die differentialdiagnose zwischen tumor und tuberkulose der lunge

5
30. APRIL I~26 XLINISCHE \u 5. JAHRGANG. Nr. I8 8oi bauer der t3estrahlung je i o Minuten. Die Dosis war therapeutisch geniigend, indem die Metrorhagien aufgeh6rt haben und die Pat. seither keine Menses hatte. Die Kranke erhielt die Dosis zuerst auf die linke ]3auchseite (am io. VI. x9e 4 und am_ iI. VI. I924). Als sie zur 3. ]3estrahlung (der rechten ]3auchseite) am I2. VI. r924 erschien, stellten wir auf der bestrahlten Bauchhaut eine R6tung test, welche genau den Grenzen des bestrahlten ttautviereckes entsprach. Das Erythem verursachte der Kranken keinerlei Beschwerden nnd stellte sich auch sonst wie eine typische sog. Fri~hreaktion dar, wie sie in der R6ntgentherapie.zur Beobachtung kommt. Die rechte Bauchseite zeigte nach den ]3estrahlungen kein Frflherythem, obgleich die an- gewendete Dosis die gleiche war, wie auf der linken Seite. Die R6tu~g links blaBte in einigen Tagen ohne weiteres ab. 2 Monate Sparer trat links in dem bestrahlten Gebiete wieder ein Erythem auf; diesmal war es mit schmerzhaftem Brennen ver- bunden. Der konsultierende Arzt hat eine Salbenbehandlung ein- geleitet; es trat jedoch eine Verschlimmernng des Leidens ant; es bildeten sich Blasen und kleine Nekrosen; die Schmerzen wurden zeitweise sehr heftig. Die Affektion dauerte etwa 3 Monate, worauf Heilung erfolgte. Die Kranke stellte sich ein Jahr ~ach den Bestrahlungen vor. Die Inspektion der Bauchhaut der sonst in besten Wohlbefinden stehenden Kranken, ergab ein eigentflmliches 13ild. Es war, ent- sprechend den bestrahlten Hautpartien, eine Depigmentation der Haut eingetreten. DaB es sich um kelnerlel symmetrlsch auftretende Affektion handelte, bewies die Tatsache, dab die Grenzen der depigmen- tierten Bezirke ungleich weir yon der Medianlinie liegen, was eine Folge der mehr nach auBen erfolgten Einstellung des Focus der R6ntgenr6hre bet der ]3estrahlung der rechten Seite war. Man erkennt, dab ant der linken Seite der Pigmentverlust sehr scharf die Grenzen des bestrahlten Viereckes einh~lt. Man sieht in dem depigmentierten Feld einzelne Teleangiektasien. Das rechte Viereck ist landkartenartig begrenzt und zeigt unver- Xnderte depigmentierte Haut. Diese Depigmentation war nicht Folge eines R6ntgenerythems, da sie auch rechts aufgetreten ist, wo hie ein Erythem bestand. Sie war jedoeh an den Stellen, wo vorher ein R6ntgenerythem auf- getreten war, scharfer ausgepr~gt. Die Depigmentation verhielt sich also derart, wie sonst eine Pigmentation der Haut nach RSntgen- bestrahlnng aufzutreten pflegt. Sie war bet einer Strahleneinwir- kung, we!che unterhalb der Erythem erzeugenden StfLrke blieb, schw~tcher ausgeprXgt, dagegen stark als post-erythematSse Er- scheinnng. Unsere Beobachtung zeigt demnach, dab die Haut nach tldntgen- bestrahlung statt mit Pigmentation, mlt Depigmentation antworten kann, wobei eine Gradation des Ausbleichungseffektes je nach der St~rke der Strahleneinwirkung auftritt. Die R6ntgensch~digung, welche in diesem Falle transitorisch auf der linken Bauchseite aufgetreten ist, war durch keinen Kunst- Iehler hervorgerufen. Im gleichen Zeitabschnitt wurden mit dem- selben Instrumentarium und derselben Methode 3 andere Kranke wegen Metrorhagien bestrahlt und keine yon ihnen hatte irgend, welche ttautver~nderungen. Wit mfissen auf Grund des vorliegen- den Falles zu den pr~idisponierenden Ursachen einer R6ntgenschgdi- gung auch die Alteration des ttautpigmentes mitrechnen, welche als Vitiligo zutage tritt. Die Strahlenfiberempfindlichkeit wfirde sich bet diesen IKranken auch auf Hautgebiete erstrecken, welche bei der Inspektion normale PigmentverhMtnisse zeigen. Die :Be- st~tigung dieser Annahme muB weiteren Beobachtungen vor- behaIten bleiben, Was in diesem Falle besonders auffiel, war das Verhalten des Pigmentes auch auf der gesund gebliebenen bestrahlten Haut des Bauches, wo trotz Fehlen ]egliehen Hauterythemes eine I)epigmentation der makroskopisch norn~alen Haut resultierte. Die Depigmentation nach R6ntgenbestrahlung muBte mit der bet der Kranken bestehenden Hautpigmentanomalie in Zusammen- hang gebracht werden. Es ist die Annahme gerechtfertigt, dab die Pigmentanomalie, welche vorher nur an den mit Vitillgo behaJteten Stellen manliest war, au] der Bauchhaut dutch t~6ntgenstrahlen- einwirkung aus der Latenz hervorgeru]en wurde. Nach Untersuchungen yon BLOCl~ fehlt in der Hant, an den mit Vitiligo behafteten Stellen, ein oxydierendes Ferment, die Dopaoxydase, welche zur metabolischen Endproduktion des Haut- pigmentes notwendig ist. Wit nehmen an, dab das Hautpigment infolge der R6ntgenstrahleneinwirkung zerst6rt wird nnd bet normalen Pigmeptverhaltnissen kompensatorisch im 19bermag regeneriert wird, was als Hyperpigmentation zutage tritt. 13ei Individuen, wo in der ttaut die Dopa-Oxydase fehlt, Mann eine IRe- generation des zerst6rten Pigmentes nicht stattfinden nnd es resuN tiert eine Ausbleichung der Haut, eine Vitiligo post irradiationem. Weitere Beobachtungen an bestrahlten Kranken haben nnn wetter ergeben, dab eine Depigmentation der Haut nach R6ntgen- bestrahlung auch bet Kranken auftreten kann, welche vor der Bestrahlung keine Erscheinungen eines Vitiligo zeigten. Wit haben an 2 Kranken unseres reichen Ambulatoriums, welche wegen Rezidives nach operiertem Mammakrebs bestrahlt waren, 6 Wochen nach Applikafion yon Hauttoleranzdosen an der Brusthaut eine typische grobflecMge Vitiligo beobachtet. Die flbrige Haut blieb fret yon Pigmentver~nderungen. Ein Erythem war nicht aufgetreten. Es glbt also ]~lle, wo die Haut eine Art Vitiligobereitscha]t auJ- weist. Obgleich keine manifesten Vitiligo-Erscheinungen vortiegen, besteht dennoch eine latente Sch~digung der Pigmentverh~ltnisse der Haut und sie kann dutch R6ntgenbestrahlung provoziert werden. Zusammen]assend stelIen wir test, dab nach R6ntgenbestrahlung start ether Hautbraunung eine Depigmentation der sonst makro- skopiseh normalen Haut au/treten kann. Eine Vitiligo post irra- diatlonem wurde sowohl bet auch sonst mit Vitiligo ]3ehaiteten. wie auch bei Pigmentnormalen beobachtet. PRAKTISCHE DIE DIFFERENTIALDIAGNOSE ZWISCHEN TUMOR UND TUBERKULOSE DER LUNGE*). Revision und Erweiterung an der Hand der allgemeinen RSntgenologie. Von Dr. ROBERt LENK, Assistent, Privatdozent ffir medizinischeROntgenologie. Aus dem Zentral-RGn~geninstitutdes allgemeinen Krankenhauses "Wien (Vorstand: Prof. G. HOLZKNECHT). I. Seis der grundlegenden Arbeit OTTENS fiber die RSntgen- diagnostik der Lungengeschwiflste, die sich sehr zuversichtlich fiber deren Leistungsf/ihigkeit /~ul3erfi, ist eine Reihe yon Publikationen erschienen, die deren Bedeutung viel niedriger einschgtzen, indem sie ihr wohl einen mehr oder weniger wich- tigen Platz unter den klinischen Untersuchungsmethoden *) Nach einem am x 4. Januar i926 in der Wiener Gesellschaft ffir Inhere Medizin gehaltenen Vor trage. ERGEBNISSE. einr/~umen, ihr aber die Yghigkeit absprechen, gntscheidendes zur Diagnose beizutrage n. Ja es wird sogar fiber vereinzelte F/~lle berichtet, bei denen der RGntgenbefund direkt irreffihrend war. So beschreiben SILBERSTERN und SINGER in einer vor- kurzem erschienenen Publikation, ,,I)ber tumorartiges Aus- sehen der Tuberkulose im RGntgenbilde" einige Krankheits- f~tlle, bei denen der RGntgenbefund eindeutig ffir Tumor sprach, wghrend dureh den klinischen ]3efund und den Yerlauf der Krankheit sich die F/ille als Tuberkulose manifestierten. Ich will nun in meinen folgenden Ausffihrungen zeigen, dab man derartige Fehldiagnosen hgufig vermeiden kann, wenn man die Wertigkeis der einzelnen RGntgensymptome richtig einschgtzt. Ich mGchte aber weiterhin auch versuchen, durch Anffihrung einiger, bisher wenig berficksichtigter oder noch unbekannter Zeichen die Grenzen der ErfolgsmGglich- keiten des RSntgenverfahrens wetter zu stecken. Bekanntes soll dabei nur kurz gestreift werden. Ich beschrgnke mein Thema auf der einen Seite ant die bet weitem h~ufigsten Lungengeschwfilste die primdren Carcinome. Andere, wie Tumormetastasen und Mediastinaltumoren, die

Upload: robert-lenk

Post on 16-Aug-2016

216 views

Category:

Documents


3 download

TRANSCRIPT

Page 1: Die Differentialdiagnose Zwischen Tumor und Tuberkulose der Lunge

30. APRIL I~26 X L I N I S C H E \ u 5. J A H R G A N G . Nr . I8 8oi

bauer der t3estrahlung je i o Minuten. Die Dosis war therapeutisch geniigend, indem die Metrorhagien aufgeh6rt haben und die Pat. seither keine Menses hatte.

Die Kranke erhielt die Dosis zuerst auf die linke ]3auchseite (am io. VI. x9e 4 und am_ i I . VI. I924). Als sie zur 3. ]3estrahlung (der rechten ]3auchseite) am I2. VI. r924 erschien, stellten wir auf der bestrahlten Bauchhaut eine R6tung test, welche genau den Grenzen des bestrahlten ttautviereckes entsprach. Das Ery them verursachte der Kranken keinerlei Beschwerden nnd stellte sich auch sonst wie eine typische sog. Fri~hreaktion dar, wie sie in der R6ntgentherapie.zur Beobachtung kommt. Die rechte Bauchseite zeigte nach den ]3estrahlungen kein Frflherythem, obgleich die an- gewendete Dosis die gleiche war, wie auf der linken Seite. Die R6tu~g links blaBte in einigen Tagen ohne weiteres ab.

2 Monate Sparer t ra t links in dem bestrahlten Gebiete wieder ein Erythem auf; diesmal war es mit schmerzhaftem Brennen ver- bunden. Der konsultierende Arzt hat eine Salbenbehandlung ein- geleitet; es t rat jedoch eine Verschlimmernng des Leidens ant; es bildeten sich Blasen und kleine Nekrosen; die Schmerzen wurden zeitweise sehr heftig. Die Affektion dauerte etwa 3 Monate, worauf Heilung erfolgte.

Die Kranke stellte sich ein Jahr ~ach den Bestrahlungen vor. Die Inspektion der Bauchhaut der sonst in besten Wohlbefinden stehenden Kranken, ergab ein eigentflmliches 13ild. Es war, ent- sprechend den bestrahlten Hautpartien, eine Depigmentation der Haut eingetreten.

DaB es sich um kelnerlel symmetrlsch auftretende Affektion handelte, bewies die Tatsache, dab die Grenzen der depigmen- tierten Bezirke ungleich weir yon der Medianlinie liegen, was eine Folge der mehr nach auBen erfolgten Einstellung des Focus der R6ntgenr6hre bet der ]3estrahlung der rechten Seite war. Man erkennt, dab ant der linken Seite der Pigmentverlust sehr scharf die Grenzen des bestrahlten Viereckes einh~lt. Man sieht in dem depigmentierten Feld einzelne Teleangiektasien. Das rechte Viereck ist landkartenartig begrenzt und zeigt unver- Xnderte depigmentierte Haut.

Diese Depigmentation war nicht Folge eines R6ntgenerythems, da sie auch rechts aufgetreten ist, wo hie ein Erythem bestand. Sie war jedoeh an den Stellen, wo vorher ein R6ntgenerythem auf- getreten war, scharfer ausgepr~gt. Die Depigmentation verhielt sich also derart, wie sonst eine Pigmentation der Haut nach RSntgen- bestrahlnng aufzutreten pflegt. Sie war bet einer Strahleneinwir- kung, we!che unterhalb der Erythem erzeugenden StfLrke blieb, schw~tcher ausgeprXgt, dagegen stark als post-erythematSse Er- scheinnng.

Unsere Beobachtung zeigt demnach, dab die Haut nach tldntgen- bestrahlung statt mit Pigmentation, mlt Depigmentation antworten kann, wobei eine Gradation des Ausbleichungseffektes je nach der St~rke der Strahleneinwirkung auftritt.

Die R6ntgensch~digung, welche in diesem Falle transitorisch auf der linken Bauchseite aufgetreten ist, war durch keinen Kunst-

Iehler hervorgerufen. Im gleichen Zeitabschnitt wurden mit dem- selben Instrumentar ium und derselben Methode 3 andere Kranke wegen Metrorhagien bestrahlt und keine yon ihnen hat te irgend, welche t tautver~nderungen. Wit mfissen auf Grund des vorliegen- den Falles zu den pr~idisponierenden Ursachen einer R6ntgenschgdi- gung auch die Alteration des t tautpigmentes mitrechnen, welche als Vitiligo zutage tr i t t . Die Strahlenfiberempfindlichkeit wfirde sich bet diesen IKranken auch auf Hautgebiete erstrecken, welche bei der Inspektion normale PigmentverhMtnisse zeigen. Die :Be- st~tigung dieser Annahme muB weiteren Beobachtungen vor- behaIten bleiben,

Was in diesem Falle besonders auffiel, war das Verhalten des Pigmentes auch auf der gesund gebliebenen bestrahlten Haut des Bauches, wo trotz Fehlen ]egliehen Hauterythemes eine I)epigmentation der makroskopisch norn~alen Haut resultierte.

Die Depigmentation nach R6ntgenbestrahlung muBte mit der bet der Kranken bestehenden Hautpigmentanomalie in Zusammen- hang gebracht werden. Es ist die Annahme gerechtfertigt, dab die Pigmentanomalie, welche vorher nur an den mit Vitillgo behaJteten Stellen manliest war, au] der Bauchhaut dutch t~6ntgenstrahlen- einwirkung aus der Latenz hervorgeru]en wurde.

Nach Untersuchungen yon BLOCl~ fehlt in der Hant, an den mit Vitiligo behafteten Stellen, ein oxydierendes Ferment, die Dopaoxydase, welche zur metabolischen Endproduktion des Haut- pigmentes notwendig ist. Wit nehmen an, dab das Hautpigment infolge der R6ntgenstrahleneinwirkung zerst6rt wird nnd bet normalen Pigmeptverhaltnissen kompensatorisch im 19bermag regeneriert wird, was als Hyperpigmentation zutage tri t t . 13ei Individuen, wo in der t t au t die Dopa-Oxydase fehlt, Mann eine IRe- generation des zerst6rten Pigmentes nicht stat tf inden nnd es resuN tiert eine Ausbleichung der Haut, eine Vitiligo post irradiationem.

Weitere Beobachtungen an bestrahlten Kranken haben nnn wetter ergeben, dab eine Depigmentation der Haut nach R6ntgen- bestrahlung auch bet Kranken auftreten kann, welche vor der Bestrahlung keine Erscheinungen eines Vitiligo ze ig t en .

Wit haben an 2 Kranken unseres reichen Ambulatoriums, welche wegen Rezidives nach operiertem Mammakrebs bestrahlt waren, 6 Wochen nach Applikafion yon Hauttoleranzdosen an der Brusthaut eine typische grobflecMge Vitiligo beobachtet. Die flbrige Haut blieb fret yon Pigmentver~nderungen. Ein Erythem war nicht aufgetreten.

Es glbt also ]~lle, wo die Haut eine Art Vitiligobereitscha]t auJ- weist. Obgleich keine manifesten Vitiligo-Erscheinungen vortiegen, besteht dennoch eine latente Sch~digung der Pigmentverh~ltnisse der Haut und sie kann dutch R6ntgenbestrahlung provoziert werden.

Zusammen]assend stelIen wir test, dab nach R6ntgenbestrahlung start ether Hautbraunung eine Depigmentation der sonst makro- skopiseh normalen Haut au/treten kann. Eine Vitiligo post irra- diatlonem wurde sowohl bet auch sonst mit Vitiligo ]3ehaiteten. wie auch bei Pigmentnormalen beobachtet.

P R A KTI SCHE DIE DIFFERENTIALDIAGNOSE ZWISCHEN TUMOR

UND TUBERKULOSE DER LUNGE*). Revision und Erwei te rung an der Hand der a l lgemeinen

RSntgenologie. Von

Dr . ROBERt LENK, A s s i s t e n t , Privatdozent ffir medizinische ROntgenologie.

Aus dem Zentral-RGn~geninstitut des allgemeinen Krankenhauses "Wien (Vorstand: Prof. G. HOLZKNECHT).

I.

Seis der g rund legenden Arbe i t OTTENS fiber die RSntgen- d iagnos t ik der Lungengeschwif ls te , die sich sehr zuvers icht l ich fiber deren Leis tungsf / ih igkei t /~ul3erfi, ist eine Reihe yon Pub l ika t ionen erschienen, die deren B e d e u t u n g viel n iedr iger e inschgtzen, i n d e m sie ihr wohl einen m e h r oder weniger wich- t igen P la tz un te r den kl inischen U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n

*) Nach einem am x 4. Januar i926 in der Wiener Gesellschaft ffir Inhere Medizin gehaltenen Vor trage.

ERGEBNISSE. einr/~umen, ihr aber die Yghigkei t absprechen , g n t s c h e i d e n d e s zur Diagnose be izu t rage n. J a es wird sogar fiber vere inze l te F/~lle ber ich te t , bei denen der RGntgenbefund d i rek t i r reff ihrend war. So beschre iben SILBERSTERN und SINGER in einer vor- kurzem ersch ienenen Publ ika t ion , , , I )ber t umora r t i ges Aus- sehen der Tuberkulose im RGntgenbi lde" einige Krankhe i t s - f~tlle, bei denen der RGntgenbefund e indeut ig ffir T u m o r sprach, w g h ren d dureh den kl in ischen ]3efund und den Yerlauf der K r a n k h e i t sich die F/ille als Tuberku lose mani fes t i e r t en .

Ich will nun in me inen folgenden Ausf f ih rungen zeigen, dab m a n dera r t ige Feh ld iagnosen hgufig ve rme iden kann, wenn m a n die Wert igkeis der einzelnen R G n t g e n s y m p t o m e r ich t ig e inschgtz t . I ch mGchte aber we i te rh in auch versuchen , durch Anf f ih rung einiger, b isher wenig berf icks icht ig ter oder noch u n b e k a n n t e r Zeichen die Grenzen der ErfolgsmGglich- ke i ten des RSn t g en v e r f ah ren s wet te r zu s tecken. B e k a n n t e s soll dabe i nur kurz ges t re i f t werden .

Ich beschrgnke mein T h e m a auf der e inen Seite an t die bet we i t em h~uf igs ten Lungengeschwfi l s te die pr imdren Carcinome. Andere , w i e T u m o r m e t a s t a s e n und Medias t ina l tumoren , d ie

Page 2: Die Differentialdiagnose Zwischen Tumor und Tuberkulose der Lunge

802 t ( L I N I S C H E W O C H E N S C I - I R I F T . 5- J A H R G A N G . Nr. 18 30. APRIL 1926

z. B. yon SILBERSTERN und SINGER in ihre Besprechung ein- bezogen werden, miissen unerSrtert bleibeu; sie haben eine ganz andere Symptomatologie mid bediirften einer gesonderten Besprechnng. Auf der anderen Seite will ich mein Thema etwas erweitern, indem als Gegenpart des Tumors neben der Tuber- kulose, die weitaus am h/iufigsten diiferentialdiagnostisch in Betracht kommt, noch die viel seltenere, daftir aber bedeutend gr6Bere Schwierigkeiteli bereitende ehronische Pneumonie Erw~thnulig l inden soll.

AuI welche Symptome baut sich nach den angettihrten Publikationen 'die R6ntgendiagnose , ,Lungentumar" auf? Seit OfTeN gilt, ohne dab das yon ibm pr~izise ausgesprochen worden w~re, foIgende Trias als charakteristisch ftir Lungen- tumor: Einseitigkeit des Prozesses, Homogenit(~t und scharfe Begrenzung des ]raglichen Schattens. Auch SILBnRSTERX und SIN~ER bezeichnen Schatteu mit den genannten Qualit~ten als , , tumorartig".

Nehrnen wit diese drei Kardinalsymptome einmal unter die Lupe der allgemeinea R6ntgenologie, das heii3t unter- suchen wit, was jedes dieser Zeichen yon physikalischen reap. anatomischen Gesichtspunkten bedeutet !

Dal3 die Einseitigl~eit pathologischer Ver~nderungen weder ftir noch gegen das Vorliegen eines best immten Krankheits- prozesses etwas beweist, ist allgemein bekannt ; es gibt wohl kaum eine Erkrankung im Thorax, die IIicht ein- oder doppel- seitig sein kSnnte. DaG such sehr vorgeschrittene Tuberku- losen nieht selten rein einseitig vorkommen, ist heute, da ja yon dieser Frage die Indikatioli zur Anlegung eines ktinst- lichen Pneumothorax abh~ngig gemacht wird, bekannter denn je. Setbstverst~ndlich machen sichere tuberkulSse Ver- ~nderungen auf einer Seite es wahrscheinlicher, dab ein un- klarer ProzeB in der andereu Lunge auch Tuberkulose ist, beweisend sind sie abet keineswegs. Das zeigt u. a. eili Fall, der sp~ter besprochen werden soll, bei dem wir auf Grund noch zu erSrternder Symptome zur Diagnose: Tumor auf der einen, Tuberkulose auf der andereli Seite kamen.

Wie kommt das zweite Kardinalsymptom des Tumors, die Homogenit~t des Schattens zustande und was beweist es? Gleichm~Big ist ein Schatten allgemein-r6ntgenologisch ge- sprochen dann, wenn in alien Teilen des ihm zugrunde liegeli- den Gebildes ann~ihernd gleiche Strahlenmengen z u r Ab- sorption kommen, das heiGt, wenn bei gleicher oder wenig verschiedener Schichtdieke das spezifische resp. Atomgewicht in aIlen Teilen das gleiche ist. Wenn wir yon Fettgewebe, das bei den in Rede stehenden Erkrankungen ja garnicht in Be- tracht kommt, und vom Kalk, der vom Standpunkte unseres Themas kaum eine Rolle spielt, absehen, so kommen nur zwei Medien in Frage, die sich den R6ntgenstrahlen gegeniiber in bezug aui Absorption verschieden verhalten, das ist die Luft (in den Bronchien, Alveolen, evtl. Kavernen und Pleuraraum) auf der einen, alle anderen, seien es normale, seien es patho- logische Bildungen au/ der anderen Seite. Sei es ein paren- chymat6ses Organ, sei es Fliissigkeit beliebiger Zusammen- setzungen (Serum, glut , Eiter usw.), sei es Infi l t rat oder Tumorgewebe, in strahlenphysikalischer Beziehung besteht zwlschen ihnen kein Unterschied. Aus all dem folgt: ein Schatten in der Lunge ist homogen, wenn der Luftgehalt in dem ganzen Bereiche gleichgiltig, aus welcher Ursache, in gleichem Aiis- maGe herabgesetzt resp. verschwffnden ist, er ist ungleichm~Big, wenn zwischen Partieen mit aufgehobenem Luftgehalt solche mit noch vorhandeneli Luftresten oder gar pathologi, scher Luftvermehrung vorhanden sind. ~bertrageli wir nun diese etwas primitiv anmuteude, aber fiir die Frage der Homo- genit~it yon Sehattenbildungen m d e r Lunge grundlegende Erkenntnis auf die pathologische Anatomie, so miissen wir sagen: homogene Schatten machen erstens alle die Lunge substituierender~, zweitens alle l~ompal~t inJiltrierender~ Prozesse. In die erste Gruppe, die substituierenden Prozesse, gehSren z. B. alle benigrlen und cystischen, sowle manche maligne Tumoren, ferner: Drtisenpakete, seien sie nun tuberkul6ser oder beliebiger anderer Genese, alle Prozesse, die nicht yon der Lung~ selbst; sondern einer ihre~ W~inde, z. B. Pleura oder ?r ausgehen und die Lunge verdriingen, in die zweite, die kompak~ infiltrierende~ Erkrankungen, die croup6sen

Pneumonien, manche Formen der Tuberkulose, n~imlich ki~sige oder kongestive Pneumonie, schlieBlich die infiltrierend wach- senden malignen Tumoreli. Alle diese Prozesse mtissen also zu homogenen Schattenbildungen ftihren, fnhomogen, d.h . meist fleckig kann der Schatten nur bei ungleichmii/3iger In/iltration sein, deren Substrat wohl meist die Tuberkulose ist, seltener die Lobulgrpneumonie, Tumormetastasen und Pneumokoniosen. Wir kommen also zu dem Schlusse, da8 eine ungleichm~iBige, fleckige Verdunkelung wohl mit gr6Bter Wahrseheinliehkeit gegen Tumor und ftir Tuberkulose sprieht, dab hingegen die t-Iomogenit~t des Schattens einen Tumor keineswegs be- weist, sondern sehr vielen verschiedenartigen Prozessen, da- runter auch dem Tumor und manchen Formen der Tuberkulose zukommt.

Wenden wir uns nun dem drit ten unter den als Haupt- symptome des Tumors geltenden Zeichen, tier scharfe~ Be- grenzung des Schattens zu! Eine scharfe Grenze kann ein Schatteli in der Lunge nur dann haben, wenu der ihm zugrunde liegende pathologische Herd in seiner ganzen Dicke unmittel- bar an vollkommen normal lufthaltige Lunge angrenzt, die unscharfe Konturierung kommt zustande, wenn der Luft- gehalt in den Grenzgebieten des Herdes yon Null bis zum Normaleli allm~ihlich zunimmt. Der ersten Bedingung ent- sprechen z. t3. alle die Lunge verdr~ngenden Prozesse der Nachbarsehaft, also alle mediastinalen und pleuralen, nattir- lieh auch interlob~tren Erkralikungen, solange sie dutch die intakte Pleura yon der Lunge getrennt, d. h. nieht dutch dieselbe durchbrochen sind (Nachbaratelektase yon Tumoren und Ergfissen macht so gut wie hie unscharfe Grenzen); welter alle das Lungenparenchym substituierenden, durch eine Kapsel abgeschlossenen Prozesse, z. I3. Cysten, benigne und nile Drtisentumoren, ferner alle ausgeheilten, bindegewebig abgekapselten Herde, also auch ausgeheilte Tuberkulosen. Eine ulischarfe Grenze mtissen nach dem oben Gesagten alle infiltrativ wachsenden Krankheitsformen haben, solange sie nicht an ein natiirliches Hindernis, wie Thoraxwand, Medi- ast inum und vor allem einen Lappenspalt angelangt sind. Wie verhalteli sich nun in dieser grob-anatomischen Hinsicht die uns interessierenden Bronchuscarcinome und die ihnen gegen- tiber differentialdiagnostisch vor allem in Betracht kommenden Erkrankungen, Tuberkulose und Pneumonie? Die Bron- chuscarcinome werden bekanntlich seit OTTEX in zwei Haupt- gruppen geteilt, die Hiluscarcinome und die Lappencarcinome. Die letzteren sind meiner Erfahrung nach bedeutend h~iufiger als die ersteren. Die Hiluscarcinome wuchern offenbar yon einem Hauptbronchus gteichm~iBig in das umgebende Lungen, gewebe, die Lappencarciliome wachsen, yon einem groBen oder ldeineren Bronchus ausgehend, schrankelilos in den betreffen- den Lappen solange, bis sie die Pleura interlobaris erreicht haben; hier machen sie gew6hnlich ftir lange Zeit halt. Es ist nach dem oben Gesagten klar, dab die tliluscarcinome immer unseharf begrenz~ sein mtissen; lind gerade die differential- diagnostisch in Betracht kommenden Hilusdriisengeschwtilste, also such tuberkul6se Drtisenpakete miissen, wie oben be- grtindet wurde, scharf konturiert sein. Es verh~ilt sich bier also gerade umgekehrt, als das aus der eingangs erwiihnten Symptomatologie hervorgeht. Die Lappencarcinome be- kommen eine allseitige scharfe Konturierung dann, wenn sie den ganzen Lappen ausfiilIen bzw. auf der Seite, auf der sie einen Lappenrand erreicht haben. Sie pr~sentieren sich dann unter dem ~i!d des sog. Lappenrcmdin]iltrates, nnd die scharfe Grenze bevceist nichts anderes, als dab es sich eben um eln solches Lappenralidintiltrat handelt.

Nun wissen wit namentlich seit der klassischen Arbeit FL~ISCHNEI~S fiber ,,lobgre und interlobgre Lungeliprozesse", dab derartige Lappenrandinfiltra~ce bei versehiedenen Er- krankungen: vor allem bei alien iiir uns differentialdiagno- stisch in Betracht kommenden Prozessen sehr hgufig vor- kommen. Auger den ebeli genannten Lappencarcinomen ftihren manche Formen der Tuberkulose, wie die sog. corticalen Phthisen, die kgsigen und l~ongestivpneumoniel~ im Gefolge einer Tuberknlose, sowie sehr h~iufig die genuine Pneumonie zu derartigen Infi l traten an den Lappenrgndern. Die vom Internisten als zentrale Pueumonie bezeichnete beginnende

Page 3: Die Differentialdiagnose Zwischen Tumor und Tuberkulose der Lunge

30. APRIL x926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H l Z I F T . 5. J A H R G A N G . Nr. I8 8o3

Entztindung setzt sich so gut wie immer am Rande oder in der Spitze eines Lappens lest. Ich ffihre 3 Beispiele yon Lappenrandinfiltratell bei verschiedenen Erkrankungen an.

i. B.T., 55jahr. Pat. R6iltgenbefund: Ca. handbreiter homo- gener Schatteilstreifen im mittleren Lungenfeld mit unseharfer oberer und scharfer, der Oberlappengreilze entsprechender Kon- turieruilg. Es handelt sich um ein Bronchuscareinom.

2. A. R., 24jahr. Pat. R6iltgenbefund: Homogeile Verdunkelung der 0berlappenbasis mit scharfer Lappengrenze. ttier lag eine Tuberlculose vor.

3. A. P., 4ojahr. Pat. R6ntgenbefuild: Homogener Schatten im mittleren Lungenfeld mit einer linearen scharfen oberen Grenze. Es handel~ sich um eine Pneumonie der oberen Halfte des rechteu Unterlappens.

Tfir diese Pr~dilektion der Lappenr~nder Itir infiltrative Prozesse verschiedenster Genese glaubt Verf. durch gemeinsam mit HASLINGER angestellte Ulltersuchungen eine Erkl~trung gefunden zu haben. Es zeigt sich nAmlich, dab bei Tfillungen der Lunge mit geringell Kontrastmitte!mengen diese h~ufig auch entgegen der Schwere vornehmlich gegen dell Lappenrand flieBen. Ich belege das dutch drei Beispiele:

i. H. K., 24jahr. Pat. Klinische Diagilose: Broilchiektasien. Es wurde mit der Haslingerschen Hohlsonde der rechte Unter- lappenbronchus eiltriert und durch sie wenige Kubikzentimeter Lipiodol eingespritzt. Der grSBere Tell sammelte sich lungs des Unter-Mittellappeilspaltes an.

2. N[. B., 36jahr. Pat. Diagnose: Bronchiektasien. Es wird der rechte Mittellappenbronchus sondiert und Lipiodol eingebracht; es sammelt sich zum grol3eil Tell am Mittel-Unterlappenspalt an.

3, Leichenlunge in einem konservierten Truncus in aufrechter KSrperstellung. Die Uiltersuchung wurde fin anatomischen In- stitut Prof. TANDL~R uilter Mitwirkung des Assistenten Dr. GOLD- I~A~EI~ durchgeffihrt. Es wurde ein Bronchoskop his zum Eingang in den rechten Hauptbronchus eingeffihrt uild dann Jodipin ein- gespritzt. Es floB sichtlich entgegen der Schwere lungs dem durctl Luftansammlung deutlich markierteil Unter-Mittellappenspalt hinunter.

Es geht aus diesen Untersuchungell hervor, dab die Lappenr~tnder offenbar eine besonders gfinstige Verbindung mit der AuBenwelt haben, vielleicht aus atem-physiologischen Grtinden besonders gut venti l iert sind. Das erkl/irt aber auch die HAufigkeit der in Rede stehenden Lappenrandinfiltrationen.

Wir haben also gesehen, dab 13ronchialcarcinome eine scharfe Begrenzung nur dann haben k6nnen, wenn sie einen Lappenralld erreicht haben, dab aber aus dem gleichen Grunde ulld auBerdem aus vielell andern, die obell auseinandergesetzt wurden, die verschiedenartigsten allderen Lungenprozesse, darunter auch die Tuberkulose, h~ufig scharfe Konturierungen aufweisen. Es ist also auch dieses dritte Hauptsymptom weft entfernt davon, pathognomische Bedeutung zu besitzen.

Tassen wit das bisher Gesagee zusammen, so mfissen wir sagell, dab der Symptomenkomplex: Einseitigkeit, Homo- genit/~t und scharfe Konturierung nichts mehr beweist, als das Vorliegen gewisser grob-anatomischer, auf best immte Weise r6ntgenphysikalisch charakterisierter Ver/inderungen. Keines dieser Symptome leitet sich aus den Eigenschaften ab, die dell Tumor anatomisch llnd biologisch yon den anderell Prozessen unterscheidet, jenen Eigenschaften, die ihn als malignen ProzeB charakterisieren. Das Substrat eines durch das besprochene Syndrom charakterisiertell Schattens kann daher, muB aber keineswegs ein Tumor sein. Gerade die differentialdiagnostisch in Betracht kommenden Erkrankun- gen zeigen oft die gleichen grob-anatomischen resp. physi- kalischen Verh~ltnisse. Auf der anderen Seite muB, wie ge- zeigt wurde, ein Lungentumor jene Bedingungen, die zu diesem Syndrom ffihren, durchaus nicht immer erftil!en.

WStren nach der Suche nach den kritisch besprochenen drei Symptomen die r6ntgenologischen M6glichkeiten erschSpft, danll mtiBten wit zugeben, dab der R6ntgenbefund tat- S~tehlich niehts mehr leisten kann, als das Vorliegen eines Tumors als unwahrscheinlich, m6glich oder wahrscheinlich zu bezeiehnen; die Elltscheidu~g k6nnte aber in jedem Tulle nur die klinische Untersuchullg, der weitere Verlauf der Krankheit oder gar ers~c der autoptische 13efund erbringen.

Wenn dies auch manchmal wirklich der Fall ist, so will ich nun zeigen, dab in nicht wenigen F~llen die R6ntgenstrahlen

doch mehr zu leisten imstande sind, indem sie lloch einige wichtige Argumente ffir oder gegell die Anllahme einer der in Rede stehenden Erkrallkungen beizubringen verm6gen, Argumente, die wenigstens teilweise in der I~ialigllit/~t des Prozesses resp. Fehlen derselben begrtindet sind. Ja nicht seltell decken sie siehere Zeichen der einen oder der anderell Er- krankung auf. Es sollen also einige zwar bekannte, abet wenig gewfirdigte oder unrichtig verwertete und einige bisher lloch kaum bekannte RSntgensymptome beschrieben werden.

Erinnern m6chte ich daran, dab Verengerungen eines Hauptbronchus r6ntgenologisch h~ufig durch das sog. Medi- astinalwardern - - eine inspiratorische Ansaugung des Medi- astinums in die kranke Seite (Holzknecht-Jakobsonsches Ph~Lnomen) - - manifest werden. Die bei weitem hgufigste Ursache solcher Bronchostenosen sind bekanlltlich t3ronchus- carcinome. In einem Falle, dell ich sparer aus anderell Grtinden besprechen werde, der klinisch keinen Verdacht auf Lungell- tumor erregte, wtlrden wir durch dieses Symptom auI die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines kleinen Bronchus- carcinoms aufmerksam.

Eine ttir die Diagnose mitunter ausschlaggebende Eigen- schaf~ des Tumors ist seine Aggressiviti~t, das schrankenlose LTbergreifen auf Nachbarorgane. Sie kann auch rSntgenolo- gisch manifest werden, wie folgender Fall beweist:

P. H., 45jahr. Pat. Ohile Ailamilese und klinischeil Befuild ambulatorisch zugewiesen. RSntgenbefund: Das rechte obere Lungeilfeld intensiv homogen verduilkelt, die untere Schatteil- greilze etwa in der It6he der 4. Rippe, scharf, bogeilf6rmig. Das rechte Zwerchfell steht ca. eine Haildbreite h6her als das linke, ist normal gew61bt, der Sinus phreilico-costalis erhalten. Spricht schon dieses morphologische Verhalteil des Zwerchfelles allein ffir eine Phrenicuslahmung, so wurde sie mit Sicherheit durch die para- doxe Bewegung beim Inspirium uild vor allem beim Mfillerschen Versuch erwieseil.

Es liegt hier also auBer der fraglichen Verdunkelung des reehten Oberlappens eine rechtsseitige Phrenicusla'hmung vor. Der ProzeB hat offenbar durch die Pleurafiberkleidung hin- dutch auf den Nervus phrenicus fibergegriffen oder dort Meta- stasell gesetzt; beide dieser Annahmen sind im Sinne einer lV[alignit~tt des fraglichen Prozesses verwertbar.

Eille nicht ganz richtige Bewertung linden in den meisten Publikationen fiber dieses Kapitel die Schrump/ungs- resp. Verdrgngungserseheinungen. Es ist zwar sicher richtig, dab Lnngentumoren mitunter zu Pleuritiden Itihren, die zu Schrumpfung neigen. Diese /~ul3ert sich abet h6chstens in einer mXBigen Einengung der Intercostalr~ume, da sie durch das expansive Wachstum des Tumors wohl zum grogen Tefl kompensiert wird. H6hergradige Verziehungell des Media- stinums in die kranke Seite habe ich bei Bronchuscarcinomen nie gesehell, hingegen kommt es mitunter zu leichter Ver- lagerung derselben ill die gesunde Seite. Wie wichtig die Beachtung des Verhaltens der Nachbarorgane z um fraglichell Sehatten ffir die Diagnose sein kanll, mug folgender, sehr in- struktive Tall zeigen, den ich im vergallgenen Jahr in der Wiener I~6ntgengesellschaft demonstriert babe.

J. P., 57j~hr. Pat., wurde uns yon der II. Nied. Klinik (Hofrat ORTNER) zur therapeutischen Bestrahlung geschickt. Er weist Zeichen einer Stauung im Bereiehe der Vena cava sup. auf (Venae- ektasien und 0deme der oberen K6rperhalfte). Ailszug aus dem RSntgenbefund: Homogene Verdunkeluilg des rechten oberen Lungenfeldes, mit scharfer lappenmaBiger t~egrenzuilg, l~eehtssei- tige Phrenicuslahmung. Diese, sowie die klinischen Erscheinuilgen der Stauilng sprechen ffir Aggressivitat, also maligneil Tumor, die lappenmaBige Infiltration ffir ]3ronchusearcinom. Auf der linken Seite finder sich eine aus netzf6rmig angeordileteil Streifen zu- sammengesetzte Verdichtung. Frage: Lymphangitis carciilomatosa oder fibr6se Phthise auf dieser Seite ? Nun besteht Iloch Mile deut- liche Verlagerung der Trachea nach links. Diese k6nilte Folge eiiler Verdrangung durch den Tumor yon rechts her oder einer Ver- ziehuilg durch einen schrumpfenden linksseitigen Prozel3 sein. Man sieht nun abet auBer der Verlagerung aueh eine circumscripte Erweiterung der Trachea, ihre liilke Waud verlauft starker links- konvex. Das beweist mit Sicherheit, dab nicht eine Verdriingung vorliegen kann -- diese wfirde zu einer t~iilengung ffihreil -- son- deril dab eine Verziehung vorliegen muB. ~?LEISCHNER hat als erster diese Traehealerweiterungen als interessanteu Nebenbefuild bei Verziehung beschrieben. In diesem Falle bekommt sie die Bedeil-

Page 4: Die Differentialdiagnose Zwischen Tumor und Tuberkulose der Lunge

804 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . Nr. z8 30. APRIL 1926

tung eines difierentialdiagnostiseh XuBerst wichtigen Symptoms. Ich kam auf Grund desselben zu der Anschanung, dab links eine alte schrumpfende Tuberkulose vorliegen miisse. Unsere Diagnose wurde durch die Obduktion vollkommen best~tigt: Es land sich rechts ein Bronchuscarcinom mit Infiltration des Nervus phrenicus, links eine site fibr6se Phthise.

In sehr charakteristischer Weise kann sich einerseits die Schrumpfung, andererseits das expansive Wachstum in einer Beeinflussung der Form und Lage der Grenze des betro]#nen Lappens aussprechen; diese liefert dann wertvolle Anhalts- punkte ffir die Diagnose. Ich will das an zwei charakteristi- schen F~llen demonstrieren.

z. A. K., ~Sj~ihr. Pat. iKlinische Diagrtose: Beiderseitige Spitzen- induration. ROntgenbefund: Homogene Verdunkelung des rechten oberen Lungenfeldes mit scharfer LappengrenzG diese steht abnorm hoch, in der HOhe der 2. Rippe vorne (normal 4. Rippe), und zeigt nach unten eine abnorm starve Konkavititt. AuBerdem Verziehung der erweiterten Trachea nach rechts. Es liegt also eine betriiehtliehe Sehrumpfung des ganzen Lappens vor, was entschieden gegen Tumor und ]fir Tuberlc.Ulose spricht.

2. B. P., 56j~hr. Pat. Seit einigen W/ochen Atembeschwerden, Klinisch: D~tmpfung des rechten oberen Thorax. R6ntgenbefund: t-Iomogene Verdunkelung des rechten Obertappens. Die Lappen- grenze steht eher tieJer als normal, undist nach unten leieht ~onvex. Das ~ist im Sinne eines expansiver~ Wachstums des Prozesses, also eines Tumors, verwertbar.

Der maligne Charakter eines Lappenprozesses kann im Verlaufe der Krankheit mitunter darin seinen Ausdruck finden, daB er, die interlob~re Pleura infil trativ destruierend durch- wachsend, in den Nachbarla, ppen einbrieht. R6ntgenologisch wird das, wie aus der frfiheren Besprechung der Grundlagen scharfer und unscharfer Begrenzung hervorgeht, daran er- kennbar, dab die sonst scharfe lineare Lappengrenze an der Durchbruchstelle unscharf, zaekig wird.

Es kann also unter den gesehilderten Verhgltnisse n gerade die Unsehgr/e einzelner Abschnitte der Konturen im Gegensatz zu den allgemein giltigen Anschaunngen die Tumornatur der fraglichen Erkrankung beweisen.

Bevor ich auf das letzte und wichtigste r6ntgendiagnosti- sche Tumorsymptom eingehe, will ich darauf hinweisen, daB nach unseren Erfahrungen such die therapeutische Anwendung der R6ntgenstrahlen, die sea. P~'obebestrahhtng, mitunter sehr weitgehende Aufschlfisse fiber die Natur des vorliegenden Lungenprozesses geben kann. Der erzielte biologische Effekt gew~hrt uns einen Einblick in die Biologie der vorliegenden Erkrankung und auf diesem Wege mitunter in seinen ana- ~omischen Charakter. Ich dart diesen biologischen Effekt bier einschalten, weft er sieh ja; wenn such indirekt, schlieBlich als ein r6ntgenologisches, diagnostisch wichtiges Hilfsmittel erwiesen hat. BegAN und VerI. haben vor ca. einem Jahre fiber die diagnostische Auswertung yon R6ntgenbestrahlungs- effekten sehr ausfiihrlich berichtet. Wir haben folgende drei Gruppen vor~ Strahlenwirkungen, sowie Kombinationen der- selben ffir die Diagnose der verschiedensten Erkrankungen verwertet :

x. Die dutch R6ntgenstrahlen hervorgerulenen lokalen Vergnderungen des pathologisehen Gewebes.

~. Die durch Resorption der Abbauprodukte ausgeI6sten Allgemeinerscheinungen.

3. Die nach der Bestrahlung auftretenden Ausscheidungs- prodnkte.

Fiir die Diagnose von Lungenerkrankungen spielt der letztgenannte Effekt mit einer an dieser Stelle nicht inter- essierenden Ansnahme (~ielanosarkom) keine Nolle. Die I~e- deutung des erstgenannten, tier lokalen Ver~nderung, e rg ib t sich, wenn man folgendes bedenkt: Bronchuscarcinome sind so gut wie strahlenrefrakt~r; Sarkome sind h~ufig durch ]Be- strahlung rasch reduzierbar, chronische Pneumonien pflegen sieh naeh Bestrahlung ziemlich rasch zu resorbieren; Tuber- kuiosen sind in einzelnen, hier nicht nS&er zu qualifizierenden Formen wohl mitunter langsam gfinstig beeinfluBbar, die Ausheilung erfolgt jedoch nicht nnter deutlicher Reduktion der r6ntgenologisch nachweisbaren Vergnderungen, Von den

rungen nach Bestrahlungen kommt es im allgemeinen erstens bet rapider Einschmelzung eines sehr strahlenempfindlichen Gewebes, zweitens dutch Ausschwemmung spezifischer Pro- dukte, die temperaturerh6hend wirken, vor allem bet Be- strahlung tuberkul6ser Lungenherde. Man kann auf diese wichtige Tatsache noch nicht ngher eingehen. Es miigte an einem uns 1eider nicht zur Verffigung stehenden grogen Ma- terial gepriift werden, ob die Probestrahlung der probatori- schen Tuberkulininjektion an die Seite treten kann. Ich re- produziere bier nur eine charakteristische Temperaturkurve nach RSntgenbestrahlung ether tuberkulSsen Lunge.

s~slllll\IA~xt~ilil I1;~liIilll

3S, S [ 1

Abb. I. Temperaturkurve bei abweehselnder Bestrahlung der Lunge und der Hals- lymphdrtisen bet TnberknIose.

Wir sehen einen Tag nach jeder Lungenbestrahlung eine charakteristische Zacke nach oben, dazwischenliegende Be- strahlungen der Ha!slymphdrtisen lassen diesen tEffekt ver- missen.

Dureh Kombination der beschriebenen Strahleneffekte er- geben sich ifir die Diagnose yon Lungenerkrankungen also folgende MSglichkeiten:

i. Fieber nach der ]Bestrahlung und rasche Verkleinerung des fraglichen Schattens; das bestrahlte Gewebe war wahr- scheinlich ein Sarkom.

2. Fieber, abet keine nachweisbare Vergnderung des Schattens; es handelt sich h6chstwahrscheinlich um eine Tuberkulose.

3' Kein Fieber, der Schatten selbst schwindet, dann ist ein chronJsch- oder sekund~r-pneumonischer ProzeB am wahr- scheinlichsten.

4. Kein Fieber und keine Ver~nderungen des Schattens; es dtirfte sich um ein Carcinom (evtl. einen gutartigen Tumor) handeln.

An dem folgencIen Falle will ich die Brauehbarkeit des iBestrahlungseffektes ffir die Diagnose auch komplizierter Prozesse zeigen.

R. V., 5Ijghr, Pat. Zugewiesen yon der II. Med. ttlinik mit der Diagnose Lungentumor. Atembeschwerden, HXmoptysen, Venae- ektasien, Cyanose nnd Schweltung der rechten oberen KOrperhaltte. Auszng aus dem ROntgenbefund: Im rechten oberen Lungenfeld ein halbapfelgroBer, der Thoraxwand breitbasig auisitzender Schat- ten, der wegen der letzteren Eigenschaft als pleuraler Prozeg ge- deutet werden mug, nnd mit diesem in teilweiser Deckung ein yon der I-tilusgegend ausgehender dreieckiger Schatten mit alien Sym- ptomen des Lappenrandinfiltrates. Will man die belden miteinander in Zusammenhang bringen, so mllB die Infiltration als das Prim~re angesehen werden, der pleurale Schatten kann dann nur ein ab- gesackter ErguB sein. Diese ?Jberlegung erwies sich als richtig: die Pmaktion an der yon nns angegebenen SteHe ergab ein Exsudat, das teilweise abgelassen wurde. Die Natur des flbriggebliebenen -Lappenrandinfiltrates war nun zu denten: eine genuine Pneumonie war schon aus dem klinischen Befund auszuschlieBen. Es kam Tu- berkuloSe und ein Bronchuscareinom in Betracht. Die ROntgen- bestrahlung ergab nun ohne reaktive Temperatursteigerung eine ailm~hliche Aufhellung der Lunge bis auf einen kleinen dreieckigen Pest im IKilus und einen zarten Streifen entsprechend der Ober- Ni~tellappengrenze. Tuberkuiose war also nach dem Ausfall der loka!en und der Allgemeinreaktion ansznschliel3en. Gegen Carcinom sprach nicht nur die gute I3eeinfluBbarkeit dutch tRSntgenbestrah- lung his zum fast vSlligen Versehwinden, sondern such die Tatsache, dab an Stelle des frflheren Schattens jetzt vollkommen normales

zweitgenannten Effekten, den Allgemeinerscheinungen, inter- L1Jngengewebe sag. Das sprach gegen einen substituierend resp. essiert uns bier vor allem das Fieber. Zu Temperatnrsteige- destruktiv wachsenden Prozeg und fflr eine Infiltration pneumoni-

Page 5: Die Differentialdiagnose Zwischen Tumor und Tuberkulose der Lunge

30. APRIL z926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . N r . i8 805 schen Charakters als Subs t ra t des frflheren Schattens. \u kamen dami t fast zwangsweise zu der Diagnose, dab es sich nm gin kleines Bronehue~areinom handetn mfisse, das yon einer eekund~ren Pneu- monie i~r~ zugehdrigen Lungenabsehnitt begleitet war, bekannt l ich eine nicht seltene, klinisch sich kaum manifestierende Komplikat ion yon Bronchuscarcinomen. Die mehrere 2r sparer durch- geft~hrte Obdukt ion best~tigte diese Diagnose in allen Details, sie ergab gin kleines Carcinom im Hauptbronchus ; die Basis des rechte n Oberlappens war bloB etwas pigmentreicher als die t~brige Lunge, und nur eine interlob~re Schwarte zwischen Ober- nnd Mittel lappen zeugte yon dem hier s ta t tgehabten entzfindllchen ProzeB.

Das l e t z t e u n d s ichers te Mit te l , das uns zur E r k e n n u n g des ]3 ronchusca rc inomes znr Ver f t igung s teh t , i s t die Dia- gnos t i sche Fi~llung der Bronchien mit einem Kontrastmittel. HASLIN~E~, PRESSER u n d Verf. h a b e n , wig wir vo r k u r z e m in de r Gese l l schaf t de r Ji, rz te , Wien, a n de r H a n d v o n 2 F~l len b e r i c h t e t u n d in den , ,For t schr . a. d. Geb. d. R S n t g e n s t r a h l e n " pub l i z i e r t h a b e n , diese Methode , die b i she r fas t ausschl ieBtieh ftir den Nachwe i s yon B r o n c h i e k t a s i e n v e r w e n d e t w o r d e n war, au f die D i a g n o s t i k der B r o n c h u s t u m o r e n a n s g e d e h n t . I n z w i s c h e n h a t u n a b h ~ n g i g yon uns GLOaAUnR fiber e inen Xhnl iehen Fal l b e r i c h t e t . . U n t e r Ber f i cks ich t igung der pa t ho l og i s chen Ana - t omie u n d de r Pa tho -Bio log ie der m a l i g n e n T u m o r e n , v o r a l lem ih re r loka len Ausbre i tungswei se , e rgeben sich ftir dieses Ver- fahren fo lgende MSgl ichkei ten . I n e inem gro/3en B r o n c h u s mfissen die T u m o r e n zn e iner S t a u u n g des K o n t r a s t i n h a t t e s f t ih ren sowie t yp i s che Ff i l tungsdefek te erzeugen, wig wir sie z. B. aus de r M a g e n d i a g n o s t i k kennen . I h r Naehwe i s mul3 bei r i ch t ige r T e c h n i k , auf die h ier n i c h t n~ther e ingegangen werden kann , in e inem groBen P r o z e n t s a t z gelingen~ d a n a c h f i b e r e i n s t i m m e n d e n S t a t i s t i k e n m e h r als gin D r i t t e l a l ler Carc inome in e inem H a u p t b r o n c h u s s i t zen ; n a c h ASCHOFF is t i h r A u s g a n g s p u n k t i m m e r gin B r o n c h u s e r s t e r h is d r i t t e r Ordnung . Von B e d e u t u n g i s t ferner , wig gesag~, die spezif ische Ausb re i t ungswe i se des ma l ignen Tumors . E r w~chs t e n t w e d e r yon v o r n h e r e i n s u b s t i t u i e r e n d oder a b e t i n f i l t r a t i v -des t ru - ierend, w ~ h r e n d gerade bei den d i f f e ren t i a Id iagnos t i sch in B e t r a c h t k o m m e n d e n K r a n k h e i t s p r o z e s s e n , n s der P n e u m o n i e u n d den frf iher b e s p r o c h e n e n Tuberku!ose - fo rmen (F~tlle m i t mass ige r I n f i l t r a t i o n ohne Zerfall , im we- s en t l i chen a u s g e d e h n t e I n f i l t r a t i o n e n e x s u d a t i v e n C h a r a k t e r s u n d k~tsige P n e u m o n i e n ) die D e s t r u k t i o n feh l t oder gegenf iber de r r e inen I n f i l t r a t i o n o d e r - - besser gesag t - - E x s u d a t i o n ganz in den H i n t e r g r u n d t r i t t . D a r a u s e rg ib t s ich bei de r K o n t r a s t - ff i l lung der B r o n c h i e n ftir den m a l i g n e n Prozel3 gin v611iges oder fas t v611iges V e r s c h w i n d e n des B r o n e h i a l b a u m e s i n n e r h a l b de r f rag l ichen V e r s c h a t t u n g , w ~ h r e n d dieser bei den infiI- t r i e r e n d e n Prozessen ganz oder z u m gr6f3ten Teile ff i l lbar b le ib t . Wiewei t diese zun~chs t t h e o r e t i s c h e n A n n a h m e n sich in de r P rax i s ale s t i c h h a l t i g e rweisen werden , m u g die E r f a h r u n g lehren . I n 2 F~llei1 h a b e n sie sich uns bew~hr t . W i r h a b e n sie ausff ihr l ich in de r Gese l l sehaf t der J~rzte, Wien , d e m o n s t r i e r t u n d in den , ,For t schr . a. d. Geb. d. R S n t g e n s t r . " publ iz ie r t . I ch wiederhole n u t auszugsweise die be iden R S n t g e n - be funde .

i . E. K., 52j~thr. Pat. Zugewiesen yon der Klinik Prof. HAJEK. Beide Lungenfelder durchsetzt yon reiehlichen Flecken yore Typus

der Tumormetastasen. Die untere HXlfte des rechten Lullgenfeldes homogen verdunkelt . Nach traehealer Einbr ingung yon Jodipin ffillt sich dieser Teil der Lunge gar nicht, die Bifurkation zeigt s ta t t des normalen W'inkels eine halbkreisf6rmige Rundung, die Anfangs- teile beider Hauptbronchien sind eingeengt und zackig konturiert . Diagnose : Tumormetastasen in der Lunge, Sprei~ung der Bi/urkation durch gin metastatisches Driisenpaket, Einbruch desselben in die beiden Hauptbronchien. Die Obduktion ergab eine massige Tumorinfi l trat ion der rechten unteren Lunge. reiehlich Metastasen fiber die ganze Lunge verstreut, gin Drfisenpaket in der Bifurkation mi t Einbruch in die t tauptbronchien . Das anatomlsche Pr~parat saJa aus wig gin Abklatsch des R6ntgenbildes.

2. A. T., 44j~hr. Pat. (Abt. Doz. DONATe). Klinisch kein Vet- dach t anf Tumor. Bei der ~gntgendurchleuchtung: gleichm~13ige Trfibung des linken oberen Lungenfeldes und inspirator!sche An- saugung des Mediastinums nach links. Das erweckt den Verdacht anf Bronchostenose. Nach Jodipinffillung: obturierende Stenose des l inken t Iauptbronchus , zapfenf6rmige VerschmMerung des- selben mi~c scharfer Begrenzung, also gin typischer Ffillungsdefekt. Diagnose: Carcinom des linlcen Hauptbronehus.

W i r sehen also, d a b wir in de r K o n t r a s t f f i l l n n g s m e t h o d e gin Mi t t e l in de r H a n d h a b e n , das die in Rede s t e h e n d e Diffe- ren t ia ld iagI iose w e i t e s t g e h e n d zu f 6 r d e r n d ve rmag , ja voll- kommen sichere direkte Zeiehen l iefern kann , Zeichen, de ren D i g n i t ~ t ebenso einzusch~ttzen i s t wig e twa die des Nisehen- s y m p t o m s ffir das Ulcus ven t r icu l i .

Zusammen]assung: 1. Die allgemein ale ]i~r Lungentumor charalcteristiseh geltende Symptomentrias: Einseitiglceit, Homo- genitd~t und schar]e Begrenzung des Schattens ist mehrdeutig. Das dar/ uns nicht wundernehmen, denn dieser Symptomen- ]complex beweist nur gewisse grob-anatomische resp. physilcalische Verhdiltnisse, die wohl Offers, aber durchaus nicht framer bei Tumoren zutre//en, hdu/ig abet auch bei anderen A//ektionen vorkommen. Die wichtigsten Charalcteristica des malignen Tumors, seine Agressivitgt, sein substituierendes resp. destruierendes Waehstum finden in diesen Symptomen l~einen Ausdrudc.

2. Es gibt noch einigv wenig beachtete oder wenig belcannte Symptome, die die Diagnose welter zu ]6rde~-n vermSgen, well sie wenigstens teilweise ihre Charal~teristica aus der Malignit(~t des Tumors ( expansives, in]iltrativ-destruierendes Waehstum ) herleiten.

3. Auch der E//ekt einer Probebestrahlung, und zwar lokale und Allgemeinvergnderungen erlauben unter Beri~cksichtigung strahlenbiologischer E'rlcenntnisse einen Schlufi au] die Natur des vorliegenden Prozesses.

d. Die Fi~llung der Bronehien mit Kontrastmitteln hat uns mitunter ]i~r Lungentumor eindeutig beweisende Bilder gelie]ert. ihre Symptomatologie mul3 aus der speziellen Anatomie der Lungenprozesse abgeleitet werden.

Bei sehr v ie len F~l len e r i a u b t gewil~ die k l in ische U n t e r - s u c h u n g allein, die Diagnose zu s te l len ; in v ie len a n d e r e n abe r wi rd l~ngst , b e v o r der Ver lau f der t ( r a n k h e i t oder gar de r a u t o p t i s c h e B e f u n d e n t s c h i e d e n ha t , eine gu te rSntgenoIogi- sche U n t e r s u c h u n g K l a r h e i t b r ingen .

N B . : Die A b b i l d u n g e n der me i s t en h ie r ve rwe r t e t en Krankhe i t s f~ l l e s ind in e iner in den , , F o r t s c h r i t t e n auf d e m Gebie te de r R 6 n t g e n s t r a h l e n " e r s c h e i n e n d e n A r b e i t : , ,Zur Diagnose de r L u n g e n c a r c i n o m e " e n t h a l t e n .

REFERATENTEIL. DIE BEDEUTUNG DES GEBURTSTRAUMAS FOR

DIE ENTSTEHUNG VON GEHIRN- ERKRANKUNGEN.

Von

Prof . FRIEDRICH WOHLWILL, H a m b u r g .

Die l~olle des Geburtsraumes in der Atiologie cerebraler St6rungen -- schon seit Ianger Zeit gin Gegenstand wissen- schaftlicher Untersuchungen -- ist in neuester Zeit wieder yon verschiedensten Seiten einer Bearbei tung sowohl anf pathologisch- anatomischem wig auf klinisehem Oebiet nnterzogen worden.

Die Anfforderung der Schriftleitung dieser Wochenschr., fiber die Ergebnisse dieser Arbeiten zusammenfassend zu berichten, bietet den erwfinschten AnlaB, im Rfiekblick darflber ins Ktare zu kommen, wieweit uns diese neuen Bemiihungen in der Er- kenntnis dieses theoret isch und prakt isch gleich bedeutsamen Fragenkomplexes gef6rdert haben.

Es kann keine Frage sein: nie vorher noch nachher in seinem Dasein wird der Mensch yon einem so eingreifendeu, man k0nnte sagen katastroplaalen, Ereignis betroffen wig bei dem Geboren- werden mit seiner binnen allerktirzester Zeit sick vollziehenden Umstellung des gesamten Kreislaufs, der Ern~hrung und des Stoffwechsels, dem Ingangkommen der se!bstt~tigen Atmung,