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Die Donau. Ein Fluss, der alles gesehen hat. Gyõr Jagodina Žilina Đakovo Braslava Haskovo Ruse Kardzhali Plovdiv Dobrich Roenburg a.d. Laaber Schumen Suceava Bălţi Trenčín Târgu Mureș Sibiu Belgrad Schwarzes Meer Adriatisches Meer (Mittelmeer) DEUTSCHLAND Budapest Temeswar Inn Drau Save Theiß Morava Olt (Alt) Pruth Donau RUMÄNIEN BULGARIEN SERBIEN KROATIEN UNGARN UKRAINE ÖSTERREICH SLOWAKEI REPUBLIK MOLDAU MONTE NEGRO BOSNIEN HERZEGOWINA TSCHECHIEN SLOWE NIEN ITALIEN SCHWEIZ Sofia Osijek Mohács Sremski Karlovci Suboca Craiova Chişinău Silistra Constanta Debrecen Miercurea Ciuc Obermarchtal Kiew Zagreb MAZEDONIEN Baja Margets- höchheim Pančevo Brigach Breg Bamberg Stara Zagora Lovech Cluj-Napoca Bukarest Kecskemét Eger Odessa Ismail Kragujevac Ausgewählte Texte eines Schreibwettbewerbs

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Die Donau. Ein Fluss, der alles gesehen hat.

Gyõr

Jagodina

Žilina

Đakovo

Bra�slava

Haskovo

Ruse

KardzhaliPlovdiv

Dobrich

Ro�enburg a.d. Laaber

Schumen

SuceavaBălţi

Trenčín

Târgu Mureș

Sibiu

BelgradSchwarzes

Meer Adr iat isches Meer

(Mit te lmeer)

D E U T S C H L A N D

Budapest

Temeswar

Inn

Drau

Save

Theiß

Morava

Olt(Alt)

Pruth

Donau

R U M Ä N I E N

B U L G A R I E N

S E R B I E N

K R O A T I E N

U N G A R N

U K R A I N E

Ö S T E R R E I C H

S L O W A K E I

R E P U B L I K M O L D A U

M O N T E  N E G R O

B O S N I E N  H E R Z E G O W I N A

T S C H E C H I E N

S L O W E  N I E N

I T A L I E N

S C H W E I Z

Sofia

Osijek

Mohács

Sremski Karlovci

Subo�ca

Craiova

Chişinău

Silistra Constanta

Debrecen

Miercurea Ciuc

Obermarchtal

Kiew

Berlin

Zagreb

G R I E C H E N  L A N D

M A Z E D O N I E N

T Ü R K E I

Baja

Margets-höchheim

Pančevo

Brigach

Breg

R U S S L A N D

B E L A R U S

Bamberg

Stara Zagora

Lovech

Cluj-Napoca

Bukarest

Kecskemét

Eger

Odessa

Ismail

Kragujevac

Ausgewählte Texte eines Schreibwettbewerbs

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Die Donau. Ein Fluss, der alles gesehen hat.

Ausgewählte Texte eines Schreibwettbewerbs im Rahmen des Projektes „Donau verbindet“ der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“

Fachberatung der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Sofia, September 2012

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Impressum

HerausgeberBundesverwaltungsamt – Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) –50728 KölnTelefon: 022899358-1431Telefax: 022899358-2854E-Mail: [email protected]

KonzeptMichael HabenbacherProjektleiter „Donau verbindet“und ZfA-Fachberater/Koordinator in BulgarienTelefon: 003592-9630300Telefax: 003592-9632865E-Mail: [email protected]: www.auslandsschulwesen.de/sofia

StandSeptember 2012

Gestaltung und DruckBundesverwaltungsamt50728 Köln

BildnachweisMichael Habenbacher: Seite 5, 6, 8, 11, 12, 15, 20, 24, 28, 31 und 32 Projektgruppe „Donau verbindet“: Seite 16 und 27 Marc Ryckaert: Seite 19

Internethttp://blog.pasch-net.de/donau/ www.auslandsschulwesen.dewww.auslandsschulwesen.de/sofiawww.bundesverwaltungsamt.dewww.pasch-net.de

Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers gestattet.

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Vorwort

„Die Donau. Ein Fluss, der alles gesehen hat.“ Zu die-sem Thema fand im Frühjahr 2012 für Schülerinnen und Schüler von PASCH-Schulen aus acht Donau-Anrainer-staaten ein Schreibwettbewerb statt. Aufgabe war, einen Text aus der Perspektive der Donau zu verfassen und dabei historische, kulturelle oder politische Aspekte mit einzubeziehen. Die Ausgestaltung durfte sich auf reale Ereignisse und Fakten stützen, konnte aber auch fiktio-

nalen Charakter haben. Die Gewinner aus den 9. bis 11. Klassen der Donauländer Bulgarien, Kroatien, Moldawien, Rumänien, Serbien, Slowa-kei, Ukraine und Ungarn erwartete ein einwöchiger Deutschland-Aufenthalt in einem internationalen Sommercamp am Oberlauf der Donau, im Kloster Obermarchtal.

Die in dieser Broschüre präsentierten 14 von insgesamt 43 prämierten Texten stellen nur eine kleine Auswahl der 150 eingereichten Beiträge dar. Die jungen Autorinnen und Autoren haben mit beachtlichem Gespür und sprachlichem Talent nicht nur das länderspezifische Kolorit „ihrer“ Donau erfasst, auch werden sehr häufig die länderü-bergreifenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der im Donauraum lebenden Men-schen beeindruckend thematisiert.

Der Schreibwettbewerb fand im Rahmen des Projekts „Donau verbindet“ statt und ist Teil der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft (PASCH)“, die vom Auswärtigen Amt in Zusammenarbeit mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), dem Goethe-Institut, dem Pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst getragen wird.

Ziel des Donau-Projekts ist, ein Netzwerk von Deutsch lernenden Jugendlichen an von Deutschland geförderten Schulen im Donauraum aufzubauen, die in regionalen und überregionalen Projekten für zwei Jahre zusammenarbeiten. Themen wie Migration, Ökologie, Archäologie, Kulturgeschichte und Literatur stehen hierbei im Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit. Die Abschlussveranstaltung mit der Gesamtpräsentation der Ergebnisse wird im Mai 2013 in Constanta/Rumänien im Donaudelta stattfinden.

Ich freue mich, Ihnen die ausgewählten Texte präsentieren zu dürfen und wünsche viel Vergnügen beim Lesen!

Ihr

Michael HabenbacherFachberater/Koordinator der ZfA in Sofia/BulgarienProjektleiter „Donau verbindet“

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Die Donau. Nur ein Fluss?

Eine Liebe, die nie endet zwischen meiner Mutter, der Brigach und meinem Vater, der Breg. Geboren bin ich vor langer Zeit in einer Stadt, die heute Donaueschingen heißt. Die Menschen gaben mir den Namen Donau, was aus dem altindoeuropäischen Wort dānu kommt und Fluss oder Strom bedeutet. Aber mein Name, so wie auch andere Namen, wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Ich heiße Dunav auf Kroatisch, Ser-bisch, Bulgarisch, Dunaj auf Slowakisch und Ukrainisch, Donau auf Deutsch, Duna auf Ungarisch, Dunărea auf Rumänisch und Istros auf Altgriechisch. Nicht nur diese Liebe zwischen meiner Mutter und meinem Vater endet nie, sondern die Liebe zwischen mir und den Menschen, Kulturen und Ländern, die ich schon seit Tausenden von Jahren begleite.

In Donaueschingen beginnt meine Geschichte vor langer Zeit. Während dieser Zeit habe ich viele Freund-schaften geschlossen und Vieles erlebt. Erstmals traf ich die Nean-dertaler, aber mit denen war meine Freundschaft nicht so gut und sie zogen nach kurzer Zeit weiter. Mei-ne erste gute Freundschaft schloss ich mit den Menschen aus Aurig-nacien. Im Altertum gründeten die Griechen, Thraker und Römer Ko-lonien neben meinem Ufer. Diese waren meistens Militärposten oder

Handelsstädte, so wurde ich immer mehr ein festlegendes Element in der Geschichte Europas. Die meisten dieser Städte existieren noch immer; Castra Regina (Regensburg), Vindobona (Wien), Aquincum (Budapest). Im Mittelalter entstanden neue Staaten: Un-garn, Tschechien und Bulgarien. Zwischen 1096-1099 wanderten die Ritter des Ersten Kreuzzuges an meinem Strom entlang, so diente ich den Völkern Europas als Heerstra-ße. 1456, gegen meinen Willen, überquerten mich die Türken und belagerten Belgrad, doch Dank János Hunyadi ist aus der Eroberung erstmals nichts geworden.

Der Tourismus begann zu boomen, und immer mehr Menschen kamen in die Städte, die neben mir lagen, um sie zu besichtigen und sich zu entspannen. Es wurden Werften

Csongor Molnár, 11. Klasse Gimnazija „Deže Kostolanji“ in Subotica/Serbien

Der Ursprung der Donau: Die Bregquelle in der Nähe von Furtwangen im Schwarzwald

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gebaut und der erste Dampfer wurde 1830 auf mich gesetzt. Als es mehr Schiffe gab, musste man meinen Strom regulieren, so dass die Schiffe besser reisen konnten. 1870 war mein Strom so reguliert, dass man überall hinkommen konnte. Nur der Weg vom Eisernen Tor bis zum Schwarzen Meer war noch sehr gefährlich. Das Osmanische Reich wurde immer schwächer und so entstanden weitere Staaten und Autonomien. Danach kamen die schweren Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkrieges, und überall in meiner Umgebung wurde gekämpft. Damit war dann aber Gott sei Dank für eine Zeit Schluss und es kamen die Jahre des Friedens. Die Menschen bauten einen Kanal, der mich und meine zwei guten Freunde, den Main und den Rhein, zusammenführte. Dieser Kanal verbindet Westeuropa mit Osteuropa. Was für eine Leistung, Dank mir und meiner Freunde! Darauf bin ich richtig stolz. Ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen überheblich, aber meiner Meinung nach darf ich das sein. Nach dem Balkankrieg wurde es leise um mich und endlich kehrte Ruhe ein.

So... das war meine Geschichte kurz gefasst. Was mache ich heute? Tja, das Leben geht weiter und ich fließe auch weiter. Als Begleiter habe ich neuerdings Tausende von Fahrradfahrern und es werden sogar Preisausschreiben auf meinen Namen durchge-führt. Aber nicht nur das. Nach mir wurden Städte benannt und auch im kulturellen Leben Europas spiele ich eine wichtige Rolle. Das finde ich ganz normal, denn ich bin ja schließlich die Donau. Johann Strauss schrieb über mich den Donauwalzer, der seine erfolgreichste Komposition ist. Mór Jókia schreibt in seinem Buch Hídember darüber, wie im damaligen Habsburger Reich in Budapest die erste Brücke gebaut wurde.

Am Ende kommt nochmal die Frage: Was oder wer bin ich? Nur ein Fluss, der durch ganz Europa fließt? Nein, ich bin sehr viel mehr als das. Ein Botschafter zwischen den Völkern, Staaten und Kulturen Europas. Ein vielleicht für immer existierendes Element, das im Kartenspiel der Geschichte immer einen Trumpf auszuspielen hat. Wenn ich das jetzt durchdenke, bin ich so gesehen eher ein Wunder. Schließlich binde ich die Menschen zu einer großen Familie zusammen und hoffe, dass wir für immer in Frieden leben. Hoffentlich endet diese Liebe nie.

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Die kleine Prinzessin und die Donau

Es lebte einmal vor vielen Jahren eine Königsfamilie in einem Schloss in Deutschland am Fuße vom Schwarzwald. Der König und die Königin hatten eine kleine und wunder-schöne Tochter. Sie hieß Marie und war sehr neugierig und wissbegierig.

Die kleine Prinzessin Marie ging eines Tages sich die Donauquelle ansehen, über die alle Einwohner ihres Dorfes sprachen. Und wirklich, als sie dorthin ging, war Marie von der Aussicht entzückt. Marie warf eine Münze zum Glück in die Quelle und machte sich ruhig auf den Weg nach ihrem Schloss, aber als sie sich umdrehte, stieß sie auf einen seltsamen Jungen. Er erzählte ihr, dass er und seine Freunde nach Abenteuer suchten und dass sie beschlossen hatten, die Orte, die der Fluss durchfließt, kennen zu lernen, indem sie dem Flusslauf entlang mit einem Ballon fliegen. Sie schlugen der kleinen Prinzessin vor mitzukommen. Marie dachte kurz nach und erklärte sich einverstanden.

Sie machten sich auf den Weg zu dem Ballon und nach einigen Stunden konnte man sie sehen, sich hoch über das Dorf erheben. Die kleine Marie war so sehr aufgeregt, dass sie vergessen hatte, ihren Eltern Bescheid zu sa-gen, aber es war schon spät. Sie flogen schon über den Fluss, der von oben noch prächtiger schien. Sie flogen über viele Felder, die der Fluss durchfloss und sie bewäs-serte. Der Ballon mit den kleinen Abenteurern flog an vielen Hügeln und Gebirgen vorbei, folgend den Kurven des Flusses.

Überfliegend die Donau, erzählten ihr die Jungen über den Fluss. Sie sagten ihr, dass der Fluss vor mehreren Jahren viele Namen hatte, aber die Serben und die Kroaten gaben ihm den Namen „Donau“. Sie erzählten auch, dass von ihrer Quelle bis zum Schwarzen Meer, wo sie sich ergoss, 2780 km liegen und dass viele Flüsse in sie mün-den, damit sie so groß und wasserreich stromabwärts würde. Sie sagten ihr auch, dass die Donau der einzige Fluss ist, der durch 10 Staaten fließt und dass er in vielen Werken der großen Schriftsteller erwähnt wird.

Ralitsa Todorova, 9. KlasseFremdsprachengymnasium „Exarch Jossif I“ in Lovech/Bulgarien

Donaubachquelle im Schlosspark Donaueschingen

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So traumverloren im Gespräch, waren sie schon unbemerkt über Wien. Unter ihnen stand das Riesenrad, sie sahen auch die Hofburg, wovon Maries Vater ihr erzählt hatte. Sie flogen über weitere Städte wie Bratislava und auch Budapest, bis sie einen kleinen Staat namens Bulgarien erreichten. Die Donau berührte seine nördliche Seite und war seine Grenze an Rumänien. Das Land war klein, aber auf seiner kleinen Fläche gab es hohe Berge, weite Ebenen und man hatte Zugang aufs Meer. Die kleinen Abenteurer sahen unten Fischerboote mit Menschen, die für die Ernährung ihrer Familien sorgen mussten. Als sie über den Fluss flogen, hörten sie unter ihnen viele Menschen verschie-dene Sprachen sprechen und sahen viele verschiedene Nationalitäten. Sie erkannten etwa 17 Sprachen und sahen hunderte von Sehenswürdigkeiten.

Sie schwebten zum großen Delta, durch die die Donau ins Schwarze Meer einmündet, aber leider hatten sie keinen Heizstoff mehr und sie mussten landen. So konnten sie ihr seltsames Verkehrsmittel nicht mehr benutzen und waren gezwungen, auf ein Schiff zu steigen, das stromaufwärts nach Deutschland fuhr.

Während ihrer Reise auf der Donau, die zwei Tage und zwei Nächte dauerte, lernte Ma-rie neue Länder kennen und verstand, dass im Kern der großen Dinge kleine Dinge ste-cken. Die große und erhabene Donau entsprang aus einer kleinen und schönen Quelle und darin mündeten viele kleine Flüsse, so dass sie von Hesiod „Nils Bruder und Tetidas Sohn – der Göttin des Meeres“ und von Napoleon „König der Flüsse“ genannt wurde.

Als die kleine Marie endlich wieder nach Hause ankam, freuten sich ihre Eltern, der König und die Königin, sehr. Nun haben alle Bewohner des Schlosses ein paar Tage gefeiert und die interessanten Geschichten der Prinzessin Marie bewundert. Danach lebten sie alle lange Zeit glücklich und erzählten die Geschichte der Prinzessin weiter.

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Donaustationen

Zunächst möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Donau und ich bin in West-Deutschland im Schwarzwald geboren. Meine Mutter heißt Brigach und mein Vater heißt Breg. Mein Geburtsort ist sehr schön, aber auch sehr hart. Trotzdem bin ich noch klein und sehr jung und möchte neue Leute, Länder und Flüsse kennenlernen. Direkt am Anfang treffe ich auf eine kleine Stadt Tuttlingen. Diese Stadt ist sehr schön und auch malerisch. Obwohl hier freundliche Leute sind, muss ich weiter und ein bisschen an Stärke gewinnen.

Aber jetzt komme ich in die nächste Stadt. Ich denke, dass sie Uml oder Ulm heißt. Ich weiß nicht genau. Aber ich weiß eine Tatsache über diese Stadt. In dieser Stadt leben nette Leute. Und vor diesem Ort kommt von der rech-ten Seite mein neuer Freund hinzu, und das ist der Fluss Iller. Er will mit mir zusammen reisen und das freut mich. Und jetzt fließen wir mitein-ander. Dann treffe ich den nächsten neuen Freund, die Isar. Die erzählt mir etwas über die schöne Stadt München. Langsam verlasse ich meine Heimat und schmachte nach meinem Geburtsort, dem Schwarz-wald.

Wenn ich Deutschland verlasse, bin ich traurig, aber jetzt in Österreich, habe ich schnell gute Laune. In diesem Land sind nette und behilfliche Leute. So bin ich näher an Wien und fühle mich stärker und schwebe mit meinen Wellen nach der Musik von Johann Strauss. Ich fühle, wie Strauss an meinem Ufer sitzt und komponiert „An der schönen blauen Donau“. Oh, wie ist der Prater schön und hoch! Schade, dass ich meine Reise fortsetzen muss. Die Melodie von Strauss begleitet mich in den nächsten Staat, die Slowakei.

Hier besuche ich die Hauptstadt Bratislava. Hier in Bratislava gefällt es mir sehr, sehr gut. In dieser Stadt fühle ich, wie ich gefeiert bin von Ján Kollár in seinem Gedicht

Andrej Nemček, 10. KlasseGymnázium Žilina in Žilina/Slowakei

Fischerviertel in Ulm

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„Slávy dcéra“. Wenn ich durch diese Stadt fließe, sehe ich die große Burg Devín, die zerstört ist. Kurz darauf sehe ich ein großes und auch schönes Schloß, das eine Domi-nante von Bratislava ist. Oh, ich erblicke auch das moderne Einkaufszentrum „Galeria Eurovea“. Aber leider muss ich weiter fließen. Schade, ich möchte etwas für mich ein-kaufen. Schade! Ich verlasse Hügelländer und es kommt etwas Neues - nackte Felder. Jetzt verlasse ich die Slowakei und trete in Ungarn ein.

Ich komme noch nicht zurecht in Ungarn und schon besuche ich die Hauptstadt Bu-dapest. Ich gehe durch die Stadt zwischen Buda und Pest. Hier gibt es viele Sehens-würdigkeiten. Ich sehe zum Beispiel das Parlament oder die Budinsburg. Hinter Buda-pest ist es möglich, wunderschöne Tiere zu sehen. Zum Beispiel edle Schwäne - große, schöne und mit einem langen Hals. Manchmal sehe ich einzelne Enten. Jetzt fühle ich mich fast am stärksten. Diese Felder geben mir Kraft. Langsam verlasse ich auch diesen Staat.

Wenn ich immer mehr einzelne Ländern hinter mir lasse, fühle ich mich temperament-voller. Es ist lustig, dass die Leute die Grenze der Länder nach meinem Weg machen. Ich freue mich, dass ich auf meiner linken Seite Serbien treffe und auf meiner rechten Seite Kroatien. Aber jetzt treffe ich nur Serbien. Für einen Moment bin ich in Belgrad. Kurz vor Belgrad begegne ich meinem neuen Freund Save. Sie kommt aus den Alpen. Schade, dass ich nicht die Alpen besuchen kann. Belgrad ist eine schöne und auch gro-ße Stadt.

Und jetzt treffe ich in Rumänien ein. Hier gibt es viele Fischer. Und sie erzählen mir über einen schrecklichen, schlechten Graf. Er hieß angeblich Dracula und trank menschliches Blut. Ich hoffe, dass ich ihn nicht treffe. Gott sei Dank sehe ich an dem linken Ufer immer noch Rumänen und auf der rechten Seite temperamentvolle Bul-garen. Wenn ich entlang der Grenze fließe, begegne ich viele Leuten, die erzählen mir etwas Neues. Aber schade, ich muss Bulgarien verlassen. Bald soll ich in Constanta eine Abschiedsparty organisieren. Wo ich näher und näher am Meer bin, habe ich größere Angst vor neuen Menschen, aber ich bin auch gespannt und neugierig wie diese Leute sind. Aber jetzt, wenn ich an dem Schwarzen Meer bin, verlässt mich meine Angst. Jetzt bin ich am Ende meines Weges und ich bin glücklich, dass ich viel Neues gesehen und erlebt habe. Ein wunderschönes Erlebnis!

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Donaukonferenz

„Ich freue mich, dass ihr zur Konferenz ‚Probleme der Flüsse mit dem Klimawandel‘ habt kommen können. Ich fasse jetzt zusammen, worüber wir schon gesprochen ha-ben. Der Nil sagte, dass in Afrika bei seinem Delta die überfluteten Gelände stetig wach-sen. Aus Nordamerika sind die Flüsse Mississippi und Hudson gekommen. Mississippi zeigte, wie groß die Probleme bei seinen Sümpfen sind, und der Hudson erklärte, dass in New York wegen des Klimawandels Hochwasser und Wirbelstürme entstehen. Aus Südamerika trauerte der Fluss Amazonas darüber, dass ‚die Lungen der Erde‘ zugrunde gehen werden. Aus Asien signalisierte der Fluss Ganges, dass bei ihm die Reisfelder überflutet wurden. Aus Europa können wir die Flüsse Themse und Donau begrüßen. Der Fluss Themse hat davor Angst, dass sein Gewässer London überfluten wird. Und jetzt kommst du, Donau. Was bedrückt dich?“

„Ich bin schon sehr, sehr alt. Ich bin der zweitlängs-te Fluss in Europa und ich bin der internationalste Fluss in der Welt. 10 Länder durchquere ich. Ufer von 4 Hauptstädten spülen meine Gewässer: Wien, Budapest, Pressburg und Belgrad. Ich habe schon vieles erlebt. Im Altertum haben die Grie-chen durch mich gehan-delt. Ich war eine natürliche Grenze des Römerreichs. Und dann sah ich die gro-

ßen ungarisch-türkischen Kriege. Zu jener Zeit wurde der ungarische König Matthias in meinem eingefrorenen Körper gekrönt. Während der österreichisch-ungarischen Monarchie haben Dampfschiffe an meinen Gewässern zu fahren begonnen. Ich habe die Grauen des Ersten und Zweiten Weltkriegs erlebt. Außerdem bin ich Mitglied des Rhein-Main-Donau-Kanals schon seit 1992.

Im Gegensatz zu früher werde ich heutzutage nicht mehr geschätzt. Man beschäf-tigt sich nicht mit meiner natürlichen Kostbarkeit. Zum Beispiel hier sind meine toten

Marianna Boda, 10. KlasseGimnázium „Bolyai János“ in Kecskemét/Ungarn

Donau in Aljmaš, Kroatien

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Arme, in denen viel Plankton lebt. Meiner Ansicht nach spielt Plankton eine sehr wich-tige Rolle in meinem Gewässer. Erstens ist es Nahrung vieler Tiere und zweitens baut Plankton viele Verschmutzungen ab, die durch die Menschen verursacht wurden. Aber die Anzahl sinkt ständig gegenüber der Zahlen der Wasserverschmutzungen. Ich bin deswegen ernst besorgt. Außer Plankton sind noch viele Gewächse und Tiere in Ge-fahr geraten. Im Gegensatz zu früher kann man heute nicht so viel angeln, weil meine Fischbestände immer mehr zurück gehen. Und es gibt auch Tierarten, die schon beina-he ausgestorben sind. Zum Beispiel der Flusskrebs.

Zum Glück gibt es solche Menschen auch, die mir zu helfen versuchen. Ich habe mehr als 15 Nationalparks. Aber vergebens versuchen die einen mich zu bewahren, während die anderen mein Aussehen umformen wollen. Man errichtet Wälle, reguliert mich ständig, und man baut Stauwerke. Deshalb bin ich jetzt völlig verwirrt. Mein Gewässer tritt permanent über oder schwellt ab. Aber nicht das bekümmert mich vornehmlich. Ich habe erfahren, dass ich in der Liste der 10 meist gefährdeten Flüsse in der Welt stehe. Ich bin völlig geschockt. Was die Liste betrifft, handelt es sich darum, dass ich durch die Kraftwerke und durch die Konvertierung des Flussbetts bedroht werde. Der Grund ist das, dass man wegen der großen Schiffe eine Tiefe von 2,5 Meter sichern soll. Infolge dessen darf man in meinen einzelnen Strecken buddeln. Es fällt mir schwer abzunehmen.

Die Schifffahrt hat in der Natur schon auch bisher viele beträchtliche Schäden verur-sacht. Die Schiffe mit großer Geschwindigkeit machen große Wogen, die die Fische ans niedrige Ufer werfen. Danach ersticken die Fische in der Luft. Und was die Dämme angeht, kann ich mich an den Vorfall noch gut erinnern, als man in meinem Bogen, in dem Donauknie, einen Damm als eine schöne Attraktion bauen wollte.

Das sind also meine Probleme, und nicht nur meine, sondern auch die Probleme der Menschheit. Ich bin nicht gewöhnt, dass man mich so ungerecht behandelt. Ich per-sönlich denke, dass man Umweltbewusstsein lernen muss. Man muss aufhören die Erde auszubeuten. Ich kann nicht mehr großzügig sein. Wir müssen diese Probleme lösen.“

„Danke, liebe Donau! Wir sind alle mit dir einverstanden. Wir zweifeln nicht daran, dass es so nicht weiter gehen kann. Die Flüsse haben schon einen Schritt für die Sache getan. Jetzt ist die Menschheit dran!“

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Die drei Wünsche der Donau

Vor sehr vielen Jahren lebte ein armer Mann. Er wurde ins Arbeitslager ins Donaudelta gebracht, um dort den Donau-Schwarzmeer-Kanal zu bauen. Die Arbeit war sehr hart und er musste von morgens bis abends arbeiten. Er bekam sehr wenig zu essen und deswegen bastelte er sich ein Fischernetz, um fischen zu können. Er stellte es ins klare Wasser und kaum vergingen einige Minuten, da blieb immer etwas gefangen. Als er einmal das Netz aus dem Wasser zog, konnte er kaum seinen Augen glauben. Es war ein goldener Fisch drin. Dieser sprach: „Wenn du mich am Leben lässt, dann erfülle ich dir drei Wünsche. Alles wird in Erfüllung gehen. Ich verspreche es dir.“

Das Herz des armen Menschen schlug ganz schnell. Er hatte es ja so schwer. Deshalb antwortete er sofort: „Ich wünsche mir gerade drei Sachen auf dieser Welt: Erstens möchte ich von hier befreit werden. Mein zweiter Wunsch ist, durch die weite Welt zu reisen, drittens möchte ich wenigstens seelisch mit all den Plätzen verbunden bleiben, die ich besuche, um dadurch ewig zu leben und frei zu sein.“

An demselben Nachmittag kamen die Wächter und befreiten den Mann, der Otto hieß. Er bekam auch einen Beutel Geld und ein gutes Boot. Er baute sich ein Haus im Schwarzwald, weil er nur weit weg wollte und noch immer Angst hatte, wieder ins Gefängnis gebracht zu werden. In der Tiefe des Waldes fühlte er sich in Sicherheit. Er machte lange Spaziergänge und bewunderte täglich die Quelle, aus dem ein Fluss entsprang.

Eines Tages beschloss er, sich auf den Weg zu machen, um die Welt zu sehen. Er stieg in sein Boot. Er musste nicht paddeln, weil ihn die Ströme des Flusses trugen. So kam er durch zehn Länder: Deutschland, Österreich, Slowakei, Kroatien, Ungarn, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und Ukraine. Er beobachtete die Lebensart dieser Leute, lebte eine Zeit mit jedem Volk zusammen, sah ihrem Stil zu, ohne richtig zu ver-stehen, worüber sie redeten. Als er in Rumänien war und sein Heimatland wiedersah, erinnerte er sich an sein früheres Leben: Wie er in einer armen Bauernfamilie aufge-wachsen war und danach ins Gefängnis und zur Zwangsarbeit gebracht wurde. Jetzt war der Kanal schon fertig. Der Kanal, der verfluchte Kanal, für den er so viel gelitten hatte. Es fiel ihm ein, wie viele andere arme Menschen er dort kennengelernt hatte. Ihre Lebensgeschichten. Plötzlich fühlte er sich alleine. Er verbrachte Jahre in jedem besuchten Land und inzwischen wurde er ein alter Mann mit weißem Bart. Diejenigen, die seine Lebensgeschichte kannten, waren schon längst tot oder von hier weggezo-

Petra-Brigitta Dancs, 10. KlasseColegiul National „George Cosbuc“ in Cluj/Rumänien

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gen. Der einzige Zeuge seiner Vergangenheit war der stille aber so breite Fluss. So viele Erinnerungen ... aber alles war noch so frisch in seinem Gedächtnis, als ob es nur jetzt passiert wäre.

Er ging in das Dorf, wo seine Familie gelebt hatte. Er näherte sich dem Haus, dem kleinen Elternhaus, das er so oft im Traum gesehen hatte und so gut in der Wirklich-keit kannte. Er erfuhr von den Nachbarn, dass seine Familie nicht mehr da war. Seine Eltern waren gestorben und seine Brüder längst weggezogen. Niemand wusste, wohin. Er spürte, dass er nicht mehr lange leben wird. In seinem Leben kam es so, wie er es geträumt hatte. Er hat schon alles erlebt, was er sich damals vom Goldfisch gewünscht hatte.

Er wäre gerne in seiner Heimat geblieben, aber es hatte keinen Sinn. Niemand von seinen Be-kannten, Freunden oder Verwandten war da. Otto blickte ins Wasser und sah sein Bild. Nicht nur seine Gesichtszüge, das Äußere, sondern auch das Innere. Der Fluss war der Einzi-ge, in dem er sich wider-spiegelte. Nach zwei Jah-ren starb Otto. Nun war die Zeit gekommen, dass

auch sein letzter Wunsch in Erfüllung geht. Weil er ein guter Mensch war, der nieman-dem was Schlimmes angetan hatte, verwandelte sich seine Seele in den Schaum des Flusses. In seinem Leben hat er so vieles gesehen, er wurde alt und weise und nun war er die Donau selbst: Die Donau, ein Fluss, der alles gesehen hat.

Fischer im Donaudelta, Ukraine

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Die kranke Donau

Viele Jahre schon beobachte ich die Menschen - ihre Entwicklung, ihr Leben. Meine Zukunft hängt von ihnen ab. Ich schaue nach ihnen und denke, wie sie so viel verän-dern können. Früher war ich glücklich, gesund, zufrieden. Die Menschen sind jeden Tag zu mir gekommen, um Fisch zu angeln, Wäsche zu waschen, die Tiere zu tränken und die Gärten zu bewässern. Jetzt ist es aber anders. Ich bin krank, da zu viel Schmutz in mir ist, und kann nur Krankheiten verursachen. Für die Leute bin ich nur eine Attraktion und niemand kümmert sich um mich.

Aber warum bin ich krank? Woher kam meine Erkrankung? Vielleicht vom Müll, der jeden Tag in mein Wasser von den Menschen gewor-fen wird? Oder liegt es an den vie-len Schadstoffen, die die Fabriken in mich leiten? Die Menschheit hat viele Veränderungen ertragen - zum Beispiel die Erfindung des Stroms und die Entwicklung von Kernkraftwerken. Sind diese Er-findungen aber das Wichtigste für das Leben? Ich habe vieles gese-

hen, deshalb bin ich der Meinung, dass die Natur an erster Stelle stehen soll. Das Le-ben existiert gar nicht ohne Natur. Die Menschen denken mehr an sich selbst und ihre technische Entwicklung, statt an die Natur. Was wollen sie? Natur, die sie heilen kann, die sie glücklich macht, oder Natur, die nur Krankheiten anrichtet? Vielleicht haben sie diese Frage noch nicht gestellt. Dieses Problem wirkt sich nicht nur auf mich aus. Viele Wälder werden täglich abgehackt, damit neue „notwendige” Gebäude gebaut werden. Die Luft wird verschmutzt und immer mehr Leute werden dadurch erkranken.

Ein Beispiel für solche Verschmutzung ist der Unfall in der ungarischen Aluminium-fabrik. Die Umweltkatastrophe bedroht auch mich und den Fluss Raab, der in mich fließt. Ja, solche Fabriken sind wichtig für die Menschen und ihr Leben, aber warum gibt es so wenige Kläranlagen an meinem Ufer? Neben allen Fabriken müssen solche Kläranlagen gebaut werden, damit ich leichter wieder gesund werde. Ich vermisse die zahlreichen Fische, die in meinem Wasser schwammen, die Kinder, die ohne Angst mit

Svilen Krassenov Stefanov, 9. KlasseGalabov-Gymnasium in Sofia/Bulgarien

Biosphärenreservat Srebarna/Rumänien an der Donau

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mir spielten und jetzt erwachsen sind. Wenn sie zu mir kommen, sehe ich die Trauer in ihren Gesichtern. Ich will wie früher leben.

Deswegen wende ich mich an die Menschen: Ich brauche eure Liebe. Wenn ihr Kläran-lagen bauen würdet, so wäre ich wieder gesund. Da könntet ihr wieder zu mir kommen und zusammen werden wir glücklich sein. Aber wenn sie mich weiter verschmutzen, so werde ich kränker. Deshalb sollen sie aufmerksamer sein und sich auch mehr um mich kümmern. Manchmal bin ich nicht sicher, warum sie das machen. Warum lassen sie ihren Müll an meinem Ufer, warum werfen sie alles, was sie nicht mehr brauchen, in mich – Plastiktüten, Fischerzubehör, Metallteile? Vielleicht wissen sie das auch nicht oder machen sie das absichtlich? Das Problem ist, dass niemand etwas dafür macht, obwohl die negativen Folgen deutlich sichtbar sind. Das muss anders werden und jeder soll dafür sorgen. Viele meinen: „Warum soll ich etwas machen, wenn mein Freund es nicht tut?” Deshalb möchte ich sagen: Man soll für seine Handlungen verantwortlich sein und nicht für die Taten der anderen. Nur so werde ich wieder gesund!

Schließlich möchte ich Folgendes raten: Die Menschen sind die klügsten Lebewesen auf der Erde. Jeder aber macht Fehler und ihm kann geholfen werden. Deshalb gebe ich diese Ratschläge, um einfach den Menschen zu helfen. Manche werden vielleicht unzufrieden damit, aber die Wahrheit ist nicht immer schön. Wenn die Menschen mei-ne Worte berücksichtigen, so werden sie ihre Probleme leicht lösen und danach besser leben. Falls die Menschen und die Natur im Gleichgewicht sind und alle etwas zusam-men dafür machen, dann wird das Leben aller Lebewesen glücklicher. Menschen, bitte helft mir, ich will meine Hoffnung nicht verlieren!

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Liebe auf den ersten Blick

Gestatten: Donau. Ich stamme aus dem Schwarzwald. Meine Mutter ist das Quellwas-ser, und mein Vater ist der Schwarzwald. Als ich erwachsen wurde, heiratete ich das Schwarze Meer. Ich lege täglich einen weiten Weg zurück, bis ich meinen Mann treffe. Darüber werde ich jetzt erzählen.

Bis ich meinen Schatz erreiche und mit ihm zusammen bin, muss ich durch Deutsch-land, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien und die Ukraine fließen. Die Geschichte dieser Länder ist sehr interessant. Im Laufe der Jahre habe ich sehr viel davon miterlebt. Ich erlebte den Ersten und Zweiten Weltkrieg mit und auch den Aufstand in Ungarn im Jahre 1956. Jeden Morgen, wenn ich aufwache, denke ich daran, wo ich schon einmal war und was ich miterlebt habe. Schon vor langer Zeit verließ ich zum ersten Mal meine Heimat. Am Ende meiner Reise traf ich auf das Schwarze Meer. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Die Erde veränderte sich, mein Lauf auch. Es gab die ersten Lebewesen. Sie sahen sehr komisch aus. Zum Geburtstag schickte mir mein Freund, das Schwarze Meer, eines von ihnen. Dieses Lebewesen hatte acht Beine und schwamm natürlich im Wasser. Leider starb es nach kurzer Zeit, weil es mein süßes Wasser nicht mochte. Meine Mama hat mir damals schon gesagt, dass ich keine Haustiere halten sollte, weil ich nie zu Hause, sondern immer unterwegs bin. Später habe ich es dann eingesehen. Aber da gab es ganze Fischsorten in meinem Wasser nicht mehr, und selbst die Goldfische mochten mich nicht.

Meinen Eltern habe ich immer von meinen Reisen berichtet. Eines meiner schönsten Erlebnisse hatte ich in Ungarn. Ich erinnere mich nämlich noch gut an die ersten Un-garn. Sie hatten sieben Fürsten, die alle gerne in meinem Wasser badeten. Wenn ich mich richtig erinnere hießen sie Àlmos, Előd, Ond, Kond, Tas, Huba und Töhötöm. Im-mer wenn ich durch Ungarn fließe, kann ich mir sicher sein, dort auch ein paar Freunde zu treffen. Sie heißen Raab, Sió und Eipel und sind alle sehr nett. Den Rest des Weges fließen sie weiter mit mir, als ob sie meine Kinder wären.

Auch durch Österreich fließe ich immer wieder gerne. Die Menschen sind nett und freundlich dort, und sie machen gerne Musik. Über mich haben sie viele schöne Lieder geschrieben. Manche sagen, meine Wellen tanzen im Walzertakt, wenn ich an Wien vorbeifließe. Am liebsten bin ich immer nett und freundlich zu allen Leuten. Aber

Fanni Oláh, 11. KlasseGimnázium „Kossuth Lajos“ in Budapest/Ungarn

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manchmal muss ich so viel Wasser zu meinem Mann bringen, dass es mir viel zu eng in meinem Bett wird. Leider muss ich dann schon einmal über die Ufer treten, vor allem dann, wenn meine Freunde in Deutschland, Österreich und in Ungarn viel Wasser mit-bringen. Inzwischen wissen die Menschen aber, wann ich mehr Platz brauche, und sie bringen sich rechtzeitig in Sicherheit.

An Ungarn habe ich leider auch einige schlechte Erinnerungen. Im Laufe der Geschichte sind dort sehr viele Kugeln in mir ge-landet. Am schlimmsten war es in der Zeit, als die Türken nach Ungarn kamen und natürlich im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Im Zweiten Weltkrieg erlitt ich eine große Verletzung. Die Ket-tenbrücke in Budapest stürzte in mich hinein, und das tat sehr weh. Ich wollte schnell weiter, aber ich konnte nicht, weil die

Brücke so schwer war. Aber sie wurde aus mir herausgeholt und später wieder neu aufgebaut. Immer, wenn ich heute unter ihr hindurchfließe, muss ich an das schreckli-che Ereignis vor mehr als sechzig Jahren zurückdenken.

Kurz hinter Budapest steht häufig die heute sechzehnjährige Fanni Oláh an meinem Ufer. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sie sehe, denn dabei erinnere ich mich an die Geschichte ihrer Familie. Noch heute bin ich ganz stolz darauf, dass ich nach Ende des Zweiten Weltkrieges zur Rettung ihres Urgroßvaters und eines Urgroßonkels beige-tragen habe. Die beiden Männer waren in der Nähe von Passau aus der Kriegsgefan-genschaft geflohen und wollten zurück in ihre ungarische Heimat. Sie haben ein Boot gestohlen und wollten mit ihm bis hinter Budapest nach Tass rudern. Das war natürlich ein langer Weg, aber ich konnte den beiden Männern mit meiner Strömung kräftig hel-fen. Dann habe ich mich mit ihnen gefreut, als sie in ihrem Heimatdorf an Land gehen konnten. Natürlich habe ich noch mehr Menschen gerettet, entweder im Krieg oder in gefährlichen Situationen. Leider kam es aber auch viel öfter vor, dass Menschenblut mein Wasser rot färbte.

Nach dem letzten Weltkrieg wurde alles viel besser. Touristen fahren auf schönen wei-ßen Schiffen meinen Lauf entlang und bewundern die Schönheiten an meinen Ufern. Glückliche Familien spazieren an mir vorbei, und immer mehr Brücken verbinden mei-ne zwei Ufer miteinander. Die Menschen stehen auf Brücken oder am Ufer und freuen sich über meinen Anblick. Zurücklächeln kann ich nicht, aber ich kann sie auf dem Weg zu meinem Mann durch viele befreundete Länder mit einem besonderen Wellenschlag begrüßen.

Kettenbrücke über die Donau in Budapest

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An Kroatien entlang

Heute fließe ich durch ein schönes Land, durch Kroatien. Hier sind die Menschen sehr nett und hier kann man viel lernen. Zuerst fließe ich nach Ilok. Das ist die östlichste Stadt in Kroatien. Sie liegt an einem Hügel. Lok ist eine kleine aber feine Stadt. Ich kann überall Bäume und Pflanzen sehen. Alles ist grün hier, sogar ich. Hier gibt es auch viele Weinberge. Ilok ist bekannt für seinen guten Wein. Einmal hat ein Junge fast die ganze Flasche Rotwein in mich geschüttet. Das war lecker. Hier kann ich viele historische Gebäude sehen. Es wäre toll, wenn ich sie von Innen sehen könnte.

Oh, da ist ein Boot. Es fährt jetzt mit mir. In dem Boot ist eine kleine Familie. Der Vater steuert das kleine Boot, die Mutter spielt mit den zwei Kindern. Und die Kinder sehen die Fische an. Das ist sehr schön. Aber jetzt fließe ich weiter.

Schon bin ich in Vukovar. Vukovar hat einen großen Hafen, deshalb gibt es so viele Schiffe auf mir. Hier war es auch früher schöner. In Vukovar gab es einen großen Krieg. Das war im Jahre 1991. Dann kam die jugoslawische und serbische Armee. Sie haben die Stadt bombardiert. Sehr viele Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Ich kann immer noch sehen, dass der Krieg schrecklich war. Der Wasserturm, den ich sehe, ist zerstört. Neben mir steht auch ein Denkmal für die Verteidiger von Vukovar. Heute ist es besser. Aber die Leute vergessen es nie.

In der Stadt gibt es viele barocke Gebäude. Auch ein schönes Schloss der Grafen von Eltz und ein Franziskanerkloster, was ich leider nicht alles von hier sehen kann. Ne-ben mir laufen ein paar Kinder mit einem Hund. Sie spielen mit einem roten Ball und rennen. Der Hund macht auch mit. Aber jetzt ist ihnen der Ball auf mich gefallen. Der Hund ist schon in mir. Er schwimmt schnell und holt den Ball für die Kinder. Und sie jubeln und tanzen und springen vor Freude.

Nun bin ich in Borovo. Das ist ein kleines Dorf neben Vukovar. Es ist bekannt für die Schuhfabrik. Die Fabrik war früher größer, aber dann kam der Krieg. Borovo war sehr zerstört und viele Menschen wurden getötet. Die Fabrik war auch größer vor dem Krieg. Heute arbeiten dort viel weniger Leute. Aber ihre Schuhe sind immer noch schön und besonders. Am Ufer sehe ich zwei Mädchen. Das sind zwei Teenager. Sie sitzen nur da und reden. Die eine wirft Steine in mich. Das finde ich nicht so gut. Ich mag nicht, wenn jemand so etwas macht. Aber es freut mich, dass sie lachen. Sie machen Witze und sprechen über die Schule. Beide tragen Startas-Schuhe. Das sind Schuhe aus Borovo.

Katarina Čičak, 10. KlasseI. Gymnasium Osijek in Osijek/Kroatien

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Aljmaš ist auch ein nettes Dorf. Es ist bekannt als Marienwallfahrtsort. Die Geschichte geht so: Zuerst wurde eine Statue von Maria im Feuer vernichtet, aber ein Bild der Statue blieb erhalten. Und sie bauten eine neue Kirche. Aber die Kirche war von ser-bischen Truppen vollständig zerstört in dem Krieg. In der zerstörten Kirche blieb die Marienstatue unbeschädigt. Nach dem Krieg wurde eine neue Kirche gebaut, die ich auch jetzt sehe. Sie hat die Form einer Welle. Jedes Jahr kommen viele Leute nach Aljmaš und beten die „Muttergottes der Zuflucht“ an. Am Ufer spazieren drei Nonnen mit Kindern aus der Schule. Sie sagen, dass die Mutter Gottes über uns allen wacht und uns alle beschützt. Und alle können immer mit ihr reden. Die Kinder hören zu und se-hen mich an. Sie erzählen ihnen, was mit der Kirche und der Statue im Aljmaš passiert ist. Die Geschichte höre ich mir immer wieder gern an.

Jetzt bin ich in Batina, das ist ein Dorf. Von hier kann man die Kir-che sehr gut sehen. Und es gibt viele Häuser neben ihr. Es gefällt mir dass es hier viele grüne Flä-chen gibt. Hier war ich auch ein paar Mal in den Häusern. Wegen viel Regen und der Flut. In einem Boot sitzen ein paar Jugendliche und sie sprechen über mich. Sie sagen, dass ich sehr schön und groß bin. Und ihr Traum ist es, einmal alle Länder, wo ich bin, zu besuchen.

Und jetzt ist meine Reise durch Kroatien zu Ende. Ich fließe weiter und erforsche an-dere Länder. Vielleicht lerne ich noch mehr über die Geschichte, die mit mir verbunden ist.

Wallfahrtskirche in Aljmaš, Kroatien

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Unsterbliche Donau

Seit langen Jahren spricht man über mich. Jeder, ob kleine Kinder oder alte Menschen, sie kennen mich. Ich habe alles gesehen und mich mit so vielen Leuten getroffen. Im-merhin war und werde ich unsterblich sein. Ich bin die Erinnerung an die Freiheit der Kultur und der Gedanken des europäischen Volks. Ein Fluss, der alles gesehen hat, das bin ich – die Donau. Vor so vielen Jahrhunderten begann meine Geschichte.

Es war 1420, ich strömte durch Deutschland. Neben einer kleinen Stadt beobachtete ich einen Jungen. Ich hielt bei ihm. „Wer bist du? Ich warte auf dich, komm schon her!“ Der Junge wandte sich überrascht und starrte mich an. „Wer spricht?“, hörte ich ihn fra-gen. „Die Donau!”, antwortete ich. „Aber wieso sprichst du, du bist nur ein Fluss?” „Ja, so denken die Leute, aber ich habe auch eine Seele. Ich fahre durch zehn verschiedene Länder, um bemerkenswerte Menschen zu finden. Meine Reise beginnt hier, in unserer Heimat. So, erzähl mir wer du bist!” „Ich bin Johannes Guttenberg. In meinem ganzen Leben war ich von Büchern umkreist. Ich habe einige Ideen für eine Maschine, mit der die Bücher leichter kopiert werden”, sagte Johannes. „Eine Idee! Das klingt so interes-sant, aber jetzt habe ich überhaupt keine Zeit! Ich muss nach Österreich fließen. Ich hoffe, dass ich etwas über dich und deine Maschine hören werde. Ich wünsche dir viel Erfolg!“ Als ich nach Österreich floss, gingen die Jahre vorbei. Ich hörte über Johannes’ Erfolg – er hatte eine Druckmaschine erfunden.

Wien! Ist das Maria Theresia? Als ich sie sah, ging sie durch ihren Garten spazieren. Sie trug ein hübsches Kleid und erfrischte sich mit einem Fächer. „Oh, Donau! Du bist so majestätisch!” „Maria, du bist so nett, wie immer. Ich bin sicher, dass eines Tages du so berühmt wie eine Herrscherin des Heiligen Römischen Reichs bist und auch Herzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen sein wirst!”

Als ich durch die Slowakei floss, regnete es. Es gab niemanden am Ufer, nur die unver-gesslichen Wälder des Landes. Sie waren immer grün und erinnerten mich an die Natur meiner Heimat.

Die nächste Haltestelle war Ungarn. Als ich auf ungarisches Land trat, hörte ich eine wunderschöne Melodie! „Wer komponierte diese Musik? Ich will ihn momentan ken-nen lernen!” „Ich bin Franz Liszt und die Melodie heißt „Ungarische Rhapsodie“. Das ist mein berühmtestes Musikwerk!” Das war die zärtlichste Melodie, die ich je gehört hatte. „Franz, ich bin sicher, dass eines Tages du ganz berühmt sein wirst! Aber jetzt

Diana Toncheva, 11. KlasseSchiller-Schule in Ruse/Bulgarien

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muss ich weiter! Ich wünsche dir viel Erfolg!”

In Kroatien verbrachte ich nur ein bisschen Zeit. An der Grenze wartete ein Mann. „Ich bin Tugomir Allaupowitsch, ein Dichter aus Kroatien. Ich warte auf meinen guten Freund – Branislaw Nuschitsch, ein serbischer Dichter.“ „Ich muss weiterfließen“, sagte ich. „Falls ich deinen Freund sehe, sage ich ihm, dass du auf ihn wartest! Schönen Tag!”, wünschte ich und floss weiter.

Als ich nach Serbien strömte, sah ich Branislaw und schenkte ihm Grüße. Er wusste schon, dass er sich ein bisschen beeilen musste. Die Strömung zog mich an. Ich war schon in Bulgarien, aber es war spät in der Nacht. Ein Stern fiel aus dem Himmel direkt ins Wasser. „Oh, was für eine Fantasie! Die Stimme dieser Frau ist zauberhaft! Ich wer-de sie nie vergessen!”, sagte der Stern. Er war so aufgeregt. „Was für eine Stimme? Was hattest du dort oben gehört?”, fragte ich. „Eine Frau singt im Weltall!“ Das glaubte ich nicht. „Wieso? Das bin ich! Mein Name ist Walja Balkanska, meine Stimme wurde ins Weltall mit dem Lied ‚Izlel e Delio Haidutin‘ geschickt. Ich bin eine bulgarische Sän-gerin“, sagte sie. „Was für unglaubliche Stimmen gibt es in Bulgarien! Ich fließe weiter und wünsche euch alles Gute!“

Im Norden grenzt Bulgarien an Rumänien. Das war meine nächste Haltestelle. Dort lern-te ich einen Mann kennen – er hieß George Zamfirr und war ein Musiker, der auf der gan-zen Welt berühmt war. Danach befand ich mich in Moldawien, aber dort gab es niemanden am Ufer. Ich war traurig, denn ich war allein. Ich konnte die Schönheit mit niemandem tei-len.

Die Endstelle meiner Reise war die Ukraine. Ein kleines Mädchen saß am Ufer und spielte. „Ich heiße Mila Jowowitsch. Und du?” „Donau!“, bekam sie als Antwort. „Du bist so klein, was machst du hier allein?“ „Ich träume!“ „Wovon?” „Ich habe einen Traum – Schauspielerin zu werden!” „Du bist so hübsch, ich bin sicher du wirst eine Schauspielerin werden!”, sagte ich. „Ich freue mich auf unser Treffen, aber jetzt ruhe ich mich aus. Das Schwarze Meer wartet auf mich!”, antwortete ich und floss weg.

Meine Reise dauerte lange – vom Altertum bis heute. Und sie endet nicht. Ich reise durch diese Länder immer noch und beobachte, wie sie sich verändern und was pas-siert. Ich bin der Fluss, der immer hier war und immer hier fließen wird. Die Donau – ein Fluss, der nie sterben wird.

Donaugrenzfluss zwischen Rumänien und Bulgarien

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Ein kleines Mädchen und die Donau

Jetzt erzähle ich euch die Geschichte von einem kleinen Mädchen, das mit dem Fluss Donau verbunden ist. Die Grundlage dieser Geschichte ist die Großartigkeit und die Erhabenheit der Donau und die mächtige Beziehung zwischen den Menschen und der Natur – in diesem Fall zwischen Vanessa und dem Fluss Donau.

Auf einem kleinen Stück Land, das neben dem Fluss war, stand ein kleines Häuschen. Davor gab es ein unverändertes Bild mit vielen Fischernetzen und einem Fischerboot. Vom frühen Mor-gen bis zum späten Abend verlief Vanessas Kindheit mit Spielen an dem Ufer. Hier wartete sie auf ihren Vater, wenn er fischen ging und von hier begleitete sie ihn nach Hause mit dem großen Fischfang. Eine von den Lieb-lingsbeschäftigungen Vanessas

war auch ihre Zeit mit ihrem Vater beim Fischen. Das passierte nicht oft, aber sie liebte das, weil sie alles von ihrem Boot beobachten konnte. In dem ruhigen und reichen Gewässer, das reich an Fischen war, traf sie ihre Freunde - verschiedene Arten von Tie-ren und Fischen und an dem Ufer leisteten ihr Hasen, Wildkatzen, Wildschweine und andere Gesellschaft.

So gingen die Jahre vorbei, Vanessa wuchs. Ihr ganzes Leben wurde von der Nähe zur Donau bestimmt. In dem rauhen Winter vereiste der Fluss und Vanessa und die ande-ren Kinder spielten lange und fuhren zusammen Schlittschuhe. Im Frühling beobach-tete sie von ihren Fenstern aus, wie das Eis sich immer mehr von den Ufern zurück-zog. Der Winterschlaf der Donau war zu Ende und der Fluss wurde zu neuem Leben erweckt, für einen neuen und besseren Anfang. Die Blumen, die Schmetterlinge und die Tiere, alles begann wieder zu leben. Als sie ein Schwarm Fische traf, war das für sie ein einzigartiges Gefühl. Ihre silbernen Bäuche leuchteten auf, bevor sie in der Tiefe verschwanden. Im gleichen Zeitpunkt flog von dem Himmel ein Vogel herunter und fing einen Fisch aus dem Wasser. Ihre Lieblingsbäume waren die Pappel und die Wei-

Vanesa Dimitrova, 10. Klasse73. Schule „Vladislav Gramatik” in Sofia/Bulgarien

Fischerhaus an der Donau in der Ukraine

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de. Diese zwei Arten von Bäumen wuchsen in der Nähe von der Donau. Das schöne Naturbild wurde oft gestört. Jeden Tag vom Morgen bis zum Abend fuhren kleine und große Schiffe und Tanker auf der Donau. Vanessa beobachtete sie und winkte immer den Leuten darauf. Die Kapitäne erwiderten mit den Sirenen und grüßten auf diese Weise das Mädchen.

Aber eines Tages veränderte sich alles. Viele Bauarbeiter und Maschinen kamen. Mit ihnen kamen auch viele Menschen. Sie wollten in dem kleinen Städtchen ein Atom-kraftwerk bauen. Vanessa wusste noch nicht, was das alles bedeutete und was für Fol-gen das mit sich trägt. Nach einem Jahr erhoben sich hohe Gebäude und Schornsteine. Der Fluss musste große Mengen Wasser für dieses neue Werk liefern. Keiner schenkte mehr irgendwelche Aufmerksamkeit den Tieren, Schmetterlingen, Fischen und Bäu-men. Das kleine Mädchen war erstaunt und beunruhigt, weil sie nach kurzer Zeit in dem Fluss leblose Fische schwimmen sah und entlang des Ufers fand es tote Vögel. Die Zweige der Bäume, die am Ufer wuchsen, verwelkten. Dann ging Vanessa zu ihrem Va-ter und fragte ihn, warum der Fluss so verändert und traurig aussah. Ihr Vater erklärte mit viel Kummer, dass die Leute die Natur vernichteten und ihren Ausgleich zerstörten.

Als Vanessa das alles erfuhr, war sie geschockt. Sie konnte nicht glauben, dass ihre Freundin, die Donau, schwer krank war. Mit jedem Tag wurde der Zustand des Flusses immer schlechter. Wegen der Verseuchung des Wassers wurde der Fischfang einge-stellt. Ihr Vater hatte keine Arbeit mehr. So beschloss Vanessas Familie, die Stadt zu verlassen. Das Mädchen war sehr traurig und verabschiedete sich für lange Zeit von dem Fluss. Sie wollte Abschied von ihren Freunden, den Bäumen, den Schmetterlingen und den Fischen nehmen. Sie waren aber nirgendwo zu finden. Viele Jahre vergingen, Vanessa wurde erwachsen, beendete die Schule und die Universität. Sie vermisste den Fluss und oft träumte sie nachts von ihm. Sie sah sich in ihrer kleinen Stadt und fand nur leere Häuser, Straßen und keine Lebensmerkmale. Es war das schrecklichste ge-schehen.

Das Atomkraftwerk war explodiert. Jetzt waren die Luft, die Erde und das Wasser ver-giftet. Alle Tiere und Pflanzen starben. Die Schmetterlinge, die Bäume und die Fische waren verschwunden. Überall blieb nur die radioaktive Strahlung, sogar der Regen war verseucht. Vanessa konnte ihren Augen nicht trauen. Sie war so traurig. Obwohl es eine große Gefahr für ihre Gesundheit war, wollte sie ihren Fluss zum letzten Mal sehen. Als sie sich dem Ufer näherte, sah sie nur Leichen. Sie staunte, sie konnte keinen Teil ihres Körpers fühlen. Sie stand stundenlang bei ihrem Fluss. Sie konnte das alles nicht glauben. Deshalb lief sie langsam in den Fluss. Bald fühlte sie, dass ihre Kräfte ihren Körper verließen und dass sie versank. In diesem Moment konnte sie überhaupt nicht begreifen... Dann wachte sie auf und begriff, dass alles nur ein Alptraum war.

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Liebesleid

Die Menschen übertreiben oft, wenn sie etwas sagen. Die Menschen sagen, dass sie den Regen lieben, aber die erste Regentropfen fühlend, suchen sie schnell, wo kann man sich verstecken, um nicht naß zu werden. Die Menschen sagen, dass sie den Wind lieben, aber die kleinste Brise fühlend, machen sie das Fenster zu. Die Menschen sagen, dass sie alles in dieser Welt gesehen haben, tatsächlich haben sie fast nichts gesehen.

Wir, die Flüsse, sind diejenigen, die fast alles sehen und fühlen. Unser Leben ist das Wasser, das ständig fließt, deswegen ist unser Leben fast endlos. Ich bin die Donau, der zweitgrößte und zweitlängste Fluß in Europa. Ich lebe in einer festen Umarmung mit 10 verschiedenen Ländern. Es gibt viele Lebensgeschichten, die spannend, lustig oder tragisch sind. Alle diese Jahre habe ich tausende Geschichten von allen Ländern gesehen und gefühlt. Obwohl ich schon alt bin, kenne ich jede Geschichte, vom Anfang bis zum Ende. Ich kenne alle Einzelheiten. Jetzt möchte ich aber Ihnen meine Lieb-lingsgeschichte erzählen. Es geht um eine Liebesgeschichte, eine von den schönsten.

Diese Geschichte beginnt in einem armen Land, das außer guten Leuten, leckeren Spei-sen und fruchtbarer Erde mit schönen Landschaften, gar nichts anderes hat. Es geht um Moldawien. Der kleinste Teil von mir ist auch von diesem Land umarmt, aber das bedeutet noch nicht, dass es weniger als andere Länder mich liebt und braucht.

In diesem kleinen Land, in einer kleinen Stadt, die mehr als ein Dorf aussah, konnte man glauben, dass die Menschen so etwas wie Freude oder einfach ein Lächeln nie kannten. Die schwierige Arbeit, die Armut und das schlechte Wetter brachten den Ein-druck, dass Gott dieses Erdteil vergessen hatte. Da kam aber ein besonderer Tag, als ein kleines Mädchen auf die Welt kam. Ihre Eltern waren zwei ehrliche Menschen, die das Schicksal hatten, täglich auf dem Markt zu arbeiten. Die Tochter war für sie wie ein Sonnenstrahl auf dem dunkel bewölkten Himmel. Das war ein hübsches Mädchen, das orangenfarbige Haare und tiefe grüne Augen hatte. Als sie ihre ersten Schritte ge-macht hat, konnten ihre Eltern sie schon nicht mehr stoppen. Sie freute sich über jede Kleinigkeit, und gab sich die Mühe, anderen auch Freude zu bringen. Die Eltern waren stolz darauf, die Nachbarn waren voll Neid, aber trotzdem hatte jeder dieses Kind gern.

Als sie ein bißchen älter war, half sie immer ihren Eltern auf den Markt. Sie kam auch jeden Abend, um den Sonnenausgang zu beobachten. Das war ihre Lieblingsbeschäfti-gung, sie erzählte mir alles, was sie auf ihre Seele hatte.

Alexandra Damir, 10. KlasseLyzeum „Mihail Kogalniceanu“ in Chisinau/Moldawien

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In dieser Zeit wurde der Hafenbau begonnen. Es dauerte noch ein paar Jahre bis der Hafen fertig war. Dieser Tag wurde von allen ungeduldig erwartet, der Tag, als das erste Schiff kam. Die Stadteinwohner sind zum Hafen gekommen, um mit Brot und Salz die Gäste zu treffen. Das Schiff näherte sich. Nur das Mädchen ist nicht gekommen, sie half ihren Eltern. Wie immer an diesem Tag musste sie die frischen Fische verkaufen. Bis spät machte sie ihre Arbeit und kam erst zu mir, als der Sonnenuntergang schon vorbei war. Sie setzte sich neben mein Ufer und begann wie immer, mir etwas zu er-zählen.

Einen jungen Matrosen bemerk-te sie aber nicht. Er näherte sich und setzte sich neben sie. Mit einer stillen Stimme erzählte er ihr über seinen Tag. Sie haben den ganzen Abend über nichts Besonderes gesprochen, den-noch ist so ist ihre gegenseitige Liebe entstanden. Das Schiff kam jeden Sonntag und das Mädchen bereitete sich wie für ein Fest darauf vor. Jede Woche hatten sie einen Tag füreinander.

Sie waren wie echte Kinder. Sie spielten und sangen, sammelten die Blumen, lachten immer, liefen durch den Regen und warteten auf den Wind, um den Drachen fliegen zu lassen. Das verdrießlichste Wetter war nie ein Grund für schlechte Laune.

An diesem Sonntag hatte das Schiff eine Verspätung und ich glaube, dass ich schuld daran war. Der Matrose sprang ins Wasser, um seinen winkenden Freund zu helfen. Er hat ihm geholfen, sich selbst konnte er nicht mehr helfen. Ich wollte sein Leben nicht mitnehmen, aber so ist das geschehen...

Sie konnte es nicht glauben. Das Mädchen setzte sich neben mein Ufer und weinte. Ich fühlte jede bitterliche Träne, die in mein Wasser fiel. Ich fühlte ihren ganzen Schmerz. Kein Lächeln war mehr auf ihrem Gesicht. Die Stadt wurde wieder so grau wie früher. Sie hat keine andere Liebe gefunden. Jetzt ist sie eine alte Frau, die zu mir kommt und singt die Lieder von damals.

Fischmarkt in Moldawien

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Schlechte Diagnose

Es ist ein kühler Sonntagmorgen. Ein gewöhnliches Wochenende. Die Sonne geht noch nicht auf. Fast alle schlafen, ich aber nicht. Drei Seeadler weckten mich vor einer Stun-de auf. Sie wollten mir mitteilen, dass der schöne Frühling da ist. Ich habe mich riesig über diese Nachricht gefreut. Dieser Winter war sehr schwer für mich. Ich konnte unter dem Eis kaum atmen. Ich war dick zugefroren. „Das war zum Eislaufen ideal“, dachten viele. Ich war mit ihnen nicht einverstanden, weil das lebensgefährlich ist. Ich versuch-te das allen zu erklären, aber ohne Erfolg. Die Eisfläche war so dick, dass die Leute mich einfach nicht hören konnten. Zwei Schüler tauchten wegen des Einbrechens des Eises ins Wasser, aber ich war glücklich, dass sie schnell raus kommen konnten. Sie weinten und ich weinte mit. Den ganzen Abend danach war ich nervös und konnte nicht einschlafen.

Na ja, heute fühle ich mich besser, ich begrüße den neuen Tag und beobachte mit großem Interesse, was in unserer Um-gebung passiert. Ich ströme in große Schilfwälder, Sümpfe, Inseln, man kann denken, man gelangt in die Vergangenheit. Ich bin sehr alt und kann mit Sicherheit sagen, dass das Ge-lände in manchen Gegenden von Menschen unberührt zu sein scheint. Reiher, Pelikane und Seeadler fühlen sich in

meinem Delta wie zu Hause. Wie schön sind eigentlich diese Vogelarten! Und meine besten und treuen Freunde die Fische, solche, wie zum Beispiel, Hecht, Barsch, Aal und Zander machen unsere Region sehenswert. Nicht wahr? Sehen Sie nach links! Einige Leute sitzen am Ufer, sie erholen sich. Ich kann das sehr gut verstehen. Mein Delta ist ein idealer Ort für die Leute, die Distanz vom Alltag gewinnen wollen. Für die Angler bin ich wie der Garten Eden. Unsere Region zieht auch Ornithologen an und alle, die sich für Flora und Fauna interessieren. Das hat mir neulich mein Bruder, der rumäni-sche Teil des Donaudeltas, erzählt.

Georgii Paches, 11. KlasseMittelschule No. 19 in Odessa/Ukraine

Nebenarm im Donaudelta, Rumänien

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Für mein Alter bin ich noch ziemlich munter. Jeden Tag erlebe ich viel Neues! Nur ei-nige Krankheiten, die durch die Eingriffe durch Menschenhand und Industrialisierung entstehen, quälen mich sehr. Gestern untersuchte mich ein bekannter Arzt namens Natur. Seine Diagnose lautete: Asthma. Die Symptome ergaben sich aufgrund der Ver-engung meiner Atemwege durch die Wasserverschmutzung. Ich leide deswegen unter Luftknappheit. Wegen des schmutzigen Wassers fällt es mir oft schwer, ausreichend Luft zu holen. Manchmal habe ich sogar Angst, wegen der Abfälle, die Leute und Fabri-ken in mich schmeißen, zu ersticken. Diese traurige Diagnose hat mich überhaupt nicht überrascht, aber ich weiß nicht, wie ich diesen Teufelskreis durchbrechen kann. Kennen Sie das Lied der Band „Terrorgruppe“, das „Der Rhein ist tot“ heißt? Ich fürchte, dass man bald auch über mich so ein Lied schreibt. Die Menschen sollten verstehen, dass sogar eine weggeworfene Batterie mein Grundwasser vergiften kann. Und ein Liter ge-brauchtes Motoröl verschmutzt eine Million Liter Wasser. Außerdem kann der Verlust meiner Auenflächen die Hochwassergefahr erhöhen.

Es wird spät, die Sonne verschwindet. Es regnet, der Himmel weint und ich werde von seinen Tränen nass. Ich zittere. Es wird sehr leise, der Mond spielt auf meinem Wasser und singt mir Gute-Nacht-Lieder. Wieder ein Tag ist vorbei. Wie schnell vergeht die Zeit. Es ist Mitternacht. Ich schlafe ein und träume von der Zeit, als ich noch jung, was-serreich und sauber war. Damals begeisterte ich viele Dichter und Maler, die mir ihre Werke widmeten. In meinem Traum sehe ich mein Leben ohne Sorgen und das Gesicht des Kindes. Ich höre es lachen. Der Traum wird bunter und schöner und schenkt mir Hoffnung auf ein besseres und längeres Leben. Ich bleibe optimistisch. Ich will nicht glauben, dass die Menschen meine Feinde sind. Ich möchte ihnen vertrauen und hof-fen, dass sie endlich verstehen, wie wichtig wir füreinander sind.

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Die Geschichte des Donaudeltas

Die Flüsse lieben das Reisen. Sie fließen durch Tausende von Regionen, schenken der Natur, aber auch den Menschen, wunderschöne Aussichten und hinterlassen interes-sante Spuren, so dass man sie nicht vergessen kann.

Es war einmal ein kleiner, schmächtiger Fluss, der Donau hieß und der im Schwarzwald in Deutschland wohnte. Der Fluss liebte es zu reisen und wollte immer neue Plätze kennenlernen. Eines Tages dachte er daran, eine Reise nach Europa zu unternehmen. Gesagt und getan, in ein paar Tagen war die Donau gut vorbereitet für die große Reise.

Die Donau, eine kleine, schüchterne Wasserschicht, die nur so dünn war, wie ein Stück Faden, begann, ein wenig erregt, aber trotzdem mutig, zu fließen. Zunächst floss sie durch Ulm, wo sie mit kleinen Wasserwellen das Haus von Albert Einstein, dem größ-ten Physiker der Welt, berühren konnte. Danach gelang der Fluss nach Wien, wo er wie ein Spiegel für das berühmte Riesenrad war. Und floss weiter und weiter und war immer begeisterter davon, was er in allen Ländern sah. Er floss noch durch die Slo-wakei, Ungarn, an Kroatien vorbei, durch Serbien, danach an Bulgarien und Rumänien vorbei. In Rumänien wendet er sich nach Norden und gibt Moldawien und der Ukraine sein linkes Ufer. Und auf seinem Weg durch alle diese wunderschönen Länder, wurde er immer größer und tiefer, genau wie ein Kind, das mit der Zeit immer reifer und ge-scheiter wird.

Wie schon gesagt, kam die Donau auf ihrem Weg auch in Rumänien an und wollte eine kleine Pause nehmen, weil sie sich müde und verschwommen fühlte. Auf einmal er-blickte sie einen magischen Platz: etwas, was die Donau noch nirgends gesehen hatte. Es war das Delta. Das Delta sah wie ein See aus, umkreist von wunderschönen Pflanzen, die in einem unendlichen Schönheitswettbewerb waren, von Vögeln und Fliegen, die zwischen den bunten Blättern Verstecken spielten. Alles schien der Donau nicht real zu sein, es war eine himmlische Landschaft. Himmlisch aber auch magisch. „Wunderst du dich darüber, was du hier siehst?”, fragte auf einmal eine dünne und schüchterne Stimme. „Klar! Ich floss fast durch ganz Europa, aber nirgends blieb ich so verzaubert. Alles ist so phantastisch, du hast wirklich Glück, dass du hier wohnst“, antwortete die Donau. „Ich weiß, dass ich großes Glück habe. aber warte ein wenig, du hast nicht alles gesehen, komm näher, komm, ohne Angst“, erwiderte sie.

Das Delta hat die Donau näher gerufen, um ihr alle Geheimnisse des magischen Platzes

Sabina Emanuela Boilă, 11. KlasseColegiul Naţional „Alexandru Papiu Ilarian” in Târgu-Mureş/Rumänien

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zu zeigen. Die Fische schwammen froh durch die beiden Gewässer, berührt von den Strahlen der Sonne, die sich in dem himmelblauen Wasser spiegelten. Das Delta und die Donau fühlten sich wohl zusammen. Sie spielten mit dem Wasser und mit kleinen Wellen spritzten sie die Pflanzen an und lachten sie dann aus. Kurz, sie hatten eine schöne Zeit miteinander.

„Alles ist wie ein Traum. Ich will nicht aufwachen, ich will nicht weggehen!”, sag-te traurig die Donau. „Aber du musst ja nicht unbedingt gehen, bleib hier, bleibe mit mir!”, erwiderte das Delta. „Bist du dir sicher, dass al-les in Ordnung sein wird?”, fragte die Donau ein biss-chen verunsichert. „Ja, wir werden wie zwei Schwes-tern sein, wir werden für immer vereinigt sein, und

niemand wird uns jemals tren-nen, ich verspreche es dir!“, sagte das Delta gespannt. „Versprichst du mir das?”, fragte noch mal die Donau. „Bestimmt. Du kannst mir ruhig vertrauen.“ Und so blieben sie zusammen.

Auf einmal fiel auf die beiden Gewässer ein helles Licht vom Himmel. Das Delta und die Donau wurden verschwommener und verschwommener und kamen einander im-mer näher, bis sie vollständig zusammengeflossen waren. In diesem Moment schweb-ten silbernen Wasserkristalle im Himmel und vom Himmel fielen dann sehr kleine, goldene Stückchen aus der Sonne, die in das „vereinigte“ Wasser gelangten. Die beiden Gewässer waren jetzt ein und dasselbe, sie wurden zum Donaudelta. Alle waren froh, alle Pflanzen tanzten und jubelten umher, die Vögel flogen stolz durch die Luft und die Fliegen … die Fliegen, die spielten Verstecken zwischen den grünen Blättern.

Das Donaudelta musste aber all diesen wunderbaren Geschöpfen schlechte Nachrich-ten geben: Sie muss ins Schwarze Meer fließen, denn so steht es im uralten Vermächt-nis: wenn sich zwei Gewässer miteinander vereinen, dann müssen sie die Freude und die Schönheit mit dem Meer teilen, um es schöner, reizender und stolzer zu machen. Denn, wenn das Meer nicht immer an Schönheit gewinnt, dann wird es wütend und wird den Zauber brechen, das Donaudelta wird versiegen und sich in Schlamm verwan-deln. Und das Donaudelta verabschiedete sich von all ihren Freunden. Zwar ein wenig traurig, aber trotzdem auf neue Abenteuer gespannt, floss es ins Schwarze Meer, das schon wartete.

Kormorane im Donaudelta

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Auf dem Weg zum Nullkilometer

Ich bin die Donau, bin für einen ruhigen Fluss in Bulgarien, für einen schnellen klang-vollen Fluss in Deutschland bekannt. Die alten Griechen nannten mich „Bruder des Ozeans“.

Und versuchen Sie meinen Ursprung auf der Karte zu finden? Früher gab es viel Streit darüber. Aber nun kann ich deutlich antworten - die Berge im Schwarzwald. Dort bin ich immer noch zu schmal und schwach, aber ich gebe einen Anfang dem deutschen Fluss Aax. Manchmal spüre ich mich dort einsam, unter der majestätischen Stille der Natur, darum ströme ich in Nord-Ost in das überfüllte Regensburg. Und dort spazieren die Touristen durch die Steinbrücke. Mir gefällt es echt, im Rahmen der Regensburger Domklänge zu fließen, touristische Schiffe und deutsche Kähne füttern mich mit Bio-kraftstoffen. „Oh, unheimlich lecker!“ Verstehen Sie, mich stören touristische Paparaz-zi, darum ströme ich weiter in den Wiener Talkessel. Der Wiener Wald und Weinberge haben mich überall umringt. Man kann hier verschiedenartige Schiffe sehen, aber für mich ist es sehr schwer, in diesem Stapel vom schwimmenden Metall zu atmen. Zu-sätzlich die Touristen mit ihren Fotoapparaten. Ich bin müde! Ströme also weiter ins Tiefland, vorne sind Ungarn, Slowakei, Rumänien, Kroatien…

Igitt!!! Was ist das! Ausflie-ßen von Abfällen des Alumini-umwerks. Hier fühle ich mich besonders schlecht. Ich will schneller weg von den giftigen Abfällen, weiter in die Slowa-kei fließen. In zehn Minuten bin ich schon in Bratislava, wo eine Menge Touristen auf der Brücke auf mich schaut. Und plötzlich höre ich, dass jemand sagt: „Zu meiner Enttäuschung, statt der blauen Farbe wie in den Liedern,

sind die Donauer Wellen enttäu-schend sandgelb!“ Und es ist wahr, dass sich mein Wasser in den letzten Jahrzehnten sehr verändert hat.

Alexandra Doroschenko, 10. KlasseAllgemeinbildende Schule No. 16 in Ismail/Ukraine

Null-Kilometer in der Ukraine

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So beeile ich mich mit der traurigen Stimmung und fließe weiter, um bald in Rumä-nien und in Bulgarien abzubiegen und schließlich die Ukraine mit der linken Seite zu berühren.

Hier ist es schön leise und frei, weil man nicht so viele Schiffe ringsumher sehen kann, das bedeutet, dass ich erst in Vukovar, in Kroatien, bin. Ich habe gehört, dass es beson-ders gut für die Gesundheit ist und auch für die gute Laune, 10 Minuten pro Tag die Stille zu hören, deshalb habe ich jetzt eine wunderschöne Gelegenheit, diese Methode zu prüfen. Aus diesem Grund halte ich mich hier ein bisschen auf.

Also, ich habe schon die Stille gehört und ich muss dringend weiter fließen. Ich fühle mich wahrlich besser. Jetzt kann ich weiter in die malerische Ukraine und nach Rumä-nien strömen!

Etwas Klebriges ist haftengeblieben. Oh, es ist Heizöl! Ich bin nicht so gut von den ukrainischen und rumänischen Häfen geschützt, wahrscheinlich sie denken, dass ich mich selbst ohne zusätzliche Hilfe von diesem Dreck befreien könnte! Natürlich bin ich unsäglich stark, aber ich bin kein Zauberer! Von welcher Methode soll man mich reinigen? Die Ukraine hat eine chemische Methode, Rumänien – eine mechanische. Na, das klärt sich schon!

Leider geht meine aufregende Reise zu Ende, weil ich direkt am Null-Kilometer bin. Oh, dieses wunderschöne Denkmal, diese „Null“ finde ich toll. So eine gute Möglichkeit für die Menschen, ihre Wünsche in Erfüllung zu bringen. Aber ist es nicht für die Menschen langweilig, ständig durch die Null zu klettern? Ich wäre unsäglich froh darüber, wenn sich einer der Touristen wünschen würde, die Ukraine endlich in die Europäische Union aufzunehmen. In diesem Fall hätten die Touristen keine Probleme mit dem Visum und die Reise auf mir würde jedem Menschen nur positive Gefühle schenken. Die Leute könnten eine traumhafte Gelegenheit haben, meine majestätischen Landschaften zu genießen. Das wäre ein echtes Glück für mich! Hoffentlich irgendwann…

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