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Universität der Künste Institut für Kunst im Kontext Die Farben der DDR Mode und Farben in einem ideologischen System Masterarbeit am Institut für Kunst im Kontext vorgelegt von Susann Bartsch Matrikelnummer: 351547 Betreuer: Prof. Dr. Michael Fehr Berlin, Juni 2009

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Universität der Künste Institut für Kunst im Kontext

Die Farben der DDR Mode und Farben in einem ideologischen System

Masterarbeit am Institut für Kunst im Kontext

vorgelegt von Susann Bartsch

Matrikelnummer: 351547

Betreuer: Prof. Dr. Michael Fehr

Berlin, Juni 2009

2

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis....................................................................................................................... 2 Abstract ...................................................................................................................................... 3

Einleitung ................................................................................................................................... 4 1. Wirtschaftspolitische Situation in der DDR der 1970er und 1980er Jahre ............................ 6

1.1 Zentralplanwirtschaft in der DDR.................................................................................... 7 1.2 Ideologie und ökonomische Zwänge................................................................................ 8

2. Strukturen der staatlichen Textil- und Modeindustrie............................................................ 9 2.1 Das Deutsche Modeinstitut ............................................................................................ 10 2.2 Das Amt für Industrielle Formgestaltung (AIF) ............................................................ 12 2.3 Die Handelsorganisation und die Konfektion ................................................................ 12 2.4 Der Exquisit.................................................................................................................... 13

3. Individuelle Strategien ......................................................................................................... 14 3.1 Boutiquen ....................................................................................................................... 14 3.2 Der Schwarzmarkt.......................................................................................................... 15

4. Mode im Kontext des sozialistischen Systems .................................................................... 17 4.1 Kleidung als Ideologieträger .......................................................................................... 19 4.2 Die Pionierkleidung........................................................................................................ 19 4.3 Die FDJ-Kleidung .......................................................................................................... 21 4.4 Die Jeans ........................................................................................................................ 22

5. Internationale Farbtendenzgestaltung .................................................................................. 23 5.1 Analysen der Mode- und Farbtendenz der 1980er Jahre der DDR ................................ 25 5.2 Das Jahr 1980 ................................................................................................................. 25 5.3 Das Jahr 1983 ................................................................................................................. 30 5.4 Das Jahr 1986 ................................................................................................................. 37 5.5 Das Jahr 1989 ................................................................................................................. 47 5.6 Konzeption und Realität................................................................................................. 60

6. Vergleich des internationalen Trend mit den DDR-Modefarben......................................... 61 7. Farbe in der medialen Repräsentation.................................................................................. 64

7.1 Farbtendenz und ihre Umsetzung................................................................................... 67 7.2 Das Jahr 1983 ................................................................................................................. 67 7.3 Das Jahr 1986 ................................................................................................................. 69

7. Fazit ...................................................................................................................................... 70 Abkürzungen ............................................................................................................................ 75 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. 76 Quellen: .................................................................................................................................... 78

1. Archivunterlagen der Stiftung Stadtmuseum Berlin ........................................................ 78 2. Zeitschriften ..................................................................................................................... 80 3. Internetverzeichnis ........................................................................................................... 81 4. Filmquellen: ..................................................................................................................... 81 5. Sekundärliteratur .............................................................................................................. 81

Selbstständigkeitserklärung...................................................................................................... 83

Abstract

„Die Farben der DDR“ Mode und Farben in einem ideologischen System

Dass in der DDR eine bestimmte Farbigkeit vorherrschte wird immer wieder behauptet.

Die Arbeit untersucht die Farbkonzeption und –gebung der Textil- und Modeindustrie innerhalb des

sozialistischen Wirtschaftssystems der DDR in den 1980er Jahren, welchen gesellschaftlichen Einflüssen sie

unterlag oder inwieweit sie ideologisch gesteuert wurde?

Anhand von Objekt- und Bildquellen wird demonstriert, dass es eine unverwechselbare Farbigkeit der DDR-

Mode gab, die sich verallgemeinern lässt.

Dabei stützt sich die Arbeit im Wesentlichen auf Archivmaterial des Modeinstitutes der DDR, welches sich

heute komplett in der Modesammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin befindet. Anhand von

Kollektionsbeschreibungen, Trendfarbkarten, textilen Beispielen der DDR-Textilindustrie und einschlägigen

Dokumenten wird untersucht, welche Farbgebung im genannten Zeitraum geplant und tatsächlich produziert

wurde.

Der Mangel an Individualität und die Bedürfnissituation der DDR-Bevölkerung hatte ungeheure Auswirkungen

auf die Kreativität und Produktivität der Menschen. Sie schufen eine Alternative zum staatlichen Angebot und

verweigerten sich den offiziellen Vorgaben.

Mit ästhetischen Modeabbildungen der langlebigen und zeitlosen Kollektionen in dem Modemagazin „Sibylle“

wurde den Menschen ein fortschrittliches Lebensgefühl vermittelt, welches sie mehr zu sich selbst brachte als zu

konsumorientierten Verhalten. Zwar unterlag die Farbigkeit allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen, die sich

aus der Bewirtschaftung, den begrenzten Ressourcen und den Fünfjahrplänen ergaben, dennoch sind die

Modekollektionen der DDR international vergleichbar.

In Zukunft könnten die Forschungsergebnisse der Farbigkeiten der DDR-Mode in ihrem wirtschaftspolitischen

Bezugsrahmen mehr in den Bereich der Kulturgeschichte und

-soziologie Eingang finden, um zu verdeutlichen, dass die Bekleidungskultur der DDR ein Gegenmodell zur

derzeitigen Modeindustrie war.

4

Einleitung

Seit 1990 werden wiederholt Sätze formuliert, die betonen, wie „grau die neuen Länder gewesen seien …!“ oder

dass die DDR-Mode ein Niemandsland gewesen sei. Einschätzungen wie diese lassen erkennen, dass im

Hinblick auf die DDR eine Farbgebung wahrgenommen wurde, die sowohl in öffentlichen wie in privaten

Bereichen erfahrbar war und sich nicht zuletzt an Textilien und damit der Mode erkennen ließ. Zugleich wird

damit impliziert, dass das DDR-Modedesign als solches unverkennbar war oder dass es eine Farbgebung gab, die

die DDR-Mode von textilen Produkten anderer Länder unterscheidbar machte.

Die Hauptthese der Arbeit ist, dass in der ästhetischen Gestaltung der Mode der DDR jegliche Farben zum

Einsatz kamen. Gegenstand der Objekt- und Bildanalyse ist demzufolge die Frage nach der konkreten

theoretischen und umgesetzten Farbgebung der Mode der DDR. Über verschiedene Beschreibungsverfahren soll

untersucht werden, ob es eine spezifische Farbigkeit der DDR gab, welchen gesellschaftlichen Einflüssen sie

unterlag oder ob sie und wenn, inwieweit sie von ideologischen Interessen geprägt wurde.

Die Schwierigkeit dieser kultursoziologischen Untersuchung liegt darin, dass es zum heutigen Zeitpunkt keine

DDR-typische Modeindustrie mehr gibt und darüber hinaus auch darin, dass nur sehr wenige Recherchen zu

dieser Fragestellung vorliegen.

Da die Mode einen nonverbalen Informationsträger darstellt, sind die primären Datenquellen die konkreten Farb-

bzw. Objektbeschreibungen, die als Basis bestimmter Informationen angesehen werden müssen. Ausgangspunkt

für meine Recherche ist die Rekonstruktion der Farbgestaltung von Bekleidung unter den Rahmenbedingungen

des sozialistischen Wirtschaftssystems der DDR in den 1980er Jahren. Sie lassen sich einerseits durch die

zunehmende Demokratisierung der Mode und andererseits durch das Festhalten an kollektiven Ansprüchen

seitens der SED-Führung charakterisieren.

Die Wirtschaftsweise der ehemals sozialistischen Länder war idealerweise darauf ausgerichtet, die Produktion

wirtschaftlicher Güter vom Widerspruch von Kapital und Lohnarbeit zu befreien. Dabei war das Handeln und

Planen allzeit im Interesse des Gemeinwohls zu verstehen. Diesem Anspruch nach sollte auch in der DDR

ökonomisch effektiver und mit weniger Reibungsverlusten gearbeitet werden.

Die Konsumbedürfnisse der Bevölkerung sollten befriedigt und gleichzeitig die sozialen Sicherheiten in den

Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit und Alltagsversorgung garantiert werden.

Diese Arbeit zielt nicht auf einen Vergleich zwischen kapitalistisch oder sozialistisch geprägten Kulturen. Die

Recherche konzentriert sich vielmehr in den ersten beiden Bereichen auf die gesellschaftlichen

Rahmenbedingungen, den wirtschaftlichen Zielsetzungen, Verfahrensweisen und Handelsstrukturen der DDR,

innerhalb derer sich die Mode als sozialistische Bekleidungskultur entwickeln sollte. Dabei beginnt die

Betrachtung der wirtschaftlichen Gegebenheiten bereits im Jahrzehnt zuvor, um die Lockerungen der 80er Jahre

deutlich genauer heraus stellen zu können.

Dass Kleidung nonverbal Informationen zur ökonomischen Situation oder Aussagen zu gesellschaftlichen

Inhalten vermittelt, sind Aspekte, die die Grundlage für den dritten Bereich meiner Recherchearbeit bilden. Hier

wird Bekleidung mit symbolisch besetzten Werten dargestellt.

Als Weiteres beschäftigt sich die Untersuchung mit der primären Fragestellung, ob sich diese von vielen

Menschen als 'typisch DDR' wahrgenommene Farbgebung objektivieren lässt. Dies erfolgt anhand der visuellen

Rekonstruktion der Farben der einzelnen Modelinien der DDR in den 1980er Jahren in Form von

Beschreibungen und mit Hilfe von mir hergestellten Farbkarten. Sie geben zum heutigen Zeitpunkt die

5

Möglichkeit des Sichtbarmachens der Farbwerte, da es schwierig ist Kolorierungen ausschließlich im

sprachlichen Medium darzustellen. Die methodische Schwierigkeit dieser Zusammenstellung besteht

insbesondere in der altersbedingten Veränderung der Farben der Textilien. Da die Textilherstellung der DDR

nahezu 20 Jahre zurück liegt, besteht die Möglichkeit, dass die Beschaffenheit der Textilien je nach Lagerung

von Farbverlusten betroffen ist. Die Sättigung der Farbtöne ist demzufolge heute nicht mehr ablesbar, und dies

kann zu Verfälschungen der visuellen Rekonstruktion führen.

Die Farbkarten werden nach Jahrgängen der Trendfarbkarten geordnet. Ergänzt wird diese Zusammenstellung

durch eine Sammlung textiler Flächengebilde, die haptisch und visuell verdeutlichen, mit welchen Fasern und

welchem Textildesign Bekleidung hergestellt wurde. Als weitere Referenz dient eine kleine Sammlung von

originalen Kleidungsstücken aus Privatbesitz, die belegen, was auf der Strasse tatsächlich zu sehen war. Im

letzten Abschnitt der Arbeit wird ein kurzer Einblick über Printmedien gegeben, die in der DDR die

sozialistische Bekleidungskultur sowohl in farbigen als auch in Schwarz/Weißabbildungen repräsentierten. Hier

fungieren Abbildungen aus der Modezeitschrift „Sibylle“ als wichtige Quelle. Mit Hilfe einer fotografischen

Gegenüberstellung wird versucht, sowohl die farbliche Trendsetzung durch das Modeinstitut als auch deren

farbliche Umsetzung in Mode über die Abbildungen zu vergleichen. Die Recherchearbeit gibt in ihrer

Gesamtheit einen Überblick darüber, welche Bedeutung die Farbgestaltung modischer Kleidung in einem

sozialistischen System hatte und welche Rolle dabei die vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen spielten.

Als Hauptquelle für die Untersuchung dienen Jahrespläne, Richtlinien, Protokolle und Reiseberichte,

Tendenzfarbkarten, grafische Entwürfe, textile Mustercoupons, Bilddokumente und Zeitschriften des

Modeinstitutes der DDR, welches noch heute seinen Sitz in Berlin hat. Diese Unterlagen weisen auf Grund des

damaligen Kontexts sprachliche Besonderheiten auf, die von mir weitestgehend beibehalten wurden. Beispiele

hierfür sind politische Begriffe wie 'Volkseigener Betrieb' oder 'Nichtsozialistisches Ausland', produktbezogene

Bezeichnungen wie 'Nicki' oder 'Trikotagen' oder Materialbegriffe wie 'Dederon' oder 'Wolpryla'.

Andere Quellen waren die Objektsammlung Kleidungsstücke des Deutschen Historischen Museums und die des

Dokumentationszentrums Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei den Mitarbeiterinnen der Modesammlung der Stiftung

Stadtmuseum Frau Hoffmann und Frau Remus bedanken, deren Hilfestellung weit über die übliche Betreuung

hinaus gingen. Ihnen verdanke ich es, dass alle wichtigen Unterlagen in meine Hände gelangten und in

Gesprächen mir die Geschichte der Mode in Farbe erschien. Weiterhin danke ich Frau Bartsch, einer ehemaligen

Mitarbeiterin des Modeinstitutes der DDR für hilfreiche Informationen am Telefon, der Textilwerkstatt des

Theaters Zwickau, die mir unzählige Stoffmuster aus der DDR-Textilherstellung zu Verfügung stellten, meiner

früheren Professorin Frau Großmann-Pally, die als Grafikerin für das Modeinstitut tätig war und mir ihre

Sammlung der „Sibylle“ schenkte, meinen Freundinnen und Freunden, die fleißig gelesen und hinterfragt haben

und meinem betreuenden Prof. Dr. Michael Fehr, der mir mit Anregungen und Hinweisen zur Seite stand.

Mein besonderer Dank gilt meiner Familie, meiner Mutter, die mir aus ihrem Besitz Kleidungsstücke aus den

1980er Jahren schenkte, meinen Tanten, die nach Geweben aus DDR-Produktion suchten, und in tiefer

Verbundenheit meinem Vater, der den Abschluss dieser Arbeit leider nicht mehr miterleben konnte.

6

1. Wirtschaftspolitische Situation in der DDR der 1970er und 1980er Jahre

Der noch in den 1970er Jahren vom damaligen Staatssekretär des Zentralkomitees der SED, Erich Honecker,

formulierte Grundsatz, dass

„die Hauptaufgabe […] in der weiteren Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf

der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität,

des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes und des Wachstums der Arbeitsproduktivität“1

bestehe, führte bereits zum Ende der 1970er Jahre zu unübersehbaren ökonomischen Schwierigkeiten, die darin

bestanden, dass die Staatausgaben höher waren, als die Einnahmen. Dennoch, um die Vorzüge des Sozialismus

sichtbar zu machen, sollte insbesondere in den sozialen Bereichen, und nicht nur allein im persönlichen Konsum,

der Wohlstand wachsen. Eine planmäßige Erhöhung der Einkommen und der damit verbundene Konsumanteil

sollten zur proportionalen Steigerung der Produktion führen. Hierdurch sollten der Dienstleistungsbereich, der

Bildungsbereich, die Kindergärten und das Gesundheitswesen ausgebaut werden.

Waren die späten 1970er Jahre demzufolge von etlichen positiven Veränderungen geprägt, die sich

beispielsweise im Wohnungsbereich, in steigenden Einkommensverhältnissen, in Arbeitszeitverkürzungen,

Urlaubsverlängerungen und Rentenerhöhungen widerspiegelten, standen diese für den Staat zu Beginn der

1980er Jahre in keinem Verhältnis zu den aufzubringenden Kosten, die für diese Sozialleistungen notwendig

waren. Subventionen des Staates für stabile Preise und eine garantierte Versorgung der Grundbedürfnisse in

Form von Mieten, Strom- und Wasserpreisen ließen ein Missverhältnis entstehen, welches kaum noch

auszugleichen war. Zu dieser innenpolitischen Lage kam die erschwerende Situation, dass Preiserhöhungen für

Erdöl und andere Rohstoffe auf dem Weltmarkt stattfanden und die Sowjetunion zusätzlich Eröl- und

Erdgaslieferungen reduzierte. Die zunehmende Veralterung der Produktionsanlagen in den jeweiligen Betrieben

und Kombinaten wirkte sich ebenso unmittelbar auf die Wirtschaftsproduktion aus.

Neben diesen ökonomischen Problemen kam es zunehmend zu Kritik gegenüber dem politischen System seitens

vieler Künstler, der Friedensbewegung und anderer Oppositioneller.2

Dieser Stimmungswandel wurde jedoch auf dem X. Parteitag der SED 1981 kaum reflektiert, sondern vielmehr

wurde der bisherige Kurs der Einheit der Wirtschafts- und

Sozialpolitik, der Friedenspolitik, das Bündnis mit der Sowjetunion und die führende Rolle der SED bestätigt.

Es war eine Situation entstanden, die einer schweren Schuldenkrise entsprach. Dennoch wurde aus Befürchtung

vor einer unkontrollierbaren Destabilisierung an den unökonomischen Sozialleistungen und den

Subventionierungen der Grundbedürfnisse festgehalten.

Milliardenkredite aus der Bundesrepublik entschärften für einige Jahre die Situation und führten dazu, dass 1986

der letzte Parteitag in dieser Art ohne wesentliche Vorschläge für einen Kurswechsel stattfinden konnte.

Die erwirtschafteten Leistungen blieben bei weitem hinter den zu erwartenden Wachstumsankündigungen des

bestehenden Fünfjahrplanes zurück und brachten wirtschaftliche Instabilitäten mit sich, die sich in fehlenden

Anlagen oder Materialien, in mangelnder Vorproduktionen knapper Rohstoffe, Produktionsausfällen

(die Ursache lag in den veralteten Industrienanlagen) nachlassender Arbeitsdisziplin und sinkenden Exportzahlen

äußerten.3

1 Dokumente zur Geschichte der SED, Bd. 3: 1971-1986, Berlin 1986, S. 24. 2 Vgl. Wolle, Stefan, Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971-1989, Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 1999, S. 51.

7

1.1 Zentralplanwirtschaft in der DDR

„Die planmäßige, rationelle Gestaltung der Warenzirkulation trägt wesentlich zur Effektivität des sozialistischen

Reproduktionsprozesses und zur Erreichung eines hohen volkswirtschaftlichen Wachstumstempos bei.“4

Mit diesem Ansatz wollte die DDR-Führung die wirtschaftliche Situation gestalten und Erfolg versprechend

vorantreiben.

Die zentrale Planwirtschaft der DDR beruhte im Wesentlichen auf zwei Merkmalen:

dem sozialistischen Eigentum an Produktionsmitteln in allen Wirtschaftsbereichen und der zentralen staatlichen

Planung durch die führende Partei. Damit wurden Planung, Lenkung und Kontrolle der Produktion, der

Verteilung und der Verwendung der Güter durch ein zentrales Organ übernommen. Jegliche Befugnisse lagen

nicht bei den einzelnen Unternehmen, sondern befanden sich bei den jeweiligen Ministerien und deren

untergeordneten Fachministerien, die der SED unterstellt waren.

Die Wirtschaftsführung hatte zur Entlastung der zentralen Planung die Betriebe und Kombinate in zwei Gruppen

eingeteilt.

Diese Zuordnung erfolgte insbesondere nach der gesamtwirtschaftlichen und der regionalen Bedeutung zur

Erfüllung der Staatspläne. Die erste Gruppe bestand aus jenen Einrichtungen, die von großer Wichtigkeit bei der

Erreichung der Hauptziele der Wirtschaftspläne waren, zum Beispiel die Steigerung des Exports und des

Absatzes auf dem Binnenmarkt. Alle Betriebe und Kombinate dieser Gruppe, deren Absatzgebiet sowohl

innerhalb der DDR als auch den Auslandsmarkt umfasste, unterstanden direkt den Industrie- und

Fachministerien in Berlin. Sie umfassten hauptsächlich Betriebe, die hohe Staatseinnahmen zu erwirtschaften

versprachen, zum Beispiel aus dem Bergbau, dem Schwermaschinenbau, der Elektrotechnik und der Chemie.

Zur zweiten Gruppe gehörten die bezirks- und örtlich geleiteten Industriebetriebe, welche in der gleichen Region

ihren Sitz hatten. Dazu zählten unter anderem die Leichtindustrie und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie,

der Wohnungsbau und das Dienstleistungsgewerbe. Diese Einrichtungen wurden über die bestehenden Bezirke

und die Stadt- und Landkreise durch die zuständigen Ministerien angeleitet.5

Über den Ministerrat der DDR und den Generalsekretär der SED wurden die zentralen Beschlüsse und

Maßnahmen zur Innen- und Außenpolitik getroffen und bildeten verbindliche Handlungsanweisungen für alle

Staatsorgane, Volkseigenen Betriebe, Kombinate und Produktionsgenossenschaften.

Volkseigene Betriebe und Kombinate waren die wichtigsten Warenproduzenten der sozialistischen Wirtschaft.

Sie verfolgten das Ziel, weltmarktfähige Erzeugnisse mit hohem Gebrauchswert und hoher Rentabilität für die

eigene Wirtschaft als auch für den Export zu erzeugen. Alle volkseigenen Betriebe hatten die Aufgabe,

eigenverantwortlich Perspektivpläne bzw. Jahrespläne über einen zeitlichen Rahmen von fünf Jahren zu

erstellen. Darin enthalten waren sowohl eine Bestandsaufnahme und eine Prognose für die zukünftige

Entwicklung des Betriebes im Kontext der regionalen als auch der internationalen wirtschaftlichen Situation.

3 Eberhard Kuhrt in Verbindung mit Hansjörg F. Buck und Gunter Holzweißig, Die wirtschaftliche und ökologische Situation der DDR in den 1980er Jahren, Opladen 1996. 4 Politische Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR, Berlin 1969, S. 446. 5 Vgl. Kuhrt, Opladen 1996, S. 24.

8

1.2 Ideologie und ökonomische Zwänge

Die Entspannungspolitik der 1970er Jahre und die damit verbundene de facto Anerkennung der DDR seitens der

BRD machte den Aufbau finanzieller Beziehungen möglich. Durch kreditfinanzierte Westimporte beispielsweise

von Industrieanlagen sollten die binnenwirtschaftliche Produktion gesteigert und sie in den folgenden Jahren

zurückgezahlt werden.

Die Strategie der 1970er Jahre führte zeitweilig zu einer gewissen Öffnung und Erleichterung insbesondere für

junge Menschen. Weltoffenheit, gesellschaftlicher Fortschritt und Toleranz wurden verbreitet. Erich Honecker

betonte

„dass die jungen Menschen nicht so sehr nach Äußerlichkeiten, sondern in erster Linie nach ihrer politischen

Grundhaltung und ihren Leistungen für den gesellschaftlichen Fortschritt, nach ihrem Charakter und ihrem

Verhalten, also nach ihren inneren Werten beurteilt werden sollen“.6

1971 wurden beispielsweise erstmalig eine begrenzte Stückzahl „Blue Jeans“ der Firma Levis, die bisher als

westliches, dekadentes Symbol bekannt waren, in den CENTRUM - Warenhäusern zu bezahlbaren Preisen

angeboten.

In einem Bericht des damals zuständigen Politbüromitgliedes Werner Jarowinsky hieß es:

„In den ersten vier Verkaufstagen (bis einschließlich 30.11.1971) wurden in der Hauptstadt 120.000 Stück

verkauft und in 18 Objekten des Bezirkes Potsdam in 50 Verkaufseinrichtungen 22.000 Stück und in

18 Objekten des Bezirkes Frankfurt (Verkaufsbeginn 14.00Uhr) 4.600 Stück, insgesamt also fast 150.000

Stück.“7

Die später in den Handel kommenden ersten Jeans der volkseigenen Produktion (Marke:„Wisent“ und „Boxer“)

und zusätzliche Hosen aus anderen sozialistischen Ländern, sollten jedoch den besonderen Status des

amerikanischen Originals nie erreichen. Dennoch erzielten sie auf der ideologischen Ebene eine weit reichende

Veränderung, die für viele junge Menschen weniger Diskriminierung bedeutete. Bisher waren diese blauen

Arbeitshosen nach staatlicher Bewertung ein zu beseitigendes Objekt und Symbol einer aufsässigen Jugend. Nun

kleideten sich ebenfalls FDJ-Funktionäre mit diesem Kleidungsstück.

Die im Jahr 1977 bereits bestehende wirtschaftliche Krisensituation sollte unter anderem durch eine Erhöhung

der Preise entschärft werden. Mit den erhofften Mehreinnahmen wollte die Staatsführung entstandene

Differenzen ausgleichen. Der Versuch, Preissteigerungen im textilen Bereich einzuführen, brachte Unruhe und

löste bei der Bevölkerung Unsicherheiten aus, die sich darin äußerten, dass so genannte Hamstereinkäufe

stattfanden. Ausgewählte Artikel waren ausverkauft. Beispielsweise in Dresden:

„Im Angebot befindet sich gegenwärtig noch ein Design Bettwäsche. Bettwäsche weiß ist ausverkauft. Bettlaken

werden täglich durchschnittlich 400 Stück verkauft, bei einer geplanten Halbjahresmenge von 9.000 Stück.

Spitzenforderungen von einzelnen Kunden liegen bei 8 Bettwäschegarnituren und 30 Bettlaken.“8

Steigende Weltmarktpreise für Rohstoffe, Warenmangel innerhalb des Binnenmarktes und deutliche

Unzufriedenheiten der Bevölkerung bestimmten die damalige Wirtschaftssituation.

6 Pelka, Anna, Jugendmode und Politik in der DDR und Polen, Eine vergleichende Analyse 1968-1989, Osnabrück 2008. 7 SAPMO-BArch, ZPA, DY 30/31970/1, Büro Jarowinsky, Information Werner Jarowinsky an Erich Honecker über den Verkauf von Jeanshosen, o.D. Bl. 2. 8 SAPMO-BArch, ZPA, DY 31870/2, Büro Jarowinsky, Information zu ausgewählten Preisproblemen und Abkauftendenzen, 22.9.1977, Bl. 1.

9

Um massenhaften Einkäufen einerseits entgegenzuwirken und andererseits die Erhöhung der Preise erfolgreich

durchzusetzen, folgte 1978 der Beschluss zur Versorgung der Bevölkerung mit Exquisit- und

Delikaterzeugnissen. Das Sortiment dieser Läden bestand aus importierten Waren des Nichtsozialistischen

Auslands und besonderen einheimischen Produkten zu stark erhöhten Preisen im Vergleich zum üblichen DDR-

Warenangebot. Der Exquisit(laden) war den modischen Artikeln der Kleidungs-, Schmuck- und Schuhindustrie

vorbehalten und die Delikatläden ausschließlich für die Lebensmittelversorgung. Trotz Mangel an modischen

Artikeln, gestiegener Reklamationen wegen Qualitätsmängeln und enormen Preissteigerungen sollte die

Bevölkerung zum Kauf animiert werden.

Die in den 1980er Jahren gesunkenen Erträge und Gebrauchswerte im Bereich der Textilien sollten durch

umfangreiche Rationalisierungsmaßnahmen, durch innere wirtschaftsorganisatorische Prozesse, durch Forschung

und den Einsatz neuer Technologien wieder gesteigert werden.

Letztendlich war die Idee der Staatsführung, mit Krediten moderne Technologien zu importieren, um mit deren

Hilfe Produkte für den Weltmarkt herstellen und dann die Schulden begleichen zu können, nicht aufgegangen.

Die Schuldenlast bewegte sich 1980 auf einem Niveau von 28 Milliarden Valutamark.9 Bereits 1982 mussten

neue Kredite aufgenommen werden, um die Zinsen zu begleichen.

In den 1980er Jahren war die wirtschaftliche Situation nicht nur im textilen Bereich durch veraltete

Technologien und die damit verbundenen hohen Produktionskosten sowie durch eine uneffektive Nutzung von

Ressourcen und Arbeitskraft gekennzeichnet.

Der enorme bürokratische Aufwand und die damit verbundene Langwierigkeit von Entscheidungsprozessen

erschwerten notwendige Anpassungen an modische Neuheiten und neu entstandene wirtschaftliche Situationen.

Dies führte zu Wachstumseinbrüchen und Mangelerscheinungen im Warenangebot und der Unmöglichkeit der

Bedarfssituation der Bevölkerung gerecht werden. Der Konsum und Verbrauch der DDR-Bevölkerung waren

schneller als die erwirtschafteten Leistungen gestiegen.

Die Einkommensentwicklung konnte dem Angebot im Handel nicht folgen. Die Ost-Mark verlor somit ihren

finanziellen Anreiz, da es wenige Möglichkeiten gab diese zu verwerten bzw. für Waren auszugeben.10

„Schätzungsweise 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung haben so hohe Einkommen und Spareinlagen, dass sie sich

praktisch alles leisten können, das heißt bis zur Zweit– und Drittausstattung mit technischen Konsumgütern,

PKW, Pelzen, Schmuck usw. Etwa 50 Prozent sind so situiert, dass sie auch im Delikat und Exquisit kaufen

können und ihre Ansprüche im Wesentlichen befriedigt werden, wenngleich die gewünschte Bedarfsdeckung

wegen Mangels an Gütern und Diensten nicht vorhanden ist.“11

2. Strukturen der staatlichen Textil- und Modeindustrie

Zu Beginn der 1980er Jahre sollte eine neue tief greifende Umstellung in Bezug zur Antizipation von Mode

stattfinden. Die Zeit der strengen Kleidervorschriften sollte beendet sein und neue Freiheiten zur

Selbstdarstellung und Individualität Raum bekommen.

9 Kuhrt, Opladen 1996, S. 57. 10 Ebenda, S. 115. 11 Ebenda, S. 115.

10

Dieser neuen Idee war eine Zeit vorausgegangen, deren oberstes Ziel es war, mit Hilfe der Bekleidungskultur zur

Entwicklung einer sozialistischen Persönlichkeit beizutragen. Mode war in den ersten Jahren nach der DDR-

Gründung eine rein kapitalistische Erscheinung, von der sich abgegrenzt werden sollte.

Wie oben skizziert, wurde auch die Modeindustrie mit der Zielsetzung zentral gesteuert, eine funktionale,

praktische und dauerhafte Mode zu gestalten. Dies galt ebenso für die Textilindustrie.

Die wirtschaftliche Situation der Textilindustrie zu dieser Zeit war durch gravierende Ungleichheiten zwischen

der Warenproduktion und der abgesetzten Ware gekennzeichnet. Dies traf insbesondere für die Betriebe zu, die

Trikotagen, technische Textilien und Dekorationsstoffe produzierten. Unzureichende Materialqualitäten und ein

ungenügendes Tempo innerhalb der Erzeugnisentwicklung waren Probleme, die wirtschaftsorganisatorische

Maßnahmen nach sich zogen.12

Im Jahre 1982 wurden folgende Ziele auf einer Ausstellung für materialökonomische Maßnahmen in der

Leichtindustrie formuliert:13

- Senkung des Importaufwandes von Rohstoffen und Material

- Verbesserung der Materialökonomie

- Erhaltung bzw. Steigerung des Gebrauchswertes und der modischen

Attraktivität

- Erfüllung und Übererfüllung der Exportziele durch Rentabilität und Steigerung des Exportvolumens

- Gewährleistung der stabilen Versorgung der Bevölkerung.

Zur Erfüllung dieser Eckpunkte war es notwendig, dass die Textilindustrie eng mit dem Modeinstitut der DDR

zusammen arbeitete, dessen Analysen und Forschungsergebnisse wichtige Grundlagen für die zukünftige

Bedarfssituation darstellten. Die Bedeutung dieses Institutes lag vor allen Dingen darin, dass von hier aus die

Modeentwicklung zentral gesteuert werden sollte - es handelte sich um das „Modezentrum“ der DDR.

Im ersten Halbjahr des Jahres 1982 waren die Wareneinnahmen nur langsam gestiegen, der gesamte Bereich der

Textilbekleidung hatte ein Minus von 3% (ca. 186 Mio. Mark14) im Verhältnis zum Vorjahr zu verzeichnen.

Bei der Damen- und Herrenoberbekleidung (DOB und HOB) wurden wesentliche Strukturprobleme registriert,

die sich auf Material und Gestaltung bezogen und zu rückläufigen Verkaufszahlen führten. Insgesamt war zu

beobachten, dass die Käufer und Käuferinnen kritischer in ihrem Einkaufsverhalten geworden waren.

Somit war zukünftig damit zu rechnen, dass die Farbe und modische Aktualität entscheidende Faktoren waren,

die die Verbraucherwünsche noch stärker beeinflussten.

2.1 Das Deutsche Modeinstitut

1952 wurde das Institut für Bekleidungskultur gegründet, welches dem Ministerium für Leichtindustrie

unterstand. 1972 wurde es zum Modeinstitut der Deutschen Demokratischen Republik umbenannt.

Es hatte neben der ästhetischen Aufgabenstellung den gesellschaftspolitischen Auftrag, eine Mode für die

sozialistische Gesellschaft bzw. für die sozialistische Persönlichkeit zu entwickeln, deren Vielfalt und Umfang

der ökonomischen Situation und den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst sein sollte. Bekleidung wurde als

12 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 28-5 1982, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 13 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 28-23 1982, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 14 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 28-5 1982, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

11

ein Mittel zur Befriedigung materieller und kultureller Bedürfnisse angesehen, was bedeutete, dass nicht die

Modebranche die Nachfrage vorantrieb, sondern dass die Entwicklung der Bekleidung durch die

Lebenssituationen und Bedürfnisbefriedigungen in der DDR bestimmt wurden.

In den 1980er Jahren folgte das Modeinstitut folgenden zentralen Aufgaben:15

- Erarbeitung der Hauptlinien der Mode- und Erzeugnisentwicklung auf Grundlage internationaler und nationaler

Analysen sowie gesellschaftlicher Zusammenhänge,

- Musterung von Garnen und Zwirnen, Geweben, Konfektionen, Ober -und Untertrikotagen, Schuhen,

Lederwaren, Handschuhen und modischem Zubehör,

- Erarbeitung komplexer Orientierungen für Mode- und Gestaltungskonzeptionen unter Beachtung der

volkswirtschaftlichen Bedingungen und Erfordernisse als Ideenvorlauf,

- Durchführung von Entwicklungsexperimenten und Erarbeitung von komplexen Trendkollektionen mit einer

hohen Umsetzbarkeit,

- Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen und einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit,

- Vertretung der DDR durch Spezialistengruppen im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) sowie

Informations- und Dokumentationsarbeit auf dem Gebiet der Bekleidung international und national.16

Im Rahmen dieser Vorgaben erstellte das Modeinstitut Modeanleitungen inklusive Schnittunterlagen für die

Industrie und den Handel, die ein Zusammenwirken von Ökonomie und Kultur in der Konfektion verdeutlichte.

Mit Berücksichtigung der internationalen Modeentwicklung wurden in einem zeitlichen Vorlauf von zwei Jahren

Impulse für die saisonale Farbgestaltung der Frühjahr/Sommer- und der Herbst/Winterkollektionen für Damen-,

Herren-, Jugend- und Kindermode konzipiert. Die erarbeiteten Entwürfe und Gestaltungskonzeptionen der

empfohlenen Trends wurden mit einem einjährigen Vorlauf in der hauseigenen Werkstatt umgesetzt und auf

Modenschauen oder Messen präsentiert. Einige Wochen später fanden die Zusammentreffen zwischen Handel

und Modeinstitut statt, wo die Entwurfsvorlagen mit der Industrie besprochen wurden. Zu diesem Termin fuhren

die Gestalterinnen und Gestalter nach Berlin und präsentierten die Stoffe, aus denen die neuen Kollektionen

erstellt werden sollten.

Bereits hier ergaben sich erste Konfliktsituationen, da die textile Flächenware und die daraus zu produzierende

Produktmenge vorgeschrieben wurden. Die Industrie stand unter einem enormen Kostendruck, so dass in der

Regel die Entwürfe selten 1:1 übernommen werden konnten. Anschließend erfolgte die Hauptarbeit des

Modeinstitutes im Handel, wo Modeberatungen für Werbefachleute stattfanden und die Herausgabe der

Informationsbroschüre „die mode“ organisiert wurde.

Die gesamte Konzeption bewegte sich in einem Spannungsverhältnis zwischen den Kundenwünschen, den

zentralen Planungsvorgaben, den unzureichenden materiellen und technischen Ressourcen der Industrie und den

anspruchsvollen Trendtendenzen der Modedesignerinnen und Modedesigner des Modeinstitutes.

15 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 27-27 1981, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 16 Vgl. Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 8-4 1962, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

12

Abb. 1: Informationsbroschüre des Modeinstitutes der DDR „Die Mode“ 1983/1984

2.2 Das Amt für Industrielle Formgestaltung (AIF)

1972 wurde das Amt für Industrielle Formgestaltung gegründet. Es war bis 1990 eine Einrichtung für die

Planung, Leitung und Überwachung der industriellen Formgestaltung in der DDR und stellte ein Organ des

Ministerrates dar. Es hatte 1989 ca. 250 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und zählte zu den weltweit größten

öffentlichen Designinstitutionen. Dabei war die Fachabteilung „Bekleidung“ unter anderem für die textilen

Flächen und die Konfektion zuständig. Hier wurde im Gegensatz zum Modeinstitut der DDR projektbezogen

und konzeptionell gearbeitet. Es wurden Stoffe entwickelt, Kollektionen für Damen und Herren erstellt oder

Designaufgaben im Bereich der Lederwaren umgesetzt.

Von hier aus wurde zum Beispiel 1988 im Rahmen der Jugendmode ein Jeansprogramm entwickelt. Dazu

wurden Entwürfe kreiert, die mitunter als direkte Konkurrenz zu denen des Modeinstitutes standen.

Vordergründig ging es jedoch um die Verbesserung der Jeansqualitäten, die bis zu dem Zeitpunkt noch mit 20%

synthetischen Anteilen versetzt wurden.

2.3 Die Handelsorganisation und die Konfektion

Im Oktober 1948 wurde die Deutsche Handelsorganisation (HO) gegründet. Hier gab es in den Anfangsjahren

der DDR rationierte besondere Waren ohne die Abgabe von Lebensmittel- bzw. Textilmarken. Die Preispolitik

war frei gestaltet, orientierte sich an den Preisen des Schwarzmarktes, war jedoch nicht frei verhandelbar.

Mit der Errichtung der HO sollte die überschüssige Kaufkraft abgeschöpft und die zusätzlich gewonnen

Einnahmen für Investitionen in der Industrie oder für Subventionen des Grundbedarfs verwendet werden. Dieses

Verfahren war in sich widersprüchlich, da es nur wenige Menschen bzw. Berufgruppen gab, die zu dieser Zeit

über die nötigen finanziellen Mittel verfügten.

1958 wurde die Rationierung aufgehoben und die HO bekam einen neuen Charakter, der einem staatlichen

Einzelhandelssektor entsprach. Die HO wurde somit zu einer Konkurrenz für den privaten Einzelhandel und der

Konsumgenossenschaft.

In den 1980er Jahren waren längst die Kollektionen mit besonderen Details in kleinen Stückzahlen

verschwunden, da die Textilindustrie das Ziel verfolgte, auf rationelle Art und Weise massenhaft Bekleidung zu

13

produzieren, die die Werte des Sozialismus präsentieren sollten. Großserien und Standards führten zu

Einschränkungen der Variantenvielfalt und hinterließen ein vordergründig einheitliches Bild.

Da sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzte, dass die Jugend eine wichtige Verbrauchergruppe darstellte, die

entsprechend erzieherisch beeinflusst werden sollte, wurden ab 1968 die ersten Jugendmodezentren eingerichtet,

die unter dem Label „Sonnidee“ vertrieben wurde.17

Die Arbeit des Modeinstitutes wurde anhand der vorhandenen Produkte im Handel gemessen und geriet auf

Grund des nicht bedarfsgerechten Warenangebotes, auch bei den Jugendlichen stets in Misskredit. Die

verkrustete Strukturen in der Textilindustrie und die mehr als zehn Entscheidungsebenen, die eine Kollektion zu

durchlaufen hatte, führten dazu, dass die ursprüngliche Designideen auf der Strasse nicht wieder zu erkennen

waren und in der Regel nichts mehr mit den Bedürfnissen der Käufer und Käuferinnen zu tun hatten. Im

staatlichen Handel fanden die Kunden und Kundinnen lediglich Kollektionen, an denen jegliche aufwendige

Details und teilweise auch deren Farbempfehlungen wegrationalisiert worden waren.

2.4 Der Exquisit

1970 wurde das volkseigene Produktions- und Handelsunternehmen "Exquisit" gegründet, welches formal der

HO unterstellt blieb und die Bevölkerung mit Bekleidungserzeugnissen mit hohem Gebrauchswert und moderner

Gestaltung im oberen Preissegment versorgen sollte. Es sollte ein Gegenmodell zum Intershop darstellen und

wurde dazu mit Sonderkonditionen ausgestattet. Es wurden Devisen bereitgestellt für Importe von Stoffen aus

nichtsozialistischen Ländern sowie Maschinen und sogar Ladeneinrichtungen. Mit den Exquisitläden, die

keinerlei Konkurrenz hatten, sollte der kulturelle Anschluss an das Weltniveau verdeutlicht werden.

Parallel zu dieser qualitativen Entwicklung wurde diskutiert, inwieweit modische Erzeugnisse im Sozialismus

und die damit verbundene Preispolitik zueinander stehen. Denn die neuen Entwicklungen hochmodischer Waren

und die damit verbundenen Preise widersprachen dem generellen Ziel der sozialistischen Konsumpolitik, die

gesamte Bevölkerung gleichmäßig zum Wohlstand zu führen.

1988 gab es insgesamt 300 Exquisitläden, die 25% des gesamten Bekleidungsumsatzes des DDR-Binnenhandels

erwirtschafteten.18

Auf Grund der hohen Umsätze hatte der Exquisithandel einerseits eine Sonderstellung und konnte etliche

Modegestalter der Industrie abwerben, andererseits wurde insbesondere die Orientierung an westlichen Trends

wiederholt kritisiert. Die „Exquisit“-Kollektionen entstanden im Team von Mode -und Textilgestaltern unter der

Führung von Artur Winter. Sie waren variantenreich und durch klassische Modeideen gekennzeichnet.19

Anfänglich gab es von einem Entwurf nicht mehr als 30 bis 50 hochwertige, teure Modelle im Exquisit. Bereits

in den 1980er Jahren wurden jedoch häufig ca. 500 bis 1000 Modelle von einem Entwurf produziert. Zusätzlich

wurden die „Exquisit“-Kollektionen mit importierten Ensembles aus Italien, Österreich oder der BRD ergänzt. 20

Die überdurchschnittlich teuren Bekleidungsartikel (eine Hose kostete zum Beispiel zwischen 170 und 200 Ost-

Mark) konnten sich meist nur Personen der oberen Einkommensklassen oder Schwarzmarkthändler leisten. Das

17 Vgl. Pelka, Anna, Jugendmode und Politik in der DDR und Polen, Eine vergleichende Analyse 1968-1989, Osnabrück 2008, S. 59-60. 18 Merkel, Ina, Utopie und Bedürfnis. Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR, Alltag und Kultur, Bd. 6, Köln, Weimar, Wien 1999, S. 263. 19 Melis, Berlin 1998, S. 60. 20 Ebenda, S. 60.

14

verdeutlicht, dass sich entgegen der ursprünglichen Idee eine Ausdifferenzierung der Lebensqualität einzelner

Bevölkerungsschichten nach dem jeweiligen Einkommen entwickelt hatte.

Trotz der hohen Preise erfreuten sich die Exquisitläden größter Beliebtheit bei der Bevölkerung der DDR.

Vermutlich lag dies daran, dass die gehobene Qualität und die bürgerliche Verkaufskultur in den Einrichtungen

den Menschen das Gefühl des Besonderen gab.21

Um Exportaufträge zu bekommen, wurden auf der Leipziger Messe die jeweiligen Trendkollektionen von

„Exquisit“ einem internationalen Fachpublikum präsentiert und standen den internationalen Maßstäben in nichts

nach. Dennoch waren diese außergewöhnlichen Kollektionen nicht für das Angebot der HO vorgesehen, da die

Konfektionierung der Modelle zu aufwendig und zu teuer war.

„Exquisit“ erwirtschaftete durch den Absatz seiner Waren Mitte der 1980er Jahre einen Jahresumsatz von ca. 3

Milliarden Ost-Mark- das entsprach 30% des gesamten Bekleidungsangebotes der DDR.22

3. Individuelle Strategien

Ab den 1980er Jahren wurde der geringe Anteil an privater Wirtschaft neben den staatlichen Einrichtungen

weitestgehend geduldet, was ein Beispiel für die Lockerung in den wirtschaftlichen Strukturierungen darstellte.

Die Jahrzehnte davor waren noch davon geprägt, dass jegliche Privatunternehmen in die staatliche

Volkswirtschaft integriert wurden und damit nicht nur der staatlichen Kontrolle unterlagen, sondern sich auch

dem Rhythmus des Fünfjahrplanes anpassen mussten. Der Einzelhandel bot die Möglichkeit innerhalb des

privaten Sektors Kleidung zum Verkauf anzubieten, die von Einzelpersonen entworfen und produziert wurden.

In der Regel hoben sie sich durch besondere Materialien und in der Gestaltung von den standardisierten

Kollektionen ab.

Zu ihnen gehörten die privaten Boutiquen und junge Kreative die eine Alternative darstellten.23

3.1 Boutiquen

Neben den staatlichen Einrichtungen, die die Bevölkerung mit standardisierter Konfektionsware versorgte,

entstanden in den frühen Jahren der DDR ab 1958 in einigen Großstädten (zum Beispiel Berlin und Leipzig)

erste staatlich eingerichtete Modeboutiquen, in denen unter anderem selbst geschneiderte Modelle in vielfältigen

Farben und feinster Schnittgestaltung hohen Absatz fanden. Die Läden führten Mode in ausgewählten

Materialien und guter Qualität. Modellkleider und Unikate bestimmten das besondere Sortiment, welches mit

hohen Preisen versehen war.

„…das reinseidene Nachmittagskleid aus Polen neben dem seegrünen Leinenkleid vom VEB Kunst und Mode.

In den Vitrinen hing der holländische Mohairmantel neben dem geradezu mondänen Nachmittagsmantel mit

großem Pelzbesatz vom VEB Elegant Berlin … Lederne Westen und kirschrote Wäsche, goldene

Abendpantoffeln und Petticoats aus Batist und Perlon…“24

21 Merkel, Köln, Weimar, Wien, 1999,S. 263. 22 Melis, Berlin, 1998, S. 60. 23 Vgl. Pelka, Osnabrück, 2008. S. 275 ff. 24 Merkel, Köln, Weimar, Wien, 1999.

15

1980 wurde in Berlin die erste private Modeboutique eröffnet, die auf eigener Entwurfsarbeit und der eigenen

Herstellung basierte. Hier entstanden moderne und raffinierte Modelle aus Materialien, die direkt bei den

Textilherstellern bestellt wurden und nie im Handel zu finden waren. Sie wurden

„gefärbt, gepresst, gequetscht, und es entstanden Kollektionen, die nirgendwo in der Republik zu kaufen

waren.“25

Kulturell betrachtet, wurden das gesonderte Angebot und die Accessoires als enorme Bereicherung der

Bekleidungspalette angenommen. Allerdings konnten auch hier nur Personen einkaufen, die ein hohes

Einkommen hatten; oder zu einem späteren Zeitpunkt, als sich die wirtschaftliche Situation sich derartig

entwickelt hatte, dass die Bevölkerung gern ihr erspartes Geld zur Bedürfnisbefriedigung ausgab.

3.2 Der Schwarzmarkt

Da zwischen dem Angebot an modischer Kleidung und der Nachfrage eine deutliche Lücke klaffte, entwickelte

sich als Alternative zu den bisher erwähnten Einrichtungen zunehmend das selbständige Produzieren von

Kleidungsstücken. Wer nicht Anstehen oder einfach anders aussehen wollte, begann sich seine Bekleidung selbst

herzustellen.

In der Regel hatten viele Frauen umfangreiche nähtechnische Erfahrungen, die hier genutzt wurden. In dieser

Situation wurde in kleinen Schneidereien Gekauftes umgearbeitet, aus gesammelten Kleidungsstücken Neues

kreiert oder vom Entwurf über einen Schnitt bis hin zur Fertigung alles selbst durchgeführt.

Insbesondere für junge kreative Menschen in den Großstädten bedeutete dies eine Möglichkeit, auf ihre Art und

Weise gegen die Planwirtschaft mit ihren Vorschriften und dem wenig bedarfsgerechten Angebot vorzugehen.

Die Jugendlichen strebten danach, sich ihre Zugehörigkeiten und Identitäten selbst zu kreieren, egal ob

künstlerische Boheme, Hip Hopper oder Punk. Diese Entwicklung auf der Straße setzte die Modeindustrie in den

1980er Jahren stark unter Druck. Für Andere stellte diese Möglichkeit eine Grundlage für eine alternative

Existenz dar.

Mit individuellem Gestaltungswillen erstellten DDR-Bürgerinnen und Bürger in der Freizeit zu Hause in ihren

Produktionsstätten, die oftmals nur aus Küche oder Zimmer bestanden, komplette Kollektionen. Meterweise

wurden Baumwollstoffe, Bettlaken, Unterwäsche, Berufsbekleidung (zum Beispiel: OP-Kleidung,

Kochkleidung, Fleischerhemden) in den damaligen DDR-Trendfarben Rosa, Lila, Flieder oder Schwarz

eingefärbt und anschließend in hohen Stückzahlen be- oder verarbeitet. Nickis (T-Shirts), Kleider und Jacken aus

mehreren Lagen Windelstoff wurden massenhaft genäht, um der hohen Nachfrage nachkommen zu können.

Die Ware wurde auf Wochenmärkten oder Schwarzmärkten am Strand (zum Beispiel in Warnemünde) für hohe

Preise vielfach verkauft und war sehr begehrt. Diese schöpferische Entfaltung hatte einen ganz besonderen

kulturellen Wert, da sie einerseits als Ausgleich zum Arbeitsleben diente und andererseits die Warenvielfalt im

Land mit gestaltete.

Die Produktion außerhalb der regulären Textilindustrie hatte an wirtschaftlicher Bedeutung zugenommen.

„Fast 50% der Obertrikotagen von Mädchen und Jungen und ca. 30% der Damenoberbekleidung (Kleider, Röcke

und Kostüme sogar 40%) wurden auf diese Weise produziert.“26

25 Pelka, Osnabrück, 2008, S. 278. 26 Vgl. Merkel, Köln Weimar, Wien, 1999.

16

Auf diese Art und Weise verdienten sich die Hobbyschneiderinnen an einem Wochenende den monatlichen

Lohn eines Universitätsdozenten.27 Besonders in Berlin etablierten sich in den 1980er Jahren nonkonforme

Künstler- und Künstlerinnengruppen mit eigenen modischen Umsetzungen, die auf Modenschauen und

Fotoinszenierungen präsentiert wurden. Für diesen Zweck wurden unter anderem aufwendige, bunte und

unifarbene Kostüme genäht, die zu einem späteren Zeitpunkt auf der Bühne mit ironischen Anspielungen auf die

DDR-Modeproduktion vorgestellt wurden. Eine der ersten freien Künstlergruppen war „Chick, Charmant und

Dauerhaft“, die erstmalig 1983 ihre Kreationen in einer öffentlichen Einrichtung vorstellte.

Aus dieser Gruppe entwickelte sich 1986 das Modetheater „Allerleihrauh“, welches

bevorzugt Seide, Pelze, Federn, Schrauben, Nieten und schwarzes bzw. dunkles Leder für ihre Kunstwerke

verarbeitete. Letzteres wurde zum Markenzeichen der ersten Produktionen, deren Kleider zu Unikaten

besonderer Art wurden.

Abb. 2: Modenschaumodelle des Modetheaters „Allerleihrauh“

„Vier Wochen, bis zahllose verschiedenfarbige Lederrechtecke zu einem Schuppenmantel zusammengenäht

sind, bis eine Schnallenjacke richtig verschnürt ist. Ebenso lange dauert es, bis das Material für entsprechende

Accessoires beisammen ist: Gürtelschlösser, Federbesatz, Stahlarmierungen – wenn es mal kein Stahlband gibt,

kaufen sie Maßbänder und schleifen sie so lange, bis kein Zentimeter mehr zu erkennen ist.“28

Finanziert wurden die kostenintensiven Produkte durch aufwendige Lohnarbeiten, indem man etwa für

Rockmusiker die Bühnenbekleidung herstellte.29

Anhand dieser Darstellung wird deutlich wie komplex das Vertriebssystem von modischen Artikeln in der DDR

war und welche Kreativität der Mangel an moderner Kleidung hervorbrachte.30

27 Vgl. Merkel, Köln, Weimar, Wien, 1999. 28 Pelka, Osnabrück, 2008, S. 277. 29 Vgl. Fernsehdokumentation bei Phönix von Holly Tischmann und Sabine Michel, 2008. 30 Vgl. Paul Kaiser, Claudia Petzold, Boheme und Diktatur in der DDR, Gruppen Konflikte Quartiere 1970-1989, Berlin, 1997, S.62/63, S. 370 ff.

17

4. Mode im Kontext des sozialistischen Systems

In allen Kulturkreisen spielte die Bekleidung seit je her eine besondere Rolle. Nicht nur kulturelle Zugehörigkeit

und ökonomische Position werden über die Kleidung ablesbar, sondern im Sozialismus sollte sie zusätzlich auch

Werte der Gesellschaft transportieren:

„Die Mode hat eine große politische, ökonomische und kulturelle Bedeutung. Es ist unsere Aufgabe, unsere

Mode so zu gestalten und ihr einen solchen Inhalt zu geben, dass sie mithilft, das Grundgesetz des Sozialismus

zu verwirklichen.“31

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte hatten die Modeschaffenden des Modeinstitutes der DDR den

inhaltlichen Auftrag, die Verbraucherwünsche in eine Richtung zu lenken, die sich auf realisierbare

Umsetzungen konzentrieren sollten. Andererseits sollte Mode als ein Beweis der Überlegenheit der

sozialistischen Gesellschaft dienen, und man sah in der Forderung nach zweckmäßiger und schöner Kleidung in

höchster Qualität und hoher Anzahl das erstrebenswerte Lebensniveau der werktätigen Bevölkerung. Die Mode

sollte den Menschen in den Mittelpunkt stellen, der neuen Stellung der Werktätigen entsprechen und seine

ästhetische und weltanschauliche Auffassung widerspiegeln und fördern.

Auf dieser Grundlage von Ansprüchen an die Bekleidung entstanden die Grundkonzeptionen und die

künstlerische Gestaltung der Modelinien der DDR, dessen modisches Niveau so angehoben werden sollte, dass

internationale Anerkennung und Exportmöglichkeiten gegeben waren. Dabei waren Spezialisierung,

Standardisierung und Kooperation die Voraussetzung für einen rationellen Materialverbrauch und

Produktionsprozess.

In der DDR standen sich dabei zwei wesentliche Aspekte widersprüchlich gegenüber:

Einerseits das Bedürfnis nach Mode, welches befriedigt werden sollte, und andererseits die Idee, dass langlebige

Kleidung das Kaufverhalten so beeinflussen kann, dass die Werktätigen erst wieder neue Ware kaufen, wenn das

Kleidungsstück unbrauchbar geworden war.

Schnelle und häufige modische Wechsel waren in der Planung der Textilindustrie nicht vorgesehen und hatten

den Ruf reiner Verschwendung oder eines überflüssigen Verbrauchs von Ressourcen, die bekanntlich knapp

waren. Erschwerend wirkte sich die Situation aus, dass die Textilmaschinen nicht dem neusten technischen

Stand entsprachen. Dennoch sollte die Kleidung sowohl ästhetischen wie symbolischen Wert ausdrücken, da sich

die DDR-Mode anders als die des westlichen Gesellschaftsmodells präsentieren sollte.

In diesen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wurde versucht, einen spezifischen sozialistischen Ausdruck in

die Kleidung der DDR zu integrieren.

Mode sollte nicht nur durch schnelle Wechsel charakterisiert werden, sondern eine Art geschmackvolle

Bekleidungskultur bestätigen, in der Kleidung nicht nur modisch, sondern zeitgemäß war. Es würde nicht nur die

gesellschaftliche Situation Auswirkungen auf die Mode haben, sondern ebenso einen rückwirkenden Einfluss auf

die innere Haltung der Menschen nehmen. Was bedeutete, dass die Menschen mehr Augenmerk auf die inneren

Werte eines Menschen legen sollten. Für die Menschen sollte weniger entscheidend sein, wie sie aussahen,

sondern was sie konnten und leisteten.32

Der zeitgemäßen Kleidung wurden dafür eine unterstützende Rolle zugeteilt. Sie sollte die Menschen zu weniger

Konsumverhalten anregen. Es ging um den Versuch Mode und sozialistische Ideale miteinander zu verbinden.

31 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 8-4 1962, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 32 Vgl. Melis, Berlin, 1998, S. 51.

18

Die Mode sollte dabei nicht nur als äußere Hülle dienen, sondern sie hatte eine gesellschaftliche Funktion im

Sinne der Partei zu erfüllen.

„Eine neue Form der Selbstdarstellung neuer Menschen sollte anbrechen.“33

1963 hieß es dazu in einer Studie des Institutes für Markforschung:

„Die politische Bedeutung des Modeschaffens liegt in der Aufgabe begründet, die Vorzüge unserer

sozialistischen Gesellschaft im Wettstreit mit dem Kapitalismus klar hervortreten zu lassen. Denn als sichtbarer

Bestandteil unseres Versorgungsniveaus und Lebensstandards ist die Bekleidung, einschließlich ihrer modischen

Gestaltung, auch international gesehen ein Gradmesser für die politische, kulturelle und wirtschaftliche

Entwicklung der DDR. Die kulturelle Bedeutung des Modeschaffens liegt darin begründet, dass auch in der

Bekleidung unserer Menschen ihre ästhetischen Anschauungen, ihr guter Geschmack, Lebensfreude,

Optimismus und Selbstbewusstsein zum Ausdruck kommen und diese Seite des kulturellen Lebensniveaus mit

der Mode gefördert und beeinflusst werden kann. Die ökonomische Bedeutung der Mode liegt in der

Möglichkeit, als Massenerscheinung auftretend, den Bedarf auf Musterungsschwerpunkte, auf die Nutzung des

eigenen Rohstoffaufkommens, auf die optimale Sortimentsbreiten und Artikelanzahl zu lenken. Damit bieten

sich günstige Voraussetzungen für die Großserienfertigung, die Standardisierung und Rationalisierung der

Produktion.“34

Bekleidung sollte für alle Werktätigen bestimmt und leistbar sein. Sie war als Zeichen des Wohlstands und als

ein Anzeichen für die Attraktivität der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu verstehen.

Auf der Grundlage, dass Mode in der DDR sowohl ökonomische, ideologische und soziologischen Momenten

gerecht werden musste und die Hauptzielgruppe in der werktätigen Bevölkerung bestand, die sich lediglich

praktisch kleiden sollte, waren die Bedürfnisse der Menschen klar und eindeutig umschrieben.

Für die Modelinien bedeutete dies konkret, dass es keine starken Abwandlungen in der Gestaltung geben sollte,

sondern dass sich die Modelle kontinuierlich weiterentwickelten und in folgende Warengruppen klassifiziert

wurden:

In Spitzenerzeugnisse (z.B. Einzelmodelle), die den höchsten Ansprüchen gerecht werden sollten, für die

höchstmögliche Preise verlangt wurden.

Die hochmodischen Erzeugnisse, die mit einem Preisaufschlag bis zu 20% belegt werden durften und das

normale standardisierte Massensortiment.

Die bisher aufgezählten wirtschaftlichen Strukturmaßnahmen wirkten sich auf den gesamten

Handlungsspielraum der Modeindustrie aus und konnten den zunehmenden differenzierten Wünschen der

Menschen und den unterschiedlichen Milieus nur noch bedingt nachkommen. In den 1980er Jahren hatte sich

das Bild einer sozialistischen Einheitsmode mit Leitbildcharakter bereits lange überlebt. Dennoch bekamen

etliche modische Umsetzungen des Modeinstitutes Auszeichnungen und positive Bewertungen auf

internationalen Modenschauen.

Die DDR-Mode befand sich in einer widersprüchlichen Situation, denn Anschluss an das Weltniveau zu finden,

setzte voraus, dass die Gesamtheit der internationalen Trends Berücksichtigung in den Empfehlungen fanden,

33 Dietrich Mühlberg, Haute Couture für alle? Über Mode und Kulturverständnis, in: Dorothea Melis, Sibylle. Modefotografien aus drei Jahrzehnten DDR, Berlin 1998. S. 8. 34 Merkel, Köln, Weimar, Wien, 1999, S. 253.

19

und dass Forderungen nach modischen Neuheiten nicht mehr als westliche Orientierung kritisiert oder als

dekadent verdammt wurde.

4.1 Kleidung als Ideologieträger

Dazu zählte es auch, dass weniger an bestimmten Grundsätzen festgehalten werden sollte. Dennoch, die

Interessen der Menschen und insbesondere der Jugend sollten idealerweise mit denen der Regierung

übereinstimmen. Die Identität der Menschen sollte nicht nur über den Weg der Kleidung entstehen, sondern

staatlicherseits vorgegeben werden. Dieses Interesse sollte unter anderem mit einer einheitlichen Gestaltung der

Pionierkleidung oder des FDJ-Hemdes durchgesetzt werden.

Andere spezifische Farbgebungen konnten bei der Berufsbekleidung und besonders bei berufsspezifischen

Uniformen beobachtet werden. Zum Beispiel das Grün der Uniformen der Volkspolizei und der Forstwirtschaft,

dem Dunkelblau bei der Post oder der Bahn, sowie dem Steingrau der Uniformen der Nationalen Volksarmee

oder des Zolls.

Diese hatten jedoch weniger das Ziel der erzieherischen Einflussnahme wie es bei der Pionierkleidung der Fall

war.

4.2 Die Pionierkleidung

Das Modeinstitut der DDR hatte nicht nur die Aufgabe, die Mode für den alltäglichen Bedarf zu entwerfen,

sondern es erhielt in den 1960er Jahren auch den Auftrag die Kleidung für die Pionierorganisation „Ernst

Thälmann“ neu zu überdenken. Diese ideologisch begründete Kleiderordnung, die von den Pionieren zu vielen

Anlässen getragen werden sollte, wurde durch die SED und deren Medien mit folgenden Erwartungen besetzt:

„Sie bemühen sich und bekunden es durch ihre Kleidung, nach sich selbst gegebenen Geboten und Gesetzen zu

lernen, zu handeln und zu leben.“35

Abb. 3: Entwürfe der Pionierkleidung 1967

35 Zeitungsartikel aus „Die Einheit“ von 1967 zur Pionierkleidung, Unterlagen des Modeinstitutes der DDR; Stiftung Stadtmuseum Berlin.

20

Die Idee einer traditionellen Kleiderordnung setzte besonders in den ersten Jahren nach DDR-Gründung

geschlechterspezifische Maßstäbe, die für Mädchen dunkelblaue Röcke und für Jungs dunkelblaue lange oder

kurze Hosen vorschrieben. Dazu wurden weiße Hemden bzw. Blusen getragen. Akzente wurde mit dem blauen

oder roten Halstuch geschaffen, welches den kräftigsten Ausdruck in der Farbgestaltung darstellte. Komplettiert

wurden die Outfits durch türkisfarbene Blousons und einem tropenblauen Käppi, welches mit dem

Metallabzeichen der Pionierorganisation versehen war. Zu dieser Grundkleidung gehörte eine Aufbaukleidung,

die aus einer bordeauxfarbenen Freizeitbluse für Mädchen und einem farbigen Hemd für die Knaben und blauen

Shorts bestand. Hinzu kam ein brauner Ledergürtel.

Grundbedingung der gesamten Konzeption war, dass hochwertige Materialien eingesetzt wurden, die

pflegeleicht und farbecht sein sollten, damit eine Arbeitserleichterung für die Mütter gegeben war oder die

jungen Menschen ihre Kleidung selbst pflegen konnten.

So wurden bügelfreie veredelte Baumwollmaterialien für die Umsetzung verwendet. Die Kleidung sollte sich

untereinander variieren lassen und für jede Witterung praktisch sein.

1973 erging seitens des Zentralrates der FDJ eine weitere Anfrage an das Modeinstitut, welches zusätzliche Teile

einer Pionierkleidung entwerfen und umsetzen sollte. Dabei dachte man an eine Verbandskleidung mit

Mehrzweckcharakter in Form von Kutten.

Abb. 4 Grund – und Aufbaukleidung der Pioniere

Diese wurden aus 100% Dederon in den Farben Marine und Sand für die Jungs konzipiert und in Gelb und Rot

für die Mädchen. In der repräsentativen Gestaltung waren die Kutten klassisch und mit sportlichen Details und

mit einem ausknöpfbaren Futter versehen.

Das beschichtete Grundmaterial wurde vom „Volkseigenen Betrieb Greika“ eingefärbt und die Herstellung

erfolgte über den „Volkseigenen Betrieb Modische Bekleidung Saalfeld“ und dem „VE PHU Exquisit Weimar“.

Das Futter bestehend aus Plaid, Wirkvlies oder Steppfutter und wurde vom „Volkseigenen Betrieb Modedruck

Gera“ eingefärbt.

1984 erklärt sich das Modeinstitut ein weiteres Mal bereit die Gestaltung der Pionierkleidung in Farbe, Form und

Fläche zu überarbeiten. Dabei blieb die Grundstruktur der Organisationskleidung mit langlebigem Charakter bis

zum Ende der DDR erhalten (Kutte, Rock, Hose, Hemd, Bluse, Halstuch, Käppi). Veränderungen sollten

lediglich an den Kragenformen erfolgen und die Kutte bzw. der Anorak sollten mit neuen Schnittformen

21

auftreten. In dieser Umsetzungsarbeit wurde die Idee eines Nickis (T-Shirt) geboren, welches die Kleidung

modernisieren sollte.

Es wurde in den Farben Weiß, Rot, Gelb und Türkis aus Baumwollmaterial hergestellt. Dazu entstanden bunte

textile Gürtel als modisches Beiwerk für Rock und Hose. Die Kutten wurden ab jetzt von Anoraks für den

Winter und ungefütterte Windjacken für die wärmeren Jahreszeiten abgelöst. In ihrer Gestaltung waren sie für

Jungen und Mädchen identisch. Die farbliche Auswahl bestand in rot und grau. Als die modernisierte

Pionierkleidung 1986 in den Handel kam, war sie schnell ausverkauft, da die festgelegten Preise sehr niedrig

waren.

Neben der Pionierkleidung wurde ebenso eine Kleidung für die Freie Deutsche Jugend gewünscht.

4.3 Die FDJ-Kleidung

In den 1960er Jahren sollte eine repräsentative Bekleidung mit Mehrzweckcharakter für die Freie Deutsche

Jugend-Delegation für die Weltfestspiele und für andere Anlässe entwickelt werden. Die Kleidung sollte den

kulturpolitischen Grundsätzen entsprechen und dazu beitragen, dass Ansehen der DDR zu festigen. Es entstand

das blaue FDJ-Hemd aus Baumwolle oder einer Chemiefaser. Historisch gesehen war das Blau allerdings bereits

viele Jahre zuvor eine festgelegte Komponente.

Die Sozialdemokraten Österreichs und Deutschlands hatten sich nach dem ersten Weltkrieg, als sich

Organisationen und Verbände begannen zu uniformieren, das Blauhemd für ihre Jugendorganisation „Die

Falken“ gesichert. Auch nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Blauhemd von den Mitgliedern getragen, bald

jedoch wurde es nur noch mit der FDJ in Verbindung gebracht, auch dann noch als die Freie Deutsche Jugend in

der Bundesrepublik 1951 verboten worden war und das Hemd als verfassungsfeindliche Symbolik verstanden

wurde.36

In der DDR gehörte es zum wesentlichsten äußeren Merkmal der Jugendorganisation und wurde mit dunklen

Hosen und Röcken und orangefarbenen oder dunkelblauen Anoraks aus hochwertigen synthetischen Fasern

kombiniert. Der Spielmannszug der Freien Deutschen Jugend wurde mit elfenbeinfarbenen Jacken und

verschiedenfarbigen Koppeln ausgestattet, und für Aussteller der „Messe der Meister von Morgen“ (MMM)

wurden zweiteilige aus gelbem Leinengewebe bestehende Arbeitsanzüge konzipiert.

Die Kleiderordnung der Musikcorps, dessen Jacken aus Baumwollpopeline oder Polyester salopp und schlicht

gestaltet waren, besaßen zwei aufgesetzte Taschen und waren mit silbernen Druckknöpfen verschließbar.

Dadurch bekam das Erscheinungsbild seinen sportlichen Ausdruck, der durch Schulterklappen und breite

Bündchen eine zusätzliche Betonung fand. Die spitze Ausschnittgestaltung brachte sowohl die FDJ- als auch die

Pionierbluse gut zur Geltung. Einen farblichen Kontrast bildeten die dunkelblauen leicht ausgestellten Röcke

oder Hosen mit aufgesetzten Taschen.

Die Mädchen trugen weiße Kunstlederstiefel dazu und die Jungs Mokassins aus glattem Rindsleder in gleicher

farblicher Gestaltung wie die Jacken.

36 Vgl. Horch und Guck, Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SED-Diktatur, Themenschwerpunkt: Jacke wie Hose? Die Kleiderordnung der SED-Diktatur. Heft 61, Berlin 2008, S. 10-11.

22

Abb. 5: Anoraks der FDJ, Kleidung des Spielmannzuges und des Musikcorps in den 1960iger Jahren

4.4 Die Jeans

Neben dem bereits erwähnten Kleidungsteilen, die in der Regel zu bestimmten Anlässen getragen werden sollten

und symbolisch Werte vermittelten, darf die Jeans nicht unerwähnt bleiben. Die Akzeptanz dieses

Kleidungsstückes hatte die Jugend in den 1970er Jahren in der DDR einen langen Kampf gekostet, denn jegliche

Individualisierungsprozesse waren unerwünscht.

Noch zu jener Zeit war die Jeans aus Sicht der staatlichen Instanz ein Symbol des Westens und unzähligen

Trägern und Trägerinnen wurden wegen ihr diskriminiert.

„Ich meine, Jeans sind eine Einstellung und keine Hosen.“37

So tönte es 1973/74 in einem Stück von etlichen Theaterbühnen. Ulrich Plenzdorf machte auf eine provozierende

Art und Weise die Jeansbegeisterung zum Thema und zeigte welchen Wert die Hose nicht nur für die Jugend der

DDR hatte. Sie stand für Abgrenzung von der vorherigen Generation und deren konservativen Angepassten und

war ein Zeichen für Freiheit, Ausscheren und Aufbrechen. Gemeint war aber nicht die Jeans aus

DDR-Produktion, sondern eine echte Bluejeans 501 der Marke Levis aus Denim mit engen röhrenförmigen

Beinen, einem Knopfverschluss und rot bedrucktem „Two Horse Patch“.

Diese Ablehnung traf die Entscheidungsträger heftig. Ein Produkt aus dem konkurrierenden kapitalistischen

Ausland sollte die erzieherischen Bestrebungen der sozialistischen Gesellschaft zu Nichte machen? Für die

jungen Menschen war es unverständlich, warum das Tragen einer Jeans den Vorstellungen einer Gesellschaft

widersprach, stand sie doch für einen modernen Lebensentwurf, der Arbeit und Freizeit nicht mehr trennte. Weil

die Hose aus dem Arbeitermilieu kam, bot sie letztendlich zu wenig Angriffsfläche und so wurden 1978 eine

Million dunkelblaue Denimhosen mit Reißverschluss vom Außenhandelsministerium in die

Jugendmodegeschäfte der DDR importiert. Mit dieser einmaligen Aktion sollten, neben den Einnahmen, die

Bedürfnisse der Jugend zunehmend in den Mittelpunkt gestellt werden.

1979 war immer noch die Hälfte der Jugendlichen nicht zufrieden mit Jeans die aus der eigenen Textilproduktion

stammten.38 37 Michael Rauhut, Michael Kochan, Bye Bye, Lübben City, Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR, Berlin 2009.

23

Weil das Verhältnis zwischen Staat und Jugend durch den Wunsch nach Jeans stark beeinflusst war, sollte eine

befriedigende Jeansmode für die Jugend geschaffen werden. Zum Beginn der 1980 er Jahre war für die Industrie

das Jeansprogramm maßgebend, welches auf Grundlage von Rechercheergebnissen der Jugendforschung durch

die Marktforschungsinstitute erstellt wurde. In diesem Zusammenhang wurden hohe Investitionen getätigt, um

moderne Technologien, zur Herstellung von unterschiedlichen Jeansqualitäten z.B. für Stonewashedjeans,

einsetzen zu können. Es wurden Druckereien mit neuen Rotationsdruckmaschinen ausgestattet oder

Textilbetriebe für die Herstellung von Jeansgeweben umgerüstet, beispielsweise in Templin, Zwickau oder

Güstrow.

In Rostock wurde eine komplett neue Produktionsstätte in Betrieb genommen oder neue Farbanlagen importiert,

die es ab jetzt ermöglichten, dass die Jeans aus eigener Produktion indigoblau eingefärbt werden konnten. Jeans

der eigenen Produktion präsentierten sich in den 1980 er Jahren unter den Namen: Wisent, Boxer, Käfer, El Pico

oder Shanty. 39

Letztlich hatte sich bis zum Ende der DDR die Jeans zu einer Hose entwickelt, die nicht zwangsläufig mit einer

Protesthaltung der Jugend in Verbindung gebracht werden musste. Vielmehr hatte sie eine Bedeutung im Sinne

von Weltoffenheit, Modernität und Lässigkeit bekommen.

Abb. 6: „Shanty“ Jeans der 1980er Jahre

5. Internationale Farbtendenzgestaltung

1963 fanden in Italien die 'Internationalen Tage der Farbe' statt, die unzählige Farbspezialisten aus verschiedenen

Bereichen der Wissenschaft und der Technik vereinte. Hier kam es noch im gleichen Jahr zur Gründung einer

internationalen Kommission der Farbe im Textil- und Modebereich. Periodisch entstand in Zusammenarbeit mit

allen interessierten Fachleuten aus der Mode eine „vorzeitige Synthese der Farben für den Textil- und

Modebereich […], die für die Industrie und den Handel bestimmt sind.“40

Die Fachkommission „Intercolor“ wollte keine Skalen für Farben herausgeben, sondern die Tendenzen

koordinieren, um somit Grundlagen und Orientierung zu geben für die international zahlreichen Branchen der

38 Vgl. ZIJ: Jugend und Mode, Forschungsbericht 1979, S. 41, BArch: DC 4/652. 39 Vgl. Menzel, Rebecca, Jeans in der DDR. Vom tieferen Sinn einer Freizeithose, Berlin 2004. 40 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR; Intercolor-Geschichte; Stiftung Stadtmuseum Berlin.

24

Textilindustrie. Notwendig war dies insbesondere für den internationalen Handel. Die Exportaktivitäten der

einzelnen Länder konnten nur auf Grundlage abgestimmter Farbgebungen Erfolg versprechend sein.

Abb. 7: Internationale Kommission für Mode- und Textilfarben „Intercolor“

Das erste Treffen der Untersuchungskommission fand im September 1963 in Paris statt, wo verschiedene

Beschlüsse und Arbeitspläne verfasst wurden, um eine Normierung und Koordinierung der Farben im Textil-

und Modebereich auf Weltebene zu erreichen.

Seit „Intercolor“ 1965 die Farbtendenzen des Frühling/Sommers 1967 unter der Bezeichnung: „Coloris Choc“

beschlossen hatte, war dieser Begriff zu einem weit verbreiteten Ausdruck zur Bezeichnung von lebhaften und

sehr leuchtenden Farben geworden.

Die weit reichende Wirkung führte unter anderem dazu, dass im August 1972 auf der Generalversammlung

beschlossen wurde, die Kommission unabhängig vom Internationalen Zentrum der Farbe Paris zu machen, in das

sie bis zu diesem Zeitpunkt integriert war.

Unter Berücksichtigung der vorher gegangenen Farbtrends innerhalb der Textilindustrie wurde durch alle

beteiligten Länder für die Folgesaisons eine internationale Farbkarte erstellt. Durch die Präsentation der

einzelnen länderbezogenen Farbkarten konnten Richtungen und Tendenzen beobachtet werden, die anschließend

in die Intercolor-Farbkarte einflossen. Vereinzelte Abweichungen in den Farbnuancen und

Kombinationsmöglichkeiten wurden im Nachhinein von den jeweiligen Ländern verändert. 1974 trat die DDR,

vertreten durch das Mode-Institut, der nichtstaatlichen Kommission bei und übernahm die Aufgabe, die

regionale Farbskala der DDR zu erstellen, Referenzmuster vorzustellen und Informationsschriften in Paris zu

übergeben. Zum Abschluss der Treffen fand ein kostenloser Austausch der länderbezogenen Farbkarten

zwischen allen Mitgliedern der Organisation statt (Mitglieder waren 1982: Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien,

CSSR, DDR, BRD, Frankreich, Belgien, Niederlande, Finnland, Großbritannien, Schweiz, Österreich, Spanien,

Italien, Japan, China ab 1984). So entstanden international abgestimmte Tendenzfarbkarten für einen

Vorlaufzeitraum von ca. achtzehn Monaten sowie die Farbkarten der achtzehn Mitgliedsländer für den gleichen

Zeitraum. Die entstandenen Dokumentationen ermöglichten eine gezielte Auswertung und spezifische

Markvorbereitung der einzelnen Länder.

Alle sich daraus ergebenden Informationen, die für die textile Umsetzung notwendig erschienen, wurden

anschließend direkt an die Textilbetriebe und –kombinate weitergeleitet. Auf diesen Anleitungsveranstaltungen

des Modeinstitutes der DDR wurde das Dokumentationsmaterial von der Tagung „Intercolor“ detailliert erläutert

und ausgewertet. Zu dessen Beurteilung gehörte zusätzlich die Analyse der Farbkarten anderer Länder zum

25

Beispiel von Frankreich, der BRD oder Österreich. Letzteres war von besonderer Bedeutung, weil dessen

Ergebnisse ein rechtzeitiges Reagieren auf den Exportmarkt ermöglichte.

5.1 Analysen der Mode- und Farbtendenz der 1980er Jahre der DDR

Die 1980er Jahre waren von einer Veränderung des Bekleidungsverhaltens und durch eine zunehmende

Demokratisierung der Mode gekennzeichnet.

„Die Modelinie der DDR ist eine Grundkonzeption und Anleitung zum Handeln. Sie umfasst die Gestaltung für

alle Textilien des gesamten Bekleidungssektors und die Bekleidung selbst in Material, Farbe und Form. Sie stellt

den Rahmen dar, in dem sich die Musterung der Industrie zu bewegen hat.“41

Die Musterungsrichtlinien für den textilen Industriezweig entstanden zwei Jahre vor dem Saisonbeginn inklusive

der Analyse und Vorbereitung der Farbtendenzen. Aufbauend auf den gewonnen Farbinformationen durch die

Tagung „Intercolor“ wurden gestalterische und farbliche Ideen für Stoffe entworfen, deren Farblinien zwei

Monate später von einer Fachkommission bestätigt wurden. Zu einem späteren Zeitpunkt erhielt die Industrie

alle Hauptinformationen über Farbe und Design der notwendigen Gewebe. Um die gewünschten Flächen

herstellen zu können, wurden Forderungsprogramme seitens der Textilindustrie an die Chemiefaserstoffhersteller

gerichtet. 1980 lautete eine Forderung zum Beispiel: die Erweiterung der Farbpalette von 5 auf 11 Farben und

Reduzierung der Farbpartiegrößen von 20 t auf 10t.42

5.2 Das Jahr 1980

Die entsprechenden Textilhersteller produzierten die Flächengewebe und reichten vorerst eine geringe Menge

ihrer Stoffcoupons zur Produktion einer Musterkollektion an das Modeinstitut der DDR weiter.

Abb. 8: Musterkarte der Firma Malitex Hohenstein von 1984

Dort wurden die entsprechende Modelinie und eine Anleitungskollektion erstellt, die zu jeder Saison durch die

Verwendung geschmackvoller Farbzusammenstellungen die Kollektionen in Proportion und Schnittführung und

41 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 8-4 1962, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 42 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 26-23 1980, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

26

liebevollen Detaillösungen unterstrichen. Berücksichtigt wurden dabei die politischen, künstlerischen,

kulturerzieherischen und technisch-ökonomischen Faktoren.

Zu Beginn der 1980er Jahre konnten zunehmend sportliche Tendenzen beobachtet

werden. Die Klassik erlebte ein Comeback und vereinte sportliche Elemente in Form,

Trageweise und Verarbeitungen.43

Leichte, bequeme Parkas oder Blousons wurden gewünscht, die ebenso in ihrer

Farbegestaltung der Saison Frühjahr/ Sommer 1980 entsprachen. Das Farbprogramm

des Modeinstitutes sah hierfür Farbtöne mittlerer Helligkeit vor. Charakteristische

naturhafte, neutrale Farben mit einer großen Allgemeingültigkeit, in die nahezu alle

Materialqualitäten einfärbbar waren.

Bei der Damenkleidung prägten drei Hauptrichtungen das Bild: fein nuancierte Natur-

und Neutralfarben, die im Vordergrund standen sowie Intensivfarben in mittlerer

Helligkeit und modebestimmte Farben in betont kühlen zarten Tönen.

Die klassisch elegante, romantische Damenkleidung betonte Taille, Brust und Hüfte unter

anderem durch Farbkontraste mit differenzierten Farbflächen größerer und kleinerer

Varianten (zum Beispiel eingearbeitete Blenden) oder sie wurde durch eine Ton-in-Ton-

Verbindung zwischen Naturtönen und Neutralfarben erzielt.

Besonders im Bereich des Sportlichen entstanden kontrastreiche klare

Farbkombinationen zwischen den Intensivfarben wie Blau, Zinnober oder Dotter mit

Neutraltönen wie Weiß oder Schwarz. Kokos wurde in dieser sportlich-funktionalen

Richtung mit Lehm, Dotter oder Zinnober kombiniert. Die unkonventionelle

Kleidungsserie wurde unterstrichen durch vielfarbige Kombinationen zum Beispiel

zwischen Blaugrau und Eisvogel oder Blaugrau und Reh. Die Programmfarbe Kokos

wurde zu den Farben Lavendel, Parma, Nebel oder Echse gestellt.44

Bei den Herren bestand die Frühjahr/Sommerkollektion sowohl aus einer eleganten wie

sportlichen Richtung und enthielt langlebige Basisteile und hochmodische

Kleidungskomplexe mit zurückhaltenden Details, die untereinander leicht kombinierfähig

waren.

Die klassische Richtung gemixt mit Sportlichkeit überzeugte nicht nur durch farbige

Materialeinsätze, sondern auch durch eine verfeinerte Schnittgestaltung. Qualitativ

hochwertige Materialien mit feinfädigem Charakter, einer gewissen Leichtigkeit und

Weichheit dominierten die Reihe. Dabei fanden stumpfe und glänzende Oberflächen

zusammen, sowie helle und mittlere Naturtöne sowie dunkle und warme Nuancen.

Klassische Formen bestimmten in der sportlichen Richtung den ländlichen Eindruck,

welcher durch den Einsatz grober Materialien mit entsprechender Optik verstärkt wurde.

43 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 26-32 1980, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 44 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 1.1980 für die DOB und JOM, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

27

Naturhafte Farben in Kombination mit kontrastreichen Akzenten deuten auf einen

unkonventionellen Umgang in der Farbgestaltung.

Das Farbprogramm empfahl als sportlich-ländliche Farbgestaltung die Basisfarbe: Hase,

welche mit den Farben Echse, Weiß, Feh oder Blaugrau verbunden werden konnte. Für

den sportlich-eleganten Eindruck sollte die Programmfarbe Pergament mit den Farben

Havanna, Zimt, Nebel, Lehm oder Schwarz kombiniert werden.

Den besonderen klassischen Gestaltungsausdruck fanden die Gestalter und

Gestalterinnen in der Farbe Blaugrau, die mit den Kombinierfarben Himmel, Steppe, Feh

oder Pergament verknüpft wurde.45

Die Kinderkollektion der Saison, welche sportlich und fantasievoll erschien, enthielt vier

Arbeitsthemen: Olympiade, Marine, Robinson und Provinzial.

Die sportliche Olympiadeserie war durch intensive Farben wie Gelb, Grün, Rot oder Blau

betont, die untereinander starke Farbkontraste bildeten. Hingegen die Marinelinie durch

Blau-Weiß, Rot-Weiß oder Grau-Weiß Kontraste bestimmt war, die mit Pastelltönen

zusammengestellt wurden. Alle Robinsonmodelle kennzeichneten eine klare, sachliche

Form und Schnittgestaltung. Erdtöne wie Heu oder Gelb-Orange fanden mit Rottönen

zusammen und betonten dadurch zusätzlich die ländlichen Einflüsse. Romantisch sind die

Outfits des Provinzial-Themas gestaltet. Liebevolle Details in pastellenen und

kontrastreichen Farbigkeiten bestimmten die Entwürfe. Intensive Farben wurden mit

Pastelltönen oder Weiß gruppiert.

Der Farbton Heu war im Farbprogramm der einheitliche, sportliche Ton für die Mädchen

und Jungs, der mit den Kolorits: Tundra, Kristall, Blattgrün, Schwarz oder Weiß vereinbar

war. Ultramarin sollte mit Mandarine, Zitrone, Blattgrün, Zinnober oder Weiß verbunden

werden.

Für die sehr fantasievollen bzw. romantischen Kleidungsteile für Mädchen war die Farbe

Naturweiß gruppiert mit Farben wie Phlox, Nebel, Himmel, Kristall oder Absinth.46

Die Tendenzfarben für die Farbgestaltung der Damenoberbekleidung (DOB) des zweiten

Halbjahres 1980 wirkten im Gegensatz zur vorherigen Saison zurückhaltender und

gedämpfter, sie besaßen jedoch eine besondere Farbtiefe. Die Herbst/ Wintersaison 1980

erschien in typisch warmen Grün-, Braun- oder Rotnuancen, die ergänzt wurden durch

kühle Blau-Rosè-Nuancen.

Sortiert nach Farbrichtung und Helligkeit dominieren in der Gesamtheit die Farbtöne

mittlerer Helligkeit. Ergänzt wurde die Palette durch Grau und Schwarz.

Den Farbreihen wurden Aktivfarben zugeordnet, die folgerichtig Akzente setzten, zum

Beispiel in der Druck- und Buntmusterung der textilen Flächen.

Die DOB- Farbtendenzen sahen die Grünreihe vor, zu deren Farben das lichte mit

Grünanteilen durchsetzte Grau zählte, sowie der Pappelton, der Tang -ein tiefes Olive, die

45 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 1.1980 für die HOB, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 46 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 1.1980 für die KOB, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

28

Binse -ein verwittertes Grün und die Farbe Lehm, welches einem grünanteiligen

Gelbbraun entsprach. Dazu wurden die Aktivfarben Dotter - ein warmes Sonnengelb und

Farn - ein weiches Blattgrün gestellt.

Die kühle Blau-Rosè-Reihe kennzeichnete das Rosenquarz, die Farbe: Maus -ein

violettstichiges Mittelblau, die Blautanne -ein tiefes Blaugrün sowie Marineblau.

Als Aktivfarbe wurde das strahlende Mittelblau - die Lagune gewählt.

Eine durch warme Töne dominierte Folge war die Braunreihe. In ihr befanden sich die

Farben: Pfirsich -ein warmes braunanteiliges Apricot, Karamell, Kokos -ein helles warmes

Beige, Mokka und Adler -ein violettstichiges Dunkelgrau. Die Aktivfarbe Ocean -ein

mittleres Keramikblau war als Kombinationsfarbe vorgeschlagen worden.

Fuchs-ein mittleres Kupferrot, Zimt, Rot, Aubergine - ein tiefes Violett, Schwarz und

Burgunder -ein warmes, tiefes Rot kennzeichneten die Rotreihe dieser Kollektion.47

Bei den Herren wurden für das 2.Halbjahr des Jahres 1980 verstärkt warme Grün- und

Braunnuancen empfohlen. Vervollkommnet wurde die Palette durch kühle

Grau- und Blau-Grünfarbigkeiten.

Die den Tendenzfarben zugeordnete Grünreihe bestand aus der Farbe Erdnuss, einem

lichten Sandton sowie den Kolorierungen Lehm, Tundra, Binse und Tang. Dotter und Zimt

stellten hierzu die Farbnuancen dar, die zur Akzentuierung dienten.

Zur Blau-Grünreihe zählten die Farben: Blaugrau -ein rauchiges Blau, die Blautanne - ein

tiefes Blaugrün, die Echse -ein mittleres Graugrün sowie Marine.

Die Töne Wolke, welches einem wässrigen Blau entsprach, Lagune und Schwarz bilden

die dazugehörigen Akzentuierungsmöglichkeiten.

Kennzeichnend für die Graureihe sind die Farben Feh, Maus, Adler und Schwarz, welche

mit den Aktivfarben Wolke, Lagune oder Schwarz kombiniert werden konnten. Kokos,

Gobi -ein warmes Gelbbraun, Kakao -ein tiefes Rotbraun, Karamell, Mokka -ein warmes

Dunkelbraun bilden die Braunreihe, die durch Fuchs und Echse beleben und erfrischen

konnten.

Die Hemdfarben der Vorsaison (Pergament, Steppe, Weiß, Rosenquarz, Echse, Blaugrau,

Maus und Schwarz) blieben bestehen und wurden durch die Effektfarben Wolke und Binse

ergänzt.48

Für die Junioren- und Mädchenkleidung der Herbst/Wintersaison empfahlen die

Designerinnen und Designer gedämpfte und tiefe Kolorierungen in warmen Grün-, Braun

-und Rotnuancen. Dabei gestaltete sich die Rotreihe durch folkloristische Einflüsse bei der

Mädchenmode, die sich in bunten Drucken zeigten.

Kühle blaue Farbigkeiten vervollständigten die Farbpalette und waren entscheidend für

die Jeansbekleidung dieser Zielgruppe. Besondere Farbklänge entstanden durch die

zusätzlichen integrierten Grau- und Schwarztöne.

47 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 2.1980 für DOB, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 48 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 2.1980 für HOB, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

29

Die Rotreihe dieser Tendenzfarbkarte bestand aus den Farben: Maus, Rot-ein strahlendes

Mittelrot, Burgunder -ein warmes tiefes Rot, Phlox -ein intensives Rosè und einem tiefen

Aubergine. Kombiniert werden sollten diese Nuancen mit Krokus -einem aufgehellten

Violett und einem fluorisierenden Pink- der Alpenrose.

Feh, Lehm, Tang und Farn bildeten die Grünreihe, welche mit Rot seine Ergänzung fand.

Signifikant für die Braunreihe standen das Zimt -ein rotes Zimtbraun, Steppe -ein

mittleres Graubraun, Mokka und Schwarz. Dotter und Farn stellten die dazugehörigen

Aktivfarben dar. In der Blaureihe befanden sich das Naturweiß, das Puder -ein zartes

Beige, Planet -ein kühles abgemischtes Mittelblau, Kosmos -ein Jeansblau und die Farbe

Ocean.

Für die Bekleidung der Junioren dieser Saison hatten die Farbtöne Phlox, Krokus und

Alpenrose keine Gültigkeit.49

Abb. 9: Farbkonzeption Herbst/Winter 1980 für Damen

Bereits im Jahre 1980 konnte beobachtet werden, dass ein Trend zur anspruchsvollen

verhaltenen Farbigkeit bestand, besonders bei der sportlichen Freizeitmode und der

klassischen Tagesbekleidung. Dieser sollte sich in den Folgejahren in der DOB fortsetzen.

Die Herrenkleidung (HOB) setzte ihre tiefe warme Farbgestaltung mit starker

Ausdruckskraft fort und fand ihren Schwerpunkt bei den warmen Braun- und Rottönen.

Die intensiven und leuchtenden Farben blieben als Effekte wichtig.

49 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 2.1980 für KOB, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

30

5.3 Das Jahr 1983

Im ersten Halbjahr des Jahres 1982 bestand im Bereich der Freizeitkleidung sowie bei den sportlich orientierten

Erzeugnissen ein Nachholbedarf, denn die Bevölkerung forderte zunehmend mehr Sportsortimente und es war

damit zu rechnen, dass Farbe und modische Aktualität die Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten

zukünftig stärker beeinflussten.50

Für die Frühjahr/Sommerkollektion des Jahres 1983 stellten sich die Mode- und Farbtendenzen für die Frauen

und Mädchen folgendermaßen vor:

Das Gestaltungskonzept sah für die Saison vier Richtungen (funktionale, traditionelle,

regionale, experimentelle) und drei Themenschwerpunkte vor: Aktion - das erste Thema

war charakterisiert durch eine funktionale Gestaltungsrichtung mit Einzelteilen der

experimentellen und regionalen Richtung, wofür die wichtigsten Farben Naturweiß sowie

das reine Weiß und leuchtende Komplementärfarben vorgesehen waren.

Das Thema Klassik, welches seine Inspiration bei der klassischen Mode Italiens fand,

prägte die traditionelle Gestaltungsrichtung mit klaren Formen, bestehend aus

Einzelteilen der anderen Richtungen. Ziel war es, die einzelnen Teile untereinander

unkompliziert kombinieren zu können.

Unterschiedliche Stilrichtungen, an eine ländliche Arbeitskleidung angelehnt, wurden

durch reiche barocke Formen im Thema Romantik interpretiert, die untermalt werden

sollte mit einer hellen, lichten Farbigkeit. Dunkle- und neutrale Töne fanden ebenfalls

ihre Anwendung.

Der Farbtrend hatte für diese Zielgruppe leuchtend synthetisch wirkende Farben wie

Lachs, Veilchen - ein lichtes Lila, Lupine - ein sonniges Gelb, Gladiole - ein aufgehelltes

Altrosa, Hibiskus oder die Farbigkeit einer Heckenrose vorgesehen. Die neutralen

Farbtöne stellten das Steingrau, das Regenblau - ein grün schimmerndes Blaugrau,

Graphit -ein dunkles Grau, Pflaume, Perle - ein zartes Creme, Haselnuss, Sand, Grau

sowie Rosenholz - ein Rosè schimmerndes Lila dar. Dazu gestellt sollten klassische

Farben wie Weiß, Schwarz, Marine oder Rot wichtige Betonungen setzen.51

50 Vgl. Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 28-5, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 51 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, DISPO `83, ML 24/83 und ML 7/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

31

Abb. 10: Farbkonzeption Frühjahr/Sommer 1983 für Damen und Mädchen

Die Auswahl des Herrentrends der Frühjahr/Sommerkollektion sah einerseits sportliche

Tages- und Festkleidung vor und zum anderen klassische Tages- und Festkleidung. Dabei

fanden Themen wie Natur, welches einen hohen Anteil an funktionaler Kleidung

beinhaltete, Technik, Airport und City ihre gestalterischen Ausdrucksformen.

Das Thema Natur gestaltete sich farblich so, dass neben den kühleren Steinfarben

wärmere Ockertöne von Gelb über Braunolive, Sand bis Zimt befürwortet wurden.

Akzentuierende Töne entsprachen einem gebrannten Braun, Grasgrün und Schwarz.

Bevorzugte Materialien dieser Richtung sollten Leinen, Denim, Garbadine oder Popeline

sein. Für das Technik-Thema, das ein sehr sportliches Motiv präsentierte, kamen

schimmernde und glänzende Materialien zum Einsatz sowie geradlinige und geometrische

Schnittführungen. Die Outfits hatten ihre Inspiration in der speziellen und traditionellen

Kleidung des Rugby, Jogging oder in der Motorradkleidung.

Auf Grund der hohen Sportlichkeit hatte man ein recht kühles Farbprogramm für die

Bekleidung konzipiert und wählte kalte Metalltöne wie Shetland - ein ausgewaschenes

helles Jeansblau, Graphit, Grau, Graugrün und Graubraun für die visuelle Gestaltung.

Mit ihnen sollten sich lebhafte, fast grelle Betonungsfarben verbinden, wie beispielsweise

Messing, Rot, Türkis oder Violett. Für diesen sportlichen Ausdruck wählten die Designer

synthetisch wirkende Materialien, zum Beispiel beschichtete Stoffe, gechinzte Baumwolle,

Folie, Leder oder Kunstleder.

Für Vielfältigkeit, ein zwangloses Kombinieren und einer Klassik ganz besonderer Art

stand das Thema Airport. Amerikanische Spielfilme der 1930er Jahre und der Collegestil

gaben vielfältige Anregungen für die Umsetzung dieser Herrenserie.

32

Die Grau-Blau Palette sollte an dieser Stelle zur Anwendung kommen, als auch Weiß bis

Braun über Graugrüntöne und lichte Gewürzkolorierungen. Akzente sollten Rost und

Senfgelb setzen.

Hinter dem Schwerpunkt City versteckte sich eine anspruchsvolle Anzugklassik mit

modernen Umsetzungen sowohl von Blazern als auch Hemden und Mänteln, die sich in

einer verhaltenen Farbigkeit ähnlich wie beim Thema Airport zeigten.

Für die Jungenbekleidung, die ein dynamisches flexibles Bild von Kombinationsmode mit

starker Aussagefähigkeit aufzeigte, hieß das, dass leichte und schwere Sortimente gemixt

werden durften. Sie stellte eine unbekümmerte, vielseitige Kleidung mit

Mehrzweckcharakter dar und beinhaltete eine sportliche sowie eine phantasievolle

Richtung. Die Modethemen hießen bei dieser Linie Aktion und Jeans-College als

klassischer Part für junge Leute und die ländliche Folklore. In dieser Boy-Modekollektion

wurden moderne Umsetzungen mit experimentellen Details kreiert dessen Anregungen

aus dem Industriedesign oder aus Japan stammten. Aktion kennzeichnete eine sportlich

betonte Tageskleidung mit funktionalem Charakter und wurde extra unterteilt in die

Unterbereiche Natur und Technik.

Abb.: 11 Farbkonzeption Frühjahr/Sommer 1983 für Herren und Jungen

Mit Berücksichtigung der aktiven, jugendlichen Menschen wurde eine Tages-Wetter-

Wegebekleidung gestaltet, die in den Basisfarben Regenblau, Honig oder Steingrün

denkbar waren. Aktive frische Farben wie Weiß, Veilchen, Türkis, Waldmeister, Gladiole

oder Schwarz konnten Betonungen hervorbringen, die auf eine dynamisierende

Ausstrahlung der Outfits abzielte. Diese sollten ebenso die synthetisch wirkenden Farben

und Metalltöne unterstützen. Im Thema Technik wurden die Basisfarben Jeansblau und

Steingrün zusätzlich eingebracht.

33

Eine strenge sachliche Auffassung mit einer klaren geraden Silhouette kennzeichnete die

Thematik Jeans-College, deren Motive in der amerikanischen Schul- und Freizeitkleidung

entdeckt worden waren und als legere sportliche Basiskleidung vorgestellt wurde.

Traditionelle Farben wie Jeans-Indigo-Blau, Weiß, Graphit, Schwedenblau in

verwaschenen Ausdruck, Platane und Haselnuss bestimmten das Bild. Zuordnung fanden

Gladiole und Hibiskus sowohl Waldmeister und Karamell. Leichte Kamm- und

Streichgarne, Feinrippcord und Baumwollmaterialien wurden für diese Modelle

verwendet. Durch vereinzelte eingesetzte klare Farbtöne gelang es den verhaltenen

Ausdruck im Thema ländliche Folklore aufzuhellen. Bedruckte und einfarbige Baumwolle

und Baumwollmischungen, Spitze und Seidenmischungen fanden Anwendung.

Tendenziell sollte das Bild der Herren- und Jugendoberbekleidung farbiger erscheinen als

in der vorherigen Saison. Neutrale Kolorits wie Sand, Regenblau, Naturweiß, Shetland,

Pflaumenblau, Graphit, Grau, Rosenholz, Graubraun, Haselnuss, Marine standen neben

den leuchtenden Farbigkeiten wie: Türkis, Schwedenblau, Hibiskus und Honig.52

Noch farbenfreudiger sollte es bei der Kinderbekleidung aussehen. Die Kollektion

gestaltete sich als Freizeitmode und war in differenzierte Bereiche, wie Baltic, Country

und Action aufgeteilt. Baltic stand für ein sehr sommerliches Motiv, welches

Kleidungsteile sowohl sportlicher als auch romantischer Art und Weise präsentierte.

Hierbei durften pastellartige sanfte Töne mit Weiß oder intensiven Kontrastfarben

kombiniert werden: zum Beispiel: Tagetes, Lupine, Türkis, Heckenrose, Regen- und

Pflaumenblau. Rundstrick, Sommerkammgarne, leichte Baumwollen oder auch Folien

wurden für die Umsetzung als Materialität eingesetzt.

Die Tages- und Freizeitkleidung des Motivs Country bestach durch die verwendeten

Naturnuancen und neutrale Basisfarben (Haselnuss, Sand und Marine). Kontraste wurden

durch den Einsatz von Hibiskus, Tagetes und Regenblau erreicht.

In dieser Serie wurden insbesondere Jeansstoffe, Baumwollmischgewebe, Cord oder

Malimorippstoffe empfohlen. Aktion stand für den sehr aktiven und sportlichen Ausdruck

der Kinderkollektion. In ihr verbanden sich kühle kontrastreiche Farbkombinationen

zwischen Rot, Türkis, Lupine als aktive Farben mit neutralen Tönen wie Grau, Sand oder

Pflaumenblau.53

52 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, DISPO`83, ML 24/83 und ML 8/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 53 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, DISPO`83, ML 24/83 und ML 10/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

34

Abb. 12: Modethema Aktion – Natur für Damen, Herren und junge Leute, Frühjahr/Sommer 1983

In der zweiten Hälfte des Jahres 1983 wurde die Herbst/Winterkollektion für Damen mit

den Schwerpunkten Aktion, Country und Klassik angeboten. Aktion vertrat die lässige

Sportlichkeit und zeigte sich funktional und modern. Anregungen hierfür waren in der

Pilotenkleidung oder in der Arbeitskleidung entdeckt worden.

Typisch waren geometrische und farbige Flächen, die den Modellen den besonderen Reiz

gaben. Kühle Metalltöne standen neben aktiven Akzentfarben. Bei der Richtung Country

gestaltete sich ein Mix zwischen der herben und der femininen Klassik. Romantische und

ländliche Elemente charakterisierten diese Outfits und waren von besonderer Feinheit.

Warme Naturtöne wie Braun, Erdnuss, Mocca, Kamel, Thymian und Weiß bestimmten den

Ausdruck.

Klassik -die dritte Richtung hatte ihre geometrischen Gestaltungslösungen durch die

italienische Mode der 1920er bis 1950er Jahre erfahren. Sie entsprachen dem englisch-

irischen Kleidungsstil aus der damaligen Zeit. Ausgewogenheit zwischen Langlebigkeit,

Aktualität und Komfort über maskuline, sportliche bis elegante Umsetzungen in Form und

Material waren die besonderen Markierungen dieser Kollektionsteile.

Das Farbdesign teilte sich in drei grundlegende Gruppen:

in tiefe dunkle Farben, wie Marine, Mocca, Schwarz, Taxus

in sanfte helle Töne und neblige Farben, wie Kamel, Rosenholz, Wermut, Erdnuss und

in leuchtende tiefe und mittlere Töne, wie Heidelbeere, Toscana, Kirsche, Lagune,

Pflaumenblau, Himbeere.

Angelehnt an den Kleidungsstil wurden vorrangig klassische Materialien wie

Streich- und Kammgarne, Jerseys, Großrundgestricke, Webpelze und Viskose

angewandt.54

54 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 25/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

35

Die Männerbekleidung für die Saison war in die identischen Richtungen eingeteilt wie die

Damenmode, wobei im Motiv Aktion Bezüge zur Sportkleidung des Wintersports oder der

Pilotenkleidung zu entdecken waren.

Die Geometrie und die Farbflächen spielten eine besondere Rolle und sie betonten die

Funktion und Attraktivität der einzelnen Outfits. Der farbliche Ausdruck wurde zum einen

durch kühle Metallnuancen wie beispielsweise durch Graphit, Stahl, Marine, Schwarz oder

Weiß erlangt und fanden entsprechende Betonungen durch die Effektfarben Türkis, Blau,

Ocker und Rot. Ein ungezwungenes Kombinieren zwischen klassischen und sportlichen

Modellen ermöglichte die Richtung Country. In ihr fanden Kord, Leder, PVC-Folien,

Baumwolle, Hemdenflanelle und Webpelze in unterschiedlichen Farbigkeiten ihre

Anwendung. Zum Einsatz kamen tiefe, warme, satte und erdige Töne, zum Beispiel

Taxus, Graubraun, Rehbraun, Marine und Kamel. Farbliche Akzentuierungen wurden

mittels Kirsche, Eberesche, Goldocker, Curry oder Rot erreicht. Die Richtung Klassik

unterstützte ebenfalls die Aktualität und Langlebigkeit in der Ausstrahlung der Modelle.

Neutrale sanfte Töne wie Graphit, Graubraun, Rosenholz, Kamel und Schwarz kombiniert

mit Kirsche als Akzentuierung bestimmten die entworfenen Trends.

Aktion, Junge Klassik und Country sind die für die Linie der Jugendoberbekleidung

entworfenen Schwerpunkte im zweiten Halbjahr des Jahrs 1983. Im Bereich Aktion

zeigten sich sportliche Modelle mit deutlich funktionalem Charakter, inspiriert durch

Wintersport- und Moto-Crossbekleidung. Der Entwurf sah für diese Modelle

kontrastreiche Töne vor zum Beispiel Weiß, Schwarz und Naturtöne. Aktive Farben wie

Rot, Blau, Ocker oder Violett vervollständigten das Erscheinungsbild. Für junge Menschen

wurden in diesem Fall bevorzugt Baumwolle, Kord oder beschichtete Materialien

angewendet.

Vitale und funktionale Allzweckkleidung in schwarzer, weißer, roter oder blauer

Farbpräsenz beinhalteten das Motiv Country der Jugendoberbekleidung und legere,

sportliche Jeansmodelle bildeten die Basis der Richtung Junge Klassik. Schwarz oder Blau

mit der Effektfarbe Braunorange, Türkis und Effektfarbe Violett, Ocker und die

Effektfarbe Rot miteinander kombiniert, sollten die Trendsetzung visuell unterstützen.

Materialien wie beispielsweise Popeline, Köper, Jeans, Kord und schwere Hemdstoffe

wurden für die Realisierung empfohlen.55

55 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 25/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

36

Abb. 13: Farbkonzeption Herbst/Winter 1983 für Kinder

Die Herbst/Wintersaison der Kindermode 1983 bestimmte ähnlich wie die bisherigen

Zielgruppentrends die Richtungen Aktion und Country. Das erste Thema verdeutlichte die

sportliche Dynamik mit funktionalen Elementen. Die angebotenen Farben erschienen

einerseits als Aktivfarben in Einzeltönung und andererseits in Kombination, zum Beispiel

Rot zu Honig, Thymian zu Rot, Blaunuancen zu Gelb. Andererseits fanden Naturtöne und

Basisfarben zusammen: beispielsweise bildeten Honig und Himbeere einen Kontrast zu

den Basisfarben Mocca, Kamel, Eberesche, Taxus, Grau und Graubraun.

Im Country -Thema zeigte man rustikal-sportliche und folkloristisch-romantische

Grundelemente bei denen auf Farbkontraste verzichtet wurde. Naturhafte Farbigkeiten

wie Erdnuss, Flanell, Mocca, Eberesche, Thymian, Marine und Himbeere wurden

eingeplant. Bevorzugt sollten Stoffe mit wolliger Oberfläche zum Beispiel Voltex, Cord,

Baumwollmischungen oder Jeans vernäht werden.56

Abb. 14: Modethema Klassik DOB; Modethema: Aktion für HOB und KOB, Herbst/Winter 1983

56 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 26/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

37

5.4 Das Jahr 1986

Im Jahre 1985 bestand trotz Erhöhung des Warenfonds keine stabile Versorgung im Bekleidungssektor.

Einerseits konnten zwar Mengensteigerungen bei den Exquisit- und Jugendmodeerzeugnissen beobachtet

werden, andererseits waren jedoch die Anteile des Verkaufs im allgemeinen Fachhandel gesunken. Speziell im

allgemeinen Fachhandel waren gesonderte Versorgungsprobleme aufgetreten, die laut Modeinstitut behoben

werden mussten.57

Festgestellt worden war, dass zwischen Angebot und Nachfrage, hauptsächlich in den Sortimenten: Kleider,

Blusen und Röcke, enorme Differenzen bestanden, deren Ursachen in einer unbefriedigenden Materialqualität

und einer nicht ansprechenden Gestaltung der Kleidungstücke lagen. Demgegenüber befanden sich importierte

Produkte, die im Verhältnis sehr viel stimulierender wirkten und die Maßstäbe bei den Verbraucherinnen

deutlich höher ansetzen ließen. Für die Gestaltung des Angebotes der Folgejahre wurde auf Grund dessen

modischer Kleidung in neuen Silhouetten befriedigen zu können, wurden neue Zielsetzungen für die

Angebotsprofilierung auch in Bezug auf die Farben formuliert.

Durch die Entwicklung von innerbetrieblichen und übergreifenden Flächengebildeprogrammen sollte die

konsequente Einhaltung der Modefarben und deren Kombinierfähigkeit gesichert sein. Die Programme waren so

zu verstehen, dass auf Grundlage weniger Farben die Verbindung von Design, differenzierten Strukturen,

Materialcharakteren und Gewichten auch die Qualifizierung im Umgang mit Farbe gesichert werden konnte.

Konkret bedeutete dies: eine höhere Flexibilität der Organisation von Farbe, die konsequente Einhaltung der

festgelegten Farben in allen Kombinationen und die Konzentration auf wenige Modefarben je Modethema.58

Für die Frühjahr/Sommerkollektion 1986 riet das Modeinstitut den Frauen und Mädchen

zu folgender Farbkonzeption: Inspiriert durch die Werke der Impressionisten sollten

frische, transparente, heitere und leuchtende Sommerfarben zur Geltung kommen.

Umrahmt von den Basisfarben entstand ein Farbbild, welches die Menschen positiv

ansprach.

Das farbige Erscheinungsbild wurde in vier Gruppen vorgestellt: In der ersten

senkrechten Farbreihe auf der Farbkarte befanden sich so genannte Papierfarben, die den

hellen, lichten Naturtönen entsprachen. Zu ihnen zählte unter anderem Alabaster,

Bindfaden, Marmor oder Hortensie. Aquarellfarben befanden sich in der zweiten

senkrechten Reihe und zeigten etwas von der hellen frischen Transparenz der

Aquarellfarben. Sie sollten ohne Kontrasteinwirkungen nebeneinander stehen. Vertreten

waren Hyazinthe, Apfelblüte, Narzisse, Kamille, Pistazie oder Kolibri.

Die dritte senkrechte Reihe entsprach den Tuschfarben, sie zeigte spannungsvolle

Farben, die lebhaft und satt wirkten. Zum Beispiel Flieder - ein kräftiges Lila, Kamelie -

ein dunkles Rot, Grüntürkis, Seegrün - ein sattes frisches Grün, Elektrablau oder

Kornblume. Tiefe, fast schwarze Farben von Himbeere über Moor bis Horizont - so

57 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR. ML 26a/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 58 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 26a/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

38

genannte Tintenfarben- befanden sich in der vierten senkrechten Reihe. Sie schenkten

den anderen Farben ihre Leuchtkraft, da sie sich wie ein Schatten darstellten.59

Abb. 15: Farbkonzeption Frühjahr/Sommer 1986 für Damen und Mädchen

Die Kollektionskonzeption mit ihren Themen Dynamik, Basis und Impuls sah für die

Damen 1986 folgende Gestaltung vor:

Dem ersten Schwerpunkt entsprechend sollte die sportlich betonte Tages- und

Freizeitkleidung recht dynamisch wirken. Mittels Anregungen aus der Uniformenwelt und

der Arbeits- und Berufsbekleidung wurden großzügige, bequeme Designs mit Betonung

der funktionalen Details entwickelt. Besonders in diesem Sortiment sollten Tintenfarben

wie Papierfarben Anwendung finden. Tuschefarben konnten als erfrischende

Akzentuierungen genutzt werden. In einem ersten Bestandteil des Themas Basis fand

eine jugendliche, progressive, aus der Klassik abgeleitete Tageskleidung für Damen ihre

modische Gültigkeit. Ihr Ausdruck war leger, sportlich bis klassisch. Großzügige

Flächengestaltungen und sparsame Details präsentieren sich und machten ein

spielerisches Kombinieren von Einzelteilen in unterschiedlichen Längen und Weiten

möglich.

Dadurch entstanden vielfältige Material- und Farbkontraste. Kühle Papierfarben und zarte

Pastelle als Akzente befanden sich neben leuchtenden Aquarellen und Tuschfarben.

Der zweite Teil des Basis-Themas bot eine anspruchsvolle und zeitlose klassische Tages-

und Festkleidung an. Die Outfits erschienen klassisch-elegant und feminin. Weiche,

großflächige fließende Modelle mit ausgewogenen Details bestimmten das Bild. Bevorzugt

59 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 22/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

39

kamen warme Papierfarben, zarte Pastelle und Naturweiß zum Einsatz. Impuls versprach

eine unkonventionelle fantasievolle Tages-, Freizeit- und Festbekleidung, die durch die

traditionelle Kleidung Spaniens oder Kubas angeregt worden war. Ihre Erscheinung war

heiter, romantisch und sommerlich, jung, ungewöhnlich und kontrastreich. Dekonstruiert

wirkende Formen in artfremden Materialien bestimmten den Eindruck dieser Modelle.

Die junge kontrastreiche Richtung mischte extrem Weites mit körperbetont Engem in

gegensätzliche Materialien. Dabei fanden Tuschefarben in warmen oder kühlen

Kolorierungen mit Aquarellen und Tintenfarben als Effekte ihren farbigen Auftritt.60 Die Männermode 1986 wirkte in dieser Saison in ihrer Farbgebung verhaltener durch die

Verbindung mit Grau oder Schwarz. Die intensiven und klaren Farben wurden nur

sparsam eingesetzt, so dass der Gesamteindruck der Farbpalette für das erste Halbjahr

1986 zurückhaltender und dezenter erschien als in der vorherigen Saison.

Mit Dynamik wurde ein Thema präsentiert, welches sehr attraktive, sportlich betonte

Tages- und Freizeitkleidung mit Mehrzweckcharakter versprach. Anregungsquellen hierfür

stellten Uniformen, Expeditionskleidung und die asiatische Kleidermode der 1950er Jahre

dar. Ihre Erscheinung wirkte betont sportlich und funktional. Großzügige, bequeme

Outfits mit Betonung der funktionalen Details, unterschiedlichen Silhouetten und Weiten

in differenzierten Materialien. Bevorzugte Farbtöne verliefen von Weiß zu dunklen

Tintenfarben. Intensive Tuschfarben wurden gezielt als Effekte eingesetzt.

Im ersten Teil des Themas Basis zeigten sich jugendlich progressive aus der Klassik

abgeleitete Tageskleidungsteile, deren Idee durch die 1920/30er Jahre und

1940/50er Jahre angeregt worden waren. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die

Tennis-, Polo-, Klub- und Regattamode gelegt. Durch sparsame Details und großzügige

Flächen hinterließen sie einen klassisch, sportlich herben und saloppen Ausdruck. Ein

neues Kombinieren von Einzelteilen wurde durch Farb- und Materialkontraste erleichtert.

In dieser Linie wurden dunkle Papierfarben und helle Tintenfarben angewandt. Der

weitere Basis-Teil wurde wie bei den Damen durch ausdrucksvolle und zeitlose,

klassische Tages- und Festkleidung bestimmt. Ihr Ausdruck war klassisch-elegant und

salopp. Das Design gestaltete sich großzügig, weich und bequem mit sparsamen Details

in feinen Materialqualitäten. Letztere wurden für Anzüge und Anzugkombinationen

angeboten. Die Farbpalette zeigte sich geprägt von hellen Papierfarben und

Aquarellfarben, die als Effekte eingesetzt wurden.61

Eine sportlich betonte Allzweckkleidung unterbreitete das Thema Dynamik für das

Frühjahr und den Sommer der Jugendmode. Voluminöse Silhouetten und funktionelle

Detaillösungen hatten ihre Inspiration in den Kleidungsstücken der Piloten,

Fallschirmspringer, Fischer und Segler gefunden und Basisfarben in Naturnuancen und

60 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 15/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 61 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 15/86,ML 24/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

40

Naturtönen in Verbindung mit aktiven Farben beherrschten das äußere Erscheinungsbild

der Reihe.

Ein weiteres Thema der Jugendbekleidung war die Junge Klassik. Sie vertrat die

klassische Richtung in der Kollektion. Jeans standen im Mittelpunkt und zeigten eine

bequeme, großflächige Gestaltung mit Verfremdung bekannter konventioneller Kleidung

durch überzeichnende Formen und den Einsatz untypischer Flächen und klassischer

Designs in neuen Farbigkeiten. Präsentiert wurden die Modelle in den Basisfarben in

Richtung Grau und Indigo-Blau, die neben einer sehr farbaktiven Richtung standen.

Impuls hieß das Motiv, welches expressiv und experimentell in Erscheinung trat.

Dies gelang durch eine besondere Formsprache und starke Farbkontraste, wobei zwei

Richtungen verfolgt wurden: zum einen die herbe geometrische Richtung und zum

anderen die lyrische, feminine Richtung, welche in der abstrakten Kunst, im Graffiti oder

in neuen Tanzrichtungen ihren Ursprung hatten. Intensive Farben standen im Kontrast zu

Schwarz.62

Bei der Kinderkleidung der Saison waren im Thema Dynamik fröhlich wirkende, sportlich

betonte Tages- und Freizeitkleidungsstücke entstanden. Sie wirkten betont sportlich und

progressiv durch unterschiedliche Längenkombinationen und neue

Farbzusammenstellungen. Ansprechende Akzente bildeten Details als Musterungen oder

Druckmotive. Für die Umsetzung wurden intensive Tuschefarben wie Kamelie,

Elektrablau oder Kornblume verwendet sowie zarte Aquarelle wie Kamille, Hyazinthe oder

Kolibri zu Schwarz oder viel Weiß gesetzt.

Das Arbeitsthema Basis beinhaltete Tageskleidung mit Mehrzweckcharakter, die

abgeleitet worden waren von klassischen Gestaltungsformen und ihre Inspiration in

Expeditionskleidung und Uniformen der Marine und Sportflieger hatten. Sie waren

klassisch-sportlich und funktional im Erscheinungsbild. Neutrale Papierfarben wie

beispielsweise wie Erdnuss oder Hortensie wurden ergänzt durch intensive Tuschefarben

wie Fanal oder Grüntürkis und viel Weiß.

Fast ländlich erschien die unkonventionelle fantasievolle Tages- und Freizeitbekleidung

des Themas Impuls. Die Bilder Renoirs und der Wäschestil bildeten die Anregungsquelle

dieser Kleidungsteile und ließen sie frisch, romantisch sommerlich erscheinen. Leichte

luftige und transparente Materialien und eine lichte Farbigkeit unterstützten die Wirkung

und verwiesen auf liebevolle Details in Form von Schleifen und Rüschen. Passend zu

dieser Aussage wurden zarte Aquarellfarben wie Pistazie oder Bergsee und viel Weiß

empfohlen.63

62 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 15/86, ML 23/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 63 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 15/86, ML 23/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

41

Abb. 16: Modethema Impuls für Damen und junge Menschen, Frühjahr/Sommer 1986

Ohne den Gesamtklang des Vorjahres zu zerstören, wurde im Herbst/Winter 1986 bei

den Damen und jungen Mädchen mehr Farbigkeit präsentiert. Das Gesamtbild tendierte

zu einer mittleren Farbwirkung ohne grelle Effekte und Unstimmigkeiten, dabei blieben

Ton in Ton Schattierungen oder subtile Komplementäranordnungen vorrangig. Warme

Ocker-, Kamel- und Brauntöne lösten die hellen kühlen Naturfarben des Jahres 1985 ab.

Die Farbtendenzkarte dieser Saison gestaltete sich durch vier Reihen: eine Violett-Rot-

Reihe, eine Blaureihe, eine Grünreihe und eine Braun-Gelb-Reihe. Darin befanden sich in

der ersten und zweiten waagerechten Reihe dunkelbunte Töne mit annähernd gleicher

Farbtiefe und in der dritten und vierten Reihe verhaltene Mitteltöne mit Farben

annähernd gleicher Farbhöhe. Die fünfte und sechste Reihe wurde durch Aquarellfarben

bestimmt, die die hellsten Farben dieses Farbspiegels enthielten.

In der siebten Reihe befanden sich Farben gleicher Intensität und Leuchtkraft. Als

interessante Richtungen wurden natürlich wirkende Gelb-Braunnuancen für die klassische

Tageskleidung empfohlen und dunkelbunte Töne konnten untereinander kombiniert als

festliche Drucke zum Einsatz kommen. Die winterlichen Aquarellfarben bildeten den

Ausgangspunkt für eine elegante Klassik. Das unkonventionelle Zusammenstellen klarer

Aktivfarben zu dunkelbunten Tönen oder zu winterlichen Aquarellfarbtönen sollte den

jugendlichen Ausdruck der Linie verstärkten. Eine aktive Farbigkeit sollte in der

Wintersaison eine wichtige Rolle spielen.64

Die Frauen sollten für die Wintersaison 1986 mit sportlich funktioneller oder dezent

sportlicher Mehrzweckmode in bequemen Schnitten und großzügigen sachlichen Formen

ausgestattet werden. Pelzimitate bestimmten unter anderem das Thema Dynamik- worin

intensive Grün - und Blautöne vertreten waren, die mit Pink- und Violettnuancen

vollendet wurden. Regenkleidung aus wasserabweisenden Materialien in kräftigen

Neonfarben und Thermokleidung mit großflächigen Steppungen oder in Form von

Ornamenten besteppt zeigten sportlich wirkende körpernahe Jacken in weicher, heller,

64 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 42/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

42

natürlicher Farbigkeit. Für das zur Kollektion gehörende Thema Basis wurden zwei

Richtungen entworfen: die sportliche und die feminin anspruchsvolle.

Die erstgenannte Richtung zeigte winterliche Basiskleidung – natürlich, jung, praktisch

und leger in der Ausstrahlung. Trotz der sportlichen Betonung war es gelungen eine

qualitative Verbindung zwischen Natürlichkeit, Fantasie und einer gewissen Derbheit und

der Farbaussage zu erreichen. Dabei gestalteten sich die Farbentwürfe der

Plaidkarojacken in Schwarz, Ocker oder Grau und die sportlichen Blazer und klassischen

Mäntel in Shetlandtönen. Leuchtende Flausche wurden für klassisch komfortable Mäntel

in legeren Weiten verwendet.

Ausschlaggebend waren die geraden, flächigen Silhouetten, gepolsterte Schultern und

einfache dekorative Details. Die zweite Richtung des Themas bezog sich auf die

städtische Klassik, deren Modelle in ihrer sachlichen Formsprache elegant wirkten und

zugleich eine gewisse Jugendlichkeit und Lässigkeit mitbrachten. Mäntel wurden zu weit

schwingenden Röcken oder Hosen getragen in Kombination mit sportlich femininen

Blusen mit Raffungen. Dazu angeboten wurden weiche Materialien wie winterliche

Jerseys, bedruckte Crepes, Kammgarne, synthetische Seiden und Flanelle. Die Farben

verliefen von Naturweiß über Moor und Beton zu den farbigen Effekten für die Unis und

den Druck. Eine besondere Linie dieser Kollektion war der Festkomplex, der eine

kombinierfähige Festbekleidung beinhaltete. Bei diesen Modellen war das Material in

seiner Farbgestaltung und seinen Erscheinungen das dominierende und weniger die Form

der Kleidungsteile. Schwarze Festtagskleider mit interessanten Details, raffinierten

Schnittlösungen und dekorativen Ausschnittvarianten wurden dargeboten in

differenzierten Jerseyqualitäten, Crepe oder Spitze. Die entworfenen langen Abendkleider

aus synthetischen Seiden zeigten sich in leuchtenden Rottönen und belebten das

gesamte Erscheinen des Komplexes.65

Die Männer wurden modebewusster und bekamen eine Kollektion in selbstbewusster

Sportlichkeit mit vielfachen Ausdrucksmöglichkeiten. Es gab zwei bestimmende

Richtungen: von einer anspruchsvollen, eleganten Klassik bis zu einer sportlich legeren

Klassik vertreten durch das Thema: Basis. Das Dynamik -Motiv verdeutlichte sportlich,

funktionale Kleidung, welche ihre Inspiration in den 1950er/60er Jahren entdeckt hatte.

Als wichtiges Gestaltungsmittel wurden vitale neue Farbausdrücke in neuen

Kombinationen dargelegt. Die Farb- und Flächengebilde fanden eine neue Art und Weise

in ihrer Anwendung. Wiederkehrende Grundformen wurden in Farbe, Design und Material

neu variiert und individuell kombiniert. Zum Beispiel wurde mit Kontrasten gespielt -

glatte Materialien standen neben Kunstpelzen oder große Oberteile in Verbindung mit

schmalen Keilhosenformen fanden einen betont jungen Ausdruck. Synthetische

Farbigkeiten in Blau -und Graunuancen ergänzt durch Violett -und Pinktöne bestimmten

das Erscheinungsbild. Zugeordnet zur Tageskleidung wurden die Regen - bzw.

65 Unterlagen der Modeinstitutes der DDR, ML 42/86, ML 46/86, ML 38/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

43

Wetterkleidungsstücken, deren Idee durch die Wintersportmode und die Kleidung der

Kosmonauten entstand. Baumwollsortimente in kräftigen Farben und körpernahe Anzüge

aus beschichteten Geweben oder Folien charakterisierten die Modelle. Wie in der ersten

Gruppe zeigten sich synthetische Farben neben kühlen Rot -und Violetttönen sowie Grün,

Blau und Dunkelblau.

In diesem Thema befanden sich ebenfalls glänzende Bekleidungsteile mit

Mehrzweckcharakter inspiriert durch den Futurismus und die Technik in Pastelltönen, in

Weiß, Grau, Schwarz und Effektfarben wie Rotviolett oder Malve, die ebenso eine

wichtige Rolle bei den Accessoires spielten.

Den umfangreichsten Anteil des Basis-Angebotes bildeten die sportliche und elegante

Klassik. Die erste Richtung beinhaltete sportive Tageskleidung in drei Gruppen: die

Strukturierten, dazu gehörte die legere und bequeme Tageskleidung mit

Mehrzweckcharakter in Hemdformen aus differenzierten Materialien zum Beispiel mit

Filzoptik, aus Kord oder Hemdenflanell. Vorherrschende Farbigkeit bestand aus hellen

Naturtönen wie Wollweiß und Braunnuancen zu warmen Ocker- und Ingwergelbtönen.

Grafische Akzente wurden mit Mokka, Grau oder Schwarz gesetzt.

Eine zweite Gruppe bestand aus rustikalen Tweeds mit kombinierfähigen Einzelteilen und

sportlich, klassischen Elementen. Jene Modelle bestanden aus Streichgarngeweben,

Tweed, gerauter Baumwolle oder Gestricken in Shetlandfarben, welche durch Kristallgrün

und Horizont vervollständigt wurden.

Die letzte Gruppe bestand aus einfarbigen Bekleidungsteilen in unterschiedlichen

Sortimenten, zum Beispiel klassische Mantelformen wie Ulster, Trench- oder Dufflecoat.

Verwendet wurden hierfür kräftige Mitteltöne wie Muskat, Zimt, Herbstaster, Grüntöne

oder Rotbuche. Mit Ocker wurden Effekte gesetzt.

Das anspruchsvolle Basis-Thema der Herrenkollektion beinhaltete zwei Gruppen, worin

sich die klassische Bekleidung in feinem Ausdruck und in eleganten Formen durch

Ensembles dargestellte.

Unkonventionelle, anspruchsvolle, moderne Klassik in sachlicher Form mit femininen

Einflüssen gestalteten die Gruppe der feinen Tweedigen. Feiner Fischgrat, Glenchecks

oder Streichgarne in Tweed waren die Materialien aus denen die Modelle gefertigt waren.

Ihre Farbpräsenz lebte durch eine frische Farbigkeit und farbige Tweedeffekte in

Wollweiß, Beton, Grau, Mokka, Aubergine oder Marine.

In der Gruppe die Festlichen wurden klassische Grundformen durch Farbe und Material

neu interpretiert und trugen zu einem besonderen Ausdruck bei. Festliche Einzelteile in

verhaltenen Tönen wie Schwarz, Dunkelgrün oder Dunkelblau kombiniert mit

konventionellen Teilen aus synthetischen Seiden in den Farben Rot, Violett oder Blau

schenkten den Outfits ein modernes Äußeres und eine gewisse Dynamik.

Die Jugendmode umfasste das zweite Halbjahr 1986 drei Einheiten, an denen die

Gestalter und Gestalterinnen gearbeitet hatten.

44

Dynamik umfasste winterliche Mehrzweckkleidung in voluminösen Silhouetten mit

funktionalen Details in wasserabweisenden bzw. Steppmaterialien. Ihre Inspirationsquelle

war die Wintersportkleidung der 1950er Jahre und die Arktis. Winterliche Pastelle,

Naturtöne Weiß und Grau bestimmten das farbliche Erscheinungsbild.

Die Junge Klassik hatte ihre Aktualität insbesondere den neuen Farben und der

Gestaltung zu verdanken. Besonders innerhalb der Straßenmode war ein Zusammenspiel

zwischen Kontrast und Harmonie gelungen, an denen witzige Details platziert waren und

betont weite im Kontrast zu schmalen Silhouetten getragen wurden. Es wurden

untypische Materialien miteinander gemixt und durch die eingesetzten Farben

miteinander verbunden. Unis in klaren Farben standen Naturtönen gegenüber und

zeigten Streifen, Karos oder neue Drucke in mittlerer intensiver Farbigkeit.

Im Thema Impuls wurde mutig experimentiert. Diese sehr mobile Richtung war

gekennzeichnet durch grafische dekorative Designs, einem Spiel zwischen Harmonie und

Disharmonie und sie zeigte Kontraste in der Form und leuchtenden Farben. Die

Ideenfindung gelang durch Filme, dem Karneval, der modernen Kunst oder durch

Computerdesign. Die Farbe gewann durch die Stellung der einzelnen Nuancierungen zu

Schwarz, durch Schwarz- Weißkontraste oder durch das Zusammenstellen von Farbe zu

Farbe ihren Ausdruck.

Für die saisonale Kinderkollektion 1986 ließen sich die Gestalter und Gestalterinnen durch

Wintersport-, Kosmonauten-, Sportflieger- und Expeditionskleidung inspirieren und

entwickelten für das Thema Dynamik eine sportlich betonte, winterliche Tages-, Freizeit-

und Wetterkleidung für Jungen und Mädchen. Im Ausdruck sachlich, funktional oder

experimentell in bequemer Weite oder körpernah traten die Modelle aus

Jaquardgestricken oder Trikotagen auf. Dabei besaßen sie eine Farbigkeit aus

Pastelltönen wie Schilf, Malve, Horizont, Hortensie und Weiß, wozu sich die

Intensivfarben Meer, Pappel, Signal, Ingwer, Horizont oder Schwarz stellten. Unter dem

Thema Basis befanden sich sportliche Tagesbekleidungsoutfits, die durch untereinander

austauschbare Einzelteile in klassischen Formen gekennzeichnet waren. Ausgangspunkt

dafür waren die Arbeitskleidung technischer Berufsgruppen, Auto- und

Motorradsportkleidung oder der Country- und Collegestil. Kantig wirkende Formen in

derben, lässigen, sportiven Ausdruck in verhaltenen, neutralen Tönen, die in

Zusammenhang mit Aktivfarben wie Kakhi, Beige, Indigo, Moor, Muskat, Meer, Smaragd,

Ingwer oder Signalrot auftraten.66

66 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 38/86, ML 42/86, ML 46/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

45

Abb. 17: Modethema Dynamik für Damen, Herbst/Winter 1986

Im Jahr 1986 wurden für die Entwicklung der neuen Modekonzeption 1989 grundlegende Orientierungen in

Bezug auf die volkswirtschaftlichen Anforderungen und Zielsetzungen gegeben. Die höhere Veredelung der

Rohstoffe, Materialien und Erzeugnisse blieb ein bestimmender Faktor für die Produktion und Umsetzung.

Dabei sollten höhere Ansprüche an die Gebrauchswerte, volle Bedarfsgerechtigkeit und sinkende

Herstellungskosten berücksichtigt werden. Auf Grund des steigenden internationalen Niveaus und der

Positionierung der Produkte auf dem Weltmarkt mussten grundlegende Aufgabenstellungen gelöst werden:

„Der differenziert steigende Bedarf der Bevölkerung an Konsumgütern der Leichtindustrie ist bei einem weiter

wachsenden Anteil hochwertiger, modisch-aktueller Erzeugnisse planmäßig zu decken, die Lieferung von

Erzeugnissen der Leichtindustrie in die UdSSR auf Grundlage des langfristigen Aufkommens 1986-90

wesentlich zu erhöhen, entsprechend den Möglichkeiten auf den kapitalistischen Märkten ist der NSW -Export

(nichtsozialistischer Wirtschaftsbereich = kapitalistisch)67, insbesondere in konvertierbare Devisen, zielgerichtet

nach Märkten und effektiven Warenstrukturen, zu entwickeln. Die NSW -Importe und uneffektive

Industriekooperation bzw. Lohnveredelung sind weiter abzubauen, die planmäßige Zulieferung von

Erzeugnissen der Leichtindustrie für andere Bereiche der Volkswirtschaft, die Versorgung mit Arbeits-,

Arbeitsschutz- und Hygienekleidung sowie für die Landesverteidigung ist stabil zu gewährleisten.“68

Die Abteilung Forschung des Modeinstitutes erarbeitete diese Richtlinien als Grundlage zur Erreichung der

Zielstellungen für die kommenden Jahre und verwies darauf, dass mit einer Vervollkommnung der

Produktionsstruktur Spitzenerzeugnisse mit internationalem Höchststand hergestellt werden konnten, so dass

zum einen die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung gedeckt und zum anderen im Rahmen der

außenwirtschaftlichen Aufgaben die Valutaeinnahmen erhöht werden konnten.

Diese neu entwickelten Erzeugnisse verteilten sich prozentual folgendermaßen auf die Gesamtproduktion:

▪ für die Bevölkerungsversorgung: 42-48%,

▪ für Export ins kapitalistische Ausland: 52-55%

▪ für den Export ins sozialistische Ausland: 32-35%.69

67 Anmerkung der Verfasserin. 68 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR ML 1/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 69 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR ML 1/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

46

Zunehmend wurde darauf verwiesen, dass der Modemarkt schneller und mit qualitativ hochwertigen

Erzeugnissen mit modischer Aktualität auszustatten war, was für die Produktion bedeutete, dass unter anderem

die Bedingungen für ein schnelles Reagieren auf die veränderten Wünsche der Menschen geschaffen werden

mussten.

Darunter fielen zusätzlich die Notwendigkeit nach einer höheren Flexibilität im Einsatz von Grundmaterialien

und technischen Ausrüstungen, die Verkürzung von Zykluszeiten, die Verbesserung der Verarbeitungsqualität,

einen stärkeren Übergang von der auftragsorientierten zur angebotsorientierten Erzeugnisentwicklung und eine

höhere Veredelung der Produkte.

All diese Maßnahmen sollten insbesondere auf die Jugendmodeproduktion Einfluss nehmen, da besonders diese

Zielgruppe unzufrieden war mit dem momentanen Angebot an jugendtypischen Modeerzeugnissen. 70

Grundvoraussetzung dafür waren die Optimierung von Optik und Haptik der saisonspezifischen textilen Flächen.

Hochwertige Kammgarne, Streichgarn und Wollqualitäten sollten entwickelt werden und der Einsatz von

synthetischen Seiden aus eigener Produktion, von beschichteten textilen Flächengebilden und differenzierter

Baumwollmischungen verstärkt werden.71

Abb. 18: Farbtendenzen des Modeinstitutes der DDR in Fasern für 1989

Auffällig an dieser Zusammenstellung war, dass es neuerdings eine Wendung in der Erzeugnisentwicklung gab,

die sich zunehmend von der auftragsorientierten zur angebotsorientierten entwickelte.

Die gestalterische und konstruktive Umsetzung der Modethemen in ausgewählten Bedarfskomplexen und die

Sicherung der Komplettier- und Kombinierbarkeit innerhalb jener Bedarfsgruppen waren wesentlicher

Bestandteil für die Zufriedenstellung der jeweiligen differenzierten Wünsche. Neu war die Entwicklung

kundenspezifischer Kollektionen in hohem Preisniveau für den Export und die verbesserte Ausstattung der

Erzeugnisse mit Accessoires.72

70 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 15/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 71 Ebenda. 72 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 18/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

47

5.5 Das Jahr 1989

Mit den wirtschaftlichen Zielen und Bedingungen und unter Berücksichtigung der internationalen

Trendentwicklungen sollte die neue Herrenkollektion für das Jahr 1989 analysiert und entworfen werden. Der

internationale Trend beschrieb die Entwicklungen des Mannes dahingehend, dass Mann wieder Mann sein

durfte: traditionsbewusst, erfolgversprechend, gepflegt und individuell. Die Mode zeigte sich auf den

internationalen Laufstegen eindeutig maskulin. Was aber nicht bedeutete, dass sich von den normalen

klassischen Formen verabschiedet wurde. Ob Sportswear oder Klassik, die Elemente beider Stile verschmolzen

miteinander und fanden ihren lässigen Ausdruck durch eine andauernde Qualität und einem perfektem

Zusammenspiel von Farbgebung und Designierung, Materialeinsatz und Schnittgestaltung. Mit jenem

Qualitätsdenken zeigte sich ein neuer Trend zur gepflegten und edler wirkenden Mode, die gleichzeitig

vernünftig als auch zeitlos wirkte. Unter Verwendung von vielfältigen Flächengebilden sollten die Modelle der

neuen Herrenkollektion aufwendig gestaltet werden. Dabei spielten besonders die Kontraste eine wesentliche

Rolle. Streng zu lässig, traditionell zu supermodern, locker zu dicht, bewegt zu glatt, simpel zu raffiniert oder

natürlich zu synthetisch.

Ein weiterer Schwerpunkt lag, laut Material zur internationalen Auswertung zu Kollektionsentwicklung für

Gestalter73, in der Farb- und Flächengestaltung der Kollektionen.

Die Farbtendenz des Modeinstitutes der Frühjahr/Sommerkollektion des Jahres 1989 für

Damen, Herren und junge Menschen ergab in der senkrechten Anordnung auf der

Farbkarte fünf Farbreihen gleicher Intensität, die sich in zwei Hauptgruppen einteilen

ließen - in Neutralfarben und dynamische Farben. Bei den Neutralfarben befanden sich in

der ersten Farbreihe helle, kreidige und sandige Töne, die wie von der Sonne

ausgeblichen wirkten. Die zweite Reihe entsprach kühlen, lichten und transparenten

Farbigkeiten, die zum einen viel Weiß beinhalteten und zum anderen grau nuanciert

erschienen und mit diesem Ausdruck an etwas Atmosphärisches erinnerten. Die dritte

Reihe zeigte dunkle, schattige Farben einschließlich Schwarz. Sie standen als Kontrast

neben den Neutralfarben. Die Positionierung der Neutralfarben verstärkte den Hell-

Dunkelkontrast und die Farbzusammenstellungen wirkten weniger laut, sondern elegant

und harmonisch oder sachlich und sportlich.

Die dynamische Farbgruppe unterteilte sich in vier Farbreihen, deren Farbgruppen an

expressive Töne erinnerten, die unkompliziert und natürlich wirkten.

Das Farbdesign der Jugendmode blieb in seiner Zusammenstellung dynamisch und klar.

Ein Konzentrat aus dem Gesamtfarbspiegel wurde erstellt, welches drei differenzierte

Farbthemen deutlich herausstellte. Erstens: eine klare, lichte, frisch wirkende Farbreihe

unterschiedlicher Blau- und Grüntöne, die als Ausgangspunkt für die sportlich

dynamischen Themen dienten. Zweitens: helle, lichte, kreidige Basistöne, die im

Mittelpunkt standen. Einerseits konnten die warmen bzw. kalten Nuancen dieser

Farbgruppe miteinander kombiniert werden, zum anderen konnten die warmen mit den

73 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR: ML 21/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

48

kühlen Tönen zu harmonischen Farbklängen nebeneinander stehen. Schwarz und Weiß

gaben diesem diffizilen Farbzusammenspiel mehr Festigkeit und Kontur.

Drittens: konnten Rottöne unterschiedlicher Intensität mit dunklen, grauen oder

grauvioletten Farbigkeiten zu einem verhaltenen Farbklang vereint werden.

Von den Tendenzfarben der Oberbekleidung der Kinderkollektion ließen sich eindeutige

Farbgruppen ableiten, sowohl waagerecht als auch senkrecht. In der Senkrechten der

Farbkarte befanden sich die Farbtöne einer Farbgruppe von hellen, lichten bis zu frischen,

sommerlichen, kindgerechten Farbklängen und die Waagerechte enthielt Farbgruppen,

die nach gleicher Intensität geordnet waren.

Die drei oberen Reihen stellten die lichten und hell erscheinen Neutralfarben dar, die

fünfte und siebente Reihe die frischen, kindgemäßen Farben. Einerseits gesättigte und

leuchtende Töne, andererseits helle, lichte Nuancen. Dazwischen in der sechsten Reihe

lagen die tiefsten Töne der Farbkarte. Die Farbkombinationen frischer, kindgerechter

Akzente erfolgte in der Anwendung durch eine Ton in Ton Zusammenstellung.74

Abb. 19: Farbkonzeption Frühjahr/Sommer 1989 für Damen und Herren

Anhand der Trendbeobachtungen und der Farbidee entwarfen die Designer und

Designerinnen des Modeinstitutes der DDR die aktuelle Modelinie der Herren für die

Frühjahr/Sommersaison des Jahres 1989. Bequem, funktional und vielfältig, elegant und maskulin, lässig und schlicht waren die

Erscheinungsbilder der Modelle. Klassik und Sportswear gingen ineinander über, so dass

Anzüge spielerisch neben Blousons, Parkas, Pullovern und Jeans erschienen. Die Modelle

zeigten eine deutliche Schulterbetonung, eine bequeme Oberweite und eine markante

74 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 19/89, ML 20/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

49

Taillierung. Bestimmende Themen waren Sommertag, Nordkap, City und Premiere. Die

erstgenannte Richtung führte eine Freizeit- und Tageskleidung für Herren in einem

lässigen, sommerlichen Ausdruck. Bevorzugt für diesen Bedarfskomplex wurden Sand-

und Dünenfarben oder Weiß zu hellen Pastelltönen, wie Malachit, Schilf, Grapefruit oder

Lachs gestellt. Großzügige Oberweiten, bequeme Oberärmelgestaltungen, enge

Trikotagen und Bermudas aus Baumwolle, Leinen oder Nadelstreifenmaterial dominierten

das Motiv. Die Oberteile aus Maschenware innerhalb dieser Richtung zeigten sich in

kühlen, lichten Blau- Grüntönen im Kontrast zu warmen sonnigen Gelb -Orangetönen in

jugendlicher vitaler Fassung.

Spezielle feine Tageskleidung beinhaltete das Thema Nordkap, deren Bekleidungsteile

sportlich elegant, bequem und lässig wirkten. Zwischen Funktionellem und Elegantem

entstand eine Verbindung, die eine qualitätsbetonte Sportlichkeit präsentierte.

Anregung hatten die Modelle im Marine- und Klubstil, in der Tennis- und Segelkleidung

und der Sportbekleidung der 1920er Jahre gefunden.

Ihre Farbgestaltung sah Enzian, Nachtblau, Weiß, Sand und kräftige klare Sommerfarben

wie Rot, Grün, Blau, Gelb und Violett vor. Das Material entsprach einem Gewebe in

Baumwoll- oder Leinenoptik und beschichteten Flächen oder leichten Tuchen. Besondere

Merkmale zeigten sich in einer lässigen Kragengestaltung, Doppelverschlüssen; Kapuzen

und farbigen Abfütterungen.

Das Thema City wies eine klassische, unkonventionelle, expressive, jugendliche

Tageskleidung mit extremen Proportionen auf. Die Farbpalette bestand aus warmen und

kühlen Kolorierungen, Schwarz stand zu Blau und Rottönen, zu Grün oder Aprikose.

Dieser Kollektionsteil bestach durch seine sparsame Detailgestaltung und ließ das

Material an sich wirken. Sakkos und Hemden in V-Silhouette, Bundfaltenhosen mit

verstellbaren Riegelverschlüssen und konischen oder geraden Beinverläufen bestimmten

die wesentlichen Gestaltungsschwerpunkte. Eine zusätzliche Richtung innerhalb dieses

Themas war die klassisch Sportliche. Aus der Motor- und Flugsportkleidung der 1930er

Jahre waren moderne kurze Blousons mit breiten Schultern und schmalen Taillen

entstanden, die mit sportiven Details wie Gummizügen, großen Taschen oder Gürteln

versehen wurden. Weite Hosen, Stepperein, Kurzarmhemden mit Schulterklappen sind

einige konkrete Beispiele aus der Richtung. Bevorzugt wurden warme und kühle

Farbigkeiten, Sand und Brauntöne. Warmes Grün und Rot wurden hauptsächlich für

Accessoires eingesetzt. Eine dritte Richtung dieser Linie enthielt klassisch, korrekte,

elegante und komfortable Tageskleidung für Männer. Langgestreckte Anzüge mit

bequemen Hosen hatten ihren Ursprung in der englischen Männermode der

Jahrhundertwende und in der Klassik der 1940 er Jahre. Leicht, sommerliches Kolorit und

Neutralfarben in Leinentönen mit braunem Ocker und roten Effekten bestimmten die

Outfits. Zum Thema Premiere war eine Festtagskleidung für Damen und Heeren gestaltet

worden. Sie wirkte elegant, festlich und sommerlich leicht. Kammgarnmischgewebe mit

50

Glanzeffekten, synthetische Seiden, Cordstoffe, Unis mit Strukturen, Damast- und

Jaquarddesign und feine Rippgestricke fanden ihren Einsatz in Weiß, Naturweiß,

Neutralfarben und wenig Schwarz.

Für Trikotagen waren die Farben Gold zu Violett, Grau und Hellgrün vorgesehen. Bei den

Damen zeigten sich schmale, figurbetonte Kleider aus Maschenstoffen mit querbetonten

Ausschnitten und Schlitzen und bei den Herren dominierten Smokingvarianten, Cardigans

(kragenlose Jacke), neue Spenzerformen(knappes Trachtenjäckchen) und Westen.75

Bei den Frauen sah die Gestaltungstendenz für die Frühjahr/Sommerkollektion 1989

folgendermaßen aus: Die Modelinie sollte in der Gesamtheit differenzierter, vielseitiger,

fantasievoller erscheinen und dennoch in bereits bewährten traditionellen Formen ihren

Ausdruck finden. Die zeitgemäße Umsetzung in traditionellen Formen sollte unterstützt

werden durch moderne Materialien und eine perfekte Schnittführung. Funktion und

Komfort waren Charakteristiken dieser fein verarbeiteten Tageskleidung. Inhaltlich war

sie identisch mit der Herrenkollektion in vier Themen unterteilt: Sommertag entsprach

einer hochsommerlich, sachlich, jugendlichen Freizeit -und Tageskleidung, bei der

schmale Formen zu schwingenden Weiten und schlichten Details standen. Pastelle Grün-

und Gelbtöne sowie Weiß kennzeichneten die Modelle in ihrer tendenziellen

Farbgestaltung. Bevorzuge Materialien waren Leinen, Baumwolle und Frottierqualitäten.

Für die vorgesehenen Oberteile aus Strickwaren waren kühle, lichte Blau -und Grüntöne

zu warmen, sonnigen Gelb -Orangetönen geplant. Eine sportliche Betonung der Modelle

gelang durch den Einsatz von Schwarz, von Naturtönen und Pastelltönen. Bewegte textile

Oberflächen wie Crash, Crincle (Knitterstoffe) oder Baumwollmaterialien betonten die

leichte, sportliche Kleidung mit viel Bewegungsfreiheit durch seine besondere

Materialität, die kontrastreich untereinander kombiniert werden konnte. Fantasievoll,

klassisch und sportlich waren die Modelle des Themas Nordkap, welche aus der Marine -

und Klubmode der 1920 er Jahre entstanden waren. Enzian, Nachtblau, Weiß, Sand und

kräftige klare Sommerfarben wie Rot, Grün, Blau und Gelb beherrschten das farbliche

Stimmungsbild. Baumwollgewebe, Maschenstoffe und beschichtete textile Flächengebilde

für Wettermäntel und –jacken kamen zum Einsatz.

Passend zu diesem Bedarfskomplex wurden Oberteile entworfen, die leger, elegant und

bequem geschnitten waren. Ihre besondere Farbgestaltung fanden die Kleidungsteile in

Marine, Weiß, Beige und Rot als Effektfarbe, wozu intensive Farben wie sattes Violett,

Rot, Grün, Gelb oder ein mittleres Blau ihren Platz fanden. Viele Materialkombinationen

erschienen mit legeren Oberteilen, welche durch hohe Rippabschlüsse gekennzeichnet

waren und mit körpernahen Hosen kombiniert wurden. City stand für eine sachlich,

elegante, komfortable und junge Richtung, die ihren Ausdruck in einer sachlich, strengen

Gestaltung mit perfekter Passform fand. Naturtöne, Schwarz, Grau, Rosè und Gelb waren

die Farberscheinungen dieser Kollektionsteile, die sowohl in synthetischen Seiden als

75 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 24/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

51

auch in Baumwolle und Kammgarnmischgeweben verarbeitet wurden. Sportlich

ausdrucksvoll, von klassisch bis feminin waren die Oberteile, die in Nachtblau, Weiß und

Naturtönen oder Hell- und Dunkelkontrasten wie Schwarz - Weiß bzw. Weiß -Grau-Violett

erschienen. Dezente Glanzeffekte mittels Viskoseseiden oder Chintzstoff schufen

Lichteffekte. Der Einsatz von Flachstrickgeweben ermöglichte ein drunter und drüber

anziehen und führte zu lang gestreckten Silhouetten. Die Tageskleidung für die Damen

war raffiniert, feminin und dezent im Design. Ihre Farbigkeit fand sie in Gelb, Grau

Wollweiß und Violettnuancen. Schmale Formen, schwingende Röcke, großzügige

Ausschnittvarianten, raffinierte Teilungsnähte, Plissierungen, Rüschen und Reihungen

waren typische Details, die aus Baumwollmischgeweben, einer lockeren Maschenware

oder synthetischen Seiden kreiert wurden.

Die festliche Kleidung für Frauen aus dem Themenbereich Premiere fand ihre Basis in der

traditionellen Festkleidung. Ihr differenzierter Materialeinsatz und deren Kombinationen

schufen einen besonderen Ausdruck. Spitzenröcke und -kleider wurden mit Jacken und

Mänteln zusammen geführt und bestimmten das Bild einer femininen, sommerlich,

festlichen Kleidung.76

Abb. 20: Farbkonzeption Frühjahr/Sommer 1989 für Kinder

Für die Kinder führte das Kollektionskonzept bewährte Saisonsortimente mit einer hohen

Funktionalität, ungewöhnlichen Kombinationen, neuen Farbigkeiten in klaren Kontrasten

mit originellen Drucken und Mustermixen weiter. Es teilte sich auf in drei Bereiche:

Sommertag, Tempo und Skandinavien.

76 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 24/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

52

Sommertag stand für eine leichte Freizeit- und Wetterkleidung für alle Altersgruppen, die

sportlich und funktional wirkte. Ihre Farbgestaltung entsprach frischen, leuchtenden

Tönen wie Blau, Rot, Grün, Gelb und Weiß.

Besonders einprägsam waren die Baumwolldrucke in Form von Zahlen, Schriftzügen oder

Buchstaben, die sich auf Single-Jerseys, auf Synthetics oder Folien befanden.

In der Kollektion befanden sich variable Einzelteile beispielsweise sommerliche Blousons,

Parkas; Kutten; Latzhosen, Polo- und Sweatshirts, Miniröcke und Hängekleider. Mit der

Richtung Tempo waren Outfits entstanden, die einer Schul-und Tageskleidung für Jungen

und Mädchen entsprachen.

Der Hauptanteil der Richtung war für die Jahreszeiten Frühjahr und Sommer geplant und

beinhaltete eine klassische und eine Jeans-Richtung. Die Klassische Tageskleidung der

1950er/60er Jahre und der Marinekleidung gaben Anregungen für einen klassisch,

strengen bis fantasievollen, modernen unkonventionellen Bekleidungsstil. Die Modelle

erschienen in tiefem Marineton und Weiß. Leuchtendes Rot kam als Effektfarbe für

Akzentuierungen zum Einsatz. Schmale taillierte Oberteile, schwingende Rockformen,

schmale leichte Hosen und schmale kurze Kleider in klaren Farbkontrasten bestimmten

das Bild dieser Linie. Im Gegensatz dazu war die Jeansrichtung deutlich lockerer und

unbekümmerter. Angeregt von Rock-Pop- und Filmszenen waren unkompliziert zu

kombinierende Jeansteile entwickelt worden, die in Denim-Blau zu Gelb und Rot standen

und durch Effekte in leuchtenden Grünvarianten auftraten. Jeansqualitäten in Unis oder

Streifen kombiniert mit Maschenware in Ringel oder Jacquardmusterung zeigten sich in

hautengen Röhrenhosen, farbigen Aufdrucken oder farbigen Revers. Romantisch, herb

und sommerlich präsentierte sich das Thema Skandinavien.

Inspiriert durch die bäuerliche Kleidung Nord- und Mitteleuropas waren Rüschenröcke,

Stufenröcke und füllige Hosen für Jungen aus leichten Kammgrangeweben, Viskose,

Leinen und Materialien mit Knittereffekten entstanden. Zarte Pastelltöne, gemischte

Blau–, Grün und Violetttöne, Beige oder Braunnuancen prägten diese Outfits bei den

Kindern.77

Die Jugendmode des ersten Halbjahres war bestimmt durch Mehrzweckkleidung aus

variablen Einzelteilen, die experimentierfreudig, kontrastreich und extrem wirkten. Es

wurde sich auf wenige Farben konzentriert und diese in Kontrasten untereinander

kombiniert. Themen wie Atmosphäre, Rallye, Fitness, Erfolg, Fan und Flirt

kennzeichneten das Konzept der Frühjahr/Sommersaison 1989.

Eine hochsommerliche, sportliche und funktionelle Kollektion stellte das Motiv

Atmosphäre dar. Neue Pastelltöne mit Perlmuttglanz, Lachs, Lavendel, Malachit, Hellgrau

zu Weiß sowie transparente oder fluoreszierenden Farben deuteten auf ein sehr sanftes

sphärisches Thema hin. Es konzentrierte sich alles auf die Kontraste, die visuell durch

den Einsatz von glänzenden Synthetics zu stumpfen trockenen Viskose- und

77 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 34/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

53

Baumwollqualitäten erreicht wurden oder durch das Mischen von Popeline, leichten

Singlejerseys, beschichteten oder gelackten Kettgewirken, Folien, gechintzten oder

gecrashten Polyamiden oder Polyesterseiden. Overalls mit Schulterbetonung und großen

Taschen, Parkas, weite Blousons in detailarmer Gestaltung aus transparenten Materialien

waren konkrete Umsetzungen dieses Themas. Die Rallye -Richtung hatte ihren Ursprung

in der Motorrad- und Autosportkleidung und war charakterisiert durch klare intensive

Farben wie Pink, Grün, Azurblau oder Sonnengelb, die miteinander zu Weiß und Grau

sowie zu kräftigen Pastellnuancen standen. Mit Maschenstoffen, Jerseys, Viskosestoffen

in Glanzoptik oder aus derber Popeline waren elastische, eng anliegende Anzüge in

intensiven Farben sowie große weite Sweatshirts und Sweatshirtkleider in Kittel- oder

Hemdform entstanden. Hosen mit vielen Reißverschlüssen, Verriegelungen und anderen

Details verzierten die Modelle und betonten die Dynamik und Sportlichkeit.

Abb. 21: Farbkonzeption Frühjahr/Sommer 1989 für Jugendliche

Fitness entsprach dem sommerlich, sportlich, jungen Thema, worin klare intensive

Farben mit Weiß, Marine oder neuen Pastellfarben standen. Unter regenfester

Wetterkleidung, Blousons oder Parkas mit Gürteln befanden sich schmale Anzüge.

Großzügige Ausschnitte und sparsame Einzelheiten dominierten den Gesamteindruck.

Für die Gruppe Erfolg wurden sachlich, klassisch, unkonventionelle bis sportive Outfits

kreiert, die insbesondere durch eine intensive dunkle Farbigkeit gekennzeichnet waren.

Die Jeans bekamen eine neue Aussagekraft durch helle Pastelltöne oder dunkle

Naturfarben. Bevorzugte Stoffe waren Denim, derbe Baumwollmaterialien, Popeline,

Flachgestricke, Spitzen oder Thermostoffe. Wurde für das Thema Fan eine fantasievolle,

hochwertig, festliche Aussage in Schwarz-Weiß getroffen, entwarfen die Designer und

Designerinnen für den Themenkomplex Flirt hochsommerlich, festliche, ungezwungene

54

Kleidungsteile, die in intensiven Farbigkeiten mit Weiß, kühlen Pastelltönen mit Weiß oder

mit allen Farbigkeiten der bereits genannten Modethemen kombiniert wurden. Typisch für

die Themen waren die kontrastreichen Kombinationen zwischen den unterschiedlichen

textilen Oberflächen oder lagen im Zusammenfügen der Volumen.78

1988 erstellte die Fachtagung für Farbe und Design des Modeinstitutes

Gestaltungsschwerpunkte für die textilen Flächengebilde und hielt fest, dass sich der

Trend zu einem edlen und qualitativen Stil fortsetzte. In der textilen Gestaltung arbeitete

man mit Stoffthemen, um diese überschaubar darstellen und mit Hilfe von Designthemen

(Musterungen) beschreiben zu können. Dabei griffen Stoff- und Designthemen und die

Farbgestaltung ineinander, besonders bei den Druck- und Buntmusterungen.

Stoffthemen waren unter anderem für die Herbst/Winterkollektion 1989: die

Wolligen/Velourigen, die Glatten/Künstlichen und die Effektreichen. Die entsprechenden

Designthemen, welche sich nach Kontrasten darlegten, hießen:

Technik - klar, spannend;

Tradition - klassisch, symmetrisch und

Natur- ursprünglich, lebendig.

In der Farbgestaltung zeigten sich viele farbintensive Töne, die sowohl dem klassischen

als auch dem modernen avantgardistischem Stil gerecht wurden. Die textile Gestaltung

enthielt auf Grund der Vielfalt drei Farbrichtungen, die zum Einen ausdrucksvolle kühle

und warme Rot- und Violettnuancen bis hin zu warmen Brauntönen enthielt, die in

schattierten Farbabstufungen in der ersten Reihe untereinander zu entdecken waren.

Eine zweite Farbrichtung bildeten die Grün- bis Gelbtöne. Die zugeordneten Neutralfarben

bildeten die mittlere senkrechte Reihe, wo sich die farbintensiven Töne befanden sowie

die verhaltenen, tiefen und dunklen Nuancen und die getönten neutralen Basisfarben. In

der dritten Reihe standen die kühlen und warmen Blautöne bis zu den grauanteiligen

Nuancen, einschließlich der Farbe Anthrazit. In Bezug auf die Damen- und

Mädchenbekleidung bedeutete dies den Einsatz von textilen Flächen in Rottönen, die in

warmen und kühlen Nuancierungen bis zu Goldocker und Braun auftauchten. Kühle

Blautöne einschließlich Blaugrün und gelbstichiges Grün sind weitere Farbklänge der

Palette der Saison, deren Kombinationen vorrangig innerhalb einer Farbfamilie

stattfanden oder helle und intensive Töne mit dunklen oder gemischten Farben zu

einander gestellt wurden. Die farbintensiven Töne wurden weiterhin kombiniert mit

Anthrazit oder den Basisfarben. Als Akzent konnten die hellen, leuchtenden pastelligen

Farben aus der vorangegangenen Frühjahr/Sommerkollektion benutzt werden.

Wird der Gesamtfarbspiegel nach Farbsättigung und -intensität sowie Helligkeit

systematisiert, ergeben sich fünf Farbgruppen: die Gruppe der dynamischen Farben mit

hohem Sättigungsgrad, zum Beispiel Rotbuche, Granat, Enzian oder Planet, die 78 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 24/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

55

tiefdunklen Töne als Weiterführung der „Schattenfarben“ wie Marone, Holunder oder

Schwarztulpe. Drittens, die zurückhaltenden Mischfarben mittlerer Helligkeit für einen

ausgedehnten Anwendungsbereich wie beispielsweise Stein, Kokos, Sandel, Herbstaster

oder Horizont. Lichte transparente Basisfarben, bekannt aus der vorherigen Saison

waren: Naturweiß, Ton, Muschel oder Saphir als Viertes und in der letzten Gruppe die

frischen intensiven Töne für die Betonungen, zum Beispiel: Weide, Bernstein, Himbeere

oder Rittersporn.

Für die Männer- und Jungenbekleidung sollten vermehrt intensive Farben für Trikotagen,

den Freizeitbereich und als Akzentuierung in der Buntmusterung zum Einsatz kommen.

Basisfarben in hellen und dunklen Varianten, bewegten sich innerhalb einer Farbreihe

zwischen wärmeren und kälteren Nuancen. Die Basisfarben wurden mit starken

Aktivfarben binnen einer Farbrichtung zusammengestellt. Die Farbgestaltung der textilen

Flächengebilde der Kinderkollektion wurde aus den leuchtend frischen Farben des

Sommers 1989 weitergeführt und wirkte besonders dynamisch durch Drucke und

Buntmusterungen. Der Kinderoberbekleidungsfarbspiegel wurde nach drei stark

voneinander sich abgrenzenden Farbgruppen erstellt in dessen Mittelpunkt eine Reihe

leuchtender, frischer Farben stand. Hier befanden sich die intensivsten Töne der

gesamten Farbpalette, einschließlich des Tons Forsythie.

Neben diesen Farben befand sich eine Gruppe heller Basisfarben, die sich etwas bunter

als in der vorherigen Saison zeigte und eine Gruppe warmer brauner Töne und eine

kühlere von Blau bis Grau bestimmte Einheit.

Aus leuchtenden, satten bis hin zu dunklen tiefen Tönen bestand die dritte Gruppe. Sie

enthielt die tiefen Rot - und Brauntöne, die kühlen und wärmeren Blau bis Violettnuancen

und Anthrazit.79

Abb. 22: Modethema Sommertag für Junge Leute und Kinder, Frühjahr/Sommer 1989

Das Gestaltungskonzept der Damenoberbekleidung der Herbst/Wintersaison 1989 lebte

von einer Vielzahl von Richtungen und Eindrücken der klassischen, sportlich -femininen

Variationen. Traditionelle Formen wurden zeitgemäß umgesetzt und fanden

Verbindungen zwischen romantisch und modern. Entlehnungen an vergangene

79 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 34/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

56

Jahrzehnte mit High-Tech-Aspekten, Eleganz und Sportlichkeit sowie individueller

Lässigkeit betonten den Ausdruck einer neuen modischen Vielfalt.

Die Modeentwicklung führte zu einem edlen und qualitativen Stil mit zunehmendem

Anspruch an schmückende Details, Effekten und Accessoires. Die Sortimente waren

untereinander kombinierbar und zeigten eine Tendenz zu einer differenzierten

körpernahen Silhouette. Es entstanden legere, bequeme Modelle, bei denen Taille und

Schulter betont wurden. Die entworfenen Modethemen hießen Kontrast, Rhythmus,

Harmonie und Brillanz. An Sportswear angelehnt und mit klassischen Elementen

verbunden, funktionell und bequem präsentierte sich Kontrast für die tendenzielle

Damenbekleidung. Basis waren die Flug- und Motorradsportbekleidung, Skikleidung der

1930er und 1950er Jahre sowie das Design mittelamerikanischer, indigener Völker und

das der asiatischen Kleidung. Favorisierte Farben stellten Weiß, Natur, Schwarz, Oliv,

Weide, Billard und Schwarzbraun dar sowie die mit aktivem Kolorit wie Blau, Blaugrün bis

Erbsengrün akzentuierten Töne. Trikotagen wie beispielsweise lange, schmale Pullover

oder Minikleider dieses Arbeitsthemas präsentierten sich in den Basisfarben: Schwarz-

Weiß und in verschiedenen Grün- und Blautönen. Violett und Altmessing fanden

gestalterische Verwendung für starke Effekte und Kontraste.

In sportlichen Jacken und Mänteln, Hosenanzügen, schwingenden Röcken oder

zweiteiligen Kleidern kamen Materialien wie Baumwollmischgewebe,

Streichgarnqualitäten, Kord, Jerseys, Leder, Pelze und Synthetics mit folkloristischen

Designs zur Anwendung. Rhythmus zeigte eine junge, progressive, kokette

Tageskleidung, deren Inspiration in der Couturemode der 1960er/70er Jahre zu finden

war. Textile Flächen in Wollweiß, in Pastell, in lichtem Braun oder Ocker, kühlem Rot oder

dunklem Braun aus Streichgarn- und Jerseyqualitäten oder Cord bestimmten das visuelle

Erscheinungsbild des Sortiments. Formenspiele mit ruhiger, zurückhaltender Gestaltung

in kniekurzen Mänteln mit dekorativen Kragenlösungen, schwingende

A-Silhouetten und schmale körpernahe Teile im Empirestil dominierten diese

Tageskleidung. Aus der traditionellen Klassik der 1930er und 1940er Jahre und angeregt

durch Kollektionen von asiatischen Designern entwarfen die Gestalter und Gestalterinnen

des Modeinstitutes der DDR die Richtung Harmonie. Die Tageskleidung entsprach einer

klassisch, eleganten, anspruchsvollen und war durch moderne Sportkleidung und

Interpretationen der Romantik beeinflusst.

Sie zeigte sich in Blau- und Brauntönen, Schwarz, wenig Wollweiß und in kühlem Rot.

Kammgarne, Streichgarne, Jersey, Pelze, Velours, Seiden oder Leder wurden für die

Umsetzung von Kostümen mit kurzen Röcken, schmalen Hosenanzügen, Kombinationen

aus langen schmalen Jacken zu schmalen Strickoberteilen und Pantalons/Leggins

eingeplant.

57

Repräsentative Festtagskleidung in elegantem, festlichem Ausdruck bestimmte die

Richtung Brillanz, die in Rot, Grün, Blau, Gold oder Schwarz erschien. Verwendet wurden

synthetische Seiden, Lurex, Spitzen und reich ornamentale Jacquards.

Kleider und Blusen mit dekorativen Ärmelvarianten, Jacken in kurzen, kastigen Formen,

welche mit schmalen Hosen getragen werden konnten, vervollständigten das Thema.

Komplettiert wurde es erst durch die entworfenen Trikotagen, die vorrangig in Schwarz

mit Gold entstanden waren. Deren Effekte wurden mit leuchtendem Blau, Grün oder

Violett gesetzt. Glatte, seidige, matt glänzende Materialien mit Metalleffekten, Spitzen

oder Gestricken bestimmten die Modelle in ihrer Materialität.80

Bei den Herren wurde eine Tendenz zum kreativeren Umgang mit differenzierten Stilen,

wie beispielsweise Klassik und Sportswear, beobachtet. Aus diesem Grund wurden

lässige, funktionale und kombinierbare Bekleidungsstücke mit elegantem

Erscheinungsbild und verhaltenem Usedlook mit funktionellen Gestaltungsdetails

entworfen. Die Modethemen waren wie bei den Frauen unterteilt.

Die Flug- und Motorsportkleidung der 1930er Jahre sowie Wintersportkleidung waren die

Grundlage für die Entwürfe für das Kontrast-Thema bei den Männern. In Schwarz, Grau,

Braun, Grün oder Wollweiß entstanden sportive, bequeme Kleidungsstücke mit

klassischen Elementen. Aktuelle Formen waren Funktionsjacken in bequemer Weite mit

sportlichen Besonderheiten, längere Blousons, legere Sakkovarianten in gemäßigter

Y-Silhouette oder Westover mit kleinen ethnischen Motiven und auf gestickten Labeln.

Dabei kamen Materialien wie Baumwolle, Kord in unterschiedlichen Rippbreiten,

Streichgarne, Pelze oder synthetische Fasern zur Verwendung. In der Richtung Rhythmus

befand sich eine junge, progressive, klassische Tageskleidung für die Herren, die in

Braun- und Blautönen oder in Pastell entstanden waren. Neue Silhouetten und

Proportionen wurden deutlich. Hoch gesetzte Taillen, kurze steigende oder fallende

Reverse; Hosen mit geraden oder konisch verlaufenden Schnittführungen aus Baumwolle,

feinfädigen Kamm- oder Streichgarnen visualisierten die Modelle. Inspiration für das

Motiv Harmonie war die Klassik der 1930er bis 1950er Jahre, deren Einfluss sich auf die

neuen Umsetzungen einer klassisch, eleganten, anspruchsvollen Bekleidung auswirkte.

Ihr Farbdesign gestaltete sich in kühlen und warmen Blau- und Brauntönen auch mit

grauanteiligen Nuancierungen. Schwarz, Wollweiß oder kühles Rot wurden für die

Akzentsetzung eingesetzt.

Elegant, festlich, ausdrucksvoll und jung zeigte sich das Thema Brillanz. Anzüge,

Kombinationen und Hemden in bekannten Silhouetten und Formen mit sparsamen Details

erschienen in dunklen ausgewogenen Farbnuancen, wie dunklem Blau und Grün oder in

Anthrazit. Verwendung fanden synthetische Seiden, glatte und gemusterte Samte oder

matt glänzende, klein strukturierte Kammgarngewebe.81

80 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 33/89, ML 37/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 81 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 33/89, ML 37/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

58

Die Gestaltungstendenzen für die saisonale Jugendmode 1989 konzentrierten sich

zunehmend auf die Farben und Materialien. Die Jugendmode sollte unverwechselbar sein

und einer Mode zum Abgrenzen entsprechen.

Mehr und mehr gingen die Anregungen von neuen textilen Flächen und deren Design aus.

Es gab Jeanswear - und Sportswearsortimente, die von betonten Schultern mit

Polsterungen, durch differenzierte Silhouetten und Längen oder enge Taillen

charakterisiert waren. Vertreten waren drei Modethemen: Funktion, Produkt und Technik.

Im ersten Bereich wurden, angeregt durch Uniformen und Sport- und Berufsbekleidung,

zwei Angebotsprogramme mit nahezu zeitlosem Ausdruck entwickelt. Erstens das

Programm Winterthermos, welches betont sportliche, robuste, herbe und funktionale

Kleidung in vorwiegend kühlen Grün- und Blautönen enthielt. Wollige, warme textile

Streich -und Kammgarnflächen, Baumwolle, Cord, Plüsche oder Pelze bestimmten die

Materialität der geräumigen Parkas und Jacken, der Fliegerhosen, der Stepp- und

Miniröcke, der voluminösen Pullover und Minikleider, die mit grobem Schuhwerk

kombiniert werden konnten. Das zweite Programm, der Trachten Jeans, beinhaltete neue

ungezwungene Formen der Jeanswear, die sich mit Elementen des Trachtenstils

verbanden. Jeansstoffe, derbe Baumwollstrukturen oder Baumwollcrash in Indigo und

anderen Blaunuancen kamen durch Auswaschungen gestalterisch zur Geltung. Von

Parkas bis Sakkos, Windbreaker und knapp taillierte Jacken, Reverse mit Trachtendetails,

bis Hosenträger oder Volantblusen reichte die Vielfalt der Detaillösungen. Im Modethema

Produkt, deren Ursprung in Stilrichtungen der 1920/30er und 1950er Jahre lag, wurden

traditionelle Erzeugnisse der Maßschneiderei mit unkonventionellen Technologien

hergestellt und in zwei Programmen angeboten: Erstens:

Winter-Streichgarn, im Ausdruck sportlich, sachlich bis klassisch. Deren Farbigkeiten

kennzeichneten Schwarz und Grau sowie aktive Rot- Gelbtöne oder Orange- bis

Pinktönen. Hauptsächlich wurden für die Modelle voluminöse Loden,

Streichgarnmischgewebe oder Flauschqualitäten verwendet. Black Denim, das zweite

Programm, fand seine Kennzeichnung in den klassischen Kleidungsteilen sowie

traditionellen Jeansformen mit neuen Details und interessanten Abfütterungen, die

untereinander leger kombinierbar waren. Robuste Details, großzügige Mäntel, lässige

Parkas, Kittelhemden, schmale und weite Westen in Schwarz mit Graunuancen

bestimmten dieses Angebot. Das Thema Technik war geprägt durch Elemente des

Umgangs mit moderner Technik, sowie durch Bekleidung des Ski- und Einskunstlaufens.

Es führte zwei Angebotsprogramme, die Winter-Kombinationen und Batik. Zum

Erstgenannten zählten derbe Strickblousons und winterliche Außentrikotagen, die

zusammen mit Einzelteilen, wie schmalen Kleidern oder schmalen und weiten Röcken

getragen wurden. Senf- und Goldtöne zu Schwarz unterstützen den sportlichen Ausdruck

mit femininem Touch. Im Batik-Programm befanden sich junge, ungewöhnliche und

festliche Stücke, die unter anderem in Kupfer- und Senftönen zu Schwarz mit

59

Batikeffekten entworfen worden waren. Kleidungsstücke in stark körperbetonten

Silhouetten, beispielsweise schmale Miniröcke oder schwingende Glockenröcke oder

lässig Hemdjacken prägten diese Richtung.82

Modisch aktuell war die Kindermode für die zweite Hälfte des Jahres 1989 durch die

bewährten Grundformen, interessante Details, Accessoires und deren Farbigkeit.

Letzteres betonte vor allen Dingen das Sportswearprogramm der Kinderbekleidung. Die

Farben standen in gleichem Grad zueinander bis hin zu starken Gegenpolen.

Die empfohlenen Silhouetten gewährleisteten Bequemlichkeit, Funktionalität und gaben

Bewegungsfreiheiten. Bildnerische Arbeitsthemen der Saison hießen Tempo und

Skandinavien. Im Thema Tempo befand sich Wintersport- und Tageskleidung für alle

Altersgruppen, die sachlich, sportlich und funktional auftrat in klaren, intensiven Farben

gleicher Tonwerte oder in Hell/Dunkelfarbrichtungen. Effekte wurden durch Neonfarben

gesetzt. Bevorzugte Materialien waren synthetische Fasern glänzend oder matt,

gesteppte Thermostoffe, Baumwollgewebe und Baumwollmischgewebe. Sie fanden

Anwendung in Anoraks, Schnee- und Pistenanzügen, Jeanskleidung, Thermomänteln und

Parkern, Blazern oder Kastenjacken, Hosen in Karotten- und Röhrenformen und

sportlichen Kleidern. Für Skandinavien, der Tages- und Freizeitkleidung, entstand ein

romantischer, herber, rustikaler, betont herbstlicher und winterlicher Ausdruck. Quellen

für diese Anregungen gaben Skandinavien, Lappland oder das irische Hochland, an denen

sich die Farbgebungen orientierten, die von frostigem Pastell über herbe Naturtöne von

Wollweiß bis Rost oder Marine verliefen. Spielerisch wurden Einzelteile in

unterschiedlichen Materialien, Längen und Volumen miteinander kombiniert. Dabei

kamen gewaschener Cord, Buntgewebe, geschmirgelte Baumwollmischgewebe,

Hemdenflanelle und Thermostoffe zum Einsatz.83

Abb. 23: Modethemen Brillanz und Rhythmus der Damenmode Herbst/Winter 1989

82 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 33/89, ML 37/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 83 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 33/89, ML 37/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

60

5.6 Konzeption und Realität

Die beschriebenen Konzeptionen für Farbe und Design der 1980er Jahre wurden laut Unterlagen des

Modeinstitutes der DDR in die Textilbetriebe zur Umsetzung weitergeleitet.

Hier entstanden aus den eingefärbten textilen Naturfasern oder Chemiefasern in der festgelegten Farbgebung der

saisonalen Farbtendenzkarte textile Flächen, wie Strickgewirke oder gewebte Flächen. Die erstellten farbigen

Flächengebilde wurden im nächsten Schritt in die weiterverarbeitende Bekleidungsproduktion gegeben und

sollten zu den Kollektionen verarbeitet werden, wie sie die Konzeptionen des Modeinstitutes der DDR

vorgesehen hatten.

Heute stellt sich die Frage, wieso der Eindruck entstand, dass die Farben vordergründig dunkel oder grau

nuanciert in Erinnerung geblieben sind?

Die Frage ist aus der heutigen Sicht schwer zu beantworten. Denn laut den vorhandenen produzierten

Stoffmustern, die in großen Stückzahlen in den Unterlagen des Modeinstitutes der DDR vorzufinden sind, ist es

eine Überraschung, wie vielfältig und farbenreich die textilen Angebote waren. Besonders im Bereich der

kräftigen, klaren Töne und im unbunten Bereich war es gut gelungen, die Farbnuancen herzustellen. Teilweise

kam es zu minimalen Abweichungen im Bereich der Feinnuancierungen. Obwohl ein qualitativ hohes Niveau in

der chemischen Textilfaserindustrie zu verzeichnen war, gab es dennoch Grenzen bei der Herstellung farbiger

Gewebe und Mischgewebe. Ursachen dafür lagen weniger bei den Einfärbungen durch Pigmente, da diese durch

die VEB in Bitterfeld und Wolfen gewährleistet worden waren, sondern vor allem in der Herstellung der

Chemiefasern. Die chemischen Verbindungen ließen es teilweise nur begrenzt zu, dass die gewünschten

Farbtöne entstanden. Minimale Abweichungen mussten akzeptiert werden.

Und doch war es so, dass die Menschen mit den im Handel vorzufindenden Sortimenten in den 1980er Jahren

nicht zufrieden waren. Dies lag weniger an den Farben als an anderen Faktoren, die an dieser Stelle erwähnt

werden sollen. Die starke Konzentration auf den Export in die damalige Sowjetunion und das westliche Ausland

spielten eine wesentliche Rolle. Ca. 80% der Bekleidungsproduktion waren davon betroffen. 84

Dies bedeutete, dass im Binnenhandel nur noch Restsortimente oder weniger gut verkäufliche Exportware

vorzufinden waren. Gleichzeitig waren die viel verbreiteten mangelnden Materialqualitäten und das

wegrationalisierte Design Gründe, die ihre Auswirkungen auf die Verkaufssituation und das Erscheinungsbild

auf der Strasse hatten. Ein anderer Aspekt, der nicht vergessen werden darf, waren die regionalen

Angebotssituationen. Großstädte, Kleinstädte und Dörfer unterschieden sich erheblich in ihrem Angebot textiler

Flächenware und Kleidungssortimenten.

In der Untersuchung der Farbwahrnehmung anhand der ausgeführten Modekollektionen muss ebenfalls auf die

differente Zielgruppengestaltung hingewiesen werden. Im Vergleich zu den Frauen und Kindern war die

Bekleidung der Männer in großem Maße in gedeckten Farben zu beobachten. Auf Grund des klassischen,

seriösen Erscheinungsbildes wurden im Herrenbekleidungsbereich hauptsächlich abgedunkelte Farben im

Anzug- und Jackenbereich angeboten. Hemden und Trikotagen waren dagegen in frischen Farbtönen zu sehen.

Für die Darstellung der Kollektionen in den Printmedien der DDR mussten zum größten Teil Schwarz-Weiß-

Fotografien verwendet werden, so dass Textilien als farblos wahrgenommen werden mussten. Aus

ökonomischen Gründen waren in den Modemagazinen wenige Farbabbildungen zu sehen.

84 Melis, Berlin, 1998, S. 58.

61

Eventuell muss das Waschmittel Erwähnung finden, welches die Farbbrillanz beeinträchtigte. Jene, zum Beispiel

„Spee“ oder „FeWa“, waren jedoch im heutigen Vergleich eher milde Waschmittel, die nur einen geringen

Anteil an Bleichmitteln bzw. Aufhellern beinhalteten und dazu führten, dass die Farben verblichen in

Erscheinung traten.

Letztendlich ist es aus heutiger Sicht schwierig zu belegen, wie auf der Strasse die Farbwahrnehmung stattfand

und von welchen Faktoren des Alltags- bzw. Lebensgefühls sie beeinflusst wurde.

Gesammelte Stoffmuster veranschaulichen was die Textilproduktion tatsächlich produziert hatte. Allerdings

stellen sie nur einen begrenzten Teil des gesamten farbigen Textilangebotes der DDR dar.

Dagegen konnten die Farbkonzeptionen des Modeinstitutes der DDR als konkrete Anhaltspunkte verstanden

werden. An Ihnen ließen sich die Farbtendenzen der 1980er Jahre sehr gut untersuchen und darlegen. Aus

diesem Grund bildeten sie die Basis des Untersuchungsmaterials. Um prüfen zu können inwieweit Konzeption

und Ausführung übereinstimmten, wurden Farbkarten erstellt. Mit dessen Hilfe war es zum Einen möglich,

lückenlos darzulegen welche Farbwerte die Konzeption des Modeinstitutes der DDR für die Umsetzung

vorgesehen hatte. Andererseits ermöglichten sie den direkten Vergleich mit den textilen Mustern.

Die erstellten Farbkarten stellen ein Dokumentationsmaterial dar und dienen der heutigen Orientierung bei

Farbfragestellungen in Bezug auf Textilien und Mode. Die DDR-Farbtendenzen der 1980er Jahre werden nach

30Jahren durch die neu erstellten Farbkarten wieder sichtbar.

Inwieweit ein internationaler Vergleich der Farbkonzepte möglich ist, zeigt das anschließende Kapitel.

Abb. 24: Darstellungen aus dem Magazin „Modische Maschen“ 4/1979, 1/87, 4/85

6. Vergleich des internationalen Trend mit den DDR-Modefarben

n dem Beispieljahr 1980 sollen an dieser Stelle die Modefarben der DDR mit den internationalen Farbgebungen

systematisch verglichen werden. Grundlage hierfür bilden die Farbkonzeptionen des entsprechenden Jahrganges

und die Intercolor- Farbkarte.

In den Jahren 1978 und 1979 wurden durch die internationale Studienkommission für Mode- und Textilfarben

„Intercolor“ die jeweiligen Ergebnisse für die Saisonhalbjahre 1980 beschrieben und visualisiert. Der Intercolor-

Kongress erstellte für das erste Halbjahr, der Frühjahr/Sommersaison, folgende farblichen Grundlagen, die für

62

die weitere Erzeugnisentwicklung in den jeweiligen Ländern entscheidenden Einfluss hatten. Zu erwähnen ist,

dass jedes Land die Möglichkeit hatte, die Karte auf Grund eigener länderspezifischer Besonderheiten zu

verändern oder zu variieren.

In folgenden farblichen Hauptrichtungen stimmten die Mitgliedsländer der Tagung hinsichtlich der zu

erwartenden Modeentwicklungen überein:

Verhaltende, leicht graustichige Nuancen und ausdrucksstarke, dunkle Farben behielten auch in der

Frühjahr/Sommersaison ihre Bedeutung. Daneben standen lebendige, lichte, frische, kräftige Töne, die eine hohe

Allgemeingültigkeit besaßen. Diese Tendenzen stimmten einerseits mit der klassisch eleganten Idee überein,

andererseits wurde im Farbentwurf die Entwicklung zur unkomplizierten, teilweise grell-attraktiven jungen Mode berücksichtigt. Alle Töne waren untereinander kombinierbar. Die neuen Kombinationen ergaben

spannungsvolle Akzentuierungen, die dem Leitthema Konfetti entsprachen. Die geordneten Farbfamilien sollten

Gelb mit Orange, Grün mit Schilf, Rot mit Bordeaux, Blau mit Lavendel, Beige mit Braun und Türkis

beinhalten. Im Farbcharakter waren drei Schwerpunkte zu erkennen; die kräftigen, frischen Farben deren

Anregung aus den Hollywoodfilmen der 1940er Jahre oder aus der Disco stammten, die hellen bis mittleren

Farben, die oft grau getönt waren, dessen Inspirationsquelle die Malerei des französischen Impressionisten

Cezanne war und die satten, dunklen Töne. Alle können mit Weiß oder Schwarz kombiniert werden.

Für das zweite Halbjahr 1980 legte die Tagung folgende Farbtendenzen und Übereinstimmungen fest: in der

Damenmode hatte die zunehmende Bedeutung der Eleganz Auswirkungen auf die weitere Farbentwicklung und

ließ die allgemeine Farbauffassung anspruchsvoller und raffinierter erscheinen. Neben der eleganten

Farbrichtung standen die intensiveren Farbtöne und zusätzlich, je nach länderbezogener Verbraucher- und

Zielgruppensituation, die unkomplizierten, breitenwirksamen Kolorits. Die Gesamtkonzeption für die Saison

stand unter dem Thema Fresko und beinhaltete

„ausgewogene, harmonische Farben einer mittleren Helligkeit bei Einbeziehung heller, lichter sowie neutraler,

dunkler Töne.“85 Mittelalterliche Fresken, Gemälde der frühen Renaissance Italiens und die alten holländischen

Meister des 17. Jahrhunderts bildeten die Anregungen für die Farblinie. In ihr wurden zwei Farbrichtungen mit

je neun Farben in wechselnder Bildabfolge strukturiert. Die einzelnen Farben wurden je nach ihrem Ausdruck

harmonisch zueinander gestellt. In der einen Gruppe befanden sich die kühlen Farben, bestehend aus

Beige-Grün-Blau-Tönen und die andere Einheit mit den warmen Tönen, wie Rosè, Orange, Zimt, Braun und

Grau. Beide Gruppen enthielten als wichtigste Farben die mittleren Farben sowie

„helle, volle, sanfte Farben und dunkle Farben als neutrale Basis“.86 Die Farbverbindungen zeigten keine harten

Kontraste, sondern erschienen verfeinert, raffiniert mit weichen Übergängen zwischen den Hell-

Dunkeltönungen.87

Die Farbtendenzkarte des Modeinstitutes legte im Verhältnis dazu für das erste Halbjahr des Jahres 1980 ihren

charakteristischen Farbausdruck durch Farbtöne mittlerer Helligkeit mit naturhafter, neutraler Erscheinung und

großer Allgemeingültigkeit fest. Drei Farbrichtungen waren bestimmend: Die Natur- und Neutralfarben- kühle

und warme im Vordergrund stehenden feinen Nuancen, Intensivfarben - feine Kolorits von mittlerer Helligkeit

und die modebestimmten Farben in zarten betont kühlen Pastellfarbgebungen.

85 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Protokoll der Tagung Intercolor 1979 in Paris, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 86 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Protokoll der Tagung Intercolor 1979 in Paris, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 87 Vgl. Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Protokolle der Tagung Intercolor 1978 und 1979 in Paris, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

63

Kontrastreiche Farbverbindungen und Verbindungen mit Intensivfarben sowie Neutraltönen, wie Weiß, Schwarz

und Grau bestimmten einerseits das mögliche Zusammenspiel der Farben. Andererseits waren es die

unkonventionellen und vielfarbigen Kombinationen sowie die klassisch, eleganten Ton in Ton Verbindungen

zwischen Natur - und Neutralfarben.

Im zweiten Halbjahr 1980 wirkten die Farben im Gegensatz zum Vorhalbjahr gedämpfter. Kennzeichnend waren

warme Grün-, Braun- und Rotnuancen ergänzt mit kühlen Blau- Rosèkolorierungen. Die Farbtöne mittlerer

Helligkeit bestimmten die Farbpalette und wurden durch Grau und Schwarz vervollständigt.

Abb. 25: Intercolortendenzfarbkarte 1980

Abb. 26: Farbtendenzkarte des Modeinstitutes der DDR für 1980

64

Laut der Protokolle des Expertentreffens „Intercolor“ von 1978 und 1979 zeigten die saisonalen

Farbkonzeptionen des Modeinstitutes der DDR in den vorbereiteten Vorschlägen Gleichförmigkeiten in den

Haupttendenzen. 88

Unter Berücksichtigung der thematischen Schwerpunktsetzungen mussten für die Frühjahr/Sommertendenz

Änderungen bei den Rottönen vorgenommen werden. Klare; leuchtende Rotnuancen sollten eingesetzt und in der

Herbst/ Winterfarbgestaltung sollten farbintensive Effektfarben verwendet werden.

In der Gegenüberstellung ergibt sich, dass beide Karten identisch sind, sowohl in ihrem Aufbau als in den

Einzelfarben. Beide Farbkarten sind in einer gleichen Reihenfolge und Ordnung gestaltet und zeigen einheitliche

Farbigkeiten ohne wesentliche Abweichungen.

Aus Sicht der Vertreterin des Modeinstitutes wird abschließend in einem Reisebericht festgehalten, welche

Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der länderbezogenen Tendenzfarbkarte und der Intercolor

Farbkarte bestanden:

„Der Vergleich der DDR-Farbkarte zur vorliegenden Farbkarte von Intercolor zeigt eine weitreichende

Übereinstimmung. Sowohl der typische Charakter der Farbgebung als auch der Einzelfarbtöne sind im

Wesentlichen enthalten. (…) Hinsichtlich der Besonderheiten einzelner Märkte des NSW ist auf die Bedeutung

kräftiger, greller Nuancen zu achten (z.B. bei Orange, Grasgrün, Pinkrosa).“89

Die wesentliche Aufgabe der Treffen der nichtstaatlichen Kommission „Intercolor“ lag folgerichtig darin, die

Haupttendenzen zu erarbeiten und sich weniger mit graduellen Unterschieden in den Nuancen einzelner Farben

auseinander zu setzen.

Interessanterweise geht aus dem Reisebericht vom Treffen am 01.August 1980 hervor, dass auf Grund

allgemeiner ökonomischer Situationen in den Ländern die Farben so zu konzipieren seien, dass sie verkaufsfähig

sein sollten und Allgemeingültigkeit besaßen. Sie sollten einer langlebigen, kontinuierlichen Modeentwicklung

Rechnung tragen.

„Es ist zu bemerken, dass mehrere Teilnehmer zu dem Entschluss gekommen sind, aus wirtschaftlichen Gründen

ihre Farbkarten im Vergleich zum Vorjahre nur wenig abzuändern.“90

Diese Aussage verdeutlicht unter anderem, dass es offensichtlich auch jenseits der DDR-Grenzen wirtschaftliche

Situationen gab, die zu Einschränkungen führten, auf die reagiert werden musste. Leider geht aus den

Aufzeichnungen nicht hervor, welche Länder dies konkret betraf.

7. Farbe in der medialen Repräsentation

In den Medien der DDR konnten zwei wesentliche Richtungen beobachtet werden, die verfolgt wurden, um den

Menschen das sozialistische Bekleidungsverhalten näher zu bringen. Zum einen wurde auf die ästhetische

Bildung eingegangen, bei der es beispielsweise um eine Stilberatung oder die Zusammenstellung von

Farbkombinationen ging. Zum anderen wurde aktiv auf die Bedürfnisbildung der Menschen Einfluss genommen,

welche zweckmäßige Kleidung mit langlebigen Eigenschaften wünschen und erwerben sollte.

88 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Information zur Tagung im Februar 1979. 89 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Information zur Tagung vom 26.7.-29.7.1978 in Paris, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 90 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Protokoll der Tagung Intercolor 1980 in Paris, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

65

Zeitweise mussten beispielsweise Chemiefasern für attraktiv erklärt werden, weil die Baumwollpreise weltweit

gestiegen waren. Als Folge daraus wurden preiswerte Fasern wie Dederon, Präsent 20, Wolpryla oder Grisuten

als alternative hochwertige Materialien mit mehr Qualität und Farbigkeit angepriesen.

Abb. 27: Darstellungen aus dem Magazin „Modische Maschen“ 3/1983, 1/1985

Neben Ausstellungen, Modenschauen auf Messen oder Fernsehbeiträgen waren es vor allen Dingen die

Printmedien, die die Idee einer sozialistischen Bekleidungskultur repräsentierten. Modeseiten in Illustrierten

(z.B. „Für Dich“) und Zeitungen („Junge Welt“) sowie in Modejournalen wie „Saison“, „Pramo“, „Modische

Maschen“ oder der „Sibylle“, gaben modische Tipps oder stellten Schnittmusterbögen zum Vervielfältigen der

Modelle bereit. Besonders das letztgenannte Journal war ständig ausverkauft und verfolgte den Anspruch, mittels

herausragender Fotografien ein ganz besonderes Lebensgefühl über die bildliche Darstellung von Mode zu

vermitteln und war daran interessiert „eigene Vorstellungen von Kunst und Kultur durchzusetzen.“91

Um belegbar zu machen, dass Farbe in der DDR-Mode ein nicht weg zu denkender Faktor war, und um

aufzuzeigen, in welchen Farbigkeiten die Modelle tatsächlich realisiert wurden, soll eine der beliebtesten

Modezeitschriften der DDR, die „Sibylle“ - Zeitschrift für Mode und Kultur, als Untersuchungsmedium kurz

beschrieben werden.

Sie beinhaltete neben den Schwarz-Weißfotografien einen großen Anteil an farbigen Abbildungen und

ermöglichte so den Vergleich zwischen theoretischer Trendsetzung und Realisierung der Modelinien in den

1980er Jahren.

Nicht erst in den 1980er Jahren war die „Sibylle“ eine der Modezeitschriften der DDR, die in ihrer bildlichen

Illustration realistische, schöne und schlichte Mode zeigte. Bereits seit 1956 wurde diese intelligente

Frauenzeitschrift, herausgegeben vom Deutschen Modeinstitut in Berlin, im Verlag der Frau mit literarisch

kühnen Beiträgen, Buchempfehlungen, Reiseberichten, Künstlerinterviews oder Tipps zur Innengestaltung von

Wohnungen verlegt. Dieses Journal wollte anders sein als biedere Modemagazine. Es verweigerte sich der

Gleichmacherei und bestach durch Schlichtheit und Glamour zugleich.

91 Melis, Berlin, 1998, S. 48.

66

Ziel der Redaktion war es, Schönheit als Bestandteil der Kultur und eines bestimmten Lebensgefühls an Hand

der Mode aufzuspüren, widerzuspiegeln und sich dazu zu bekennen.

Das Bemühen der Redaktion bestand nicht nur in der Vermittlung von Kultur, sondern galt einer Zeitschrift, wo

„aber auch Kultur entstand. Layout, Fotografie, Grafik und das gesamte Konzept waren darauf ausgerichtet, eher

Bildung, Haltungen, Auffassungen und menschliche Beziehungen zu vermitteln, als nur konkrete

Modeinformationen in den Mittelpunkt zu stellen.“92 Die ehemalige Redakteurin Dorothea Melis sagte im

Nachhinein: „Wir hatten nicht den Anspruch, Kunst zu schaffen, wir wollten lediglich den Alltag angenehmer

machen und eine unangestrengte Beziehung zu Mode herstellen.“93

Die Redakteurin hatte bereits Ende der 1970er Jahre die Chefredaktion auf Grund der kleinbürgerlichen Kritik

der Kontrollorgane an Details verlassen. Oftmals mussten zu dynamische Darstellungen, Rocklängen oder

Mundwinkel korrigiert werden.

Heiterkeit und Optimismus waren wichtige Grundsätze bei der Darstellung der Modelinien der DDR. Daneben

spielten auch die Farben eine wichtige Rolle. Grau und Schwarz waren unerwünschte Farbgebungen. „Lustig

bunte Farben und Muster waren gewünscht, um die Anstrengungen des Alltags vergessen zu lassen.94

Es war durch bekannte Fotografen, wie Arno Fischer, Ute und Werner Mahler, Sybille Bergemann, Roger Melis,

Rudolf Schäfer, Günter Rössler und später durch Steffi Graenitz oder Sven Marquardt gelungen, prägnante,

bildhafte Formen zur Vermittlung von Gegenentwürfen, verbunden mit einem spezifischen Lebensgefühl, zur

Anschauung zu bringen. Die „Sibylle“ druckte Träume und Sehnsüchte nach Schönheit und Wohlstand im

sozialistischen Sinne ab. Mitten in Berlin, in Leipzig oder vor den Kulissen einer Industrieanlage in Bitterfeld

standen die Fotomodelle. Durch den Verzicht auf falschen Glanz und auf das kurzlebige Modische zugunsten

des Modernen wirkte sie einfach anders. Statt Nobelkollektionen wurden schlichte

Industrieanleitungskollektionen visualisiert für Frauen, die selbstbewusst, frei und berufstätig waren. Man

versuchte sich von alten Klischees zu lösen und „die Mode entsprechend den gesellschaftlichen Verhältnissen

und den angestrebten Idealen von Schönheit und Klugheit erfassbar und vernünftig darzustellen. Dafür gab es

keine Vorbilder.“95

Neben den Angebotsmodellen der Konfektionsindustrie wurden in der Zeitschrift Trendmodelle gezeigt, die sich

nicht im Handel befanden. Modische Accessoires wurde nicht produziert, so dass die Redakteure zum

Komplettieren jegliches Beiwerk, zum Beispiel Tücher, Taschen oder Schmuck, aus Gebrauchtwarenläden

organisierten. Dies machte etliche Leserinnen der „Sibylle“ unglücklich so dass es Anregungen zum

Selbermachen oder -nähen gab.

Es wurden daher eigene alternative Modelle präsentiert, wenn sich Leserinnen und Leser über einen konkreten

Mangel beschwert hatten. In einer 'Sibylle' von 1982 war folgendes zu lesen:

„Wo gibt es die Modelle?

Werte Redaktion, ich finde Ihre Zeitschrift sehr interessant. Darin ist viel junge Mode und weil ich auch noch

jung bin, möchte ich mich gern so kleiden. Leider kann ich nicht nähen, darum bin ich von der Jugendmode

abhängig. Ich möchte nun von Ihnen wissen, wo und wann es diese Modelle aus der Sybille 4/81 zu kaufen gibt?

Kerstin Schulze aus Dessau“.96

92 Ebenda: S. 50. 93 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Susanne Nieder, Welt ohne Minirock, Artikel aus dem Tagesspiegel September 1989, Stiftung Stadtmuseum Berlin. 94 Melis, Berlin, 1998, S. 51. 95 Ebenda S. 50. 96 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Sybille 1/82, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

67

An den ökonomischen Zwängen innerhalb der textilen Massenproduktion konnte auch die Zeitschrift nichts

ändern. Ihre gute Präsentation an vielfarbigen Outfits führte nicht dazu, dass mehr modische Erzeugnisse im HO

zu entdecken waren. Dennoch lag in der Anregung zum Selbererstellen der Modelle ein ganz anderer Wert.

Menschen wurden indirekt dazu aufgerufen sich von vorgeschriebenen Kleidungsstilen nicht abhängig zu

machen und selbst kreativ zu werden.

Sie betonte das Individuelle und versuchte mit beigefügten Schnittmusterbögen modische Anregungen zu geben,

die sich von der standardisierten Massenproduktion abgehoben haben. Mit diesen Anregungen bildete sie einen

Gegenpol zur Haltung der SED-Führung, die Kleidung als etwas Funktionales verstand. Andererseits versuchte

„Sibylle“ das Konfektionsangebot so darzustellen, dass es eine Aufwertung erfuhr und dass die Menschen sich

vorstellen konnten mit dieser Kleidung gut gekleidet zu sein. Die Modedarstellung der „Sibylle“ war ein Teil des

Alltages und nicht die glänzende Oberfläche als Ausdruck von Luxus. Es ging um Selbstvertrauen, Anerkennung

und ein erfülltes Lebensgefühl und weniger um Prestige.97

Die Besonderheit der Zeitschrift lag demzufolge nicht nur in den ästhetischen und realistisch wirkenden

Abbildungen, die die eigentliche Realität ausblendete, sondern sie boten ebenso die Möglichkeit zur eigenen

kreativen Auseinandersetzung und zum Träumen.

„Sibylle“ stand zwei Mal vor dem Aus. Erstmalig Mitte der 80er Jahre, weil das Konzept nicht mehr mit den

politischen, insbesondere aber den ökonomischen Gegebenheiten übereinstimmte. Und zur Wendezeit ein

weiteres Mal, da die gesellschaftlichen Veränderungen eine Marktsituationen geschaffen hatte, die zu neuen

Bedingungen und Schwierigkeiten führten. Letztmalig wurde die „Sibylle“ 1995 herausgegeben.98

7.1 Farbtendenz und ihre Umsetzung

In fast 40 Jahren „Sibylle“ waren unzählige farbige Dokumentationen der sozialistischen Entwürfe, als Zeugnis

der DDR-Mode, entstanden. In folgendem Vergleich zwischen den Farbkonzeptionen des Modeinstitutes der

DDR und der Realisierung der Jahre 1983 und 1986 soll belegt werden, inwieweit es eine farbliche

Übereinstimmung zwischen Theorie und Praxis gab. Dazu wurden die Farbtendenzkarten der jeweiligen Jahre

mit den Abbildungen der „Sibylle“ -Ausgaben verglichen.

7.2 Das Jahr 1983

In der Farbtendenzkarte 1983 der Frühjahr/Sommerkollektion für Damen und junge Frauen wurden leuchtende,

synthetisch wirkende Kolorierungen wie Lachs, Veilchen, Heckenrose, Waldmeister, Schwedenblau, Türkis,

Lupine, Tagetes, Gladiole, Honig oder Hibiskus festgehalten. Für neutrale Farbigkeiten standen Steingrün,

Regenblau, Graphit, Naturweiß, Pflaume, Perle, Karamell, Haselnuss, Grau, Sand und Rosenholz. Weiß,

Schwarz, Marine und Rot entsprachen den klassischen Farben.

97 Vgl. Melis, Berlin1998. 98 Vgl. Unterlagen des Modeinstitutes der DDR zur Sibylle, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

68

Abb. 28: Farbtendenzkarte des Modeinstitutes der DDR für 1983

Für die Modezeitschrift „Sibylle“ wurden modische Erzeugnisse abgelichtet, an denen die empfohlenen

Farbgebungen weitestgehend ablesbar sind.

Abb. 29: Darstellungen aus der „Sibylle“ Zeitschrift für Mode und Kultur 1/83

Die Modeabbildungen zeigen eindeutig lebendige, kräftige Farben, die mit dunkleren Tönen kombiniert werden.

Als klassische Farbe steht Schwarz neben Heckenrose, Karamell oder Haselnuss und verstärkt mit der Honig-

Verbindung den farblichen Kontrast. Waldmeister bildet in diesen Darstellungen eine sehr frische Farbgebung

und setzt eine Akzentuierung innerhalb der Kombination.

69

7.3 Das Jahr 1986

Die Kollektionskonzeption des Jahres 1986 hatte für das Frühjahr/Sommerhalbjahr folgende Farbnuancen

vorgesehen:

Abb. 30: Farbtendenzkarte des Modeinstitutes der DDR für 1986

Die Farben sind in vier Gruppen eingeteilt worden. In Papierfarben, die in der ersten Senkrechten angeordnet zu

sehen sind. Zu ihnen zählte: Naturweiß, Alabaster, Bindfaden, Marmor, Hortensie, Grau und Weiß.

In die Aquarellfarben, die sich in der zweiten Senkrechten befinden, hier sieht man Hyazinthe, Apfelblüte,

Narzisse, Kamille, Erdnuss, Pistazie, Bergsee und Kolibri.

Die Tuschefarben, die in der dritten Senkrechten stehen mit Flieder, Kamelie, Rot, Fanal, Grüntürkis, Seegrün,

Elektrablau und Kornblume sowie die Tintenfarben, die in der letzten Senkrechten stehen. Sie heißen

Brombeere, Moor, Kork, Tinte, Neptun und Horizont. Auf dieser Grundlage sind beispielsweise folgende

Umsetzungen entstanden, die in der Sybille abgebildet wurden.

Abb. 31:Darstellungen in der „Sibylle“ - Zeitschrift für Mode und Kultur, 4/86, 1/86, 5/86

70

Kräftige, frische und sommerliche Farben werden gezeigt und wirken in ihrer Haupttendenz identisch. Helle

Farben wie Rot, Gelb und Grün sind deutlich ablesbar.

Nur zu sehr geringen Anteilen sind in diesen dokumentarischen Beispielen die dunkleren Farbgebungen

wahrzunehmen.

Durch den Vergleich weiterer Jahrgänge mit dem Dokumentationsmaterial in Form der Zeitschrift „Sibylle“

kann gesagt werden, dass es in der Mehrheit zu identischen Farbumsetzungen gekommen war.

Trotz der vielen farbenfrohen Realisierungen innerhalb der gesamten Farbpalette und deren Präsentation auf

differenzierten Ebenen, war es wiederum keine Garantie dafür, dass diese Modelinien in der 1:1 Umsetzung auf

den Strassen der DDR sichtbar wurden. Die beschriebenen wirtschaftlichen Faktoren und Strukturmaßnahmen

und die Konzentration auf den Export in andere Länder führten zu einer Vernachlässigung des Binnenmarktes an

modischen Artikeln und führten zu einer unbefriedigenden Verkaufssituation innerhalb der DDR.

7. Fazit

Die vorliegende Untersuchung der Farben der DDR am Beispiel der Textilien und der Mode zeigt, dass die

zentrale Planwirtschaft des sozialistischen Systems enormen Einfluss auf das gesamte Modeschaffen der DDR

hatte. Ihr unterlagen die Steuerung der Rohstoffe für die Textilproduktion, die Gestaltung der textilen Flächen

und Bekleidungskollektionen, die Weiterverarbeitung und der Vertrieb der Erzeugnisse. Darüber hinaus flossen

alle Forschungsergebnisse der Marktforschungsinstitute in die Entwicklung der Kollektionen ein und standen

unter der ständigen Kontrolle der zuständigen Ministerien. Das bedeutete für die künstlerische Arbeit der

Designer und Designerinnen, dass durch einen staatskonformen bürokratischen Apparat bewertet und

entschieden wurde, welche modische Konzeption akzeptiert oder abgelehnt wurde.

In der DDR konzentrierte sich die Entwicklung des staatlichen Modeangebotes von der Entwurfsarbeit bis zur

Musterkollektion im Modeinstitut der DDR.

„Die Modelinie ist eine Grundkonzeption und Anleitung zum Handeln. Sie umfasst die Gestaltung für alle

Textilien des gesamten Bekleidungssektors und die Bekleidung selbst in Material, Farbe und Form.“99

Das Institut war ebenso zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die Weiterleitung der

notwendigen Informationen zur Produktion des modischen Angebotes an die Textilindustrie. Somit war es

sowohl für die ästhetische Bildung der Bevölkerung zuständig als auch für die Erstellung des staatlichen

Angebotes, in Form einer sozialistischen Bekleidungskultur. Dieser Aspekt verdeutlicht, dass die Gestaltung der

Kollektionen nicht nur an das reine Bedürfnis nach Kleidung geknüpft war, sondern zusätzlich der Ideologie der

sozialistischen Gesellschaftsform gerecht werden musste. Die Besonderheit dieses Schaffens lag einerseits in

dem Versuch, einen Gegenentwurf zur kapitalistisch bürgerlichen Kultur zum Ausdruck zu bringen und

andererseits darin, dass die Mode der Bedürfnisbefriedigung der Gesellschaft untergeordnet war. Das

Modeinstitut der DDR schloss sich der offiziellen Linie der SED-Führung an, dass die Mode nicht durch

schnelle Wechsel bestimmt werden sollte, die von der Modeindustrie ausgingen, sondern folgte in der Gestaltung

der Kollektionen den zeitgemäßen Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten durch langlebige,

qualitativ hochwertige Produkte im Sinne der sozialistischen Persönlichkeit. Diese wurde in der DDR

folgendermaßen definiert:

99 Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, SM 8-4, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

71

„Die sozialistische Persönlichkeit zeichnet sich durch aktive und bewusste Tätigkeit für die Erhaltung des

Friedens und den Aufbau des Sozialismus, durch die Aneignung der marxistischen Weltanschauung , durch das

Streben nach allseitiger Bildung und hohem fachlichen Wissen und Können, durch die Aneignung und

Verwirklichung der Grundsätze der sozialistischen Moral, durch eine optimistische Lebensauffassung, durch

schöpferische Selbständigkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Neuen aus.“ 100

Die Herstellung der Kleidung für eine sozialistische Persönlichkeit unter den beschriebenen komplexen

Anforderungen ergaben Widersprüche zwischen dem Bedürfnis nach Mode einerseits und andererseits der Idee,

mit langlebigen Kleidungsstücken positiv auf das Kaufverhalten einwirken zu können. Jahrelang war an den

modischen Bedürfnissen der Menschen vorbei produziert worden, so dass in den Verkaufseinrichtungen häufig

„Ladenhüter“ erhältlich waren. Das lag im Wesentlichen an der Konzentration auf den Export, an den begrenzten

Rohstoffressourcen, teilweise an den technischen Möglichkeiten der Textilindustrie oder an der mangelnden

Fachkompetenz für Mode. Neben dieser innenpolitischen Wirtschaftssituation befand sich die DDR in den

1980er Jahren in einer Schuldenkrise, die zu weiteren ökonomischen Zwängen führte, welche weder durch

Preiserhöhungen noch durch Normierungen zu regulieren waren.

Aufgrund des Festhaltens an den Subventionen für die sozialen Errungenschaften, wie zum Beispiel dem

bezahlbaren Wohnraum für alle Werktätigen des Landes, einerseits und andererseits aufgrund der zunehmend

konsumorientierten Bedürfnisse der Menschen, die mit dem langsam arbeitenden System der Fünfjahrpläne nicht

befriedigt werden konnten, entstand innerhalb des ökonomischen Binnensystems ein starkes Missverhältnis

zwischen den erwirtschafteten Einnahmen und dem Verbrauch der DDR.101

Die weltweit hohen Rohstoffpreise erschwerten zusätzlich die Situation und führten dazu dass die DDR–Führung

bestrebt war, eigene Rohstoffe der Textilindustrie und anderen Industriezweigen zur Verfügung zu stellen.

Ferner wurde der Versuch unternommen, sich auf den internationalen Export, besonders ins westliche Ausland

und der Sowjetunion zu konzentrieren. Allerdings brachte auch dies nicht die Lösung aller wirtschaftlichen

Probleme dieser Zeit.

Mode nach Plan, begrenzte Ressourcen, langsam arbeitende Strukturen und mangelnde Individualität und die

unbefriedigte Bedarfssituation der DDR-Bevölkerung führten dazu, dass enorme kreative Potenziale freigesetzt

wurden. Junge Menschen kreierten ihre eigenen Modeerzeugnisse und schufen wirtschaftliche Alternativen zu

dem bestehenden Angebot der staatlichen Einrichtungen. Sie verkauften ihre Artikel in Boutiquen, auf

Wochenmärkten oder auf dem Schwarzmarkt. Ihnen gelang es die zentral gesteuerte Wirtschaftsplanung der

Textilindustrie unter Druck zu setzen und sich gleichzeitig von dem normierten Modeangebot der DDR

abzugrenzen. Sie gestalteten sich ihre eigenen modischen Identitäten und verweigerten die offiziellen Vorgaben.

Offensichtlich spielte die Mode eine zentrale Rolle bei der Konstruktion von Identität. Auf diesen Aspekt

reagierte die DDR-Führung durch standardisiertes Design, womit sie die Persönlichkeit eines Menschen in den

Vordergrund stellen und auf die innere Haltung der Menschen einwirken wollte. Ein Beispiel dafür liefern die

Organisationsbekleidungen der Pioniere und der FDJ. Diese weißen und blau geprägten Kleidungsteile waren

gekoppelt an politische Interessen der SED-Führung und sollten gleichzeitig die inneren Werte eines Menschen

positiv beeinflussen. Sie waren die konkreten Träger der politischen Botschaften.

Auf der anderen Seite gab es das Beispiel, dass die Jugend der DDR in Form der blauen Jeans der DDR-Führung

widersprach. Sie lehnte sich gegen die Normierungen und politischen Verknüpfungen auf und erkämpfte sich

100 Kleines Politisches Wörterbuch, Berlin, 1967, S. 489. 101 Kuhrt, Opladen, 1996, S. 12/13.

72

letztlich „ihre Hose“, welche dann in den 1980er Jahren nicht mehr als rebellisches Kleidungsstück des Westens

angesehen wurde. Ab dieser Zeit bekam die Modeindustrie den Auftrag, im Interesse der jungen Generation das

Jeansblau vielerorts zu produzieren. Die Jeans hatte sich von der politischen Ideologie befreit und es wurde nicht

mehr darüber diskutiert, ob „es politisch legitim ist, ob man zum FDJ-Hemd eine Jeans trägt und von welcher

Firma die ist.“102

Kann auch das Leitbild der sozialistischen Bekleidungskultur heute nicht mehr rekonstruiert werden, weil das

sozialistische Gesellschaftsmodell als Kontext nicht mehr vorhanden ist, so ist es dennoch möglich, die

Darstellung von Design oder Funktion nachzuvollziehen. Als Quelle für diese Recherchen dienten verschiedene

Untersuchungsmaterialien.

Beim Auswerten der staatlichen Berichte, Planungen und Protokolle des Modeinstitutes muss festgestellt

werden, dass diese keinen kompletten Überblick über die Gesamtsituation der Mode möglich machen. Sie

entsprachen in der Regel den Vorgaben der politischen Führung der DDR und können nur in diesem Kontext

bewertet werden.

Die Materialien geben zwar nur eine eingeschränkte Realitätsabbildung wieder, andererseits enthalten sie heute

wichtige Hinweise über die Bedarfssituation der Bevölkerung. Die Ergebnisse der Forschungsinstitute zwangen

die Textilindustrie zu wirtschaftlichen Umstrukturierungen in Richtung bedürfnisorientierter Mode unter

Berücksichtigung der eigenen Ressourcen. Am Beispiel Farbe wird dies besonders deutlich in den Bestrebungen

Jeansmaterial aus der eigenen Produktion, Indigoblau, einfärben zu können.

Für die konkrete Analyse der Farbkonzeptionen der DDR in den 1980er Jahren stellen die

Untersuchungsmaterialien indes eine aussagekräftige Quelle dar und bilden die Basis für meine dargelegten

Ergebnisse.

Abb. 32: erstellte Farbkarten der Autorin von 1989

102 Horch und Guck, Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SED-Diktatur, Themenschwerpunkt: Jacke wie Hose? Die Kleiderordnung der SED-Diktatur, Heft 61, Berlin 2008.

73

Anhand der jeweiligen Kollektionsbeschreibungen der 1980er Jahre und deren Farbkonzeptionen war es

möglich, die saisonalen Einzelfarbkarten der Jahrgänge 1980, 1983, 1986 und 1989 zu erstellen, mit denen

Vergleiche zwischen Planung und Ausführung möglich wurden.

Durch die vorangegangenen Intercolor-Kongresse konnte davon ausgegangen werden, dass die ermittelten

Farbtendenzen als internationale Orientierung dienten und tatsächlich umgesetzt wurden.

Unter Verwendung gemischter und klarer Acrylfarben entstand eine farbgenaue Duplikation der originalen

Einzelfarben des Modeinstitutes der DDR, die als Basis für die textilen Umsetzungen vorgesehen waren.

Durch die Verwendung von Acrylfarbe auf Papier wurden die gesamten Farbpaletten der Damen-, Herren-,

Jugend- und Kinderkollektionen von mir kopiert und werden dadurch zum heutigen Zeitpunkt jenseits der

Archive wieder einsehbar. Die bildlich umgesetzten Farbwerte ermöglichen nach 20 Jahren, der nicht mehr

vorhandenen DDR-Textilindustrie, eine eindeutige Vorstellung darüber, wie die Farben der Modekonzeptionen

in den 1980er Jahren aussahen.

Die neu erstellten Farbkarten wurden nach Jahrgängen systematisiert und geben einen Überblick über die

Farbgebung der Textilien der DDR und ermöglichen eine direkte Gegenüberstellung. Sie belegen, dass jegliche

Farbnuancen eines Farbkreises103 enthalten waren. Von Weiß über Gelb, Rot, Blau und Schwarz waren alle

Farben samt Zwischenfarbstufen vorhanden und fanden ihre Anwendung in der Textilproduktion der DDR.

Eine weitere Sammlung vieler verschiedener Textil- bzw. Materialmuster veranschaulicht die farbliche

Umsetzung in einer stofflichen Materialität und dient heute als Zeugnis dafür, wie die Theorie in die Praxis

umgesetzt wurde. Die Materialsammlung beinhaltet differenzierte Material- und Farbqualitäten, gemustert oder

einfarbig. Sie wurden nach Farbgruppen geordnet, da eine datumsgenaue Systematik nach Herstellungszeitraum

nicht mehr möglich ist. Mit Gewissheit kann gesagt werden, dass diese vorliegenden Stoffmuster aus der DDR-

Textilproduktion stammen und wahrscheinlich in den 1980er Jahren hergestellt und erworben wurden.

Die gesammelten Stoffcoupons wurden unter verschiedenen Bedingungen gelagert. Ihre Aufbewahrung erfolgte

teilweise lichtgeschützt in Kisten, Schubladen oder in Regalen. Je nach Zusammensetzung und Lagerung sind

die Farben in ihrer Intensität erhalten geblieben oder haben auf Grund von Lichteinfluss an Leuchtkraft verloren.

Letzteres führt zu Verfälschungen in der Farbdarstellung und muss als verfälschende Faktoren berücksichtigt

werden.

Als weiterer Anhaltspunkt für die Farbe in der Mode der DDR dient eine kleine Auswahl originaler

Kleidungsstücke aus den 1980 er Jahren, die sowohl im Handel erhältlich waren als auch individuell erstellt

worden sind. An ihnen ist nicht nur das farbliche Design ablesbar, sondern sie stellen ebenfalls ein Abbild dessen

dar, was im staatlichen Handel erhältlich und was an individueller Kreativität innerhalb der DDR vorhanden war.

Sie ermöglichen Rückschlüsse über verwendete und vorhandene Materialien und Zutaten sowie über den

Geschmack der Trägerin oder des Trägers. Zusätzlich können wir Zuschreibungen über die möglichen

symbolischen Werte bzw. Informationen konstruieren, die anhand der Kleidungsstücke ablesbar sind.

Anhand originaler „Sibylle“- Zeitschriften der 1980er Jahre wird anschaulich, inwieweit Abbildungen in

Printmedien die farbige Mode in der DDR präsentierten. Sie sind aus heutiger Sicht ebenfalls ein Beleg dafür,

dass die DDR-Mode keine farblose Mode war.

Zu berücksichtigen ist in diesem Falle, dass das fotografische Verfahren zu Farbverfälschungen führt, so dass die

Modeabbildungen der „Sibylle“ nicht als 100% aussagekräftiges Material verwendet werden kann.

103 Vgl. Itten, Johannes, Kunst der Farbe, Ravensburg 1987.

74

Dennoch gibt es Auskunft über die farblichen Anwendungen der Materialien innerhalb der jeweiligen

Kollektionen und der modischen Accessoires.

In der Gesamtheit rekonstruiert die Sammlung mittels verschiedener Objekte das farbige Erscheinungsbild der

Textilien und der Bekleidung der DDR.

Die Farbgebung der modischen Textilien kann allerdings nicht als Grundlage zur Verallgemeinerung von

Farbaussagen dienen. Beispielsweise kann von farblich wahrgenommenen Straßenzügen nicht auf DDR-Design

oder die Farbe der DDR- Mode geschlossen werden.

Der Eindruck von Mode basiert auf einer subjektiven Wahrnehmung eines Menschen, woraus Zuschreibungen

konstruiert werden, die zu stereotypen Aussagen bzw. Wertungen führen.

Des Weiteren bleibt zu konstatieren, dass die DDR-Mode, auf Grund ihrer komplexen Anspruchssituation in

Bezug auf die politischen Ideale der DDR- Führung eine sehr Besondere war, der es trotz ambivalenter

gesellschaftlicher Situationen immer wieder gelang, internationale Anerkennung zu bekommen.

In Zukunft könnten die Forschungsergebnisse der Farbigkeiten der DDR-Mode in ihrem wirtschaftspolitischen

Bezugsrahmen mehr in den Bereich der Kulturgeschichte und

-soziologie Eingang finden, um zu verdeutlichen, dass die Bekleidungskultur der DDR ein Gegenmodell zur

derzeitigen Modeindustrie war.

Kunst und Mode hatten in der DDR gesellschaftliche Funktionen!

75

Abkürzungen

Gesellschaftspolitische:

- DDR- Deutsche Demokratische Republik.

- BRD- Bundesrepublik Deutschland.

- SED- Sozialistische Einheitspartei Deutschland.

- RGW- Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe.

- NSW- Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet.

- VEB- Volkseigener Betrieb.

- VBB- Vereinigte Volkseigene Betriebe.

- HO- Handelsorganisation.

- AIF- Amt für Industrielle Formgestaltung.

- FDJ- Freie Deutsche Jugend.

- MMM- Messe der Meister von Morgen.

Modebezogene:

- ML- Modelinie

- DOB- Damenoberbekleidung.

- HOB- Herrenoberbekleidung.

- JOB- Jugendoberbekleidung.

- KOB- Kinderoberbekleidung.

- Nicki- T- shirt.

- OP-Kleidung- Berufskleidung aus dem Operationsbereich des Krankenhauses.

76

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Seite: 12

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Informationsbroschüre „Die Mode“ 1983/84,

Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 2: Seite: 16

Quelle: „ Sibylle“ Modefotografie aus drei Jahrzehnten DDR, Hg. Dorothea Melis,

Schwarzkopf & Schwarzkopfverlag, Berlin, 1998, S.189-191.

Abbildung 3: Seite: 19

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Pionierkleidung 1967, Entwürfe von Leonie Wache,

19/25, 19/23, 19/35, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 4: Seite 20

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Pionierkleidung 1967, H 61/Nr. 130,

Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 5: Seite 22

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, FDJ-Kleidung zum 20.Jahrestag der DDR 1969,

135/11, 135/9, 135/5, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 6: Seite 23

Quelle: Original „Shanty“ Jeanshose aus den 1980er Jahren, Privatbesitz.

Abbildung 7: Seite 24

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Internationale Kommission für Mode und Textilfarbe

„Intercolor“, Ort und Zeit unbekannt, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 8: Seite 25

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Textiles Stoffmusterangebot der Firma Malitex Hohenstein

1984, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 9: Seite 29

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR; Farbtendenzkarte DOB 1.80, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 10: Seite 31

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte DOB 1.83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 11: Seite 32

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte HOB/JOB 1.83, Stiftung Stadtmuseum

Berlin.

Abbildung 12: Seite 34

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 24/83, DISPO`83, Frühjahr/Sommer; Stiftung

Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 13: Seite 36

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte KOB 2.83; Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 14: Seite 36

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 25/83, ML 26/83, ML 28/83, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 15: Seite 38

77

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte DOB+JOM 1.86,

Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 16: Seite 41

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 15/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 17: Seite 45

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 38/86, ML 46/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 18: Seite 46

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 34/89, Farbtendenz 2.89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 19: Seite 48

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte DOB+HOB 1.89, Stiftung Stadtmuseum

Berlin.

Abbildung 20: Seite 51

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte KOB 1.89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 21: Seite 53

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte JOB 1.89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 22: Seite 55

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 24/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 23: Seite 59

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, ML 33/89, ML 37/89, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 24: Seite 61

Quelle: Privatbesitz, Strickmagazin „Modische Maschen“ 4/1979, 1/87, 4/85.

Abbildung 25: Seite 63

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Intercolorfarbkarte 1.1980, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 26: Seite 63

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Modetendenzfarbkarte des Modeinstitutes der DDR 1.80,

Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 27: Seite 65

Quelle: Privatbesitz, Strickmagazin „Modische Maschen“ 3/1983, 1/1985.

Abbildung 28: Seite 68

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Farbtendenzkarte DOB+JOM 1.83, Stiftung Stadtmuseum

Berlin.

Abbildung 29: Seite 68

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, „Sibylle“ Zeitschrift für Mode und Kultur, 1/83, Stiftung

Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 30: Seite 69

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR; Farbtendenzkarte DOB 1.86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 31: Seite 69

Quelle: Unterlagen des Modeinstitutes der DDR, Modemagazine „Sibylle“ Zeitschrift für Mode und Kultur,

4/86, 5/86, Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Abbildung 32 Seite 72

Quelle: Privatbesitz, neu erstellte Farbkarten des Jahres 1989.

78

Quellen:

1. Archivunterlagen der Stiftung Stadtmuseum Berlin

aus dem Archiv des Modeinstitutes der DDR

- Broschüre zur Geschichte des Modeinstitutes der DDR: 30 Jahre Modeinstitut der DDR, Berlin 1982.

- Bedeutung der Mode in der DDR, SM 8-4/1962.

- Forschungsauftrag des Instituts für Ökonomie und Arbeit, SM 26-19/1980.

- Führungsdokument zur weiteren konsequenten Durchführung der Beschlüsse der

11. Tagung des Zentralkomitees der SED, SM 26-19/1980.

- Forderungsprogramm der Textilindustrie an Chemiefaserstoffe, SM 26-23/1980.

- Vorbereitung einer bedarfsgerechten Produktion und Sortimentsgerechten Versorgung, SM 26-29/1980.

- Allgemeine Tendenzen der Bedürfnis- und Bedarfsentwicklung, SM 26-32/1980.

- Exportbeschlüsse, SM 26-8/1980.

- Anleitungsprojekt 1982, SM 27-31/1981.

- Zentrale Aufgaben des Modeinstitutes der DDR, SM 27-27/1981.

- Zielsetzungen für die achtziger Jahre, SM 27-22/1981.

- Chemiefaserwerbung, SM 27-23/1981.

- Gestaltungskonzeption für die Ausstellung über materialökonomische Maßnahmen in der Leichtindustrie,

SM 28-23/1982.

- Maßnahmen und Forderungen, SM 28-24/1982.

- Zusammenarbeit mit anderen Industriebereichen, SM 28-16/1982.

- Stellung der Bekleidung im Komplex Befriedigung materieller und geistig-kultureller Bedürfnisse,

SM 28-9/1982.

- Bedarfsentwicklung des ersten Halbjahres 1982, SM 28-5/1982.

- Zuarbeit 2.1., Modeforschung¸ ML 26a/86.

- Einschätzung der Bedarfsentwicklung, ML 26a/86.

- Bereich Modeforschung, ML 1/89.

- Information für Gestalter, erweitertes Material, ML 21/89.

- Fachtagung Farbe und Design, ML 34/89.

- Intercolor, Reiseberichte 1978 bis 1989.

- Berichte zur Pionierkleidung 1967, SM 13-40.

- Pionierkleidung, Experimentiermodelle, Ulla Stefke, 1968.

- Sonderaufträge Pionierkleidung, 1968.

- Farb- und Stoffproben der FDJ und Pionierkleidung 1965.

- Aktualisierung Pionierkleidung,1985.

- Berichte zur FDJ-Kleidung 1966, 21/0.

- Informationsbericht über Auftrag von Teilen einer neuen Pionierkleidung1973,

SM 19-7.

- Aktualisierung der Pionierkleidung, Einsatz ab 1985.

79

- FDJ-Kleidung zum 20. Jahrestag der DDR 1969.

- Bericht zur Sibylle, leider keine Jahresangabe.

- Artikel: Abseits von Schock und Klamauk. Twen-Rezeption in der DDR, Hrsg. von Michael Koetzle, München

1995.

- Artikel: Sibylle war eben anders, Hrsg. von Ilse Laatz-Krumnow, 1995.

- Artikel: Welt ohne Minirock, Hrsg. von Susanna Nieder, 1998.

- Artikel: Ernst, Anna Sabine, Mode im Sozialismus, Zur Etablierung eines „sozialistischen Stils“ in der frühen

DDR.

Informationsbroschüren zu den Modelinien:

- Mode`80, DOB; HOB; KOB, Frühjahr/Sommer, ML 1.1980.

- Mode`80, DOB, HOB, KOB, Herbst/Winter, ML 2.1980.

- Mode`83, HOB und JOB, Frühjahr/Sommer, ML 7/83.

- Mode`83, DOB und JOM, Frühjahr/Sommer, ML 8/83.

- Mode`83, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 10/83.

- Mode`83, DOB und HOB, Herbst/Winter, ML 25/83.

- Mode`83, JOB, Herbst/Winter, ML 28/83.

- Mode`83, KOB, Herbst/Winter, ML 26/83.

- Mode`86, DOB, HOB, JOB, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 15/86.

- Mode`86, DOB, HOB, JOB, KOB, Herbst/Winter, ML 46/86.

- Mode`86, JOB, Herbst/Winter, ML 47/86.

- Mode`89, Gestaltungsschwerpunkte textiler Flächengebilde, Frühjahr/Sommer, ML 18/89.

- Mode`89, Orientierungsunterlagen zur Jugendmode, ML 15/89.

-Mode`89, Accessoires, ML 16/89.

- Mode`89, DOB, HOB, JOB, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 24/89.

- Mode`89, DOB, HOB, JOB, KOB, Herbst/Winter, ML 37/89.

Farbkarten:

- Farbe`80, DOB, Frühjahr/Sommer, ML 1.1980.

- Farbe`80, HOB, Frühjahr/Sommer, ML 1.1980.

- Farbe`80, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 1.1980.

- Farbe`80, DOB, Herbst/Winter, ML 2.1980.

- Farbe`80, HOB, Herbst/Winter, ML 2.1980.

- Farbe`80, KOB, Herbst/Winter, ML 2.1980.

- Farbe`83, DOB und JOM, Frühjahr/Sommer, ML 1.1983.

- Farbe`83, HOB und JOB, Frühjahr/Sommer, ML 1.1983.

- Farbe`83, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 1.1983.

- Farbe`83, DOB und JOM, Herbst/Winter, ML 2.1983.

- Farbe`83, HOB und JOB, Herbst/Winter, ML 2.1983.

- Farbe`83, KOB, Herbst/Winter, ML 2.1983.

- Farbe`86, HOB und JOJ, Frühjahr/Sommer, ML 24/86.

80

- Farbe`86, DOB und JOM, Frühjahr/Sommer, ML 22/86.

- Farbe`86, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 23/86.

- Farbe`86, DOB und JOM, Herbst/Winter, ML 42/86.

- Farbe`89, DOB, HOB, JOB, Frühjahr/Sommer, ML 20/89.

- Farbe`89, KOB, Frühjahr/Sommer, ML 19/89.

- Farbe `89, DOB, HOB, JOB, Herbst/Winter, ML 35/89.

- Farbe `89, KOB, Herbst/Winter, ML 36/89.

Sibylle-Zeitschriften aus dem Verlag der Frau, Leipzig.

1980: 2/80, 5/80, 6/80.

1981: 1/81, 2/81, 4/81, 5/81, 6/81.

1982: 2/82, 4/82, 5/82, 6/82.

1986: 4/86, 5/86.

1987: 3/87, 6/87.

1988: 2/88, 5/88.

1989: 2/89, 3/89, 4/89.

Bildquellen:

Bildquellen Pionierkleidung 1967, Entwürfe von Leonie Wache:

19/20, 19/23, 19/25, 19/27, 19/29, 19/30, 19/31, 19/32, 19/33, 19/34,19/35, 19/36, 19/37.

Bildquellen Pionierkleidung 1967, Entwürfe und Stoffproben, Gestaltung Ulla Stefke:

19/3, 19/4, 19/5, 19/6, 19/7, 19/8, 19/9, 19/16.

Bildquellen Pionierkleidung 1967: H61/Nr. 127, H61/Nr. 129, H61/Nr. 130,

H61/Nr. 131, H61/Nr. 132.

Bildquellen Pionierkleidung Entwürfe Sonderaufträge Saison 1968:

Nr. 3/1, Juli 1968.

Bildquellen Pionierkleidung, Experimentiermodelle, Gestaltung Ulla Stefke:

21/12, 21/13.

Bildquellen FDJ und Pionierkleidung 1965, Farb- und Stoffproben:

Nr.5, Nr. 6.

Bildquellen der FDJ-Kleidung 1969: 135/3, 135/5, 135/9, 135/10, 135/11.

Bildquelle der FDJ-Kleidung zum 20.Jahrestag der DDR 1969: H61/186.

Bildquellen der FDJ-Kleidung 1965, 1967, Gestaltung Leonie Wache:

Nr. 20, Nr. 21.

2. Zeitschriften

- Horch und Guck, Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SED-Diktatur, Themenschwerpunkt: Jacke

wie Hose? Die Kleiderordnung der SED-Diktatur. Heft 61, Berlin 2008.

81

3. Internetverzeichnis

- http://www.mdr.de/damals/lexikon/1593310.html, 28.01.2009.

- http://www.fashionize-me.com/allgemein/mode-in-der-ddr-wie-war-das-damals-eigentlich/, 02.10.2008.

- http://alt.berlinbiennale.de/bb3/h01_hub_01.php3?sid=hub_04_01, 2004.

4. Filmquellen:

- „Kann denn Mode rot sein?“ Dokumentation von Petra Brändle, 2002.

- „Mit Fantasie gegen den Mangel. Leben im Schatten der Planwirtschaft“ Dokumentation bei Phönix von Holly

Tischmann und Sabine Michel, 2008.

5. Sekundärliteratur

- Barthes, Roland, Die Sprache der Mode, Frankfurt/Main, 1985.

- Baacke,Dieter, Wechselnde Moden. Stichwörter zur Aneignung eines Mediums durch die Jugend, in: Jugend

und Mode. Kleidung als Selbstinszenierung, Hg. von Dieter Baacke u.a., Opladen 1988.

- Honecker, Erich, Zur Jugendpolitik der SED, Reden und Aufsätze von 1945 bis zur Gegenwart, 2 Bände,

Berlin (Ost) 1977.

- Höhne, Günter, Das große Lexikon: DDR-Design, Köln.

- Hagen, Christine, Die neue Organisationskleidung für Jung- und Thälmannpioniere. Aufsatz, Berlin, 1986.

- Itten, Johannes, Kunst der Farbe, Ravensburg 1987.

- Jauer, Marcus, Die Nicki-Pioniere. Aufsatz, Berlin, 2006.

- Kuhrt, Eberhard, Die wirtschaftliche und ökologische Situation der DDR in den achtziger Jahren, Hrg. E. Kuhrt

in Verbindung mit H. F. Buck und G. Holzweißig, Opladen 1996.

- Kaminsky, Annette, Wohlstand, Schönheit, Glück. Kleine Konsumgeschichte der DDR, München 2001.

- Kosak,Eva, Kuntzsch, Ingrid, Laatz-Krumnow, Ilse, Jugendlexikon, Kleidung und Mode, Leipzig, 1986.

- Paul Kaiser, Claudia Petzold, Boheme und Diktatur in der DDR, Gruppen Konflikte Quartiere 1970-1989,

Berlin 1997.

- Kleines Politisches Wörterbuch, Berlin, 1967.

- Loscheck, Ingrid, Mode-und Kostümlexikon, Stuttgart 1987.

- Menzel, Rebecca, Jeans in der DDR. Vom tieferen Sinn einer Freizeithose, Berlin 2004.

- Mühlberg, Dietrich, Auf der Suche nach der „sozialistischen Bekleidungskultur“, Mode und ihre Leitbilder im

Osten, in: Künstliche Versuchung. Nylon –Perlon -Dederon. Begleitbuch zur Ausstellung im Haus der

Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Hg. Eva Rommerskirchen, Bonn 1999, S. 140-151.

- Melzer, W., Heitmeyer, W., Liegle, L., Zinnecker, J., Osteuropäische Jugend im Wandel, Ergebnisse

vergleichender Jugendforschung in der Sowjetunion, Polen, Ungarn und der ehemaligen DDR, Weinheim und

München, 1991.

- Mänicke-Gyöngyösi, Krisztina und Rytlewski, Ralf, Lebensstile und Kulturmuster in sozialistischen

Gesellschaften, Köln 1990.

- Merkel, Ina, Utopie und Bedürfnis. Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR, Alltag und Kultur, Bd. 6,

Köln, Weimar, Wien 1999.

82

- Merkel, Ina, Wir sind doch nicht die Meckerecke der Nation!, Berlin 2000.

- Melis, Dorothea, Sibylle. Modefotografie aus drei Jahrzehnten DDR, Berlin, 1998.

- Ohse, Marc-Dietrich Jugend nach dem Mauerbau, Anpassung, Protest und Eigensinn der DDR 1961-74,

politische Bedeutung der Jugendmode für die SED, Berlin 2003.

„Off the Wall“ Fashion from East Germany, 1964 to 1980, Bloomsbury, London und Berlin, 2005.

- Pfannstiel, Margot, Sibylles Modelexikon. ABC der Mode, Leipzig 1968.

- Pelka, Anna, Jugendmode und Politik in der DDR und Polen, Eine vergleichende Analyse 1968-1989,

Osnabrück 2008.

- Politische Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR, Berlin 1969.

- Politisches Grundwissen, Berlin 1970.

- Partei und Jugend, Dokumente marxistisch – leninistischer Jugendpolitik, Zentralrat der FDJ Institut für

Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1986.

- Rauhut Michael, Kochhan Thomas, Bye Bye Lübben City, Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR,

Berlin 2009.

- Schroeder, Klaus, Der SED-Staat. Geschichte und Struktur der DDR, München 1998.

- Wolle, Stefan, Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR

1971-1989, Bonn 1999.

- Wensierske Peter, Haase Norbert, Reese Lothar, „VEB Nachwuchs, Jugend in der DDR, Reinbeck bei

Hamburg, 1983.

83

Selbstständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter Zuhilfenahme der angegebenen

Hilfsmittel angefertigt und keine anderen als die angegebenen Quellen verwendet habe.

Susann Bartsch Berlin, 02. Juni 2009