die geschichte der dräger-narkoseapparate · 6 vorwort liebe leserin, lieber leser, vor 150 jahren...

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D-20336-2010 Die Geschichte der Dräger-Narkoseapparate Band I

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Die Geschichte der Dräger-Narkoseapparate

Band I

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Herausgeber: Drägerwerk AGGeschäftsbereich AnästhesieOriginalmanuskript: Josef Haupt, 19701. überarbeitete Version 1996Konzeption und Realisierung: Rosenbauer • Solbach, HamburgArt Direction: Fritz Meinig, HamburgDruck: Druckerei Renk, Hamburg

ISBN Nummer 3–926762–14–4

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Die Geschichte derDräger-Narkoseapparate

Band I

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Vorwort .......................................................................... 6

Die Vorgeschichte ......................................................... 8

Der Aufbruch ins 20. Jahrhundert ............................ 14

Eine Weltneuheit macht Geschichte ........................ 29

Die Inhalationsnarkose der 30er Jahre .................... 35

Neubeginn ................................................................... 40

Die Geräte der 50er Jahre ...........................................53

Halothan in der Anästhesie ........................................ 63

Narkoseapparate für Spezialzwecke ......................... 74

Chronologischer Überblick........................................ 94

Inhalt

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Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor 150 Jahren fing alles an: Einem Patientenkonnte erstmals unter Narkose ein Zahn gezogenwerden. Dieser erste „Ätherrausch“ im Jahre 1846war der Anfang der Narkosetechnik, die sich bisheute immer weiterentwickelte – bis zu unserenmodernen Anästhesiearbeitsplätzen.

Seit über 100 Jahren ist der Name Dräger mit denFortschritten dieser „medizinischen Disziplin“ festverknüpft. Die Entwicklung der Dräger-Narkose-apparate war richtungweisend. Besonders dererfinderischen Eigeninitiative des FirmengründersHeinrich Dräger und seines Sohnes Bernhard,meines Großvaters, verdanken wir bahnbrechendetechnische Neuerungen. Sie haben den Grundstockfür die weltweite Anerkennung unserer Narkose-apparate gelegt. Von in- und ausländischen Klinikenwissen wir, daß viele Dräger-Geräte über 30 Jahreim Einsatz waren; getreu unserem Leitmotiv„Technik für das Leben“. Auch heute verbindet dieMedizin-Welt mit Dräger-Produkten kontinuier-lichen technologischen Fortschritt und immer wiederinnovative Problemlösungen für den Arzt und denPatienten. Dräger, das ist Zuverlässigkeit undQualität. Uns erfüllt dies mit Stolz, aber gleichzeitigist es auch Verpflichtung für die Zukunft.

Die vorliegende Chronik gibt einen umfassendenÜberblick der Anästhesie-Entwicklungsgeschichte bei

Dr. Christian Dräger

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Dräger. Beginnend mit der Erfindung des regulierba-ren Flaschenverschlußventils im ausgehenden vorigenJahrhundert, endet der erste Band Mitte der 60erJahre; zu diesem Zeitpunkt wurde das Halothan alsein neues Narkotikum entdeckt. Ein zweiter Bandwird die Jahre bis zu unseren neuesten Entwicklun-gen fortschreiben.

Zeitgeschichtliche Ereignisse, die den Dräger-Ent-wicklungen zur Seite gestellt sind, geben Hinweise aufden historischen Hintergrund, vor dem auch Drägereinen eigenen kleinen Teil Geschichte geschrieben hat.Sie zeigt, was Ingenieurskunst schon damals erreich-te. Im firmeneigenen Archiv ist diese spannendeGeschichte nachzulesen. Unser langjähriger Oberin-genieur, Josef Haupt, tat dies sehr fachkundig undengagiert, so daß bereits in den 70er Jahren seineerste Broschüre über Dräger-Narkoseapparate er-scheinen konnte. Seiner damaligen Pionierarbeitgebührt heute unser Dank, bildet sie doch eine detail-lierte Grundlage für die jetzt überarbeitete Fassung.

Und nun viel Vergnügen beim Lesen in eben dieserChronik!

Ihr

Dr. Christian Dräger

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Pars pro totoDie Historie vieler namhafter deutscher Unterneh-men mit internationalem Ansehen führt in dasausgehende 19. Jahrhundert zurück. So auch dieGeschichte des Drägerwerkes – und mit ihr dieEntwicklung der Narkoseapparate.

Kaum eine andere Errungenschaft jener Tage warund blieb so eng mit dem Namen Dräger verbundenwie die Sauerstoff-Flasche. Der Physiker Linde hattezwar schon ein Verfahren entdeckt, Luft auf demWege der Verflüssigung in ihre Bestandteile O2 undNO2 zu zerlegen. Aber erst in den 80er Jahren desvorigen Jahrhunderts gelang es Technikern, Sauer-stoff und andere Gase unter hohem Druck zu kom-primieren und zu speichern. Die ersten nahtlosenHochdruckbehälter aus handgeschmiedetem Stahlkamen auf den Markt. Die hier abgebildete Stahlfla-sche für reinen Sauerstoff, nach dem Linde-Verfah-ren gewonnen, dürfte einer der frühesten Behälterdieser Art sein. Ihr Revisionsstempel beziffert dieAbfüllung auf 1885.

Es ist erstaunlich, wie weit die Technik damalsbereits war: Die Flasche verfügte über ein Sauerstoff-Fassungsvermögen von über 1500 Litern bei einementsprechenden Fülldruck von 150 bar. Dennochkonnte die Materialtechnik bis heute enorme Fort-schritte verzeichnen, und, wie der Vergleich in derTabelle zeigt, es gelang, bei gleichzeitiger Senkungdes Eigengewichts Fülldruck und Fassungsvermögenzu erhöhen. Eine heutige O2-Flasche vergleichbarerGröße verfügt über ein Drittel mehr Sauerstoff, wiegtaber zwanzig Kilo weniger und läßt sich damiterheblich leichter hantieren.

Die Vorgeschichte

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Flasche 1885 Flasche 1970

Rauminhalt 10,4 L 10 LAußendurchmesser 140 mm 140 mmLänge 1235 mm 1020 mmGewicht 36,4 kg 12 kgFülldruck 150 bar 200 barO2-Vorrat 1560 Liter 2000 LiterGewicht je Litergespeicherer O2 23 g/L 6 g/L

Die Fortschritte derMaterialtechnik innerhalbvon 85 Jahren

Die Sauerstoff-Flaschevon 1885

Die Möglichkeit, Gase zu separieren und in kompri-mierter Form zu speichern, war sicherlich einwesentlicher Schritt auf dem Weg zur Nutzung desSauerstoffs; die Druckgastechnik steckte damals noch

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in den Kinderschuhen. Erst durch die Pionierarbeitvon Heinrich Dräger (1847 bis 1917), dem Gründerdes Drägerwerkes, wurde der eingeschlagene Wegkonsequent weitergegangen.

Über die Nutzung von DruckgasenUm die Druckgastechnik auch entsprechend nutzen zukönnen, waren die frühen Sauerstoff-Flaschen mit dendamals erhältlichen Druckmindererventilen ausgerü-stet. Doch diese Technik erschien zu Recht als unzurei-chend. Es mangelte schlichtweg an brauchbarenEntnahmeapparaturen für den unter Druck gespei-cherten Sauerstoff. Die Gefahr, die von diesen Druck-behältern für den Anwender ausging, war beträchtlich.Das erkannte Heinrich Dräger schnell während seinerArbeiten mit den Druckmindererventilen, die vonverschiedenen Herstellern angeboten wurden. Ge-meinsam mit seinem Sohn Bernhard (1870 bis 1928)versuchte Heinrich Dräger in den 90er Jahren, neue,probatere Lösungen zu schaffen.

„... Im Anfang hatten wir das Druckmindererventilkritiklos als etwas Fertiges und Richtiges hingenom-men. Wir sollten bitter enttäuscht werden. ... MeinSohn und ich fingen an, über das Problem des Druck-mindererventils nachzudenken. Das Resultat unsererÜberlegung war eine vollständige Neukonstruktion. ...“Das schrieb Heinrich Dräger später in seinen Le-benserinnerungen, weil er mit den damals verfüg-baren Ventilen in puncto Gebrauchstüchtigkeit undsicherer, gefahrloser Entnahme äußerst schlechteErfahrungen gemacht hatte.

Aus der erfinderischen Eigeninitiative von Vaterund Sohn entstand zunächst ein sogenannter

Zum ersten Mal wird

1901 der Nobelpreis,

benannt nach seinem

Stifter Alfred Nobel,

verliehen: Unter den

Preisträgern sind Conrad

Röntgen für Physik und

in der Medizin

Emil Adolph von Behring.

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Bierdruckautomat, welcher zur Anwendung vonKohlensäure, also als Zapfanlage, eingesetzt wer-den konnte. Kurz darauf gelangte diese Neukon-struktion als Oxygenautomat für Sauerstoff zumDurchbruch. Mit der Entwicklung des Oxygenauto-maten und dem parallel entstandenen, neuartigenFlaschenverschlußventil war es nun möglich, einerHochdruckflasche gefahrlos und genau regulierbarSauerstoff zu entnehmen. Ein Meilenstein, nichtzuletzt für die Anästhesie, war gelegt.

Die Entwicklung des InjektorsDer Oxygenautomat mit dem sicheren, gut zudosierenden Flaschenverschlußventil sollte sichbewähren. Allerdings mußten sich Heinrich undBernhard Dräger noch einer weiteren Herausforde-rung stellen. Die von ihnen maßgeblich beeinflußteAutogentechnik verlangte nach einer Möglichkeit,Druckgase zu mischen. Als dritter Grundbausteingelang ihnen die Entwicklung eines sauerstoffbe-triebenen Injektors zur Mischung von Druckgasen.Zu dieser Zeit wurde auch die Medizintechnik aufdie Errungenschaften aus dem Hause Drägeraufmerksam.

Es läßt sich heute nicht mehr sagen, ob der Arzt zumTechniker oder der Techniker zum Arzt mit der Ideeeines Narkoseapparates kam. Geforscht wurde, wiewir heute sagen, interdisziplinär. Fest steht jedoch,daß Heinrich und Bernhard Dräger als erste inDeutschland einen Narkoseapparat für Sauerstoff undChloroform bauten. Medizinisch wurden sie von demmit ihnen befreundeten Arzt Dr. Otto Roth beraten. Erarbeitete damals als Chirurgie-Oberarzt im Allgemei-nen Krankenhaus Lübeck. Das war im Jahre 1901.

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Der Apparat, der aus dieser Gemeinschaftsarbeitentstand, konnte eigentlich nur als Studienobjekt undVorläufer der Dräger-Apparate angesehen werden. Erähnelte sehr stark den in England gebräuchlichenSprudlergeräten, die heute noch als Chloroform-oder Äther-“bubbler“ bekannt sind.

Das Reichspatent Nr. 154339In der klinischen Erprobung durch Dr. Roth bestätig-te sich sehr bald die vermutete Schwäche diesesApparateprinzips. Das Narkotikum Chloroformkonnte nur ungenau dosiert werden, weil es sichwährend seiner Verdunstung zu schnell abkühlte.Erneut war die erfinderische Gabe von Heinrich undBernhard Dräger gefragt. In kürzester Zeit schufensie mit dem von ihnen entwickelten Injektor einevöllig neue und „eigenartige“ Tropfapparatur fürflüssige Narkotika, indem sie den Sauerstoff nichtmehr durch das Narkosegas leiteten, sondern sich dieSaugwirkung des Druckgases Sauerstoff zunutzemachten. Ihre Tropfapparatur wurde am 26. August1902 als Deutsches Reichspatent mit der Nr. 154339eingetragen.

Selbstverständlich übernahm Dr. Roth in seinerKlinik die weitere Erprobung und konnte schon imNovember desselben Jahres diesen wichtigen Fort-schritt und seine Erfahrungen publizieren. In seinerArbeit „Zur Sauerstoff-Chloroform-Narkose“ schrieber im „Zentralblatt für Chirurgie“ Nr. 46:

„Um diese Fehlerquelle zu beseitigen, durfte der Sauer-stoff nicht mehr durch das Chloroform geleitet werden.Nach längeren Versuchen ist es nun gelungen, dasChloroform durch die Saugwirkung des Sauerstoff-

Am 10. Dezember 1903

verleiht das Nobelkomitee

des norwegischen Parla-

ments Pierre und Marie

Curie den Nobelpreis für

Physik.

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stromes aus einem besonders konstruierten Gefäßtropfenweise sichtbar fallen zu lassen; es werdendurch eine besondere Konstruktion stets gleich großeTropfen gebildet, so daß 50 Tropfen immer ein Grammausmachen. Ein drehbarer Hahn reguliert die Tropfen-zahl und gestattet also je nach Bedarf kleine odergroße Chloroformmengen in den unter dem Tropfap-parate in bekanntem Verhältnisse fließenden Sauer-stoffstrom hineinfallen und so zur Verdunstung kom-men zu lassen; der an dem Hahn über einer Skalaangebrachte Zeiger orientiert über die jeweiligeTropfenzahl – also auch Chloroformgabe inGrammen –, welche in der Minute zur Verdunstungkommt. So wird also eine wahre und exakte Tropfme-thode gewährleistet, die keine Ungeduld des Opera-teurs zu stören vermag.“

Seit diesen Tagen ist der Name Dräger unmittelbarmit den Entwicklungen auf dem Gebiet der Anästhe-sietechnik verbunden.

Die Tropfapparatur des erstenNarkoseapparates:T ist das Chloroformglas, wel-ches das Chloroform stetsauf gleichem Niveau hält.B ist ein federnder Hebel, derdas Gefäß T stützt. T1 ist dasTropfenschauglas, mit demsich die Anzahl der Tropfennachkontrollieren ließ. 25Tropfen entsprachen dabeiexakt 1/2 g Chloroform. R istdie Regulierskala28

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Vom Erstling zur ModellreifeDer Handapparat 145 N oder auch Roth-Drägeraus dem Jahre 1902 kann als Erstling in der langenReihe der Dräger-Narkoseapparate angesehenwerden. Seine wichtigsten Funktionsteile sind dasReduzierventil zur optimalen Gasentnahme und dieTropfapparatur zur exakten Narkotikumdosierung.Beide Bauelemente sind uns über die Jahrzehnteerhalten geblieben. Es sind die Gesellenstücke einesFeinmechanikers aus der damaligen Dräger-Werk-statt. Unter Verwendung dieser wesentlichen Bauteileentstand die abgebildete Rekonstruktion.

Sein FunktionsprinzipDer in der Stahlflasche mit 150 bar gespeicherteSauerstoff wurde im Druckreduzierventil entspannt

Der Aufbruch ins20. Jahrhundert

Der Erstling in der Reihe derDräger-Narkoseapparate ausdem Jahre 1902:Handapparat 145 N

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und dosiert. Das Gas betrieb gleichzeitig einenInjektor, der aus einer Vorratsflasche Chloroformansaugte. Das Narkotikum ließ sich präzise nachTropfenzahl je Minute regulieren und verdunsteteim Sauerstoffstrom. Der Patient atmete das soentstehende, vom Narkotiseur vorbestimmte Nar-kosegemisch aus dem Atembeutel über Einatem-ventil, Schlauch und Maske ein. Die Ausatmungerfolgte über das separate Ausatemventil an derMaske ins Freie. Es war also, wie man heute sagt,ein halboffenes System (Nicht-Rückatemsystem),exakt gesteuert durch widerstandsarme Glimmer-plättchen-Ventile.

Diese Erstkonstruktion erfuhr nach ihrem Bekannt-werden sehr bald eine Erweiterung. Auf Anregungund unter Mitwirkung von Prof. Georg Krönig ausJena wurde nun noch eine zweite Tropfapparaturhinzugefügt. Sie diente für ein zweites Narkosemittel,nämlich den Äther. Durch diese Weiterentwicklungkonnte Dräger schon 1903 drei Modelle auf denMarkt bringen, die alle im wesentlichen baugleichwaren und sich nur durch die Applikationsmöglich-keiten der Narkosemittel unterschieden:

� Sauerstoff-Chloroform,� Sauerstoff-Äther,� Sauerstoff-Chloroform-Äther.

Ein Jahr später präsentierte Dräger einen dieserNarkoseapparate auf der Weltausstellung in St.Louis, USA. Das vorgestellte Modell fand großesInteresse und galt als etwas durchschlagend Neues.Dräger erhielt die Silbermedaille für den „Oxygen-Chloroform-Apparatus“.

Jahrelange Versuche

führen Mitte Dezember

des Jahres 1903 zum

ersten großen Erfolg für

die Brüder Wright:

Orville Wright kann 12

Sekunden mit seinem

Motorflugzeug in der

Luft bleiben und fliegt

70 Meter weit.

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Dieses Diplom wurdeHeinrich Dräger auf der Aus-stellung 1904 in St. Louis,USA, zusammen mit derSilbermedaille für den heraus-ragenden „Dräger-Oxygen-Chloroform-Apparatus“verliehen

Von den Modellen zur SerienproduktionDie Erfolge und die weltweite Anerkennung bestärk-ten Heinrich und Bernhard Dräger auf ihrem einge-schlagenen Weg und führten zu weiteren Neukon-struktionen und Modifikationen. Die Zielsetzungbestand vor allem in zwei Punkten: Zum einen sollteeine wirtschaftlichere Serienfertigung ermöglichtwerden; zum anderen hatten die Erfahrungen ge-zeigt, daß bezüglich der Pflege im täglichen klini-schen Gebrauch die Tropfvorrichtung verbesserungs-würdig war.

Als Ergebnis ihrer Arbeiten erschien im Jahre 1910der Roth-Dräger-Mischnarkoseapparat auf demMarkt. Sein Funktionsprinzip war praktisch iden-tisch mit dem seiner Vorgänger, aber das Ziel

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Die Nummer zwei:Der Doppelapparat 240 N ausdem Jahre 1903

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In Gemeinschaftsarbeit mitdem befreundeten ArztDr. Otto Roth entstand 1910der Roth-Dräger-Misch-narkoseapparat

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wurde erfüllt. Eine zeitgenössische Darstellungerklärt die Arbeitsweise dieses Apparates:

Die Abbildung „... ist ein schematischer Querschnittder beiden Tropfteile. Der an der Stellschraube B desReduzierventils A nach dem Manometer M eingestell-te Niederdruck strömt nach dem Öffnen des HahnesH zu den Injektoren D1 und D2. In den Schauglas-körpern K1 und K2 wird ein Vakuum erzeugt, unddas durch die Steigrohre S1 und S2 angesaugteNarkotikum fällt von den Tropfkegeln V1 und V2sichtbar und hörbar in den Sauerstoffstrahl derInjektoren. An den Hähnen R1 und R2 wird durchVeränderung des Vakuums in den Schauglaskörperndie Tropfenzahl pro Minute reguliert. Je weiter dieHähne geöffnet sind, umso größer ist die hindurch-zirkulierende Gasmenge und umso niedriger ist dasVakuum, und umgekehrt. Die Chloroform-Sauer-stoffdämpfe und die Äther-Sauerstoffdämpfe mischensich im Atem- oder Sparbeutel G und gelangen durchdas Einatemrückschlagventil im Sparapparat P inden zur Maske führenden Metallschlauch.“ Das Bild

Die technische Aufrißzeich-nung des Roth-Dräger-Mischnarkoseapparates fürÄther und Chloroform

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„... zeigt, wie der Injektor des beschriebenen Appara-tes in Wirklichkeit konstruiert ist. Die Druckdüse aund die Saugdüse b sind mittels Schraubenziehersherausnehmbar und können dadurch leicht gerei-nigt werden. …“

Alle vorgestellten Apparate trugen zum großen Erfolgdes Drägerwerkes bei. Bis 1912, also in den erstenzehn Jahren der Dräger Narkosetechnik, wurdenüber 1500 Stück in alle Welt verkauft.

Mehr Sicherheit in der AnästhesieDie Entwicklung in der Medizin und die Anforderun-gen der Anästhesisten sowie der Chirugen erforder-ten sehr bald eine weitere Überarbeitung des ur-sprünglichen Dräger-Narkoseapparates, der unterMitwirkung des befreundeten Arztes Dr. Otto Roth1902 entstanden war. Schon wenige Jahre nachseiner Verbreitung wurde er als Variante mit einerneuartigen Ergänzung zur pneumatischen künstli-chen Beatmung ausgestattet, es entstand ein „Narko-se-Wiederbelebungsapparat“, benannt nach seinenEntwicklern Roth-Dräger-Krönig (Abb. Seite 21 undSeite 27, zweiter Apparat von links).

Er verfügte unabhängig vom Narkoseteil über einenweiteren, ebenfalls sauerstoffbetriebenen Injektor.Mittels dieses Injektors und über einen von Handbedienbaren Umschalthahn konnte in der dichtsit-zenden Beatmungsmaske abwechselnd Über- undUnterdruck erzeugt werden. Nun war es dem Anäs-thesisten möglich, bei Narkosezwischenfällen oderAtemstillstand des Patienten sofort die Narkoseabzusetzen und die Lunge im Atemrhythmus mitsauerstoffreicher Luft zu füllen bzw. zu entleeren.

Eine bedeutende Entwick-lung: Der Dräger-Injektor, einepräzis einstellbare Tropfvor-richtung

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Aus dem Jahre 1911: Über-druck-MischnarkoseapparatRoth-Dräger-Krönig, mit Über-druckvorrichtung nach Prof.Bruhns

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Die Chirugie am offenen ThoraxDie Bemühungen der Chirurgen, Operationen beioffenem Brustkorb durchzuführen, veranlaßten dasDrägerwerk zur entsprechenden Weiterentwicklungdes „Roth-Dräger“. Erste Versuche, den von derChirurgie gewünschten Anforderungen zu entspre-chen, reichen bis ins Jahr 1905 zurück. Das Problemder Operationen am offenen Thorax bestand darin,die Lunge bei Eröffnung des Thorax währendEin- und Ausatmung unter Überdruck, also geblähthalten zu müssen, um ein Kollabieren zu vermei-den. Die von Prof. Sauerbruch zu jener Zeit dafürerdachte und benutzte Kammer befriedigte nicht.Sie war zu aufwendig und im Operationsbetriebumständlich zu handhaben.

Noch sehr aufwendig undschwer zu handhaben: derÜberdruck-OperationsapparatBrauer-Dräger für die Chirur-gie am offenen Thorax ausdem Jahre 1906

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Im Drägerwerk versuchten die Konstrukteure, dasProblem zu lösen. Ein Beispiel dieser Bemühungenstellt der „Überdruck-Operationsapparat Brauer-Dräger“ dar. Die zeitgenössische Skizze vermittelteinen Eindruck seines Aufbaus.

Eine ganze Reihe Versuchsapparaturen wurde immerwieder klinisch getestet, bis schließlich im Jahre 1911der Überdruck-Mischnarkoseapparat Roth-Dräger-Krönig marktreif war. Es war wiederum der bei Drägerschon zum Standardbaustein gewordene Injektor, derdas Überdruckproblem löste. Er wurde unabhängigvom Narkoseteil über einen separaten Absperrhahnvom Reduzierventil mit Sauerstoff betrieben. Dabeisaugte der Injektor eine relativ große, aber regelbareFrischluftmenge an, die über einen eigenen Schlauchund eine fest anliegende Maske der Lunge eingeblasenwurde. Die Höhe des Überdrucks war mit einemfederbelasteten Ausatemventil auf der Maske regulier-bar. Bei dieser ersten, praxisgerechten Problemlösungmußte für die Zeit der Überdruckphase die Zufuhr vonNarkosegasgemisch unterbrochen werden. Darinbestand natürlich auch sein Handicap, das bei Drägerdurchaus erkannt wurde und gemäß dem erfinderi-schen Anspruch nicht akzeptiert werden konnte.Weiteres Nachdenken sollte zum Erfolg führen.

Im Jahre 1912 konnte das Drägerwerk den Kombi-nations-Apparat für Mischnarkose, Überdrucknarko-se und Wiederbelebung präsentieren. Dieser Apparatgalt mit seinen wesentlichen Funktionsverbesserun-gen als eine sinnreiche Kombination der drei voraus-gegangenen Roth-Dräger-Modelle. Er wurde alsDräger-Kombi weltbekannt und behielt seinenguten Ruf über 30 Jahre.

Zehn Tage vor dem

Weihnachtsfest 1911 er-

reicht der Norweger

Roald Amundsen mit vier

Begleitern als erster den

Südpol. Sein Kontrahent

Robert Scott verliert den

„Wettlauf“ zum Pol und

wird zweiter Sieger am

12. Januar 1912.

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Der Dräger-Kombinations-Narkoseapparat von 1912,unter Ärzten kurz als„Dräger-Kombi“ bezeichnet,fand über 30 Jahre weltweitAnerkennung

Die damalige Kurzbeschreibung von seinem Kon-strukteur Hans Schröder erläutert eindrucksvoll dieFunktionsweise:

Das Bild „... zeigt den Kombinations-Apparat nachRoth-Dräger für gewöhnliche Narkose, für Überdruck-narkose und für künstliche Atmung. Auch hier ist einInjektor vorgesehen, der bei Einstellung des großenSchalthahnes auf Überdruck durch einen DrehschieberFrischluft ansaugt. Im Schalthahn wird das Narkose-

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Der Wahl- oder auch Schalt-hahn am selben Gerät

gas aus dem bekannten Tropfapparat zugeleitet, unddas fertige Narkosegemisch strömt unter Überdruckdurch den Schlauch zur Maske. Ein zweiter Schlauchleitet die Ausatemgase durch das Überdruck-Regulier-ventil ins Freie. Das Manometer zeigt den Überdruckin cm Wassersäule an. Die leichten Aluminiumschläu-che sind 25 mm weit. Für die luftdichte Befestigung derMaske dient ein Kopfring mit Gurten. Hieran istwesentlich, daß der Kopfring zwei Ausleger für denNackengurt hat, die es verhindern, daß der Gurt einenDruck auf die Halsschlagadern ausübt.

Ist aus irgendeinem Grunde künstliche Atmung nötig,so stellt man den Tropfapparat selbstverständlich abund den Schalthahn auf die Inschrift Pulmotor-

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Wiederbelebung. Dann bewegt man den im Schlitzgeführten Zeiger des Schalthahnes vom AnschlagEinatmung zum Anschlag Ausatmung und zurück imRhythmus der natürlichen Atmung, also 15- bis 16mal in der Minute. Hierbei kommt dann abwech-selnd die Saugwirkung und die Druckwirkung desInjektors in Tätigkeit. Bei der Einatmung füllt er dieLunge unter einem Enddruck von etwa20 cm Wassersäule mit sauerstoffreicher Frischluft,und bei der Ausatmung saugt er die Lunge mitgleicher Kraft leer. Er leistet also eine Arbeit, diemanuell nicht durchführbar ist.

Für gewöhnliche Narkose wird der engere Metall-schlauch mit der einfachen Maske benutzt. DerSchalthahn wird auf die Inschrift Misch-Narkose

Die dichte Narkosemaske mitKopfring und Nackengurtendes „Dräger-Kombi“ 67

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Das wohldurchdachteProgramm der Dräger-Narko-seapparate von 1913, dieserienreif weltweit ausgelie-fert wurden

gestellt. Die verschiedenen Bohrungen im Schalthahnleiten die Gase bei jeder gewünschten Arbeitsart desApparates und der entsprechenden Zeigerstellungrichtig. Es würde zu weit führen, die Konstruktionnäher zu beschreiben. Es soll nur erwähnt werden,daß derartige Schaltorgane, die durch einen Hand-griff eine Umstellung des Anwendungsverfahrensermöglichen, in der Narkosepraxis sehr beliebt sind.“

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Am 20. August 1920

werden zum ersten Mal

Rundfunknachrichten

ausgestrahlt; der Sender:

Station 8 MK in Detroit.

Zuverlässigkeit und weltweite AnerkennungVor dem ersten Weltkrieg verfügte das Drägerwerkmit vier Narkoseapparat-Modellen schon über einrecht umfangreiches und wohldurchdachtes Pro-gramm, wie die Fotografie einer Dräger-Ausstellunganläßlich des Chirurgen-Kongresses 1913 in derBerliner Charité dokumentiert (siehe Seite 27). Mitdiesen vier Apparaten war die erste Entwicklungs-phase der Dräger Narkosetechnologie abgeschlos-sen. Nach dem damaligen Stand der Technik warensie ausgereift, und viele von ihnen haben in Operati-onssälen des In- und Auslandes bis in die Jahre nach1940 ihren Dienst getan. „Zweifellos ein Resultatungewöhnlicher Zuverlässigkeit und Stabilität imBetrieb“, wie Prof. Jürgen Waversik noch 1980konstatierte.

Vor allem der Verkauf des Universal-Narkoseappara-tes „Dräger-Kombi“ erstreckte sich über die ganzeWelt. Die Dräger-Vertretung in Japan gab vor eini-gen Jahren bekannt, daß im Jahre 1912 ein Dräger-Kombi geliefert wurde, der heute im Kyushu Imperi-al University Hospital als wertvolles Museumsstückgezeigt wird.

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Eine Weltneuheit machtGeschichte

Vom Chloroform zum LachgasSeit 1860, zunächst im angloamerikanischen Raum,setzten mehr und mehr Mediziner ein neues Narko-semittel ein: das Lachgas, Stickoxydul oder kurz N2O.Lachgas bot gegenüber dem bis dato verwendetenChloroform in seiner Wirkweise manche Vorteile.Lachgas war aber auf der anderen Seite, bedingtdurch den Herstellungsprozeß, ein relativ teuresNarkosemittel. Als auch in Deutschland das Lachgasbekannt wurde, suchten Mediziner und Medizintech-niker nach Möglichkeiten einer optimalen Applikati-on, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, den Gasver-brauch zu minimieren.

Erfahrungen, die das Drägerwerk schon in denfrühen Jahren des Jahrhunderts gewonnen hatte,konnten neu genutzt werden. Bereits 1903 hatteDräger ein Prinzip entwickelt, welches als „geschlos-sener Atemkreislauf“ funktionierte und eine Rück-atmung ermöglichte. Seit jenen Tagen waren Dräger-Atemschutzgeräte in aller Welt bekannt. Vor allemdie amerikanischen Bergleute setzten diese Maskenein und gaben ihnen den Spitznamen „draegermen“.Ihnen half er, bei ihrer beschwerlichen Untertagear-beit – durch das Prinzip der Rückatmung – ausgeat-meten Sauerstoff wieder zu nutzen, sparte somit andem lebensnotwendigen Gas.

Die anfänglichen Versuche des Drägerwerks, solcheinen „geschlossenen Atemkreislauf“, wie mandamals noch sagte, heute sprechen wir vom Atem-Kreissystem, auch für Narkoseapparate einzusetzen,mußten scheitern. Der Grund dafür lag nicht darin,daß der Gedanke falsch war, sondern darin, daß sichdas damals verwendete Chloroform als Narkosegas

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nicht für ein Atem-Kreissystem eignete. In dasKreissystem war ein sogenannter CO2-Absorberzwischengeschaltet, doch im Atemkalk zersetztesich das Narkotikum Chloroform. Deshalb ließ sichdieses Prinzip nicht für Narkosezwecke einsetzen.Bereits 1906 aber hatte dieses Atem-KreissystemAnerkennung gefunden und war in einem Artikelvon Prof. Franz Kuhn in dem Fachblatt „DeutscheZeitschrift für Chirurgie“ veröffentlicht worden.

Das weltweit erste KreissystemFast 20 Jahre später,1924, besannen sich die Inge-nieure des Drägerwerkes auf die früher gesammel-ten Erfahrungen und entdeckten für das „moder-ne“ Narkosemittel Narcylen das Atem-Kreissystemneu. Das hochgereinigte Acetylen spielte in den 20erJahren eine gewisse Rolle als erstklassiges, schnellund schonend wirkendes Narkosegas. In Zusammen-arbeit mit Ärzten der Universitätsklinik Würzburgentstand 1925 der Dräger-Narcylen-Narkoseapparatnach dem Prinzip von Gauß und Wieland.

Mit dem Narcylen-Narkoseapparat folgten die Inge-nieure beim Drägerwerk den Anforderungen derZeit. Der Apparat arbeitete wie das Modell „A“ undverfügte über das gleiche Atem-Kreissystem. Trotzseiner hervorragenden narkotischen Eigenschaftenließ man das Narcylen wieder fallen. Das Gas ist insehr hohem Maße brennbar und explosionsfreudig.Deshalb ließ es sich für medizinische Applikationennur bedingt einsetzen und konnte sich schließlich inder Anästhesie nicht durchsetzen.

In Zusammenarbeit mit Dr. Paul Sudeck und Dr.Helmut Schmidt von der Universitätsklinik Ham-

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Das Modell „A“, der ersteKreissystem-Narkoseapparatder Welt von 1926

burg-Eppendorf entstand ein völlig neuartigerNarkoseapparat für Sauerstoff, Lachgas und Äthernach dem gleichen Prinzip. Äther diente dabeivornehmlich zur beliebigen Vertiefung der relativflachen Lachgasnarkose.

Das neue Atem-Kreissystem fand seinen Einzug indie Narkosetechnik. Im angloamerikanischenSprachraum wurden ebenfalls Rückatemsysteme mitKohlendioxidabsorber zum Einsatz in der Anästhesie

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entwickelt: 1924 stellte Ralph M. Waters ein „Pendel-system“, 1930 Brian C. Sword und R. v. Foregger ein„Kreissystem“ vor.

Die Gegenüberstellung beider Systeme auf Seite 51verdeutlicht die jeweilige Arbeitsweise.

Das Modell „A“Die Vorteile von Lachgas sowie die überragendenEigenschaften des neuen Kreissystems veranlaßtenDräger, den weltweit ersten Narkoseapparat inSerie mit Kreissystem zu bauen; das Modell „A“entstand.

Das zeitgenössische Funktionsschema (gegenüber-liegende Seite) verdeutlicht, daß dieses Atem-Kreissystem als wegweisend für alle weiterenEntwicklungsschritte betrachtet werden kann. Dennes wies schon sämtliche Merkmale auf, die bis heutefür Narkoseapparate selbstverständlich gebliebensind. Das sind im einzelnen:

� Getrennte Schläuche für Einatmung und Aus-atmung.

� Großflächige, federlose, widerstandsarmeGlimmerplättchen-Ventile.

� Schon als Einmal-Patrone den Kohlensäure-Absorber, der ganz oder teilweise ausgeschaltetwerden konnte.

� Atembeutel, der die Möglichkeit bot, manuellzu beatmen.

� Auf Wunsch waren bereits Entlüftungsventileoder Überdruck-Begrenzungsventile lieferbar.

1924 rollt der 10million-

ste Ford, die „tin lizzy“,

in Detroit vom Fließband;

ihr damaliger Preis:

knapp 300 Dollar.

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Die vereinfachte Darstellungdes Funktionsschemas vonModell „A“

Die Dosierung von Lachgas und Sauerstoff konntein bewährter Weise nach dem alten Staudruckprin-zip geregelt werden. Damit hatte der Anästhesistdie Möglichkeit, ganz präzis die gewünschte bzw.benötigte Lachgasmenge nach Litern pro Minute inRelation zum Sauerstoff, in Prozenten gemessen,einzustellen. Der Zusatz von Äther erfolgte wie beidem altbekannten „Roth-Dräger“-Mischnarkose-apparat von 1910 nach dem probaten Vakuum-Verfahren.

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Futuristisch anmutend: derDräger-Narcylen-Narkose-apparat nach Gauß undWieland von 1925

Es spricht für den hohen technischen Standard undseine Langlebigkeit, daß ein Exemplar des ApparatesModell „A“ noch 1947, also 22 Jahre nach seinerEntstehung, in der Universitätsklinik Rostock täglichbenutzt wurde.

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Die Warmäther-NarkoseMit der Entwicklung des Modells „A“ war in derTechnik der Narkoseapparate ein weltweit aner-kannter Standard erreicht worden, der im wesentli-chen in den dreißiger Jahren keiner Überarbeitungmehr bedurfte. Dennoch gehörte und gehört eszum Anspruch des Drägerwerkes, sich immerwieder neuen Aufgaben zu stellen. So entstand1934 neben den Versuchen mit Narcylen als Narko-segas ein anderer Außenseiter in der Reihe derNarkoseapparate. Angeregt wurde die Entwick-lungsarbeit durch eine Idee von Dr. Max Tiegel,Chirurg am St.-Petrus-Krankenhaus in Trier. SeinZiel war es, Äther nicht mehr flüssig über denInjektor, wie im Roth-Dräger-Mischnarkoseappa-rat, sondern als verdampftes Gas zu applizieren.Der Dr. Tiegel-Dräger-Narkoseapparat für über-hitzten Ätherdampf kam auf den Markt.

Das FunktionsprinzipÄther wurde in einstellbarer Menge auf eine elek-trisch beheizbare Silberplatte getropft. Ein Thermo-stat hielt die Silberplatte konstant auf 60°C, derTemperatur, bei der Äther im gasförmigen Aggregat-zustand die feinste molekulare Verteilung aufweist,wie Dr. Tiegel in Versuchen herausgefunden hatte.Der entstehende Ätherdampf vermischte sich mitvom Patienten angesaugter Außenluft, also wie beidem Draw-over-System. Die Ausatmung erfolgtedurch einen separaten zweiten Schlauch. Ein Was-serrückschlagventil ermöglichte auf einfache Weise,den Ein- vom Ausatmungsrhythmus des Patientenzu trennen. Als Pioniertat läßt sich ein weiteresDetail der Konstruktion bezeichnen: Erstmals wurdeein Aktivkohlefilter in den Ausatemschlauch instal-

Die Inhalationsnarkoseder 30er Jahre

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Aus dem Jahre 1934: derDr. Tiegel-Dräger-Narkose-apparat für überhitztenÄtherdampf

liert, welcher den in der Ausatemluft noch reichlichenthaltenen Äther restlos absorbierte. Ein entschei-dender Fortschritt, um gesundheitliche Risiken fürChirurgen, Anästhesieärzte und Assistenten auszu-

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schließen. Dräger dachte und handelte somit schonin den 30er Jahren „umweltbewußt“ im Bereich derAnästhesie.

Der Konstrukteur beschrieb diesen Außenseiter 1934folgendermaßen:

„Dr. Tiegel, Trier, hat weitgehende klinische Versuchemit Ätherdämpfen gemacht, die bei hohen Wärmegra-den erzeugt und im gleichen Augenblick mit Luftgemischt wurden, die also die äußerst feine molekula-re Verteilung des Entstehungszustandes beibehielten.Er hat ermittelt, daß die beste Narkosewirkung mitauffallend günstigen Begleiterscheinungen, das bedeu-tet keine Exitation und kein postnarkotisches Erbre-chen, dann eintritt, wenn die Äthertropfen bei 60 Gradvergast werden.“

Trotz dieser positiven Eigenschaften des Dr. Tiegel-Dräger-Narkoseapparats für überhitzten Ätherdampfblieb er in der Anästhesie ein Außenseiter, der sichnicht wirklich durchsetzen konnte.

Die Optimierung des probaten StandardsVierundzwanzig Jahre nach seiner Erstkonstruktionwurde1935 der Mischnarkoseapparat Roth-Dräger-Krönig (siehe Seite 20) modernisiert. Als wesentlicheVerbesserung erhielt er eine neue Überdruckvorrich-tung, natürlich wieder injektorbetrieben. Sie verfügteallerdings über einen federbelasteten Atembeutelund war so geschaltet, daß das Narkosegas bei Bedarfunter Überdruck zugeführt wurde. Während derOperation am offenen Brustkorb mußte der Anästhe-sist die Narkosegaszuführung nun nicht mehr ab-schalten. Ein weiterer Vorteil des neuen Überdruck-

Im Mai 1934 erscheint in

den USA erstmals ein

Comic-Buch an Kiosken.

Der Beginn einer Ära.

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Der Überdruck-Mischnarkose-apparat „Typ MÜ“ aus demHause Dräger von 1935 10

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Mischnarkoseapparates „Typ MÜ“ bestand darin, daßdie Druckschwankungen zwischen Ein- und Aus-atemphase durch diese neue Konstruktion wesentlichgeringer als vorher waren.

Der entwicklungstechnische StillstandUnter dem wachsenden totalitären Faschismus inDeutschland und mit Ausbruch des zweiten Welt-kriegs 1939 konnte im Drägerwerk nicht mehr an derWeiterentwicklung der Inhalationsnarkose gearbeitetwerden. Diese Zeit wurde, entwicklungstechnischbetrachtet, zu einer langen Zwangspause.

Standardgeräte waren und blieben bis Ende deszweiten Weltkriegs die ausgereiften Roth-Dräger-Narkoseapparate. Fortschrittliche Kliniken benutztenLachgas im Modell „A“, und Außenseiter bevorzugtenden „Tiegel“.

In München stirbt 92jäh-

rig der Erfinder und

Ingenieur Carl von Linde.

1895 erfand er ein Ver-

fahren zur Herstellung

flüssiger Luft, 1902 von

flüssigem Sauerstoff.

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Zurück zum WeltniveauNach Ende des zweiten Weltkrieges konnte dieForschung und Entwicklung auf dem Gebiet derInhalationsnarkose in Deutschland wieder aufge-nommen werden. Gegenüber früheren Jahren warinzwischen das Lachgas in ausreichender Menge unddamit günstig zu bekommen. Die Farbwerke Höchsthatten während der Kriegszeit für flugmotorentech-nische Zwecke verbesserte Verfahren zur Herstel-lung von Lachgas eingeführt. Mit einem Beschaf-

Neubeginn

Ein Jahr nach Kriegsende:Das Modell „D“ im Operations-einsatz des StädtischenKrankenhauses Ost inLübeck unter Leitung vonProfessor Lezius

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fungsengpaß brauchte man also in der sonst sehrschwierigen Wiederaufbauphase nicht zu rechnen.Bei den angloamerikanischen Anästhesisten hattesich Lachgas mittlerweile sogar den Platz einesStandard-Narkosegases erobert. Man mußte sehrbald konstatieren, daß parallel natürlich auch dieNarkoseapparate-Technik im angloamerikanischenRaum Fortschritte gemacht hatte. Diesen Entwick-lungsvorsprung aufzuholen, war im Drägerwerk dasGebot der Stunde.

Schon ein Jahr nach Kriegsende entstand 1946 derSauerstoff-Lachgas-Narkoseapparat Modell „D“. Derdamaligen Notzeit entsprechend war das Modell „D“als einfacher Apparat konzipiert, der über ein halbof-fenes System verfügte. Das Neue war die Unterbrin-gung der meisten Funktionsarmaturen innerhalbeines pultförmigen Kastens mit Schalttafel, woraussich später die geschlossenen Schrankarmaturenentwickeln sollten.

Wie sich bald zeigte, war der Sauerstoff-Lachgas-Narkoseapparat in seiner einfachen Konstruktionideal für den durch den Krieg verursachten Nachhol-bedarf in der deutschen Allgemeinchirurgie.

Die Kreislauf-NarkoseapparateDie Chirurgie der ausgehenden vierziger Jahrekonnte sich allerdings nicht mit dem Modell „D“begnügen. Denn für die immer bedeutender werden-de Thorax-Chirurgie war dieser Narkoseapparat nurbegrenzt einsetzbar. Anknüpfend an das altbewährteModell „A“, entwickelte das Drägerwerk deshalb 1948den Kreislauf-Narkoseapparat Modell „F“. Er basierteauf dem Einsatz von Sauerstoff, Lachgas und Äther.

In Japan sind ab

1946 erstmals in der

Geschichte auch

Frauen wahlberechtigt.

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Der Dräger-Kreislauf-Narkose-apparat Modell „F“ von 1948

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Bei diesem Apparat erfolgte die Kontrolle der Gasdo-sierung erstmalig nicht indirekt mittels Staudruck-messung, sondern direkt in Durchflußströmungsmes-sern, den sogenannten Rotametern. Das Modell „F“verfügte darüber hinaus noch über eine Reihe weite-rer Verbesserungen. So bestand z.B. die Möglichkeit,Cyclopropan und Kohlendioxyd als Zusatzgaseanzuschließen. Das Kreissystem, damals noch Kreis-lauf genannt, ließ sich vollständig ohne Werkzeugezur Reinigung auseinandernehmen und war heiß-dampfsterilisierbar. Den C02-Absorber hatten dieDräger-Ingenieure als Nachfüllbehälter ausgebildet.Bei Erschöpfung des Atemkalkes konnte der Behälterin Sekunden erneuert werden – und das auch wäh-

Das Funktionsschema vomModell „F“ mit Kreislaufteil.Als Weltneuheit erhielt dasGerät eine motor- und strom-unabhängige Bronchus-absaugeinrichtung

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Einstein entwickelt eine

mathematische Erklärung

für das Wirken der Plane-

ten und des Universums:

Seine Gravitationstheorie

versetzt Ende Dezember

1949 weltweit Wissen-

schaftler in Staunen.

rend der Narkose. Um Atemkalk zu sparen, konntenzwei Absorber hintereinandergeschaltet werden.Zugleich hatte der Anästhesist die Möglichkeit, denAbsorber während der Narkose – ebenfalls in Sekun-den – aus dem System herauszunehmen, um dieAusatemkohlensäure für die Atemanregung nutzbarzu machen.

Weltweit erstmalig erhielt jedoch mit dem Modell „F“ein Narkoseapparat eine motor- und stromunabhän-gige Bronchusabsaugeeinrichtung. Sie funktioniertenach dem Prinzip – denn wie konnte es bei Drägeranders sein – des alten, sauerstoffbetriebenen Injek-tors. Dieser wurde nun als Ejektor benutzt underzielte im Absaugekatheter eine Saugkraft bis zu– 0,6 bar. Das Unterdruckprinzip wurde im Laufe dernächsten Jahre noch weiter, bis auf -0,9 bar, verbes-sert. Damit verfügte das Modell „F“ bereits über eineSaugkraft, die von den üblichen motorgetriebenenOP-Absaugern nicht erreicht wurde.

Das Modell „F“ war der Zeit entsprechend ganz aufden deutschen Bedarf abgestimmt. Im Ausland,besonders in den von den USA belieferten Märkten,verlangte man am Narkoseapparat mehr Gase. Siewaren, um den Apparat handlicher zu machen, nurin kleinen Flaschen gespeichert.

Offen für internationale MärkteDem Trend zu mehreren Gasanschlüssen und kleine-ren, leichteren Druckflaschen wurde vom Drägerwerk,nicht zuletzt um auf den ausländischen Märkten wiedermitreden zu können, entsprochen. Mit der Konstruktiondes Modells „G“ erfolgte die Antwort des Drägerwer-kes auf den internationalen Bedarf.

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„Moderne Zeiten“: Dräger-Kreislauf-NarkoseapparatModell „G“ von 1950

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Der kompakte Apparat, der 1950 auf den Markt kam,bot die Möglichkeit, zwei bis fünf Gase anzuschlies-sen: obligatorisch Sauerstoff und Lachgas in je zweiFlaschen, zusätzlich wahlweise Cyclopropan, Heliumund Kohlendioxid. Die verwendeten Ein- und Zwei-Liter-Stahlflaschen wurden über die der amerikani-schen Norm entsprechenden Bügelanschlüsse an dasGerät geklemmt. In Deutschland waren diese An-schlüsse nicht zugelassen, weil sie sich untereinan-der glichen und damit die Gefahr der Verwechslungbestand. Dadurch bedingte Zwischenfälle kamenauch relativ oft vor, bis in den späteren 50er Jahrenein „pin-index-system“ geschaffen wurde, das Ver-wechslungen ausschloß.

Die Vielzahl der möglichen Gasarten bedingte zu-gleich auch umfangreichere Rohrleitungen mitRückschlagventilen. Mit der gesamten Meß- undApparatetechnik hatten die Entwickler diese Bauteilein einem glatten, pultförmigen Armaturenkastenuntergebracht. Eine Uhr auf dem Rotameterblockerleichterte dem Narkotiseur die Zeitkontrolle.Das Kreissystem wurde vom früheren Modell „F“übernommen. Zwar wurde dieses System im Auslandzuerst aufgrund seiner ungewohnten Konzeptionskeptisch aufgenommen, setzte sich aber bald wegenseiner soliden und zweckgerechten Konstruktiondurch. Das bewog das Drägerwerk, an diesemGrundkonzept festzuhalten – und zwar bis in die 80erJahre hinein.

Mehr Komfort in der Modell-PaletteDie Überlegungen, die bereits beim Modell „D“ zurEinführung einer Schalttafel geführt hatten und imModell „G“ mit dem Armaturenkasten fortgeführt

Während in Deutschland

an der Realisierung des

Schwarzweiß-Fernse-

hens gearbeitet wird,

laufen in den USA ab

1951 die ersten Farbsen-

dungen über den Äther.

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waren, gewannen mehr und mehr an Bedeutung imchirurgischen Alltag. Für Funktionalität, Zuverlässig-keit und Langlebigkeit seiner Narkoseapparate warDräger bekannt, nun wurden aber auch ergonomi-sche und anästhesie-praktische Gesichtspunkte beider Konzeption erwartet. Schlicht, der Ruf nach mehrKomfort am Narkosearbeitsplatz führte 1952 zumKreislauf-Narkoseapparat Romulus.

In der Funktion nicht abweichend, unterschied ersich dennoch im Aufbau von seinem Vorgänger,dem Modell „G“. Unter dem eigentlichen Armaturen-kasten befand sich ein Schrank, der mit mehrerenSchubladen und einer Schreib- bzw. Ablageplattefür den Anästhesisten ausgestattet war. Eine Zwei-und eine Zehn-Liter Sauerstoff- und eine Zwei-Liter-Lachgasflasche stellten die notwendigeGasversorgung sicher, außerdem konnten wahlwei-se C3H6 und C02 in kleinen Flaschen angeschlossenwerden. Aus der Uhr auf dem Meßröhrenblockwurde die „Dräger-Narkoseuhr“. Sie war von ihremKonstrukteur Dr. Weyand mit Spezialskalen undStoppzeiger zur Puls- und Atemfrequenzmessungausgerüstet.

Der Blutdruckmesser fand seinen festen Platz nebendem Rotameterblock; links davon stand der frischge-füllte Wechselabsorber in Bereitschaft. Kurz gesagt:Mit Romulus war schon rein äußerlich ein praxisge-rechter und für seine Zeit hoch integrierter Narkose-apparat auf den Markt gekommen.

Aber auch sein „Innenleben“ war modifiziert worden.Das Kreissystem (Kreislaufteil l) konnte eine Reihevon Verbesserungen aufweisen:

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Der Dräger-Kreislauf-Narkose-apparat Romulus von 1952 warvornehmlich für den heimischenMarkt konzipiert worden. Fürdas Exportgeschäft entwickelteman seinen Zwillingsbruder Re-mus, baulich gleich, doch fürkleinere Gasflaschen ausgelegt

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� Das Überdruckventil wurde in seinem Druckbe-reich auf +30 mbar erweitert und in seiner Ein-stellmöglichkeit verfeinert.

� Ein- und Ausatemventil wurden so gelegt, daß sieohne Schließfeder arbeiteten, also mit geringeremAtemwiderstand.

� Die Äthertropfvorrichtung wurde ersetzt durcheinen Verdunster, der eine noch bessere Dosie-rung ermöglichte.

� Zur leichteren Erlernbarkeit der Handbeatmungkonnte statt des Atembeutels ein Beatmungsbalgmit einem einfachen Volumenbegrenzer ange-schlossen werden.

Speziell für den langsam sich öffnenden Exportmarkthatte das Drägerwerk den Narkoseapparat Remuskonzipiert, der „Zwillingsbruder“ von Romulus. Er

Das Funktionsschemavom Kreislaufteil I

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unterschied sich allein durch die Größe der an-schließbaren Flaschen und war mit kleineren Druck-behältern (zweimal Sauerstoff und Lachgas, C3H6oder He) ausgerüstet.

Als sich Anfang der 50er Jahre, der Wirtschaftswun-derära, auch die deutsche Anästhesie langsamemanzipierte, war Dräger immer wieder aufgefor-dert, den individuellen Wünschen seiner Kunden imIn- und Ausland nachzukommen.

Wo technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll,konnten viele neue Lösungen im Aufbau und in derAusrüstung der Narkoseapparate gefunden werden.So entstand nach Romulus und Remus, die alsSchrankapparate nicht gerade günstig waren, sehrbald die Gerätegruppe Agrippa 1, 2 und 3. Sie war imPrinzip ein vereinfachter und damit preisgünstigerNachfolger des Modells „F“ aus dem Jahre 1948. DieAgrippa-Modelle unterschieden sich untereinanderlediglich durch die Anzahl der Anschlußmöglich-keiten:

� Agrippa 1 (ursprüngl. Modell „M“):für Sauerstoff-Äther

� Agrippa 2 (ursprüngl. Modell „N“):für Sauerstoff-Lachgas-Äther

� Agrippa 3:für Sauerstoff-Lachgas-Cyclopropan-Äther

Am 6. Februar 1952 wird

Elisabeth II., 25jährig, als

neue Königin auf dem

britischen Thron prokla-

miert.

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FunktionsschemaKreislauf Ia

Einatem-phase

Ausatem-phase

„geschlossenes“ System

halbgeschlossenes System

halboffenes System

offenes System

20 8

3920

840

20 8

4120

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Die Agrippa-Reihe desDrägerwerkes von 1952,ein Nachfolger desModells „F“

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Der PulmomatIm Jahre 1952 entstand der Dräger-Pulmomat. Dieserneuartige Beatmungsapparat arbeitete automatischund wurde mit Drucksauerstoff betrieben. Er konnteals Zusatzgerät zu allen Dräger-Narkoseapparaten mitKreissystem angeschlossen werden. Seine Funktionwird in einem zeitgenössischen Prospekt ausführlichbeschrieben:

„Automatische Methode mit dem ‚Pulmomat‘Mit dem ‚Pulmomat‘ können Patienten auch bei mehr-stündigen Operationen vollautomatisch und gleich-mäßig beatmet werden; dieses bedeutet eine wesentlicheEntlastung für den Arzt, der sonst den Patienten durchmanuelle Methoden ventilierte. Eine genau einstellbareGasmenge (zwischen 100 und 700 ccm) wird in dieLunge des Patienten gedrückt (Inspiration) und an-schließend mit geringem Unterdruck abgesaugt (Exspi-ration). Die Unterstützung der Exspiration durchnegativen Druck ist bei eröffnetem Thorax besonderswichtig, da dann die elastischen Kräfte, die die Spon-tanausatmung bewirken, verringert sind. Außerdemwird der Blutkreislauf durch gute Füllung des rechtenHerzens während der negativen Phase geöffnet. DerSog bis -10 cm WS hilft, die Ausatemwiderstände –besonders bei der Endotrachealnarkose – zu überwin-den, wodurch weniger Restluft in der Lunge verbleibt.Der ‚Pulmomat‘ ist mit einem Druckmesser versehen,mit dem eine Kontrolle der in der Lunge entstehendenBeatmungsdrücke und der Beatmungs-Mittellagemöglich ist. So können die Druckwerte auch genaukontrolliert werden, wenn der Patient mit dem Atem-beutel des ‚Pulmomat‘ beatmet wird (in der Übergangs-phase vor dem Eintreten der Atemlähmung oder beimWiedereinsetzen der Eigenatmung).“

Die Geräte der 50er Jahre

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Der nach dem alten Pulmotor-Prinzip arbeitendeApparat setzte sich schnell durch. Besonders wäh-rend langer Narkosen, in deren Verlauf Muskelre-laxantien appliziert wurden, war er eine sehr großeEntlastungshilfe für den Anästhesisten. Deshalbgehörte der Pulmomat bald zur Standardausrüstungder Dräger-Narkoseapparate und wurde – mit gering-fügigen Verbesserungen, z.B. Vergrößerung desAtemhubvolumens auf 1000 ml – bis in die 70er Jahregebaut und verkauft.

Atemsysteme nach Wunsch und BedarfAls Zusatzausrüstung für die in erster Linie ausländi-schen Anhänger des „To and fro“-Systems bot Dräger

Der Dräger-Pulmomat in einerFunktionsskizze von 1952

1 = Kunststoffhaube2 = Umschalthahn3 = Faltenbalg4 = Atembeutel5 = Faltenschlauch6 = Beatmungsdruckmesser7 = Umsteuervorrichtung

8 = Verstelleinrichtung fürHubvolumen

9 = Frequenz-Regelventil10 = Grundplatte11 = Befestigungsschrauben

für Kunststoff-Haube12 = Druckminderer

13 = Druckschlauch14 = Absperrventil für

das Antriebsgas15 = Rändelschraube16 = Rändelmutter

40 7

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Exspiration

Inspiration

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sein „Pendelsystem“ mit verschiedenen Absorber-größen für Erwachsene, Kinder oder sogar auchfür Kleinstkinder und Neugeborene an. Das Pendel-system war in Verbindung mit jedem Dräger-Narko-seapparat ab Modell „F“ einsetzbar.

Für das „halboffene System“ standen – ebenfalls zuallen Dräger-Apparaten passend – verschiedeneZusatzausrüstungen zur Verfügung, von denen hierlediglich drei als Beispiel erwähnt sein sollen:

� Das „Magill-System“, nach damaligem angelsäch-sischen Bedarf ohne Ventile, also mit wahlweiser,grob variabler Teilrückatmung.

� Das „Dräger-halboffene System“, exakt gesteuertmit Ein- und Ausatemventil, also ohne Rückat-mung, jedoch mit Handbeatmungsmöglichkeit.

� Ein speziell für Kinder und Neugeborene erdach-tes „ventilloses System nach Kuhn“ (Anästhesist inOffenbach) mit Handbeatmungsmöglichkeit.

Ein neues KreissystemDie Modellreihe Fabius, die Mitte der 50er Jahreentstand, war ursprünglich für den militärischenSanitätsdienst als tragbares Narkosegerät konzipiert(siehe auch unter „Narkoseapparate für Spezial-zwecke“, Seite 74). Für den ambulant tätigen Anäs-thesisten wurde der Fabius als Koffer-Narkosegerätangeboten. In der Klinikversion mit Fahrgestellverfügte Fabius ab 1956 über die Möglichkeit, mitverschiedenen Gasflaschen ausgerüstet zu werden.

Sein wesentlicher Unterschied aber gegenüber denanderen Dräger-Apparaten lag im Kreissystem.Dieser „Kreislaufteil II“ hatte einen Absorber, der

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durch einen konischen Drehschieber während derNarkose ganz oder teilweise ausgeschaltet werdenkonnte. Das bedeutete: eine dosierbare, also Teil-rückatmung war möglich. Die Konstrukteure hattendieses Kreissystem so ausgerichtet, daß es sich miteinfachen Mitteln umstellen ließ und damit alshalbgeschlossenes oder halboffenes System mitFrischgas bzw. nach dem „Draw-over“-Prinzip mitAußenluft arbeitete.

Der NarkosespiromatIn der Thorax-Chirurgie erkannte man die Vorteile,die sich für Chirurg, aber auch Patient bei der Stille-gung der Atemmuskulatur während der Narkoseergaben. Deshalb mußten sich die Anästhesistenmehr und mehr mit der assistierenden und kontrol-lierten Beatmung beschäftigen.

Der Kreislaufteil II und seineFunktion in unterschiedlichenSystemen

„Geschlossenes“ System „To and fro“-System

„Offenes“ System mit Frisch-gas aus Flaschen

„Offenes“ System mitAußenluft

Frischgas

Luft

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Der Dräger-NarkoseapparatFabius, ursprünglich alstragbares Gerät konzipiert,von 1956

Erfahrung wurde während der weltweiten Polio-Epidemien Ende der 40er und Anfang der 50er Jahregesammelt. In dieser Zeit entstand in Amerika undEuropa, natürlich auch bei Dräger, eine Vielzahl vonmehr oder weniger automatisch arbeitenden Beat-mungsapparaten.

Bei Dräger übertrug man diese Kenntnisse auf dieNarkosetechnik. Im Jahre 1959 konnte die Entwick-lung abgeschlossen werden, und der Narkosespiro-mat 5000 kam auf den Markt. Er war als eineaufwendige Kombination des Langzeit-Beatmungs-gerätes Spiromat 4900 mit dem NarkoseapparatRomulus konstruiert. Dieser elektrisch betriebene

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Der Dräger-Narkosespiromatim klinischen Einsatz 1959

Apparat mußte wegen seiner Verwendung im Opera-tionssaal explosionsgeschützt gebaut werden. Demerfahrenen Anästhesisten erlaubte der Narkosespiro-mat 5000, die Beatmungswerte weitestgehend auf dieindividuellen Gegebenheiten des Patienten und derOperationssituation abzustimmen:

� Exakte Vorwahl und Anpassung des Beatmungshub-volumens zwischen 50 und 1000 ml.

� Beatmungsfrequenz einstellbar von 10 bis 40 min-1.� Druckreserve (+45 mbar) zur Sicherstellung eines

konstanten Atemvolumens auch bei erhöhtenAtemwiderständen.

� Variierbare Beatmungsmittellage.� Einatem-Ausatem-Zeitverhältnis wähl- und verän-

derbar zwischen 1:1 und 1:2.

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Zur Funktionsweise des Apparates ein Auszug undzwei schematische Darstellungen aus dem damaligenProspekt:

„Ein elektrisch angetriebenes Gebläse 1 im Inneren desGerätes erzeugt Druckluft und leitet sie über einmechanisch gesteuertes Umschaltventil 2 unter diePlastikhaube 14, wo sie auf den Faltenbalg 13einwirkt.

Im geschlossenen oder halbgeschlossenen System istder Balg 13 mit Narkosegas gefüllt. Durch den Druckwird der Balg zusammengepreßt und das darinbefindliche Narkosegas durch das Einatemventil 22und den Einatemschlauch zum Patienten geleitet. Nachbeendeter Inspiration unterbricht das Umschaltventil 2die Zufuhr von Druckluft und verbindet die Sogseitedes Gebläses mit dem Luftraum unter der Plastikhau-be; dadurch wird unter der Haube ein Unterdruckerzeugt, der den Faltenbalg auseinanderzieht und dieAusatmung bewirkt. Das vom Patienten ausgeatmeteGas strömt durch den Ausatemschlauch, das Ausatem-ventil 21 und das Volumeter 24 und gelangt mit demdurch den Schlauch 35 zufließenden Frischgas überden Absorber 30 und das Ventilstück 29 wieder in denFaltenbalg. Das Ausatem-C02 wird im Absorber gebun-den, das überschüssige Narkosegas entweicht am Endeder Exspiration durch das Ventil 12.

Im halboffenen System ist der Balg 13 mit Frischluftoder Narkosegas gefüllt. Durch den Druck unter derPlastikhaube wird der Balg zusammengedrückt unddas darin befindliche Gas dem Patienten über dasEinatemventil 22 und den Einatemschlauch zugeführt.Nach beendeter lnspiration unterbricht das Umschalt-

Der Wettlauf zum Mond

beginnt. Im September ´59

ist es den Sowjets gelun-

gen, eine Rakete auf den

Mond zu bringen und

ihre Flagge zu hinter-

lassen.

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Das Funktionsschema desNarkosespiromaten 5000 wäh-rend der Einatmungsphase

Einatmung

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Das Funktionsschema desNarkosespiromaten 5000 wäh-rend der Ausatmungsphase

Ausatmung

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Im Dezember des Jahres

1959 wird in Washington

ein Vertrag zwischen

12 Staaten ausgehandelt,

der die Antarktis als

neutrales Gebiet für

friedliche Forschungs-

zwecke deklariert.

ventil 2 die Zufuhr von Druckluft, verbindet dieSogseite des Gebläses über den Luftraum der Plastik-haube mit dem Ausatemschlauch und dem Ausatem-ventil 21 und bewirkt die Exspiration. Die Ausatemluftentweicht über das Gebläse ins Freie, während gleich-zeitig durch den unter der Plastikhaube wirksamwerdenden Unterdruck der Balg auseinandergezogenwird und sich über einen Feinstaub- und Bakterien-filter 18 mit Luft durch das Ventil 36 oder mit Narko-segas aus dem Beutel 37 füllt.

Das Verhältnis zwischen der Einatemzeit und Aus-atemzeit und die Frequenz des Umschaltventils 2 werdendurch ein stufenloses mechanisches Getriebe bestimmtund können über die Drehknöpfe 5 und 6 verändertwerden. Der Arbeitsdruck ergibt sich durch die Einstel-lung der beiden Drehknöpfe 3 und 4. Der positiveDruck im System wird durch ein Sicherheitsventil 17automatisch auf 45 cm H20 begrenzt und kann auchbei extrem hohem Gaszufluß nicht höher ansteigen.Das Beatmungsvolumen ergibt sich aus dem Hub desBalges. Es wird während der Ausatmung mit demVolumeter 24 gemessen und kann an der Verstellein-richtung 10 verändert werden.

Für die Beatmung von Kleinkindern ist der Narkose-Spiromat besonders geeignet, da er hilft, die durch dieengen Katheter erhöhten Atemwiderstände zu über-winden.“

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Das Prinzip und der VaporDie Jahre 1958 bis 1960 bescherten der Anästhesiolo-gie ein neues Narkotikum, das Halothan. Dieser Stoffaus der Reihe der halogenisierten Kohlenwasser-stoffe brachte ganz neue, den Anästhesisten sehrwillkommene Eigenschaften, so daß das Halothan inrelativ kurzer Zeit den Äther fast ganz verdrängte.

Der Vorteil von Halothan besteht vor allem darin, daßdieses Gas in anästhesie-interessanten Konzentratio-

Halothan in der Anästhesie

Das Funktionsschema desVapor in der Aufrißskizze

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Einstellschema des Vapor:1 Temperatur ablesen2 Konzentrationskurve mitTemperaturwert in Deckungbringen 3 genaue Dosierungund konstante Konzentration

nen mit Sauerstoff oder Lachgas nicht entflammbarist, ganz im Gegensatz zu dem explosionsfreundli-chen Äther. Zugleich erforderte Halothan aberaufgrund seiner sehr schmalen Indikationsbreiteeine richtige und präzise Dosierung, wiederum ganzim Gegensatz zum Äther. Dieses Problem mußtegelöst werden. Mit den herkömmlichen Verdunsternund Verdampfern war das jedoch nicht möglich.Bei Dräger entstand der Vapor, ein Halothan-Verdun-ster, der eine bis dahin nicht mögliche Präzisionsdo-sierung zuließ.

In seiner Konstruktion war der Vapor so ausgelegt,daß er an alle seit 1948 gebauten Dräger-Narkoseap-parate angehängt werden konnte. In die ab 1960gebaute Apparategeneration der „römischen Kaiser“(Sulla, Titus etc.) wurde er als festes Bauelementerstmals integriert.

Zu seiner Beschreibung folgender Auszug aus demdamaligen Prospekt:„Der ‚Vapor‘ wird so an das Grundgerät angeschlos-sen, daß das gesamte Frischgas durch ihn hindurchge-leitet und mit Halothan angereichert wird. Der ‚Vapor‘gibt die in Vol.-% eingestellte Konzentration mitgrößter Genauigkeit ab, auch bei langdauerndenNarkosen und bei künstlicher Beatmung, also bei

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Druckwechsel. Infolge des weiten Durchflußbereichesvon 0,3 bis 12 L/min Narkosegas ist die Möglichkeitgegeben, im geschlossenen und halbgeschlossenenSystem auch bei sehr geringem Frischgasfluß mitentsprechend wenig Halothan in exakter Dosierung zuarbeiten. Die Konzentrationen sind stufenlos einstell-bar von 0,3 bis 5 Vol.-%.

Die für die Verdampfung notwendige Wärme wirdeinem Kupferblock entnommen, der die Verdampfer-kammer umgibt. Kupfer hat eine große Wärmekapa-zität und außerdem eine sehr gute Wärmeleitfähig-keit. Der Kupferblock ist so groß dimensioniert, daßim praktischen Gebrauch die Wärmekapazität für dieVerdunstung voll ausreicht. In den ‚Vapor‘ wurde einQuecksilberthermometer eingebaut, dessen abzulesen-der Wert bei der Einstellung der %-Skala berücksich-tigt wird.

Durch einen eingebauten Druckkompensator bleibtdie vom ‚Vapor‘ abgegebene Konzentration auch beikünstlicher Beatmung mit positivem und negativemDruck konstant. Ohne eine solche Wechseldruck-Kompensation würde der Halothandampf in derVerdunsterkammer während der Überdruckphasekomprimiert und während der Unterdruckphaseentlastet werden, wodurch die Konzentration bis aufdas Doppelte des eingestellten Wertes ansteigenkönnte.“

Die „römischen Kaiser“Man kann fast sagen, um den Vapor herum entstand1960 der Narkoseapparat Octavian. Er war ein, imwahrsten Sinne des Wortes, gewichtiger Konkurrentzum Romulus. Octavian verfügte in seiner Grundaus-

1960 wird am 9. Novem-

ber John F. Kennedy mit

einem ganz knappen

Vorsprung von 0,1

Prozent Wählerstimmen

vor Richard Nixon zum

Präsidenten der Vereinig-

ten Staaten gewählt.

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Der Dräger-NarkoseapparatOctavian in der Chirurgie,1960

stattung über einen eingebauten Vapor zur Halothan-verdunstung, wobei aus Sicherheitsgründen dasHalothan dem Frischgasstrom beigemischt wurde.Mit Octavian wurde das „Kreissystem III“ realisiert.

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Um die Anhänger der Äthernarkose jedoch nicht zuvernachlässigen, wurde der Äther-Vapor, einekonstruktive Variante des Halothan-Vapors, ge-schaffen.

Eine weitere Modellvariante wurde deshalb umeinen Äther-Vapor ergänzt, der ebenfalls im Dosie-rungstrakt des Oktavian eingebaut war oder auchan ältere Narkoseapparate angehängt werdenkonnte. Als Weiterentwicklung wurde dem ur-sprünglichen „Kreislaufteil II“ (siehe Seite 56) derÄtherverdunster entnommen und an seiner Stelleein zweiter Absorber eingesetzt. Damit glichen dieIngenieure den Kreislauf als „Kreissystem IV“ demStand der Halothantechnik an.

Der dringende Wunsch der Dräger-Auslandsvertre-tungen nach einem „BOYLE“-Gerät führte 1961 zurKonstruktion des Narkoseapparates Tiberius. SeineMerkmale, die der angelsächsischen Narkoseschuleentstammten, lagen in der Ausstattung: Er war einvierbeiniges Tischgerät mit einem über der Tisch-platte sitzenden Galgen, an dem Verdunster für dieverschiedensten Narkotika in Reihe geschaltetangebracht werden konnten. Der Tiberius erhieltals Drägersche Besonderheit wahlweise einen indie Tischplatte eingebauten Vapor sowie einSchränkchen mit Schubladen für Narkosezubehör.

Die Anfang der 50er Jahre entstandenen dreiAgrippa-Typen mußten mittlerweile als technischüberholt betrachtet werden. Es lohnte sich aber,diese relativ einfache und damit kostengünstigeSäulen-Konstruktion zu modernisieren.So entstand 1963 der Sulla, der als Grundgerät

Die Funktionsschemen vomKreislaufteil III

... und vom Kreislaufteil IV

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1961 folgte bei Dräger derNarkoseapparat Tiberius undsetzte den Erfolg der„römischen Kaiser“ fort

nach den Anforderungen des Benutzers mit verschie-denen Zusatzausstattungen bestellt werden konnte:

Cyclopropan (als drittes Gas), Ätherverdunster,Halothan-Vapor, halboffene Systeme beliebiger Art,Kreislaufsystem III oder IV, Handbeatmungseinrich-tung bzw. Pulmomat.

Der moderne OperationssaalIm Laufe der frühen 60er Jahre wurde der Narkose-komfort für Patient und Anästhesist langsam, aber

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Der Narkoseapparat Sulla ausdem Jahr 1963

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stetig größer. Dazu gehörte zum Beispiel der Trend,die Ein- und Ausleitung der Narkose dem Patientennicht im Operationssaal zuzumuten, sondern imseparaten, dem OP unmittelbar benachbarten Einlei-tungs- bzw. Aufwachraum. Damit war auch imEinleitungsraum ein Narkosegerät notwendig. Da inder Regel diese Räume nur sehr knapp bemessensein konnten, kam man 1963 bei Dräger auf die Idee,

1963 stellte das Drägerwerkseinen ersten Wandnarkose-apparat vor

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die für eine Narkoseeinleitung notwendigen Armatu-ren – das waren Meßröhrenblock, Vapor und Kreissy-stem – auf einer fest montierten Wandkonsole zu-sammenzufassen. Der erste Dräger-Wandnarkoseap-parat war geboren. Sauerstoff und Lachgas wurdendiesem Apparat aus den inzwischen allgemeinüblichen Zentralversorgungsanlagen zugeführt.

Der Gedanke, Platz zu sparen, wurde in den 60erJahren von einem Hamburger Architekten aufgegrif-fen, der ein neues, großes Krankenhaus plante. Erforderte für sein Vorhaben ein „in die Wand eingelas-

1966 kam der Dräger-Wand-einbau-Narkoseapparat füreine Klinikarchitektur auf denMarkt24

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senes“ Narkosegerät. Das führte 1966 zu einer Varian-te, dem Dräger-Wandeinbau-Narkoseapparat. Erbestand aus einer lackierten Stahl-, später Edelstahl-wanne von etwa 13 cm Tiefe, mit den üblichen Narko-searmaturen, die sich bündig in die geflieste Raum-wand einfügen ließ.

Neue Erkenntnisse der Anästhesisten auf dem Gebietder Beatmung – insbesondere bei der Intensivbe-handlung – machten es notwendig, den Narkosespi-romat 5000 von Grund auf neu zu konzipieren. AlsErgebnis präsentierte das Drägerwerk 1966 denNarkosespiromaten 650. In diesem recht aufwendi-gen Apparat, er mag für heutige Verhältnisse volumi-nös wirken, wurden alle bis dahin gemachten Erfah-rungen in der Beatmungspraxis technisch berück-sichtigt.

Im folgenden nur einige seiner Möglichkeiten, diewährend, nach oder auch unabhängig von einerNarkose eingestellt werden konnten:

� kontrollierte Beatmung� assistierende Beatmung� Beatmungsvolumen von 20 bis 1500 ml pro Hub� Beatmungsfrequenz von 8 bis 70 min-1

� elektrisch gesteuerte Beatmungsfrequenz� Beatmungsdrücke bis + 100 und - 15 mbar� regulierbare Beatmungsmittellage� Beatmungsdruckverlauf beeinflußbar� Beatmungszeitverhältnis (Inspiration: Exspiration)

von 1:1 bis 1:4

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Ganz neu im Jahre 1966: DerDräger Narkosespiromat 650stellte die Weiterentwicklungdes Narkosespiromat 5000aus dem Jahr 1959 dar

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Mobile NarkoseapparateEine Sonderstellung unter den Dräger-Narkoseappa-raten nehmen die Feldnarkosegeräte ein, derenAnfänge bis in den Krieg 1914-18 zurückzuverfolgensind. Es kann sich damals allerdings nur um wenigeExemplare des Roth-Dräger-Handapparates 145 Ngehandelt haben, die in Feldlazaretten des deutschenHeeres eingesetzt wurden – in einem Holzkofferverpackt und mit Anschlußvorrichtung für denBetrieb an eine normale 10-L-Sauerstoffflasche.Wahrscheinlich war für eine weitere Verbreitung derNachschub an Sauerstoff zu kompliziert.

Auch in späteren Jahren ist über deutsche Feldnarko-segeräte wenig bekannt, während die Briten ihren„Oxford-Vaporizer“ (Äther-Luft im Draw-over-System) und die Amerikaner ihren „Heydbrinck“(Sauerstoff-Lachgas-Äther im Kreissystem) sogar invorgeschobenen Feldlazaretten einsetzten.

Nach Kriegsende erhielt das Drägerwerk im Jahre1948 wieder den ersten Auftrag für die Entwicklungeines Feldnarkosegerätes – von der damaligenfranzösischen Besatzungsarmee. Der Apparat wurdenach den Vorstellungen eines in Baden-Baden statio-nierten, anästhesie-interessierten französischenFeldchirurgen gefertigt. Es entstand das Koffernarko-segerät Modell „L“, ein zerlegbarer Apparat auf derBasis von Sauerstoff-Lachgas-Äther im Kreissystem.Etwa 120 Geräte wurden in jener Zeit geliefert,allerdings im Rahmen der Reparationsleistungen,nicht als Devisenbringer.

Erst nach der Gründung der Bundeswehr fordertenin den 50er Jahren junge Anästhesisten mit Erfah-

Narkoseapparate fürSpezialzwecke

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rungen aus der Kriegszeit moderne Narkosemetho-den und entsprechende Ausrüstung auch für weitvorgeschobene, chirurgische Versorgungsstellen.

An erster Stelle ist Prof. Rudolf Frey zu nennen,damals Oberarzt für Anästhesie an der ChirurgischenUniversitätsklinik Mainz und Berater der Bundes-wehr. In enger Zusammenarbeit mit der zuständigenEntwicklungsstelle in der Bundeswehr-Beschaffungs-stelle in Koblenz entstand der Narkoseapparat „Feld

Der sogenannte Äther-Catoaus dem Jahr 1958, derNarkoseapparat „Feld klein“41

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klein“, der bei Dräger intern kurz „Äther-Cato“genannt wurde. Es war ein Gerät ähnlich demenglischen „EMO“, dem Nachfolger des Oxford-Vaporizers. Man entschied sich bei Dräger aus dreiGründen für dasselbe Prinzip:

1. um keine Nachschubsorgen mit Sauerstoff zuhaben,

2. weil man Wert auf ein möglichst kleines, leicht zuverpackendes und wartungsfreies Gerät legte,

3. und weil es sich auf britischer Seite durchaus be-währt hatte.

Dieses Gerät wurde nach ausreichender Erprobung1958 in der Bundeswehr eingeführt, und bis 1962waren bereits ca. 750 Stück ausgeliefert.

In Fachkreisen war man sich aber von Anfang anvöllig klar darüber, daß diesem Erste-Hilfe-Gerätschnellstens ein vollwertiger Narkoseapparat folgenmußte, der auch an vorgeschobenen Stellen imFeldlazarett narkosetechnisch alles erlaubte, wasman ab etwa 1950 in der „großen Chirurgie“ (ein-schließlich der Thoraxchirurgie) routinemäßigpraktizierte.

So entstand kurze Zeit später der Narkoseapparat„Feld groß“. Es handelte sich in Funktion und An-wendung um den Fabius und hieß bei Dräger auchFabius M. Er war aber so abgewandelt, daß erzerlegt und mit reichlichem Zubehör feldgerechtverpackt werden konnte. Auch an Narkose beiKindern und Kleinstkindern war bezüglich desZubehörs gedacht. Fabius M basierte, wie seinziviler Bruder, auf dem Prinzip von Sauerstoff-

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Lachgas-Äther im Kreissystem. Es war aber auchmöglich, halboffen, also ohne Atemkalk, zu arbei-ten. Ende 1959 wurde diese komfortable Ausrü-stung bei der Bundeswehr und dem zivilen Bevöl-kerungsschutz eingeführt. Bis 1964 erhielten dieBundeswehr etwa 750 und der zivile Bevölkerungs-schutz etwa 1200 Geräte.

Narkoseapparat „Feld groß“oder auch Fabius M, ebenfallsvon 1958

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Ausgepackt und aufgebautfür den Einsatz: der Narkose-apparat „Feld klein“ von 1967

Kompakt in einer stabilenTransportkiste verpackt: derNarkoseapparat „Feld klein“oder auch Halothan-Cato

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Die Anfang der 60er Jahre beginnende, aber unauf-haltsame Verdrängung des Äthers in der Anästhesio-logie durch das Halothan erforderte auch in derBundeswehr neue Überlegungen. Diese führten 1967zu einem neuen kleinen Feldnarkosegerät, intern der„Halothan-Cato 10“ genannt. Dessen Halothan-Verdunster basierte auf dem Vapor-Prinzip, war aberabgewandelt für das Draw-over-System, um einengeringen Atemwiderstand im Einatem- und Ausatem-trakt zu gewährleisten. Weiterhin erhielt das Gerätein aufwendiges Beatmungsventil mit der Möglich-keit, Beatmungsdrücke und Atemvolumen perVolumeter zu kontrollieren. Mit einer Sauerstoff-Zusatzeinrichtung konnte der Sauerstoffgehalt derDraw-over-Luft auf 30 Prozent erhöht und im Notfallreiner Sauerstoff gegeben werden. Etwa 1100 dieserGeräte wurden in gut zehn Jahren an die Bundes-wehr ausgeliefert.

Die kurze Geschichte vom Lachgas in derZahnmedizinNicht nur für die Krankenhaus- und Feld-Chirurgie,sondern auch in anderen Sparten der Medizinspielte und spielt die Inhalationsnarkose einewichtige Rolle. Das gilt besonders für die Verwen-dung des Lachgases, das vor 150 Jahren als Narko-semittel entdeckt und zuerst für zahnärztlicheEingriffe verwendet wurde. Hierzu schreibt Prof.Hans Killian in seinem Buch „Das Abenteuer derNarkose“ (Seite 20):

„Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Lachgas-narkose eigentlich das älteste Narkoseverfahren seitder Entdeckung durch Horace Wells ist, jenenZahnarzt, der Prothesen machen wollte und nach

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Für zahnärztliche Zweckeentwickelte das Drägerwerk1928 die Modelle „B“ und „C“ 99

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einem Betäubungsmittel suchte, weil er für dieHerstellung künstlicher Gebisse eine schmerzloseExtraktion von Zahnstümpfen und kariösen Zähnenbenötigte. Mußte er nämlich ohne Schmerzausschal-tung bei vollem Bewußtsein Zähne ziehen, liefen ihmdie Patienten mit ihrem Geld davon, bevor dieProthese fertig war.“

Soweit bekannt, hat sich Mitte der 20er Jahre inDeutschland als erster Professor Hans Pflüger,damals Chef der Universitäts-Zahn- und Kieferkli-nik Eppendorf in Hamburg, um das Lachgas alsNarkotikum in der Zahnchirurgie bemüht. Er regtedas Drägerwerk an, auf der Basis des ihm bekann-ten, in der Eppendorfer Chirurgie benutzten Mo-dells „A“ eine vereinfachte Variante für seine Zwek-ke zu entwickeln. So entstand noch in den zwanzi-ger Jahren der Lachgas-Narkoseapparat für zahn-ärztliche Zwecke, Modell „B“. Er fand nicht nur inUniversitätskliniken, sondern auch bald in zahn-ärztlichen Praxen Eingang.

Völlige Schmerzfreiheit bei geschonter Psyche, auchwährend längerer Eingriffe, waren die Vorteile dieserMethode, sowohl für den Patienten als auch für denZahnarzt. Auch das schnelle Erwachen und dasAusbleiben von Nachwirkungen machten eineBehandlung angenehmer.

Das Modell „B“ arbeitete mit Sauerstoff und Lach-gas im halboffenen System. Eine kleine, einfacheÄthertropfvorrichtung erlaubte in besonderenFällen eine beliebige Vertiefung der Narkose. Ohnediese Äther-Zusatzeinrichtung war der Apparat alsModell „C“ im Handel.

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Nach dem 2. Weltkrieg wardieser Lachgas-Narkose-apparat, das Modell „D“, inzahnärztlichen Praxen imEinsatz

Ab 1936 bahnte sich mit beiden Geräten ein Booman, der aber durch den Kriegsausbruch unterbrochenwurde. Lachgas und Sauerstoff waren zwar weiterhinerhältlich, aber der Bau der Apparate wurde als„nicht kriegswichtig“ verboten.

Ein neuer Anfang für die zahnärztliche Lachgasnar-kose in Deutschland wurde 1946 mit dem Modell „D“gemacht. Funktionell dem Modell „B“/„C“ gleich,unterschied es sich nur in seiner Konstruktion, dieauf erhältliche – oder besser: fast nicht erhältliche –Werkstoffe des ersten Nachkriegsjahres Rücksichtnehmen mußte.

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Die Aufnahme zeigt denLübecker DentistenDr. Hartwig Drücke 1948während einer Behandlung:Extraktion unter Lachgas-narkose mit dem Modell „D“

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Der Lachgas-Narkose- undAnalgesieapparat Modell „K“,1952

Um dem Zahnarzt bzw. seiner Assistentin, die denNarkoseapparat bediente, die Gasdosierung zuerleichtern, wurde in das Modell „K“ von 1952 einelungenautomatische Dosierung eingebaut, die beiDräger schon seit etwa 1903 in Atemschutzgerätenverwirklicht war. Diese pneumatische Automatikbewirkte, daß der Bediener des Apparates lediglichauf einer Skala die gewünschte Sauerstoffkonzentra-tion in Volumen/Prozent einzustellen hatte. DieGesamtgasmenge paßte sich automatisch jedem

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Atemzug des Patienten an. Diese Lungenautomatenerforderten natürlich einen erheblich größerenkonstruktiven Aufwand als die Konstantdosierer.Trotzdem lohnte es sich für das Drägerwerk, diesemModell „K“ 1954 ein schöneres, besser in die zahn-

Modell „K 2“ von 1954, einerder letzten Lachgas-Narkose-und Analgesieapparate, derin der Zahnmedizin verwendetwurde

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ärztliche Praxiseinrichtung passendes Äußeres zugeben: Es war das Modell „K 2“, das funktionsmäßigmit dem Modell „K“ identisch war.

Daß die Lachgas-(Voll-)Narkose, wie sie ja mit diesenGeräten vornehmlich praktiziert wurde, in derzahnärztlichen Praxis nicht ganz ungefährlich war,sprach sich allmählich herum und bewog Anfang der50er Jahre einige erfahrene Pioniere, das Vorstadiumder Narkose, also die Analgesie, auszunutzen. Einerwar der Züricher Zahnarzt Dr. Paul Vonow, der 1953mit dem Drägerwerk ein einfaches und auch relativbilliges Gerät konzipierte, das Lachgas-Analgesiege-rät Marius.

Der Marius war ein Konstantdosierer für Sauerstoffund Lachgas (ohne Äther!) mit einer Minimal-

Das einfache Lachgas-Anal-gesiegerät Marius, 1953 16

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Zwangsdosierung für Sauerstoff und einer Maximal-Dosierung für N20, so daß eine Sauerstoff-Konzentra-tion unter 20 Vol.-% nicht gegeben werden konnte.Dieses Gerät verdrängte im Laufe der Jahre dieModelle „D“, „K“ und „K 2“ weitgehend. Es hielt sichauf dem in- und ausländischen Markt bis Mitte der60er Jahre.

Danach wurde in der zahnärztlichen Praxis dieapparativ doch recht aufwendige Gasnarkose und-analgesie überholt und ist längst durch die im Laufeder Jahre ebenfalls sehr verfeinerten Verfahren derInjektionsbetäubung völlig verdrängt.

Mit einer anderen Dosierung und entsprechendzusammengestellten Maskenausrüstungen wurde derMarius auch in der kleinen Chirurgie sowie in derHNO-Praxis als einfaches Narkosegerät für kurzeEingriffe – unter dem Namen Pavor – benutzt.

Lachgas-Analgesie in der GeburtshilfeNoch ein anderes Randgebiet der Inhalationsnarkoseist aus Dräger-Sicht erwähnenswert: Die Lachgas-Sauerstoff-Analgesie zur Wehenschmerzbekämpfungwährend der Geburt. Professor Gauß, der Gynäkologeaus Würzburg, gab dem Drägerwerk 1939/40 dieAnregung, für die Geburtshilfe einen Spezialapparatzu schaffen. Aufgrund der Kriegsverhältnisse kamman aber in gemeinsamer Arbeit nicht über einerstes Versuchsmodell hinaus, mit dem in Würzburgdennoch sehr erfolgreich gearbeitet wurde.

Erst 1950 konnte man sich bei Dräger wieder mitdiesem Randgebiet, sicher auch auf Drängen meh-rerer deutscher Gynäkologen, beschäftigen. Aus

Der Neuseeländer Hillary

und seine Mannschaft

sind die Erstbezwinger

des 8840 Meter hohen

Mount Everest Gipfels.

Eine Besteigung des

höchsten Berges der Erde

wäre im Jahre 1953 ohne

Atmungsgeräte nicht

denkbar gewesen.

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Lachgas-Wehen-Narkose-apparat Modell „E“ für dieGeburtshilfe, 1951

Erfahrungen mit dem oben erwähnten Versuchsmo-dell entstand 1951 der Lachgas-Wehen-Narkoseap-parat Modell „E“. Der Lungenautomat entsprach inAufbau und Funktion weitgehend dem beschriebe-nen Modell „K“. Die Bedienung bzw. die Benutzung

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Lachgas-AnalgesieapparatModell „H“, 1952, leichte Aus-führung

war denkbar einfach und sicher: Der Arzt oder auchdie Hebamme stellten den Apparat neben das Bettder Patientin, öffneten die Sauerstoff- und Lachgas-flasche und stellten auf der Prozentskala eine relativhohe Sauerstoffkonzentration ein. Nach einerkurzen Einweisung konnte man dann die Patientinmit dem Gerät allein lassen. Sie brauchte beimHerannahen einer Wehe sich lediglich die Maskeaufzudrücken und ruhig durchzuatmen. Nachwenigen Atemzügen bewirkte die schnell einsetzen-de Analgesie Schmerzfreiheit. Nach eigenem Er-messen ließ die Patientin die Maske wieder fallen –bis zur nächsten Wehe.

Auch während der eigentlichen Geburt konnte dieHebamme der Patientin mit dem Apparat weitge-hende Schmerzfreiheit verschaffen, ohne daßdurch die Analgesie die Mitarbeit der Patientin litt.

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Das Lachgas-Analgesie-und Narkosegerät Modell „E 2“von 1957 am Klinikbett zurUnterdrückung des Wehen-schmerzes

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Auch in der Gynäkologiesetzten sich die modernenKlinikkonzepte der Wand-apparate durch, hier:Lachgas-Analgesie- und Nar-koseapparat Modell „E 2-Wand“, 1964

Eine Äther-Zusatzvorrichtung am Apparat erlaubteeine Vollnarkose für eventuelle chirurgische Ver-sorgung, z.B. bei einer notwendigen Dammnahtnach der Geburt.

Auch für den ambulanten Gebrauch, also für dieGeburt zu Hause, wollte man nicht auf die Annehm-

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lichkeiten dieser Wehenschmerzbekämpfung verzich-ten und forderte ein leicht tragbares Koffergerät.Diesem Marktbedürfnis kam Dräger 1952 mit demModell „H“ (Abb. Seite 89) nach. Es war in einemhandlichen Leichtmetallkoffer einschließlich je einerSauerstoff- und Lachgasflasche (2-L-Rauminhalt)untergebracht. Für den stationären Gebrauch war einFahrgestell mit normalen Gasflaschen (10-L-Raumin-halt) vorgesehen.

Modellpflege und technische „Kosmetik“ machtenaus dem Modell „E“ im Jahre 1957 den Lachgas-Analgesie-Narkoseapparat Modell „E 2“ (Abb. Seite90/91), der bezüglich Funktion und Einsatz seinemVorgänger gleich war.

Trichloräthylen-Inhalator„Göttinger Modell“ 15

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Auch das 1964 verkaufsreif gewordene „E 2“-Wand-modell unterschied sich nur in seinem äußerenAufbau vom „E 2“. Seine Entstehung beruhte auf denForderungen „weg vom Fußboden“ und „keineunhandlichen Gasflaschen am Apparat“. Es wurde anpassender Stelle in nächster Nähe des Patientenbet-tes an der Wand montiert und aus der zentralenGasversorgungsanlage mit Sauerstoff und Lachgasbeschickt.

Kurze Zeit später, zu Beginn der 50er Jahre, spielteauch das Trichloräthylen, in reiner Form „pronarcosi“ geeignet, eine Nebenrolle in der Geburts-hilfe und Zahnmedizin, und zwar als Analgetikumbei der Wehenbekämpfung und bei schmerzhaftenZahnbehandlungen. Es wurde über einfachsteInhalatoren appliziert, durch die über Mund oderNase eingeatmet wurde. Das Drägerwerk beteiligtesich an dieser – rückblickend gesehen – kurzlebi-gen „Modeerscheinung“ mit dem „Göttinger Mo-dell“ (nach Prof. Hosemann und Dr. Hickl) unddem „Dräger-Stabinhalator“ sowie dem Analgeti-kum „Trimenth“ (in Ampullen): hochgereinigtesTrichloräthylen mit einem Zusatz von Menthol zurGeruchsverbesserung.

Über die Konsequenzen, die die Fortschritte in derElektronik und Elektrotechnik für die technischeEntwicklung der Narkoseapparate des HausesDräger hatten und haben, berichten wir in Band IIunserer Chronik. Sie wird die jüngste Vergangen-heit erfassen und schließt die geschichtlicheBetrachtung nach gut 100 Jahren Dräger-Narkose-technik ab.

Trichloräthylen-Stabinhalatorzur Wehenschmerzbetäubung

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Trichloräthylen-Stabinhalatorfür zahnärztliche Analgesie

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1889 Erfindung eines Druckminderer-ventils; als Bierdruckautomat undOxygenautomat begründet dasDruckmindererventil die erstenErfolge des DrägerwerksSeite 10/11

1902 Reichspatent für TropfapparaturSeite 12

1902 Entwicklung des ersten Narkose-apparates in Deutschland: Hand-apparat 145 N, auch Roth-DrägergenanntSeite 14

1910 Roth-Dräger-MischnarkoseapparatSeite 16

1911 Weltneuheit: Narkoseapparatmit pneumatischer künstlicher Be-atmung, der Roth-Dräger-KrönigSeite 20

1912 Dräger-Kombi, neuartiger Kombi-nationsautomat für Mischnarkose,Überdrucknarkose und Wieder-belebungSeite 23

1924 Entwicklung des weltweit erstenKreissystems, zuerst noch fürNarcylenSeite 30

1926 Modell A, mit dem erstenseriengefertigten Kreissystem fürLachgasSeite 31/32

Chronologischer Überblick

1928 Modelle B und C speziell für denEinsatz in der ZahnarztpraxisSeite 80/81

1934 Tiegel-Dräger-Narkoseapparatfür Narkosen mit überhitztemÄtherdampfSeite 35

1935 Überdruck-MischnarkoseapparatTyp MÜSeite 38/39

1946 Sauerstoff-Lachgas-Narkose-apparat Modell D; Einzug der ergo-nomischen Betrachtungsweise indie Entwicklung der Narkose-apparate: erstmals werden diemeisten Funktionsarmaturen ineinem Schaltkasten zusammen-gefaßtSeite 41, 82/83

1948 Modell F für Sauerstoff, Lachgasund Äther; Narkosegerät mit einermotor- und stromunabhängigenBronchusabsaugungSeite 41

1950 Modell G, speziell für den interna-tionalen Markt, mit der Möglichkeit,bis zu fünf Gase anzuschließenSeite 44

1951 Der Lachgas-Wehennarkose-apparat Modell E für die Geburts-hilfe, weitgehend identisch mitModell KSeite 88

1952 Modell H: ein leichter, tragbarerNarkoseapparat für ambulanteGeburtshilfeSeite 92

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1952 Modell K für die Zahnarztpraxisverfügt bereits über eine auto-matische GasdosierungSeite 84

1952 Mit dem Romulus, der konse-quenten Weiterentwicklung desModells F, wird ein ergonomischoptimierter, „integrierter“ Anästhe-siearbeitsplatz vorgestellt; mitleichten Modifikationen als Remusfür den internationalen MarktSeite 47

1952 Modellreihe AgrippaSeite 50

1952 Einführung des Dräger-Pulmomat:ein automatisch arbeitender Beat-mungsapparat für alle Narkose-geräte, erleichtert die Arbeit desAnästhesisten entscheidendSeite 53

1953 Lachgasanalgesiegerät Marius fürdie zahnärztliche PraxisSeite 86

1956 Fabius mit dem neuentwickeltenKreislaufteil ll, mit dem eine Teil-rückatmung möglich wirdSeite 55

1957 Modell E wird leicht überarbeitetals Modell E 2 vorgestelltSeite 92

1958 Narkoseapparat „Feld klein“, auchÄther-Cato genanntSeite 75/76

1958 Narkoseapparat „Feld groß“Seite 76

1958 Erste Prototypen des Vapors,eines NarkosemittelverdampfersSeite 63

1959 Narkosespiromat 5000, ein elek-trisch betriebener NarkoseapparatSeite 57

1960 Octavian mit eingebautem Vaporzur HalothanverdunstungSeite 65

1961 Der Dräger-Vapor erlangt Serien-reife im TiberiusSeite 67

1963 Sulla, der erfolgreichste Dräger-Narkoseapparat – mit entspre-chenden technischen Modifikatio-nen – , bis 1996 gebautSeite 67

1964 Modell E 2 gibt es für den klini-schen Einsatz in einer platzsparen-den WandversionSeite 93

1966 Narkosespiromat 650Seite 72

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HAUPTSITZDrägerwerk AG & Co. KGaAMoislinger Allee 53–5523558 Lübeck, Deutschland

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DEUTSCHLANDDräger Medical Deutschland GmbHMoislinger Allee 53–5523558 LübeckTel +49 180 52 41 318*Fax +49 451 88 27 20 [email protected]* Inland: EUR 0,14/min

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