die konfiguration des 2-chlorbutans und der chlorbuttersäuren

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F r e u d en b erg und Lw o w s ki 14 I Die Konfiguration des 2-Chlorbutans und der Chlorbuttersauren Von Karl Freudenberg und Walter Lwowski (Aus dem Chemischen Institut der Universitlt Heidelberg) (Eingegangen am 24. September 1955) Der einfachste optisch aktive Chlorkohlenwasserstoff ist das 2-Chlorbutan. Seine Konfiguration war bisher nicht mit Sicherheit bekannt. Aus (+ ) 2-Butanol der Konfiguration I entsteht mit Chlor- Ionen (-) 2-Chlorbutanl) in einer Reaktion, deren Kinetik nicht er- mittelt worden ist. Nimmt man an, daD es sich um eine SN2-Reak- tion handelt, die unter Waldenscher Umkehrung verlauft, so erhdt man fur das (-) 2-Chlorbutan die Projektionsformel I1 b. Zu der- selben Zuordnung fuhrte eine quanten-mechanische Abschatzung W. Kuhns2). Nachdem die vorliegende Arbeit experimentell ab- geschlossen war, haben C. L. Stevens, D. Morrow und J. Law- son3) mitgeteilt, daB sie 2-Chlorbutan der Drehung [ . ] ! , " = -31,2" durch Pyrolyse des Iminoacetat-hydrochlorids optisch reinen (+)2-Butanols (111) erhalten haben. Da nach 8. M. McElvain4) die Pyrolyse der Iminoester-hydrochloride uber eine SN2-Reaktion mit Waldenscher Umkehrung verlguft, schlieDen die Autoren ehenfalls nuf die Konfiguration I I b fur das (-) 2-Chlorbutan. H- r3 -0-G=NH * HCI I CH, C1- -H I I1 C,H5 CZH, (+I I (-) I1 b 111 C,H5 AH, x" H-C-OH Wir haben die (+)a-ChlorbuttersLure der Konfiguration V Zuni (+) 2-Chlorbutan (IIa) reduziert. Das Ergebnis stimmt mit den1 von C. L. Stevens, D. Morrow und J. Lawson sowie mit W. K u h n s Berechnung iiberein5). Die Konfiguration der durch Racemattrennung gewonnenen (+ )a-Chlorbuttersiiure (V) wurde durch optischen Vergleiche* '3 8, 1) J. Timmermaris u. E. F. Martin, J. Chim.Physique 25, 424, 433 (lBP8); 2) 2. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 56, 506 (1952). s, J. Amer. chem. SOC. 77,2341 (1955). 4, J. Amer. chem. SOC. 73, 2233 (1951). 6) Hierzu: K. Freu de n b e r g u. W. H o hmann, Liebigs Ann. Chem. 584, .54 (1954). 6) K. Freudenberg u. I?. Rhino, Ber. dtsch. chem. Ges. 57, 1547 (1924). 7) K. Freudenberg u. L. Markert, ebenda 58,1755 (1925). 8) K. Freudenberg u. A. Luchs, ebenda 61,1083 (1928). J. F. Lane u. S. E. Ulrich, J. Amer. chem. SOC. 72, 5132 (1950).

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Page 1: Die Konfiguration des 2-Chlorbutans und der Chlorbuttersäuren

F r e u d e n b e r g und Lw o w s ki 14 I

Die Konfiguration des 2-Chlorbutans und der Chlorbuttersauren

Von Karl Freudenberg und Walter Lwowski

(Aus dem Chemischen Institut der Universitlt Heidelberg)

(Eingegangen am 24. September 1955)

Der einfachste optisch aktive Chlorkohlenwasserstoff ist das 2-Chlorbutan. Seine Konfiguration war bisher nicht mit Sicherheit bekannt. Aus (+ ) 2-Butanol der Konfiguration I entsteht mit Chlor- Ionen (-) 2-Chlorbutanl) in einer Reaktion, deren Kinetik nicht er- mittelt worden ist. Nimmt man an, daD es sich um eine SN2-Reak- tion handelt, die unter Waldenscher Umkehrung verlauft, so erhdt man fur das (-) 2-Chlorbutan die Projektionsformel I1 b. Zu der- selben Zuordnung fuhrte eine quanten-mechanische Abschatzung W. Kuhns2). Nachdem die vorliegende Arbeit experimentell ab- geschlossen war, haben C. L. S tevens , D. Morrow und J. Law- son3) mitgeteilt, daB sie 2-Chlorbutan der Drehung [.]!," = -31,2" durch Pyrolyse des Iminoacetat-hydrochlorids optisch reinen (+)2-Butanols (111) erhalten haben. Da nach 8. M. McElvain4) die Pyrolyse der Iminoester-hydrochloride uber eine SN2-Reaktion mit Waldenscher Umkehrung verlguft, schlieDen die Autoren ehenfalls nuf die Konfiguration I I b fur das (-) 2-Chlorbutan.

H- r3 -0-G=NH * HCI I

CH,

C1- -H I I1

C,H5 CZH, ( + I I (-) I1 b 111

C,H5 AH,

x" H-C-OH

Wir haben die (+)a-ChlorbuttersLure der Konfiguration V Zuni (+) 2-Chlorbutan (IIa) reduziert. Das Ergebnis stimmt mit den1 von C. L. S tevens , D. Morrow und J. Lawson sowie mit W. Kuhns Berechnung iiberein5).

Die Konfiguration der durch Racemattrennung gewonnenen (+ )a-Chlorbuttersiiure (V) wurde durch optischen Vergleiche* '3 8,

1) J. Timmermaris u. E. F. Martin, J. Chim.Physique 25, 424, 433 (lBP8);

2) 2. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 56, 506 (1952). s, J. Amer. chem. SOC. 77,2341 (1955). 4, J. Amer. chem. SOC. 73, 2233 (1951). 6) Hierzu: K. Freu de n b e r g u. W. H o hmann, Liebigs Ann. Chem. 584, .54 (1954). 6 ) K. Freudenberg u. I?. Rhino, Ber. dtsch. chem. Ges. 57, 1547 (1924). 7) K. Freudenberg u. L. Markert, ebenda 58,1755 (1925). 8) K. Freudenberg u. A. Luchs, ebenda 61,1083 (1928).

J. F. Lane u. S. E. Ulrich, J. Amer. chem. SOC. 72, 5132 (1950).

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mit der u-Chlorpropionsiiure ermittelt . Die Konfiguration der (+ )or-Chlorpropionsiiure (IV) ist durch K. Fr e u den b e r g , W. K u h n und I. B u hm anng) ebenfdls durch optischen Vergleich festgestellt wordenlo). Aus den in Tab. 1 angefiihrten molekularen Drehungen

Tab. 1 Molekulare Drehungen von a-Chlorpropionsiiure

und von a-Chlorbut te rsaure und ihren Der ive ten [MI,,,

( t )a-Chlorpropion-

( i )a-Chlorbutter- saure (IV)

siiure (V)

+ 166 + 34 - 5 -82

+22,2 + 30 -18 -80

ergibt sich, da13 die beiden SBuren bei gleichem Drehungsvorzeichen die gleiche Kmfiguration haben. Entsprechende Konfigurationen fand W. S chlenkll) mittels seiner Methode der Harnstoff-Ein- schlufherbindungen. Tab. 2 zeigt die Reduktion zum 2-Chlorbutan

8 , Ber. dtsch. chem. Ges. 63, 2380 (1930). I") Die ersten Versuche, die optische Aktivitat zur Konfigurationsbestimmung

heranzuziehen [L. J. Simon,C. S.Hudson,P.F.Frankland, G. W.Cloughu.a., Literatur: K. Frcudenberg, M. Ch. 85, 537 (1954)], fuhrten zu widersprechendcn Ergebnissen. Erst nach Auffiidung des Verschiebungssatzes der optischen Drehung [K. Freudenberg, F. Brauns u. H. Siegel, Ber. dt>sch. chem. Ges. 56, 193 (1923); K. Freudenberg, L. Markert , Ber. dtsch. chem. Ges. 58, 1753 (1925)l wurde die optische Aktivitiit zum sicheren Mittel der Konfigurationsbestimmung. iind es konnten die obergiinge in der Propion- und Bernsteinsiiure-Reihe mit aller Sicherheit in solche eingeteilt werden, die mit und die ohne Umkehrung verlaufen [K. Freudenberg u. A. Luchs, Bar. dtsch. chem. Ges. 61, 1083 (1928)l. Von Werner Kuhn und in Zusammenarbeit mit ihm wurden die theoretischen Unter- lagen des Verschiebungssatzes experimentell ermittelt [W. Kuhn , 2. physik. Chem. Abt. B 4, 14 (1929); Trans. Faraday SOC. 26, 293 (1930); W. Kuhn u. E. Braun, Z. physik. Chem. Abt. B 8, 281 (1930); W. Kuhn, K. Freudenberg u. I. Wolf, Ber. dtsch. chem. Ges. 63,2367 (1930); K. Freudenbergu. W. Kuhn , ebenda 64, 703 (1931); W. Kuhn u. K. Freudenberg, Naturliche Drehung der Polarisationsebene, in : Eucken-VC'olf, Hand- und Jahrbuch der chemischen Physik, Band VIII, Abschn. 111, Seite 107, Leipzig 1932; W. Kuhn in Stereochemie herausgegeben von K. Freudenberg, Seite 412, Leipzig u. Wien 19331.

Dies mu13 festgestellt werden angesichts neuerer Behauptungen von J. A. Mills u. W. Klyne (in: W. Klyne, ProgreB in Stereochemistry, Seite 177, London 1954) sowie von P. B. D. de la Mare (ebenda, Seite 94). Die britischen Autoren meinen, daB erst durch die kinetischen Untersuchungen yon E. D. Hughes, C. K. Ingold u. a. die konfigurative Beziehung zwischen a-substituierten Fettsiiuren festgestellt worden sei. Beide Verfahren Bind brauchbar; wir halten es fur unsachlich, dem einen den Vorrang vor dem anderen zu geben.

11) XIV. Internat. KongreD fur reine u. angew. organische Chemie, Zurich 1956 Referatenband p. 84.

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Die Konfiguration des 2-Chlorbutans und der Chlorbuttersauren 143

und auBerdem die analoge Redubtion der (-)P-Chlorbuttersaure zum (-) 2-Chlorbutan, durch die sich die Konfiguration der p-Saure ergibt.

Tab. 2 CH,OH CH,OSO,CH, CH3

YOOH YOOH I I I

I

I CH,

CH3

(+)cc-Chlor- (+)u-Chlor- propion- butter-

saure saure IV V

H-e-Cl H-d-CI + I - I

CHZ ?HZ I CH, CH,

(+)2-ChIor- (+)2-Chlor- butanol- 1 butanol- 1 -

mesylester VI VI I

H-C-Cl - CH, I CH,

(+ )2- Chlor- butan I1 a

c'H,OSO,CH,

CH, I CH,

I - I - I I

1 COOH UOCl CHpOH I I OHz CHZ

---t I CI-C-H C1-C-H Cl-C-H Cl--C-H

CH3 CH, CH, CH, (+)3-Chlor-

butter- butyryl- butanol-1 butanol-l- (+)P-Chlor- (+)P-Chlor- (+)3-Chlor-

same chlorid mesvlester VI I I IX X XI

Fiip das 2-Chlorbutan haben wir [a]: = 37,8O gefunden. R. L. Lets inger , L. C. MauryundR. L. BurwellI2) haben [a]g = 38,4 als obere Grenze fiir den Drehwert abgeschiitzt. Die hohe spez. Drehung des 2-Chlorbutans ist bsachtenswert.

Auf die Zuteilung des ( +) und (-)2-Chlorbutans zu einer D- oder L- Reihe verzichten wir aus fruher erlauterten Grunden. Nachdem wir inzwischen durch die Freundlichkeit der Herren R. S. Cahn, C. K. Ingold und V.Prelog von einem Nomenklatursystem Kenntnis er- halten haben, das in Experientia veroffentlicht wird, miissen wir ihm den Vorzug geben vor einem System von M c C a sl a n d, zu dem wir uns friiher bekannt habenls).

Beschreibung der Versuche a-Chlorbutyrylchlorid wurde nach W. M a r k ~ w n i k o f f l ~ ) durch Einleiten von

Chlor in - mit etwas Jod versetztes - siedendes B~tyrylchlorid'~) gewonnen. Die Chlorierung ging boi don einzelnen Ansiitzen mit sehr unterschiedlicher

l a ) J. Amer. chem. Soo. 73, 2373 (1951). 13) K . F r e u d e n b e r g u. W.Lwowski , Liebigs Ann. Chem. 594, 76 (1955). 14) Liebigs Ann. Chem. 153, 241 (1870). 15) H. C. Brown, J. Amer. ohem. SOC. 60, 1325 (1938).

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Geschwindigkeit vor sich, und die Zusammensetzung des Rohproduktes war - deutlich abhangig von der Starke des Tageslichtes wahrend der Chlorierung - sehr unterschiedlich. Das Reaktionsprodukt wurde bei gewohnlichem Druck uber eine Kolonne destilliert und die bis 132O ubergehende Fraktion verseift. Durch den HC1-Gehalt der Mischung war der Siedepunkt des Chlorids anfangs sehr stark herabgesetzt, es konnte alles unter 132 O iibergehende verwendet werden. Ausbeute

a-Chlorbuttersaure wurde durch Verseifen ihres Chlorids mit kochendem Wasser gewonnen. Es war notig, das Produkt i. V. uber eine Kolonne zu destil- lieren. Die bei lOO0/l6 ubergehenden Anteile enthielten eine Substanz, die bei starkem Abkuhlen auskristallisicrte. Nach Umkristallisieren aus Ligroin schmolz sie bei 67-68". Es konnte sich um a,P-Dichlorbuttersaure handeln. Die von 100-106 O siedende Fraktion wurde in die Racemattrennung eingesetzt. Ausbeute 30-40 yo, bezogen auf Buttersaure.

Zur R a c e m a t t r e n n u n g d e r a - C h l o r b u t t ers i iur e bewahrte sich Cin- chonidin in Aceton-Wasser-Gemischen (9 : 10) oder in Methanol-Wasser an1 besten. Bei der Trennung mit Cinchonidin in Methanol-Wasser-Mischungen wurde 25-60-proc. Methanol verwendef. Die Zusammensetzung des Losungs- mittels ist weniger wichtig als eine gleichmiiflig langsame Kristallisation. Schnell durchkristallisierende Ansatze lieferten schlechte Trennungen. Sehr langsam kristallisierende gaben hiiufig auch schlechte Ergebnisse. Am giinstigsten ver- hielten sich Ansiitze, die binnen 12-48 Stunden durchkristallisierten. Es erwies sich ah am zweckmaBigsten, das Cinchonidinsalz oder Cinchonidin und a-Chlor- buttersaure zuerst in kaltem oder bis 40° warmem Methanol zu losen und dann soviel Wasser zuzusetzen, daB nur eine geringe, gleich wieder verschwindende Trubung entstand. Man kann Cinchonidin sparen, wenn man weniger als 1 Mol Cinchonidin pro Mol Siiure verwendet und die Losung mit verd. Natronlauge auf p a 7,6--7,s bringt. Gewohnlich kamen auf 10 Teile Cinchonidinsalz 2-8 Teile Methanol und 2-16 Teile Wasser zur Anwendung. Die Trennung der schon hoher drehenden Fraktionen verlangt mehr Losungsmittel als die der ganz oder nahezu rac. Fraktionen. Siiuren von [a]D= -2 bis - 5 O lieBen sich schwer trennen.

Die im Kuhlschrank abgeschiedenen Kristalle wurden abgesaugt und mit dem als Losungsmittel verwendeten Methanol-Wasser- Gemisch gewaschen. Das Filtrat wurde i. V. eingeengt, bis sich Cinchonidinsalz ausschied, dann mit 30-proc. Schwefelsaure auf PH 1-1,5 gebracht und die Losung 4-ma1 ausgeiithert, ins- gesamt mit ihrem eigenen Volumen &,her oder etwas mehr. Der Ather wurde verdampft und der Ruckstand i. V. destilliert. Die Kristallisate wurden rnit passenden anderen Fraktionen zusammen erneut umkristallisiert, nachdem die Drehung der in ihnen enthaltenen Siiure BUS der des Ausgangsmaterials und der Drehung der aus dem Filtrat gewonnenen Saure und deren Mengen errechnet worden war.

Aus 800 g rac. Siiure wurden durch 159 Kristallisationen schlieI3lich erhalten:

40-50% d. Th.

1,2 g SIure rnit [a]% = +17,2O; [a]5:1 = +17,8O 9,7 g )) )) )) = +16,5-17,0°

30 g )) )) )) = +14,2' 18 g )) )> )) = -14,4" und niedriger drehende Fraktionen. Die Saure hatte folgende physikalischen Daten:

Aus Mange1 an Material konnte die Spaltung nicht bis zur volligen optischen Reinheit getrieben werden. Nimmt man die von R. L. L e t s i n g e r , TA. C. M a u r y

Di5 = 1,2058 n g = 1,4414 Sdp. = 98,5/14

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Die Konfiguration' des 2-Chlorbutans und der Chlorbuttersauren 145

und R. L. Burwell12) fur 2-Chlorbutan abgeschLtzte Drehung von [a]: = 38,4O (obere Grenze), so ist nach dem Drehwert des hier BUS a-Chlorbuttersiiure dar- gestellten 2-Chlorbutans fur die optisch reine a-Chlorbuttersaure die Drehung [a]: = 17,5O;

( + )a-ChZorbutyryZchZorid. Aus 18 g teilracemischer a-Chlorbuttersaure von [a]$ = -9,35O und 50 g Benzoylchlorid wurden durch Destillation uber eine 20 cm hohe, mit Maschendrahtrollchen gefullte Kolonne 14,3 g, 69% d. Th., a-Chlorbutyrylchlorid gewonnen. [a15 = $6,460; [a]38 = +6,74O; D4e5 = 1,211. Sdp. 132 ". Fur die optisch reine Substanz wird auf Grund der Schiitzung fur die a-Chlorbuttersiiure eine Drehung von [a]; = +11,7O, [a]$8 = +12,6", [M]Rs = 17,8O errechnet.

Verseifung des Chlorids mit kochendem Wasser lieferte a-Chlorbuttersiiure von [a]$ = -8,110, also 87% der Drehung der Ausgangssubstanz. Es war also bei der Bereitung oder der Verseifung oder bei beiden Prozessen eine geringe Racemisierung eingetreten. Bei wochenlangem Aufbewahren bei Zimmertempera- tur Lnderte das Chlorid seine Drehung nicht.

( + ) a - C h l o r b u t t e r s a u ~ ~ m ~ h y l a m ~ d . Zu 4 g Dimethylamin, gelost in 4Q ccm abs. Ather wurden 6,25 g teilrac. a-Chlorbutyrylchlorid von [a13 = +6,460 unter guter Kuhlung getropft. Die Temperatur stieg nicht uber -15". Nach halb- stundigem Stehen bei - 1 5 O wurde das Gemisch fur eine Stunde auf Zimmer- temperatur erwiirmt, das Dimethylammoniumchlorid abgesaugt und mit Ather nachgewaschen. Der wasserklare Ruckstand der vereinten Atherlosungen wurde im Hochvakuum destilliert. Sdp. 57-60°/0,1. n2,5 = 1,4690; Di5 = 1,086; [a]% = +27,S0; [a]fs = +28,55O.

[a]$& = +53,4'; [MI$ = +80° geschitzt.

= 18,1° und [MI;;, = 22,20.

Fur die optisch reine Substanz wird die Dreliung auf [ m ] E = -t-52(';

C,H,,ONCl (149,62) Ber. N9,36 C1 23,70 Gef. )) 8,55 )) 23,69

(-)a-ChZorbuttersliuremeth~lZeeter. 4,2 g teilracemisches a-Chlorbutyrylchlorid von [m]% = +6,46O wurden unter Kiihlen mit Eis-Koohsalz-Mischung so zu 10 ccm Methanol getropft, da13 die Temperatur nicht uber +15O stieg. Nacli einigen Stunden wurde Methanol und HCl i. V. bei 0 0 entfernt, etwas Ather zu- gesetzt und der Rest von HCl mit festem Kaliumcarbonat und einigen Tropfen Wasser neutralisiert. Die mit Kaliumcarbonat getrocknete Losung wurde ein- gedampft und der Ruckstand destilliert. Sdp. 146-149O. DiS = 1,090; n2h ,, - - 1,4241; [a]g = -11,2O; = -11,6O; [MI::, = -15,s'.

Wenn keine Racemisierung eingetreten ist, errechnet sich der Dreliwert f u r die optisch reine Substanz auf:

= -21'; = -21,5O; [MI& = -29,60.

( +,) 2-ChZorbutanoZ-1. Es wurde zuerst das a-Chlorbutyrylchlorid mit AlLiH, reduziert. Die Ausbeute - bezogen auf das a-Chlorbutyrylchlorid - betrug aber nur 50%. Bezogen auf freie a-ChlorbuttersLure lie13 sich die Ausbeute auf das Doppelte steigern, als die Siiure selbst reduziert wurde.

Kine mit Ejs-Kochsalz-Mischung gekuhlte Suspension von 14 g AILiH, in 400 ccm abs. Ather wurde unter Ruhren binnm einer Stunde rnit einer Losung von 30 g a-ChlorbuttersLure in 45 ccm abs. Ather tropfenweise versetzt. Tem- peratur -5 bis -10. Es wurde noch 20 Min. mit Eis-Kochsalz-Mischung gekiihlt, dann 4 Stunden lang mit Eis. Die Temperatur stieg dabei nicht uber + 1 O. Nach erneutem Abkuhlen auf -120 wurden 20 ccm Essigester unter Riihren so zu- gesetzt, daS die Temperatur nicht uber OD stieg, was 10 Min. erforderte. Nach

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weiteren 20 Min. wurde binnen einer halben Stunde eine Losung aus 100 g konz. Schwefelsaure und 300 g Eis eingeruhrt. Die wadrige Schicht wurde 4-ma1 mit je 100 corn Ather ausgeschuttelt, die Atherlosung auf 300 ccm eingeengt und mit Kaliumcarbonat und Natriumsulfat getrocknet. Der nach dem Abdampfen des Athers verbleibende Ruckstand wurde i. V. an einer mit Maschendrahtrollchen 10 cm hoch gefullten Kolonne fraktioniert. Sdp. 53-54O/15. ng = 1,4442; D:’ = 1,0716; [a]: = + 19,420.

Fur die optisch reine Substanz errechnet sich [a]: = +23,9O. Die Ausbeute betrug 16,7 g, 58% d. Th.

CIH,,OCl (108,57) Ber. C44,25 H 8,36 C132,66 Gef. )) 44,41 n 8,67 )) 32,87

(+) 2 - Ghlorbutanol-1-mesyleater. Einer Mischung von 14,2 g 2-Chlorbutanol von [a]: = + 19,42O und 18 g Methansulfonsiiurechlorid wurden unter sehr guter Kiihlung binnen 30 Min. 13 g Pyridin zugesetzt. Die Temperatur blieb dabei unter 4 0 . Nach eintagigem Stehen bei Oo wurde die Mischung mit 40 ccm 2 n-Salzsaure durchgeschuttelt, die Esterschicht abgetrennt und die waBrige Phase 4-ma1 mit je 50ccm Ather ausgeilthert. Die mit dem rohen Ester ver- einigten Atherausziige wurden mit Kaliumcarbonat digericrt und mit Natrium- sulfat getrocknet. Der nach dem Verdampfen des Athers zuriickbleibende rohe Ester wurde im Hochvakuum destilliert. Sdp. 85O/0,2. Ausbeute 20 g, 83% d. Th. DZ5 = 1,246; ng = 1,4552; [a]g = +5,02O. Fur optisch reino Substanz er- rcchnet sich [a]i6 = +6,15O.

C,H,,O,Cl, (186,65) Ber. C 32,17 H 5,94 S 17,18 C1 18,99 Gef. D 32,93 D 6,12 )) 17 , l l )) 18,39

( -+) 8-GhZorbutan. 3,5 g AlLiH, wurden mit 50 ccm sehr gut getrocknetem- reinem B,P’-Diiithoxy-dicithyliither digeriert. Dabei ging das Hydrid unter voriiber - gehender Erwarmung grodenteils in Losung. Unter Schutteln wurde eine Losung von 19 g Chlorbutanol-mesylester von [a]: = +5,02O in 15 ccm Diathoxy, diathylather zugetropft. Die Zugabe dauerte etwa eine Stunde; sie wurde so geregelt, daB sich die Temperatur zwischen 45 und 50° hielt. Die Mischung blieb dann ohne Kuhlung 12 Stunden stehen. Setzt man bei dieser Reaktion den Mesylester zu schnell zu und schiittelt nicht gut um, so kann sich die Temperatur sehr plotzlich steigern und die Reaktion stellenweise unter Feuererscheinung ver- laufen. Es empfiehlt sich, stets Eiswasser bereit zu halten; die Reaktion laBt sich durch Kuhlen leicht unterbrechen. LjiBt man die Temperatur nicht geniigend hoch steigen, dann liiuft die Reaktion unvollstandig ab und setzt spiiter, beim Ab - destillieren des Chlorbutans, heftig ein.

Nach 12-stundigem Stehen wurde die Mischung in einen Claisenkolben gefiillt, der mit einem einfachen Liebigkuhler versehen war. Beim Erhitxen im Paraffin- bad destillierten bei einer in der Fliissigkeit gemessenen Temperatur von 90 bis 130° Butan und 2-Chlorbutan ab. Kuhlt man die Vorbge unter Zimmertempera- tur, so lost sich mehr des als Nebenprodukt reichlich entstehenden Butans im 2-Chlorbutan und erschwert dessen Reinigung. Es wurden 3,8 g Rohprodukt auf- gefangen, 39% d. Th. Die Reinigung ist durch die grode Loslichkeit des Butaris im Chlorbutan und durch die groBe Fliichtigkeit des letzteren sehr erschwert. Beim Destillieren sind nur die letzten Tropfen Destillat ganz oder fast butanfrei, wenn man das gasformige Butan mehrmals durch einen Luftstrom aus der Destil- lationsapparatur verdritngt. Es wurden so 0,3 ccm 2-Chlorbutan gewonnen.

C4H,C1 (92,57) Ber. C 51,90 H 9,80 C1 38,30 Gef. N 51,83 D 9,67 )) 37,42

[a12 = +31,2O; ng = 1,3953; D:5 =0,867 (Lit.-Angabe). Als Drehung der optisch reinen Sub3tanz errechnet sich [a]: = +37,8O.

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Die Konfiguration des 2-Chlorbutans und der Chlorbuttersauren 147

R a c e m a t t r e n n u n g d e r P - C h l o r b u t t e r s a u r e . 11. S c h e i b l e r und J. Ma- g a s a n i k16) beschrieben eine Racemattrennung rnit Chinin. Wesentlich leichter geht die Spaltung rnit Brucin in abs. Methanol. 9Og wasserfreies Brucin und 24 g rac. P-Chlorbuttersa~re.~) wurden in 220 ccm abs. Methanol gelost. Nach 24 Stunden langem Stehen im Kuhlschrank hatten sich 32 g groBe, klare Kristalle abgeschieden, die durch Losen in verd. Schwefelshure, Ausathern und Destillieren i. V. 6,6 g Same von [a]F = +44,5O, 90% optischer Reinheit, lieferten. Optisch reine (+)P-Chlorbuttersiinre wurde von E. F i s c h e r und H. Scheibler ls) aus (+)P-Aminobuttersaure erhalten mit einer Drehung von [a160 -L- +49,80 ( c = 10 in Wasser).

(-)B-ChZmbutyrylchrid. Das Silurechlorid wurde nach K. v. A u w e r s und H. MullerlB) durch Kochen von P-Chlorbuttersaure von [a]g = -13,05O (aus den Mutterlaugen der Racemattrennung gewonnen) mit tier 5-fachen Menge Thionylchlorid in 70% Ausbeute gewonnen. [a] = -10,4O. D:Q = 1,2163 (Lit. Angabe).

(-)d-ChlorbutanoZ. 58 g P-Chlorbutyrylchlorid von [a13 = -10,4O wurden in 250 ccm abs. &her gelost und mit Eis-Kochsalz-Mischung gekuhlt. Binnen 11/, Stunden wurden unter Ruhren 12 g in 200 ccm Ather suspendiertes AILiHo tropfenweise zugegeben. Der UberschuB wurde 10 Min. spater mit 10 ccm Essig- ester umgesetzt, die Losung wie das 2-Chlorbutanol aufgearbeitet. Sdp. zwischen 83,4 und 84,4O. Ausbeute 31 g, 70% d. Th.

Dt0 = 1,06 (Lit.-Angabe). [a]% = -18,6O. nko = 1,4418. C,H,OCI (108,57) Ber. C 44,25 H 8,36 C1 32,66

Gef. )) 44,61 N 8,47 )) 32,62 (-)3-ChZorbutalzoZ-I-mesyZester. Zu einer rnit Eis und Kochsalz gekiihlten

Mischung yon 11 g 3-Chlorbutanol, [a]LO = --18,6O, und 8 g Pyridin wurden 10,5 g Methansulfosiiurechlorid binnen 10 Min. 80 zugesetzt, daB die Temperatur nicht uber - 5 O stieg. Nach 16-stundigem Stehen bei O o wurde die durch aus- kr is tahier tes Pyridinhydrochlorid erstarrte Masse rnit 30 ccm 2 n-Salzsaure durchgeschuttelt, das 01 abgetrennt und die waBrige Phase mit dther aus- geschiittelt usw. Sdp. 94O/0,1. Ausbeute 11,3 g, 60% d. Th.

n F = 1,4541; (-)Z-ChZorbuta.1~. Zu einer Suspension von 6 g AlLiH, in 150 cm abs. Di-n-

butyliither wurden bei 70° unter Durchleiten von N, binnen 45Min. 15,5g 3-Chlorbutanol-1-mesylester von [a]:,O = -12 tropfenweise zugegeben. Das ReaktionsgefaB war mit einem absteigenden Kuhler verbunden, dem eine mit Kohlensaure-Aceton gekiihlte Falle nachgeschaltet war. Nach 4 Stunden hatten sich in der Falle einige ccm Destillat gesammelt, die bei gewohnlichem Druak destilliert wurden. Der zwischen 75 und 90° ubergehende AnteiI hatte [a]&O == -7,460 und n F = 1,3968. E r wurde nochmals destilliert. Die Haupt- menge ging zwischen 68 und 69O uber, nF = 1,3971. DZ0 = 0,8732 (Lit.-Angabe).

Das durch Reduktion in Butylather-Losung gewonnene 2-Chlorbutan lie13 sich nicht analysenrein herstellen. Die bei der Destillation zuerst ubergehenden Frak- tionen enthielten stets noch Butan, sie zeigten zu niedrigen Sdp. und zu hohen C-Gehalt. Die spkteren Fraktionen enthielten n-Butyllther. Immerhin war die Drchung stark genug, urn darauf schlieoen lassen zu konnen, daB durch Reduk- tion der (-)p-Chlorbuttersilure der linksdrehende Antipode des 2-Chlorbutans entsteht.

= 1,25; [a]E = -16,2O.

16) Ber. dtsch. chem. Ges. 48, 1814 (1916). l 7 ) H. Scheibler , Ber. dtsch. chem. Ges. 48, 1443 (1916). l a ) Liebigs Ann. Chem. 383, 360 (1911).

J. prakt. Chem. 137, 128 (1933).