, fast schon ein wenig feierlich bereitet sie die Decke vor uns aus. Es ist keine gewöhnliche Decke. Sie ist mit vielen Gegenständen bedeckt, die alle aufgenäht zu sein scheinen. Frau Edwards wandert mit der Taschenlampe über die Decke und bringt so die kleinen Dinge zum Strahlen. Wir sehen einen goldenen Knopf, der etwa mittig der Decke einen festen Platz hat und im Licht funkelt. Gleich daneben fällt uns ein gelber Topfschwamm ins Auge. .

* * *

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Wir lassen unsere Augen weiter über die Decke schweifen und entdecken noch viele aufgenähte geheimnisvolle Dinge:

•EinStückchenGardinenstoff •EineZahnbürste •EinePlastikblume •EineweißePerle •EinePlastikschlange •EinenSeestern •EinkleinesHolzstöckchen •EineglitzerndeBrosche •EinenaltenBleistift •EinensilbernenKamm •EinkleinesgefaltetesSegelschiff •EineweißeFeder •EinenLachsack,deringackerndeGeräuscheausbricht,sobaldereingedrücktwird.

Nun werden wir neugierig. Was bedeuten all die Gegenstände, warum stecken sie auf der Decke fest?, frage ich mich und sehe Ingrid Edwards an, die lächelnd zu uns herüber schaut. Gerne verrate ich Ihnen das Geheimnis dieser alten Erzähldecke, sagt sie, und streicht mit ihrem Zeigefinger über den goldenen Knopf. Schauen Sie, jedes kleine Ding hier symbolisiert ein ganz bestimmtes Märchen oder eine Geschichte. Die Kinder wissen da genau bescheid, sie kennen jedes einzelne Symbol und das dazugehörige Märchen. Um diesen goldenen Knopf dreht sich alles im Mär-chen „Kleidchen leuchte“, ein absolutes Lieblingsmärchen unserer Mädchen. Oder sehen Sie hier, sie strahlt mit der Taschenlampe das gefaltete Papierschiffchen an. Dieses Segelboot symbolisiert die Geschichte vom Kapitän Kalle, der auf seinen abenteuerlichen Reisen aufregende Dinge erlebt und sogar schon in Seenot geraten ist. Immer wieder wollen die Kinder neue Abenteuer von ihrem Kapitän hören.

DieweißeFederhieristvomGefiederderFriedenstaubeElisabet,dieihreWeltvonobensiehtundvielzuerzählenhat.

Frau Edwards sieht uns an: Diese Erzähldecke ist für uns alle wie ein kostbarer Schatz, die Kinder lieben sie und wollen immer wieder ihre Geschichten hören. Nicht nur wir Erzieherinnen erzählen die Geschichten, manche Kinder erzählen ebenfalls recht gerne. Es gibt ein kleines Ritual: Sobald wir alle gemütlich mit unserer ausgebreiteten Erzähldecke im abgedunkelten Raum beisammen sitzen, leuchtet ein Kind mit der Taschenlampe eines der aufge-nähten Gegenstände an. Alle wissen, welches Märchen nun im Mittelpunkt steht. Darum rankt sich dann alles. .

* * *Die Tür zur „Märchenstube“ öffnet sich und einige Kinder schauen zu uns herüber. Wir wollen Märchen hören, rufen sie laut in den Raum. Ingrid, liest du uns vor? Die Erzieherin winkt die Kinderschar herein und alle setzen sich zu uns in den Kreis. Nach einigen turbulenten Minuten haben es sich alle gemütlich gemacht und es wird etwas ruhiger. Ich will heute leuchten, bestimmt ein etwa fünfjähriger Jungen und hält nach der Taschenlampe Ausschau, die er kurz darauf triumphierend in seinen Händen hält. Ohne lange zu überlegen, beleuchtet er den Lachsack auf der Erzähldecke und grinst: Die Geschichte von Knusel-Busel mag ich am liebsten. Er drückt schwungvoll auf den Sack und im Nu sind wir von wild gackernden Kindern umgeben, die mit dem Lacksack um die Wette lachen und sich kaum beruhigen können. Auch Ingrid Edwards stimmt mit ein und eine spontane Lachlaune erfasst uns alle hier im Raum. Was für ein Bild: DasitzenjedeMengekleineundgroßeLeuteineinemabgedunkeltenRaumumeinealteDeckeversammeltundkrümmen sich vor lachen …

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Knusel-Busel- die lustigste Geschichte der Welt Irgendwann wird es still, nur leise Panflötenmusik ist zu hören und Frau Edwards beginnt zu erzählen: „Heute erzähle ich euch die lustigste Geschichte der Welt. Kerzen habe ich nicht angezündet, ihr würdet sie vor lauter Lachen wahrscheinlich ausprusten. Sitzt ihr gemütlich auf euren Kissen? Dann hört gut zu:

Nicht weit von hier gibt es ein kleines Städtchen, und dieses Städtchen heißt – du wirst es nicht glauben - Knusel-Busel. Eigentlich ist Knusel-Busel ein ganz normales Städtchen mit einer kleinen Schule, einem schönen Kindergarten, einem klitzekleinen Spielplatz und vielen bunten Häusern, in denen Menschen wohnen. Und trotzdem ist Knusel-Busel eine ganz besondere Stadt und wisst ihr auch warum? Ich will es euch sagen: Alle Leute die dort wohnen, finden den Namen der Stadt soo lustig, dass sie nicht aufhören können zu lachen. Ja, stellt euch vor, sie lachen den ganzen Tagund das geht schon morgens los, wenn der Wecker rasselt. „Knusel-Busel“, kreischen die Kinder schon am frühen Morgen, „welch ein lustiger Name“. Und dann prusten sie los und lachen und lachen und lachen..... Aber nicht nur die Kinder, auch die großen Leute halten sich vor La-chen ihre Bäuche und können gar nicht mehr aufhören. Erst am späten Abend, wenn alle müde und erschöpft vom Lachen ins Bett sinken, erst dann ist Ruhe in Knusel-Busel.

Doch am nächsten Tag geht es wieder los. Manchen Leuten fallen vor lauter Lachen die Zahnbürsten beim Zähneputzen aus der Hand. Einige werden kaum satt, weil sie beim Butterbrotkauen die Brotkrümel umherprusten oder weil sie beim Löffeln ihrer Suppe das meiste auf den Tisch kleckern.

Auch im Kindergarten von Knusel-Busel geht es anders zu als anderswo. Die Erzieherin kann den Kindern nämlich vor lauter Lachen keine Geschichte er-zählen. Manchmal sitzen sie alle zusammen im Stuhlkreis und freuen sich auf eine gemütliche Spielrunde, aber da wird nix draus! Die Kinder in Knusel-Busel kennen nicht eine Geschichte. Sie können vor Lachen nicht ein einziges Lied singen. Aus der Grundschule von Knusel Busel dringen den ganzen Vormittag nur Lachgeräusche aus den geöffneten fenstern auf die Straße.

Knusel Busel, was für ein lustiger Name, kreischen die Kinder und Lehrer und lachen, lachen und lachen.... So kommt es, dass nicht ein Kind in Knusel Busel schreiben, rechnen oder lesen kann.

In diesem lustigen Städtchen gibt es natürlich auch einen Bürgermeister. Herr Pampenpieper, so heisst er, lacht auch den ganzen Tag. Aber er ist nicht dumm und macht sich große Sorgen um die Menschen in seinem Städtchen. „Oho, hoho“, lacht er, „wo führt das nur hin? Die Kinder werden immer dünner und dümmer. So geht das nicht weiter.

Eines Tages hat er eine gute Idee. Er ruft alle Menschen zu einer wichtigen Ver-sammlung ins Rathaus. „Alle mal herhören“, ruft er. „So geht das hier nicht weiter

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in Knusel Busel. Ich mache mir große Sorgen und darum habe ich beschlossen – bevor wir uns alle totlachen – dass ab sofort das Lachen hier verboten ist! Achtung fertig los!“

Sofort wird es still im Rathaus, alle sind entsetzt. „Was?Wir dürfen nicht mehr la-chen“, schluchzen die Kinderund beginnen bitterlich zu weinen. Auch die groß-en Leute in Knusel Busel können es nicht fassen und beginnen zu weinen. Sie weinen und weinen und weinen....

Erst am Abend, wenn alle kleinen und großen Leute in ihren Betten liegen, kehrt Ruhe ein. Doch schon am nächsten Morgen geht es wieder los. Vor Weinen las-sen manche ihre Zahnbürste fallen oder prusten Brotkrümel über den Tisch. Im Kindergarten gibt es noch immer keine Geschichte, weil die Erzieherinnen den ganzen Tag weinen müssen.

„So geht das nicht weiter“, schluchzt der Bürgermeister, Herr Pampenpieper eines Tages. „Ich werde mir etwas Neues einfallen lassen“, denkt er. Sieben Tage und Nächte überlegt er und dann hat er eine grandiose Idee. Alle Leute müssen wieder ins Rathaus kommen. „Alle mal herhören“, ruft er. Ich mache mir große Sorgen. In ganz Knusel Busel lernen die Kinder nichts, weil sie den ganzen tag weinen müssen. Sie kennen keine Geschichte, können nicht schreiben und lesen. So geht das nicht weiter. Ich habe mir deshalb überlegt, dass wir unserer Stadt einen neuen Namen ge-ben.

Ab sofort heißt unsere Stadt nicht mehr Knusel Busel, sondern Knisel Bisel…“Na, was glaubst du? Ob das wirklich so eine gute Idee vom Bürgermeister war? Oder lachen sie wohl noch immer, die großen und kleinen Leute von Knisel Bisel? Vielleicht besuchst du ja irgenwann das Städtchen, dann kannst du ja mal hor-chen – und es mir erzählen ja?

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lachen oder weinen sie wohl noch im-mer, die großen und kleine Leute aus dem lustigen Knisel Bisel …“

Was für eine witzige Geschichte, denke ich und sehe in die Runde. Eines der Kinder beugt sich erneut über die Erzähl-decke und drückt schwungvoll auf den Lachsack. Wieder bricht übermütiges Lachen aus. Ingrid Edwards versucht, die Kinder in ein Gespräch zu verwickeln. Was glaubt ihr denn, wie es den Kindern in Knisel Bisel geht? Ob sie wohl noch immer lachen? Doch keines der Kinder zeigt Interesse, sie krümmen sich bereits wieder vor Lachen und schla-gen ausgelassen und fröhlich im Wechsel auf den Lachsack.

Herrlich! Was meinen Sie, liebe Leserin? Wollen wir eine weitere Tür in der Kita öffnen? Wir verabschieden uns von Frau Edwards und der ausgelassenen Kinderschar, verlassen gut gelaunt die Märchenstube und betreten den Flur. Dort kommt uns Katrin Stuckstätte mit dem zweijährigen Miro auf dem Arm entgegen. Na, drehte sich mal wieder alles um Knusel Busel? Das Lachgetobe ist ja nicht zu überhören, schmunzelt sie und verschwindet mit dem Kind im Waschraum.

Wir blicken den beiden gedankenversunken nach. Es ist so einfach, Kinder zu begeistern, sie zu verzaubern und sie zum Lachen zu bringen, denke ich. Kinder sollten viel öfter verzaubert und weniger belehrt werden, was meinen Sie, liebe Leserin?