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Die Brüder Augustus Friedrich und Gustav Adolph Vorwerk Zwei Hamburger Kaufleute

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Nicht nur wegen ihrer besonderenGroßzügigkeit, mit der sie im Jahre1907 die Hamburgische Wissen-schaftliche Stiftung unterstütztenund damit die Gründung der Ham-burger Universität förderten, son-dern auch wegen ihrer kaufmänni-schen Tüchtigkeit, mit der sie zu einer der ersten Familien Hamburgsaufrückten, verdienen die BrüderAugustus Friedrich und GustavAdolph Vorwerk, dass ihre Biogra-phien näher in den Blick genommenwerden. Mit ihrem Vater Georg Fried-rich Vorwerk (1793–1867) zusammen,der Firmen erst in Hamburg, dann inChile gründete, bildeten die beidenSöhne, die zwischen 1837 und 1921lebten, ein Dreiergespann, das vorallem die hamburgische, ebenso aberauch die chilenische Wirtschaft aufbeispielhafte Weise voranbrachte. Wasder Vater ins Werk gesetzt hatte, wur-de von den nahezu gleichaltrigenSöhnen, die zeitlebens zusammenar-beiteten, weiterentwickelt und inden Jahrzehnten der Gründerzeitdurch vielfältige Aktivitäten in gro-ßem Umfang ausgeweitet. In denStadtteilen Klein Flottbek und Nien-stedten ließen sich der Vater und diebeiden Söhne Vorwerk von den be-deutenden Architekten Franz GustavForsmann (1795–1878) und MartinHaller (1835–1925) Sommerhäuser er-richten, stattliche Villen, die bis heu-te zu den beachtenswerten BautenHamburgs zählen.

Die Brüder Augustus Friedrichund Gustav Adolph Vorwerk

Zwei Hamburger Kaufleute

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Die Brüder Augustus Friedrich und Gustav Adolph Vorwerk

Zwei Hamburger Kaufleute

von Hans Joachim Schröder

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Gefördert vonMatias Vorwerk H., Santiago de Chile

Christa Vorwerk de Fingerhuth, Santiago de ChileCarlos Fingerhuth V., Temuco (Chile)Peter Fingerhuth V., Santiago de ChileC. Andreas Vorwerk, Santiago de Chile

Kirsten Böger-Vorwerk, Wedel bei HamburgN. N., Hamburg

Gefördert von der Hamburger Sparkasse

Den Familien gewidmet, die durch ihre hochherzigen Stiftungen vor102 Jahren die Gründung der Hamburgischen WissenschaftlichenStiftung ermöglicht und den Grundstein dafür gelegt haben, dass die Stiftung auch heute noch Forschung, Lehre und Bildung fördern kann.

Mäzene für Wissenschaft

hg. von Ekkehard Nümann

Inhalt

Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 3

1. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 4

2. Der Familien- und Firmengründer Georg Friedrich Vorwerk . . S. 6

3. Zur Kindheit und Jugend der Vorwerk-Brüder . . . . . . . . . . . . S. 15

4. Eine Reise von Augustus Friedrich nach Nordamerika und Kuba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 23

5. Die Firmen in Chile und Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 28

6. Friedrich, Adolph und deren Ehefrauen in den Erinnerungen dreier Enkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 44

7. „Villa Josepha“ und „Haupthaus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 54

8. Gustav Adolph als Bau- und Gartengestalter . . . . . . . . . . . . . S. 60

9. Entwicklungen nach dem Tod der Brüder . . . . . . . . . . . . . . . S. 67

10. Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 70

11. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 72

12. Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 74

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Im Jahr 2007 feierte die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung ihr 100-jähriges Jubiläum. Der vorliegende fünfte Band ist Teil der zu diesem An-lass ins Leben gerufenen Schriftenreihe „Mäzene für Wissenschaft“. In ihrwird die Geschichte der Stiftung dargestellt; außerdem werden Stifterper-sönlichkeiten und Kuratoriumsmitglieder in Einzelbänden gewürdigt.

Die Absicht, diese Reihe ins Leben zu rufen, entspricht dem dankbarenGefühl den Personen gegenüber, die vor mehr als 100 Jahren den Muthatten, die Stiftung zur Förderung der Wissenschaften in Hamburg zugründen und erreichten, dass Hamburg eine Universität erhielt. Verknüpftdamit ist die Hoffnung und Erwartung, dass nachfolgende Generationen

sich hieran ein Beispiel nehmen mögen.

Ekkehard Nümann

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Vorwort des Herausgebers

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In dem 2007 erschienenen Einführungs-band zur Geschichte der HamburgischenWissenschaftlichen Stiftung werden die Na-men einiger Stifterpersönlichkeiten, die sichdurch eine besonders großzügige Spendehervorgetan haben, eigens erwähnt. Nebenanderen1 zählten die Brüder Augustus Fried-rich und Gustav Adolph Vorwerk zu denen,die jeweils 50.000 Mark zur Verfügung stell-ten, einen Betrag, der nur von wenigen, diedas Doppelte und sogar ein Vielfaches spen-deten, überboten wurde.2 Die Vorwerk-Brü-der können damit als Donatoren gelten,denen im Blick auf die Gründung der Ham-burger Universität ein herausragendes Ver-dienst zukommt.···································································Leider ist den Quellen und der Literatur,die zum Wirken der Brüder existieren, nurwenig darüber zu entnehmen, ob und aufwelche Weise sie sich „inhaltlich“ mit derIdee einer Universitätsgründung in Ham-burg auseinandergesetzt haben. Dass es einausgeprägtes Interesse und ein hohes Enga-gement gab, unterliegt keinem Zweifel,denn sonst wäre die besonders tatkräftigeUnterstützung nicht zustande gekommen.Von Werner von Melle ist immerhin zu er-fahren, dass die beiden Brüder mit ihremEinsatz nicht nur in kaufmännischer, son-dern auch in kultureller Hinsicht dem Vatergefolgt seien, „der schon 1847 einem Komi-

tee angehört hatte, das die Errichtung einerUniversität plante“; allerdings „waren da-mals diese Bemühungen in den Wirren desJahres 1848 untergegangen.“3

··································································· Wer sich mit dem Leben der Brüder Augu-stus Friedrich und Gustav Adolph Vorwerknäher vertraut machen will – im Folgendenwerden meistens nur noch die „Haupt“-Vornamen Friedrich und Adolph verwen-det –, muss zuallererst auf die Arbeiten derHistorikerin Renate Hauschild-Thiessenzurückgreifen. Als Verfasserin einer detail-lierten Geschichte der verschiedenen Vor-werk-Firmen,4 als Bearbeiterin einer von Al-fred Vorwerk verfassten Biografie über denVater der Vorwerk-Brüder,5 schließlich alsAutorin eines Lexikonbeitrags6 über ebendiesen Vater hat sie ein solides historischesFundament geschaffen, auf das sich dienachfolgende Darstellung immer wiederstützt. Das „Dreigestirn“ des Vaters GeorgFriedrich Vorwerk mit seinen beiden SöhnenFriedrich und Adolph kann man als eine Artwirtschaftliches, kulturelles und familiäresKraftzentrum ansehen, das für die Entwick-lung der Stadt Hamburg offensichtlich ex-emplarische Bedeutung gewonnen hat. DieVorwerks zählen nicht einfach zum geho-benen Bürgertum Hamburgs,7 sondern siescheinen durch eine Kombination verschie-dener Eigenschaften die hanseatische Le-

Quellenlage

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bensweise und den kaufmännischen Erfolggeradezu modellhaft zu verkörpern.···································································Neben den Forschungen Hauschild-Thies-sens sind mehrere in der Familie selbst ent-standene Schriften erschienen, die übermancherlei Details Auskunft geben. Zusätz-liche Hinweise sind einzelnen im Hambur-ger Staatsarchiv und in Privatbesitz befind-lichen Nachlässen zu entnehmen. Allerdingsgehört es zum prinzipiellen Selbstverständ-nis gerade des „Dreigestirns“, dass man übersich selbst, über die persönliche Befindlich-keit „eigentlich“ nicht spricht. Zumal überFriedrich, den älteren der beiden Brüder, istinsgesamt, von einer ausführlichen Reisebe-schreibung abgesehen (siehe dazu Kapitel4), nur Spärliches zu erfahren. Über den Va-ter wissen wir vieles, und Adolph hat eini-ges an Selbstzeugnissen hinterlassen. Im Fol-genden wird das, was an Einzelheiten überFriedrich zu ermitteln war, möglichst voll-ständig zusammengetragen, während in derBeschreibung Adolphs manches beiseite ge-lassen werden kann, da es in der Literaturbereits präsent ist.8 Das Bild der Brüder sollhier der Intention nach „gleichgewichtig“gezeichnet werden, weil es letztlich auf Zu-fälle der Überlieferung zurückzuführen ist,

wenn der eine vor dem anderen eine Vor-rangstellung gewonnen hat. Die persönlicheZurückhaltung Friedrichs sollte kein Grunddafür sein, ihn in den Schatten zu rücken.··································································· Die Annahme, dass der Vorwerk-Familieeine exemplarische Bedeutung zukommt,9

lässt sich nicht zuletzt (wenn auch mit ge-botener Vorsicht) im Rückgriff auf eineüberarbeitete Dissertation untermauern, die2006 von John F. Jungclaussen unter demTitel „Risse in weißen Fassaden. Der Verfalldes hanseatischen Bürgeradels“ veröffent-licht worden ist. Neben den Familien Am-sinck, Burchard und Münchmeyer erscheintdie Familie Vorwerk gewissermaßen als Pro-tagonist, an dem sich der im Untertitel desBuchs angekündigte Verfall vollzieht. Leiderweist die Studie Jungclaussens, flott ge-schrieben und mit flotten Thesen versehen,derart viele Fehler auf, dass sie als Quellen-grundlage nur unter großen Vorbehalten be-nutzt werden kann; in einer Rezension zuder Arbeit wird gar die Frage gestellt, ob„Jungclaussen überhaupt als Historiker ernstgenommen werden“ möchte.10 Gleichwohlist damit aber die Auffassung, die BrüderFriedrich und Adolph besäßen exemplari-sches Format, nicht in Frage gestellt.

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··············································································································································1 Siehe dazu Gerhardt, Begründer, S. 25.2 Detailliert Lübbren, Stiftung, S. 4.3 Zitiert nach Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 142. Dazu Näheres bei Melle, Wissenschaft, S. 14. 4 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile.5 Vorwerk, Kaufmann.6 Hauschild-Thiessen, Vorwerk. 7 Vgl. Schröder, Mutzenbecher, S. 7 f. Jungclaussen, Risse, spricht von „Bürgeradel“ – siehe den Untertitel seinesBuchs –, eine anfechtbare Bezeichnung, die aber nicht völlig abwegig ist, wenn man bedenkt, dass das gehobeneHamburger Bürgertum seit jeher immer wieder in den Adel hineingeheiratet hat.8 Siehe insbesondere Vorwerk, Flottbek und Vorwerk, Ambiente, S. 189‒196.9 Zum Problem des Exemplarischen vgl. Schröder, Versuch, S. 242 ff.10 Asendorf, [Rezension], S. 180. Vgl. auch scharf kritisch Straub, Flotte. ··············································································································································

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Mit Hauschild-Thiessens Beitrag überGeorg Friedrich Vorwerk ist 2001 im erstenBand des Personenlexikons „HamburgischeBiografie“ eine Zusammenfassung erschie-nen, die in ihrer komprimierten Faktenhal-tigkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Sehrviel ausführlicher geht die Historikerin inihrer Firmengeschichte auf die Unterneh-mungen des frühen Hamburger Vorwerkein, und nicht minder ausführlich hat sichauch der ebenfalls bereits erwähnte AlfredVorwerk, ein Enkel von Georg Friedrich,mit der Biografie seines Großvaters beschäf-tigt. Mit Hilfe dieser drei Darstellungenließe sich ein facettenreiches Porträt vom ei-gentlichen Begründer der Vorwerk-Familieund der Vorwerk-Firmen zeichnen – dochsoll hier nur ein eher summarisches Bildentworfen werden.···································································Georg Friedrich Vorwerk, der vom 27.April 1793 bis zum 4. April 1867 lebte, ver-körpert jenen besonderen Menschentypus,dessen enorme Tüchtigkeit und unterneh-merische Entschlossenheit, aber auch dessendurch Zeitumstände bedingtes „Glück“ dieEntwicklung einer Stadt oder einer Regionimmer wieder maßgeblich befördern. DerAufstieg der Familie Vorwerk begann in derTat erst mit Georg Friedrich; er entstammtealso nicht einer „alten“ Hamburger Familiewie beispielsweise Hermann Franz Matthias

Mutzenbecher, ebenfalls ein Begründer der Hamburgischen WissenschaftlichenStiftung,11 sondern er wurde selbst zum„Stammvater“ einer weitverzweigten Fami-lie. Allerdings ist er nicht der erste Vorwerk,der nach Hamburg gelangte; vor ihm hattesich bereits sein unverheirateter OnkelGeorg Heinrich Vorwerck – er schrieb denNachnamen noch mit einem „c“ – in derHansestadt niedergelassen.12 Im Hamburgi-schen Adress-Buch ist er – erstmals 1811 –verzeichnet als ein Mann, der in der Firma„Vorwerck et Hövener“ mit „Tuch und div.Waaren“ handelte.13 Nicht zuletzt auf denEinfluss des Onkels war es zurückzuführen,dass Georg Friedrich als VierzehnjährigerLehrling in der Hamburger Firma LevinHeinrich von Hollen wurde. – In Hildes-heim geboren, verlebte Georg Friedrichseine Kindheit und frühe Jugend in der amNordharz gelegenen Stadt Langelsheim, wosein Vater Johann Heinrich Wilhelm Vor-werck als studierter Jurist Fürstlich Braun-schweig-Lüneburgischer Schatzeinnehmerwar. Seine Mutter Henriette, geb. Fricke,wird vom Urenkel Alfred nicht nur als„kluge und klare“, sondern auch als „stetsfreundliche und gütige Frau“ beschrieben.14

···································································In der Firma L. H. von Hollen begannGeorg Friedrich am 14. Juni 1807 „als Lehr-ling mit einem Engagement auf sechs Jahre

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Der Familien- und Firmengründer Georg Friedrich Vorwerk

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seine kaufmännische Laufbahn. […] DerPrinzipal Levin Heinrich von Hollen warein sehr gestrenger Herr, bei dem der Lehr-ling manche Beschränkung und scharfe Be-handlung zu ertragen hatte.“15 Bedenktman, dass Georg Friedrich – er wurde aucheinfach „Fritz“ genannt16 – sechs Jahre langeine „harte Schule“ durchmachen musste,so liegt es auf der Hand, dass hier Prinzipienund Verhaltensweisen anerzogen wurden,die für das ganze weitere Leben prägend wa-ren. Unter dem „unermüdlich tätigen, äu-ßerst gescheiten Prinzipal“17 hatte Fritz frei-lich nicht nur zu leiden, er hat vor allemEntscheidendes von ihm gelernt.···································································Am Rande sei erwähnt, dass er in Hamburgin eine schwierige, ereignisreiche Zeit hin-eingeriet, da die Stadt seit dem 19. Novem-ber 1806 von den Franzosen besetzt war.„Mit Napoleons Dekret vom 10. Dezember

1810 wurde Hamburg Teil des französischenKaiserreiches.“ Die Befreiung unter Füh-rung des russischen Obersten Tettenbornam 18. März 1813 war nur von kurzer Dauer,denn bereits am 30. Mai 1813 geriet die Stadtfür ein weiteres Jahr unter französischeHerrschaft.18 Die kriegerischen Verwicklun-gen haben sich aber auf das Leben des jun-gen Fritz offensichtlich nicht spürbar ausge-wirkt; auch wenn ihn die Ereignisse sicher-lich beschäftigt haben, ließ er sich durch sienicht ablenken.19

···································································Nach dem Ende der Lehrlingszeit blieb erweiter in seiner Firma tätig. Er wurde Com-mis (Handlungsgehilfe) und erhielt am 15.Mai 1817 die Prokura. Insgesamt arbeitete erin seiner Lehrfirma sechzehn Jahre, ein lan-ger Zeitraum, der es ihm ermöglichte, sichzum erfahrenen Kaufmann heranzubilden.Am 1. September 1823, dreißig Jahre alt,machte er sich selbständig, indem er sichmit dem viereinhalb Jahre älteren KaufmannHermann Michael Christopher Hochgrevezusammentat und die Firma Hochgreve &Vorwerk gründete. Ihre ersten Kontorräumebezog die Firma im Hause Katharinenstraße38. Mit seinem Lehrherrn verband Fritz wei-terhin ein gutes Verhältnis; von Hollen ge-hörte zu denen, die für die Solidität des neugegründeten „Waaren- und Speditions-Ge-schäfts“ gebürgt hatten.20

···································································Im Alter von knapp 33 Jahren heirateteGeorg Friedrich Vorwerk Dorothea de Voss,die Tochter eines mennonitischen Kauf-manns, der in unmittelbarer Nachbarschaft,Katharinenstraße 23, wohnte. Die evange-lisch-lutherische Trauung fand am 19. Fe-bruar 1826, die mennonitische Trauungeinige Tage später am 1. März statt.21 Doro-thea war zum Zeitpunkt der Hochzeit 25

Dorothea Vorwerk, geb. de Voss (1801‒1826), Ölbild von Johann Hieronymus Barckhan (1826)

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Christiane Vorwerk, geb. de Voss (1809‒1885)

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Georg Friedrich Vorwerk (1793‒1867), Gemälde nach einer um 1857 entstandenen Fotografie

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schnittsgewinne pro Jahr bei über 60.000Bancomark. Ende 1833, also nach zehn Jah-ren, war das Kapital der Firma auf rund einehalbe Million Bancomark angestiegen“, was– und hier gibt Hauschild-Thiessen 1995nun doch einen Umrechnungskurs an –„nach heutiger Rechnung“ einem Wert vonrund 15 Millionen DM entspricht.27

···································································Die entscheidenden Handelspartner fan-den sich in Südamerika; so wurden erstmals1829 im chilenischen Valparaíso – einemOrt, der für die Vorwerks besonders wichtigwerden sollte –, daneben in zahlreichen wei-teren Städten Geschäfte abgewickelt.28 Chi-le, das 1818 von Spanien unabhängig gewor-den war, „wurde wie ganz Lateinamerikazum Lieferanten von Rohstoffen und zumAbnehmer von Fertigprodukten. Als inter-nationaler Umschlagplatz für den Pazifik-handel gewann die Hafenstadt Valparaíso anBedeutung.“29 Die Verbindung nach Chileblieb der Vorwerk-Familie bis in die Gegen-wart hinein erhalten.···································································In Hamburg wurden Kontor und Woh-nung 1829 von der Katharinenstraße 38 indie Große Reichenstraße 30, danach in dieAdmiralitätsstraße und schließlich im Herbst1834 in die Katharinenstraße 25 verlegt.30

Die letztgenannte Adresse wurde mehr alsdreißig Jahre lang für Georg Friedrich zumgeschäftlichen und privaten Mittelpunkt.Der Partner H. M. C. Hochgreve zog sichwegen angegriffener Gesundheit nach eini-ger Zeit aus dem Geschäft zurück; zum 31.Dezember 1835 schied er aus der Firma weit-gehend, zum 1. März 1846 vollständig aus.31

Was Georg Friedrich nun allein leistenmusste, wurde ihm bei allen Erfolgen, die erhatte, oft genug auch zur „Quälerei“, zumeinen deshalb, weil er in den Geschäften

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Jahre alt. Die Ehe kam auf traurige Weise zueinem schnellen Ende, da die junge Fraunach wenigen Monaten an einem Fieberstarb. Der Witwer heiratete jedoch andert-halb Jahre später, im Oktober 1827, Doro-theas 1809 geborene Schwester Christiane(Taufname Christiana)22 – und mit ihrgründete er eine vielköpfige Familie.···································································Die Firma Hochgreve & Vorwerk mussschon in ihren Anfangsjahren einen „vor-züglichen Ruf“ genossen haben.23 Im Sozie-tätsvertrag verpflichteten die beiden Partnersich unter anderem, „möglichste Vorsicht,Solidität und Sparsamkeit zu beobachten“;die Tugend der Sparsamkeit galt als Leitwertauch für die private Lebensführung. Solangedie beiden Geschäftspartner unverheiratetwaren, sollte jeder pro Jahr höchstens 4.000Bancomark verbrauchen – ein immerhinrecht ansehnlicher Betrag.24 (Neben derBancomark, der Rechnungseinheit im kauf-männischen Zahlungsverkehr, gab es bis1871 als geprägtes, umlaufendes Geld dieCourantmark; welchem Wert diese Geld-mittel nach heutiger Rechnung entspre-chen, ist, wie Hauschild-Thiessen schreibt,„schwer zu sagen“.)25 Hochgreve brachte indie neugegründete Firma insgesamt 20.000Bancomark ein, Vorwerks „eingeschossenesKapital wurde mit 7.831 Bancomark und 2Schillingen veranschlagt“, wobei dieses Ka-pital zum Teil aus zuvor angekauften Warenbestand. In der Hauptsache handelte manzunächst mit Textilwaren.26

···································································Die Geschäfte, die sich bald ausweitetenund keineswegs nur auf den Textilhandelbeschränkt blieben, entwickelten sich vonAnfang an vorteilhaft. Machte man anfangs,im Jahr 1823, einen Gewinn von fast 7.000Bancomark, so lagen ab 1827 „die Durch-

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wachsendem Konkurrenzdruck ausgesetztwar,32 zum anderen aber auch, weil er zu-sätzliche Aufgaben und Pflichten über-nahm. Nachdem er im September 1823 dasHamburger Bürgerrecht erworben hatte,wurde er knapp zehn Jahre später, am 9. Fe-bruar 1833, zum Handelsrichter gewählt.„Die Annahme des Amtes war Pflicht. DieSitzungen des Handelsgerichts fanden zwei-mal wöchentlich statt und waren mit einemerheblichen Zeitaufwand verbunden.“33

Drei Jahre später, am 4. Juni 1836, wurdeGeorg Friedrich in die Commerzdeputationgewählt; „sie war die Vorläuferin der (seit1867 so genannten) Handelskammer.“ Zu-sätzlich übernahm er 1839, zusammen mitdem Präses der Commerzdeputation, dieAufsicht über die Ratswaage. Ein Jahr spä-ter wurde er selbst Präses. Dabei war er im-mer wieder, so Hauschild-Thiessen, mit„Materien beschäftigt, die nicht in seineSpezialgebiete fielen.“34

···································································Die verschiedenartigen Projekte und Ziele,für die sich Georg Friedrich während seinerpolitischen Tätigkeit in Hamburg einsetzte,sollen hier nicht im Einzelnen benannt wer-den.35 Erwähnt sei lediglich, dass er der imSommer 1837 gebildeten Börsenbau-Kom-mission angehörte, die den seit langem ge-fassten Plan, am Adolphsplatz hinter demRathaus einen Neubau zu errichten, in dieTat umsetzte. Vorwerk verfolgte das Neu-bauprojekt mit besonderer Aufmerksamkeitund besonderem Nachdruck, er kümmertesich um alle Einzelheiten, wobei es vor al-lem zu einer Zusammenarbeit mit demArchitekten Franz Gustav Forsmann (1795–1878) kam. Letzterer entwarf ein „spätklas-sizistisches Meisterwerk“, das auch heutenoch als Zierde der Hamburger Stadtarchi-tektur gelten kann.36

···································································Die Beziehungen zu Forsmann, einem fürdie Hamburger Region des 19. Jahrhundertsneben Carl Ludwig Wimmel bedeutendenBaumeister aus dem Einflussfeld Karl Fried-rich Schinkels,37 müssen sich so zufrieden-stellend entwickelt haben, dass Georg Fried-rich ihn beauftragte, eine „stattliche Villa“38

als Sommerhaus für ein großes Grundstückan der Elbe zu entwerfen. Am 13. November1840 hatte Vorwerk die sogenannte Mühlen-fläche an der Anlegestelle Teufelsbrück inKlein Flottbek erworben, ein ansteigendesGelände, das einen freien Blick auf einenAusschnitt der Elbe gewährte. An exponier-ter Stelle, nämlich fast am höchsten Punktdieses Geländes – „von der Straße abge-rückt, ferne, hoch, besonnt über weitemRasenvorland“39 – entstand von 1841 bis1843 ein einfacher Bau in klassizistischemWeiß, an welchem auf der elbzugewandtenSeite vor allem ein über alle Etagen reichen-der, mittig angeordneter, gewölbter Vorbaucharakteristisch ist.40 Die Villa, die sich bisheute im Besitz von Vorwerk-Nachfahrenbefindet, wurde als „Haupthaus“ bezeichnetund konnte für lange Zeit als räumlich-sym-bolisches Zentrum der Familie Vorwerkgelten.···································································Überblickt man die letzten zwanzig Le-bensjahre Georg Friedrichs vor seinem Tod1867, so sind folgende Ereignisse berichtens-wert:— Am 1. November 1847 schied er vor Ab-lauf seiner zweiten Amtszeit aus der Com-merzdeputation aus und übernahm dasbraunschweigische Konsulat; damit war er„in die Dienste ‚einer fremden Macht‘ getre-ten, was mit der Ausübung eines hamburgi-schen Ehrenamtes nicht vereinbar war.“ Ervollzog diesen Schritt nicht zuletzt, um seine

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Kräfte zu schonen; als Kaufmann hatte erwichtige Entscheidungen zu fällen, undzwar alleinverantwortlich, da sein Partnerder Firma nicht mehr angehörte und diemöglichen Nachfolger noch Kinder wa-ren.41

— Ende März, Anfang April 1848 zählte erzu den sieben Hamburger Vertretern, die indas Vorparlament nach Frankfurt a. M. ent-sandt wurden. Beraten wurde ein Bundes-reformprogramm, dem letztlich aber keinErfolg beschieden war.42

— Zu seinen vielseitigen Tätigkeiten ge-hörte neben den Verpflichtungen als Kauf-mann und Konsul auch das Engagementauf kulturellem Sektor. Am 27. Oktober1852 stiftete er eine hohe Summe für eingemaltes Chorfenster an der Nordseite derKatharinenkirche. Das Fenster nach einem

Entwurf von Friedrich Overbeck wurdewährend der Bombenangriffe auf Hamburg1943 zerstört.43

— Am 23. August 1854 gründete Vorwerkzur Unterstützung bedürftiger Eltern, derenKinder eine gute Schulbildung erhalten soll-ten, die „Georg-Friedrich-Vorwerk-Stif-tung“.44

— Im Jahre 1862 gehörte er dem „Comitéfür die Erbauung einer Kunsthalle“ in Ham-burg an. Ein mit zunehmendem Alter wach-sendes Interesse an der Kunst, die Liebe zurStadt Hamburg, die wie andere Städte überein repräsentatives Museum verfügen sollte,dazu „ein pädagogisches Anliegen im auf-klärerischen Sinne“ veranlassten ihn, die Er-richtung einer Kunsthalle – deren Fertigstel-lung er nicht mehr erlebte – zu unterstüt-zen.45

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Das „Haupthaus“ in Klein Flottbek, Lithographie aus der Werkstatt von Otto Speckter (1844)

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— Nachdem er mit seiner großen Familiedreißig Jahre lang im Wohn- und Kontor-haus Katharinenstraße 25 gewohnt hatte,erwarb er am 27. Februar 1865 auf demGrundstück Alsterglacis 8 ein wenige Jahrezuvor erbautes Stadthaus, „das sich durchseine äußerlich imposante und innerlichvornehme Bauart vor anderen auszeich-nete.“ Das Haus blieb bis 1885 im Besitz derVorwerks; Georg Friedrich selbst hat es nurnoch gut zwei Jahre lang nutzen können.46

— Fast genau ein Jahr nach dem Erwerbdes neuen Stadthauses, am 28. Februar 1866,bat er den Hamburger Senat „um kosten-freie Ausweisung eines Platzes zur Errich-tung eines Stiftes für Freiwohnungen“. Das„Asyl Vorwerk“, dann „Vorwerk-Stift“, ander (später so benannten) Vorwerkstraße ge-legen, diente einige Jahrzehnte lang bedürf-tigen Näherinnen, Wäscherinnen, Botenusw. als mietfreie Unterkunft. Heute beher-bergt das Gebäude, dessen FertigstellungGeorg Friedrich nicht mehr erlebte, Künst-ler.47

···································································Fragt man abschließend, welche Eigen-schaften für Georg Friedrich Vorwerk be-

sonders kennzeichnend gewesen sind, soliegt es nahe, eine Charakterisierung des En-kels Alfred zu zitieren; allerdings ist dabeiwohl zu berücksichtigen, dass „wir heutemanches“, wie Renate Hauschild-Thiessenes ausdrückt, „in etwas weniger hellem Lichtsehen“:48 Die „vielen Freundschaften unddas hohe Ansehen, welches Fritz allgemeingenoß, erklären sich aus der Lauterkeit sei-nes Charakters, seiner Gewandtheit im Ver-kehr mit Menschen, seiner hohen Begabungund seiner vielseitigen Bildung. Seine riesi-gen Erfolge hat er sozusagen aus dem Nichtsgeschaffen, nur durch eminentes Geistes-vermögen und eine schier unglaublicheArbeitskraft, die nicht das Geringste demZufall oder der Spekulation überließ. Unge-achtet einiger kleiner Schwächen, von de-nen niemand ganz frei ist, war er ein Mannvon den besten Eigenschaften, stets dasRechte und Gute wollend.“49 Auf den Por-träts, die von Georg Friedrich erhalten sind,erscheint er als eine ernste, strenge, fast sor-genvoll dreinblickende Persönlichkeit; wie-weit er lustig, fröhlich und entspannt seinkonnte, ist nicht überliefert.50

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··············································································································································11 Vgl. Schröder, Mutzenbecher, S. 7. 12 Dazu Näheres bei Vorwerk, Kaufmann, S. 15 f., 24.13 Hamburgisches Adress-Buch 1811, S. 312. Der vollständige Eintrag ebd. lautet: „Vorwerck et Hövener, Tuchund div. Waaren, Speersort, Ecke an der Paulstr. no. 62 P. 5.“ 14 Vorwerk, Kaufmann, S. 13.15 Ebd., S. 17.16 Ebd., S. 13, 36. 17 Ebd., wie Anm. 15. 18 Ebd., S. 17 f. Vgl. Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 15 f.; Walloch, Elbchaussee, S. 144. 19 Vorwerk, Kaufmann, S. 18. Hauschild-Thiessen stellt die Frage (Hamburg und Chile, S. 16), ob Georg Fried-rich sich in der Franzosenzeit möglicherweise gar nicht in Hamburg aufhielt, da er in einem späteren Lebensrück-blick die Besetzung durch die Franzosen unerwähnt lässt. 20 Ebd., S. 14, 17.21 Vorwerk, Kaufmann, S. 21.22 Ebd., S. 36.23 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 23.24 Ebd., S. 17, 19.25 Ebd., S. 17.26 Ebd., S. 19.27 Ebd., S. 22.28 Ebd., S. 21.29 Rinke, Geschichte, S. 34.30 Vorwerk, Kaufmann, S. 48.31 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 32.32 Ebd., S. 32, 34.33 Ebd., S. 46, 53.34 Ebd., S. 54.35 Siehe dazu Hauschild-Thiessen, Vorwerk, S. 328; dies, Hamburg und Chile, S. 53‒67.36 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 62. Dazu Berger; Hedinger, Forsmann, S. 107‒117.37 Vgl. ebd., S. 14.38 Vorwerk, Kaufmann, S. 50.39 Merck, Hamburg, S. 92. 40 Dazu Berger; Hedinger, Forsmann, S. 120‒126.41 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 67.42 Ebd., S. 69 f. 43 Ebd., S. 46, 48 f.44 Ebd., S. 48, 50. 45 Ebd., S. 50 ff. Der jetzige Altbau der Kunsthalle wurde 1869 fertig.46 Vorwerk, Kaufmann, S. 76 f.47 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 52 f.48 Vorwerk, Kaufmann, S. 6 (Vorbemerkung von Renate Hauschild-Thiessen).49 Ebd., S. 69.50 Jungclaussen (Risse, S. 50) erklärt, Georg Friedrich Vorwerk „war ein Mann voller Energie und Ehrgeiz, derseiner Arbeit mit protestantischer Ernsthaftigkeit und Freudlosigkeit nachging.“ ··············································································································································

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In den Jahren zwischen 1828 und 1852brachte Georg Friedrichs Ehefrau Chri-stiane dreizehn Kinder zur Welt. ZweiSöhne starben im frühesten Kindesalter; umzu ermessen, was das für den Vater bedeu-tete, kann – was im Folgenden noch öftersgeschehen wird – auf die Erzählungen vonElisabeth Hoehne zurückgegriffen werden,eine 1912 geborene Urenkelin Georg Fried-richs. In einem Gespräch, das sie am 2. Juni2008 mit dem Verfasser führte,51 erinnert siesich: Mein Urgroßvater „hat wohl gedacht,er würde nie Kinder kriegen. Er heirateteerst eine de Voss, die sehr hübsch war. Sieerwartete ein Kind, bekam ein hitziges Fie-ber und starb, als sie im sechsten Monatschwanger war. Eine der Schwestern derVerstorbenen tröstete den Witwer, und balddarauf hat er sie geheiratet. In der zweitenEhe starben nacheinander zwei Söhne, daserste und dritte Kind. Aber dann brachteUrgroßmama de Voss noch zehn Kinder zurWelt.“···································································Nach vier Töchtern wurde am 28. Novem-ber 1837 als sechstes Kind der Sohn Augu-stus Friedrich geboren. Seinen Namen er-hielt er, wie Friedrichs Sohn Alfred schreibt,„zu Ehren seines Onkels und GevattersFriedrich August Philipp Wilhelm“. Da sichdie Eltern Ende November mit Sicherheitnicht in ihrem Sommerdomizil aufhielten,

kann man davon ausgehen, dass Friedrich inder Katharinenstraße 25 zur Welt kam.52

Von seinem nächstjüngeren Bruder GustavAdolph, der am 18. September 1839 in demde Vossschen Landhaus in Bahrenfeld (alsoim Sommerhaus von Georg FriedrichsSchwiegereltern) geboren wurde,53 trennteihn ein Altersabstand von knapp zwei Jah-ren.···································································Für das Leben der beiden Brüder, das invieler Hinsicht einen bemerkenswertenGleichklang aufweist, ist die geringe Alters-differenz zweifellos von einiger Bedeutung.Friedrich und Adolph sind keine Zwillinge,doch sie haben sicherlich eine sehr ähnlicheKindheit erlebt, sie sind auf „parallele“Weise erzogen worden, mit praktisch iden-tischen Wertmaßstäben aufgewachsen, siesind beide später als Lehrlinge und ange-hende Kaufleute in die Firma ihres Vaterseingetreten – woraus man selbstverständ-lich nicht schließen darf, die Biographie derbeiden sei quasi austauschbar; wohl aberkann man in vieler Beziehung so etwas wie„grundsätzliche Übereinstimmungen“ ver-muten. Tatsächlich ist in den Quellen nir-gends ein Hinweis darauf zu finden, dass eszwischen den Brüdern zeitweise auffallendeUnterschiede etwa in den Meinungen oderin der Lebens- und Berufsauffassung gege-ben hätte. Was es an Unterschieden ohne

Zur Kindheit und Jugend der Vorwerk-Brüder

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Zweifel gab, hinterließ zumindest in derÜberlieferung keine Spuren, im Gegensatzetwa zu dem, was über andere Brüderpaarezu erfahren ist, die als Erwachsene in ihrenGeschäften ebenfalls ein Gespann bilde-ten.54

···································································Elisabeth Hoehne, eine Enkeltochter vonAdolph, macht allerdings auf einen Unter-schied zwischen den beiden Brüdern auf-merksam, den manche für kaum erwäh-nenswert halten mögen, der aber für Fried-rich keineswegs unerheblich gewesen seinkann: Er „hatte als Kind geschielt. Das Augewurde operiert, und dabei hat er, glaube ich,das Auge verloren. Er hatte, glaube ich, einGlasauge.“ Das doppelt eingefügte „glaubeich“ verweist auf einen Erinnerungsvorbe-halt – doch wenn man sich, durch diese Er-klärungen aufmerksam gemacht, Fotogra-fien von Friedrich ansieht, so findet manden Hinweis aus der Enkelgeneration bestä-tigt. Wenn auch die Operation misslang, so

hat man doch einen hervorragenden Ersatzgeschaffen; das künstliche Auge (links) ist sogeschickt eingesetzt worden, dass es auf Fo-tos nur zu erkennen ist, sofern man von demEingriff etwas weiß.···································································Wie bereits erläutert, ist über das Leben desjüngeren Bruders Adolph erheblich mehrbekannt als über dasjenige Friedrichs. Es istnicht zu vermeiden, dass aufgrund derQuellenlage stärker auf Adolph als aufFriedrich Bezug genommen wird. Was denErziehungsstil des Vaters und mit ihm über-einstimmend den der Mutter angeht, sokann man zunächst einige Sätze aufgreifen,die Alfred Vorwerk der oben zitierten Cha-rakterisierung seines Großvaters unmittel-bar folgen lässt: „Kraft seiner bedeutendenPersönlichkeit und seines umfassenden Wis-sens beherrschte“ Georg Friedrich, „ohne eszu wollen, seine Umgebung. Die Unterhal-tung führte er meist allein oder leitete sieunmerklich nach seinem Willen, so daß esnur selten jemand wagte, ihn zu unterbre-chen.“55 Bei dieser Kennzeichnung ist dieAussage Jungclaussens einleuchtend, GeorgFriedrich sei „streng patriarchalischen Vor-stellungen von Familienführung“ gefolgt.56

Nach allem, was man über Erziehungsmaß-stäbe um die Mitte des neunzehnten Jahr-hunderts weiß, folgten die Vorwerk-Elterneinem üblichen Muster, indem sie ihre Kin-der überaus streng erzogen. Was sich freilichrealiter in der Beziehung zwischen Elternund Kindern abspielte, welche Freiräumeden Kindern trotz allem blieben, muss of-fenbleiben. Leider fehlen für die beherztenSchlussfolgerungen Jungclaussens die Be-lege, wenn er zu wesentlichen Merkmalender Brüder, die als junge Erwachsene dieFirma ihres Vaters übernahmen, erklärt: Mitgroßer Leichtigkeit konnte Friedrich „die

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Augustus Friedrich Vorwerk (1837‒1921)

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Rolle des Thronfolgers […] nie besetzen. Erbesaß eine natürliche Schüchternheit, die erunter der strengen Aufmerksamkeit seinesVaters nie überwand und die sich unter denhohen Anforderungen eher noch stärkerausprägte. Adolph blühte dagegen imWindschatten seines älteren Bruders voll aufund entwickelte sich zu einem attraktivenMann, dessen ‚einnehmendes Wesen undwirtschaftlicher Weitblick’ ihm zu ungeheu-rer Beliebtheit verhalfen.“57 Wieweit dieseKennzeichnungen zutreffend sind, die im-merhin über die Grundhaltung oder dasGrundverhalten der Brüder Entscheidendesaussagen, muss wiederum in vieler Hinsichtoffenbleiben.···································································Größere Ausschnitte einer besonderswichtigen Quelle zum Leben Adolphs sindin einem 1991 erschienenen Buch mit demTitel „Ein Hamburger Ambiente“ abge-druckt; Verfasser des Buchs ist G. AdolphVorwerk (1918–2002), ein Enkel Adolphs,der aus naheliegenden Gründen seinenGroßvater stärker beachtet als seinen Groß-onkel Friedrich. Im Abschnitt „Aus denAufzeichnungen meines Großvaters AdolphVorwerk“ ist Verschiedenes zur Kindheitund Jugendzeit vor allem Adolphs, danebenauch Friedrichs zu finden.58

···································································Neben den vergleichsweise ausführlichenAufzeichnungen Adolphs gibt es als Typo-skript einen gut sechs Seiten umfassendenLebensabriss, den Friedrich im Sommer1905 verfasst hat – eher widerstrebend, soscheint es; auf Wunsch seiner Söhne, soFriedrich, stelle er einige Daten zusammen,„welche sich im Wesentlichen auf die Fort-führung des Geschäfts der Firma Hochgreve& Vorwerk in Hamburg beziehen.“59 Tat-sächlich beschränkt der Bericht sich in der

Hauptsache darauf, in gedrängter Form dieverschiedenen personellen Wechsel in derLeitung der Firmen in Hamburg und Val-paraíso zu referieren. Sodann wird auf Fami-liengeschichtliches eingegangen mit Hin-weisen darauf, welche Geschwister wengeheiratet haben. Nur wenige Passagen be-treffen das persönliche Erleben Friedrichs;die Quelle kann als Bestätigung dafür gele-sen werden, dass es deutliche Vorbehalte da-gegen gab, die eigene Person zum Thema zumachen.···································································Zwei Erfahrungskomplexe sollen im Fol-genden, teilweise mit ausführlichen Zitaten,näher beachtet werden: Einmal Beschrei-bungen zu den Lebensmittelpunkten imZentrum und im näheren Umkreis Ham-burgs, sodann Beschreibungen zur Schul-ausbildung. In seinem Lebensüberblick er-wähnt Adolph auch den großen HamburgerBrand vom Mai 1842, doch kann er an die-ses einschneidende, vielbeschriebene Ereig-nis als Zweieinhalbjähriger – Friedrich wargut vier Jahre alt – keine persönliche Erin-nerung haben. So genügt es festzuhalten,dass die für den Vater drei „wichtigstenHäuser, seine [Katharinen-]Kirche, seinWohnhaus und die [neu errichtete] Börse,vor dem Ruin bewahrt“ blieben.60

···································································Zu seinem Geburtsjahr 1839 schreibt Adolphin den „Aufzeichnungen“: „Meine Elternbewohnten in den Sommermonaten einNebenhaus im Garten meiner Großmutterde Voss in Bahrenfeld und im Winter daseigene Haus in der Catharinenstraße 25;Parterre war eine große Waren-Diele, dasComptoir von Hochgreve & Vorwerk imersten Stock eines Anbaues längs des Hofesund dahinter ein großer Speicher mit 4 Bö-den am Catharinen-Fleeth.“61 Die Erklä-

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rungen zum Kauf der Mühlenfläche inKlein Flottbek und zum Bau des „Haupt-hauses“ können an dieser Stelle beiseite blei-ben. Aufschlussreich ist eine im „Hambur-ger Ambiente“ fehlende, im Original-Typo-skript62 zum Jahr 1843 festgehaltene Er-gänzung: „Erster Sommeraufenthalt imneuen Flottbeker Landhaus und Garten.[…] Anfangs [war] die Aussicht auf die Elbenur durch wenige Haeuser und Baeume un-terbrochen.“ Dazu heißt es weiter, zum Jahr1848: „Juni 22. starb Großmutter de Voss.Damit hörten die früheren Sonntagsfahrtenunserer ganzen Familie in einer zweispänni-gen Chaise mit Dienersitz von Klein Flott-bek nach Bahrenfeld auf und die Spiele imdortigen alterthümlichen Garten mit hohenBäumen, Lusthaus, den landwirtschaftli-chen Gebäuden und Pferde-, Schweine-und Kuh-Ställen und Milchdiele. Es war al-les so ganz verschieden von dem modernenFlottbeker Hause und dem neu angelegtenschattenlosen Garten.“63

···································································Adolph, der spätere, zu Recht stolze Besit-zer des „Haupthauses“, lässt in diesemRückblick auf seine Kindheit bei aller vor-herrschenden Sachlichkeit deutlich durch-blicken, dass die Umgebung in Bahrenfeldfür ihn als Kind sehr viel schöner, geheim-nisvoller und abenteuerlicher war als dieje-nige im „modernen“ Flottbek. Der Unter-schied zwischen der „Altertümlichkeit“ dortund der „Schattenlosigkeit“ hier, als Unter-schied zwischen romantischer Idylle undkühler Übersichtlichkeit, ist naheliegendund, zumal für Kinder, leicht begreiflich. ImErwachsenenalter, das wird sich noch zei-gen, wird der möglichst freie Blick auf dieElbe für Adolph zu einem zentralen Anlie-gen. Für seine Erinnerung an die Kindheit– von der er bezeichnenderweise nur verhal-

ten und indirekt spricht – ist es aber, bezo-gen auf die Sommermonate der ersten neunLebensjahre, kennzeichnend, dass sie inBahrenfeld um einiges märchenhafter warals in Flottbek. ···································································Die Umgebungen, in denen die KinderFriedrich und Adolph sich tummeln konn-ten, bescherten ihnen eine „glückliche Kind-heit“. Allemal privilegiert lebten die Kinderauch in der Katharinenstraße, und privile-giert war gleichermaßen der Schulunter-richt, den sie genossen. Dazu schreibtAdolph im Blick auf das Jahr 1847: „Sept.Michaelis. Meine Aufnahme in die Schulevon Dr. Heinrich Schleiden, Glockengies-serwall (Haus gebaut von Archtitekt Bülauim gothischen Backsteinstyl ebenso wie dasvon Bülau erbaute Patriotische Gebaeude ander Trostbruecke). Ich war 8 Jahre alt, hatteLesen und Schreiben im Hause bei unsererGouvernante Fraeulein Emilie Puhst gelerntund wurde in Classe iva gesetzt, Classenleh-rer Oelrichs.“64 – Der Bruder Friedrich fasstsich, was seine Schulzeit angeht, noch etwaskürzer: „Ich besuchte die Schule von Dr. H.Schleiden, bei der Michaeliskirche gelegen,dieselbe wurde 1844/45 nach dem Glocken-giesserwall in das von dem Architekten Bü-lau nach dem Brande von 1842 neuerbauteSchulhaus verlegt.“65

···································································Auch Friedrich hatte zunächst bei EmiliePuhst Unterricht gehabt; dass zwischen ihmund seiner Gouvernante eine besonders enge,liebevolle Beziehung entstanden war, gehtaus einem Brief hervor, den Emilie Puhst am5. April 1854 ihrem inzwischen sechzehnJahre alten Schutzbefohlenen schrieb: „Meinlieber, lieber Friedrich, Nun ist er gekom-men der Zeitabschnitt, den ich lange imStillen gefürchtet, weil er zwischen Dir und

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Die Gouvernante Emilie Puhst

mir eine Scheidewand zieht. Ich kann Dir,dem erwachsenen Jüngling, nun das nichtmehr sein, was ich dem schüchternen,kränklichen Knaben war. Ich kenne diesemeine Grenzen sehr wohl, und werde sienicht überschreiten. Aber eine Bitte muß ichDir heut noch recht dringend, recht flehent-lich an das Herz legen: Vergiß es nie, wie un-endlich, wie unaussprechlich lieb ich Dichgehabt habe, und laß mir den Trost, daß ichDeinem Herzen nie fremd werden kann.Zwischen Dir und mir muß etwas bestehen,was die Welt mit ihren verschiedenen Lebens-verhältnissen nicht vertilgen kann. […]“66

···································································In dem vom Hamburger Staatsarchiv auf-bewahrten Vorwerk-Nachlass sind einigeSchulhefte Adolphs erhalten, die anschau-

lich machen, mit welcher Akkuratesse um1850 in der Schleidenschen Schule gearbei-tet wurde. In gestochener Form, abwech-selnd in deutscher und lateinischer Schrift,wurde Schönschrift geübt. In einem Auf-satzheft aus dem Jahr 1854 wurde als erstesdas Thema „Die zwölf wichtigsten Scenenaus dem Nibelungenlied in Bildern darge-stellt“ abgehandelt. Zwei Hefte zur Stereo-metrie und Geometrie enthalten zahlreicheüberaus exakte, in hauchzarten Strichen aus-geführte Zeichnungen. Überhaupt scheintAdolph ein recht begabter Zeichner gewesenzu sein, wie mehrere klar konturierte, sorg-fältig schattierte Bleistiftzeichnungen be-weisen. – Für den Zeitraum von 1847 bisAnfang 1855 sind schmale, grün eingebun-dene Zeugnishefte erhalten, in denen, wasaus heutiger Sicht bemerkenswert ist, in je-weiligen Rubriken wöchentlich die Eigen-schaften „Fleiß im Hause“, „Fleiß in derSchule“, „Betragen“ und „Ordnung“ bewer-tet wurden. Jede Woche trug der Lehrer indie Rubriken, meistens in abgekürzter Form,ein „zufr.“, „recht zufrieden“ oder „sehr zu-frieden“ ein. Adolph muss demnach einguter, zuverlässiger, folgsamer Schüler gewe-sen sein. Jede Woche wurden die Bewertun-gen vom Vater gegengezeichnet, meistensmit dem Kürzel „G. F. V.“.···································································In Adolphs Abgangszeugnis vom 30. März1855 schreibt Heinrich Schleiden: „Aufge-nommen: Michaelis 1847; seit Ostern 1854Schüler der 1 Kl. verließ die Anstalt als einreifer Schüler; hat ohne einen erheblichenAnstoß […] die Laufbahn durch unsereKlassen vollendet u. durch sein offenes,munteres u. frisches Wesen sich Freunde beiMitschülern und Lehrern erworben. KamenZeiten, in denen er sich einmal etwas mehrgehen ließ, hat er sich doch immer wieder

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zusammenzufassen gewußt und namentlichin diesem letzten Jahre mit lobenswertherTreue u. Gewissenhaftigkeit gearbeitet unddurch verständiges u. zuverläßiges Betragendas volle Vertrauen seiner Lehrer zu erhal-ten gewußt.“ Im Lesen und Aufsatzschrei-ben erhielt Adolph die Note 1, im „Reciti-ren“, in Geschichte, Geographie, Mathema-tik und Rechnen sowie Spanisch die Note 2,in den Fächern Orthographie, Grammatik,Schreiben, Französisch und Englisch dieNote 3. Gefehlt hatte er im letzten Schuljahreinen Tag; er war der „Zweitbeste (vorherder Beste) in der Klasse.“67

···································································Leider sind Schulhefte oder Schulzeug-nisse des Bruders Friedrich nicht erhalten,doch kann man annehmen, dass er ein min-destens ebenso gewissenhafter, zuverlässigerSchüler war wie sein jüngerer Bruder, sodass er mit einem ähnlich erfreulichen Ab-gangszeugnis die Schule verlassen hat wie

dieser. – Besonders erinnernswert ist fürAdolph ein – wohl teils vergnüglicher, teilsanstrengender – Alltagsaspekt seiner Schul-zeit. Auf den Beginn seines Schulbesuchs beiDr. Schleiden zurückkommend, möchte ererwähnen, dass er nun im Sommer täglichmit seinem Vater und Bruder Friedrich so-wie gelegentlich auch einigen Schwesternvon Flottbek aus „im Wagen zur Stadt fah-ren mußte, morgens kurz vor 8 Uhr und zu-rück um etwa 4 Uhr nachmittags, mit Aus-nahme der Dienstage und Freitage, an de-nen mein Vater die Post nach Englandabfertigte und wir im Stadthause, Cathari-nenstraße 25 zu Mittag aßen, mithin erst um7 oder 8 Uhr nach Flottbek zurückfuhren,im Herbst also nach Eintritt der Hambur-ger Torsperre. An Wagen und Pferde wur-den damals große Ansprüche gestellt, dennaußer den Wochentags-Fahrten nach Ham-burg unternahmen die Eltern mit einer An-zahl Kinder an jedem Sonntag eine Ausfahrt

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Gustav Adolph Vorwerk (1839‒1919) in der Victoria vor dem „Haupthaus“

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nach Bahrenfeld zum Besuch der Großmut-ter de Voss“.68

···································································Es ist bemerkenswert, dass die Umständedes Hin- und Herfahrens zwischen derHamburger Innenstadt und Flottbek auchin dem spröden, auffällig gedrängten Le-bensabriss Friedrichs eine relativ ausführli-che Erwähnung finden: „Im Sommer fuh-ren wir morgens per Wagen zur Stadt, unddes Nachmittags wieder hinaus; wenn meinVater erst Abends fuhr, nahm der Wein-händler J. G. F. Goering, welcher auch inFlottbek wohnte, meinen Bruder Adolphund mich in seinem Wagen mit. Später, alswir Beide am Comptoir lernten, kochte unsim Sommer die Einhüterin unser Essen undfuhren wir dann Abends mit dem Bas-

son’schen Omnibus nach Altona und gingenvon dort zu Fuss.“69 Die Berichte Adolphsund Friedrichs unterscheiden sich in Einzel-heiten, ergänzen sich gegenseitig, zugleichsind Parallelen unverkennbar und geradezuverblüffend: Unter dem wenigen, wasAdolph und insbesondere Friedrich über-haupt zu ihrer Kindheit und Jugend mittei-len, halten beide es einmal für wichtig, aufden Architekten Bülau des neuen Schlei-denschen Schulgebäudes hinzuweisen, zumanderen gehen beide näher auf ihren Alltagals „Fahrschüler“ ein.···································································Das Unterwegssein ist sowohl für Friedrichals auch für Adolph von Kindheit an eineprägende Erfahrung gewesen, sei es im Um-kreis Hamburgs, sei es während größerer

Die Bark „Christiane“, Ölbild von Lorenz Petersen (1850)

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Reisen. Vieles, was dazu beschrieben werdenkönnte, muss hier unberücksichtigt bleiben.Bedeutsam ist zunächst nur ein Erlebnis, das,wiederum von Adolph festgehalten, ins heu-tige Dänemark führt: „Im Sommer pflegtemein Vater mit uns Kindern seinen BruderWilhelm in Holzminden und spaeter inWolfenbuettel oder seine Heimath im Harz,Langelsheim, Goslar und Ocker zu besu-chen. Solche Reisen waehrend der Schulfe-rien machten uns stets grosse Freude, beson-ders mein allererster Ausflug nach Apenradeim Sommer 1847 zum Stapellauf der Segler-Bark ‚Christiane‘ […].“70 In Apenrade (heu-te Aabenraa), das bis 1864 zum HerzogtumSchleswig gehörte, zählte der Schiffbau zuden wichtigsten Wirtschaftszweigen derStadt. Den Segler, den Georg Friedrich dort

bauen ließ, kann man, ähnlich wie das„Haupthaus“ in Flottbek, als ein zweiteszentrales Symbol der Familie Vorwerk anse-hen, das, auf den Vornamen von GeorgFriedrichs Frau getauft, insbesondere dieunauflösliche Verbundenheit mit den Welt-meeren, d. h. dem Welthandel verkörpert.Die „Christiane“, eine Bark von 118 Com-merzlasten (CL), blieb bis 1865 in Vorwerk-schem Besitz. (In CL wurde damals dieLadungs- oder Tragfähigkeit von Schiffengemessen; eine Hamburger CL betrug 6000Pfund.71) Auf zwei Büchern zur Geschichteder Vorwerks erscheint die „Christiane“ aufdem Einband bzw. Buchumschlag, als Ab-bildung eines Gemäldes von Lorenz Peter-sen, das heute im Museum für Hamburgi-sche Geschichte (hamburgmuseum) hängt.

··············································································································································51 Das Gespräch mit Elisabeth Hoehne wurde ebenso wie das mit Jutta Bohlen (siehe unten) auf Kassettenre-corder festgehalten und weitgehend wörtlich transkribiert. 52 Im Deutschen Geschlechterbuch 200, S. 656, ist Hamburg als Geburtsort Friedrich Vorwerks angegeben. 53 Vorwerk, Kaufmann, S. 49 f.54 Vgl. Schröder, Mutzenbecher, S. 32 f.55 Vorwerk, Kaufmann, S. 69.56 Jungclaussen, Risse, S. 57.57 Ebd., S. 69 f.58 Adolph hat seine Aufzeichnungen im Alter verfasst; letzte Eintragungen im Original-Typoskript (Staats-archiv Hamburg, 622-1 ⁄510 Vorwerk, Ablage 25.7.88) reichen bis ins Jahr 1909.59 Privatarchiv G. Volkert Vorwerk. Der Kurzbericht, im Folgenden als „Lebensabriss“ zitiert, trägt keine Über-schrift, ist aber am Schluss mit dem handschriftlichen Vermerk „Hamburg d. 1 August 1905. Friedr. Vorwerk“ ver-sehen. 60 Vorwerk, Kaufmann, S. 62. (Zusätze in eckigen Klammern von H. J. Schröder.)61 Vorwerk, Ambiente, S. 189.62 Staatsarchiv Hamburg, 622-1 ⁄510 Vorwerk, Ablage 25.7.88.63 Vorwerk, Ambiente, S. 189 f.64 Wie Anm. 62. 65 Vorwerk, [Lebensabriss], S. 5.66 Privatarchiv G. Volkert Vorwerk.67 Wie Anm. 62. 68 Vorwerk, Ambiente, S. 190.69 Wie Anm. 65. 70 Wie Anm. 62. 71 Dabei galt ab 1815: „1 hamburg Pfund = 484,6 Gramm“ (Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 277).··············································································································································

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Wie wichtig das Unterwegssein gerade auchfür Friedrich war, soll in diesem Kapitel do-kumentiert werden im Rekurs auf einenumfangreichen Reisebericht, der 1860 ver-fasst wurde. Im Alter von 22 Jahren unter-nahm Friedrich eine fünfmonatige Reise –genau: vom 10. Februar bis 15. Juli –, zu derer eine Beschreibung ausgearbeitet hat, vonder als hier verwendete Zitiergrundlage einemaschinenschriftliche Fassung im Umfangvon 102 Seiten vorliegt.72 Ihr präziser Titellautet: „1860. Reise nach Nordamerika undWestindien.“ Der Name des Verfassers istnicht angegeben, aber dass es sich zweifels-frei um Friedrich handelt, geht gleich ausdem ersten Absatz hervor, wo von „meine[r]Schwester Anne“ die Rede ist, also von der1834 geborenen Anna, die den ebenfalls andieser Stelle erwähnten „Schwager Johs.Mooyer“ geheiratet hatte.73

···································································Der Reisebericht ist als Tagebuch abgefasst,mit meistens umfangreichen Schilderun-gen, die in der Hauptsache Tag für Tag, teil-weise auch in Zusammenfassungen nieder-geschrieben sind. Der Stil lässt dabeideutlich erkennen, dass es sich um einenachträgliche Ausarbeitung handelt, in derdie ursprünglichen Tagebuchnotizen oft-mals gründlich verbessert und ergänzt wor-den sind. Die Gewandtheit vieler bemer-kenswert anschaulicher Beschreibungen

kann sicherlich zum einen auf die Schulungzurückgeführt werden, die Friedrich beiHeinrich Schleiden im Aufsatzschreiben er-fahren hat; zum anderen muss er aber auchzusätzliche Reiseführer herangezogen ha-ben, da ihm viele Details nicht aus eigenerAnschauung bekannt sein konnten.···································································Insgesamt beweist das Lebenszeugnis,dass die Nordamerika-Kuba-Reise für Fried-rich ein singuläres Ereignis gewesen ist, eineeinmalige Erfahrung, die in vergleichbarerForm zu wiederholen ihm sein späteres Le-ben als Kaufmann keinen Spielraum gelas-sen hat. Die Anforderungen, die Beruf undFamilie nach 1860 an ihn stellten, ließenihm nicht mehr die Freiheit, sich als Schrift-steller, im Besonderen als Reiseschriftstellerzu betätigen.···································································Zunächst ist nachzutragen, dass Fried-rich nach Beendigung seiner Schulzeit einedreijährige Lehre in der Firma seines Vatersmachte, vom 11. April 1854 bis zum Frühjahr1857. Ein viertes Lehrjahr absolvierte er inEngland, „nämlich bei du Fay & Co. inManchester und bei Ed. Schlüter & Co. inLondon“.74 Danach wurde er in der Ham-burger Firma Commis, und seit Mitte Juni1859 Prokurist.75 Nach der kurzen Zeit alsProkurist wurde er am 1. Januar 1861 – unddas bis zu seinem Tode am 27. November

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Eine Reise von Augustus Friedrich nach Nordamerika und Kuba

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1921 – Teilhaber des Hamburger Vorwerk-Unternehmens. – Friedrich war also Proku-rist seiner Firma, als er im Februar 1860seine große Reise nach Amerika antrat. Wel-che immer wieder interessanten, detailliertbeschriebenen Erfahrungen er während die-ser Zeit machte, kann hier lediglich am Bei-spiel dreier längerer Zitate veranschaulichtwerden.···································································An Bord des Dampfers „Neptune“ verließer in der Nacht vom 10. auf den 11. Februarden Hamburger Hafen und kam nach einerFahrt, die viele Passagiere seekrank machte,am 13. Februar in London an. Zunächst reis-te er weiter nach Southampton, kehrte vondort aber bald zu Geschäftsbesuchen nachLondon zurück, um sich anschließend, am16. Februar, nach Liverpool zu begeben.Dort fuhr er auf dem „Steamer Africa“ zweiTage später um 8.30 Uhr Richtung NewYork ab. Die Überfahrt über den Atlantikdauerte bis zum 3. März. „Fast 12 ganze Tagehatten wir scharfen kontrairen Wind (Westoder W. N. W.) sodass wir durchschnittlichnur 7 Knoten pro Stunde machten. DasSchiff schaukelte und ächzte tagelang sehrstark; an solchen Tagen hatte leider unserFreund Gossler auch viel zu leiden, währendich glücklicherweise ganz von der unange-nehmen Seekrankheit verschont blieb.“76

Nach einer Schilderung der Einfahrt in denNew Yorker Hafen folgt unter dem Datumdes 5. März eine Beschreibung der erstenEindrücke, die Friedrich von der Weltstadtgewinnt:···································································„Heute morgen, nachdem ich meine Pa-piere geordnet, machte ich mich auf denWeg zu Amsinck’s Comptoir in Pearl Street.Ich hatte den ganzen, langen Broadway hin-unterzugehen und also Gelegenheit, mir das

lebhafte Getriebe anzusehen. New York bie-tet, wenn man so die Strassen durchwan-dert, einen ganz anderen Anblick dar, als dieeuropäischen Städte; man merkt gleich, dassman in einer amerikanischen Stadt ist. Dasind die schönsten palastartigen Häuser,und gleich daneben ein kleiner erbärmlicherShop, eine Etage hoch. Einer kehrt sichnicht an den anderen und tut, was ihm ge-rade gefällt. Die Nebenstrassen, die vonBroadway abgehen, sind meistens eng undschlecht gepflastert, und nicht selten siehtman vor einem grossen, schönen Hauseeinen Schutthaufen in der Straße liegen. Jeweiter ich nach unten kam (d. h. dem Hafenund der Geschäftsgegend zu), desto mehrfällt es einem auf, wie wenig Schönheitssinndie Yankees haben; nur Geld machen undnichts mehr verstehen sie. Die Annoncenund Anschläge sind hier womöglich noch

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Friedrich Vorwerk

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grösser als in London, und alles überhauptnur auf Show berechnet; von aussen sehendie Läden alle sehr reich und gross aus, vorden Fenstern liegen die Sachen aufgetürmt,und man meint wunder, was das für eingrosser Laden ist; doch wenn man mal ein-tritt, findet man, dass es eine kleine, elendeEcke ist, und wenn man etwas verlangt, sowird es vom Fenster hergeholt, denn diesesist beinahe der ganze Vorrat, der existiert. –···································································Beim Zurückkommen um Mittag wogteder fashionable Teil von Broadway von Da-men zu Fuss und zu Wagen, die shoppinggingen. Das schöne Frühlingswetter hattedie reichsten Toiletten ans Tageslicht ge-bracht. Auch hier fiel mir gleich der Unter-schied des Benehmens der New Yorker unddeutschen Damen auf. Wie herausgeputztund teilweise wie geschmacklos gekleidetgingen die Damen; da waren einige, die alleRegenbogenfarben in ihrem Anzuge herum-trugen, und wie ungeniert sahen sie sichnach allen Seiten um und betrachteten dieihnen begegnenden Herren!“77

···································································Es darf wohl nicht verwundern, wenn sichhier in der spontanen Schilderung ersterEindrücke genaue Beobachtungen wieder-holt mit verallgemeinernden Vorstellungenverbinden, die auf ein aus Deutschland mit-gebrachtes Amerikabild zurückzuführen sind.Wieweit in den Stereotypen jeweils „etwasWahres“ enthalten sein mochte (oder mag),sei dahingestellt. Jedenfalls kann man derDarstellung des 22-jährigen Friedrich eineurteilsfreudige, jugendliche Unbekümmert-heit nicht absprechen.···································································Nach Aufenthalten in Philadelphia, Balti-more, Washington (District of Columbia)und Richmond ging er in Charleston an

Bord des Dampfers „Isabel“ und fuhr amNachmittag des 19. März Richtung Havan-na ab. Als er am nächsten Morgen an Deckkam, „fanden wir, dass wir bei dem schöns-ten Sonnenschein und herrlicher ruhigerSee an der Küste von Florida hinunter-dampften“. Die Ankunft in Havanna am 21.März schildert Friedrich auf besonders le-bendige Weise nur noch stichwortartig, vonder Fülle der Eindrücke gleichsam überwäl-tigt; davon kann hier nur ein Ausschnittwiedergegeben werden:···································································„Die Strassen so eng und die Häuser so nahaufeinander, dass es fast unmöglich scheint,dass zwei Wagen sich ausbiegen können;nur mit großer Mühe. Hauptstrassen so ein-gerichtet, dass eine für das Herkommen, dieandere für das Weggehen der Wagen be-

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stimmt ist. – Zelte von einem Haus zum an-deren über die Strasse. – Privat-Volantesreich mit Silber beschlagen und Postillon inLivree, einige mit zwei Pferden, reiches Sil-ber, Livree und grossen Troddeln. Postillonreitet auf einem Pferde neben der Deichsel.Pferd mit dem Schwanz bewickelt und vornangebunden am Sattel. Kleine Creolen-Pferde. Neger-Postillione mit grossen Stie-feln, langen Sporen und hellen Jacken. An-genehmes Fahren, aber schwer für das Pferd.– Ein Herr liegend mit einer Zigarre, im an-deren eine Dame mit einem breiten Kleidvon hellen facconet über beide Seiten desWagens hängend mit einem Fächer. – Callede los Oficios, del Obispo, Hauptstrassenvon dem Plaza de Armas nach dem Tore ‚Pu-erta de Monserrate‘. Jeder Laden hat seinenNamen, sehr hochtrabend, aber keinen Na-men des Herrn und immer pormayory me-nor. Keine Damen in den Strassen gehend,nur Negerinnen. Soldaten in leichten, blau-en Kostümen, Strohhüten und roten Kokar-den. Zigarrenrauchen. Jeder dritte Mannoder Frau raucht Zigarren oder Zigaretten.– Feuer geben. – Grünes Schilf und Strohetc. in Bündeln auf Pferden, auf jeder Seitezwei, Pferd ganz bedeckt bis auf die Augen,den Schwanz und die Hufe, für Fütterungder Pferde und Maulesel in der Stadt.Pferde, Esel und Maulesel mit Körben biszur Erde hängend mit Früchten, wie Bana-nen, Plantains, Apfelsinen etc. – Plaza deArmas mit 4 Palmen real und Bäumen undSträuchern in Blüte. Governos Palace. Co-lumbus-Kapelle. Erste Messe. – Dann bei ei-ner Kirche, traurig aussehend, vorbei.Durch das Tor, durch einen breiten Wall.Wache von Soldaten nach dem Paseo de Isa-bel Segunda. Estra Muros Le Grands Hotel.Trauriger Empfang; niemand bekümmertsich um einen. Restauration; Hotel mehr

Nebensache. Antonio, schmutziger Cuba-ner, spricht wenig französisch. Zimmer al-leine. Ca. zweimal so hoch wie gewöhnlich.Ein großes Fenster bis unter den Boden. Bo-den aus Mauersteinen gepflastert. EineTreppe hoch. Elender Waschtisch (schmut-zig und zerbrechlich), Bett auf ausgespann-ten Leinen, ohne Matratze. Mosquito-Netz.Keine Glocken im Hause. Kein Wasser undkein Handtuch. Antonio, einziger Mann,der sich mit der Wirtschaft abgibt, geht end-lich langsam, um es zu holen. –“78

···································································Auf der Insel Kuba blieb Friedrich bis zum9. April; die Zeit vom 21. März bis 9. Aprilist als Zusammenfassung protokolliert. Am12. April kam er, wiederum mit einemDampfschiff, in New Orleans an. Dort hielter sich bis zum 21. April auf, um anschlie-ßend langsam und mit Unterbrechungenauf dem Mississippi immer weiter nachNorden zu reisen. Die vielen Stationen, dieer per Schiff und per Bahn erreichte und dieihm oftmals gründliche Einblicke in dasLand und das Leben der Nordamerikanerverschafften, können hier nicht im Einzel-nen aufgezählt werden. Besonderen Ein-druck machten ihm die Niagara-Fälle, wo-bei es überrascht, wie sich plötzlich in denSchilderungen literarische Einflüsse mitschwärmerischem Pathos bemerkbar ma-chen. Friedrich lernte unter anderem auchChicago sowie in Kanada Montreal undQuebec kennen. Am 8. Juni, so schreibt er,landeten wir „wieder in New York, demEndplatz meiner grossen Rundtour.“ EinSchwenk zurück mit der Beschreibung einerFahrt ins Innere der USA soll dieses Kapitelabschließen:···································································„14. Mai. Um 10 Uhr per Eisenbahn nachSt. Joseph am Missouri, zusammen mit

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Cornforth und Hinckle. – Erster Teil bewal-det und teilweise bebaute Gegend, dann indie unermesslichen Prairien. Gras jetzt ca. 1Fuss hoch, seit 8 Monaten fast keinen Re-gen hier gehabt, daher war der Boden fastvertrocknet. Hügelige Rasenflächen, so weitman sehen konnte, kein Baum, keineHecke, kein Haus und kein Vieh, nur Gras,wie ein bewegtes und plötzlich erstarrtesMeer. Diese Eisenbahn ist gebaut worden,als hier noch keine Farm war, und hat vonder Regierung einen grossen Teil des umlie-genden Landes bekommen. […] Das Grasauf der Prairie wird 4 bis 6 Fuss hoch,manchmal 10 Fuss., brennt Ende Herbstoder Anfang Frühjahr ab, wird, wenn es ste-hen bleibt, mit Willen angesteckt, damit dasneue Gras aufkommen kann. Wir sahen ei-nen sehr starken Präriebrand, ein feurigerKranz, der auf uns zu trieb. Schwarze Stel-len, wo es eben abgebrannt. Grosse Herden

Pferde, Kühe und Ochsen auf den Prärien.Die Eisenbahnen sind hier nie eingehegt,daher kann das Vieh sehr leicht auf denSchienen sein. Das passiert hier sehr oft;dann pfeifen die Lokomotiven. Wir muss-ten dreimal anhalten und das Vieh herun-terjagen. Cowcatcher vor den Lokomotiven.Zuweilen kleine Bäche in den Prärien undan den Seiten des Baches kleine Gehölze,sieht wunderhübsch aus, wie englische Parks.Prärien nicht abgegrenzt, daher laufen dieverschiedenen Viehherden manchmal inein-ander. Strenge Gesetze gegen Viehdiebstahlnötig. Pferde- oder Kuhdiebe werden ohnegerichtliche Verurteilung von den Farmernfür schuldig erklärt und gehängt (Lynchlawnach Lynch in Californien). – Wir sahenmehrere Prairie-chickens (gross wie Hüh-ner, in grosser Menge, fliegen sehr gut) undQuails, Wachteln; sonst nicht viel Wild inMissouri.“79

··············································································································································72 Privatarchiv G. Volkert Vorwerk. Im Folgenden als „Vorwerk, Reisebericht“ zitiert.73 Zusätzlich findet sich in Friedrichs Lebensabriss (S. 2) ein Hinweis auf seine „Reise nach Havana und denVereinigten Staaten“.74 Ebd., S. 1 f. Hauschild-Thiessen (Hamburg und Chile, S. 45) gibt an, Friedrich Vorwerks Lehrzeit dauertevom 11. April 1854 bis zum 5. März 1858.75 Ebd. Friedrich, so heißt es hier, sei vom 14. ⁄16. Juni 1859 bis zum 1. Januar 1861 Prokurist gewesen. Die An-gabe „seit Ostern 1860“ ebd. ist offensichtlich fehlerhaft.76 Vorwerk, Reisebericht, S. 7.77 Ebd., S. 10 f.78 Ebd., S. 27 ff. 79 Ebd., S. 54 ff.··············································································································································

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Die Firmen in Chile und Hamburg

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Zur selben Zeit, als Friedrich in Nord- undMittelamerika unterwegs war, ergab sicheine wichtige Weichenstellung für seinenjüngeren Bruder Adolph: Am 6. April 1860wurde er „als Zwanzigjähriger Partner desValparaiso-Unternehmens“. Mit dem ge-nannten Tag war durch ein Zirkular be-kannt gemacht worden, dass ein seit dem 6.April 1847 gültiger „Societäts-Contract“ ab-gelaufen war, so dass an die Stelle des vor-maligen Handelshauses Hünicken, Bahr &Co. nunmehr die Firma Vorwerk & Co.trat. Der Teilhaber Bahr zog sich aus demGeschäft zurück, sein Nachfolger wurde ge-wissermaßen Gustav Adolph Vorwerk.80

Zwischen der Hüni(c)ken-Firma – JuliusHüniken (1824–1891) war ein Schwager vonFriedrich und Adolph – und der Vorwerk-Firma in Hamburg bestanden seit 1847 engeVerbindungen, wobei letztere stets eine ver-traglich geregelte Vorrangstellung besaß. Bis1860 und auch darüber hinaus bedeutetedies, dass der Vater Georg Friedrich letztlichimmer die Fäden in der Hand behielt.···································································Adolph, das ist nachzutragen, machte nachdem Verlassen der Schule eine knapp drei-jährige Lehre in der Hamburger Firma C. A.Wulff & Baasch. Anschließend „nahmGeorg Friedrich Vorwerk seinen zweitenSohn zu sich in die Firma, um ihn systema-tisch auf das Valparaiso-Unternehmen vor-

zubereiten“. Ein Jahr lang, von Frühjahr1859 bis Frühjahr 1860, war Adolph in derväterlichen Firma Commis, und währenddieser Zeit begleitete er Hüniken verschie-dentlich auf Geschäftsreisen. Mitte Mai 1861reiste er dann nach Valparaíso.81

···································································Was hier zur Entwicklung der Firmen inChile, verbunden damit zum Leben Adolphsin wenigen Sätzen zusammengefasst ist, ge-staltete sich in den Jahren 1847 bis 1861 rea-liter sehr viel verwickelter. Vor allem in demBuch „Zwischen Hamburg und Chile“ vonRenate Hauschild-Thiessen kann im Detailnachgelesen werden, welche Hauptperso-nen neben Adolph Vorwerk – bzw. nebenGeorg Friedrich – und Julius Hüniken anden Geschäften in Valparaíso beteiligt wa-ren. Der Name der Firma Hünicken, Bahr& Co. hatte vor 1860 mehrfach gewechselt;aus Otto Uhde & Hünicken war Uhde, Hü-nicken & Bahr sowie schließlich HünickenBahr & Co. geworden.82 Je nachdem, wer indie Firma hauptverantwortlich eintrat oderoder sie später verließ, änderte sich die Fir-menbezeichnung. Für die Mehrzahl der Be-teiligten ist es charakteristisch, dass sie, vorallem herbeigeführt durch Eheschließun-gen, miteinander verwandt waren, so dasssich ein enges Netzwerk bildete, in dem Be-rufliches und Familiäres zu einer Einheitverschmolz.83 Die Verbindung aus Kauf-

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mannsberuf und Familie, die für viele Bür-gerfamilien in Hamburg offensichtlich eineArt Conditio sine qua non war, schuf jeneVertrautheit und Verlässlichkeit, die ein er-folgreiches Vorankommen sowohl in derFührung der Geschäfte als auch in der Füh-rung der Familien sicherten.···································································Es würde zu weit führen, die Biografien derHauptbeteiligten und ihre verwandtschaft-lichen Beziehungen untereinander hier imEinzelnen zu kennzeichnen. Erwähnt seilediglich, dass neben Friedrich und Adolphfür längere Zeit noch ein dritter Bruder eineRolle spielte, nämlich der am 4. März 1845in Hamburg geborene Wilhelm. Nach drei-jähriger Lehre bei Hochgreve & Vorwerkging er nach England, wo er im November1864 mit seinem Bruder Adolph zusammen-traf. Letzterer schrieb Ende Juli 1865 seinemGeschäftspartner Wilhelm Lehmann – seit1870 verheiratet mit Alida, einer Halb-schwester von Hermann Franz MatthiasMutzenbecher84 – nach Valparaíso einenBrief, worin er mitteilte, sein Bruder Wil-helm sei „ein sehr eifriger, tüchtiger, lebhaf-ter und liebenswürdiger Mensch“, der,nachdem er für anderthalb Jahre in London„als Volontair und später als Commis“ tätiggewesen sei, nun sehr gern nach Valparaísozu gehen wünsche. „[M]ein Vater bittet Siedaher, ihm Ihre Meinung mitzutheilen, ober Ihnen willkommen sein wird, und Sie esvon Nutzen halten, daß er etwa ein Jahr sichdort umsieht und vor allem arbeitet.“85 Wil-helm Lehmann (1830–1887), seit 1859 zwei-ter Prokurist in der Firma Hünicken, Bahr& Co., ein Jahr später Prokurist der Nach-folgefirma Vorwerk & Co. und seit dem 6. April 1865 ebendort Teilhaber, war in Val-paraíso neben einem weiteren Teilhaber dermaßgebende Geschäftsführer; in bemer-

kenswert höflicher Form wurde bei ihm an-gefragt, ob er mit dem Kommen WilhelmVorwerks einverstanden wäre. Letzterergelangte dann allerdings erst nach dem Todedes Vaters Georg Friedrich (1867) nachChile, nachdem er zuvor in der HamburgerFirma Vorwerk Gebr. & Co. – der Nachfol-gefirma von Hochgreve & Vorwerk – nebenseinem älteren Bruder Friedrich (und einemDritten) Teilhaber geworden war.86

···································································Die Veränderungen, die sich mit dem TodGeorg Friedrichs in der Geschäftsleitung derFirmen ergaben, können an dieser Stelle et-was näher beschrieben werden. Dabei ist eswichtig, im Blick zu behalten, dass dieHamburger Firma Hochgreve & Vorwerkim Jahre 1867 in Vorwerk Gebr. & Co. um-benannt wurde – einer Vereinbarung ent-sprechend wurde mit dem Tod Georg Fried-richs der Name Hochgreve gelöscht –,während die Firma Hünicken, Bahr & Co.bereits 1860 in Vorwerk & Co. umbenannt

Wilhelm Vorwerk (1845‒1916)

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Friedrich Vorwerk

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Adolph Vorwerk

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worden war; die Firmen Vorwerk Gebr. &Co. (Hamburg) und Vorwerk & Co. (Val-paraíso) sind von ihren Namen her leicht zuverwechseln.···································································Am 3. November 1860 war von Georg Fried-rich in einer Verfügung festgelegt worden,auf welche Weise und in welchem Sinne dieGeschäfte von den Söhnen Friedrich undAdolph fortgeführt werden sollten. Die bei-den erhielten als „Mitgift“, die der Vater we-nige Monate zuvor in Höhe von 50.000Peso in das Valparaíso-Unternehmen einge-schossen hatte, jeweils einen Betrag von24.000 Peso; 48.000 Peso entsprachen ei-nem Wert von 120.000 Bancomark. 2.000Peso blieben Eigentum von Georg Friedrich.Der Sohn Friedrich war seit dem 1. Januar1860 mit 10 Prozent am Gewinn und Verlustder Hamburger Firma beteiligt, wofür seinVater von ihm „die größte Sorgfalt und un-ermüdeten Eifer zu Gunsten des hiesigenHandlungs-Geschäftes“ erwartete. WeitereRegelungen betrafen das Geschäft in Valpa-raíso. Am Schluss der Vereinbarung heißt es,beide Söhne erklären „durch ihre Unter-schrift ihre vollkommene Zufriedenheit unddankbare Annahme dieser Verfügungen undsehen die Zahlungen als empfangen an. Siewerden ihre sämtlichen Privatausgaben seitAnfang des Jahres (1860) selbst tragen undsich auch ferner einer vernünftigen Oeko-nomie befleißigen. Sie werden, was die El-tern zur Bedingung machen, stets in brüder-licher Liebe und Eintracht leben“.87

···································································Vor allem der letzte Satz kann für das Ver-hältnis der Brüder zueinander von weitrei-chender Bedeutung gewesen sein. Wieweiter freilich bindend und verpflichtend in diePraxis ihres Lebensalltags hineingewirkt hat,wieweit die Brüder sich an das, was ihr Va-

ter zur Bedingung gemacht hatte, jederzeitund auf Dauer gehalten haben, ist nichtfestzustellen. Zweifellos ist es in den Jahr-zehnten bis 1919 – dem Jahr, in dem Adolphstarb – zu manchen Meinungsverschieden-heiten, Spannungen und Konflikten ge-kommen, doch möglicherweise haben dieBrüder es immer verstanden, bei allen auf-tauchenden Schwierigkeiten Kompromissezu schließen, einvernehmliche Lösungen zufinden, die Basis einer grundsätzlichenÜbereinstimmung und Verständigung nichternsthaft zu gefährden. Der harmonische„Gleichklang“, den es vielleicht zwischenden Brüdern zeitlebens gegeben hat, deutetsich, wenn man will, nicht allein darin an,dass sie fast zu gleicher Zeit geboren wur-den, sondern auch darin, dass sie fast zu glei-cher Zeit starben.88

···································································Im Jahre 1864 erhielt Friedrich außerdemvon seinem Vater eine weitere „Mitgift“ inHöhe von 40.000 Bancomark – ein Um-stand, der sich durch veränderte Gewinnbe-teiligungen für Adolph nicht unmittelbarnachteilig auswirkte, der aber doch, wieHauschild-Thiessen schreibt, als unverkenn-bare Bevorzugung Friedrichs angesehen wer-den kann. Da er der Ältere war und die Ham-burger Stammfirma leiten sollte, da es außer-dem notwendig wurde, ein neues Stadthausmit Platz für ein erweitertes Kontor zu erwer-ben, gab es offensichtlich hinreichendeGründe für die Förderung durch den Vater.Friedrich kaufte 1866 für 99.300 Bancomarkdas Haus Neuer Jungfernstieg 9, ein Ge-bäude, das heute Bestandteil des Hotels „VierJahreszeiten“ ist. Hier war auch das Kontoruntergebracht; der Vater Georg Friedrich warzu gleicher Zeit, wie schon erwähnt, in dasHaus Alsterglacis 8 umgezogen.89

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Adolph war 1861 nach Chile in eine Ha-fenstadt gereist, die sich seit der Gründungder Vorwerk-Firma 1847 enorm veränderthatte; Valparaíso hatte sich von einem unat-traktiven Hafen zu einer für damalige Ver-hältnisse modernen Metropole entwickelt.Der Anteil der deutschen Bevölkerung wargroß. Adolph lernte die Familie Osthauskennen, deren Mittelpunkt die aus Ham-burg stammende Luise (1819–1915) bildete,eine Tochter des Hauptpastors Justus Wolffan St. Katharinen. Luise sei ohne Zweifel„die Nummer eins“ unter den deutschenDamen der Stadt, schrieb ein nahestehenderBekannter und späterer Verwandter, der sichvorübergehend in Valparaíso aufhielt. Siehatte neun Kinder; eine dritte Tochter, Car-lota, geboren am 25. Februar 1851, wurde am

7. Dezember 1869 die Ehefrau von AdolphVorwerk.90

···································································Was das Heiraten angeht, waren Friedrichund Adolph nicht ganz im Gleichschritt ge-blieben; Friedrich hatte bereits am 24. Au-gust 1864 im niedersächsischen AhldenOttilie Amalie Josepha91 Klée geheiratet, dieam 13. Februar 1845 geborene Tochter desOberamtsrichters Otto August WilhelmKlée (1802–1865) und seiner Ehefrau Mari-anne Emilie Biancone (1805–1882) aus Ham-burg. Sowohl Friedrich als auch Adolphgründeten – ähnlich wie ihr Vater, wennauch etwas bescheidener – eine vielköpfigeFamilie, deren Verzweigungen bis in dieGegenwart hineinreichen. Josepha brachteacht, Carlota sechs Kinder zur Welt.

Valparaíso, Haus auf dem Cerro Alegre, wo Adolph Vorwerk – im Bild oben auf der Treppe – von 1868 bis 1870 wohnte

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mittlerposition. „Gegenüber seinem immeretwas skeptischen Vater mußte er die Inter-essen des Valparaiso-Hauses vertreten; wäh-rend er gleichzeitig vor seinen Partnern inChile den Standpunkt des Vaters zu erklä-ren und häufig auch zu rechtfertigen sichbemühte.“93 Nach dem Tod Georg Fried-richs und dem Ausscheiden Wilhelm Leh-manns sowie eines weiteren chilenischenTeilhabers wirkte Adolph darauf hin, dassseiner ungünstigen Zwischenstellung einEnde gemacht wurde; er wollte entwederdas Unternehmen in Valparaíso „selbständigund unabhängig fortführen oder gleichbe-rechtigt neben seinen Brüdern die Hambur-ger Stammfirma mitleiten“. Man entschiedsich für die zweite Möglichkeit, so dass

···································································Wenige Monate nach seiner Heirat, imApril 1870, trat Adolph mit Carlota zusam-men von Valparaíso aus die Rückreise nachHamburg an. Wie Elisabeth Hoehne be-richtet, war die dreiwöchige Schiffsreise, dieum die Südspitze Südamerikas herumführ-te, für Carlota eine Tortur: „Sie war drei Wo-chen lang seekrank, vertrug die Reise über-haupt nicht. Deshalb ist sie nie wiederzurück nach Chile gefahren, obwohl Chilein ihren Erzählungen immer das Paradieswar.“92

···································································Zu Lebzeiten seines Vaters befand Adolphsich zwischen den Firmen in Chile undHamburg oftmals in einer schwierigen Ver-

Carlota Vorwerk, geb. Osthaus (1851‒1940), in Valparaíso (um 1869)

Adolph Vorwerk in Valparaíso (um 1869)

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Adolph am 5. April 1875 „als aktiver und mitseinem ganzen Vermögen verantwortlicherAssocié in die Firma Vorwerk Gebr. & Co.in Hamburg“ eintrat. ···································································Ende 1888 schied Wilhelm Vorwerk imAlter von 43 Jahren aus der Firma seinerBrüder aus. Da er, wie Elisabeth Hoehne er-klärt, an Melancholie litt, sah er sich nichtin der Lage, die Geschäfte mit der erforder-lichen Konsequenz dauerhaft fortzuführen.Die Brüder legten ihm nahe, er könnte nichtin Hamburg leben, ohne zu arbeiten. So zoger sich, nicht zuletzt durch Aktienanteileverschiedenster Unternehmen abgesichert,mit seiner Familie nach Wiesbaden zurück. ···································································Um eine Vorstellung von den Vermögens-verhältnissen der Hamburger Vorwerk-Fir-ma zu gewinnen, sei wiederum Renate Hau-schild-Thiessen zitiert: „Durch die Auszah-lung an Wilhelm Vorwerk verringerte sichdas Firmenkapital von 14.324.871 Mark imJahre 1888 auf 12.506.999 Mark im Jahre1889. Die Fortsetzung der Geschäfte wurdedadurch offensichtlich nicht beeinträch-tigt.“94 Zusammenfassend ist festzuhalten,dass vom 1. Januar 1889 bis zu den Jahren1919 bzw. 1921, also bis zum Tod von Adolphund Friedrich, die Leitung der Firma Vor-werk Gebr. & Co. in Händen der beidenBrüder lag.95

···································································Über das Spektrum der Geschäfte, die vonden Vorwerk-Firmen zu Zeiten einmal desVaters Georg Friedrich, dann der BrüderFriedrich und Adolph (sowie Wilhelm) ge-tätigt wurden, kann hier nur ein sehr lü-ckenhaftes Bild gezeichnet werden. Es dürf-te nicht übermäßig sinnvoll sein, die vielenkaufmännischen Details zu rekapitulieren,die Hauschild-Thiessen in ihrer Geschichte

der Vorwerk-Firmen ausbreitet. Wer Ge-naueres wissen will, muss allemal zu ihrerAusarbeitung greifen.···································································Es war schon angedeutet worden, dass Ge-org Friedrich anfangs vorwiegend mit Tex-tilwaren, genauer: in erster Linie mit Leinenhandelte; Leinen war um 1840 in Hamburgder wichtigste Industrie-Artikel für dendeutschen Export.96 Mit der Ausweitung desHandels – der keineswegs nur auf den Lei-nenhandel und keineswegs nur auf die Dé-pendance Valparaíso beschränkt war – gingGeorg Friedrich allmählich auch zur Eigen-finanzierung seiner Warentransaktionenüber. Durch den Einstieg ins Reedereige-schäft entwickelte er sich zum MerchantBanker:97 „Es war die Kombination vonHandel, Schiffahrt und Bank, die Vereini-

Josepha Vorwerk, geb. Klée (1845‒1932)

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gung dieser uralten und daher als klassischzu bezeichnenden Zweige kommerziellerBetätigung, die […] von einer Reihe vonenglischen und hanseatischen Kaufleuten zugroßer Blüte geführt wurde, ehe diese dreiZweige sich trennten und jeder seiner eige-nen Spezialisierung zustrebte.“98 Zu dem1847 angeschafften Segelschiff „Christiane“– im selben Jahr war die Hamburg-Ame-rikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft(HAPAG) gegründet worden – kam dreiJahre später ein zweites Schiff hinzu, dieBrigg „Las tres Hermanas“, 90 CL groß;dieses Schiff wurde 1852 bereits wieder ver-kauft. Stattdessen kam das mit 110 CL grö-ßere Schiff „Andador“ für einige Jahre ander Westküste Südamerikas zum Einsatz.(Für den Warentransport benutzte man zudieser Zeit weiterhin Segelschiffe, währendansonsten zunehmend Dampfschiffe denSeeverkehr dominierten.99)···································································Neben den Schiffen, die im Besitz der Vor-werks waren, konnte auch auf Schiffe ehe-maliger Partner zurückgegriffen werden.Dies war günstig und notwendig, da derHandel insbesondere zwischen Südamerikaund Hamburg sich stetig ausweitete. DerHandel bestand, das galt bereits für die frü-hen Aktivitäten Georg Friedrichs, zu we-sentlichen Teilen aus Kommissionsgeschäf-ten; so wurden immer wieder zahlreicheWaren nicht auf eigene Rechnung der Vor-werk-Firmen, sondern im Auftrag andererFirmen über die Weltmeere transportiert.Im Kupferhandel verfolgte Georg Friedrichehrgeizige Pläne, die er aber nur teilweiserealisieren konnte. Neben Chile, das um1865 der größte Kupfer-Produzent der Weltwar, entstand vor allem aus Nordamerikawachsende Konkurrenz, außerdem er-schwerten konkurrierende Firmen in Chile

die Geschäfte. Nach 1870 stieg jedoch inDeutschland mit dem Ausbau vor allem derElektroindustrie der Bedarf an Kupfer, sodass der Handel damit Gewinn brachte,allerdings immer wieder schwankend. Mitdem Handel von Kupfererzen verband sichderjenige mit Silbererzen.···································································Für Chile wichtiger noch als der Exportvon Metallrohstoffen war der Export vonSalpeter, der nach 1883 aus großen Lager-stätten in der nordchilenischen Atacama-Wüste gewonnen wurde. Kamen 1884 noch238.000 Tonnen Salpeter zur Verschiffungnach Hamburg, waren es 1911 über 700.000Tonnen. An diesem Handel war Vorwerk &Co. in Chile als führendes Haus beteiligt.Die chilenische Regierung übertrug derFirma in Konsignation (Kommission) „diegesamten Verschiffungen nach Europa – imganzen 81 Ladungen, die in den Jahren 1880bis 1881 ohne Beanstandungen abgewickelwurden, was angesichts der damaligen Ver-hältnisse gar nicht so einfach war“. Salpeterwurde für die Herstellung von Schießpulverund Sprengmitteln, vor allem seit Justus v.Liebig (1803–1873) für die Mineraldüngungin der Landwirtschaft gebraucht.100

···································································Ein Fazit aus den Jahren 1901/03 dürfte imganzen auch für die Jahrzehnte zuvor unddie Jahre danach gegolten haben: die Vor-werk-Firmen handelten „mit sämtlichenArtikeln“, sei es mit Packpapier, Kronenkor-ken, Siegellack, sei es sogar mit Kanarienvö-geln. Letztere „wurden im Harz gezüchtet(,Harzer Roller‘) und fanden Liebhaber inaller Welt. Ihr Transport war allerdingsschwierig; sie seien ,sehr der Sterblichkeitausgesetzt‘, wie Adolph Vorwerk am 30. Ok-tober 1872 nach Valparaiso schrieb“. –Neben diesen Artikeln von eher marginaler

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Von links nach rechts: Die Brüder Friedrich, Wilhelm, Gustav und Adolph Vorwerk (um 1870) (Gustav Vorwerk, 1852‒1909, war Landwirt auf Gut Kastorf )

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Bedeutung wurden technische Erzeugnissewichtig: „Mühlen und Mahlscheiben, Bohr-stahl, Steinbrecher, diverse Maschinen undderen Ersatzteile und schließlich ganzeWerkausrüstungen.“101 Hieran anschlie-ßend und zeitlich vorgreifend muss erwähntwerden, dass neben dem eigentlichen Wa-rengeschäft über Vertretungen Gewinne er-zielt wurden: Als Vertreter von Krupp ge-lang es Vorwerk & Co., „mehrere Verträgeüber Lieferung von Feld- und Gebirgsge-schützen abzuschließen“. Im Anschluss da-ran kam es zu Kooperationen mit Kruppauch auf anderen Gebieten. Außerdemwurde die chilenische Armee, die in Regle-ment, Uniformierung und Ausrüstung nach1891 dem deutschen Vorbild folgte, im Auf-trag einer Berliner Firma mit Mauser-Ge-wehren beliefert.102 Aus heutiger Sicht magder Abschluss solcher Geschäfte bei vielenUnbehagen auslösen. Er zeigt aber das Ver-

trauen, welches die Firma damals in Chilegenoß.···································································Darüber hinaus kam es ab 1865 auch zueiner Zusammenarbeit mit der LondonerBank J. Henry Schröder & Co. sowie mitder Norddeutschen Bank. Im Jahre 1864hatte Friedrich Vorwerk in Hamburg zu denersten „Controllirenden Directoren“ derNeuen Sparcasse gehört, einem Institut, dasmit der Hamburger Sparcasse von 1827 inKonkurrenz trat, bis beide Sparkassen imJahr 1972 fusionierten.103 Vom Engagementder Vorwerks als Merchant Banker war be-reits die Rede im Zusammenhang mit denReedereigeschäften, die sie tätigten. ImBankgeschäft kam es zu sog. Meinungskäu-fen und -verkäufen sowie zu Eisenbahn-Finanzierungen, zu teilweise verlustreichenFinanzaktionen, auf die hier nicht eingegan-gen werden kann.104

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Die Bucht von Valparaíso (um 1910)

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···································································Ein Nachfolgeschiff der 1865 verkauften„Christiane“, das ebenfalls den Namen„Christiane“ trug, wurde 1873 verkauft; da-mit besaßen die Vorwerks kein eigenesSchiff mehr. Sie blieben aber weiter im Ree-dereigeschäft engagiert, indem sie – ein fürdie Gesamtheit ihrer kaufmännischen Akti-vitäten wichtiger Vorgang – zu Mitbegrün-dern und Aktionären der „Dampfschiff-fahrts-Gesellschaft Kosmos“ und derenNachfolgerin „Deutsche Dampfschifffahrts-Gesellschaft Kosmos“ wurden. Die Erst-gründung erfolgte, in Absprache mit ande-ren Geschäftspartnern, am 10. Mai 1872,und zwar mit einer Kapitalausstattung von800.000 Reichstalern (2.4000.000 Mark).„Vorwerk Gebr. & Co. und Adolph Vor-werk zeichneten je 100.000 Reichstaler, alsoein Viertel der Gesamtsumme.“ Die Ausrüs-tung der Dampfer, die auf englischen Werf-ten gebaut wurden, „entsprach dem neues-ten Stand der Technik“. Zweiter Vorsitzenderdes Verwaltungsrates war Adolph Vor-werk.105

···································································Nachdem sich die Kapitalbasis der zuerstgegründeten Gesellschaft als zu schmal er-wiesen hatte, wurde ein halbes Jahr später,am 28. November 1872, die Folgegesellschaftgegründet, nunmehr in Form einer moder-nen Aktien-Gesellschaft. Doch auch dieseszweite Unternehmen wollte nicht florieren;dass es nicht zur Liquidation kam, war, soHauschild-Thiessen, „in nicht unerhebli-chem Maße Adolph Vorwerk zu verdan-ken“. – Die Geschichte der Kosmos-Liniekann hier nicht im Einzelnen rekapituliertwerden. Sie wendete sich zum Besseren, alsdie Zahl der einzusetzenden Schiffe vor al-lem in den 1880er Jahren vergrößert werdenkonnte. Die Dampfer, ausgerüstet für den

Personen- und Frachtverkehr, konnten be-reits um 1880 in vierzehntägigem Rhythmusabfahren, wobei die Pünktlichkeit gelobtwurde. Nach der Fusion mit einer anderenSchifffahrtslinie expandierte der Linienbe-trieb weiter, hatte aber auch mit wachsenderKonkurrenz zu kämpfen, so dass die Kos-mos-Linie 1901 eine Betriebsgemeinschaftmit der HAPAG einging. Damit gewannAlbert Ballin, „der allmächtige Generaldi-rektor der HAPAG“, bald beherrschendenEinfluss auf die Kosmos-Linie.106

···································································An dieser Stelle sei der Hinweis eingescho-ben, dass nach und nach vier Enkelsöhnevon Georg Friedrich als Juniorpartner in dieVorwerk-Firmen eintraten, und zwar:— 1893 Oscar Vorwerk (1865–1933), Sohnvon Friedrich;— 1900 Walter Vorwerk (1873–1933), Sohnvon Adolph;— 1904 Carl Vorwerk (1875–1949), Sohnvon Adolph;— 1909 Edgar Vorwerk (1874–1949), Sohnvon Friedrich.···································································In Verbindung damit kann auch ein kurzerBlick auf die Vermögensverhältnisse der Fir-men geworfen werden. Im Jahr 1907 er-reichte das Vermögen mit 23.401.707 Markeinen Höhepunkt. „1913 belief es sich auf10.621.938 Mark. Das Mittel in den Jahren1898 bis 1913 einschließlich lag bei 9.097.350Mark.“ Unter den Hamburger Firmen stan-den die Vorwerks demnach mit ihrem Ver-mögen an fünfter Stelle.107

···································································Im Aufsichtsrat der Kosmos-Linie hatte seitlängerem Adolph Vorwerk den Vorsitz inne;neben ihm gehörte Ballin dem Gremiuman. Als die Linie mit dem schweren Erdbe-ben, das im August 1906 Valparaíso verwüs-

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Werbeplakat der Kosmos-Linie

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tete, in Schwierigkeiten geriet, wusste Bal-lin die Situation zu seinem Vorteil zu nut-zen und eine Revision im Aufsichtsratdurchzusetzen. In handschriftlichen Auf-zeichnungen erklärt Walter Vorwerk dazu:Ballin griff den „Gedanken auf, wonach denVerladern oder gar der Gesellschaft nicht da-mit gedient sei, daß einer der bedeutendstenVerlader (– wir –) auch den Vorsitzendendes Aufsichtsrats u. die Vertreter für dieganze Westküste Süd Amerikas stellte. DieEntgegnungen machten nicht viel Ein-druck, u. mein Vater trat vom Aufsichtsratzurück. Ballin wurde zum Vorsitzenden ge-wählt, u. mein Bruder Carl trat in den Auf-sichtsrat ein.“108 Allenfalls in der verhaltenbitteren Formulierung „Die Entgegnungenmachten nicht viel Eindruck“ klingt an, dasses sich hier um einen dramatischen Wechselhandelte, der nicht nur den EinflussAdolphs, sondern auch die Wirkungsmög-lichkeiten der Kosmos-Linie beschnitt.Dennoch, so Hauschild-Thiessen, wurde inder Schifffahrts-Abteilung der Vorwerks gutverdient.109

···································································

Nur kurz und allgemein soll auf die Situa-tion der Firmen während des Ersten Welt-kriegs eingegangen werden. Ein Großteilder Hamburger Angestellten wurde Soldat,die Juniorchefs Oscar, Walter und EdgarVorwerk kamen zum Einsatz in der Etappe;Carl war wegen eines Ischiasleidens dienst-untauglich, wurde aber in einer Berlinerhalbstaatlichen Organisation zum Einkaufund zur Verteilung der bald knapper wer-denden Lebensmittel tätig. Im neutralenChile konnte England seinen Einfluss gel-tend machen, so dass die Geschäfte für dieDeutschen komplizierter wurden; jedochwusste die Firma Vorwerk und Co. sich trotzaller Probleme immer wieder zu helfen. BeiKriegsende war allerdings, wie Hauschild-Thiessen schreibt, das Geschäft „fast voll-ständig zum Erliegen gekommen, sowohl inHamburg als auch in Valparaiso; und es er-holte sich auch nach dem Waffenstillstandim November 1918 zunächst nicht“.110 DieBrüder Friedrich und Adolph Vorwerk star-ben 1921 und 1919; wie sehr ihr Leben sichdurch die Kriegsereignisse verdüsterte, istschwer zu ermessen.

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··············································································································································80 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 96 f.81 Ebd., S. 45 (statt „1869“ muss es bei den Angaben zu Adolph „1859“ heißen), 98.82 Vgl. im Überblick Vorwerk, Ambiente, S. 191. 83 Vgl. Schröder, Mutzenbecher, S. 10, 12.84 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 105. Von Lehmann heißt es ebd., er „verfügte über sehr guteVerbindungen in Hamburg. Er kannte sich aus; er wußte, wer mit wem verwandt war, was für die Anbahnungvon Geschäftsabschlüssen eine wesentliche Erleichterung bedeutete.“ – Dazu Schröder, Mutzenbecher.85 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 126.86 Ebd., S. 85, 96 f., 127.87 Ebd., S. 119.88 Vgl. ebd., S. 209. 89 Ebd., S. 119, 122.90 Ebd., S. 98 ff.91 Der Name Josepha wird in vielen Quellen auch mit „f“ geschrieben; im Folgenden bleibt es bei der „ph“-Schreibung.92 Vgl. Vorwerk, Ambiente, S. 143.93 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 134. Ebd. auch die folgenden Zitate. 94 Ebd., S. 135.95 Ebd., S. 13896 Ebd., S. 37.97 Ebd., S. 39.98 Vorwerk, Ambiente, S. 114. Vgl. Andresen, Stehpult, S. 142.99 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 41 f.100 Ebd., S. 171, 173.101 Ebd., S. 160 f. Vgl. Wasmuth, Dynastien, S. 212.102 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 162.103 Ebd., S. 142, 163. Dazu Albrecht, Sparen, S. 37. [Thöns], 175 Jahre, S. 23, 40. 104 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 167 f.105 Ebd., S. 188.106 Ebd., S. 190 ff., 197. Im Deutschen Geschlechterbuch 200, S. 674 wird Adolph Vorwerk fälschlicherweise als„Mitbegründer der HAPAG“ bezeichnet.107 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 143 ff.108 Staatsarchiv Hamburg, 622-1 ⁄510 Vorwerk, Ablage 25.7.88.109 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 200.110 Ebd., S. 204‒208. ··············································································································································

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Die Söhne von Friedrich Vorwerk (um 1900). Von links nach rechts, stehend: Augustus (1871‒1961), Edgar (1874‒1949), Arthur (1884‒1959); sitzend: Oscar (1865‒1933), Alfred (1869‒1949).

Zwischen ihnen das Foto mit den Söhnen des Großvaters Georg Friedrich Vorwerk

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Friedrich, Adolph und deren Ehefrauen in den Erinnerungen dreier Enkel

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Bevor zu den Lebensumständen und auchzu weiteren Merkmalen der beiden Brüdersowie zu ihren Ehefrauen Näheres gesagtwird, soll auf die Ehrenämter hingewiesenwerden, die Friedrich und Adolph ähnlichwie ihr Vater, wenn auch nicht mehr im sel-ben Umfang, übernommen hatten. Wie-derum können Angaben dazu der Studievon Hauschild-Thiessen entnommen wer-den: „Friedrich Vorwerk wurde 1867 in diePolizeiwachen-Deputation gewählt; 1882wurde er Steuerschätzungsbürger; von 1886bis 1891 war er Kirchenvorsteher von St. Pet-ri. Adolph Vorwerk wurde 1877 Mitgliedder Handelskammer und wirkte von 1877bis 1884 als Finanzdeputierter.“ Außerdemgehörte Friedrich „zum Vorstand der vonseinem Vater ins Leben gerufenen Stiftun-gen: der Georg Friedrich Vorwerk-Stiftungund dem ‚Asyl Vorwerk‘. Adolph gründetemit 100.000 Mark 1901 die Dr. Adolph Vor-werk-Stiftung“, zur Erinnerung an seinenSohn Adolph, der 1900 im frühen Alter von29 Jahren gestorben war.111

···································································Erwähnt sei außerdem, dass sowohl Fried-rich als auch Adolph der exklusiven Gesell-schaft „Einigkeit“ angehörten. Dieser 1761gegründete Herrenclub, der – jedenfalls frü-her – in mancher Hinsicht Ähnlichkeit mitder noch heute bestehenden Gesellschaft„Harmonie“ aufweist, sieht seinen Sinn in

„einer freundschaftlichen Vereinigung vonMännern verschiedener Berufsstellung, de-nen daran liegt, nach des Tages Last undMühen in gemütlichem Zusammensein ei-nige Stunden angeregter Unterhaltung imKreise Gleichgesinnter zu verbringen“.112

Adolph war 1887 in die „Einigkeit“ aufge-nommen worden; seit dem 5. Dezember1904 war er Deputierter dieser Gesellschaft.Friedrich wurde im selben Club am 6. Ja-nuar 1902 Mitglied.113

···································································Dem bereits erwähnten kurzen Lebensab-riss, den Friedrich im August 1905 verfassthatte, ist nur mancherlei über seine Ge-schäfte und sein Lebensumfeld, nichts je-doch über ihn selbst zu entnehmen. Das be-deutet, von den spärlichen Andeutungenabgesehen, die im Vorangegangenen zurSprache kamen, ist über ihn persönlichbuchstäblich nichts weiter zu erfahren. Nurindirekt, durch seine Schilderungen zurAmerika-Reise – siehe Kapitel 4 –, fernerdurch Hinweise auf seine Wohnumgebung– dazu Näheres im Folgekapitel –, außer-dem durch Beschreibungen, die es zu seinerEhefrau Josepha gibt, können gewisse Auf-schlüsse gewonnen werden, die auf Friedrichzurückverweisen. Elisabeth Hoehne, die 1912geborene Enkeltochter von Adolph, kannsich in dem 2008 geführten Gespräch zu ih-rer Kindheit an ihren Großonkel Friedrich

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nicht erinnern, obwohl sie mit Sicherheitwiederholt bei ihm im Haus zu Besuch ge-wesen ist. Auch Jutta Bohlen, 1923 geborenund als Enkelin direkt von ihrem GroßvaterFriedrich abstammend, kann in einem Ge-spräch, das am 30. April 2008 zustande kam,keine näheren Auskünfte geben. Da Fried-rich bereits 1921 gestorben war, hätte sie nuraus Erzählungen etwas über ihn erfahrenkönnen. Sich an ihre Kindheit erinnernd,meint sie jedoch, es wurde wohl über denGroßvater Friedrich wenig gesprochen, dasein Tod, als sie selbst ihr Umfeld bewusstwahrzunehmen begann, schon verhältnismä-ßig weit in die Vergangenheit abgerückt war.···································································Jutta Bohlen hat aber noch Erinnerungenan ihre Großmutter Josepha, die bis 1932

lebte. Letztere war eine mittelgroße Dame,die sowohl streng als auch liebevoll war.„Wenn wir im Garten oder auf dem Spiel-platz zu sehr tobten, kam sie – damals gingsie mit dem Stock, und wenn sie etwas nichtmochte, stieß sie energisch mit dem Stockauf den Boden. Dieses Bild habe ich nochgenau vor Augen.“ Jutta – sie war die jüng-ste Enkeltochter – wurde von Josepha „Lütt-sche Kröt“ genannt, eine etwas herbe Kenn-zeichnung, die die Angeredete gar nichtlustig fand. Ende der zwanziger Jahre beglei-tete die Enkelin ihre Großmutter, wenn siedurch den großen Garten ihres Sommer-hauses zu einem Stall ging, um Hühner zufüttern. Josepha brauchte Bewegung undfrische Luft, bei ihren Gängen hatte sie stetseinen kleinen Hund dabei. Eine ihrer her-vorstechenden Eigenschaften war die Spar-samkeit. „Es wurden immer erst all die an-gestoßenen Obstsachen gegessen. Sparsam-keit war groß geschrieben. Obwohl alles imGrunde genommen da war. Aber man mussbedenken, sie hatte viele Kinder, die Fami-lie war groß.“ Manchmal ging Jutta zu ihrerGroßmutter und bat um Schokolade.„Dann hatte sie in ihrem Schreibtisch dieFeodora-Schokolade, und davon wurde einkleines Stück für mich abgebrochen. Ob sieselbst ein Stück aß, weiß ich gar nicht. Daserinnere ich nicht.“ Einem anderen Nach-fahren Josephas, dem Urenkel G. VolkertVorwerk (geb. 1942), ist ein Ausspruch sei-ner Urgroßmutter im Gedächtnis, dessenPointe sich wiederum erschließt, wenn manbedenkt, dass „alles im Grunde genommenda war“; nach Hamburger Art das „sp“ mits-pitzer Zunge aussprechend, hatte Josephagesagt: „Ich spar und spar, und Friedrichgibt das Geld mit beiden Händen aus!“114

···································································Sehr viel deutlichere Bilder können von

Josepha Vorwerk, geb. Klée (um 1905)

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Friedrich (stehend, zweitervon links) und Adolph

(sitzend, fünfter von rechts)in der Gesellschaft „Einigkeit“ (1906)

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Adolph und seiner Frau Carlota gezeichnetwerden. Adolphs Enkelsohn G. Adolph, 1918geboren, beschreibt in seinem Buch „EinHamburger Ambiente“ seinen Großvater als„sehr dynamisch“, als einen Mann, der „schonin jungen Jahren erstaunlich viel Weitblickund Urteilsfähigkeit gehabt hat. […] Vondenjenigen, die ihn noch kannten, habe ichverschiedentlich gehört, daß er von aufrech-ter Haltung, sehr gutaussehend und liebens-würdig im Umgang war, dazu überlegt undbestimmt sich durchzusetzen verstand undüber eine für sich einnehmende Art der per-sönlichen Ausstrahlung verfügte. Auf Fotossieht er bedeutend und sympathisch zugleichaus.“ Ein etwas fernerstehender Verwandtererinnerte sich im Jahr 1942 an Adolph als an„einen besonders liebenswerten, klugen undsehr vornehmen alten Herrn“.115

···································································Die Gegenüberstellung von Strenge einer-seits und liebevoller Freundlichkeit oderGüte andererseits findet sich auch in denKennzeichnungen Elisabeth Hoehnes. Groß-vater Adolph „war sehr gütig und freundlichund liebenswürdig. Ich weiß noch, wie er zumeiner acht Jahre älteren Schwester sagte:‚Du bist ja so geschickt, kannst du mir bittemal eben ein Taschentuch holen?‘ Mit einerfreundlichen Bemerkung leitete er die Bitteein, aber in Wirklichkeit war es ein absolu-ter Befehl. Er war auch streng. Zum Beispieldurften wir zwar auf der Einfahrt zum‚Haupthaus‘ spielen. Wir waren viele Vet-tern und Cousinen und spielten oft Gesell-schaftsspiele. Mit der Hacke machten wirdann Striche auf die Erde. Die mussten im-mer weggewischt werden, bevor Großpapavom Kontor zurückkam. Er fuhr mit Pferdund Wagen in die Stadt und kam so auchzurück. Vor der Veranda durften wir über-haupt keine Striche machen.“

···································································Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wohntedie kleine Elisabeth eine Zeitlang bei ihrenGroßeltern im „Haupthaus“. „Da aßen wirauch mit ihnen zusammen. Sie mochten esdann überhaupt nicht, dass die Söhne mei-ner Tante Helene, meine Vettern, bei jedemgroßen Dampfer, der auf der Elbe vorüber-fuhr, vom Tisch aufstanden, nach draußenrannten und guckten, woher und wohin.“Zusammenfassend erklärt Elisabeth Hoeh-ne: „Der Großvater hielt sehr auf Ordnung,und selbstverständlich auf Respekt. Zu-gleich war er auch sehr liebevoll.“···································································Das Buch „Ein Hamburger Ambiente“widmete G. Adolph Vorwerk seiner Groß-mutter Carlota, die 1940 in Flottbek starb.Zunächst erklärt er – und dies zeugt von sei-ner großen Verehrung: „Die wichtigste Aus-sage, die ich von Großmama machen kann,ist, daß sie für uns alle, als letzte Besitzerindes gesamten Gartens, absolute Autoritätwar. Darüber hinaus aber habe ich sie austiefstem Herzen geliebt und mich ihr inebenso großer Loyalität verbunden gefühlt.“Weiter schreibt er: „Von Statur war Groß-mama eher klein, jedoch ohne daß es insAuge fiel, da sie sich sehr aufrecht hielt.Dazu war sie klug und eine so starke Persön-lichkeit, daß sie von innen heraus großwirkte oder Größe ausstrahlte. So kam es,daß sie für ganz Flottbek in erster Linie Res-pektsperson war, obwohl meiner Ansichtnach ihre Strenge nur als Schutzschilddiente, hinter dem sich ein liebevolles Herzverbarg“.116

···································································Die Strenge Carlota Vorwerks richtete sichnicht nur gegen andere, sondern auch gegendie eigene Person. Sie ging so weit, dass esheute manch einem Mühe bereiten mag,

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Adolph Vorwerk

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ihre Haltung zu verstehen. Es gibt einenAusspruch Carlotas, von dem G. Adolphmeint, er sei eine „für sie kennzeichnendeund noch heute oft kommentierte Bemer-kung“ gewesen: „Schlimm genug, daß wirGefühle haben – wir wollen sie doch nichtauch noch zeigen.“117 Offensichtlich hatteCarlota dies geäußert aus Anlass eines alssehr schmerzhaft empfundenen Todesfalls;trotzdem wirken die Versuche G. Adolphs,dieser bemerkenswerten Äußerung dieSchärfe zu nehmen, ein wenig bemüht.Selbstbeherrschung um jeden Preis ist frei-lich für viele aus der Generation CarlotaVorwerks ein unverbrüchliches Gesetz ge-wesen.···································································Elisabeth Hoehne leitet die Erinnerun-gen, die sie an ihre Großmutter hat, mitähnlichen Worten ein wie ihr Vetter G.Adolph: „Großmama war die Herrscherin.“Sie fährt dann fort: „Wir Kinder hattenimmer ein schlechtes Gewissen, weil wirFrüchte genascht hatten oder auf Beete ge-treten waren.“ Carlota duldete Nachlässig-keit noch weniger als Adolph: „Vielleichtverbot er mehr, aber sie war strenger. Ande-rerseits war sie aber auch wieder gütig. Ichbin als Kind sehr viel krank gewesen. Stän-dig kriegte ich Bronchialkatarrh und lag oftim Bett. Dann kam Großmutter. Erst ein-mal schalt sie: ‚Bist du schon wieder krank!Ich bin nie krank gewesen.‘ Danach setztesie sich hin und las mir vor. Sie kümmertesich sehr um alle.“ Die Kinder hatten beson-dere Pflichten: „Wenn Gäste da waren zumTee, wurden wir immer losgeschickt: ‚Pflücktmal eben einen Blumenstrauß für dieGäste!‘ Früher wuchsen die Blumen zumSchneiden im Gemüsegarten am großenWeg. Im Treibhaus hing ein Bündel Bast-fäden, mit denen wir die Blumen zusam-

menbinden konnten. Das fanden wir im-mer schrecklich langweilig. Jeden Sonntagfür die Gäste Sträuße binden! Das hat mirdie Freude am Blumenpflücken völlig ge-nommen.“···································································Die Familien Friedrichs und Adolphs mit-einander vergleichend, resümiert ElisabethHoehne: „Im ganzen waren die Friedrichsviel lebendiger; die [Adolphschen] Vorwerkswaren sehr steif und zurückhaltend. Fried-richs Kinder und Enkel waren irgendwiefrecher und offener, lebhafter als die lang-weiligen Kinder von Adolph.“118 Für dieFamilie im ganzen sei im Übrigen ein aus-geprägter Sinn für Humor, zuweilen mitspöttischem Unterton, kennzeichnend ge-wesen. Wenn etwa in größerer Runde einespaßige Bemerkung gemacht wurde, und je-mand hatte die Pointe nicht verstanden,wurde ihm gesagt: „Das ist ein VorwerkscherWitz, da mußt du lachen!“ ···································································Zum Tod von Adolph, der am 19. Juli 1919starb – zwei Jahre und vier Monate vor sei-nem Bruder –, erklärt Elisabeth Hoehne:„Ich war acht Jahre alt, als er starb. Undmein Vater war schon dabei, etwas zu dich-ten, was wir dann aufführen sollten zu sei-nem achtzigsten Geburtstag. Da wurde er zueiner Autotour wohl in einem offenen Auto– Autos waren noch eine Seltenheit – einge-laden und fuhr mit. Bei dieser Fahrt hat ersich eine Erkältung mit Mandelentzündunggeholt; das ging aufs Herz, und er starb. Vorseinem Geburtstag. Zur Aufführung – wirsollten die Früchte des Gartens darstellen –kam es nicht mehr.“ Es ist aufschlussreich zulesen, dass der Vetter G. Adolph den Tod sei-nes Großvaters etwas anders beschreibt (wo-bei er wiederum der Erzählung eines ferner-stehendenVerwandten folgt): Der Groß-

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Carlota Vorwerk

vater wollte einen ihm wohlbekannten Herrn„mit der zweispännigen Victoria direkt vomSchiff im Hafen“ abholen. „Auf dieserFahrt, bei der das Wetter anfangs sonnigwarm war, dann aber zu eisigem Nebel um-schlug, habe er sich im offenen Wagen er-kältet, um kurz darauf, am 14. Juli 1919, aneiner Lungenentzündung zu sterben.“119

Wie man sieht, kann man Überlieferungenkeinen blinden Glauben schenken. ObAdolph am 14. oder am 19. Juli 1919 starb,wäre wohl zu klären,120 doch ob Mitte Julidas Wetter „zu eisigem Nebel“ umschlagenkonnte, erscheint recht sonderbar. Darüberhinaus bleibt ungewiss, ob Adolph in einerKutsche oder in einem Auto unterwegs war,und ob er an Herzversagen oder an einerLungenentzündung gestorben ist. –

···································································Die Umstände, die – laut Geschlechter-buch121 – am 27. November 1921 zum Todevon Friedrich Vorwerk führten, sind nichtbekannt. Immerhin ist aber die Anspracheüberliefert, die Pastor Ch. Chalybaeus am30. November 1921 während der Trauerfeierin der Kirche zu Nienstedten hielt. (Aufdem Friedhof Nienstedten sind u. a. GeorgFriedrich mit seinen Söhnen Friedrich undAdolph beigesetzt – wobei sich die Verbun-denheit der beiden Brüder gleichsam bisüber den Tod hinaus zeigt, indem ihre Grab-stätten nebeneinander liegen.122) Da Chaly-baeus ganz dem Gebot „de mortuis nil nisibene“ folgt, da seine Rede auch nicht frei ist von zeittypischem Pathos und Über-schwang, muss man seinen Ausführungengewiss mit Zurückhaltung begegnen. SeineCharakteristik ist aber geeignet, dieses Ka-pitel würdig abzuschließen: „Gemüt undCharakter, körperliche Gesundheit und Ver-standeskraft – alles war dem Entschlafenenin besonders hohem Maße geschenkt, alleswar bis in das hohe Alter hinein in solcherFrische in ihm lebendig, daß er bis zuletztunter euch stand wie ein blühender und zu-gleich mit reichen Früchten behangenerBaum. Die äußere Gesundheit hatte in denletzten Jahren zwar Schaden gelitten. Aberdie Zähigkeit seines Willens, die lange Ge-wöhnung, nicht an sich zu denken sondernganz dem Beruf und der Arbeit zu leben,überwand diese Schwachheit immer wieder.Vorbildlich steht er vor euch da in dieserArt. Was hat der Entschlafene durch seineWillenszähigkeit und durch diese Hingabean Arbeit und Beruf gearbeitet und geschaf-fen in seinem Leben! Wenn das Haus Vor-werk im Laufe der Jahrzehnte Weltruf er-langte und sich der allerweitesten Achtungerfreute, so war das sein und seines entschla-

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Friedrich Vorwerk

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··············································································································································111 Ebd., S. 139.112 Goverts, Mitgliederliste, S. 3. Vgl. Wasmuth, Dynastien, S. 92 ff. 113 Goverts, ebd., S. 111, 116.114 Auskunft von G. Volkert Vorwerk am 2. August 2008. 115 Vorwerk, Ambiente, S. 125 f., 128. 116 Ebd., S. 140.117 Ebd. Vgl. Jungclaussen, Risse, S. 158. 118 Vgl. Vorwerk, Ambiente, S. 195. 119 Ebd., S. 127 f. 120 Im Deutschen Geschlechterbuch 200, S. 674, ist angegeben, Adolph Vorwerk sei am 19. Juli 1919 in Altona-Klein Flottbek gestorben. 121 Siehe ebd., S. 656. 122 Dazu Näheres bei Johannsen, Wer sie waren, S. 244‒249. 123 Staatsarchiv Hamburg, 622-1 ⁄510 Vorwerk, Ablage 25.7.88.··············································································································································

fenen Bruders Lebenswerk. Er stand untereuch als ein lebendiges Beispiel dafür, daßTüchtigkeit und Charakter zusammenkom-men muß, wenn Ganzes und Dauerhaftesgeschaffen werden soll.“123

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„Villa Josepha“ und „Haupthaus“

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Dass Augustus Friedrich Vorwerk „Ganzesund Dauerhaftes geschaffen“ hat, lässt sichauch an den Bauwerken ablesen, die er zwarnicht selbst hat errichten lassen, für derenErhaltung er aber jahrzehntelang gesorgthat. Mit der „Villa Josepha“, die von 1883 bisetwa 1938 im Besitz Friedrichs und seinernächsten Angehörigen war – Josepha lebtebis Anfang 1932 –, hat es eine besondere Be-wandtnis. Auf die Bedeutung der Villa, dieeigentlich ein Sommer- und Landhaus war,soll hier näher eingegangen werden.···································································Die ersten Sommer nach seiner Verheira-tung 1864, so schreibt Friedrich in seinemLebensabriss, wohnte er – Näheres wirdnicht gesagt – „in einem Landhause an derElbe“.124 Auch die weiteren Angaben zu denSommersitzen bleiben summarisch – dochBruder Adolph liefert in seinem Buch mitdem Titel „Flottbek“ genaue Hinweise: „ImFrühjahr 1870 bezog mein Bruder Friedrichmit seiner Familie das Eichberg-Haus undwohnte dort vierzehn Sommer, bis er nachNienstedten übersiedelte, wo er sich am 10.Mai 1883 das ehemals Ludwig Lippert gehö-rige, vom Architekten Martin Haller er-baute schöne Landhaus mit großem Gartenfür M 220.000 gekauft hatte.“125 Das nörd-lich vom „Haupthaus“ gelegene Eichberg-Haus war 1857 in den Besitz von GeorgFriedrich Vorwerk gelangt.126 Zusammen

mit weiteren Häusern gehörte es zu demgroßen Anwesen der Vorwerks in Flottbek,mit dem „Haupthaus“ als Zentrum.···································································Friedrich bewohnte also von 1883 bis zuseinem Tode 1921 während der Sommermo-nate ein großes Haus in Nienstedten, undzwar an der Elbchaussee mit der heute gül-tigen Nummer 386. Danach blieb dieseswohl bereits seit 1883 als „Villa Josepha“ be-zeichnete Haus knapp weitere zwei Jahr-zehnte im Besitz der Friedrichschen Vor-werks, bis es verkauft wurde. Den Nachfah-ren der Vorwerks, etwa Elisabeth Hoehneund Jutta Bohlen, ist die „Villa Josepha“bestens im Gedächtnis – doch wer es erbauthatte, war in Vergessenheit geraten, obwohlAdolph Vorwerk in seinem – freilich erst1987 als Privatdruck herausgebrachten –Buch „Flottbek“ klipp und klar auf denArchitekten Martin Haller verweist. Aller-dings spricht Adolph nicht von der „VillaJosepha“; dieser kleine Umstand kann einGrund dafür sein, dass eine Überlieferungs-lücke entstand, mit der das Wissen um denErbauer der Villa verlorenging.···································································Die Überlieferungslücke kann zusätzlichdurch die Angaben von Paul Th. Hoffmannverursacht worden sein, den Autor des be-kannten, in vielen Auflagen erschienenenBuchs „Die Elbchaussee“. Hoffmann wid-

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Villa Josepha

met dem Hause „Elbchaussee 386“, das erimmerhin als „Villa Josepha“ identifiziert,nur einen kurzen Absatz, wobei er es aufeine Weise kritisiert, die, überaus typisch,einer förmlichen Stigmatisierung gleich-kommt: „Es handelt sich um eine geräu-mige, mit äußerem Zierart [sic] prunkende

Villa, die im Geschmack der damaligenJahre durch ihr leeres Pathos sich nicht ge-rade erfreulich von den schönen benachbar-ten Besitzungen abhebt.“127

···································································Hoffmanns Charakterisierung kann alsMusterbeispiel für die bis heute nachwir-

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kende, seit vielen Jahrzehnten verbreiteteGeringschätzung des Historismus gelten, ei-nes Kunst- und Baustils, der gerade die StadtHamburg in besonderem Maß geprägt hat.Das Hamburger Museum für Kunst undGewerbe hat sich besondere Verdienste da-rum erworben, die Eigenwertigkeit und Ei-genart dieses Stils wiederzuentdecken undanzuerkennen. Im Vorwort eines voluminö-sen Ausstellungskatalogs zur Kunst des His-torismus schreibt Axel von Saldern 1977:„Mit großem Engagement haben vieleHamburger Bürger in den letzten JahrenHausfassaden des 19. Jahrhunderts sorgsamrestaurieren lassen […]. Wer einst achtlosdurch manche Stadtviertel ging, bemerktjetzt, welche Vielfalt an Formen und Gestal-tungsmöglichkeiten jene Epoche hervor-brachte, die in vielen kunstwissenschaftli-chen Publikationen […] schlichtweg über-gangen wurde.“128 Vor wenigen Jahrenwurde auch die Villa Josepha innen und au-ßen vorzüglich restauriert, so dass man dieSchönheit des Baus, wenn man nicht Scheu-klappen trägt, uneingeschränkt bewundernkann.···································································Die Villa Josepha verdient im Übrigen be-sonderes Interesse, weil sie tatsächlich vonkeinem Geringeren als Martin Haller ent-worfen worden ist. Von ihm heißt es in ei-ner umfangreichen Dissertation über denBaumeister: „Kein Architekt vor Fritz Schu-macher hat das Bild Hamburgs so stark be-stimmt wie Martin Emil Ferdinand Haller(1835–1925).“129 Nicht nur hat er im Bundmit anderen Architekten das HamburgerRathaus entworfen und ausgeführt, nichtnur ist er zusammen mit Emil Meerwein derErbauer der Laeiszhalle (Musikhalle), son-dern durch die Vielzahl der Häuser, die erentwarf, prägte er das Hamburger Stadtbild

als Ganzes. „Binnen weniger Jahre wurde erzum erfolgreichsten Privatarchitekten derStadt.“130

···································································In seinen aus elf handgeschriebenen Bän-den bestehenden „Lebenserinnerungen“nennt Haller das genaue Entstehungsdatumdes zunächst für Ludwig Lippert entworfe-nen, später „Villa Josepha“ bezeichnetenHauses: Erbaut wurde es 1875. Mit der Er-richtung des Hauses verbindet sich einebesondere Geschichte, indem es zwischenLippert und Haller zu Streitigkeiten kam,die schließlich zu einem Gerichtsverfahrenführten, mit ungünstigem Ausgang für denArchitekten. Lippert wurde dadurch fürHaller zum schikanösesten, unangenehms-ten Bauherrn, dem er je begegnet war.131 –Friedrich Vorwerk erwarb 1883 ein Haus, daspraktisch als Neubau gelten konnte. Im Jahr1909 kaufte er das auf dem Nachbargrund-stück (Elbchaussee 388) stehende „Roosen-haus“ hinzu132 und vereinigte beide Arealezu einem großen Parkgelände. Zu dem gan-zen Anwesen gehörte außerdem ein kleine-res, direkt an der Straße gelegenes Haus, daswegen der davorstehenden Linden denNamen „Lindenhof“ trug. Zusätzlich gab esim Norden, an der heutigen Georg-Bonne-Straße, ein um 1900 erbautes (um 1958 ab-gerissenes) „Wirtschaftsgebäude“ mit Wohn-räumen für Kutscher und Gärtner im Ober-geschoss; im Erdgeschoss befanden sichPferdeställe und Remisen.133 Ferner befandsich an der Jürgensallee ein kleiner Wirt-schaftshof, „Palomas“ genannt, wo Vieh-zeug für den täglichen Bedarf gehaltenwurde, unter anderem eine Kuh mit demNamen „Esmeralda“.134 Jedenfalls verfügteFriedrich Vorwerk während der letztenzwölf Jahre seines Lebens über einen Besitz,der sich in seiner Opulenz von dem Besitz,

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Villa Josepha

welcher sich um das „Haupthaus“ herumgebildet hatte, durch nichts unterschied.···································································Bei alldem muss betont werden, dass dasMerkmal der Opulenz vor allem eine ästhe-tische Qualität aufweist; es geht weniger umdie Anzahl der Häuser auf den beiden Besit-zungen oder um die Größe der Parks, alsoum Quantitäten, als vielmehr darum, dassbeidemal im Zentrum der jeweiligen Um-gebung ein Repräsentationsbau von archi-tekturgeschichtlicher Relevanz steht. Ne-ben dem von Forsmann 1841/42 erbauten„Haupthaus“, das nach dem Tod der Mut-ter 1885 in den Besitz von Adolph über-ging,135 kann sich die ungefähr zu gleicherZeit von Friedrich erworbene „Villa Jose-pha“, auch wenn sie 35 Jahre später entstan-den ist und damit einer anderen, „neuen“Stilepoche angehört, unangefochten be-haupten. Beidemal sind die Häuser von

renommierten Architekten entworfen wor-den, von Baukünstlern, deren herausra-gende Bedeutung für Hamburg mittlerweileaußer Zweifel steht.···································································Der bereits mehrfach angesprochene„Gleichklang“, der zwischen den BrüdernFriedrich und Adolph bestand, spiegelt sichauch im Nebeneinander der Sommerhäuser,also im Nebeneinander von „Haupthaus“und „Villa Josepha“. „Gleichklang“ kanndabei ohne weiteres, ob unterschwellig oderoffen, auch „Konkurrenz“ bedeuten. Es istnicht ausgeschlossen, dass es zwischen denBrüdern bei aller Harmonie zugleich eineRivalität gab, die es beiden verbot, jeweilshinter dem anderen zurückzustehen. Diese„stille Rivalität“ könnte unter Umständen,bei aller Wohlerzogenheit, auch unter denKindern und Enkeln von Friedrich undAdolph wirksam geblieben sein. Die Mög-

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lichkeit der stillen Rivalität ist dabei durch-aus nichts Bemerkenswertes; in weitver-zweigten Familien gibt es bekanntlich im-mer Spannungen und Differenzen, auchwenn zugleich nach außen hin stets für ein„stimmiges Bild“ gesorgt wird.···································································Durch Vergleiche werden im Gleichge-lagerten Unterschiede sichtbar. ElisabethHoehne meint z. B., wie oben zitiert, dieVerwandten der Friedrich-Linie seien „le-bendiger“ gewesen als die „steifen“ Verwand-ten der Adolph-Linie. Zwischen „Haupt-haus“ und „Villa Josepha“ sieht sie „großeUnterschiede“: „Wir fanden immer, dass die‚Villa Josepha‘ längst nicht so schön lag [wiedas ‚Haupthaus‘]. Die hatten im Parterre jagar keinen Blick auf die Elbe.“ In der Tatkann man von der verhältnismäßig dicht ander Elbchaussee gelegenen „Villa Josepha“aus den Strom nur sehen, wenn man vom

ersten Stock des Hauses aus dem Fensterblickt. Das „Haupthaus“ liegt demgegen-über ein erhebliches Stück von der Chaus-see entfernt auf einer Anhöhe. – Davon ab-gesehen besaß aber die „Villa Josepha“ fürElisabeth Hoehne während ihrer Kindheitauch besondere Vorzüge: „Die hatten soeinen herrlichen Spielplatz. Eine Schaukel,wie ich sie nie wieder erlebt habe. Da gab eszwei Bäume, die weit auseinander standen,dazwischen ein Seil gespannt. In der Mittedes Seils hing eine Schaukel. Das Seil obenschwang mit, und so konnte man ganz weiteSchwünge schaukeln.“ Auch Jutta Bohlenhat den Garten und Spielplatz der „Villa Jo-sepha“ deutlich vor Augen: „Für uns war esder große Garten. Heutzutage würde mansagen, es war ein Park, weil es ein großes Ge-biet war. Der Rasen wurde mit der Sense ge-mäht, vom Gärtner. Zwei Gärtner gab es be-stimmt, wie ich es erinnere, dazu vielleicht

Das „Haupthaus“ in Klein-Flottbek, 1841‒1843 erbaut nach Plänen von Franz Gustav Forsmann (um 1880)

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Frauen, die im Sommer kamen, um Ge-müse zu ernten. Blumen wurden gepflücktim Garten, Obst und Gemüse war sehr vielda – was wir als Kinder reichlich genossenhaben. Außerdem gab es den Spielplatz, rie-sengroß. Da waren lauter Turngeräte aufge-stellt: Ringe, Schaukel, Reck, Barren, undein ganz langes dickes Tau, was oben von ei-

nem Querast von einer Linde herunterhing;zum Klettern. Dazu gab es ein kleines Pup-penhaus und eine riesengroße Sandkiste.Das hatte alles Großpapa schon angelegt fürseine Kinder. Wir haben dort mit den Jun-gen zusammen viel geturnt und gespielt. Imgroßen Garten mit den vielen Bäumen warVersteckspielen die Hauptsache.“

··············································································································································124 Vorwerk, Lebensabriss, S. 6.125 Vorwerk, Flottbek, S. 41. Friedrich Vorwerk schreibt im „Lebensabriss“, er habe „etwa 10 Sommer in dem,meiner Mutter gehörigen Landhause Eichberg in Flottbek“ gewohnt, „bis ich mir im Jahre 1883 das Gartenhausvon Lud. Lippert in Nienstedten kaufte.“ 126 Vgl. Vorwerk, Ambiente, S. 22 f. Dazu Vorwerk, Flottbek, S. 36. 127 Hoffmann, Elbchaussee, S. 189 f. 128 Saldern, Vorwort, S. XI. 129 Mühlfried, Baukunst, S. 7. 130 Hornbostel; Klemm, Haller, S. 8. 131 Staatsarchiv-Hamburg, 622-1 ⁄33 Familie Martin Haller, 49, Lebenserinnerungen [verfasst zwischen 1913und 1920], Band 2, S. 47, Anhang; Band 3, S. 33, 48. Dazu Behr, Epoque, S. 41. 132 Vorwerk, Ambiente, S. 21. Dazu: Gerhardt, Bau- und Kunstdenkmale, S. 216 ff., mit Abb. 218. 133 Der Heimatbote, S. 1, 12. Dazu das Gespräch mit Jutta Bohlen. 134 Auskünfte von G. Volkert Vorwerk. 135 Vorwerk, Flottbek, S. 44, 52. ··············································································································································

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Gustav Adolph als Bau- und Gartengestalter

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Nachdem im vorangegangenen haupt-sächlich von der „Villa Josepha“ und damitindirekt von Friedrich Vorwerk die Redewar, soll in diesem Kapitel etwas näher aufdas „Haupthaus“ und seine Umgebung ein-gegangen werden – und damit in einem di-rekten Sinn auf den jüngeren Bruder, dennAdolph hat mit seinen im Jahr 1916 abge-schlossenen, „Flottbek“ betitelten Aufzeich-nungen, die sein Urenkel Holger Termer1987 (wie schon erwähnt) als Privatdruckveröffentlicht hat, ein Zeugnis hinterlassen,das über einige seiner Haupteigenschaftenund -interessen detaillierten Aufschluss gibt.Es versteht sich, dass dabei wiederum, wieim Blick auf die kaufmännischen Aktivitä-ten, nur wenige Merkmale bzw. Projekte ge-kennzeichnet werden können; die näherenEinzelheiten sind in der „Flottbek“-Schriftzu finden.···································································Sieht man vom Geschäfts- und Berufsle-ben Adolphs ab, so galt seine ganze Liebeund Leidenschaft zum einen seiner Familie,zum anderen der Pflege sowie der Ausgestal-tung seiner Wohnumgebung mit Häusern,Parks und Gärten. Zu seiner großen Fami-lie sei hier nur soviel gesagt, dass es ein be-sonders schönes Foto aus dem Jahr 1916 gibtmit Carlota und Adolph Vorwerk in derMitte, umgeben von zwölf Enkelkindern.Unter dem Foto sind die Namen und Ge-

burtsdaten der Enkel handschriftlich mitSorgfalt angegeben; eigens hingewiesen seiauf die mit „8.“ bezeichnete Enkeltochter,die vier Jahre alte Elisabeth, später verheira-tet mit Hermann Hoehne. Direkt über Eli-sabeth sieht man den Großvater Adolph,mit einem Gesichtsausdruck „voll heitererGelassenheit“ – eine Miene, die sich vonderjenigen seines Vaters, der immer ernstund sorgenvoll blickte, deutlich unterschei-det.···································································Das „Haupthaus“, in dem Adolph seit 1886wohnte,136 war für die wachsende Familienach zehn Jahren zu klein geworden. Im Ab-schnitt „Vorwerks Garten seit 1885“ werdendie Gründe, die eine Erweiterung des Hau-ses notwendig machten, im Einzelnen be-nannt: Der Notwendigkeit, das Gebäude inseiner mittlerweile 55 Jahre alten Gestaltmöglichst unverändert zu bewahren, standu. a. der Wunsch gegenüber, den heran-wachsenden Kindern „mehr und geräumi-gere Schlaf- und Wohnzimmer“ zur Verfü-gung zu stellen. So entschloss Adolph sich1895 „zu einer ansehnlichen Erweiterung desHauses.“137 Diese Erweiterung verdient, wasdie architektonische Lösung angeht, beson-deres Lob, da sie überaus geschickt undüberzeugend bewerkstelligt worden ist. Aufder elbabgewandten Nordseite wurde dasHaus um viereinhalb Meter nach hinten,

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Adolph und Carlota Vorwerk im Flottbeker Garten im Kreise ihrer Enkel (1916)

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also nach Norden erweitert, und zwar nichtüber die volle Breite der Nordfront, sondernso, dass die Ost- und Westseite des Anbausknapp anderthalb Meter hinter die Fluchtender Seitenfronten vom Hauptbau zurück-springen. Diese „Einziehung“ fällt über-haupt nicht auf; in keiner Weise stört sie dasErscheinungsbild des Gesamtbaus. Sie istandererseits „markiert“, d. h. der Umbauwird nicht kaschiert; dem Eingeweihtenbleibt er ohne weiteres erkennbar.138

···································································Im Inneren wurden mit dem Erweiterungs-bau nicht nur zahlreiche Räume hinzuge-wonnen, es kam auch, neben der repräsen-tativen Treppe im Hauptbau, eine zweite,kleinere Treppe hinzu. Für die Enkelkinderentstand durch die Verschiedenartigkeit derTreppen ein besonderer Reiz, wie ElisabethHoehne sich erinnert: „Wir Kinder solltenimmer die Treppe hinten benutzen. Aberwenn niemand guckte, legten wir uns überdas breite Geländer der Vordertreppe undrutschten von oben bis unten hinunter. Daswar natürlich verboten.“···································································Der Umbau des Haupthauses war nur ei-ne von zahlreichen Baumaßnahmen, dieAdolph ergriff. Welche Häuser – neben demerwähnten Eichberg-Haus – zum großenFlottbeker Anwesen gehörten, wer sie be-wohnte, was mit den Bauten jeweils ge-schah, was hinzugekauft, abgerissen undneu erbaut wurde, kann hier nicht erläutertwerden. Adolph gehörte offensichtlich zuden Menschen, denen es ein elementaresBedürfnis ist, ihre Umgebung durch ständi-ges Planen und Organisieren umzugestal-ten, d. h. zu erweitern und nach eigenen Be-dürfnissen zu verschönern; ein Stillehaltengab es nicht. Voraussetzung für eine solcheForm der Selbstentfaltung sind große Ver-

mögensreserven. Adolph war sich des Geld-werts seiner vielen Bauvorhaben wohl be-wusst; in dieser Hinsicht blieb er immerKaufmann. Im „Flottbek“-Buch ist es auf-schlussreich zu lesen, wie zu allen Unterneh-mungen stets die Kosten angegeben werden.So heißt es zur Erweiterung des „Haupthau-ses“: „Der Kontrakt vom 28. September 1895mit dem Bauunternehmer Ferd. Müller be-lief sich auf M 34.500, verschiedene Ände-rungen und Extra-Arbeiten auf M 8.750,das Architekten-Honorar und Gratifikatio-nen auf M 3.000, die Malerarbeiten, Öfen,Badeeinrichtung u. a. m. auf M 5.600, sodaß der Gesamtan- und umbau mich M51.850 kostete.“139

···································································Nicht nur die fortgesetzte Bauplanungund -gestaltung lag Adolph besonders amHerzen, mindestens ebenso wichtig war ihmalles das, was man zusammenfassend den„Umgang mit Landschaft und Pflanzen“nennen kann, also als den Umgang mit demPark, den Gärten, den Gewächshäusern undden Blumen-, Obst- und Gemüsesorten, diedort gezüchtet wurden. Was das Parkge-lände angeht, so erklärt Elisabeth Hoehne,der Urgroßvater Georg Friedrich habe sei-nerzeit einen nicht sehr fruchtbaren Ackergekauft, „aber Gras wächst überall“.140 Da-raus hätten er und sein Sohn Adolph einenschönen Park gemacht, und nicht nur das,letzterer „hatte auch einen großen Gemüse-garten“.···································································Von kaum zu überschätzender Bedeutungfür den Park südlich vom „Haupthaus“ war– wie in Kapitel 2 schon angedeutet – derfreie Blick auf die Elbe. Wenn das „Haupt-haus“ bis heute ein räumlich-symbolischesZentrum der Familie Vorwerk bildet, so ge-hört zu diesem Symbolgehalt unverzichtbar

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Bauzeichnungen für den Anbau des „Haupthauses“ (1895)

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der ungehinderte Blick auf die Elbe. Dasweitläufige Grundstück um das „Haupt-haus“ herum mag inzwischen durch Teilver-käufe um einiges kleiner geworden sein,doch nach wie vor bleibt am unteren Endedes abfallenden, spitz zulaufenden Parkge-ländes in der Ferne, unterhalb des Hori-zonts, der freie Ausblick auf die Elbe erhal-ten. Im „Flottbek“-Buch ist an verschiede-nen Stellen nachzulesen, wie sehr daraufgeachtet wurde, dass dieser freie Ausblicknicht verloren ging.141

···································································Die Verbundenheit mit dem Elbstrom äu-ßerte sich dabei nicht nur in ästhetischenoder sentimentalen Ansprüchen, sie hattevielmehr durchaus einen praktisch-realenHintergrund: Über die Elbe waren die Vor-werks nach Osten hin mit dem ZentrumHamburgs, also mit der Firmenzentrale ver-bunden, und nach Westen hin mit der wei-ten Welt, wo sie ihre Geschäfte tätigten.„Wenn jemand geschäftlich nach Chile ging,“so wiederum Elisabeth Hoehne, „dann wardas nicht wie heutzutage für fünf Tage, son-dern man ging zwei Jahre. Dann standen wiralle vor dem ‚Haupthaus‘ auf dem Rasen mitgroßen Tüchern und winkten, wenn dasSchiff auf der Elbe vorbeifuhr. Man wartetemeistens stundenlang, bis das Schiff kam; eskam immer später, als man dachte. MeinGroßvater war im Aufsichtsrat der Kosmos-Reederei. Und wenn ein Kosmos-Dampferam ‚Haupthaus‘ vorbeikam, tutete er. Eswar alles noch sehr viel persönlicher als heu-te. Die riesigen Containerschiffe, die heuteauf der Elbe sind, wirken dagegen unper-sönlich.“ Dabei ist es nicht ganz unerheblichzu bedenken, dass der Blick vom vor dem„Haupthaus“ gelegenen Park „schräg elb-aufwärts“ gerichtet ist; dadurch konnte undkann man vorüberfahrende Schiffe länger

beobachten als bei einer frontalen Sicht aufden Strom.···································································Als Adolph im Frühjahr 1886 das „Haupt-haus“ bezog, war es, wie er schreibt, sein er-stes, den Garten umzugestalten. „Es machtemir von je her eine besondere Freude, Gar-tenverschönerungen auszudenken und sol-che vermeintlichen Verbesserungen danngelegentlich zur Ausführung zu bringen“.142

Im Einzelnen beschreibt er, welche Verände-rungen vorgenommen wurden, wobei auchdie verschiedenen Gärtner, denen die Pflegeder Anlagen oblag, stets namentlich ge-nannt werden, einschließlich der Dauer, diesie bei Vorwerks arbeiteten. „Der GärtnerGerhardt“, heißt es zum Beispiel, „den ichmit dem elterlichen Garten übernommenhatte, feierte im August 1892 sein fünfund-zwanzigjähriges Dienstjubiläum; er arbei-tete treu und eifrig weiter, bis er nach ei-ner schweren Krankheit im Januar 1901starb.“143 Elisabeth Hoehne erinnert sich,dass es in ihrer Kindheit einen Gärtner undfünf Gartenarbeiter gab, die „alle ständig tä-tig“ waren. Ergänzend berichtet sie: „MeinGroßvater hatte noch, glaube ich, zweiFrauen, die knieten auf einem Sack und fin-gen am unteren Ende der Rasenfläche an,mit einem Messer das Unkraut herauszuste-chen. Meine Großmutter fand es schreck-lich, wenn sie spazierenging und die Frauenauf den Knien liegend arbeiten sah. Nachdem Tod des Großvaters schaffte sie dieseArt der Rasenpflege ab.“···································································Zum Ensemble der Garten- und Parkanla-gen gehörten als fester Bestandteil Gewächs-häuser. „Nach sechzigjähriger Benutzung“,erklärt Adolph, „waren die beiden Weinhäu-ser und die Orangerie recht baufällig gewor-den, die Weinstöcke gediehen nicht mehr

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gut, und für das große Überwinterungshausfehlte mir eine Verwendung. […] Ich ent-schloß mich deshalb im Herbst 1901 zu ei-ner Erneuerung“. Von dem „Treibhaus-Spe-zialisten Zimmermann“ wurde ein neuesWeinhaus gebaut, das „mit der Heizanlagevon Rud. Otto Meyer und Schauer“ 4.876Mark kostete. Die Neubauten sind, soAdolph, „zu meiner vollen Zufriedenheitausgefallen und bewähren sich in der Benut-zung; […] im Weinhaus haben die jungenReben besonders schöne Trauben gelie-fert.“144 Im Vorwort zum „Flottbek“-Buchmerkt Holger Termer an, Adolph „küm-merte sich persönlich um das Gedeihen desObstes in den vier Treibhäusern.“145 Detail-lierte Erinnerungen besitzt auch ElisabethHoehne: „Es gab mehrere geheizte Treib-

häuser. Damals war die Umwälzpumpenoch nicht erfunden. Eine Treppe tiefer alsalle Heizkörper befand sich die Zentralhei-zung für die Treibhäuser. Es wurde den gan-zen Winter durch geheizt. Ganz seltenePflanzen wurden gezüchtet. Victoria regiahieß eine Pflanze. Eine Wasserpflanze, dienur eine Nacht voll blüht, mit so großenBlättern, dass kleine Kinder darauf sitzenkönnen. Das eine Treibhaus war für die Blu-menpflanzen, das andere für Pfirsiche.“ DieBeschreibung vermittelt auf anschaulicheWeise, mit welchem Aufwand sich Adolphzu einem Pflanzenkenner und Gartenlieb-haber entwickelte, der nicht nur Obst undGemüse, sondern neben Riesenseerosenwahrscheinlich auch Orchideen146 und vieleandere Blumen züchtete.

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Im Park vor dem „Haupthaus“ winken Vorwerk-Kinder einem auf der Elbe vorüberziehenden Passagierdampfer zu (1925)

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···································································So sehr Adolph bereit war, für seinen Besitzin Flottbek viel Geld auszugeben, so sehrwar er auch in der Lage, sich einzuschrän-ken, wenn äußere Umstände es erforderlichmachten. Im Ersten Weltkrieg ließ er einenTeil der Wiesen auf seinem Flottbeker Grund-stück „umpflügen und mit Kartoffeln, Kohl,Steckrüben und Buchweizen bestellen, umbei der entstandenen allgemeinen Nahrungs-mittelknappheit meine Familie, besondersdie heranwachsende Jugend, gesund und

kräftig zu erhalten“.147 Auch im Blick aufdiese Notlage sind Elisabeth Hoehne Einzel-heiten im Gedächtnis geblieben: „Die letzteZeit des Ersten Weltkriegs erinnere ichnoch. Es wurden zwei Kühe gehalten, damitwir mit Milch versorgt waren. Außerdemgab es große Nussbäume, und wir sammel-ten die Nüsse. Sie wurden sorgfältig gesäu-bert, in Kartons ausgebreitet und auf einenSchrank gestellt. Im Winter kriegten wir aufeine Scheibe Brot eine Nuss. So knapp wardie Verpflegung.“148

··············································································································································136 Ebd., S. 54. 137 Ebd., S. 55. 138 Vgl. ebd., S. 56 die Grundrisszeichnung. 139 Ebd., S. 55, 57. 140 Vgl. dazu ebd., S. 23, ferner S. 8 (Einleitung Termer). 141 Vgl. etwa ebd., S. 28 f., 32, 34, 41 f., 65 f. 142 Wie Anm. 136. 143 Ebd., S. 58; vgl. ebd., S. 31. 144 Ebd., S. 57. 145 Ebd., S. 7. 146 Vgl. dazu Merck, Hamburg, S. 64. 147 Vorwerk, Flottbek, S. 67 f. 148 Vgl. Vorwerk, Ambiente, S. 146.··············································································································································

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Fragt man, was nach dem Tod der BrüderFriedrich und Adolph aus der VorwerkschenFamilie und ihren Firmen geworden ist, sokönnte man im Rückgriff auf Bücher wie„Ein Hamburger Ambiente“ und „Zwi-schen Hamburg und Chile“ sowie durch dieBefragung von Nachkommen der Familiesehr detaillierte Informationen gewinnen.Hier kann jedoch nur ein summarischerAusblick geliefert werden. Die Familie, daswar wiederholt angedeutet worden, hattedurch die vielen Kinder, die zuerst GeorgFriedrich, danach in der FolgegenerationFriedrich und Adolph hatten, einen beacht-lichen Umfang angenommen. Für den Zu-sammenhalt sorgten nach dem Tod des„Dreigestirns“ in entschiedener, konsequen-ter Weise jeweils die Ehefrauen Christiane,Josepha und Carlota. Mit dem Tod Carlotasim Jahre 1940 ging dieser Zusammenhaltkeineswegs völlig, aber doch in spürbaremMaß verloren; die Wirkungen des ZweitenWeltkriegs mögen mit dazu beigetragen ha-ben, dass die engen Verbindungen, für dieCarlota noch in den dreißiger Jahren regel-mäßig gesorgt hatte, sich lockerten. Hinzukamen die gravierenden Veränderungen aufdem kaufmännischen Sektor.···································································Der Tod Friedrichs und Adolphs um dasJahr 1920 herum fiel mit dem Ende des Ers-ten Weltkriegs, mit tiefgreifenden politi-

schen Umbrüchen, vor allem mit der Infla-tion in Deutschland, die 1923 ihren Höhe-punkt erreichte, in eine Zeit der größtenwirtschaftlichen Schwierigkeiten. Immer-hin waren, wie erwähnt, seit 1893 zwei Söh-ne Friedrichs und zwei Söhne Adolphs seitlangem in der Geschäftsleitung der deut-schen und chilenischen Firma tätig, dochEdgar, einer der vier Söhne, war Ende 1919auf eigenen Wunsch aus den Firmengeschäf-ten ausgeschieden.149 Drei der vier Söhnekonnten bei allen Rückschlägen immer wie-der auch Gewinne erwirtschaften, allerdingsblieb das Geschäft aus vielerlei Gründenmühevoll. Die „goldenen Zeiten“ der Jahrezwischen 1871 und 1913 waren endgültig vor-bei. So muss Renate Hauschild-Thiessen inihrer Firmengeschichte die angeblichen „gol-denen zwanziger Jahre“ des 20. Jahrhundertsim Blick auf die Entwicklung der Vorwerk-Firmen „mit einem Fragezeichen versehen“.Das Salpetergeschäft beispielsweise, vor demErsten Weltkrieg ein „Hauptbetätigungsfeld“der Firmen, belebte sich nach 1918 „nur inbescheidenem Maße“.150 Für Chile muss so-gar von einem „Zusammenbruch des Salpe-tergeschäftes“ nach 1918 gesprochen werden.Wie in Deutschland, so waren auch in Chile„die Verhältnisse durch Arbeitslosigkeit,Streiks und soziale Unruhen gekennzeich-net“. Ein schweres Erdbeben im November1922 und Grenzstreitigkeiten mit Peru stei-

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Entwicklungen nach dem Tod der Brüder

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gerten die Misere. So konnte Vorwerk &Co. nur noch geringe Gewinne erzielen.151

···································································In diesen Jahren erhielten die Brüder Oscar,Walter und Carl Vorwerk Unterstützungdurch Arthur (1884–1959), einen weiterenSohn von Friedrich. Von 1900 bis 1903 warArthur Lehrling in der Stammfirma Vor-werk Gebr. & Co. gewesen; später arbeiteteer in der Assekuranzfirma H. F. M. Mutzen-becher,152 und am 1. Januar 1924 trat er beiVorwerk & Co. in Valparaíso ein.153 Ersorgte mit dafür, daß die chilenische Firmawieder Gewinne erwirtschaften konnte.154

Einen schwerwiegenden Einbruch erzeugtejedoch die Weltwirtschaftskrise 1929. Zwarmachten sich die Auswirkungen dieser Krisein Chile „erst verhältnismäßig spät, in derzweiten Hälfte des Jahres 1930 bemerk-bar“,155 – doch praktisch zur gleichen Zeitkam es zu folgenschweren Veränderungen inder Leitung sowohl der chilenischen alsauch der deutschen Firma. Carl Vorwerk,einer der Geschäftsführer der dritten Gene-ration, zog sich 1931 weitgehend aus allenGeschäften zurück. „Die maßgeblichenGründe hierfür waren die von ihm schonfrühzeitig als aussichtslos beurteilte politi-sche Lage in Deutschland und die Weltwirt-schaftskrise. […] 1933 starben dann in Ham-burg kurz hintereinander die beiden ver-bliebenen Inhaber: am 17. Februar OscarVorwerk, fast 68 Jahre alt; und am 23. No-vember Walter Vorwerk, 60 1/2 Jahre alt.“Walters Sohn Hans Walter Vorwerk (1901–1968), der 1932 „als erster Angehöriger dervierten Generation Teilhaber von Vorwerk& Co.“ geworden war, sollte zwar laut Tes-tament und Gesellschaftsvertrag die Firmaübernehmen, doch lehnte er die Weiterfüh-rung ab, wiederum „hauptsächlich wegender wenig erfreulichen politischen Verhält-

nisse in Deutschland“. Damit war das Endeder Firma Vorwerk Gebr. & Co. besiegelt:„Anfang 1934 kam Hans Walter Vorwerk zu-sammen mit seinem Onkel Carl Vorwerknach Hamburg, um die Firma Vorwerk Gebr.& Co. nach 110-jährigem Bestehen aufzulö-sen. Im Handelsregister blieb sie weiter ein-getragen und wurde erst am 6. 10. 1960 ge-löscht.“156 Mit einer gewissen Bitterkeitkonstatierte ein Angestellter das „,gewisser-maßen tragische und schnelle Ende‘ der einst‚so großen und bedeutenden Firma‘“.157

···································································Der Familie blieben bei alldem erhebli-che Vermögenswerte erhalten, so etwa das„Haupthaus“, das nach dem Tod Carlotas1940 in den Besitz von Helene Burchard,geb. Vorwerk (1880–1973), gelangte.157 Bisheute ist das „Haupthaus“ im Besitz derNachkommen aus der Gustav AdolphschenLinie geblieben, während die „Villa Jose-pha“, wie bereits angedeutet, Ende der drei-ßiger Jahre verkauft wurde. Dass es sich beidem letztgenannten, von Martin Haller ent-worfenen Bau um ein bemerkenswertesZeugnis repräsentativer Architektur han-delt, zeigt nicht zuletzt die spätere Nutzungdes Gebäudes. Jahrelang wurde es von Al-fred Hentzen bewohnt, der von 1956 bis1969 Direktor der Hamburger Kunsthallewar, und heute befindet sich in dem Hausdie renommierte Kunsthandlung Thomasle Claire, eine Galerie mit weltweiten Ver-bindungen. Die Beziehungen der Vorwerkszu dem stattlichen Anwesen von AugustusFriedrich sind im Übrigen bis in die jüngsteZeit hinein nicht abgerissen. Der zur „VillaJosepha“ gehörende „Lindenhof“ blieb bis1996 Eigentum der Vorwerks, und das „Pa-lomas“ genannte Gebäude (vgl. S. 56) wurdeerst 2005 verkauft.···································································

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Die Vorwerk-Firma in Chile konnte biszum Beginn des Zweiten Weltkriegs weiter-geführt werden, doch der Kriegsausbruch„bedeutete für Vorwerk & Co praktisch dasEnde.“ Im Jahr 1942 kam es zur Auflösungder Firma. Allerdings konnte 1949 unter derveränderten Firmenbezeichnung Vorwerk y

Cía. S. A. und mit der 1951 erfolgten Verle-gung des Firmensitzes von Valparaíso nachSantiago ein Neuanfang gemacht werden.158

Mit einer verzweigten Geschäftstätigkeit inverschiedensten Bereichen ist die chileni-sche Firma – mittlerweile aufgeteilt in zweiFirmen – bis in die Gegenwart hinein aktiv.

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··············································································································································149 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 211. 150 Ebd., S. 220 f. 151 Ebd., S. 223, 225. 152 Vgl. Schröder, Mutzenbecher. Im Jahr 1909 heiratete Arthur Vorwerk Margaretha Mutzenbecher (1887‒1928), eine Tochter von Hermann Franz Matthias Mutzenbecher (1855‒1932). 153 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 211.154 Ebd., S. 232. 155 Ebd., S. 233. 156 Ebd., S. 237. 157 Ebd., S. 223. 158 Vorwerk, Ambiente, S. 108. 159 Hauschild-Thiessen, Hamburg und Chile, S. 246 ff. ··············································································································································

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Anhänge

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Georg Friedrich Vorwerk (1793–1867) OO Christiane de Voss (1809–1885)13 Kinder, darunter

Oscar Vorwerk (1865–1933)OO Gertrud Volckens

(1882–1913)2 Kinder

Alfred Vorwerk (1869–1949)OO Gertrud Bourjeau

(1882–1946)3 Kinder

Edgar Vorwerk (1874–1949)OO Anneke Volckens

(1887–1963)2 Kinder

Arthur Vorwerk (1884–1959)OO Anna Margaretha

Mutzenbecher (1887–1928)4 Kinder

Augustus Friedrich Vorwerk(1837–1921) OO Josepha Klée

(1845–1932)8 Kinder, darunter

··············································································································································Stammtafel (Auszug160)··············································································································································

Gustav Adolph Vorwerk(1839–1919) OO Carlota Osthaus (1851–1940)6 Kinder, darunter

Wilhelm Vorwerk (1845–1916) OO Susanne Godeffroy (1849–1928)

5 Kinder

Walter Vorwerk (1873–1933)OO Margarita Arnolds

(1878–1962)7 Kinder

Carl Vorwerk (1875–1949)ledig

··············································································160 Detailliertere Übersichten sind zu finden in:Vorwerk, Kaufmann, S. 125‒135; Vorwerk, Ambiente,Beilage, Tafel IV; Hauschild-Thiessen, ebd., S. 271 ff.;Deutsches Geschlechterbuch 200, S. 633‒717.··············································································

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··············································································································································Firmen der Vorwerks seit 1823··············································································································································1823 Gründung der Firma Hochgreve & Vorwerk, Hamburg1847 Gründung der Firma Otto Uhde & Hünicken, Valparaíso (Chile). Im selben Jahr

Gründung der HAPAG, unter Beteiligung der Firma Hochgreve & Vorwerk1852 Umbenennung des Valparaíso-Unternehmens in Uhde, Hünicken & Bahr1853 Weitere Umbenennung des Valparaíso-Unternehmens in Hünicken, Bahr & Co.1860 Aus der Firma Hünicken, Bahr & Co. wird die Firma Vorwerk & Co., Valparaíso1867 Die Firma Hochgreve & Vorwerk wird umbenannt in Vorwerk Gebr. & Co.,

Hamburg1872 Mitbegründung der Dampfschiffahrts-Gesellschaft Kosmos durch Vorwerk Gebr.

& Co. sowie Adolph Vorwerk. Im selben Jahr Erweiterung der Gesellschaft zurDeutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft Kosmos

1901 Die Kosmos-Linie bildet eine Betriebsgemeinschaft mit der HAPAG1934 Auflösung von Vorwerk Gebr. & Co. als Familienfirma, Hamburg. Fortführung

unter „Abteilung Vorwerk“ beim Bankhaus Conrad Hinrich Donner1942 Löschung der Firma Vorwerk & Co. Fortführung unter Lavadora de Lanas S. A.,

Valparaíso1945 Umgründung der Lavadora de Lanas S.A. in die Firma Vorwerk y Cia. S. A. 1951 Ver-

legung des Firmensitzes von Valparaíso nach Santiago de Chile1952 Gründung der Schiffahrts-Agentur Ultramar Agencia Marítima Ltda., seit 1964 im

Alleinbesitz von Vorwerk y Cia. S. A. und Albert von Appen 1960 Löschung der Firma Vorwerk Gebr. & Co. im Handelsregister, Hamburg1998 Firmenteilung in Vorwerk y Cia. S. A. und M. Vorwerk Comercio Global Ltda.,

Santiago de Chile

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Zur Quellenlage; Danksagung:Von gedruckten Schriften zur Familie Vorwerk ab-gesehen konnte vor allem auf den im StaatsarchivHamburg aufbewahrten Nachlass der Familie Vor-werk (Bestand 622-1/510 Vorwerk, Ablage 25.7.88)zurückgegriffen werden. Ganz besonders danke ichG. Volkert Vorwerk dafür, dass er mir nicht nur aufgroßzügige Weise Zugang zu seinem Privatarchiv ge-währte, sondern sich darüber hinaus engagiert fürdie Veröffentlichung dieses Buches einsetzte. DurchGespräche haben mir Jutta Bohlen und ElisabethHoehne entscheidende Hilfe geleistet. Außerdemdanke ich Thomas le Claire, Marietta von Jankó undKlaus Mühlfried vielmals für ihre Unterstützung.··································································· Quellen und Sekundärliteratur:Albrecht, Günther: Vom Sparen in Hamburg.Hundert Jahre Neue Sparcasse von 1864, Hamburg1964Andresen, Bruno W. F.: Mit Stehpult und Tin-tenfaß. Erinnerungen aus dem Kontor einer Ham-burger Merchant-Bank, Hamburg 1984Asendorf, Manfred: [Rezension] John F. Jung-claussen, Risse in weißen Fassaden, in: Zeitschriftdes Vereins für Hamburgische Geschichte 92 (2006),S. 177–180Behr, Karin von: Belle Epoque an der Alster.Weniger Kunst- aber Börsenkenner: Bauherren undBaufrauen, in: Hornbostel, Wilhelm; Klemm, Da-vid (Hg.): Martin Haller. Leben und Werk 1835–1925, Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe1997 (Schriftenreihe des Hamburgischen Architek-turarchivs), S. 33–42Berger, Julia; Hedinger, Bärbel (Hg.): FranzGustav Forsmann. 1795–1878. Eine Hamburger Ar-chitektenkarriere, Hamburg: Altonaer Museum2006

Literatur

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Der Heimatbote, hg. v. Bürger- und Heimat-verein Nienstedten, Hamburg, 35, 2 (1986), S. 1, 12Deutsches Geschlechterbuch, Genealogi-sches Handbuch bürgerlicher Familien, Band 200(Hamburgisches Geschlechterbuch, Band 13), Lim-burg a. d. Lahn 1996 Gerhardt, Joachim (Hg.): Die Bau- undKunstdenkmale der Freien und Hansestadt Ham-burg, Band 2: Altona, Elbvororte. Bearbeitet vonRenata Klée Gobert unter Mitarbeit von HeinzRamm, Hamburg 1959Gerhardt, Johannes: Die Begründer der Ham-burgischen Wissenschaftlichen Stiftung, Hamburg2007 (Mäzene für Wissenschaft)Goverts, Ernst F. (Bearbeiter): Die Mitglieder-liste der Gesellschaft „Einigkeit“ in Hamburg (ge-gründet 1761). Eine Jubiläumsausgabe zur Feier des150jährigen Bestehens der Gesellschaft, Hamburg1911Hamburgisches Adress-Buch für das Jahr1811, HamburgHauschild-Thiessen, Renate: Zwischen Ham-burg und Chile. Hochgreve & Vorwerk, Hamburg.Vorwerk & Co., Chile. Vorwerk Gebr. & Co., Ham-burg. Vorwerk y Cía. S. A., Chile, Hamburg 1995 Dies.: Vorwerk, Georg Friedrich, in: HamburgischeBiographie 1. Personenlexikon, hg. v. Franklin Ko-pitzsch, Dirk Brietzke, Hamburg 2001, S. 328–330 Hoffmann, Paul T.: Die Elbchaussee. Ihre Land-sitze, Menschen und Schicksale, Hamburg 91982Hornbostel,Wilhelm; Klemm, David (Hg.):Martin Haller. Leben und Werk 1835–1925, Ham-burg: Museum für Kunst und Gewerbe 1997Johannsen, Werner: Wer sie waren … wo sieruhen. Ein Wegweiser zu bemerkenswerten Grab-stätten auf dem Friedhof Nienstedten, Hamburg1992

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Jungclaussen, John F.: Risse in weißen Fassa-den. Der Verfall des hanseatischen Bürgeradels,München 2006Lübbren, Friedrich: 45 Jahre HamburgischeWissenschaftliche Stiftung 1907–1952, Hamburg1952 [vervielfältigtes Manuskript]Melle, Werner von: Dreißig Jahre HamburgerWissenschaft 1891–1921. Rückblicke und persönli-che Erinnerungen, Band 1, Hamburg 1923Merck, Heinrich: Vom gewesenen Hamburg.Nach eigenen Erinnerungen aufgezeichnet, Ham-burg 1953Mühlfried, Klaus: Baukunst als Ausdruckpolitischer Gesinnung – Martin Haller und seinWirken in Hamburg, Band 1, Hamburg 2005 Rinke, Stefan: Kleine Geschichte Chiles, Mün-chen 2007 (Beck’sche Reihe; 1776)Saldern, Axel von: Vorwort, in: Jedding, Her-mann und Mitarbeiter: Hohe Kunst zwischen Bie-dermeier und Jugendstil: Historismus in Hamburgund Norddeutschland. Hamburg: Museum fürKunst und Gewerbe 1977, S. xi–xiiSchröder, Hans J.: Versuch, das Exemplarischeeines Lebens zu verstehen. Ein Nachwort, in: CarlAugust Schröder: Lebensansichten eines Verlegers.Eine Biographie. Aufgezeichnet von Hans JoachimSchröder, Köln u. a. 2005, S. 237–251Ders.: Hermann Franz Matthias Mutzenbecher.Ein Hamburger Versicherungsunternehmer, Ham-burg 2008 (Mäzene für Wissenschaft)Straub, Eberhard: Flotte Flotte fischt frischeFische. Verplapperte Popgeschichte: John Jung-claussen steht vor dem Verfall des hanseatischenBürgertums, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung(4. September 2006), S. 37[Thöns, Heinrich]: 175 Jahre Haspa – Für IhreZukunft. Haspa Hamburger Sparkasse, Hamburg[2002] Vorwerk, Alfred: Der Kaufmann Georg Fried-rich Vorwerk (1793–1867) und seine Ehefrau Chris-tiane geb. de Voß (1809–1885). Bearb. v. RenateHauschild-Thiessen, Hamburg 1991 (Hamburgi-sche Lebensbilder; 5)Vorwerk, Friedrich: [Lebensabriss], Hamburg1905 [Typoskript, Fotokopie, 7 Seiten]Ders.: [Reisebericht] 1860. Reise nach Nordame-rika und Westindien [Typoskript, 102 Seiten]Vorwerk, G. Adolph: Ein Hamburger Ambien-te, Hamburg 1991

Vorwerk, Gustav Adolph: Flottbek, [Ham-burg] 1987 [Privatdruck]Walloch, Karl-H.: Die Elbchaussee. Geschichteund Geschichten von Hamburgs schönster Straße,Hamburg 1998Wasmuth, Arne C.: Hanseatische Dynastien.Alte Hamburger Familien öffnen ihre Alben, Ham-burg 2001

···································································Trotz sorgfältiger Nachforschungen konnten nichtfür alle Abbildungen die Rechteinhaber ermitteltwerden. Sollte jemand in urheberrechtlicher Bezie-hung Rechte geltend machen, so möge er sich andie Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung wen-den.···································································Bildnachweis:Privatarchiv Thomas le ClairePrivatarchiv G. Volkert VorwerkGoverts, Ernst F. (Bearbeiter): Die Mitgliederlisteder Gesellschaft „Einigkeit“ in Hamburg (gegrün-det 1761). Eine Jubiläumsausgabe zur Feier des150jährigen Bestehens der Gesellschaft, Hamburg1911Hauschild-Thiessen, Renate: Zwischen Hamburgund Chile. Hochgreve & Vorwerk, Hamburg. Vor-werk & Co., Chile. Vorwerk Gebr. & Co., Ham-burg. Vorwerk y Cía. S. A., Chile, Hamburg 1995 Vorwerk, Alfred: Der Kaufmann Georg FriedrichVorwerk (1793–1867) und seine Ehefrau Christianegeb. de Voß (1809–1885). Bearb. v. Renate Hau-schild-Thiessen, Hamburg 1991 (HamburgischeLebensbilder; 5)Vorwerk, G. Adolph: Ein Hamburger Ambiente,Hamburg 1991Vorwerk, Gustav Adolph: Flottbek, [Hamburg]1987 [Privatdruck]

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Verzeichnet sind die Namen von Personen, Fami-lien und Firmen, die in den Kapiteln 1 bis 9 genanntwerden. Anmerkungen bleiben unberücksichtigt,ebenso die Namen Augustus Friedrich und GustavAdolph Vorwerk. Ein * verweist darauf, dass auf derangegebenen Seite (auch) ein Bild der jeweiligenPerson bzw. der Name eines Malers erscheint.··································································· Amsinck, Comptoir, New York 24Amsinck, Familie 5Antonio, kubanischer Hotelangestellter 26··································································· Bahr, Julius 28Ballin, Albert 39, 41Barckhan, Johann Hieronymus 7Binder, Christiane, geb. Vorwerk 61*Bohlen, Jutta 45, 54, 58Bülau, Architekt 18, 21Burchard, Familie 5Burchard-Motz, Ditmar 61*Burchard-Motz, Heinrich 61*Burchard-Motz, Helene, geb. Vorwerk 48, 68Burchard-Motz, Wilhelm 61*··································································· C. A. Wulff & Baasch, Hamburg 28Chalybaeus, Ch., Pastor 51Claire, Thomas le 68Cornforth, Reisebegleiter von Augustus FriedrichVorwerk 27Crasemann, Hildegard, geb. Vorwerk 61*Crasemann, Gustav August Rudolph 47*··································································· Dampfschifffahrts-Gesellschaft Kosmos 39Deutsche Dampfschifffahrts-Gesellschaft Kosmos39··································································· Ed. Schlüter & Co., London 23

··································································· Fay & Co., Manchester 23Forsmann, Franz Gustav 11, 57, 58*Framhein, Charlotte, geb. Vorwerk 61*··································································· Gerhardt, Gärtner 64Godeffroy, Johann Cesar 47*Goering, J. G. F., Weinhändler 21Gossler, Freund von Augustus Friedrich Vorwerk24Goverts, Ernst Friedrich 46*··································································· HAPAG, Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft 36, 39Haller, Martin Emil Ferdinand 54, 56, 68Hauschild-Thiessen, Renate 4–6, 10 f., 13, 28, 32,35, 39, 41, 44, 67Hentzen, Alfred 68Hertz, Feliza, geb. Vorwerk 61*Hinckle, Reisebegleiter von Augustus FriedrichVorwerk 27Hochgreve, Hermann Michael Christopher 7, 10,29Hochgreve & Vorwerk, Hamburg 7, 10, 17, 23 f., 29Hoehne, Elisabeth, geb. Witt 15 f., 34 f., 44, 48,50, 54, 58, 60, 61*, 62 f., 65 f.Hoehne, Hermann 60Hoffmann, Paul Th. 54 f.Hollen, Levin Heinrich von 6 f.Hünicken, Bahr & Co., Valparaíso 28 f.Hüniken, Julius 28··································································· J. Henry Schröder & Co., London 38Jungclaussen, John F. 5, 16··································································· Klée, Marianne Emilie, geb. Biancone 33Klée, Otto August Wilhelm 33

Namensregister

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Krupp, Firma 38··································································· Lehmann, Alida, geb. Mutzenbecher 29Lehmann, Wilhelm 29, 34Levin Heinrich von Hollen, Hamburg 6Liebig, Justus von 36Lippert, Ludwig 54, 56Löhmann, Richard August Gustav Wilhelm 47*Lynch, Charles 27··································································· Meerwein, Emil 56Melle, Werner von 4Merck, Carl Heinrich Freiherr von 46*Moller, Ulrich Philipp 47*Mooyer, Anna, geb. Vorwerk 23Mooyer, Johannes 23Müller, Ferdinand, Bauunternehmer 62Münchmeyer, Familie 5Mutzenbecher, Hermann Franz Matthias 6, 29,47*, 68··································································· Napoleon 7··································································· Oelrichs, Lehrer 18Osthaus, Familie 33Osthaus, Luise, geb. Wolff 33Otto Uhde & Hünicken, Valparaíso 28Overbeck, Friedrich 12··································································· Petersen, Lorenz 21*, 22Poelchau, Martin Eduard Warner 47*Puhst, Emilie 18, 19*··································································· Rud. Otto Meyer und Schauer 65Ruperti, Oscar 47*··································································· Saldern, Axel von 56Schinckel, Maximilian (Max) Heinrich von 46*Schinkel, Karl Friedrich 11Schleiden, Heinrich 18–21, 23Schröder, Carl August 46*Schröder, Carl (Charles) Heinrich Freiherr von46 f.*Schumacher, Fritz 56Speckter, Otto 12*Stammann, Johann Otto 47*Sthamer, Gustav Friedrich Carl Johann 47*··································································· Termer, Holger 60, 65

Termer, Nora, geb. Witt 61*Tettenborn, Friedrich Karl Baron von 7··································································· Uhde, Hünicken & Bahr, Valparaíso 28Usslar, Marianne von, geb. Burchard-Motz 61*··································································· Vorwerck et Hövener, Hamburg 6Vorwerck, Georg Heinrich 6Vorwerck, Henriette, geb. Fricke 6Vorwerck, Johann Heinrich Wilhelm 6Vorwerk, Adolf, Sohn von Gustav Adolph Vorwerk44Vorwerk, Alfred 4, 6, 13, 15 f., 43*Vorwerk, Amalie Josepha, geb. Klée 33, 35*, 44,45*, 54, 67Vorwerk, Arthur 43*, 68Vorwerk, Augustus 43*Vorwerk, Carl 39, 41, 68Vorwerk, Carlota, geb. Osthaus 33, 34*, 48, 51*,60, 61*, 64, 67 f.Vorwerk, Christiane, geb. de Voss 8*, 10, 15, 22, 67Vorwerk, Dorothea, geb. de Voss 7*, 10, 15Vorwerk, Edgar 39, 41, 43*, 67Vorwerk, Friedrich August Philipp Wilhelm 15Vorwerk, G. Adolph 17, 48, 50.Vorwerk Gebr. & Co., Hamburg 29, 32, 35, 39, 68Vorwerk, Georg Friedrich 4, 6–8, 9*, 10–13, 15 f.,19, 22, 28 f., 32, 34–36, 43*, 44, 54, 62, 67Vorwerk, Gustav 37*Vorwerk, G. Volkert 45Vorwerk, Hans Walter 61*, 68Vorwerk, Oscar 39, 41, 43*, 68Vorwerk & Co., Valparaíso 28 f., 32, 37 f., 41, 68Vorwerk, Walter 39, 41, 68Vorwerk, Wilhelm, Bruder von A. Friedrich undG. Adolph Vorwerk 29, 35, 37*Vorwerk, Wilhelm, Bruder von Georg FriedrichVorwerk 22Vorwerk y Cía. S. A., Valparaíso und Santiago deChile 68Voss, Anna Margaretha de, Großmutter von A. Friedrich und G. Adolph Vorwerk 17 f., 21··································································· Wimmel, Carl Ludwig 11Witt, Johann 47*Witt, Johannes 61*Wolff, Justus 33··································································· Zimmermann, Treibhaus-Spezialist 65

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Natio-nalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbiografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber http://dnb.d-nb.de abrufbar.Die Online-Version dieser Publikation ist auf derVerlagswebsite frei verfügbar (open access). DieDeutsche Nationalbibliothek hat die Netzpublika-tion archiviert. Diese ist dauerhaft auf dem Archiv-server der Deutschen Nationalbibliothek verfügbar.

Open acess über die folgenden Webseiten:Hamburg University Press – http://hup.sub.uni-hamburg.deArchivserver der Deutschen Nationalbibliothek –http://deposit.d-nb.de

ISBN 978-3-937816-61-6ISSN 1864-3248

© 2009 Hamburg University Press, Verlag derStaats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carlvon Ossietzky, Deutschland

Produktion: Elbe-Werkstätten GmbH, Hamburg,Deutschland, http://ew-gmbh.deGrundgestaltung: Peter Schmidt Group, HamburgLayout: Michael SauerRedaktion, Koordination und Lektorat: Dr. Johannes GerhardtHerausgeber: Dr. Ekkehard Nümann

Hamburgische Wissenschaftliche StiftungEdmund-Siemers-Allee 1, Raum 11320146 Hamburghttp://hmb-wiss-stift.de

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Nicht nur wegen ihrer besonderenGroßzügigkeit, mit der sie im Jahre1907 die Hamburgische Wissen-schaftliche Stiftung unterstütztenund damit die Gründung der Ham-burger Universität förderten, son-dern auch wegen ihrer kaufmänni-schen Tüchtigkeit, mit der sie zu einer der ersten Familien Hamburgsaufrückten, verdienen die BrüderAugustus Friedrich und GustavAdolph Vorwerk, dass ihre Biogra-phien näher in den Blick genommenwerden. Mit ihrem Vater Georg Fried-rich Vorwerk (1793–1867) zusammen,der Firmen erst in Hamburg, dann inChile gründete, bildeten die beidenSöhne, die zwischen 1837 und 1921lebten, ein Dreiergespann, das vorallem die hamburgische, ebenso aberauch die chilenische Wirtschaft aufbeispielhafte Weise voranbrachte. Wasder Vater ins Werk gesetzt hatte, wur-de von den nahezu gleichaltrigenSöhnen, die zeitlebens zusammenar-beiteten, weiterentwickelt und inden Jahrzehnten der Gründerzeitdurch vielfältige Aktivitäten in gro-ßem Umfang ausgeweitet. In denStadtteilen Klein Flottbek und Nien-stedten ließen sich der Vater und diebeiden Söhne Vorwerk von den be-deutenden Architekten Franz GustavForsmann (1795–1878) und MartinHaller (1835–1925) Sommerhäuser er-richten, stattliche Villen, die bis heu-te zu den beachtenswerten BautenHamburgs zählen.

Die Brüder Augustus Friedrichund Gustav Adolph Vorwerk

Zwei Hamburger Kaufleute

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