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Berlin- Institut für Bevölkerung und Entwicklung Be rl in - Institut für B und Entw Die demografische Zukunft von Europa Wie sich die Regionen verändern KURZFASSUNG Die komplette 368-seitige Studie „DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA“ ist im Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.

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Berlin-Institut für Bevölkerungund Entwicklung

Berlin-Institut für B und Entw

Die demografische Zukunft von EuropaWie sich die Regionen verändern

KURZFASSUNG

Die komplette 368-seitig

e Studie „DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT

VON EUROPA“ ist im

Deutschen Taschenbuch Verlag

erschienen und im

Buchhandel erhältlich.

Impressum

Herausgeber:

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

Schillerstraße 59

10627 Berlin

Telefon (030) 22324845

Telefax (030) 22324846

E-Mail: [email protected]

www.berlin-institut.org

Kurzversion des im August 2008 bei dtv, München,

erschienenen Buches

Autoren:

Iris Hoßmann, Margret Karsch, Reiner Klingholz, Ylva Köhncke,

Steffen Kröhnert, Catharina Pietschmann, Sabine Sütterlin

Datenbank:

Iris Hoßmann

Dokumentation:

Gregor Grienig, Iris Hoßmann, Frank Schneider, Lilli Sippel

Lektorat:

Margret Karsch

Organisation:

Christian Kutzner

Gestaltung:

Jörg Scholz (Traktor, Köln)

Das Berlin-Institut dankt folgenden Organisationen für die Unterstützung dieses Forschungsprojekts:

Robert Bosch Stiftung

Fondazione Monte dei Paschi di Siena

ERSTE Stiftung

BMW Stiftung Herbert Quandt

Adecco Institute

DKV Deutsche Krankenversicherung AG

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist eine gemeinnützige

Stiftung mit Sitz in Hannover (www.berlin-institut.org). Das Berlin-Institut erhält

keinerlei öffentliche Grundförderung und ist daher auf Spenden und Zustiftungen

angewiesen. Spenden an das Berlin-Institut sind steuerlich absetzbar.

Spendenkonto: Bankhaus Hallbaum, BLZ 250 601 80, Konto 20 28 64 07.

Berlin-Institut 3

Wenig Nachwuchs, alternde Bevölkerungen

und eine zunehmende Zahl von Menschen

aus anderen Ländern und Weltregionen

werden Europa in den nächsten Jahrzehnten

nachhaltig verändern. Die Weichen für diese

Entwicklung wurden vor Jahrzehnten gestellt,

aber den Höhepunkt der Alterung werden die

europäischen Gesellschaften erst in 30 bis

40 Jahren erleben. Europas Bevölkerungszahl

dürfte kaum noch weiter zulegen und könnte

bald schon zu schrumpfen beginnen.

DIE WELT WÄCHST – EUROPA STAGNIERT

Alle anderen Weltregionen hingegen, mit

Ausnahme von Russland, wachsen aufgrund

hoher Kinderzahlen vorerst weiter. Doch

selbst in Afrika und in anderen wenig ent-

wickelten Gebieten Asiens und Lateiname-

rikas altert die Bevölkerung, und vielerorts

sinken die Kinderzahlen je Frau. Der demo-

grafische Wandel ist somit ein globales

Phänomen, bei dem Europa lediglich eine

Vorreiterrolle spielt.

Alle europäische Länder haben begonnen,

sich den Problemen, die der demografische

Wandel mit sich bringt, zu stellen, und die

EU hat mit der Lissabon-Strategie die Ziele

vorgegeben: mehr Bildung, mehr Innovation,

mehr Nachhaltigkeit, um international wett-

bewerbsfähig zu bleiben. Wenn es gelingt,

diese Ziele umzusetzen, wenn die einzelnen

Länder ihre Familienpolitik verbessern,

die Einwanderung regeln, Zugewanderte

besser integrieren, die Bildung der Bürger

aufwerten, die Sozialsysteme demografie-

fest machen und die Staatskassen sanieren,

dann könnte Europa zum Pionier im Umgang

mit den demografischen Veränderungen

werden. Und letztlich gestärkt aus der Krise

hervorgehen.

Wachsende Ungleichgewichte

Auch wenn die Bevölkerung der EU derzeit noch wächst – für ganz Europa stehen die Zeichen auf

Schwund. Nur Russland wird unter den großen Weltregionen stärker schrumpfen. In beiden Gebieten

liegen die Kinderzahlen deutlich unter dem Niveau, das eine stabile Bevölkerungsentwicklung verspricht.

Ganz anders verläuft die Entwicklung in Europas „Hinterland“, von Westasien über den Nahen Osten bis

nach Nordafrika. All diese Regionen wachsen, und seine Völker bleiben zum Teil sehr viel jünger als die

Bewohner des alten Kontinents. Afrika dürfte sein demografisches Gewicht bis 2050 verdoppeln.

Einwohnerzahl (in Mio.)2007 591 142 335 569 4.010 944

2050* 542 112 438 783 5.217 1.937

Bevölkerungsveränderung

2007 bis 2050 in Prozent– 8,3 – 21,1 30,7 37,6 30,1 105,2

Durchschnittsalter2005 38,9 37,3 36,3 26,0 27,6 19,0

2050* 47,3 43,5 41,5 39,9 39,9 27,4

Kinderzahl je Frau 2006 1,50 1,34 2,00 2,50 2,40 5,00

Unter 15-Jährige in Prozent2007 16 15 20 30 28 41

2050* 15 17 17 18 18 29

Über 65-Jährige in Prozent2007 16 14 12 6 6 3

2050* 28 24 22 19 18 7

Lebenserwartung2006 76,0 65,5 78,5 73,3 68,0 53,0

2050* 82,0 72,9 82,7 79,5 77,2 65,4

Datengrundlage: Vereinte Nationen

Europa RusslandUSA und

Kanada

Lateinamerika

und KaribikAsien Afrika

* Prognose

4 Die demografische Zukunft von Europa – Kurzfassung

Wo zeigt der demografische Wandel am mei-

sten Folgen? Weshalb ist die Jugendarbeits-

losigkeit in bestimmten Regionen besonders

hoch? Wo ist das Angebot an Arbeitsplätzen

so schlecht, dass die Menschen abwandern?

Das Berlin-Institut hat die Zukunftsfähigkeit

von 285 europäischen Regionen anhand von

24 Indikatoren analysiert und bewertet. Grün

bedeutet gute Aussichten, je roter, desto

problematischer wird es für die Gebiete.

Die vorliegende Studie bewertet die Zu-

kunftsfähigkeit nach insgesamt 24 demo-

grafischen, ökonomischen, sozialen und

Umwelt-Indikatoren. Betrachtet werden alle

EU-Staaten sowie die Nicht-EU-Nationen

Island, Norwegen und die Schweiz. Die Viel-

falt der in die Wertung einfließenden Daten

sorgt für ein differenziertes Bild: Es zählen

nicht nur die Wirtschaftsleistung, sondern

zum Beispiel auch die Alterszusammenset-

zung der Bevölkerung, der Beschäftigungs-

grad von jungen Menschen, Frauen und

Älteren, die Investitionen in Forschung und

Entwicklung, aber auch die Belastung der

Atmosphäre mit dem Klimagas Kohlendioxid.

Von all diesen Faktoren hängt die Zukunfts-

fähigkeit der Regionen ab.

Die Studie verdeutlicht die Folgen des de-

mografischen Wandels und zeigt, dass die

einzelnen Staaten nicht nur sehr verschieden

von den Veränderungen betroffen sind,

sondern auch ganz unterschiedlich mit den

Herausforderungen umgehen. Alle Staaten

haben Probleme zu lösen. Viele haben gute

Ideen. Aber keiner hat eine Patentlösung.

Das macht Europa mit seinen vielen Kulturen

und Befindlichkeiten zu einem Marktplatz der

Ideen, der Erfolge und Misserfolge, auf dem

sich alle umschauen sollten.

Die besten Bewertungen erhalten Regionen

im Norden Europas, wo obendrein viele

Kinder geboren werden, allen voraus das

kleine, ungemein wohlhabende und hoch

entwickelte Island. Vor allem die Hauptstädte

Stockholm und Oslo schneiden hervorragend

ab. Sechs der sieben Schweizer Regionen

finden sich unter den ersten zehn Plätzen. All

diese Gebiete zeichnen sich durch eine relativ

stabile demografische Struktur aus, durch

hohe Wertschöpfung, guten Bildungsstand

und beeindruckende Beschäftigungsquoten –

auch bei älteren Menschen. Vergleichsweise

gut stehen darüber hinaus Irland und Groß-

britannien da, die Benelux-Staaten, Frank-

reich, der südliche Teil Deutschlands, Öster-

reich und einige wenige nördliche Gebiete in

Italien und im Nordosten Spaniens.

Am unteren Ende der Wertung finden sich

durchwegs entlegene ländliche Regionen

etwa in Süditalien oder Griechenland, sowie

vom radikalen Strukturwandel betroffene

Gebiete in Bulgarien, Rumänien und Polen.

Sie sind von einem Bündel negativer demo-

grafischer Erscheinungen betroffen: von

sehr niedrigen Kinderzahlen, einer massiven

Abwanderung junger Menschen und einer

entsprechend starken Überalterung der

verbleibenden Bevölkerung. Diese ist zudem

sozial nicht sonderlich gut gestellt.

Beim Blick auf die Karte mit der Gesamtbe-

wertung wird ein deutliches Ost-West-Gefälle

sichtbar. Es zeigt, dass der Übergang von der

Staats- in die Marktwirtschaft längst noch

nicht abgeschlossen ist. Allerdings wird auch

klar, was es bedeutet, Reformen möglichst

früh zu beginnen. So haben die baltischen

Nationen, die sich als erste von der Sowjet-

herrschaft losgesagt und gen Westeuropa

orientiert hatten, bereits zu den schwächeren

westeuropäischen Regionen aufgeschlossen.

Ebenso Tschechien und Slowenien, die schon

innerhalb des Ostblocks relativ weit entwickelt

waren und nach der Wende reformfreudig ans

Werk gingen. Andere Länder wie die neuen

EU-Mitglieder Bulgarien und Rumänien, die

nach dem Fall des Eisernen Vorhangs noch ein

Jahrzehnt lang eine politische und wirtschaft-

liche Krise erlebt haben, hinken zwangsläufig

hinterher.

Zusätzlich weisen viele Staaten ein internes

Nord-Süd-Gefälle auf: Im Norden (Schweden,

Finnland, Großbritannien) sowie in Deutsch-

land stehen die südlichen Regionen innerhalb

der Länder besser da. In Italien ist es umge-

kehrt. In jedem Fall dürften dabei auch klima-

tische Gründe eine Rolle spielen. Während

in Skandinavien der hohe Norden besonders

unwirtlich ist, bietet der heiße Süden Italiens

schwierigere Lebens- und Arbeitsbedingungen

als der gemäßigte Norden.

Generell finden sich die Erfolgsregionen Euro-

pas in einem ovalen Gebiet, das sich von Stock-

holm und Oslo über London, Paris und den

alemannischen Raum mit der Schweiz und

Süddeutschland bis ins westliche Österreich

erstreckt. Durch Deutschland verläuft nach wie

vor die alte Grenze zwischen den Systemen. Sie

trennt den hilfsbedürftigen Osten vom Westen,

der seinerseits im Süden deutlich besser ab-

schneidet als im Norden. Trotz massiver Sub-

ventionen für die neuen Bundesländer ist es

dort bisher nicht gelungen, den Anschluss an

den Westen zu finden. Während in den meisten

Ländern die Hauptstadtregionen zu den dyna-

mischsten und jüngsten gehören, weil dort die

großen Unternehmen angesiedelt sind, die

immer wieder junge Qualifizierte anlocken,

schneiden Rom und erst recht Berlin besten-

falls durchschnittlich ab. Tschechien und Slo-

wenien, selbst die Hauptstadtregionen von

Ungarn und der Slowakei haben im Vergleich

zu Ostdeutschland bessere Zukunftschancen.

GESAMTBEWERTUNG

Berlin-Institut 5

E19

GB16

GB23GB21

GB18

GB22GB24

GB30

GB35GB34 GB36

GB25

GB33GB31

GB32

GB19

GB20

GB27

GB29GB28GB26

GB7

GB5

GB6

GB9 GB11

GB8

GB14

GB2

GB3

GB4

GB1

GB37

GB15GB13GB12

GB10

GB17

IRL1

IRL2

IS

N7

N4

N6

N5

N3

FIN3N2

S3

S2

S1

FIN1

N1

FIN2

FIN4

S5

S4

S8

S7

S6

DK1

DK2

DK3

DK4

DK5

PL11

PL8

PL15

PL14

PL13

PL16

PL12

PL4

PL6

PL1

PL5

PL9

PL10

PL7

PL3PL2

I3

I8

I5

I6

I7

I9

I10

I11

I12

I13

I14

I15

I16 I17

I18

I19

I20

I21

I4

I1

I2

E1E2

E3

E4

E5E7

E8

E6

E9

P5

P2

P3P4

E12E11

E13E16

E14E15

E10

P1

F18

F19

F15

F17F16

F20F21

F22

F6 F4

F3F2

F11

F5

F12

F10

F9

F14

F7

F13

F8

L

F1

A5

A1A2

A9

A4

A3

A8A7A6FL

H5

H4H3

H6

H1H2

H7

SK4

SK2SK3

SK1

CZ4CZ3

CZ5

CZ1CZ2

CZ6CZ7

CZ8

RO1

RO3

RO2

RO7

RO6

RO5

RO4

RO8

BG1BG2

BG3

BG6

BG4BG5

GR1

GR2

GR3

GR5GR4

GR11

GR6

GR9

GR7

GR10

GR8

GR12

GR13

SLO

M

EST

LV

LT

FIN5

CH6

CH1

CH2 CH3

CH4CH5

CH7

NL1NL2

NL3

NL6

NL9NL8

NL4

NL7

NL11NL12

NL5

B2B1

NL10

B6

B3B4B5

B7B8 B10

B11

B9

D10

D2D3

D1

D30D29

D31 D32 D38

D39

D36

D34

D35

D33

D37

D20

D19

D25D26

D27D28

D24D21

D12

D11

D8

D18

D7D6

D4

D15

D17

D13 D14

D16 D23D22

D9

D5

F24F23

F26F25

P6

P7E17

E18

E19

Riga

Tallinn

Helsinki

Kopenhagen

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London

Dublin

Budapest

BratislavaWien

Sofia

Ljubljana

Berlin

Prag

Warschau

Bukarest

Paris

BernVaduz

Madrid

Rom

Lissabon

Amsterdam

Brüssel

Valletta

Athen

Reykjavík

Vilnius

1,91 bis unter 2,50

2,50 bis unter 2,80

2,80 bis unter 3,10

3,10 bis unter 3,40

3,40 bis unter 3,70

3,70 bis unter 4,00

4,00 bis unter 4,30

4,30 bis 4,88

Gesamtbewertung

CY

Nikosia

FF25

P6

P7 P6

E17

F24

F26

Französisch-Guayana (F)

Ceuta (E)

Azoren (P) Madeira (P) Kanarische Inseln (E)

F23

E18

Melilla (E)

Réunion (F)

Martinique (F)

Guadeloupe (F)

6 Die demografische Zukunft von Europa – Kurzfassung

OST-WEST-VERSCHIEBUNGNiedrige Kinderzahlen und offene innereuro-

päische Grenzen sorgen für massive Bevölke-

rungsveränderungen. Die meisten mittel- und

osteuropäischen Staaten verzeichnen seit

dem Fall des Eisernen Vorhangs einen regel-

rechten Einbruch der Geburtenraten. Zudem

sind aus einigen Ländern des ehemaligen

Ostblocks Millionen junger Erwerbstätiger

auf der Suche nach Arbeit abgewandert. Aber

auch dort, wo die Menschen schon länger

wenig Nachwuchs bekommen, in Deutsch-

land und Österreich, in Spanien oder Italien,

haben unaufhaltsame Alterungs- und schlei-

chende Schrumpfungsprozesse eingesetzt.

In der Gegenwart zeigt sich der Effekt an-

haltend niedriger Kinderzahlen vor allem in

peripheren ländlichen Gebieten, in denen

früher kinderreiche Familien die Regel waren.

Diese Regionen haben immer schon die nach-

wuchsärmeren und wachsenden Ballungs-

zentren mit jungen Menschen versorgt. Seit

aber selbst in der Peripherie, in Nordspanien

wie in Süditalien, in Ostdeutschland wie in

weiten Teilen Rumäniens oder Bulgariens, die

Kinderzahlen je Frau zum Teil deutlich unter

den Wert von 2,1 gesunken sind, der eine

langfristig stabile Bevölkerungszahl ver-

spricht, haben entlegene Zonen der Abwan-

derung nichts mehr entgegenzusetzen – sie

bluten regelrecht aus.

In Staaten mit höherer Fertilität und anhal-

tender Zuwanderung, in Frankreich, Irland

oder Norwegen, gibt es hingegen genug Men-

schen, um auch in Gebieten, die früher unter

der Landflucht gelitten haben, die Bevölke-

rungszahlen zu stabilisieren. Manche dieser

Regionen wachsen sogar.

Nirgendwo in Europa ist damit zu rechnen,

dass die Fertilitätsraten von heute durch-

schnittlich 1,5 Kindern je Frau wieder wesent-

lich über 2,1 steigen werden. Nur Nationen

mit einer relativ jungen Bevölkerung wie

Irland könnten noch eine Zeit lang aus natür-

lichen Gründen weiter wachsen. Überall da,

wo die wenigen Kinder der Vergangenheit

bereits zu wenigen potenziellen Eltern heran-

gewachsen sind, müssten diese weit mehr als

2,1 Kinder bekommen, um den längst einge-

leiteten Schwund zu kompensieren – und das

ist nicht zu erwarten.

Demzufolge ist in den meisten Ländern

Europas Wachstum oder auch nur Stabilität

einzig auf Basis von Zuwanderung möglich.

Viele westeuropäische Nationen, insbeson-

dere Irland und Großbritannien, haben ihre

Arbeitsmärkte mit Kräften aus Polen und

Lettland aufgefrischt. Nach Spanien und

Italien zogen die Rumänen und Bulgaren.

Deshalb wächst die Bevölkerung in den Zu-

wanderungsländern. Die Länder Mittel- und

Ost europas setzen jetzt selbst auf Einwan-

derung. Der Blick geht dabei im Allgemeinen

weiter nach Osten. Aber auch dort haben die

Länder, die Ukraine oder die Republik Moldau

etwa, kaum noch junge Menschen zu bieten.

In Zukunft müssten die Migranten somit

vermehrt aus außereuropäischen Staaten

kommen.

Das europäische Statistikamt Eurostat geht

in seinen Prognosen bis 2030 davon aus,

dass für drei Viertel aller Regionen die Zu-

wanderung die einzige Möglichkeit ist, dem

Schrumpfen etwas entgegenzusetzen. Knapp

40 Prozent dieser Gebiete werden trotz

Zuwanderung einen Bevölkerungsrückgang

erleben. Nur ein Viertel der Regionen erreicht

eine Stabilität (teilweise auch ein Wachstum)

aus eigener Kraft. Bei der den Prognosen

zugrunde liegenden Migration dürfte die EU-

27 bis 2050 um etwa vier Prozent wachsen.

Ohne den Zustrom von außen würde sie um

etwa 50 Millionen auf rund 450 Millionen

schrumpfen – das sind so viele Menschen,

wie heute in Polen und Griechenland leben.

Die grundsätzlichen demografischen Ver-

änderungen in Europa werden sich regional

sehr unterschiedlich auswirken. Deutsch-

lands Osten wird weiterhin zu den größten

Verlierern gehören, ebenso werden Rumänien

und Bulgarien, Teile Polens sowie die noch

weiter östlich gelegenen Nicht-EU-Länder

an Bevölkerung verlieren. Westdeutschland

wird in den wirtschaftsstarken Zonen wach-

sen und in den schwachen schrumpfen. Die

Benelux-Länder bleiben einigermaßen stabil,

wobei die dicht besiedelten Niederlande

sogar an Einwohnern zulegen werden. In dem

zentraleuropäischen Gebiet, das von Süd-

schweden und Dänemark über Westdeutsch-

land bis nach Norditalien, Ostösterreich und

Slowenien reicht, dürfte eine stabile Wirt-

schaftsentwicklung für eine ähnlich stabile,

gleichwohl alternde Bevölkerung sorgen.

Wachsen werden vor allem kleine Staaten

wie Luxemburg oder Zypern, die aufgrund ih-

rer wirtschaftlichen Sonderrolle Arbeitskräfte

anziehen. Auch die vergleichsweise nach-

wuchsreichen Länder Frankreich, Norwegen,

Irland und Island werden ihre Schulen und

Kindergärten weiter ausbauen müssen.

Großbritannien, Finnland und Schweden

entwickeln sich stabil auf hohem Niveau. In

Spanien und Italien gilt dies nur in wenigen

Regionen, und auch das nur, wenn die Zu-

wanderung anhält. Italien und Deutschland

bräuchten die höchste Nettozuwanderung um

den Bestand der Bevölkerung im arbeitsfähi-

gen Alter auf konstantem Niveau zu halten.

Berlin-Institut 7

Belgrad

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SkopjeTirana

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GR

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IS

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F CH A

SLO

HR BIH

AL

MKKOS

MNEI

RSM

PE

GB

IRL

B

NL

L

FL

AND

M

BY

unter – 18

– 18 bis unter – 12

– 12 bis unter – 6

– 6 bis unter 0

0 bis unter 6

6 bis unter 12

12 bis unter 18

18 und mehr

Bevölkerungs prognose

2004 bis 2030 in Prozent

(Datengrundlage: Eurostat,

Vereinte Nationen, Natio-

nale Statistik ämter, Daten

für Weißrussland, Ukraine,

Kroatien und Serbien nur auf

nationaler Ebene verfügbar)

Azoren (P) Madeira (P) Kanarische Inseln (E)

Nikosia

CY

8 Die demografische Zukunft von Europa – Kurzfassung

FOLGEN DES BABYBOOMS1950 lag in Europa das Medianalter, das eine

Bevölkerung in eine jüngere und eine ältere

Hälfte teilt, noch bei 31 Jahren. 2005 hatte

es 38 Jahre erreicht, und Projektionen zufol-

ge dürfte es bis 2050 auf 48 Jahre steigen.

Damit altert die Bevölkerung Europas derzeit

um etwa zwei Tage die Woche, und es wird

bald schon mehr über 65-Jährige als unter

20-Jährige geben.

Mit dem längeren Leben geht einerseits

ein Menschheitstraum in Erfüllung, zumal

die meisten Europäer das Alter in einer

erstaunlich guten Verfassung erreichen.

Andererseits steht der wachsenden Gruppe

der Rentner und Pensionäre eine kleiner

werdende jüngere Bevölkerung gegenüber,

die im Umlageverfahren und nach dem „Ge-

nerationenvertrag“ die Älteren versorgen

muss. Eine besondere Bedeutung kommt

dabei dem Nachkriegsbabyboom zu, den alle

europäischen Nationen mehr oder weniger

ausgeprägt erlebt haben. In dieser Phase

vergleichsweise hoher Kinderzahlen in den

1950er und 1960ern kamen Jahrgänge

zur Welt, die in fast allen Ländern deutlich

stärker besetzt sind als die nachfolgenden

Generationen.

Europaweit fällt die Alterung regional sehr

unterschiedlich aus. So wird der Anteil der

über 75-Jährigen, der heute in der italie-

nischen Region Ligurien mit 13 Prozent den

europäischen Maximalwert erreicht, dort bis

2030 auf 18 Prozent steigen. In der ostdeut-

schen Region Chemnitz hingegen, die stark

von der Abwanderung junger Menschen ge-

prägt ist, verdoppelt sich der Anteil der über

75-Jährigen fast von zehn auf 19 Prozent. Er

steigt aber auch im kinderreichen Irland –

dort allerdings nur von viereinhalb auf acht-

einhalb Prozent.

Irland: Bleibt jung

Bis vor 25 Jahren glich

die Bevölkerungspyra-

mide Irlands der eines

Entwicklungslandes.

Dann sanken auch dort

die Kinderzahlen je

Frau – allerdings nicht

unter einen Wert von

zwei. Damit dürften

kommende Nachwuchs-

genera tionen etwa so

kopfstark bleiben wie

heute.

Deutschland: Altert weiter

Nirgendwo in Europa

sanken die Kinderzahlen

so früh so massiv wie in

Deutschland. Heute

stellen die nach dem

„Pillenknick“ Gebore-

nen schon eine ausge-

dünnte Elterngenerati-

on, die ihrerseits nur

wenige Kinder hat. Die

Folge: Die Bevölkerung

altert kontinuierlich.

Bulgarien: Vergreist

Die mehr oder weniger

konstante Fertilitätsrate

zu kommunistischen

Zeiten brach in den

1990er Jahren um fast

die Hälfte ein. Weil

damit in Zukunft poten-

zielle Eltern fehlen,

droht Bulgarien bis

2050 eine extreme

Überalterung – und

vermutlich eine wach-

sende Altersarmut.

Anteil der Altersgruppen in Prozent der Gesamtbevölkerung

(Datengrundlage: Eurostat)

100959085807570656055504540353025201510

50

2007 2050

Männer Frauen

100959085807570656055504540353025201510

50

100959085807570656055504540353025201510

50

00 0,50,5 11 0,50,5 1

+

+

+

Berlin-Institut 9

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E18

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F26F25

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S

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F CH A

SLO

HR BIH

AL

MKKOS

MNEI

RSM

PE

GB

IRL

B

NL

L

FL

AND

M

BY

Kinderarmer Kontinent

Nur wenige Nationen Europas erreichen eine durchschnittliche Kinderzahl je Frau von wenigstens

1,7, bei der sich die Einwohnerzahl mit moderater Zuwanderung stabil halten ließe: Irland, Island,

Frankreich, Großbritannien, Belgien, die Niederlande und die skandinavischen Länder. Einzig auf

dem Balkan finden sich mit Albanien, Montenegro und Kosovo noch Länder mit vergleichsweise

hohen Kinderzahlen. Das aber könnte sich rasch ändern, wenn sich Wirtschaft und Gesellschaft an

die EU anpassen. Im Osten und Süden Europas erstrecken sich die Weiten der Kinderarmut.

(Datengrundlage:

Eurostat, für Weiß-

russland, Ukraine,

Moldau und Serbien

Daten nur auf

nationaler Ebene

verfügbar)

KINDERMANGEL IST KEIN NATURGESETZZwischen Finnland und Zypern, von Portugal

bis Rumänien, in sämtlichen Ländern der

EU bekommen die Frauen heute im Mittel

weniger als 2,1 Kinder. Allerdings verteilt sich

die Fertilität sehr unterschiedlich: Während

die Polinnen durchschnittlich nur knapp 1,3

Kinder bekommen, sind es in Island, Irland

und Frankreich etwa zwei.

Die rückläufigen Kinderzahlen der vergange-

nen Jahrzehnte hängen vor allem mit einer

veränderten Rolle von Frauen in der Gesell-

schaft zusammen. Seit den 1960er Jahren

haben Frauen einen gleichberechtigten

Zugang zur Bildung erhalten und sind heute

in vielen Ländern besser qualifiziert als ihre

männlichen Altersgenossen. Diese Frauen

wollen einen Beruf ausüben und ein vom

Partner unabhängiges Einkommen erzielen.

Kinder bekommen sie in größerer Zahl nur in

jenen Ländern, die es ermöglichen, die Belan-

ge von Familie und Beruf für beide Elternteile

zu vereinbaren.

Der Staat kann durch finanzielle Förderung

zur Geburtenfreudigkeit seiner Bevölkerung

beitragen. Hier erweist sich jedoch das

„Wofür“ des Geldausgebens als ebenso

wichtig wie das „Wieviel“. Allein die

Zahlung von „Kindergeld“ vermag in

keinem Fall den erhöhten Bedarf für

Kinder zu decken und zusätzlich den

Verlust eines zweiten Einkommens zu

kompensieren, wenn einer der Partner

nicht arbeiten kann. In den kinderreicheren

Ländern fließt ein großer Anteil der staat-

lichen Zuschüsse in eine familienfreundliche

Infrastruktur, um die Erwerbstätigkeit beider

Partner zu ermöglichen.

unter 1,2

1,2 bis unter 1,4

1,4 bis unter 1,6

1,6 bis unter 1,8

1,8 bis unter 2,0

2,0 und mehr

Durchschnittliche

Kinderzahl je Frau in den

Regionen Europas 2005

ReykjavíkIS

10 Die demografische Zukunft von Europa – Kurzfassung

KAMPF UM KLUGE KÖPFEEuropa hat eine jahrhundertelange Wande-

rungsgeschichte. Kriege und Wirtschafts-

krisen trieben die Menschen auf die Flucht.

Boomphasen sorgten für die Migration von

Arbeitskräften. Bereits vor dem Jahr 2004

waren alle 15 ursprünglichen EU-Mitglieder

zu Einwanderungsländern geworden. Heute

zieht es die Menschen vor allem in Länder,

die noch vor kurzem Abwanderungsgebiete

waren: Etwa nach Spanien, wo sich die Zahl

der Ausländer zwischen 1995 und 2006 fast

verachtfacht hat. Oder nach Italien, wo die

Ausländerzahl auf das Dreifache, und nach

Irland, wo sie auf das Doppelte gestiegen ist.

Finnland und Portugal verzeichnen etwa 80

Prozent mehr Ausländer als noch 1995. Im

Jahr 2006 lebten in den 27 Mitgliedsländern

der Europäischen Union rund 28 Millionen

Menschen mit einer ausländischen Staats-

bürgerschaft – das sind knapp sechs Prozent

aller Einwohner. Einen schätzungsweise

ebenso großen Anteil machen Migranten

der ersten und zweiten Generation aus, die

bereits die Nationalität ihrer neuen Heimat

übernommen haben.

Wanderung entsteht überall dort, wo ein

wirtschaftliches, politisches oder soziales

Gefälle zwischen Herkunfts- und Zielregion

existiert. Weil die Grenzen Europas weit-

gehend offen sind und Billigfluglinien zu

einer nie gekannten Mobilität beigetragen

haben, ist der ganze Kontinent in Bewegung

geraten. Hunderttausende junger Osteuro-

päer sind nach Großbritannien und Irland

gezogen. Zehntausende ältere Briten oder

Deutsche verbringen in Südfrankreich, Grie-

chenland oder Spanien ihren Ruhestand.

Zusätzlich drängen die Glückssucher von

außerhalb nach Europa – vor allem aus Afri-

ka, wo die Bevölkerung stark wächst und die

Daseinsbedingungen so schwierig sind, dass

die Menschen lebensgefährliche Reisen nach

Europa wagen.

Während Migration demografisch stets eine

Bereicherung bedeutet, ist sie es volkswirt-

schaftlich nur dann, wenn Einwanderer und

deren Nachkommen durch Erwerbstätigkeit

ebenso zum Volkseinkommen beitragen wie

Einheimische. Europas Staaten haben dabei

ein doppeltes Migrationsproblem: Millionen

Zuwanderer sind schlecht integriert, und sie

reichen ihre Defizite häufig an ihre Kinder

weiter. Entsprechend belastet ist die öffent-

liche Wahrnehmung dieser Bevölkerungs-

gruppe. Doch gerade die hoch entwickelten

Länder haben einen wachsenden Bedarf an

gut qualifizierten Menschen. Um die besten

von ihnen – Ingenieure, Wissenschaftler und

Ärzte, aber auch Tischler, Krankenschwestern

oder Automechaniker – entwickelt sich ein

regelrechter Wettbewerb.

Je höher qualifiziert ein Migrant ist, desto

mehr kann er wählen zwischen Ländern

und Regionen mit unterschiedlichen Auf-

nahmebedingungen, Arbeitsangeboten,

Einkommensmöglichkeiten, Sozialsystemen

oder regionaler Lebensqualität. Verglichen

mit klassischen „Einwanderungsnationen“

wie den USA, Neuseeland, Kanada oder

Australien ist Europa wenig erfolgreich beim

Anwerben qualifizierter außereuropäischer

Migranten. Auf den europäischen Kontinent

strömen permanent Menschen, die im Durch-

schnitt geringer gebildet sich als die Einhei-

mischen.

Die Abwerbung von Qualifizierten – so es

sie nicht aus Europa direkt nach Übersee

zieht – findet hauptsächlich innerhalb Euro-

pas statt. Dort profitieren vor allem in jene

Länder, welche die besten Arbeits- und

Einkommensangebote machen. Für den

Kontinent insgesamt ist das jedoch ein Null-

summenspiel. Zwar gewinnen die Zielländer

wie Großbritannien oder Irland Einwohner

hinzu, aber umgekehrt fehlen den Geber-

nationen wie Lettland oder Polen zunehmend

die Fachkräfte. Selbst Deutschland verzeich-

nete in den Jahren 2005 und 2006 – zum

ersten Mal seit 1969 – mehr Fortzüge als

Zuzüge deutscher Staatsbürger. Neben dem

klassischen Auswanderungsland USA sind in

den letzten Jahren auch Öster reich und vor

allem die Schweiz höchst attraktiv für deut-

sche Auswanderer geworden.

Doch wer bis heute qualifizierte Zuwande-

rer angeworben hat, kann sich nicht mehr

darauf verlassen, dass sie auch bleiben. Die

Öffnung der Grenzen lässt Lohngefälle relativ

schnell schwinden, so dass zunehmend Mi-

granten mit gesuchter Qualifikation in andere

Länder weiter ziehen – oder zurück in die

Heimat, wenn sich dort die Wirtschaftslage

verbessert. Wer gut ausgebildete Zuwanderer

dauerhaft halten will, muss ihnen mehr bie-

ten als einen Job – eine langfristige Perspek-

tive auch für die Familie und das Gefühl des

Willkommenseins.

Berlin-Institut 11

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Die neue Völkerwanderung

Im Jahr 2006 hat Spanien am meisten Einwanderer

angezogen, Polen und Rumänien haben besonders

viele Einwohner verloren. Die hier abgebildete Karte

ist unvollständig, weil temporäre Arbeitsmigration

in diesen Ländern nicht erfasst wird. Darüber hinaus

ist die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten nicht ent-

halten. Die Darstellung vermittelt nur eine Moment-

aufnahme für 2006. Migrationsströme können sich

binnen kurzer Zeit verändern.

Ausgewählte Migrationsströme innerhalb

Europas per Saldo im Jahr 2006 (Italien 2005)

(Datengrundlage: Eurostat)

12 Die demografische Zukunft von Europa – Kurzfassung

BILDUNG IST DAS WICHTIGSTE KAPITAL

lassen sich große regionale Entwicklungs-

unterschiede erkennen: In der Region Inneres

London etwa konnten 2006 rund 43 Prozent

der 25- bis 64-Jährigen einen Hochschulab-

schluss vorweisen. Auf den portugiesischen

Azoren verfügten im selben Jahr nur acht

Prozent über eine derartige Qualifikation.

Erwerbslosigkeit ist in Europa zu einem guten

Teil eine Frage der Bildung: Akademiker

sind seltener arbeitslos als gering Quali-

fizierte, und der Anteil Ungelernter an den

Langzeitarbeits losen ist besonders hoch.

Der demografische Wandel lässt Bildung

noch wichtiger werden: Denn mit Alterung

und Bevölkerungsrückgang sinken sowohl

die absolute Zahl der Erwerbstätigen als auch

deren Anteil an der Gesamtbevölkerung. Je-

der Einzelne muss somit produktiver werden,

damit die alternden Gesellschaften wettbe-

werbsfähig bleiben und ihre Sozialaufgaben

finanziell schultern können.

Bildung beschäftigt

Der Bedarf an gut ausgebildeten Arbeitskräften ist

europaweit groß – und er wird weiter wachsen. In den

meisten wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern

Europas übersteigt schon heute der Anteil derjenigen

Beschäftigten, die über einen Fach- oder Hochschul-

abschluss verfügen, den Anteil jener, die nur eine

schulische Grundbildung nachweisen können. Ledig-

lich in Malta, Portugal und Spanien stellen die gering

Gebildeten noch die größte Beschäftigtengruppe.

Den Weg von der Industrie- zur Wissens-

gesellschaft haben die einzelnen euro-

päischen Nationen verschieden weit

beschritten. Und auch innerhalb der Länder

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Beschäftigte (25 bis 64 Jahre) in den EU-27-Ländern

nach Bildungsstand in Prozent 2007

Primärbildung (Vorschule, Primärbereich

und Sekundarstufe I)

Sekundärbildung (Sekundarstufe II und

Post-Sekundarbereich)

Tertiärbildung (Hochschul- und Weiterbildung)

(Datengrundlage: Eurostat)

Berlin-Institut 13

Beschäftigungsrekord

Mehr als 220 Millionen Menschen sind derzeit in den

27 EU Ländern offiziell erwerbstätig – sieben Prozent

mehr als vor dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr

1989. Während die 15 EU-Kernländer seit Mitte der

1990er Jahre einen ununter brochenen Anstieg ver-

zeichnen, endete die Durststrecke der neuen Mit-

gliedsländer nach dem wirtschaftlichen Niedergang

erst im Jahr 2003. Seither steigt die Zahl der Be-

schäftigten. In den Ländern der Europäischen Union

insgesamt waren nie so viele Menschen beschäftigt

wie heute.

Entwicklung der Beschäftigtenzahl in der EU-15, den

zwölf seit 2004 beigetretenen Mitgliedsländern und der

EU-27, 1989 bis 2007 in Prozent (1989 = 100 Prozent)

(Datengrundlage: The Conference Board and

Groningen Growth and Development Centre)

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EU-15

EU-27

12 neue

Mitgliedsländer

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ARBEIT MACHT MOBIL

ist die Zahl der Erwerbstätigen in den 15

ursprünglichen EU-Ländern seit 1989 um 15

Prozent gestiegen. Zählt man alle 27 gegen-

wärtigen EU-Länder zusammen, liegt die Zahl

der Beschäftigten heute knapp sieben Pro-

zent über dem Wert von 1989. Nie standen in

Europa mehr Menschen in Lohn und Brot.

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Die europäischen Länder unternehmen sehr

unterschiedliche Anstrengungen, um die

jüngeren Generationen besser zu qualifi-

zieren. In Frankreich haben beispielsweise

18 Prozent der 45- bis 54-Jährigen einen

Hochschulabschluss. Deren Kinder, die

heute 25- bis 34-Jährigen, verfügen bereits

zu 39 Prozent über eine solche Qualifika-

tion. In Irland hat sich das Verhältnis von 22

auf 41 Prozent verbessert. In Deutschland

hingegen, wo die Studierendenquote für

eine Industrie nation ohnehin niedrig ist, ist

der Anteil der Hochschulabsolventen sogar

gesunken.

Eine besondere Herausforderung für die

europäischen Gesellschaften liegt in der

Qualifikation von Zugewanderten. In prak-

tisch keinem europäischen Land erreichen

die Kinder aus der zweiten Migrantengene-

ration, obwohl bereits in der neuen Heimat

geboren, annähernd das gleiche schulische

Kompetenzniveau wie Menschen ohne Mi-

grationshintergrund. In Deutschland, Öster-

reich und den Niederlanden etwa haben die

Kinder von Zuwanderern im Durchschnitt

sogar einen noch niedrigeren Bildungsstand

als direkt Zugewanderte.

Der Fall des Eisernen Vorhangs und das

politische und wirtschaftliche Zusammen-

wachsen Europas haben seit 1990 einen

zunehmend freien Verkehr von Personen,

Waren, Dienstleistungen und Kapital ermög-

licht. Diese neue Mobilität übt einen enormen

Druck aus: auf Unternehmen, die sich dem

Wettbewerb mit Firmen jenseits nationaler

Grenzen stellen müssen. Auf Staaten, deren

Firmen und Steuerzahler in Länder mit gün-

stigeren Rahmenbedingungen ausweichen

können. Und auf Menschen, die zum Teil ihre

Heimat verlassen müssen, um anderswo

ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Menschen bewegen sich von wirtschafts-

schwächeren in wohlhabendere Länder –

meistens von Ost nach West. Im Gegenzug

fließt Kapital von West nach Ost, von Nord

nach Süd. Die Investoren zieht es dorthin, wo

die Rahmenbedingungen besonders günstig

sind. Sie suchen nicht nur niedrige Löhne,

günstige Steuersätze und neue Märkte, son-

dern auch politische Stabilität und Rechts-

sicherheit. Für beides hat sich bereits die

Aussicht auf einen EU-Beitritt als ungemein

förderlich erwiesen.

Mit dem Systemwechsel gingen in den

Staaten Mittel- und Osteuropas zunächst

Millionen Arbeitsplätze verloren. Der Tief-

punkt war erst im Jahr 2003 erreicht. Bis

dahin hatten die Neumitglieder der EU insge-

samt zwölf Millionen Arbeitsplätze abgebaut

– ein Rückgang um 23 Prozent gegenüber

1989. Erst seit dem EU-Beitritt geht es

wieder aufwärts. Doch die europäische Inte-

gration ist keineswegs ein Sozialhilfeprojekt

für ärmere Mitgliedsstaaten – vom Zusam-

menwachsen profitieren alle. Unterm Strich

14 Die demografische Zukunft von Europa – Kurzfassung

EUROPAS POTENZIALESo wie steigende Rohstoffpreise nicht nur ein

Fluch, sondern auch ein Segen sein können,

weil sie zu Sparen und Innovation ermuti-

gen, bedeutet der demografische Wandel

nicht den Untergang des Abendlandes. Die

europäischen Völker werden altern, zum Teil

auch schrumpfen, und sie werden ihre demo-

grafischen Lücken vermehrt durch Zuwan-

derung schließen. Dies alles wird nicht ohne

Konflikte ablaufen. Aber die demografische

Krise wird auch dazu beitragen, dass lange

verschleppte Probleme unter einem neuen

Blickwinkel betrachtet und mit ungeahnter

Kreativität angepackt werden.

Denn es ist klar, dass die Gesundheits- und

Bildungssysteme vieler europäischer Länder

grundlegender Reformen bedürfen, dass

Migranten häufig schlecht integriert sind

und dass die Steuerpolitik in vielen Nationen

Menschen mit Kindern finanziell benach-

teiligt. Der demografische Wandel hat diese

Probleme nicht erzeugt. Aber er verschärft

sie.

Die demografischen Entwicklungen zwingen

zur ökonomischen Bewertung all jener Pro-

bleme, die bisher vor allem unter Gerechtig-

keitsaspekten diskutiert wurden. Schließlich

ist es unfair, wenn nicht alle Kinder die

gleichen Bildungschancen bekommen. Wenn

Einwanderer am Arbeitsmarkt diskriminiert

werden und wenn arme Leute früher sterben

als reiche. Doch nur selten hat die Gerechtig-

keitsdebatte etwas am Sachstand geändert.

Ökonomisch betrachtet werden schlecht

gebildete Jugendliche zu teuren Sozialfällen,

arbeitslose Migranten belasten den Sozial-

staat, und der Mangel an Nachwuchs lässt

den Arbeitsmarkt austrocknen. Die vielfach

angeprangerte Ökonomisierung sozialer und

gesellschaftlicher Probleme kann deshalb

dazu führen, dass Probleme angegangen

und bisher brach liegende gesellschaftliche

Ressourcen mobilisiert werden. Darin liegen

die Chancen des demografischen Wandels:

Der wichtigste Rohstoff des alten Kontinents

– seine Talente und Gehirne – wird künftig

einen höheren Wert bekommen.

Auch die Gleichstellung der Geschlechter in

Sachen Familie, Beruf und Entlohnung kann

von den demografischen Veränderungen

profitieren. Denn die Volkswirtschaft ist

auf Frauen genauso angewiesen wie auf

Nachwuchs. Sie muss deshalb aus rein öko-

nomischen Gründen dafür sorgen, dass sich

Familie und Beruf für beide Partner gleich-

berechtigt vereinbaren lassen und dass beide

Geschlechter gleiche Karrierechancen haben.

Das Modell des männlichen Alleinernährers

sowie alle Steuer- und Sozialsysteme, die

dieses unterstützen, sind schon aus diesem

Grunde unzeitgemäß.

Bei fast alle europäischen Nationen steht

mittlerweile die Familienpolitik weit oben auf

der politischen Agenda, und sie orientieren

sich dabei an Ländern wie Frankreich oder

den nordischen Nationen, die auf diesem

Gebiet über lange Erfahrung verfügen. Der

jüngst in Deutschland registrierte leichte

Anstieg der Neugeborenenzahlen beruht

zum Teil auf einer Trendwende bei der

Familienförderung. Aber sicher auch auf

dem Umstand, dass ein lange vergessenes

Thema wieder diskussionswürdig geworden

ist. Kinder waren in Ländern wie Deutsch-

land regelrecht aus der Mode gekommen.

Kinderlärm galt als Ruhestörung, gar als

Grund, Mietern ihre Wohnung zu kündigen.

Kinder mögen eine notwendige Vorausset-

zung für stabile Sozialsysteme und pro-

duktive Ökonomien sein – zuallererst aber

sind sie ein großes Glück für ihre Eltern.

Gesellschaften ohne Kinder oder mit sehr

wenig Nachwuchs sind im wahrsten Sinne

des Wortes arm, weil ihnen so der Blick in

die Zukunft fehlt. Dass Kinder mehr als frü-

her auch ihrer selbst willen wahrgenommen

werden, ist womöglich die größte Errungen-

schaft des Kindermangels.

172 DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA

Trotz teilweise unwirtlicher klimatischer Bedingungen

geht es den Menschen im nördlichsten Teil Europas

außerordentlich gut. Bestens ausgebaute Sozialsysteme

und Förderungsprogramme auch für dünn besiedelte

Regionen sorgen für eine flächendeckende Entwicklung

– und für hohe Geburtenraten. Schon früh haben die

skandinavischen Staaten Frauen auf den Arbeitsmarkt

geholt, aber gleichzeitig, anders als etwa in Deutsch-

land, die Kinderbetreuung auf einem hohen Standard

ausgebaut. Für die Zukunft sind sie gut gerüstet, denn

nirgendwo ist die Bildungsbeteiligung von Frauen hö-

her als zwischen Reykjavik und Helsinki. Die Finnen

verfügen über die beste Schulbildung in Europa. Die

Nicht-EU-Länder Island und Norwegen können darüber

hinaus auf enorme natürliche Ressourcen wie Energie

und Fisch bauen, was massiv zum Wohlstand beiträgt.

Die Regionen Island, Stockholm und Oslo belegen die

drei ersten Plätze in der Gesamtwertung dieser Studie.

Die ehemals sowjetischen baltischen Republiken Est-

land, Lettland und Litauen hinken zwar weit hinter ihren

skandinavischen Nachbarn her, aber sie zählen unter

den jungen EU-Mitgliedern zu den erfolgreichsten. Die

Esten konnten sich dabei am weitesten entwickeln.

(Datengrundlage: Eurostat, Statistik Norwegen 2005

bis 2030, Statistik Dänemark 2007 bis 2030)

1994 bis 2003

2004 bis 2030 (Prognose)

Bevölkerungsentwicklung in Prozent

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Reykjavík

Prognostizierte Bevölke rungs entwicklung

2004 bis 2030 in Prozent

(Datengrundlage: Eurostat,

Statistik Norwegen 2005 bis 2030,

Statistik Dänemark 2007 bis 2030)

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18 und mehr

Demografisches Hoch im Norden

Zwar zieht es die Skandinavier, vor allem die jungen

Frauen, tendenziell in die Hauptstadtregionen, die oft im

südlichen Teil ihrer Länder liegen. Denn dort wird der

hohe Bildungsstand der Bevölkerung direkt in Hochtech-

nologie und Wirtschaftskraft umgesetzt. Dennoch stabili-

sieren sich selbst die nördlichsten Regionen: unter ande-

rem, weil dort die Menschen viele Kinder bekommen,

europaweit am meisten in Nordfinnland. Nur im an Russ-

land grenzenden Gebiet Finnlands zeigt die Abwanderung

ihre Folgen. Während alle nordischen Länder, vor allem

Island, bis 2030 ein Bevölkerungswachstum erwarten

können, hat der Schwund in den baltischen Staaten längst

begonnen – und er wird sich verstärkt fortsetzen.

200 DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA

FINNLANDViel Raum für die moderne

Informationsgesellschaft

An der Ostgrenze Finnlands war lange Zeit die freie Welt

zu Ende. Kein anderes westliches Land hatte eine derart

ausgedehnte Grenzlinie zum Ostblock: Der längste Teil

des „Eisernen Vorhangs“ lag in dem dicht bewaldeten

und dünn besiedelten Grenzgebiet zwischen Finnland

und der Sowjetunion.

Eine prekäre Lage, die einen großen Spagat erforderte –

innen- und außenpolitisch wie auch wirtschaftlich:

Finnland musste während des „Kalten Krieges“ Vertrau-

en im Osten schaffen, fruchtbare bilaterale Handelsbe-

ziehungen unterhalten, dabei gleichzeitig freundschaft-

liche Beziehungen zu den anderen skandinavischen

Staaten aufbauen und bei allem strikt neutral bleiben.

Grundlage dafür bildete der 1948 mit der Sowjetunion

geschlossene Vertrag über Freundschaft und Zusam-

menarbeit. Urho Kaleva Kekkonen, der die Geschicke

des Landes zunächst als Ministerpräsident und später

als Staatpräsident von 1950 bis 1981 lenkte, gelang die-

ser Balanceakt. Und so wurde Finnland schließlich sogar

zum Mittler zwischen den Großmächten: 1975 wurde in

Helsinki die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit

und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) unterzeichnet,

so dass die ersten Abrüstungsverhandlungen beginnen

konnten.

Wegen der politischen Hindernisse konnte Finnland erst

1995 der EU beitreten. Der Weg, der das Land in die

Mitte Europas führte, war steinig. Denn die Nation war

über lange Zeit isoliert und fremdbestimmt gewesen.

Seit dem 12. Jahrhundert hatten die Schweden Kreuz-

züge gegen die Finnen unternommen und ihre politische

Macht und den römisch-katholischen Glauben im west-

lichen Finnland durchgesetzt. Sie sollten fast 700 Jahre

im Land bleiben, bis sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts

mit dem Erstarken Russlands die Machtverhältnisse

änderten. 1809 verlor Schweden seinen politischen

Einfluss: Finnland wurde autonomes Großherzogtum

von Russland, und die Hauptstadt – bis dahin war es

Turku – nach Helsinki verlegt. Die finnische Sprache, die

mit keiner der Nachbarländer verwandt ist, wurde 1902

Amtssprache. 1917, mit dem Ende des Zarenreiches,

erklärte das Land seine Unabhängigkeit.

Noch heute ist Schwedisch die zweite Amtssprache in

Finnland. Für etwa sechs Prozent der Bevölkerung ist es

die Muttersprache. Die schwedisch sprechenden Finnen

sind die größte Minderheit und leben in den Küsten-

regionen im Südwesten und Süden des Landes sowie

auf der autonomen Inselgruppe Åland. Sami, die Spra-

che der Samen (früher Lappen genannt) sprechen nur

noch 0,03 Prozent der Finnen. Die Samen leben vor-

wiegend im Norden Lapplands.

Einwohnerzahl 2007 5,3 Mio.

Einwohnerzahl 2030 (Prognose) 5,4 Mio.

Einwohner/km2 Landfl äche2007 17

Kinderzahl je Frau 2006 1,84

Staatsverschuldung (in % des BIP) 2006 39,1

Nettoeinkommen (pro Kopf in KKS) 2006 14.984

Durchschnittsalter 2005 40,9

Turku

Oulu

Tampere

Helsinki

Spuren der Isolation prägen die Gesellschaft bis heute.

So hat Finnland einen der niedrigsten Ausländeranteile

der gesamten EU.56 Bis Ende der 1980er Jahre konzen-

trierte sich die Migrationspolitik ausschließlich auf die

Rückwanderung ehemaliger Finnen, die nach Schweden

oder in die USA ausgewandert waren. Heute sind Zu-

wanderer aus der ehemaligen Sowjetunion – vorwie-

gend aus Russland und Estland – die größte und stetig

wachsende Immigrantengruppe. Nach 1990 förderte

die Regierung speziell die Umsiedlung der Ingermann-

länder, so genannter russischer Finnen, deren Vorfahren

im 17. und 18. Jahrhundert oder während der Weltkriege

ausgewandert waren und dann zwischen Estland und

St. Petersburg lebten. Innerhalb weniger Jahre kamen

20.000 von ihnen nach Finnland.

Zuwanderer erwünscht!

Erst seit 1991 gibt es ein Ausländergesetz, das die Mög-

lichkeiten der Einwanderung regelt. 2006 verzeichnete

die Statistik mit 22.451 Immigranten die höchste jemals

registrierte Zahl.57 Auf sie wird Finnland in Zukunft

angewiesen sein, denn die wachsende Wirtschaft

braucht Arbeitskräfte. Sowohl in der Industrie als auch

im Dienstleistungssektor herrscht bereits ein Mangel an

Fachkräften, der bis 2020 deutlich zunehmen wird.

Dass ausgerechnet am nördlichen Ende des kontinen-

talen Europas die Wirtschaft boomt, ist ein Beleg dafür,

dass eine ökonomische und politische Randlage kein

Nachteil sein muss. Finnlands Wirtschaft ist modern,

erfolgreich und zukunftsorientiert. Dabei hatten noch

1917, als das Land unabhängig wurde, sogar viele

Staaten Südamerikas ein höheres Einkommensniveau.

Heute zählt Finnland zu den wohlhabendsten Mitglie-

dern der EU, und sein Pro-Kopf-Einkommen liegt auf

dem Niveau von Schweden und Dänemark.

Vor allem in den weiten, wenig besielten Gebieten altert die Bevölkerung

Auch Finnland ist trotz vergleichsweise hoher Kinderzahlen von

der gesellschaftlichen Alterung betroffen. Denn wie fast überall

in Europa steigt die Lebenserwartung – und die zahlenmäßig

starke Gruppe der Babyboomer kommt bald schon ins Pensions-

alter. Jung halten sich nur die größeren Städte, die immer wieder

Arbeitskräfte im Erwerbsalter anziehen.

Turku

Oulu

Tampere

Helsinki

6 bis 9,9

10 bis 19,9

20 bis 29,9

30 bis 39,9

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(Datengrundlage:

Statistics Finnland)

Anteil über

65-Jähriger in

Prozent

20202003

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202 DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA

Nokia Hyvinkää

EspooHelsinki

Bis in das 19. Jahrhundert hinein war Finnland wie viele

Nationen Europas noch ein reines Agrarland. Landwirt-

schaft im klimatisch begünstigten Süden und Forstwirt-

schaft im Norden bildeten die Lebensgrundlage. Das

„Land der Seen und Wälder“ ist zu zwei Dritteln mit

Forsten bedeckt. Holz war bereits im Mittelalter eine

wichtige Ressource und ein bedeutsames Exportpro-

dukt. Die Holzverarbeitung – noch heute ein festes

Standbein der Wirtschaft – gab Mitte des 19. Jahrhun-

derts den Anstoß für die industrielle Entwicklung. Säge-

werksprodukte wurden bis nach Großbritannien ver-

kauft. Das bescherte Finnland, wo die Industrialisierung

rund hundert Jahre später als in England begann, das

erste Wirtschaftswunder. Veredelte Holzprodukte wie

Baumaterial, Zellstoff und Papier, Eisenwaren und Le-

bensmittel aus Finnland befriedigten die Nachfrage der

bereits industrialisierten Länder Westeuropas.

Die Nokia-Ökonomie

Trotz späten Starts entwickelte sich die Wirtschaft

rasch. Dabei erwies sich gerade der Mangel an

Bodenschätzen als Vorteil: Während Industrieländer

wie Deutschland oder Großbritannien später Probleme

hatten, Arbeitsplätze aus aufgegebenen Industrie-

zweigen wie Kohle und Schwerindustrie umzuschichten,

starteten die Finnen ohne solche Hypotheken in den

Übergang von der Agrar- in die postindustrielle Gesell-

schaft. Heute belegt Finnland weltweit Spitzenpositio-

nen, unter anderem in modernster Forstwirtschaft,

Maschinenbau (für Papierherstellung und Holzverarbei-

tung) und Elektronik. Bei letzterer vor allem im Bereich

Mikroelektronik und Mobiltelefone, wobei die Firma

Nokia nicht nur das mit Abstand größte Unternehmen

des Landes ist, sondern als Synonym für Erfindergeist

und Informationsgesellschaft steht.

Dabei gründet das „Nokia-Phänomen“ ebenfalls auf

einem Traditionsprodukt: Papier – das älteste Kommu-

nikationsmittel überhaupt – war das erste Produkt, das

die 1865 im westfinnischen Nokia gegründete Firma

vertrieb. Die rasante Entwicklung der kleinen Papier-

fabrik zum weltgrößten Hersteller von Mobiltelefonen

ist symptomatisch für die wirtschaftliche Entwicklung

in Finnland. Zum Papier kamen Gummistiefel, Reifen

und Kabel. Durch den Zusammenschluss mit den Finnish

Finnland ist vor allem Helsinki

Während der Norden Finnlands zu den am dünnsten besiedelten

Regionen Europas gehört, kommt das Gebiet Uusimaa um die

Hauptstadt Helsinki auf eine Bevölkerungsdichte wie das deutsche

Bundesland Rheinland-Pfalz. 26 Prozent der Finnen leben in dem

Kreis Uusimaa und dort konzentrieren sich auch die großen Unter-

nehmen des Landes. Von den 25 wichtigsten börsennotierten

Unternehmen haben dort 23 ihren Hauptsitz – allen voran die mit

Abstand wichtigste finnische Firma Nokia.

Nordea

Rautaruukki

TeliaSonera

Metso

Stora Enso

UPM-Kymmene

Sampo

Amer Sports

Uponor

Sanoma WSOY

Kesko

YIT-Yhtyma

Elisa

Wärtsilä

unter 10

10 bis unter 18

18 bis unter 26

26 bis unter 34

34 bis unter 42

42 und mehr

(Datengrundlage: Eurostat)

Hauptsitze der 25 wich-

tigsten börsen notierten

Unternehmen in Finnland

und Bevölkerungs dichte

(Einwohner je km2) 2005

M-real

TietoEnator

Cargotec

Outotec

Outokumpu Oyi

Neste Oil

KONE

Fortum

Nokia

Nokian Renkaat

KCI Konecranes

Rubber Works und den Finnish Cable Works entstand

1967 die heutige Nokia Corporation. Björn Westerlund,

damaliger Generaldirektor, hatte eine Vision. Er glaubte

an die große Zukunft der Elektronik und konzentrierte

die Unternehmensaktivitäten schließlich auf Hoch-

technologie.

1981 erhielt Skandinavien das erste Mobilfunknetz, für

das Nokia die allerersten Autotelefone herstellte. Sechs

Jahre später produzierte das Unternehmen das erste

Handy, das „tragbar“ war, ohne dass seine Benutzer

Haltungsschäden riskierten. Kurze Textbotschaften –

SMS – sind übrigens auch eine Erfindung von Nokia.

2006 beschäftigte das Unternehmen weltweit über

68.000 Mitarbeiter. Nord- und Südfinnland rangieren

unter den zehn Regionen Europas, die am meisten Geld

für Forschung und Entwicklung in Relation zum Brutto-

sozialprodukt ausgeben.

Vermutlich liegt es nicht nur an der Begeisterung für

moderne Technologie, dass die Finnen so kommunika-

tionsfreudig sind wie kaum ein anderes Volk in Europa.

Sondern auch an den wenigen Menschen im weiten

Raum: Mit 338.145 Quadratkilometern ist Finnland fast

so groß wie Deutschland, nach Island und Norwegen

aber am dünnsten besiedelt: Hier leben gerade mal 5,3

Millionen Menschen, weniger als in der Metropolregion

von Madrid. Von Süden nach Norden nimmt die Bevölke-

rungsdichte stark ab. Während allein in der Region um

Helsinki fast ein Fünftel der Finnen leben, teilen sich in

Lappland statistisch nur zwei Einwohner einen Quadrat-

kilometer Land. Sogar Australien ist dichter besiedelt.

Telefon und Internet verbinden Menschen auch an ent-

legenen Orten. In Finnland gibt es mehr Mobiltelefon-

anschlüsse als Einwohner. 2,1 Millionen Finnen haben

zudem einen Festnetzanschluss. Deren Zahl nimmt

jedoch stetig ab. Mehr als 3,6 Millionen verfügen über

einen Internetanschluss. 97 Prozent der Schüler und

Studenten nutzen das World Wide Web regelmäßig.

Gute Bildungsergebnisse – vor allem bei Frauen

Modernste Technologien zu entwickeln, erfordert exzel-

lent ausgebildete Menschen. Spätestens seit der Pisa-

Studie weiß die ganze Welt, dass die Finnen in Sachen

Bildung fast alles richtig machen. Wobei es vor allem die

Frauen sind, die das gute Bildungsangebot nutzen und

damit zu den Erfolgen im internationalen Vergleich

beitragen. Schon seit 1987 stellen sie die Mehrheit unter

den Hochschulabgängern.

Zum Teufel mit dem Alkohol

In Finnland stieg die Zahl der Todesfälle infolge von Alkoholmissbrauch in den letzten Jahren drastisch an. Im

Jahr 2005 verdrängten sie sogar Herz-Kreislauferkrankungen vom Platz 1 der Todesursachen bei den 15- bis

64-jährigen Männern.58 Bei den Frauen belegt Alkohol den zweiten Rang – nach Brustkrebs. Auch die in Finn-

land ungewöhnlich hohe Mord- wie auch Selbstmordrate wird mit dem Alkoholmissbrauch in Verbindung ge-

bracht. Das Land am Nordrand Europas hat mit jährlich 2,6 Mordfällen pro 100.000 Einwohner nach Rumänien

und Bulgarien die dritthöchste Mordrate der EU.

Der steigende Konsum hat seine Gründe: Zum einen die Senkung der Alkoholsteuer um 33 Prozent im Jahr 2004

– eine Maßnahme im Rahmen der EU-Harmonisierung. Zum anderen die durchlässig gewordene Grenze zum

benachbarten Estland und zu Russland. Dort ist Alkohol deutlich billiger als in Finnland.

Derzeit konsumieren die Finnen pro Kopf 10,5 Liter reinen Alkohol im Jahr. Das ist etwa gleich viel wie in

Deutschland, nur gehen hierzulande lediglich sieben Prozent aller Todesfälle in der Altersgruppe der 15- bis

64-Jährigen auf das Konto von Alkohol – in Finnland sind es 17 Prozent.59 Das liegt unter anderem am Trink-

verhalten. Während in Deutschland moderater Alkoholgenuss gesellschaftlich toleriert wird, lehnen viele

Finnen Alkohol kategorisch ab – eine Folge der seit mehr als 100 Jahren sehr aktiven Abstinenzbewegung. Auf

der anderen Seite gibt es eine Minderheit schwerer Trinker. Ein Problem, das die Finnen mit den Iren und Briten

sowie anderen Nordosteuropäern teilen.

FIN 203 204 DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA

Riga

Vilnius

Tallinn

Helsinki

Kopenhagen

StockholmOslo

London

Dublin

Budapest

BratislavaWien

Sofia

Ljubljana

Berlin

Prag

Warschau

Bukarest

Paris

BernVaduz

Madrid

Rom

Lissabon

Amsterdam

Brüssel

Valletta

Athen

Nikosia

Reykjavík

Kischinau

Kiew

Minsk

Sarajevo

Belgrad

Skopje

Tirana

Zagreb

Podgorica

Pristina

GR

CY

PL

CZ

H RO

BG

SK

EST

LV

LT

D

N

IS

S

DK

FIN

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SLO

I

PE

GB

IRL

B

NL

L

FL

M

SRBHR

BIH

MNE

MK

AL

KOS

UA

MD

BY

Wo Frauen einen Job haben, sind die Kinderzahlen hoch

Der hohe Bildungsstandard von Frauen in Finnland wie auch in

anderen Ländern Skandinaviens führt dazu, dass sie dem Arbeits-

markt in großer Zahl als Fachkräfte zu Verfügung stehen. Die hohe

Wirtschaftsleistung dieser Länder wäre ohne die Mitwirkung von

Frauen nicht denkbar. In Ländern, in denen Frauen wenig am

Arbeitsleben teilnehmen, also „am Herd“ stehen könnten und

theoretisch viel Zeit für Familie und Kinder hätten (etwa in Polen,

Spanien, Italien oder Griechenland), sind die Kinderzahlen

ausgesprochen niedrig. Generell geht eine hohe Frauen-

erwerbstätigkeit eher mit viel Nachwuchs einher.

47 Prozent der Finninnen zwischen 25 und 34 Jahren

sind Akademikerinnen. Bezogen auf alle Altersgruppen

haben in keinem anderen EU-Staat mehr Frauen einen

Hochschulabschluss. Bei den finnischen Männern sind

es nur 30 Prozent. Nur in den Nicht-EU-Mitgliedsländern

Island und Norwegen sind die Bildungsunterschiede im

so genannten tertiären Bereich zugunsten der Frauen

höher. Dabei sind es vor allem die jüngeren Frauen, die

eine höhere Ausbildung haben als ihre männlichen

Altersgenossen. Das Land, in dem Frauen bereits 1906

das allgemeine und gleiche Wahlrecht erhielten, verfügt

über 20 Universitäten, die allesamt keine Studienge-

bühren erheben.

1,381,35

1,93

2,08

1,90

1,84

1,85

1,84

2,00

1,35

1,32

1,27

1,37

1,41

1,39

1,31

1,83

1,70

1,31

1,55

1,35

1,29

1,30

1,201,34

1,241,33

1,31

1,40

1,43

1,42

1,66

1,65

(Datengrundlage:

Eurostat)

Kinderzahl je Frau 20061,42

Erwerbstätigenquote

von Frauen 2006

unter 46

46 bis unter 52

52 bis unter 58

58 bis unter 64

64 bis unter 70

70 und mehr

1,41

1,47

1,43

1,18

1,38

1,37

1,64

3,21

206 DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA

Pisa: ein Wunder, das keines ist

Gerade in Deutschland, das in der internationalen Bildungsvergleichsstudie Pisa vergleichsweise schlecht ab-

schneidet, gilt Finnland als Musterbeispiel für erfolgreiche Schulsysteme und Lernmodelle. Das Land, das be-

reits in den ersten Pisa-Studien unschlagbar war, hat sich 2007 noch weiter von der Konkurrenz abgesetzt. Das

gute Ergebnis finnischer Schüler ist allerdings kein Zufall, sondern Folge eines umfassenden Betreuungskon-

zeptes, das auf der Erkenntnis fußt, dass ein Land mit so wenigen Menschen es sich nicht erlauben kann, intel-

lektuelle Potenziale zu verschwenden.

Basis des Schulsystems ist eine neunjährige Gemeinschaftsschule, die im Alter von sieben Jahren beginnt und

allen Schülern gleiche Chancen bietet – egal welcher sozialen Herkunft oder welchen Geschlechts sie sind oder

welches ihre Muttersprache ist. Interaktiven und kooperativen Lernformen wie der Gruppenarbeit wird der

Vorzug gegeben.61 Unterricht, Lehrmittel und der Transport zur Schule sind kostenlos. Dass ein Kind eine Klasse

wiederholt, kommt in der Regel nicht vor, es sei denn, es war längere Zeit krank. Lernschwache Kinder werden

in so genannten „kleinen Klassen“ unterrichtet, die kaum mehr als eine Handvoll Schüler umfassen. 40 Prozent

der Schulen haben nicht mehr als 50 Schüler, nur drei Prozent unterrichten mehr als 600. Eine gute und inten-

sive Betreuung am Anfang der Bildungskarriere, wenn das Lernen gelernt werden muss, ist im finnischen Schul-

system eine entscheidende Weichenstellung für spätere Erfolge. Je näher das Abitur rückt, umso weniger Lehrer

sind dann notwendig.

Finnische Schulen sind keine bloßen „Lehranstalten“, sie bieten eine Rundumbetreuung: Unterricht, gemein-

sames Mittagessen, Krankenpflege durch eine examinierte Krankenschwester, Anregung zu Kunst und Musik

sowie individuelle (und kostenlose) Lernhilfe, in großen Schulen auch die Betreuung durch eigene Schulpsycho-

logen. Die Förderung gemäß persönlichen Stärken und Schwächen steht im Vordergrund: Die Lehrer erstellen

Wochenpläne für jedes Kind. Ausländische Kinder bekommen mehrere Stunden pro Woche qualifizierten

Sprachunterricht.62 Und die kleinen Finnen lernen unter anderem deshalb so gut lesen, weil sie im Fernsehen

ausländische Filme mit finnischen Untertiteln zu Gesicht bekommen.

Schulen sind Kulturzentrum des Ortes und deshalb den ganzen Tag geöffnet. Nach dem Unterricht können die

Schüler dort ihren Hobbys nachgehen. Anders als etwa in Deutschland genießen finnische Lehrer ein hohes

Ansehen in der Gesellschaft. Die Zahl der Bewerber um ein Lehramtsstudium übersteigt deutlich die Zahl der

Studienplätze. Und das, obwohl das Lehrergehalt geringer ist als in Deutschland.

Tsch

ech

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Män

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45

40

35

30

25

20

15

10

5

0

Anteil der Bevölkerung im Alter von 25 bis 34 Jahren mit tertiärer

Bildung (Akademiker) nach Geschlecht 2004 in Prozent

(Datengrundlage: OECD)

Sind Männer dümmer als Frauen?

Früher gingen viele Menschen davon aus, dass

Frauen intellektuell weniger leistungsfähig

seien als Männer. Schließlich waren sie an

weiterführenden Schulen und unter Akademi-

kern deutlich unter repräsentiert. Spätestens

seit Frauen der Zugang zu höherer Bildung

gleichberechtigt offen steht, haben sie durch

ihre Leistungen belegt, dass sie keineswegs

„dümmer“ sein können. Mittlerweile aber stellt

sich die Frage, warum sie in Schulen und Uni-

versitäten in fast allen Ländern besser abschnei-

den als ihre männlichen Altersgenossen – und

in vielen auch unter Akademikern deutlich

häufiger vertreten sind. In Skandinavien sind

die Unterschiede besonders stark ausgeprägt.

In Finnland gibt es sogar ein Drittel mehr

weibliche als männliche Akademiker in der

Altersklasse 25 bis 34. Europaweit herrschen

nur in der Schweiz die alten Verhältnisse, bei

denen die Männer die nachwachsende Akademi-

kerschaft zahlenmäßig dominieren.

216 DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON EUROPA

Der Anteil der Russen und anderer Sowjetvölker an der

Gesamtbevölkerung erreichte in Litauen nie vergleich-

bare Ausmaße wie in Lettland und Estland. Vielleicht

deshalb gingen die Litauer schon bevor sie sich erneut

für souverän erklärten sehr pragmatisch mit ihren Min-

derheiten um: Bereits 1989 hatten sie beschlossen, dass

sich alle Personen mit erstem Wohnsitz im Lande bin-

nen zwei Jahren einbürgern lassen konnten. 90 Prozent

der Nichtlitauer – die damals insgesamt zehn Prozent

der Gesamtbevölkerung ausmachten – nutzten dieses

Angebot.84 Im unabhängig gewordenen Litauen durften

die Russen von Anfang an auch wählen.

Die Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft

sollte, ähnlich wie in Lettland, sozialverträglich

verlaufen. So wurde die Währung in verschiedenen

Zwischenschritten allmählich vom Rubel auf den Litas

umgestellt, der an den US-Dollar und seit 2002 an

den Euro gebunden war. Und nach dem Vorbild der

russischen „Vouchers“, der Privatisierungs-Gutscheine,

erhielt 1992 jeder erwachsene Bürger vom Staat ein

Konto eingerichtet, mit dem sich ausschließlich Anteile

an bisherigem Staatseigentum erwerben ließen. Das

System funktionierte jedoch nicht. Statt in Unternehmen

zu investieren, erwarben die meisten Menschen von

dem unverkäuflichen Buchgeld lediglich Wohneigentum

oder den Hof, auf dem sie wirtschafteten. Insgesamt

ist der Agrarsektor mit einem Beitrag von 5,3 Prozent

zum Bruttoinlandsprodukt angesichts eines EU-27-

Durchschnittswertes von etwa zwei Prozent immer noch

recht bedeutsam.85

Der nach wie vor große Rückstand zum Großteil der eu-

ropäischen Staaten führte auch in Litauen zu verstärkter

Abwanderung, die auch nach dem Exodus der Russen

und Ukrainer anhielt. Schon vor dem EU-Beitritt zog es

viele Litauer nach Nordamerika und Westeuropa, seither

vor allem nach Großbritannien, Irland und Schweden.

Litauens Wanderungsbilanz ist seit 1990 durchgängig

negativ. Da von diesem Zeitpunkt an auch die Gebur-

tenrate rapide sank – von 2,03 im Jahre 1990 auf 1,26

im Jahr 2004 – ist Litauens Bevölkerung gegenüber

1989 bereits um 300.000 Personen oder 5,8 Prozent

geschwunden.86 Bis 2030 dürfte der Rückgang zehn

Prozent betragen.

Männer in Litauen werden im Durchschnitt gerade mal

65 Jahre alt (zwölf Jahre weniger als in Frankreich), wäh-

rend die Frauen es immerhin auf 77 bringen. Die niedri-

ge Lebenserwartung rührt unter anderem von ungesun-

der Lebensweise her. Rauchen und Alkoholmissbrauch

sind weit verbreitet und haben zwischen 1994 und

2004 sogar zugenommen.87 Die Zahl der Autounfälle

mit Verletzungen und Todesfolge, vor allem infolge Trun-

kenheit, liegt ebenfalls über dem EU-Durchschnitt.88

Bewertung Island, Norwegen, Schweden, Dänemark, Estland, Lettland und Litauen

ISLAND

Island

NORWEGEN

Nordnorwegen

Trøndelag

Westland

Hedmark und Oppland

Agder und Rogaland

Südostland

Oslo und Akershus

SCHWEDEN

Oberes Nordland

Mittleres Nordland

Nördliches Mittelschweden

Östliches Mittelschweden

Stockholm

Westschweden

Småland mit Inseln

Südschweden

DÄNEMARK

Nordjütland

Mitteljütland

Süddänemark

Hauptstadtregion Kopenhagen

Seeland

FINNLAND

Nordfinnland

Ostfinnland

Westfinnland

Südfinnland (mit Helsinki)

Åland

ESTLAND

Estland

LETTLAND

Lettland

LITAUEN

Litauen

IS

N1

N2

N3

N4

N5

N6

N7

S1

S2

S3

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S5

S6

S7

S8

DK1

DK2

DK3

DK4

DK5

FIN1

FIN2

FIN3

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FIN5

EST

LV

LT

GESAMT-

NOTE

1,91

2,50

2,25

2,25

2,63

2,21

2,42

1,96

2,75

2,83

2,75

2,42

1,92

2,29

2,58

2,29

2,46

2,25

2,42

2,29

2,38

2,96

3,58

2,96

2,46

2,50

3,54

3,79

3,63

Seit 1986 ist die Gleichstellung der Geschlechter gesetz-

lich festgeschrieben. Novellen der späteren Jahre unter-

sagten darüber hinaus eine berufliche Benachteiligung

aufgrund von Schwangerschaft oder Elternschaft und

schrieben die planmäßige Förderung der Gleichstellung

vor: unter anderem eine Quote in staatlichen Ausschüs-

sen und beratenden Gremien von mindestens 40 Pro-

zent – und zwar für beide Geschlechter.

67 Prozent der finnischen Frauen im arbeitsfähigen Alter

sind erwerbstätig – und das zum überwiegenden Teil in

Vollzeitjobs. Trotzdem bekommen sie durchschnittlich

1,8 Kinder, mehr als Frauen in Ländern wie Deutschland

oder der Schweiz, wo die Sozialsysteme noch immer auf

den „Mann als Ernährer“ abgestimmt sind. Die finnische

Sozialpolitik gründet dagegen auf dem Doppelernährer-

modell. Verheiratete Frauen werden steuer- und sozial-

versicherungstechnisch als Individuen betrachtet –

nicht als Teil eines Paares.

Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, wird

finnischen Frauen leicht gemacht. Sie können ohne

Sorge um den Nachwuchs ihrer Arbeit nachgehen. Denn

jedes Kind hat von der Geburt an bis zum Schuleintritt

Anspruch auf Betreuung, also auf einen Krippen- oder

einen Kindergartenplatz oder eine Tagesmutter.60 Eben-

so wie bei der Betreuung pflegebedürftiger Älterer

müssen Einzelne dabei nur geringe finanzielle Beiträge

leisten. Kindergärtner verfügen über eine akademische

Ausbildung. Tagesmütter sind bei den Kommunen ange-

stellt und erhalten ebenfalls eine Ausbildung. Die weni-

gen Frauen, die ihre Kinder trotzdem lieber selbst be-

treuen wollen, können zu Hause bleiben und bekommen

dafür Geld vom Staat.

In 44 Prozent der Familien lebt ein Kind. Diese Familien-

form findet man hauptsächlich im bevorzugten Lebens-

raum der Finnen: in den verstädterten und industriali-

sierten Regionen Süd- und Westfinnland. Auffällig ist,

dass gerade das dünn besiedelte Nordfinnland die

höchste Fertilitätsrate erreicht: 2,21 Kinder sind dort der

Durchschnitt, das ist Rekord unter Europas Regionen.

Gründe dafür sind zum einen der ländliche Charakter

der Region, wo die Menschen vorwiegend von Land-

wirtschaft und Tourismus leben. Zum anderen die Tat-

sache, dass etwa ein Drittel der Einwohner pietistischen

Reli gionsgemeinschaften angehört, die Empfängnisver-

hütung ablehnen.

Interne Völkerwanderung

Seit den 1950er Jahren ist die finnische Gesellschaft

eine der mobilsten der Welt. 2006 zogen 286.522

Finnen (5,4 Prozent der Bevölkerung) innerhalb des

Landes um. Vor allem Lappland und das östliche Grenz-

gebiet Ostfinnlands verloren dadurch Einwohner. Ähn-

lich wie in Ostdeutschland zieht es die Menschen aus

den ländlichen Gebieten in die wirtschaftsstarken In-

dustrieregionen.

Auch in Finnland sind es vorrangig die gut ausgebildeten

Frauen, die ihre Heimat im Norden und Nordosten des

Landes verlassen und nach Süden ziehen, um dort zu

arbeiten und eine Familie zu gründen. Dies führt dazu,

dass in der Altersklasse der 20- bis 29-Jährigen in Nord-,

Ost- und Westfinnland auf 100 Männer nur noch zwi-

schen 89,5 und 92,4 Frauen kommen. Für die dort ver-

bliebenen Männer vermindern sich damit die Chancen,

jemals eine Familie zu gründen. Anders im wirtschaft-

lich florierenden Südfinnland: Allein in dieser Region ist

das Geschlechterverhältnis ausgeglichen. Die Region

Ostfinnland weist als einzige eine negative Bevölke-

rungsentwicklung auf und muss bis 2030 mit einem

Verlust von zehn Prozent rechnen. Der Norden wächst –

trotz Abwanderung und ungewöhnlich für entlegene

Regionen in Europa – dank der hohen Kinderzahlen

vorerst weiter. Vor allem der erst in jüngerer Vergangen-

heit florierende Bergbau und die global steigenden

Preise für Rohstoffe – in dem Gebiet finden sich reiche

Vorkommen an Gold, Platin, Eisen, Kupfer, Nickel und

anderen Metallen – dürften dafür sorgen, dass für diese

Menschen auch Arbeit zu finden ist.

Eine Sonderrolle nimmt die Region Åland ein: Das Ge-

biet aus über 6.000 Inseln und Schären vor der fin-

nischen Südwestküste, das vorwiegend von Fremden-

und Fährverkehr lebt, kennt so gut wie keine Arbeits-

losigkeit und hat durch den Tourismus sowohl Zuwande-

rung zu verzeichnen als auch eine extrem hohe Frauen-

erwerbstätigenquote von 77 Prozent (2006). In der

Gesamtbewertung erreicht Åland somit auch Rang 29

von 285. Mit gerade mal 26.500 Einwohnern ist die

Region eigentlich viel zu klein für die Nuts-2-Kategorien

der europäischen Statistik. Dennoch wird sie als eigene

Region geführt, weil sie autonomes Gebiet mit Schwe-

disch als einziger Amtssprache ist. Die Sonderrechte der

Einwohner sind im EU-Vertrag geregelt. Finnen vom

Festland bekommen erst nach fünf Jahren das Heimat-

recht. Erst dann dürfen sie an Wahlen teilnehmen,

Grundeigentum erwerben und Unternehmen gründen.

FIN 205

FIN 207

Europäische Länder im Pisa-Vergleich

Kein europäisches Land kann den Finnen in Sachen Schulbildung

das Wasser reichen. In allen Kompetenzfeldern der Bildungsver-

gleichsstudie der OECD „Pisa 2007“ liegt das Land vorne. Die

individuelle Betreuung der Schüler, das Lernen in Gruppen, die

Gemeinschaftsschule bis zum neunten Schuljahr, kleine Klassen

und ein hoher gesellschaftlicher Stellenwert der Lehrer scheinen

sich überaus positiv auf die Lernerfolge auszuwirken. Diese sind

Grundlage für den hohen technologischen Standard und die Wett-

bewerbsfähigkeit finnischer Unternehmen. Nur mittelmäßig

schneiden in der Pisa-Studie Länder wie Österreich und der Export-

weltmeister Deutschland ab. Erhebliche Defizite vermelden die

südosteuro päischen Länder Bulgarien und Rumänien.

Obendrein besteht zwischen Åland und Finnland eine

Steuergrenze, so dass auf der Durchreise von Finnland

nach Schweden und umgekehrt ein zollfreier Einkauf

möglich ist, der wiederum zum hohen Wohlstand in

Åland beiträgt.

Trotz guter ökonomischer und sozialer Bedingungen hat

Finnland ein Problem: Die Gesellschaft wird zunehmend

älter. Mit einem Bevölkerungswachstum von nur 1,9

Prozent in den Jahren 2000 bis 2007 liegt Finnland im

EU-Vergleich im unteren Drittel.63 Durch die andauernde

Landflucht überwiegend junger Menschen leiden vor

allem die Gemeinden in Ost- und Mittelfinnland unter

Überalterung. Das liegt auch daran, dass es in Finnland

bis Mitte der 1980er Jahre praktisch keine Zuwanderer

gab, die das Land hätten verjüngen können. Bis heute

leben in Finnland lediglich 2,3 Prozent Ausländer.64

Bildungsergebnisse

in verschiedenen

Kompetenzfeldern

(Datengrundlage:

OECD)

Lesen

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• Irland

• Kroatien• Portugal

• Italien

• Spanien

• Bulgarien

• Rumänien

• Österreich

• Schweiz

• Großbritannien • Deutschland

• Island • Norwegen

Liechtenstein •• Schweden• Niederlande

Finnland •

Polen •

Litauen •Slowakei •

Griechenland •

Frankreich •

Belgien •Estland •

Dänemark •Slowenien •

Lettland •Luxemburg •

Tschechien •Ungarn •

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Mathematik

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• Kroatien

• Portugal• Italien

• Rumänien

• Slowenien • Deutschland

• Litauen • Lettland

• Großbritannien • Polen

• Schweden

• Ungarn

• Niederlande

• Liechtenstein

• Belgien

• Dänemark

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Schweiz •

Irland •

Tschechien •Island •

Österreich •

Spanien •

Slowakei •

Griechenland •

Bulgarien •

Frankreich •

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Luxemburg •Norwegen •

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Naturwissenschaften

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• Slowenien• Niederlande

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• Polen• Frankreich

• Österreich• Belgien

• Lettland

• Bulgarien

• Rumänien

• Ungarn

• Großbritannien• Deutschland

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Finnland •

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Slowakei •Spanien •Litauen •

Dänemark •Kroatien •

Schweden •Irland •

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Portugal •

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keit

* Benotung erfolgt nur auf Länderebene, weil keine regionalen Daten vorhanden.

2 2 2 3 2 1 2,0 1 — 2 2 1,7 1 1 1 1 1 1,0 1 3 2 2 2,0 5 6 1 4,0 1 1 1,0

2 3 4 4 3 3 3,2 1 4 3 3 2,8 2 1 1 2 1 1,4 2 3 3 3 2,8 4 5 1 3,3 1 1 1,0

2 3 3 2 3 2 2,5 1 3 3 3 2,5 2 1 2 2 1 1,6 1 2 3 3 2,3 4 5 1 3,3 1 1 1,0

2 3 3 3 4 2 2,8 1 3 2 3 2,3 1 1 2 1 1 1,2 2 2 3 3 2,5 4 5 1 3,3 1 1 1,0

3 4 3 3 5 3 3,5 1 4 3 2 2,5 2 1 3 2 1 1,8 2 3 3 3 2,8 4 5 1 3,3 1 1 1,0

2 2 3 2 3 1 2,2 1 3 2 3 2,3 2 1 2 2 1 1,6 2 3 3 3 2,8 4 5 1 3,3 1 1 1,0

3 4 2 2 4 2 2,8 1 4 3 2 2,5 2 1 2 2 1 1,6 2 3 3 3 2,8 4 5 1 3,3 1 1 1,0

3 3 1 2 3 1 2,2 1 2 1 3 1,8 1 1 3 1 1 1,4 1 1 3 3 2,0 4 5 1 3,3 1 1 1,0

3 4 5 4 4 3 3,8 3 3 3 3 3,0 2 4 2 2 1 2,2 3 3 2 3 2,8 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 5 4 4 5 4 4,2 3 3 3 2 2,8 2 3 1 2 1 1,8 3 3 4 4 3,5 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 5 4 3 5 4 4,0 3 3 3 2 2,8 2 3 2 2 1 2,0 3 3 3 3 3,0 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 4 3 2 4 2 3,0 3 2 3 4 3,0 2 3 2 2 1 2,0 3 3 1 2 2,3 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 3 1 2 3 2 2,3 2 1 1 3 1,8 2 3 2 1 1 1,8 3 1 1 2 1,8 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 4 3 2 4 2 3,0 3 2 2 3 2,5 2 3 1 2 1 1,8 3 3 1 2 2,3 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 4 4 3 5 3 3,7 3 2 3 3 2,8 1 2 1 1 1 1,2 3 4 4 3 3,5 2 3 2 2,3 1 1 1,0

3 4 2 2 4 1 2,7 3 2 3 3 2,8 2 4 1 2 1 2,0 4 2 1 2 2,3 2 3 2 2,3 1 1 1,0

2 3 4 3 3 3 3,0 3 1 3 3 2,5 2 1 2 2 2 1,8 1 2 2 2 1,8 4 3 3 3,3 3 2 2,5

2 4 2 3 3 2 2,7 3 1 2 3 2,3 1 1 2 1 2 1,4 1 2 2 2 1,8 4 3 3 3,3 3 2 2,5

2 5 3 3 3 3 3,2 3 1 2 3 2,3 2 1 2 1 2 1,6 1 2 2 2 1,8 4 3 3 3,3 3 2 2,5

3 4 1 3 3 3 2,8 3 1 1 3 2,0 2 1 2 1 2 1,6 1 2 2 2 1,8 4 3 3 3,3 3 2 2,5

2 3 2 3 3 3 2,7 3 1 3 3 2,5 2 1 2 2 2 1,8 1 2 2 2 1,8 4 3 3 3,3 3 2 2,5

1 3 5 5 2 3 3,2 4 3 3 3 3,3 3 5 2 3 3 3,2 4 2 1 2 2,3 5 4 2 3,7 2 1 1,5

3 5 4 5 4 5 4,3 4 5 4 3 4,0 4 5 2 3 3 3,4 4 2 3 4 3,3 5 4 2 3,7 2 1 1,5

2 4 4 3 4 3 3,3 4 3 3 4 3,5 3 3 3 2 3 2,8 3 2 2 2 2,3 5 4 2 3,7 2 1 1,5

3 4 1 3 3 2 2,7 3 2 2 4 2,8 2 3 3 2 2 2,4 2 1 1 2 1,5 5 4 2 3,7 2 1 1,5

3 4 4 2 4 2 3,2 2 3 1 2 2,0 1 1 2 1 1 1,2 1 3 6 3 3,3 5 4 2 3,7 2 1 1,5

4 3 2 3 3 5 3,3 5 3 5 4 4,3 3 2 5 2 2 2,8 2 1 4 5 3,0 6 1 6 4,3 6 3 4,5

5 3 2 4 3 5 3,7 6 5 5 5 5,3 3 3 4 3 3 3,2 2 3 5 6 4,0 1 1 4 2,0 6 4 5,0

5 3 2 5 2 5 3,7 5 4 5 6 5,0 4 2 4 3 3 3,2 1 2 4 6 3,3 1 1 6 2,7 5 3 4,0

DKS FINN LT

LV

EST

IS 217

Europa auf einen Blick

Die Studie stellt die Besonderheiten und regionalen Unterschiede aller 27 EU-Staaten sowie Norwegens, der

Schweiz, Islands und ausgewählter osteuropäischer Nicht-Mitgliedsländer vor.

DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT

VON EUROPA

Wie sich die Regionen verändern

ISBN 978-3-423-34509-5

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

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DIE DEMOGRAFISCHE ZUKUNFT VON

EUROPA Wie sich die Regionen verändern

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