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Die Hochwasser 1974 und 2002 an der Talsperre Kriebstein Janko Scandolo Technische Universität Bergakademie Freiberg, 09599 Freiberg Abriss. Ein Hochwasser ist ein kurzzeitiger Anstieg des Wasserstandes bzw. des Abflusses über den Mittelwasserbereich. Der dabei erreichte höchste Wasserstand wird als Hochwasserscheitel bezeichnet. Je nach Ursache und Einzugsgebiet un- terscheidet man zwischen Sturzfluten, Überflutungen, Sturmfluten und Flussüber- schwemmungen. Im Folgenden betrachten wir nur die Flussüberschwemmungen, da es sich bei den Ereignissen an der Talsperre Kriebstein um ein, durch einen Fluss hervorgerufenes Hochwasser handelt, welcher ein relativ großes Einzugsge- biet durchfließt. Diese Flussüberschwemmungen können noch zwischen jahres- zeitlich bedingten und plötzlich auftretenden Hochwasser unterschieden werden. Jahreszeitlich bedingt bedeutet, wenn das Hochwasser z.B. in Folge von Schnee- schmelzen entsteht. Ein plötzlich auftretendes Hochwasser hat meist eine Stark- niederschlagssituation als Ursache. Allgemeines zur Talsperre Die Talsperre Kriebstein befindet sich in Mittelsachsen zwischen den Städten Mittweida und Waldheim. Sie ist die Talsperre mit dem größten sächsischen Was- serkraftwerk und dient somit der Energiegewinnung sowie der Freizeiterholung, der Schifffahrt und der Fischerei. Im Unterlauf der Zschopau wurde die Staumauer in den Jahren 1926 – 1929 nahe der Burg Kriebstein errichtet. Die Staumauer besitzt eine Kronenlänge von 230 m und eine Höhe von 28,25 m über Gründungssohle. Das gesamte Bauwerk hat ein Volumen von 82.000 m³. Der Stausee ist 9 km lang und nimmt eine Fläche von 13,2 Km² ein. Mit dem Einzugsgebiet von 1738 Km², besitzt die Talsperre das größte in Sachsen. Ebenso weist die Talsperre Kriebstein mit einem Bemessungsabfluss von 975m³/s den größten aller Talsperren in Sachsen auf.

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Die Hochwasser 1974 und 2002 an der Talsperre Kriebstein

Janko Scandolo

Technische Universität Bergakademie Freiberg, 09599 Freiberg

Abriss. Ein Hochwasser ist ein kurzzeitiger Anstieg des Wasserstandes bzw. des Abflusses über den Mittelwasserbereich. Der dabei erreichte höchste Wasserstand wird als Hochwasserscheitel bezeichnet. Je nach Ursache und Einzugsgebiet un-terscheidet man zwischen Sturzfluten, Überflutungen, Sturmfluten und Flussüber-schwemmungen. Im Folgenden betrachten wir nur die Flussüberschwemmungen, da es sich bei den Ereignissen an der Talsperre Kriebstein um ein, durch einen Fluss hervorgerufenes Hochwasser handelt, welcher ein relativ großes Einzugsge-biet durchfließt. Diese Flussüberschwemmungen können noch zwischen jahres-zeitlich bedingten und plötzlich auftretenden Hochwasser unterschieden werden. Jahreszeitlich bedingt bedeutet, wenn das Hochwasser z.B. in Folge von Schnee-schmelzen entsteht. Ein plötzlich auftretendes Hochwasser hat meist eine Stark-niederschlagssituation als Ursache.

Allgemeines zur Talsperre

Die Talsperre Kriebstein befindet sich in Mittelsachsen zwischen den Städten Mittweida und Waldheim. Sie ist die Talsperre mit dem größten sächsischen Was-serkraftwerk und dient somit der Energiegewinnung sowie der Freizeiterholung, der Schifffahrt und der Fischerei.

Im Unterlauf der Zschopau wurde die Staumauer in den Jahren 1926 – 1929 nahe der Burg Kriebstein errichtet. Die Staumauer besitzt eine Kronenlänge von 230 m und eine Höhe von 28,25 m über Gründungssohle. Das gesamte Bauwerk hat ein Volumen von 82.000 m³.

Der Stausee ist 9 km lang und nimmt eine Fläche von 13,2 Km² ein. Mit dem Einzugsgebiet von 1738 Km², besitzt die Talsperre das größte in Sachsen. Ebenso weist die Talsperre Kriebstein mit einem Bemessungsabfluss von 975m³/s den größten aller Talsperren in Sachsen auf.

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Bild 1: Staumauer der Talsperre Kriebstein

Die Pegelmessstellen Im Jahre 1996 wurde die Stauanlage und das dazugehörige Wasserkraftwerk der Talsperre Kriebstein durch die Karl – Gruppe aus Innernzell privatisiert. Leider war diese Firma nicht bereit die nötigen Abflussdaten zur Verfügung zu stellen. Somit mussten für diese Arbeit die Daten der Pegel Lichtenwalde 1 und Kriebstein UP in Betracht gezogenen werden.

Der Pegel Lichtenwalde 1 befindet sich linksseitig der Zschopau bei Flusskilo-meter 45,6 im Westen von Lichtenwalde. Das Einzugsgebiet der Zschopau hat an dieser Stelle eine Größe von 1575 km². Dieser Pegel ist der letzte vor der Talsper-re Kriebstein

Der Pegel Kriebstein UP liegt unterhalb der Talsperre Kriebstein nahe Kriebe-thals, rechtsseitig bei Kilometer 14,4 der Zschopau. Das Einzugsgebiet am Pegel hat eine Größe von 1757 km² und ist somit nur minimal Größer als das Einzugs-gebiet der Talsperre Kriebstein.

Diese Pegel gehören zum Basismessnetz des Landesamts für Umwelt und Geo-logie und des Landeshochwasserzentrums von Sachsen. Der Pegel Kriebstein UP ist zudem noch ein Hochwassermeldepegel. Beide Messstellen sind Schreibpegel, deren Messwertaufnehmer nach dem Schwimmerprinzip funktionieren. Diese Pe-gelart stellt die genaueste Messmethode, registrierender Pegel dar und ermöglicht außerdem die Datenfernübertragung. Aus Kontroll- und Justierzwecken befindet sich an beiden Messstellen ein Lattenpegel.

Das Hochwasser 1974

Das Hochwasser im Dezember 1974 war bis zu diesem Zeitpunkt das größte sei-ner Art an der Talsperre. Ursache für diese Situation war eine besondere meteoro-

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logische Kombination aus einer Schneeschmelze in Verbindung mit sehr starken Niederschlägen. Die folgende nähere Beschreibung dieser Wetterlage stützt sich auf Daten des Deutschen Wetterdienstes und dessen Wetterstationen Fichtelberg 1214 m ü. NN und Dresden Klotzsche 110 m ü. NN.

Die in den Abbildungen 1 und 2 dargestellten Diagramme zeigen die Nieder-schlagsmengen und die Mitteltemperaturen beider Stationen vor und während des Hochwassers.

Mitvoraussetzung für das spätere Hochwasser waren starke Niederschläge an-fang November. Diese führten zu einer 120 cm dicken Schneeschicht im oberen Erzgebirge. In der Mitte des Monats setzte eine wärmere Phase ein, in der Mittel-temperaturen von bis zu 5°C am Fichtelberg gemessen wurden. Dies führte dazu, dass sich die Schneedecke auf dem Fichtelberg am 24.11.1974 bis auf 45 cm re-duzierte. Das Abschmelzen der Schneemassen im Erzgebirge führte in der Zscho-pau zu erhöhten Durchflussraten und höheren Pegelständen als normal. Für das

Abbildung 1: Wetterdiagramm Desden - Klotzsche

Abbildung 2: Wetterdiagramm Fichtelberg

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Einzugsgebiet hatte die Schneeschmelze die Folge, dass der Boden vom Wasser gesättigt wurde und somit für die danach folgende meteorologische Situation kei-nen großen Hochwasserrückhalt mehr darstellte. Ab dem 22.11.1974 stellte sich eine Regenperiode ein, welche im Erzgebirge und in Erzgebirgsvorland teils er-giebige Niederschläge mit sich führten. Aufgrund der niedrigen Temperaturen wuchs die Schneehöhe in den Hochlagen des Erzgebirges wieder bis auf 85 cm an. Von großer Bedeutung für das spätere Hochwasser war das Wettergeschehen ab dem 02.12.1974. Ab diesem Tag stiegen die Temperaturen wieder in ganz Sachsen über 0°C. Dies führte zu einer erneuten Schneeschmelze im Gebirge. Unterstützt wurde dies durch leichtere Niederschläge. Bis zum 05.12.1974 sank die Schnee-höhe auf dem Fichtelberg bis auf 50 cm. Am 05. und 06.12.1974 bildete sich je-doch durch Mitteltemperaturen unter dem Nullpunkt und durch Niederschläge mit einer Niederschlagssumme von 43,6 mm eine erneute Neuschneemenge von ei-nem halben Meter. In den tieferen Lagen sind die Temperaturen auch gefallen, je-doch nicht unter dem Gefrierpunkt. Somit wurden die starken Niederschläge der Zschopau zugeführt. Ab dem Nachmittag des 06.12.1974 wurde am Pegel Lich-tenwalde ein Anstieg der Durchflussmenge registriert. Dieser Anstieg machte sich am Pegel Kriebstein UP am späten Abend auch bemerkbar. Beide Anstiege waren zu diesem Zeitpunkt noch relativ niedrig. Dramatisch verschärft wurde die Hoch-wasserlage an den darauffolgenden 07. und 08.12.1974 mit flächendeckend star-ken Niederschlägen von 78 mm auf dem Fichtelberg und 41,1 mm in Dresden und dem einsetzenden Tauwetter im Gebirge. Es kam zu einem rasanten Anstieg der Durchflussmengen an beiden Pegelmessstellen. Diese Anstiege wurden in der Nacht vom 07.12. auf den 08.12.1974 nochmal kurzzeitig unterbrochen. Wobei diese Stagnation am Pegel Lichtenwalde deutlich länger anhielt. Als Grund hierfür sind die niedrigen Temperaturen an den Vortagen zu nennen. An der Talsperre Kriebstein wurde diese Phase genutzt um kontinuierlich mehr Wasser abzulassen als hinzukam, damit konnte der größte Durchflusswert etwas gemindert werden. Die größten Durchflussmengen wurden für den Pegel Lichtenwalde am 08.12.1974 um 16 Uhr mit einem Wert von 623 m³/s und in Kriebstein um 19 Uhr mit 595 m³/s gemessen. Trotz des größeren Einzugsgebietes wurden in Kriebstein kleinere HQ – Werte gemessen als in Lichtenwalde. Damit wird deutlich, dass durch die Talsperre Kriebstein ein leichter Hochwasserrückhalt erzielt werden konnte. Diese aufgezeichneten HQ - Werte stellen damit bis heute für beide Pegel den höchsten gemessenen Hochwasserdurchflusswert für den Monat Dezember dar. Sie besitzen ein Wiederkehrsinterval von 40 – 45 Jahren in Lichtenwalde und 35 Jahren am Pegel Kriebstein. An beiden Pegeln wurden Durchflussmengen ge-messen die ungefähr das 30 fache des MQ – Wertes des Dezembers entsprechen. An den nachfolgenden Tagen ging das Hochwasser langsam zurück bis die Durch-flusswerte am 15.12.1974 wieder Werte von vor dem Hochwasser erreichten. Be-günstigt wurde dies von den nachlassenden starken Niederschlägen und dem Temperaturrückgang bis in die tieferen Lagen, wodurch die auftretenden Nieder-schläge als Schnee fielen. Diese konnten nun nicht direkt in die Zschopau ablie-ßen. Die in Abbildung 3 und 4 dargestellten Durchflusskurven der Pegel Lichten-walde und Kriebstein UP zeigen nochmals den Verlauf des Hochwassers. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass beim Rückgang des Hochwassers die Durchfluss-

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werte in Lichtenwalde kontinuierlich zurückgingen und beim Pegel Kriebstein UP einen recht gezackten Verlauf dieser Kurve aufweisen. Diese Unregelmäßigkeiten werden durch Schwemmgut im Bereich der Pegelmessstelle hervorgerufen. Insge-samt gesehen ist der Hochwasseranstieg für ein Winterhochwasser an beiden Messstellen zu groß, jedoch ist dies aufgrund der hohen Niederschlagsmengen im Einzugsbereich auch nicht ohne Grund. Es handelt sich hierbei also um ein Hoch-wasser in Folge einer Schneeschmelze mit einer Verstärkung durch Regenfälle. Die Hochwasserwirkung der Talsperre Kriebstein konnte nachgewiesen werden, sie hatte allerdings keine zu große Wirkung.

Abbildung 3: Durchflusskurve Lichtenwalde

Abbildung 4: Durchflusskurve Kriebstein UP

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Das Hochwasser 2002

Bei einem Hochwasser der Größenordnung wie es im Elbeeinzugsgebiet, wozu das Einzugsgebiet der Zschopau gehört, im Jahr 2002 kam, müssen neben Stark- und Dauerniederschlägen zusätzlich noch einige andere Faktoren erfüllt sein. Eine wesentliche Voraussetzung für das starke Ausmaß der Überschwemmungen war die mehrmalige Bildung flacher Tiefdruckgebiete mit eingelagerten kräftigen Ge-wittern im Juli und Anfang August 2002. Dabei fielen im Osten Deutschlands zwar lokal begrenzte, jedoch immer wieder extrem starke Niederschläge. Durch die ergiebigen Regenfälle kam es zu einer Wassersättigung des Bodens und zu ei-nem Anstieg der Flusspegel. Im Zeitraum vom 11.08.2002 bis 13.08.2002 be-herrschte ein Höhentief namens Ilse weite Teile Zentraleuropas und zog mit sei-nem Zentrum vom Golf von Genua in Richtung Ungarn. Das dazugehörige Bodentief wanderte in der gleichen Zeit über die Ostalpen hinweg nach Polen. Es kam somit zur Bildung einer Vb – Wetterlage. Feucht – warme tropische Luft aus dem Mittelmeerraum gleitete auf die, in diesem Bereich dieses hoch reichenden Tiefdrucksystems vorhandenen Kaltluft auf. Das führte zur Ausbildung eines sehr

breiten Niederschlagsstreifens, welcher von Österreich und Tschechien über Oberbayern und Sachsen bis nach Brandenburg reichte. Auf der Rückseite des Tiefdruckgebietes stellte sich eine Nordströmung ein. Infolgedessen kam es im Erzgebirge zum Stau und zur Hebung der Luftmassen, was zu einer deutlichen Verstärkung der Niederschläge führte. Über ausgedehnte Gebiete fiel ungewöhn-lich starker Regen. Da das Tiefdruckgebiet nur langsam ostwärts zog dauerte die Niederschlagstätigkeit mehr als 48 Stunden lang an. An mehreren Wettermesssta-tionen ergaben sich neue Rekordwerte für den 24stündigen Niederschlag. In Dres-den zum Beispiel wurden 158 mm Niederschlag registriert und somit der bisherige

Abbildung 5: Infrarot-Satellitenbild der Vb - Wetterlage vom 12.08.2002, 10:00 Uhr MEZ in Europa

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Rekordwert für diese Station ( 77,4 mm vom 02.08.1998 ) mehr als verdoppelt. An der DWD – Station in Zinnwald – Georgenfeld wurden sogar 312 mm Nieder-schlag gemessen. Dies ist der absolut höchste Tagesniederschlag, der je in Deutschland beobachtet wurde. Der neue Rekordwert entspricht etwa dem vierfa-chen des normalen Niederschlages im gesamten August.

Abbildung 6: 72-stündige Niederschlagshöhen des Zeitraums 10.08.2002 – 13.08.2002, aus Deutscher Wetterdienst, Starkniederschläge im August 2002

Abbildung 6 zeigt die Niederschlagshöhen während der Vb – Wetterlage im Au-gust 2002. Es ist deutlich zu erkennen, dass ganz Sachsen von dieser Wetterlage betroffen war. Die größten Niederschlagsmengen wurden im Osterzgebirge süd-lich von Dresden registriert. Aber auch in den übrigen Hochlagen des Erzgebirges wurden sehr hohe Niederschläge gemessen. Auch im gesamten Einzugsgebiet der Talsperre Kriebstein ausgehend von der Fichtelbergregion wurden überdurch-schnittlich große Mengen an Niederschlag erzielt. Diese lang anhaltenden ergiebi-gen Niederschläge führten auch im Bereich der Zschopau zu erhebliche Über-schwemmungen. Bereits in den Morgenstunden des 12.08.2002 wurde an den Pegeln Lichtenwalde und Kriebstein UP der Beginn der ansteigenden Wasser-mengen registriert. In der Folge kam es an beiden Pegelmessstellen zu einem mas-siven Anstieg der Wasserstände und somit auch der Durchflussmengen. In den

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Abbildungen 8 und 9 sind für die Pegelmessstellen die jeweiligen Durchflussgang-linien dargestellt. Dabei ist ein sehr starker Anstieg der Durchflussmengen zu er-kennen, welcher fast parallel zur y – Achse des Diagramms verläuft.

Deutlich zu erkennen ist aber auch, dass der Anstieg in Lichtenwalde steiler ist als in Kriebstein, was durch die Talsperre Kriebstein hervorgerufen wird. Die größten Durchflusswerte wurden beim Pegel Lichtenwalde am 13.08.2002 um 10 Uhr und beim Pegel Kriebstein UP um 14 Uhr gemessen. Während des ansteigenden Hochwasserpegels erhöhten sich die Durchflussmengen innerhalb von rund 30 Stunden an den Pegelmessstellen um mehr als das Sechzigfache. Beim Pegel in Lichtenwalde wurde somit der Höchstwasserstand 636 cm und der größte Durch-fluss mit 1249,99 m³/s aufgezeichnet. Am Messpegel in Kriebstein wurden ähn-

Abbildung 8: Durchfluss am Pegel Lichtenwalde im August 2002

Abbildung 9: Durchfluss am Pegel Kriebstein UP im August 2002

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lich hohe Maximalwerte erreicht. Jedoch waren diese Werte mit einem Maximal-wasserstand von 568 cm und einem maximalen Durchfluss von 1245,63 m³/s et-was niedriger als am Pegel Lichtenwalde weiter flussaufwärts. Es ist wieder deut-lich zu sehen, dass die Durchflusskurve in Lichtenwalde gleichmäßiger verläuft als in Kriebstein. Dieses inhomogene Abfließen wird durch Schwemmgut im Be-reich der Pegelmessstelle verursacht Anhand der in Abbildung 10 dargestellten

Wasserstands – Durchfluss – Beziehung beider Messstationen wird deutlich, dass der Flussquerschnitt am Pegel Kriebstein UP flacher und breiter sein muss als am Pegel in Lichtenwalde. Dies wird durch den flacheren Anstieg der W - Q - Bezie-hung am Pegel Kriebstein UP gezeigt. In den flachen Fließquerschnitten hat Schwemmgut eine größere Auswirkung auf Wasserstandsänderungen. Es wird wie beim Winterhochwasser 1974 auch 2002 deutlich, dass die Talsperre Kriebstein einen gewissen Hochwasserschutzfaktor hat. Jedoch ist bei diesen extremen Ab-flussmengen kein Hochwasserschutz mehr gewährleistet. Durch das deutliche überschreiten des Bemessungsabflusses mit 975 m³/s kam es natürlicherweise auch dazu, dass das Wasser über die Oberkante der Staumauer hinweg floss. Die registrierten HQ Werte haben ein Wiederkehrsintervall von 255 Jahren. Der Scheitelpunkt des Hochwassers hielt jedoch nur für eine sehr kurze Zeit an. Nach Erreichen der höchsten Werte wurden gleich bei den nächsten Messungen, eine Stunde danach, wieder abweichende Tendenzen des Hochwassers beobachtet. Es dauerte dennoch über 10 Tage ehe sich die Pegelstände wieder auf einem norma-len Niveau einpegelten. Die gemessenen größten Durchflussmengen entsprechen ungefähr dem Sechzigfachen des durchschnittlichen Wertes. Außerdem sind diese Werte bis heute noch die höchsten beobachteten Durchflüsse (HHQ) an der Tals-perre Kriebstein. Sie sind etwa doppelt so als die HHQ - Werte die vor dem Hochwasser 2002 gemessen wurden. Das Hochwasser brachte erhebliche Schäden mit sich. So wurden an der Talsperre Kriebstein mehrere Häuser, Campingplätze, Feriengrundstücke und Wanderwege zum Teil stark in Mitleidenschaft gezogen. Sogar ein Fahrgastschiff, was an die Staumauer gedrückt wurde, musste durch die

Abbildung 10: Wasserstands - Durchfluss - Beziehung

Kriebstein UP

Lichtenwalde

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Bundeswehr gerettet werden. Bis heute stellt das Hochwasser 2002 die größte Na-turkatastrophe an der Talsperre Kriebstein dar.

Zusammenfassung

Grundlegend festzustellen ist, dass bei beiden Hochwassersituationen die Talsper-re Kriebstein eine Hochwasserrückhaltewirkung hat. Jedoch ist diese Wirkung sehr klein, da der potentielle Wasserstauraum bei beiden Ereignissen bereits mit Wasser gefüllt war. Wenn die Talsperre leer gewesen wäre hätte sie große Was-sermengen aufnehmen können und die flussabwärts befindlichen Ortschaften wie zum Beispiel Waldheim vom Hochwasser schützen können. Da das Einzugsgebiet der Talsperre aufgrund der steilen Gegebenheiten im Erzgebirge, schnell reagie-rend ist, war es auch nicht möglich im Vorfeld des Hochwassers einen größeren Hochwasserrückhalt zu schaffen. Während der Hochwasserereignisse wurde in-nerhalb von nur wenigen Stunden ein immenser Anstieg der Durchflüsse und Wasserstände beobachtet. In beiden Fällen hielt der Hochwasserscheitel nur für eine kurze Zeit an und entsprach einem Vielfachen der sonst üblichen Wasser-mengen. Aufgrund der sehr starken Niederschläge war das Hochwasser 2002 in seinem Ausmaß um einiges stärker als das Hochwasser 1974. Unter Berücksichti-gung der Tatsache, dass das Hochwasser 1974 bis zum Jahr 2002 das größte seiner Art an der Talsperre Kriebstein war und von den Durchflussmengen nur halb so stark, so kann dies als Zeichen der globalen Klimaerwärmung, auf einen lokal be-grenzten Ort, gewertet werden.

Literaturangabe

- Ralf IMMENDORF (Hrsg.), Hochwasser Natur im Überfluss?, 1.Auflage, Heidelberg 1997 - Heinz PATT (Hrsg.), Hochwasser – Handbuch Auswirkung und Schutz, 1.Auflage, Berlin Heidelberg 2001 - Ulrich MANIAK, Hydrologie und Wasserwirtschaft, 5., bearbeitete und erwei-terte Auflage, Berlin Heidelberg 2005 - Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie Referat 35, Die Wirkung der Talsperre Kriebstein auf den Hochwasserabfluss in der Zschopau ( Kurzfassung ) - Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Vorläufiger Kurzbericht über die meteorologisch – hydrologische Situation beim Hochwasser im August 2002, Version 5, 02.12.2002 - Deutscher Wetterdienst, Starkniederschläge im August 2002, Offenbach 2002 - PD Dr. Volkmar DUNGER, Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung Hydrologie I - Landesdirekion Chemnitz, Daten der Pegel Lichtenwalde und Kriebstein UP - Abbildung 5 : http://www.smul.sachsen.de/umwelt/