die entwicklung der deutschen kartoffelzüchtung in den letzten fünf jahren

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224 SNELL: Die Entwicklung d. deutschen Kartoffelztichtung in d. letzten fiinf Jahren DerZtichter (Aus der Biologischen tZeichsanstalt ftir Land- und Forstwirtschaft, Berlin-Dahlem.) Die Entwicklung der deutschen Kartoffelziichtung in den letzten ftinf Jahren. Von I4. Snell. Die Entwicklung der deutschen Kartoffel- ztichtung l~il3t sich am besten an dem Sortenbild erkennen, das die Gesamtheit der im Handel befindlichen Kartoffelsorten bietet. Dieses Bild hat sich in den letzten fiinf Jahren wesentlich ver/indert. Nicht nur die Zahl der Sorten hat eine bemerkenswerte Anderung erfahren, son- dern es l~il3t sich auch erkennei1, dab sich das Zuchtziel in einer bestimmten Richtung ver- schoben hat. Durch die Arbeiten der Kartoff~l- sorten-Registerkommission sind zun~ichst alle Sorten, die sich von ~ilteren, bereits auf dem Markt befindlichen nicht unterscheiden liel3en, also alle, die doppelt oder sogar mehrfach nur unter verschiedenem Namen vorhanden waren, festgestellt und von den landwirtschaftlichen KSrperschaften von der Anerkennung ausge- schlossen worden. Auf diese Weise ist die Zahl der Sorten um 137 vermindert, auBerdem sind eine Anzahl weniger wichtiger Sorten yon den Ziichtern zuriickgezogen worden. Es sind aber in den letzten ftinf Jahren wieder eine grol3e Zahl yon Neuziichtungen hinzugekommen. In der neuen Auflage meines Sortenbuches 1, das soeben in 4. Auflage erschienen ist, habe ich die Be- schreibungen yon I41 selbst~indigen deutschen Kartoffelzuchten und yon 29 ~ilteren deutschen und ausl~indischen Sorten, die als Lokalsorten zusammengefal3t sind, aufgef/ihrt. Durch eine Rundfrage bei den Ziichtern war vorher fest- gestellt worden, dab sich diese 141 Zuchtsorten als anerkannte Pflanzkartoffeln im Handel be- linden. Damit ist eine Grundlage fiir die Beur- teilung der Sortenzahl, die bisher durch das Vor- handensein der zahlreichen synonymen Sorten viel zu hoch angegeben wurde, geschaffen wor- den. Von den 19 Zuchtst~itten mit selbst~indigen Sorten, die 1925 in der 3. Auflage aufgeffihrt wurden, sind 7 mit 16 Sorten ausgeschieden. Dazu kommt, dab die Zuchtst~itte yon DOL- KOWSKI mit zahlreichen Sorten in polnischen Besitz iibergegangen ist. Es sind aber daffir 9 neue Zuchtst~itten mit 26 Sorten hinzuge- kommen. Wohin nun diese reiche Erzeugung neuer Sorten fiihren wird, erkennt man daran, dab im Jahre 1929 nicht weniger als I28 Neu- ztichtungen bei der Kartoffelsorten-Register- 1 SNELL: Kartoffelsorten. 4. Aufl. Verlag P. Parey. Berlin 1929. kommission in Prtifung sind. Von diesen sind bisher nur eine kleine Anzahl als synonyme Sorten festgestellt worden; die meisten sind wirkliche Neuziichtungen, yon denen aber er- fahrungsgem~il3 bei weiterer Priifung eine grSBere Menge yon den Ziichtern fallen gelassen werden wird. Man wird aber damit rechnen miissen, dab etwa ein Viertel, das sind wieder 3o Neu- ziichtungen, in diesem Jahre zur Anerkennung als Original kommen werden. Was nun die Zuchtrichtung anbetrifft, so geht aus der Liste der gelbfleischigen Sorten hervor, dab yon den I7o in der 4. Auflage beschriebenen Sorten 64, also mehr als ein Drittel, mehr oder weniger gelbfleischig sind. Gerade unter den in den letzten Jahren neu hinzugekommenen Sorten linden sich eine grol3e Zahl gelbfMschiger. Neben der Gelbfleischigkeit spielt die Krebs- festigkeit als Zuchtziel eine wichtige Rolle. Es sind bereits 45 krebsfeste Sorten aufgefiihrt, yon denen einige die Eigenschaft der Krebs- festigkeit und der Gelbfleischigkeit zugleich be- sitzen. Durch die Bestimmung der Deutschen Kartoffelkulturstation, nur noch krebsfeste Neuziichtungen in die Vorpr/ifungen aufzu- nehmen, wird diese Eigenschaft als Zuchtziel an die erste Stelle gertickt. Nach wie vor bleibt auch die Vereinigung eines hohen St~irkegehaltes mit der Krebsfestigkeit ein Zuchtziel, das in den letzten Jahren wieder sch6ne Erfolge gehabt hat. Die Anerkennung einer Neuztichtung als Ori- ginal ist bekanntlich nicht nur vonder Fest- stellung der Neuheit abh~ingig, sondern es wird auch der Nachweis der Leistungsf~ihigkeit in einwandfreien Versuchen gefordert. Vom theo- retischen Standpunkt aus mtil3t.e man auch ver- langen k6nnen, dab die neue Sorte gegeniiber den vorhandenen einen Fortschritt darstellt. Bei den Fabrikkartoffeln kann man die HShe des St~irkegehaltes zur Beurteilung benutzen. Bei Speisekartoffeln aber geht es wie in der Mode. ]~s handelt sich um eine Geschmackssache, und man wird nicht yon vornherein beurteilen kSnnen, wie die neue Sorte vom Markt aufge- nommen wird. Das eine aber diirfte sicher sein, dab weil3fleischige und weil3schalige Sorten, die sich weder durch Frtihreife noch durch Krebs- Iestigkeit auszeichnen, keineI1 Erfolg als Speise- kartoffeln haben werden. Ftir die Schriftleitung verantwortlich: Bernhard Husfeld, Berlin. Verlag yon Julius Springer, Berlin W 9. Druck: Buchdruekerei Otto Regel G. m. b, H., Leipzig.

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Page 1: Die Entwicklung der deutschen Kartoffelzüchtung in den letzten fünf Jahren

224 SNELL: Die Entwicklung d. deutschen Kartoffelztichtung in d. letzten fiinf Jahren Der Ztichter

(Aus der Biologischen tZeichsanstalt ftir Land- und Forstwirtschaft, Berlin-Dahlem.)

D i e E n t w i c k l u n g d e r d e u t s c h e n K a r t o f f e l z i i c h t u n g i n d e n l e t z t e n f t i n f J a h r e n .

Von I4. Snell .

Die Entwicklung der deutschen Kartoffel- ztichtung l~il3t sich am besten an dem Sortenbild erkennen, das die Gesamtheit der im Handel befindlichen Kartoffelsorten bietet. Dieses Bild hat sich in den letzten fiinf Jahren wesentlich ver/indert. Nicht nur die Zahl der Sorten hat eine bemerkenswerte Anderung erfahren, son- dern es l~il3t sich auch erkennei1, dab sich das Zuchtziel in einer bestimmten Richtung ver- schoben hat. Durch die Arbeiten der Kartoff~l- sorten-Registerkommission sind zun~ichst alle Sorten, die sich von ~ilteren, bereits auf dem Markt befindlichen nicht unterscheiden liel3en, also alle, die doppelt oder sogar mehrfach nur unter verschiedenem Namen vorhanden waren, festgestellt und von den landwirtschaftlichen KSrperschaften von der Anerkennung ausge- schlossen worden. Auf diese Weise ist die Zahl der Sorten um 137 vermindert, auBerdem sind eine Anzahl weniger wichtiger Sorten yon den Ziichtern zuriickgezogen worden. Es sind aber in den letzten ftinf Jahren wieder eine grol3e Zahl yon Neuziichtungen hinzugekommen. In der neuen Auflage meines Sortenbuches 1, das soeben in 4. Auflage erschienen ist, habe ich die Be- schreibungen yon I41 selbst~indigen deutschen Kartoffelzuchten und yon 29 ~ilteren deutschen und ausl~indischen Sorten, die als Lokalsorten zusammengefal3t sind, aufgef/ihrt. Durch eine Rundfrage bei den Ziichtern war vorher fest- gestellt worden, dab sich diese 141 Zuchtsorten als anerkannte Pflanzkartoffeln im Handel be- linden. Damit ist eine Grundlage fiir die Beur- teilung der Sortenzahl, die bisher durch das Vor- handensein der zahlreichen synonymen Sorten viel zu hoch angegeben wurde, geschaffen wor- den. Von den 19 Zuchtst~itten mit selbst~indigen Sorten, die 1925 in der 3. Auflage aufgeffihrt wurden, sind 7 mit 16 Sorten ausgeschieden. Dazu kommt, dab die Zuchtst~itte yon DOL- KOWSKI mit zahlreichen Sorten in polnischen Besitz iibergegangen ist. Es sind aber daffir 9 neue Zuchtst~itten mit 26 Sorten hinzuge- kommen. Wohin nun diese reiche Erzeugung neuer Sorten fiihren wird, erkennt man daran, dab im Jahre 1929 nicht weniger als I28 Neu- ztichtungen bei der Kartoffelsorten-Register-

1 SNELL: Kartoffelsorten. 4. Aufl. Verlag P. Parey. Berlin 1929.

kommission in Prtifung sind. Von diesen sind bisher nur eine kleine Anzahl als synonyme Sorten festgestellt worden; die meisten sind wirkliche Neuziichtungen, yon denen aber er- fahrungsgem~il3 bei weiterer Priifung eine grSBere Menge yon den Ziichtern fallen gelassen werden wird. Man wird aber damit rechnen miissen, dab etwa ein Viertel, das sind wieder 3o Neu- ziichtungen, in diesem Jahre zur Anerkennung als Original kommen werden.

Was nun die Zuchtrichtung anbetrifft, so geht aus der Liste der gelbfleischigen Sorten hervor, dab yon den I7o in der 4. Auflage beschriebenen Sorten 64, also mehr als ein Drittel, mehr oder weniger gelbfleischig sind. Gerade unter den in den letzten Jahren neu hinzugekommenen Sorten linden sich eine grol3e Zahl gelbfMschiger. Neben der Gelbfleischigkeit spielt die Krebs- festigkeit als Zuchtziel eine wichtige Rolle. Es sind bereits 45 krebsfeste Sorten aufgefiihrt, yon denen einige die Eigenschaft der Krebs- festigkeit und der Gelbfleischigkeit zugleich be- sitzen. Durch die Bestimmung der Deutschen Kartoffelkulturstation, nur noch krebsfeste Neuziichtungen in die Vorpr/ifungen aufzu- nehmen, wird diese Eigenschaft als Zuchtziel an die erste Stelle gertickt. Nach wie vor bleibt auch die Vereinigung eines hohen St~irkegehaltes mit der Krebsfestigkeit ein Zuchtziel, das in den letzten Jahren wieder sch6ne Erfolge gehabt hat.

Die Anerkennung einer Neuztichtung als Ori- ginal ist bekanntlich nicht nur v o n d e r Fest- stellung der Neuheit abh~ingig, sondern es wird auch der Nachweis der Leistungsf~ihigkeit in einwandfreien Versuchen gefordert. Vom theo- retischen Standpunkt aus mtil3t.e man auch ver- langen k6nnen, dab die neue Sorte gegeniiber den vorhandenen einen Fortschritt darstellt. Bei den Fabrikkartoffeln kann man die HShe des St~irkegehaltes zur Beurteilung benutzen. Bei Speisekartoffeln aber geht es wie in der Mode. ]~s handelt sich um eine Geschmackssache, und man wird nicht yon vornherein beurteilen kSnnen, wie die neue Sorte vom Markt aufge- nommen wird. Das eine aber diirfte sicher sein, dab weil3fleischige und weil3schalige Sorten, die sich weder durch Frtihreife noch durch Krebs- Iestigkeit auszeichnen, keineI1 Erfolg als Speise- kartoffeln haben werden.

Ftir die Schriftleitung verantwortlich: Bernhard Husfeld, Berlin. Verlag yon Julius Springer, Berlin W 9. Druck: Buchdruekerei Otto Regel G. m. b, H., Leipzig.